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jr 't .'-.: .: ' : -?.r-+:;i i-a$i-a+a1$ :-:.:rJ,..;-.. -', .-i r. :;'r -^.'.' Die Erfindungdes Ballons und die Begrtindungder Chemie

Hinter den erstenBallonfahrten vor 200 Jahren standein Umbruch im chemischenDenken, der mit den aristotelischenVorstellungen auch in diesem Zweig der Naturwissenschaftbrach. Die Vdter der modernen Chemie lieBen so den Menschheitstraumvom Fliegen Wirklichkeit werden.

Von Arthur F. Scott

m 21. November1783 erhoben grciBerer Papiersack, mit geniigend einem Feld bei ,wo er die Ein- sich im Garten des Schlosses Rauch gefiillt, vom Boden erheben kcin- wohner so erschreckte,daB sie ihn in von la Muette am westlichen ne. Am 4. Juni 1783demonstrierten sie Fetzenrissen. Stadtrand von zum ersten Mal ihre Idee erstmalsin der Offentlichkeit Etwa drei Wochenspdter wiederholte Menschenin die Liifte. Es waren Jean- (Bild 1). Ihr ,,Ballon" war ein mit papier Jacques-EtienneMontgolfier das Expe- FrangoisPildtre de Rozier,der junge Di- ausgekleideterkugelformiger Sack aus riment von Annonay in Versailles,dies- rektor eines Wissenschaftsmuseumsin Leinen.Er hatteeinen Durchmesser von mal in GegenwartLudwigs XVI und sei- Paris, und FranEoisLaurent Marquis etwa zwcilf Metern und wog knapp 250 nesHofes. Verglichen mit der Vorberei- d'Arlandes,ein Armeeoffiziermit guten Kilogramm. Aufgeblasenwurde er iiber tungszeit fiir den Aufstieg des ersten Beziehungen zum Hof Krinig Ludwigs einemmit kleinenStrohbiindeln gendhr- Wasserstoffballons,machte das Fiillen XVI. Auf der Galerie einesvon den Brii- ten Feuer.Nach dem Loslassenerhob er mit HeiBluft nicht viel Miihe. Nach zehn dern Joseph-Michelund Jacques-Etien- sich in betrdchtlicheH

106 Speklrum dcr Wissenschafl. Mdrz 198.1 ,r'-a -axr'--:1i., '+_*f4"**Fa* . r',' + f+re -- e- :=fJ: ji 'tr.".? r{**s--

@; Bild L: Die erste iiffentliche Vorfiihrung eines Hei8luftballons durch die ein mit Papier ausgekleideter, kugelfiirmiger Leinensack, war 12 Meter Gebriider Montgolfier am 4. Juni 1783 in Annonay bei Lyon. Der Ballon, dick und wog rund 250 Kilogramm. Der Flug dauerte zehn Minuten.

SDektrum der Wissenschaft. Marz 1981 r07 lE:+,:ti

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Bild 2: Der erste freie Flug eines bemannten Hei8luftballons fand am 21. ren, PilAtre de Rozier und dem Marquis d'Arlandes, wog er gut 7fi) Kilo- November 1783 iiber Paris statt. Der besonders kunstvoll geschmiickte gramm. Nach 23 Minuten landeten die ersten Luftfahrer neun Kilometer Ballon, von den Gebriidern Montgolfier entworfen, hatte einen Durch- von ihrem Aufstiegsort endernt an der Shalle nach Fontainebleau. Die An- messer von 15 Metern und war 22 Meter hoch. Mit seinen zwei passagie- sicht stellt angeblich den Blick von Benjamin Franklins Haus in Passy dar.

108 Spektrum der wisscnschaft, Marz 1984 hatte die Menschheit also die Luft er- obert und das Fliegen gelernt. In den Jahrennach 1783fanden iiber- all in Europa Ballonfliige statt. Beson- ders beachtenswertwar ein Aufstieg mit Joseph Montgolfier als Navigator, dem einzigen der Montgolfier-Briider, der je selbstgeflogen ist. Er starteteam 19. Ja- nuar 1784 von Lyon mit der ,,Flessel- les". Mehr als 50 Meter hoch und mit ei- nem Durchmesservon etwa 30 Metern, war sie der bis dahin grciBte Ballon. Durch ein Strohfeuerin nur 17 Minuten aufgeblasen,erhob sich die heiBe Kugel mit sieben Personen an Bord fiir zwolf Minuten auf etwa 1000Meter Hdhe. Erfolg reihte sich nun an Erfolg. Im August 1784 stieg der franzcisischeChe- miker Guyton de Moreau in Begleitung Bild 3: Die GebriiderMontgolfier, Joseph-Mi- erstenBallonlliigen war Joseph 43 undEtienne des Abb6 Bertrand auf iiber drei Kilo- chel (inks) und Jacques-Etienne(rechts), in 38 Jahrealt Das Bild von Etienneentstand meter Hrihe, wo die beiden Daten iiber Kupferstichendes 19. Jahrhunderts.Bei ihren nacheinem Portrii! dasseine Tochter anfertigte. Temperatur und Druck der Atmosphdre sammelten. Im Januar des folgenden Jahres schlieBlichgelang dem franzcisi- schenAeronauten Jean Pierre Blanchard Tragweite zu sein. So kcinnte sie die Wer mit den heutigen wissenschaftli- gemeinsam mit dem amerikanischen Herrscher von der Torheit kriegerischer chen Vorstellungen vertraut ist, kann Arzt John Jeffries die erste Kanaliiber- Unternehmungen iiberzeugen, da sie iiber den primitiven Zustand der Chemie querung(von Dover nachCalais). auch dem miichtigsten unter ihnen die zu Beginn des 18. Jahrhundertsnur stau- Nach dem ersten Ballonaufstieg in Mciglichkeit nimmt, sein Reich zu schiit- nen. Die alchemistischeIdee, daB alle Annonay setztedie franzdsischeAkade- zen. Fiinftausend Ballone, die je zwei Materie aus den vier irdischen Elemen- mie der Wissenschaftenauf Ersuchen Mann tragen kcinnen,di.irften nicht mehr ten Luft, Erde, Feuer und Wasser zu- der Regierung eine Kommission ein, die als ftinf Kriegsschiffekosten; und wo ist sammengesetztsei, war noch weit ver- i.iber dieses Experiment berichten und der Frinz, der es sich leisten kcinnte,sein breitet. Vor etwa 2000 Jahren von Ari- weitereExperimente planen sollte. Fiih- Land so dicht mit Verteidigern zu iiber- stoteles in seinem spdter ,,Naturwissen- rendesMitglied dieserKommission war ziehen,daB zehntausendMenschen, die schaft" genanntenWerk aufgestellt,hat- Lavoisier, der franzcisischeChemiker, aus den Wolken herabschweben,nicht te sie unter anderem zu dem Irrglauben dessen wissenschaftlicheEntdeckungen an vielen Stellen unermeBlichenSchaden gefiihrt, verschiedeneStoffe lieBen sich mit die Grundlagenzu den erstenBal- anrichten ktinnten, bevor eine Streit- ineinander umwandeln. lonfahrten geliefert hatten. Die franzdsi- macht zusammengebrachtwdre, sie zu- Das regte zur illusorischenSuche nach sche Regierung betrachtete die Erfin- rtickzuschlagen?" dem Stein der Weisen an, der Eisen und dung des Ballons offensichtlich als sehr Blei in Gold verwandelnsollte. Ein Erbe bedeutsam, denn sie finanzierte einige der aristotelischenIdeen war aber auch der Fahrten,die spdterunter der Regie Von der Alchemie die Phlogistontheorie, die das Denken der Kommission durchgefiihrt wurden. zum Phlogiston der Chemiker im grdBten Teil des acht- Die Reaktion der britischenWissen- zehntenJahrhunderts triiben und verwir- schaftler auf die Ballonfliige war dage- Die spektakuldren Entwicklungen ren sollte. genweit wenigerenthusiastisch. So hatte beim Ballonflugwaren die unausweichli- Die Phlogistontheorieentstand im Be- im November1783 K

Spcklrum der Wissenschaft. Nlnrz l9ll-1 109 :'*:il ;il':; :,7 ':rl

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110 Spektrunr der Wisscnschaft. Miirz l9l{1 ]re"'

Metall sei nichtsweiter als eine Verbin- dung ausbrennlicher Erde und dem Me- tallkalk (Phlegma). Demnach war die Verbrennungdie Freisetzungder brenn- lichen Erde, die Stahlin Phlogistonum- benannte (nach griechisch phlogistos, verbrannt). Die Pholgistontheoriewar so vielseitig wie erfolgreich.So erkldrte sie, warum ein Metallkalk beim Erhitzen mit Holz- kohle wieder das urspriinglicheMetall lieferte: Holzkohle,eine brennbareSub- stanz, enthdlt viel Phlogiston,wdhrend der nicht brennbare Metallkalk keines besitzt.Also iibertrdgtdie Holzkohleihr Phlogistonauf den Kalk, erzeugtdabei das Metall und hinterliiBt Holzkohlen- asche. Erfolge wie dieser verhalfen der Theorie zu allgemeinerAnerkennung, und so sollte das Phlogistonfast dasge- samte folgende Jahrhundert lang das chemischeDenken beherrschen. Black, Cavendish,Priestley und La- voisierwaren zu Beginnihrer Chemiker- Karriere durchwegiiberzeugte,,Phlogi- stonisten".In der Tat erkldrtendie drei Erstgenanntenihre Entdeckungenoft mit der Phlogistontheorre. Nur Lavoisier besaBdas Genie, die neuenErkenntnisse zusammen mit dlte- ren Tatsachenin ein Systemder Chemie einzuordnen,in dem kein Platzmehr fiir das Phlogistonwar. Obwohl die Arbei- (1728 gab Magnesia (Magnesiumcarbonat) ganz Bild 5: bis 1799) den Siiuren auf ten von Cavendishund Priestley Anstof| zu den Entdeckungen, die letztlich zur entsteht, als von gewiihnlicher Luft verschie- entscheidendzum Sturz der Phlogiston- Erfrndung des Ballons fiihrten. Schon in den denen Stoff. Die neue Substanz' die er ge- theorie beitrugen, gab paradoxerweise ftinfziger Jahren des 18. Jahrhunderts, als er bundene Luft nannte, wurde spflter in Kohlen- keiner der beiden Mdnner die Theorie noch Medizinstudent in Edinburgh war, identi- dioxid umbenannt. Dieser Stahlstich ist die jemals auf. Priestleywar selbstim Jahre frzierle er das , das bei der Einwirkung von Kopie eines Gemiildes von Sir Henry Raeburn. 1800, lange nachdemder von ihm ent- deckte Sauerstoffals Ursacheder Ver- brennungakzeptiert war, noch so iiber- zeugt von dieser Theorie, daB er sein hielten sie diese nur fiir eine Form von aufgeschwungen, sondern auch gewagt, letztesWerk ,,The Doctrine of Phlogi- gew

Spcktrum dcr Wissenschaft. Miirz 198-1 111 stehenlernen; doch dann stellteer fest, kam. Offensichtlichhatte Cavendishein die Herstellungmehrerer neuer Gasebe- da8 dasfreigesetzte Gas ein chemischei- zweiteskiinstliches Gas entdeckt, das er schrieb.Im Laufe der ndchstenzehn Jah- genstdndiger Stoff und nicht mit Luft ,,brennbareLuft" nannte. re bis zur Erfindung desBallons, fiigte er identischist. Die Arbeiten von Black und Caven- seinerListe von Entdeckungenacht wei- Black nanntedie neueSubstanz ..fixed dish machtenklar, daB es verschiedene tere Gasehinzu. air", gebundeneLuft, da sie im Magne- Arten von Gasengab. ,,Luft" konnte al- Kernpunkt des Erfolges von Priestley siumcarbonatgebunden schien. Zu jener so nicht ldngerals einesder vier Grund- war eine wesentlichverbesserte Technik Zeit wuBte man noch nicht, daB sie in elementeder Materiebetrachtet werden. zum Auffangen von Gasen.Zuvor hatten Wahrheit eine Verbindung ausmehreren Wie aber stand es mit Erde, Feuer und Chemiker das Gas zu diesem Zweck in chemischenElementen ist, und so ver- Wasser? eine wassergefiillteGlasglocke geleitet, gingennoch mehrereJahrzehnte, bis sie die vorsichtig umgestiilpt und in eine nach ihren Bestandteilenin Kohlen- Wasserwannegesetzt worden war. Wdh- dioxid umbenanntwurde. Keine Verwandlung rend sich das Gas oben in der Glocke Indem Black Gasblasendurch Kalk- von Wasserin Erde! sammelte,verdriingte es Wasser aus ihr wasserleitete und auf eine verrdterische in die Wanne. War ein Gas jedoch milchige Triibung achtete,konnte er zei- ,,Erde" als Grundelementschied als wasserl

112 Spektrum der Wissenschaft, M^rz 1984 Seine bedeutendste Entdeckung seinerIdee klar erkennend,iibermittelte stanz. Mit Lavoisiers Hypothese waren machtePriestley im Jahre 1774. Er er- seine Abhandlung als versiegelteNotiz alle beobachtetenFakten - und zwar auch hitzte das rote Quecksilber-Prdzipitat, der franzrisischenAkademie und sicher- quantitativ - zu erkliiren. Dazu ziihlte ein den Alchemisten schon lange be- te sich so das Prioritdtsrecht auf diese etwa die Tatsache,da8 die Gewichtszu- kanntes Pulver, indem er Sonnenlicht bahnbrechendenGedanken, falls kiinfti- nahme einer Substanzbeim Verbrennen durch eine Linse mit 30 Zentimeter ge Arbeiten sie bestdtigensollten. exakt dem Gewicht des dabei verschwin- Brennweite darauf fallen lieB. Auch da- Lavoisiers ausgereifte Vorstellungen dendenSauerstoffgases entsprach. bei entstandein Gas, so wie Black beim iiber die Verbrennung und seineTheorie Verbrennen von Holzkohle eine Gasent- der Verbrennung erschienen in seiner wicklung beobachtet hatte, aber es war beriihmtenAbhandhmg von 1783: ,,R6- Wasserist kein Element nicht gebundeneLuft. Dieses Gas hatte flexions sur le phlogistique" (,,Uberle- ganz neue, bemerkenswerteEigenschaf- gungenzum Phlogiston").Dort faBteer Zu dieser Z.eit fandendie Forschungs- ten: Es lieB Kerzen heller brennen,und seine zahlreichen Argumente gegen die ergebnisse der pneumatischen Chemie eine Maus iiberlebte in ihm doppelt so Phlogistontheoriezusammen. Fiir ihn la- weite Verbreitung. GroBe Fortschritte lange wie in der gleichen Menge ge- gen die Dinge so klar, daB er schreiben im Verstdndnisder Materie waren be- w6hnlicherLuft. konnte: ,,Die einzigeAbsicht, die ich mit gleitet von der Entdeckungweiterer Ga- Als Anhdnger der Phlogistontheorie diesemBericht verfolge,ist es,die 1777 se mit ungewcihnlichenneuen Eigen- deutete Priestley diese Eigenschaften von mir verkiindete Verbrennungstheo- schaften.So hatte Priestley,mit den Ei- verstdndlicherweiseim Einklang mit der rie auszuweiten; zu zeigen, da8 Stahls genschaftenvon Blacks gebundenerLuft von ihm vertretenenLehre. Denken Sie Phlogiston reine Phantasie ist, daB die wohlvertraut, diesein Wassergelcist und daran,da8 man annahm,aus einer bren- Annahme seiner Existenz in Metallen. festgestellt,daB die Mischungangenehm nenden Substanzwi.irde Phlogiston ent- Schwefel,Phosphor und allen brennba- schmeckt.Das neue ..Sodawasser"er- weichen. Da es ja nicht verschwinden ren Stoffen jeder Grundlage entbehrt freute sich in der europdischenGesell- konnte, iiberlegtePriestley, daB es wohl und daB sich alle Vorgdnge bei der Ver- schaft sofort groBer Beliebtheit. von dem neuenGas aufgenommenwor- brennung und Kalzinierung viel leichter Auch die Gebrtder Montgolfier er- den sei. Also muBte das Gas urspriing- und einfacher ohne es erkldren lassen." fuhren von den Untersuchungeniiber lich frei von Phlogistongewesen sein. Lavoisiers Erkldrung war in der Tat Gase und iibertrugen sie auf ihre Vor- Priestleynannte es daher ,,dephlogistica- einfach: Nicht Phlogistonentwich bei ei- stellung von Ballonen. Aber noch be- ted air" (,,entphlogistonierteLuft"). ner Verbrennung, sondern der Sauer- durfte es eines weiteren Durchbruchs, Dieser Name sollte freilich nicht lanse stoff der Luft verband sich mit der Sub- um die wissenschaftlicheRevolution und bestehenbleiben.Schon bald darauf wui- de das Gas im Labor von Lavoisier in Sauerstoff umbenannt und diente als Eckpfeilerin der modernenTheorie der Verbrennung.

LavoisiersVerbrennungstheorie

Etwa um diese Zeit ndmlich kamen Lavoisier ernsthafteZwelfel an der Phlo- gistontheorie.1772 hatte er eine Ab- handlung iiber das Verbrennen von Schwefelund Phosphor an Luft verfa8t. Wieder wog er Ausgangs-und Endpro- dukte und stellteso fest, daBbeide Sub- stanzenbeim Verbrennenschwerer Wur- den. DieseGewichtszunahme erkldrte er mit der Aufnahme von Luft. In seinemArtikel ging Lavoisiernoch weiter und vermutete,daB ,,das, was wir beim Verbrennen von Schwefel und Phosphor beobachten,ebensowohl bei allen anderen Substanzenstattfinden mag . . . und ich bin iiberzeugt,daB die Gewichtszunahmevon Metallkalkendie gleiche Ursache hat". In Einklang mit seinenUberlegungen fand Lavoisier,daB beim Erhitzen von Bleikalk (Bleioxid) mit Holzkohle,,,gerade als sich der Kalk in Metall verwandelte,eine groBe Menge Gas freigesetztwurde". DieseBeobachtungen und Spekulatio- nen standenin krassemWiderspruch zur Phlogistontheorie,nach der ja aus einer Substanzbeim Brennen Phlogistonent- Bild 7: Joseph Priestley (f733 bis 1804) konnte hlnger der Phlogistontheorie identifizierte er wich, so daB sie leichter werden sollte. im Jahrzehnt vor der Erfrndung des Ballons, die bedeutendste von ihm entdeckte Substanz - - Der junge Lavoisier,das Revolutiondre acht weitere Gase isolieren. Als treuer An- Sauentoff als ,rentphlogistonierte Luft".

Spcktrum der Wissenschaft. M:irz 1984 t13 die Entwicklung des Ballons zum Ab- une substancesimple, un 6l6ment pro- scheinendieses Buches markiert schlu8 zu bringen. den Be- prementdit, maisqu'elle est susceptible ginn der wissenschaftlichenRevolution Diese Tat wurde in England voll- de d6compositionet de recomposition.., und die Geburt der modernenChemie. bracht. Wie zuvor schon priestley be- (,,Bericht, in dem bewiesenwerden soll, Denkt man an die Geschichteder er- nutzte Cavendish elektrische Funken, daB Wasser keine einfache Substanz, sten Ballonaufstiege,so ist der EinfluB um neue Gase zu untersuchen.Beson- sprichElement, ist, sonderndaB es zer- der parallelverlaufenden revolgtiondren ders interessierteer sich fiir das leichte setzt und wieder zusammengesetztweb Entwicklungenin der Chemie auf die Gas, das er frdher brennbareLuft ee- den kann.") Obwohl sich seineMetho- Anfiinge der Luftfahrt und insbesondere nannt hatte. So ziindeteer GemisJhe den und Ergebnissemit denen Caven- die Erfindung des Wasserstoffballonsof- dieses mit entphlogistonierter dishsnicht messenkonnten, war Lavoi- fensichtlich.Aber die Verkniipfung zwi- Luft. Der Funken erzeugteeine bl6uli- sier kiihn genug, den Sprung zu wagen schenbeiden war noch viel enger. che Flamme, wobei sich das Volumen und zu behaupten,Wasser sei eine Ver- Obwohl die Geschichte des Wasser- des Gasesverminderte und ein kleiner bindungaus Sauerstoffund Wasserstoff. stoffballonsin CavendishsLaboratorium Tropfen Fli.issigkeitentstand, den Ca- Er hatte sich allerdings zusiitzlich ein begann,wo dieserals erster,.brennbare vendishTau nannte. raffiniertes Experiment ausgedacht,um Luft" erzeugteund herausfand,daB sie Dieser Tau weckte CavendishsNeu- zu zeigen,daB sich Wasserin seine ele- viel leichter als gewcihnlicheLuft ist, war gier,und so ersanner ein zweitesExoeri- mentaren Bestandteile zerlesen leBt. esdoch Black, der alserster die Mcislich- ment, um grci8ereMengen davon zu SeineIdee fuBte auf der Beo-bachtune.keit demonstrierte.ein Objektherzistel- sammeln.,,Die Substanz",so schrieber, daB sich bei der Reaktion uon Warsei- len, das leichter ist als Luft. Thomas ,,wargeschmack- und geruchlosund hin- dampf mit rotgliihendem Eisen (in sei- Thomson, der Nachfolger Blacks auf terlieB beim Verdampfen weder einen nem Experiment ein Gewehrlaufl das dem Chemie-Lehrstuhlin Glasgow,be- erkennbarenRiickstand, noch gab sieei- Wasserunter Bildung von Wasserstoff schreibt diese erste,,Flugdemonstra- nen stechenden Geruch dabei ab: kurz. und Eisenoxid zersetzt.Aber erst als er tion" wie folgtl es schienreines Wasser zu sein..'Die bei einem Nebenversuchfeststellte. daB ,,Bald nach Erscheinendes Artikels weitereUntersuchung erwies, daB es ge- die gleiche Reaktion mit rotgliihendem von Mr. Cavendishiiber Wasserstoffgas, nau das war. Kupfer nicht ablief,konnte er dasExpe_ in dem er das spezifischeGewicht dieser Dieses beriihmte Experiment wurde riment ausfiihren,das ihm vorschwebte. Substanzabschdtzt und zeigt, daB sie schon1781 durchgefiihrt, aber erst 17g4 Den erfolgreichen Versuch machte er mindestenszehnmal leichter als sew6hn- der Royal Societyberichtet. Die formale mit einemKupferrohr, das kleine Eisen- licheLuft ist,tud Dr. Blackeiniei Freun- Verciffentlichungverzcigerte sich vor al- stiickchenenthielt. Er tropfte eine abge- de zum Abendessenein mit dei Ankiin- lem deshalb,weil Cavendishzuniichst wogeneMenge Wasser in dasrotgliihen- digung,daB er ihnen etwasMerkwi.irdi- noch eine merkwiirdige Beobachtung de Rohr. Das Wasserverdampfie. rea- ges zu zeigen habe. Dr. Hutton, Mr. weiter untersuchenwollte. Er hatte fest- gierte mit dem Eisenund zersetztesich. Clarke ausElden und Sir GeorgeClarke gestellt, da8 das entstandeneWasser Der nichtzersetzterestliche Dampf wur- ausPennicuik waren unter den Gdsten. sauerreagierte, wenn er im Experiment de kondensiertund gewogen.Die bei Sobaldsich die Geladenenversammelt statt entphlogistonierter gewcihnliche der Zersetzung gebildete Gasfraktion hatten,bat Dr. Black siein einenNeben- Luft einsetzte.Als Grund fiir die Azidi- (Wasserstoff) fing Lavoisieriiber Wasser raum, wo er die Allantois diinne tdt erkannteer die Gegenwartvon Sal- [die auf und bestimmte gleichfallsihr Ge- Fruchtblase]eines Kalbes mit Wasser- peterseure,deren Zusammensetzuneer wicht. SchlieBlichwurde auch das Eisen stoffgasgefiillt hatte. Losgelassen,stieg alserster zu bestimmenvermochte. im Kupferrohrzurtckgewogen und seine sie auf und blieb unter der Decke hdn- Cavendish hatte also gezeigt, d,aB Gewichtszunahmeermittelt. Aus diesen gen. Das Phdnomenwurde schnell er- Wasserentstand, wenn man ein Gemisch Daten berechneteLavoisier, daB Wasser kldrt: Man hielt es fiir ausgemacht,daB von brennbarerund entphlogistonierter aus einem GewichtsteilWasserstoff und ein diinner Fadenan der Allantois befe- Luft entziindete.Fiir ihn hieB dasfreilich 6,5 GewichtsteilenSauerstoff bestehen stigt und durch die Decke gefiihrt wor- nicht, daB Wassereine Verbinduns aus sollte.(Der -ni.tt richtigeWert ist 1:g.) den wdre und daB irgendjemand in der Sauerstoffund Wasserstoffwar - Diese anschaulicheDemonstration, oberen Wohnung die Fruchtblase an fiir einen iiberzeugtenphlogistonisten! daB sich Wasserzerlegen und wieder zu- dem Fadenzur Decke gezogenhdtte und Er schriebvielmehr: ,,Es gibt also allen sammensetzen l6Bt,paBte so glatt in La- dort festhielte.Diese Erkldrung war so Grund anzunehmen,da8 entphlogisto- voisiers Vorstellung von der Materie, wahrscheinlich, daB die ganze Gesell- nierte Luft nichtsanderes ist als Wasser, da8 sieder Phlogistontheorieden letzten schaftihr beipflichtete;aber, wie so viele dem dasPhlogiston entzogen wurde, und Schlag versetzte.Mehr als das: Das Ex- einleuchtendeTheorien, erwies sie sich daBbrennbare Luft entweder,wie schon periment markierte das Ende der vier als gdnzlichhaltlos; denn als die Allan- friiher gesagt,mit Phlogistonangerei- aristotelischenElemente. tois wieder heruntergeholtwurde, fand chertesWasser oder aber reinesphlosi- - man keinenFaden daran befestist.,, ston ist hcichstwahrscheinlichieaoih Jahrespdter. 1784, schrieb BIack ei- das erstere."Mit anderenWorfen: Ca- Ein neuesSystem nen Brief, in dem er seine Gedanken vendishglaubte, daB Wasserin beiden der Chemie i.iber diesesExperiment darlegte: Liiften enthaltensei und durchdie Reak- ,,Da Sie von der ,Geburt' aerostatischerEx- tion zwischenihnen nur freigesetztwiir- Mit der erfolgreichenDeutung dieses perimentesprechen, bitte ich um Erlaub- de. Bei diesemVorgang ginge das phlo- Versuchswar Lavoisierin der Lage, ein nis, Ihnen meine Gedankenzu diesem gistonvon der phlogistonreichenbrenn- neues, logischesSystem der Chemieauf- Gegenstandetwas ausfiihrlichermittei- baren auf die phlogistonloseentphlogi- zustellen. Er beschriebes in seinem len zu di.irfen.Zundchst mcichte ich auf stonierteLuft iiber. Lehrbuch ,,Trait6 6l6mentairede chi- keinen Fall meinen Anspruch auf Ver- Am 12. November1783 hielt Lavoi_ mie" im Jahre 1789.Darin tauchenso- diensteum die Erfindungvon Maschinen sier bei einem ciffentlichenTreffen der wohl Sauerstoffals auch Wasserstoffin fiir allgemeineFliige und Exkursionen Akademieeinen Vortrag mit demlangen einer Liste von 33 Elementenauf, von anmelden,obwohl das, was ich Ihnen Titel: ,,M6moiredans lequel on a pour denen allebis auf zweiauch im heutisen schonberichtet habe, absolut wahr ist. objet de prouverque I'eau n'est point Periodensyslem zu findensind. Das Er- Das Experimentmit der Blase,das ich

l1:1 Spcklrum der Wissenschaft. Mtirz l9lt4 Temperatur herriihrte." Offensichtlich hatten die Montgolfiers den Eindruck, daB der vom Stroh abgegebene Dampf brennbare Luft oder etwas Ahnliches sei. Black wuBte es jedoch besser. In seinem Brief stellte er eindeutig fest, daB die wdrmere Luft einfach ,,verdiinnt" ist. Es gibt einen weiteren Anhaltspunkt dafilr, daB sich die Gebriider Montgol- fier tiber die Natur des von Feuer er- zeugten Rauches und Dampfes tdusch- ten. In der Korrespondenz von Sir John Sinclair, einem damals in England poli- tisch aktiven Juristen, findet sich folgen- de Geschichte: ,,Gegen Ende des Jahres 1785 traten Umstiinde ein, die mich zu einem kurzen Ausflug von London nach Paris veranlaBten, und nfiallig reiste ich in Gesellschaft von drei angesehenen Ausldndern, ndmlich Argand, so wohl- bekannt durch seine Verbesserungen in der Kunst der Lampenherstellung, Re- veillon, dem damals gr

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