Ausstellungsführer (Pdf)
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AUSSTELLUNGSFÜHRER Saalplan 1 Einführung 6 2 Die Vielfalt der Moderne 13 3 Das Kunstmuseum Bern als Käufer 7 4 Verein der Freunde Kunstmuseum Bern 12 5 8 14 5 Bernische Kunstgesellschaft 15 9 16 4 6 Legat Georges F. Keller 10 17 7 Hermann und Margrit Rupf-Stiftung 3 11 2 8 Schenkung Nell Walden 1 9 Schenkungen Thannhauser 10 Stiftung Othmar Huber 11 Anne-Marie und Victor Loeb-Stiftung 12 Der Nationalsozialismus und «Entartete» Kunst 13 Die Ausstellung Entartete Kunst in München 1937 14 «Deutsche» Kunst 15 «Geistige Landesverteidigung» der Schweiz 16 Der Verkauf der «Entarteten» Kunst in der Schweiz 17 Vier Verfemte – Paul Klee · Ernst Ludwig Kirchner · Otto Dix · Untergeschoss Neubau Johannes Itten 1 Einführung Das Kunstmuseum Bern besitzt eine Kollektion mit Spitzenwerken von Wassily Kandinsky, Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc oder Pablo Picasso. Nur zum geringeren Teil wurden diese Werke aus eigenen Mitteln erworben. Zahlreiche private Sammler und Instituti- onen haben ihre Werke dem Museum überlassen, als Stiftung, Legat, Schenkung oder als Dauerleihgabe. Erstmals beschäftigt sich das Kunstmuseum Bern in einer Sonderschau mit der Erwerbungsge- schichte seiner Sammlung. Wann und wie sind die Werke ins Museum gekommen? Eine Auswahl aus unserer Sammlung haben wir fortlaufend auf die roten Wände des Ausstellungsgeschosses gehängt. Die Werke sind nach den Jahren geordnet, in denen sie Eingang ins Museum gefun- den haben. So entsteht eine Ordnung, die das Wachsen der Samm- lung darstellt und die Grundlage für die Ausstellung bildet: unser sogenannter Sammlungshorizont. Sieben Werke der Sammlung hingen bis 1937 in deutschen Museen. Sie wurden durch staatliche Stellen beschlagnahmt und verkauft. In Deutschland wurden sie seit der Regierungsbildung durch die NSDAP 1933 mit einem Begriff aus der Biologie diffamiert: Als «ent- artet» beschimpfte man sowohl Künstlerinnen und Künstler, wie auch ihre Werke. Auch in der Schweiz gab es manche, die die Mo- derne Kunst als «entartet» abgelehnt haben. Aber einige haben sich für sie begeistert und sie gesammelt. Museen stellen für Kunstwer- ke Öffentlichkeit her, damit alle Anteil daran nehmen können. Diese 2 Die Vielfalt der Moderne Öffentlichkeit sollte im Deutschen Reich für jene Kunst zunichte Moderne Kunst ist kein einheitlicher Stil. Vielmehr ist die Kunst in gemacht werden, die nicht den nationalsozialistischen Ideen ent- der Moderne geprägt von Vielfalt. In vormodernen Zeiten galten für sprach. Die sieben Kunstwerke aus deutschen Museen wurden mit Kunstwerke festgelegte Regeln, wie etwa eine Landschaft, ein Port- vielen anderen in der Schweiz verkauft. Wichtig war dabei eine Auk- rät, ein Heiligenbild, ein Historienbild oder ein Stillleben aufzubauen tion, Gemälde und Plastiken Moderner Meister aus deutschen Museen, sei. Indes haben Künstler sich schon immer ihre Freiheiten genom- die 1939 in der Galerie Fischer in Luzern stattfand. Von dieser Auktion men. Im 19. Jahrhundert aber verlieren solche Regeln an Verbind- hat unsere Ausstellung ihren Titel: Was in Deutschland als «entartet» lichkeit. Nun wird gerade die Freiheit von Regeln zu einem Merkmal offiziell wertlos geworden war, wurde in der Schweiz als Moderne Moderner Kunst. Meister geschätzt und erworben. Max Huggler war von 1931 bis 1946 Direktor der Kunsthalle und ab Da der Angriff der Nationalsozialisten auf die Freiheit und Vielfalt der 1944 zudem Direktor des Kunstmuseums Bern. Auch privat hat er Modernen Kunst so fundamental war und auch Auswirkungen auf Kunst gesammelt. 1966 hat er seine Sammlung dem Kunstmuseum die Schweiz hatte, konzentrieren wir uns auf diese Zeit. Wir zeigen Bern geschenkt. Die hier gezeigten Werke geben einen Eindruck von ausschliesslich Werke von Kunstschaffenden, die in Deutschland der Vielfalt Moderner Kunst. Ein Werk von Pablo Picasso setzt die als «entartet» galten. Ausserdem kamen die ausgewählten Werke ab menschliche Figur ganz anders ins Bild als eines von Ernst Ludwig 1933 ins Kunstmuseum und sind vor 1945 entstanden. Kirchner. Paul Klee geht ganz anders mit geometrischen Formen um als Piet Mondrian. Diese Werke Moderner Meister können wir nur zeigen, weil die Schweiz ein freies, demokratisches Land war, blieb und ist. Ausserhalb der Diese Vielfalt Moderner Kunst hat viele auch gestört. Die Nationalso- Schweiz waren die Demokratien in Europa in der ersten Hälfte des 20. zialisten gehören zu den besonders aggressiven Gruppen, die diese Jahrhunderts fast überall zerstört. Nur Demokratien schützen Frei- Freiheit der Kunst bekämpft haben. In Deutschland wurde der Natio- heit und Vielfalt. Deshalb beschäftigen wir uns in der Ausstellung nalsozialismus ab 1933 Staatsdoktrin. Es sollte nur noch eine Form mit Themen wie «Was sollte «Entartete» Kunst sein?», «Wie reagierte von Kunst geben, die nach Regeln des Nationalsozialismus gestaltet die Schweiz kulturpolitisch auf die Bedrohung durch Deutschland?» war. Kunstwerke wie die von Max Huggler gesammelten sollten nicht und «Wie und warum wurde die Kunst aus deutschen Museen in der mehr möglich sein. Schweiz verkauft?». 3 Das Kunstmuseum Bern als Käufer Als 1849 das Kunstmuseum Bern im Chor der ehemaligen Prediger- 1996 – 2001 Toni Stooss (*1946), Direktor kirche (heute Französische Kirche) eingerichtet wird, ist es das 2001 – 2002 Felix Baumann, Direktor ad interim erste Museum der Schweiz mit eigener Kunstsammlung. Die Samm- 2002 – 2016 Matthias Frehner (*1955), Direktor lung wurde gebildet aus dem Bernischen Staatsbilderschatz und der Sammlung der Bernischen Kunstgesellschaft BKG, die bis heute Wer- Die Leitung des Erwerbungszeitraums ab 1933, der uns in der Aus- ke für das Kunstmuseum erwirbt. 1879 konnte das Kunstmuseum ein stellung interessiert, beginnt mit Conrad von Mandach. Das Direkto- vom Architekten Eugen Stettler eigens errichtetes Gebäude, den so- rium, das Ankäufe beschliesst, besteht aber aus mehreren Personen, genannten Stettlerbau, beziehen. 1892 tritt das Kunstmuseum erst- die von verschiedenen Institutionen entsendet sind: von Stadt und mals als Käufer eines Kunstwerks auf: unter der Leitung von Edouard Kanton Bern, von der Burgergemeinde Bern, der BKG, von Künst- Davinet, der sich Inspektor nennt, erwirbt das Kunstmuseum Arnold lervereinigungen und anderen mehr. Sie alle hatten Anteil an der Böcklins Gemälde Meeresstille (1886). Das Gemälde ist hier nicht aus- Gründung des Kunstmuseums Bern und sind auch heute noch im gestellt, da von Böcklin keine Werke aus deutschen Museen entfernt Stiftungsrat vertreten. Auch der spätere Direktor Max Huggler hatte wurden. als Leiter der Kunsthalle Bern damals bereits Einsitz im Direktorium. 1933 beschloss das Gremium, aus einer Ausstellung Ernst Ludwig Die Leiter des Kunstmuseums Bern hatten unterschiedliche Titel. Kirchers in der Kunsthalle Bern eines der grössten Gemälde, die der Sie hiessen zuerst Inspektor, Kustos oder Konservator und ab den Künstler je geschaffen hat, für die Sammlung des Kunstmuseums 1940er Jahren Direktor. Bern zu erwerben: Alpsonntag. Szene am Brunnen, (1923-25). Der Künstler schenkte dem Kunstmuseum Papierarbeiten dazu. 1849 – 1880 Christian Bühler (1825 – 1898), Inspektor, Kustos oder Konservator Nur Werke, die vom Kunstmuseum Bern angekauft oder die ihm 1880 – 1890 Emil Luz (1824 – 1890), Inspektor geschenkt oder vererbt wurden, befinden sich auch in dessen 1890 – 1919 Edouard Davinet (1839 – 1922), Inspektor Eigentum. Werke von Stiftungen und anderen Institutionen ver- 1920 – 1943 Conrad von Mandach (1870 – 1951), Konservator bleiben in deren Eigentum und sind dem Kunstmuseum als Leih- 1944 – 1965 Max Huggler (1903 – 1996), Konservator, Direktor gabe anvertraut. 1965 – 1980 Hugo Wagner (1925 – 2015), Direktor 1981 – 1995 Hans-Christoph von Tavel (*1935), Direktor 4 Verein der Freunde Kunstmuseum Bern Nachdem sich Ende 1919 der Bernisch-kantonale Kunstverein, dem Der Verein erwirbt bis in die Gegenwart Kunstwerke, die eine gros- der Bau des Kunstmuseums mit zu verdanken ist, nach 66-jährigem se Bereicherung für die Sammlung des Kunstmuseums Bern dar- Bestehen auflöst, gründet sich ein halbes Jahr später, am 1. Juli stellen, denn sie ergänzen die Ankaufstätigkeit des Museums. Das 1920, der Verein der Freunde Kunstmuseum Bern. In Anwesenheit des Hauptaugenmerk liegt heute auf zeitgenössischer Kunst. Zudem damaligen Museums-Konservators Conrad von Mandach wird Rudolf unterstützt der Verein der Freunde Kunstmuseum Bern das Haus von Tavel zum ersten Präsidenten des neuen Vereins gewählt. Laut auch durch Mitarbeit in Gremien und durch eine breite Abstützung Statuten verfolgt der Verein den Zweck, «das Kunstmuseum Bern zu in der Gesellschaft. fördern, zu unterstützen und das Interesse an seinem Wachstum und Gedeihen zu stärken». Zur Umsetzung dieser Absichten kauft der Verein seit seinem Bestehen auch Kunstwerke an, die «dem Kunstmuseum Bern zur Verwahrung und Ausstellung übergeben werden», aber Eigentum des Vereins bleiben. Bereits im ersten Vereinsjahr erwirbt man etwa Giovanni Giacomettis Erwachen aus einer Ausstellung in der Kunsthalle Bern. In un- serer Ausstellung ist das Konvolut des Vereins der Freunde mit zwei herausragenden Werken vertreten: 1935 wird Ad Parnassum von Paul Klee angekauft, 1966 die Zeichnung Reihung von Oskar Schlemmer. Bei beiden Werken handelt es sich um Glücksfälle für das Kunstmuseum Bern. Ad Parnassum ist ein spätes Hauptwerk von Paul Klee und eines seiner heute bekanntesten Werke, das der Verein der Freunde «mit sicherer Hand […] aus der Fülle des Gebo- tenen» ausgewählt hat, wie der spätere Konservator Hugo Wagner schreibt.