Die Doktorarbeit untersucht die Wanderschafhaltung in ausgewähltem Unter- suchungsgebiet Gandja-Gasach in Aserbaidschan. In dieser Studie wurden der Landwirtschaftssektor in Aserbaidschan mit Fokus auf den Transformationspro- zess strukturell charakterisiert, die Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbe- triebe dargestellt, die Ist-Situation der Wanderschafhaltung aus ökonomischer Sicht vertieft analysiert und daraus abgeleitet Schwachstellen identifiziert. Weiterhin wurden Lösungsansätze zur Verbesserung der Ist-Situation entwickelt. Die betriebsspezifischen Daten wurden von 120 Wanderschafhaltungsbetrieben in den Jahren 2009-2012 erhoben und je nach Fragetyp qualitativ und/oder quantitativ ausgewertet. Basierend auf wirtschaftlicher Bewertung sowie der Identifizierung von Schwachstellen wurden Lösungsansätze zur Verbesserung Naiba Allahverdiyeva der Ist-Situation entwickelt und Investition in Szenarien anhand von zwei Mo- dellbetrieben weiter analysiert, die Betriebe kleiner und mittlerer Größe reprä- Wirtschaftliche Bewertung von sentieren. Zudem ist ein Szenario für Tierarztgemeinschaften in der vorliegenden Arbeit entwickelt und deren Wirtschaftlichkeit bewertet worden. Wanderschafhaltungsbetrieben Die Analyse zeigt, dass die gemeinsamen Investitionstätigkeiten bei den Modell- in der Region Gandja - Gasach / betrieben erwartungsgemäß zu einer Verbesserung der ökonomischen Situation Aserbaidschan im Vergleich zur Investitionstätigkeit ohne Kooperation führen. Insbesondere die kleinen Betriebe können von einer Investition mit Kooperation profitieren und bei Status quo und Ableitung verhältnismäßig geringen Kostensteigerungen die höchsten Leistungszuwächse von Verbesserungspotentialen im Vergleich zu individuellen Investitionen erzielen. Abschließend wurden die Empfehlungen an Viehhalter und an geeignete Institu- tionen zur Änderung der institutionellen Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Schwachstellen und tierärztlichen Betreuung etc. gegeben.

ISBN 978-3-7376-0614-1

kassel 9 783737 606141 university press                                                                      !   "                     

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Tabellenverzeichnis ...... viii Abbildungsverzeichnis ...... xii Bildverzeichnis ...... xiv Abkürzungsverzeichnis ...... xv Vorwort ...... xvii Danksagung ...... xviii 1 Einleitung ...... 1 1.1 Problemstellung ...... 2 1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise ...... 6 1.3 Aufbau der Arbeit ...... 8 2 Beschreibung des Untersuchungslandes und -gebietes ...... 12 2.1 Geographische Lage ...... 12 2.2 Natürliche Standortbedingungen ...... 15 2.2.1 Klima ...... 15 2.2.2 Boden ...... 17 2.2.3 Wasser ...... 20 2.2.4 Vegetation und Fauna ...... 22 3 Material und Methoden ...... 26 3.1 Auswahlverfahren der Betriebe ...... 28 3.2 Datenerhebung ...... 29 3.2.1 Primärdaten ...... 30 3.2.2 Sekundärdaten ...... 34 3.3 Datenauswertung ...... 35 3.3.1 Qualitative Auswertung ...... 35 3.3.2 Quantitative Auswertung ...... 37 3.4 Wirtschaftlichkeitsanalyse ...... 38 3.4.1 Kategorisierung der Betriebe ...... 38 3.4.2 Auswahlmethode des typischen Betriebs ...... 39 3.4.3 Die methodischen Werkzeuge MAX und BEP ...... 40 3.4.4 Rentabilität ...... 45

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3.4.5 Stabilität ...... 48 3.4.6 Liquidität ...... 48 3.5 Szenarien-Rechnungen ...... 50 3.5.1 Modellbetriebe ...... 50 3.5.2 Analyse des Erfolgs der Szenarien ...... 51 3.5.3 Vergleich der Ergebnisse ...... 52 4 Die Landwirtschaft in Aserbaidschan und in der Region Gandja-Gasach ...... 53 4.1 Allgemeines ...... 53 4.2 Landwirtschaftliche Nutzfläche ...... 54 4.2.1 Nutzungs- und Verwaltungsstruktur der Weideflächen ...... 57 4.2.2 Ökologische Probleme der Weiden ...... 63 4.3 Landwirtschaftliche Betriebe ...... 64 4.4 Pflanzenproduktion ...... 65 4.5 Viehwirtschaft ...... 66 4.5.1 Rinderhaltung ...... 68 4.5.2 Schaf- und Ziegenhaltung ...... 68 4.6 Agrarpolitik im Strukturwandel und Transformationsprozess ...... 71 4.7 Institutionen ...... 76 4.8 Vermarktung von Agrarprodukten ...... 79 4.9 Außenhandel ...... 81 5 Kooperationen in der Landwirtschaft Aserbaidschans ...... 84 5.1 Begriffsbestimmung ...... 84 5.2 Ziele der Kooperationen ...... 85 5.3 Formen der Kooperationen ...... 86 5.4 Voraussetzungen ...... 87 5.5 Kooperationen in Aserbaidschan ...... 90 5.5.1 Tauschgemeinschaften ...... 92 5.5.2 Dienstleistungen und zwischenbetriebliche Arbeitsteilung ...... 93 5.5.3 Gemeinschaftliche Nutzung von Produktionsmitteln ...... 94 5.5.4 Betriebszweig- und Betriebsgemeinschaften (Teil- und Vollfusion) ...... 96 6 Fernweidewirtschaft ...... 97 6.1 Begriffsbestimmung ...... 97

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6.2 Formen der Fernweidewirtschaft ...... 97 6.2.1 Nomadismus ...... 98 6.2.2 Transhumanz ...... 100 6.2.3 Almwirtschaft ...... 101 6.3 Fernweidewirtschaft in Aserbaidschan ...... 102 6.3.1 Nomadismus vor und während der Sowjetischen Zeit in Aserbai dschan ...... 102 6.3.2 Spezielle Ausformungen der Fernweidewirtschaft im heutigen Aserbaidschan .... 104 7 Charakteristische Eigenschaften der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe .... 109 7.1 Rechtsformen ...... 109 7.2 Ausbildungsniveau und Erfahrung der befragten Viehhalter ...... 110 7.3 Kategorisierung der untersuchten Betriebe ...... 113 7.3.1 Formen der Fernweidewirtschaft ...... 113 7.3.2 Formen der Organisation ...... 115 7.3.3 Betriebsgrößenklasse ...... 117 7.4 Faktorausstattungen ...... 119 7.4.1 Arbeitskräfte ...... 119 7.4.2 Weidefläche ...... 123 7.4.3 Betriebliche Gebäude ...... 126 7.4.4 Landwirtschaftliche Maschinen ...... 130 7.4.5 Wasser- und Stromversorgung ...... 132 7.5 Verfahren der Pflanzenproduktion ...... 133 7.6 Verfahren der Tierhaltung ...... 134 7.6.1 Rinder ...... 135 7.6.2 Schaf und Ziege ...... 136 7.6.3 Tiere von Hirten und Verwandten ...... 136 7.6.4 Sonstige Tiere ...... 137 7.6.5 Erzeugte Tierprodukte ...... 138 7.6.6 Ablammen und -kalben ...... 140 7.6.7 Züchtung und Herdenbestandsstruktur ...... 142 7.6.8 Fütterung ...... 143 7.6.9 Tierverluste und deren Gründe ...... 145 7.6.10 Tiergesundheit und tierärztliche Betreuung ...... 146

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7.6.11 Wanderung ...... 149 7.7 Kooperationen zwischen den Betrieben ...... 150 7.8 Finanzierung und Investition ...... 153 7.9 Verkehrslage und Marktbeziehungen ...... 155 8 Gegenwärtige Wirtschaftlichkeit der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe ... 160 8.1 Einführung in den typischen Betrieb ...... 160 8.2 Deckungsbeitragsrechnung der untersuchten Betriebe ...... 164 8.2.1 Analyse der Marktleistung ...... 165 8.2.2 Analyse der variablen Kosten ...... 167 8.3 Festkosten ...... 170 8.4 Faktorkosten (Opportunitätskosten) ...... 172 8.5 Rentabilitätsanalyse ...... 173 8.6 Stabilitätsanalyse ...... 177 8.7 Liquiditätsanalyse ...... 178 8.8 Vergleichende Bewertung der gegenwärtigen Wirtschaftlichkeit ...... 178 8.8.1 Nach Größenklassen ...... 179 8.8.2 Nach Organisationsformen ...... 180 8.8.3 Nach Formen der Fernweidewirtschaft ...... 181 9 Verbesserungsmöglichkeiten der Ist-Situation – Kooperation als Entwicklungsmodell ...... 184 9.1 Identifizierung von Verbesserungspotentialen ...... 184 9.2 Beschreibung der Modellbetriebe ...... 188 9.3 Wirtschaftlichkeit der Modellbetriebe in der Ist-Situation ...... 189 9.4 Szenarien-Rechnungen für Investitionen in den Modellbetrieben ...... 191 9.4.1 Annahmen ...... 192 9.4.2 Investment- und Finanzierungsplan ...... 193 9.4.3 Ergebnisse der Investitionsszenarien ohne Kooperation ...... 195 9.4.4 Ergebnisse der Investitionsszenarien mit Kooperation ...... 200 9.4.5 Ergebnisse der Tierarztgemeinschaft ...... 203 9.4.6 Vergleichende Bewertung der Szenarien-Rechnungen ...... 205 10 Diskussion und Empfehlungen ...... 209 10.1 Diskussion des methodischen Herangehensweise...... 209

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10.2 Entwicklung der Tierhaltung und Nutzungsintensität der Weideflächen ...... 213 10.3 Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe ...... 216 10.4 Ist-Situation der Wanderschafhaltungsbetriebe ...... 218 10.5 Bewertung der Investitionsrechnungen ...... 222 10.6 Bewertung der Tierarztgemeinschaft...... 224 10.7 Weiterer Forschungsbedarf...... 225 10.8 Empfehlungen ...... 226 10.8.1 Empfehlungen an die Viehhalter ...... 226 10.8.2 Empfehlungen an die Agrarpolitik ...... 228 11 Zusammenfassung ...... 232 Literatur ...... 238 Anhänge ...... 258

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gesamtkonzept der Arbeit ...... 11 Tabelle 2: Jährliche und monatliche Temperatur und Niederschlagsmenge in Cheyranchöl-Steppe (1977) ...... 16 Tabelle 3: Bonitätsskala und Qualitätsgruppen der Weideflächen in Gandja-Gasach ...... 19 Tabelle 4: Bodentypen der Cheyranchöl-Steppe ...... 20 Tabelle 5: Die Flüsse des Untersuchungsgebietes ...... 21 Tabelle 6: Datenerhebung auf verschiedenen Ebenen zur Forschung ...... 30 Tabelle 7: Verfahren der Befragung und Datenauswertung ...... 30 Tabelle 8: Themenblöcke des Fragebogens ...... 32 Tabelle 9: Auswahl der Experteninterviews ...... 34 Tabelle 10: Methoden der Betriebsanalyse – Kriterien, Bereiche, Kenngrößen und Einflussfaktoren ...... 41 Tabelle 11: Schematische Darstellung der Marktleistung und Kosten ...... 43 Tabelle 12: Umrechnung des Tierbestands in Großvieheinheiten ...... 44 Tabelle 13: Bewertung der Arbeitskräfte nach Altersstruktur ...... 45 Tabelle 14: Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (1994-2011) ...... 53 Tabelle 15: Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche (in 1000 Hektar) ...... 55 Tabelle 16: Bewässerte Fläche in Aserbaidschan ...... 56 Tabelle 17: Verwaltungsstruktur der Fläche (in Hektar) ...... 56 Tabelle 18: Nutzungsstruktur der Weidefläche (in 1000 Hektar) ...... 57 Tabelle 19: Erosionsgrad in der Cheyranchöl-Steppe ...... 64 Tabelle 20: Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe nach ihrer Kategorie (2011) ...... 65 Tabelle 21: Erzeugung von Nutztierprodukten im Jahr 2011 (in Tonnen) ...... 67 Tabelle 22: Anzahl ausgewählter Nutztiere in 2011 (in Stück) ...... 68 Tabelle 23: Produktionskennzahlen Ausgewählter Schafrassen der Region Gandja –Gasach ...... 70 Tabelle 24: Entwicklung der Tieranzahl und Produktion von ausgewählten Nutztieren (1996 - 2001) ...... 73 Tabelle 25: Anzahl ausgewählter Nutztiere der Region Gandja-Gasach in (2000-2011) ... 75 Tabelle 26: Erzeugung ausgewählter tierischer Produkte der Region Gandja-Gasach in (2000-2011) ...... 75

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Tabelle 27: Entwicklung der durchschnittlichen Preise für ausgewählte Tierprodukte (in AZN) ...... 81 Tabelle 28: Inlandsproduktion, Export, Import und Verbrauch von Tierprodukten (2012) ...... 82 Tabelle 29: Mögliche wirtschaftliche Zielerreichung bei landwirtschaftlichen Kooperationen ...... 86 Tabelle 30: Mögliche Rechtsformen der landwirtschaftlichen Unternehmen/Betriebe in Aserbaidschan ...... 110 Tabelle 31: Wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen Halbnomaden und Transhumanten ...... 114 Tabelle 32: Verteilung der untersuchten Betriebe nach Formend der Fernweidewirtschaft und Betriebsorganisation ...... 115 Tabelle 33:Gruppierung der Betriebe nach Größenklassen ...... 117 Tabelle 34: Durchschnittliche Faktorausstattungen der Betriebe nach Betriebsgrößenklasse ...... 117 Tabelle 35: Faktorausstattungen nach Betriebsgrößen, in Prozent des Gesamtbestandes der Stichprobe ...... 118 Tabelle 36: Häufigkeit der definierten Betriebsformen ...... 119 Tabelle 37: Erwerbstätige auf den untersuchten Betrieben ...... 119 Tabelle 38: Entlohnung der Fremd - AK in den Betrieben ...... 120 Tabelle 39: Weidefläche der untersuchten Betriebe in Hektar ...... 123 Tabelle 40: Verteilung der Weide nach Flächentyp und Betriebsgrößenklasse (in Hektar) ...... 124 Tabelle 41: Pachtpreise für Weideflächen (2011) ...... 124 Tabelle 42: Tierbesatz nach Weideflächentyp ...... 125 Tabelle 43: Anzahl von Winterweidenhöfe und Sommerweidenlager nach Betrieben..... 126 Tabelle 44: Stallzustand nach Betriebsgrößenklasse ...... 129 Tabelle 45: Vergleich ausgewählter Parameter bei unterschiedlichem baulichem Zustand der Ställe ...... 130 Tabelle 46: Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte in den untersuchten Betrieben .. 130 Tabelle 47: Tiere in den Betrieben ...... 135 Tabelle 48: Verteilung des Rinderbestandes der Betriebe nach unterschiedlichen Betriebsformen ...... 136 Tabelle 49: Verteilung der Schaf- und Ziegenbestände nach unterschiedlichen Betriebsformen ...... 136

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Tabelle 50: Nutztiere von Hirten in den Betrieben ...... 137 Tabelle 51: Benötigte Milchmenge bei den verarbeiteten Milchprodukten ...... 140 Tabelle 52: Reproduktionskennzahlen (durchschnittliche Werte) ...... 142 Tabelle 53: Futterbedarf ausgewählter Tiere in Wintermonaten ...... 143 Tabelle 54: Finanzierungformen der untersuchten Betriebe ...... 154 Tabelle 55: Aufnahme von Krediten der Betriebe in den Jahren (2009-2010) ...... 155 Tabelle 56: Entfernung von Winterweide bzw. Sommerweide zu den Märkten ...... 155 Tabelle 57: Tierproduktpreise im Bazar (2011) ...... 158 Tabelle 58: Basargebühren im Jahr (2011) ...... 159 Tabelle 59: Tierbestand des typischen Betriebs unter Berücksichtigung der Hirtentiere . 160 Tabelle 60: Produktionstechnische Daten des typischen Betriebs ...... 161 Tabelle 61: Deckungsbeitragsrechnungen des typischen Betriebs ...... 162 Tabelle 62: Rentabilitätsanalyse des Typischen Betriebs ...... 163 Tabelle 63: Überblick Betriebsstrukturen ...... 164 Tabelle 64: Deckungsbeitrag mit ausgewählten Werten in den Betrieben ...... 165 Tabelle 65: Erlöse aus der Tierhaltung in den Betrieben ...... 166 Tabelle 66: Ausgewählte Werte der gesamten variablen Kosten in den Betrieben ...... 167 Tabelle 67: Einzelne Kostenarten je Muttertier in den Betrieben ...... 168 Tabelle 68: Sachkosten in den Betrieben ...... 171 Tabelle 69: Lohnkosten in den Betrieben, in AZN ...... 172 Tabelle 70: Pachtkosten in den Betrieben (in AZN) ...... 172 Tabelle 71: Lohnansatz bei verschiedenen Bezugsebenen (in AZN) ...... 173 Tabelle 72: Zinsansatz in den Betrieben (in AZN) ...... 173 Tabelle 73: Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse nach ausgewählten Kennzahlen je Muttertier ...... 175 Tabelle 74: Entlohnung der Arbeit je Betrieb (in AZN) ...... 176 Tabelle 75: Entlohnung der Arbeit je Muttertier (in AZN) ...... 177 Tabelle 76: Eigenkapitalbildung in den Betrieben (in AZN) ...... 177 Tabelle 77: Anlageintensität in den Betrieben ...... 178 Tabelle 78: Kapitaldienstgrenze in den Betrieben (in AZN) ...... 178 Tabelle 79: Vergleichende Wirtschaftlichkeitsbewertung der Betriebe nach definierten Formen ...... 183

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Tabelle 80: Wirtschaftlichkeit der untersuchten Betriebe nach dem Zustand der Stallgebäude ...... 185 Tabelle 81: Bedarf an Investitionen in Betrieben ...... 186 Tabelle 82: Zusammengefasste Faktorausstattungen der Modellbetriebe ...... 188 Tabelle 83: Analyse der Ist-Situation der Modellbetriebe...... 190 Tabelle 84: Finanz- und Investmentplan der Modellbetriebe für individuelle Investitionen (in AZN) ...... 193 Tabelle 85: Finanz- und Investmentplan der Modellbetriebe mit Kooperation (in AZN) 194 Tabelle 86: KD-Plan für individuelle Investitionen im Modellbetrieb A und B ...... 194 Tabelle 87: KD-Plan für Investitionen mit Kooperation im Modellbetrieb A und B...... 195 Tabelle 88: Stabilitätsanalyse der Modellbetriebe nach individueller Investition (in %) . 198 Tabelle 89: Ausschöpfung der langfristigen KDG in den Modellbetrieben nach individueller Investition ...... 200 Tabelle 90: Stabilitätsanalyse der Modellbetriebe mit Kooperation (Kennzahlen in %) .. 202 Tabelle 91: Ausschöpfung der langfristigen KDG in den Modellbetrieben nach Investition mit Kooperation ...... 203 Tabelle 92: Auswirkungen der Tierarztgemeinschaft auf ausgewählte Kennzahlen der Wirtschaftlichkeit ...... 204 Tabelle 93: Einsparung der Anschaffungskosten durch Kooperation (in AZN) ...... 205 Tabelle 94: Verringerung der Festkosten durch Kooperation (in AZN) ...... 205 Tabelle 95: Vergleich der Investitionsszenarien nach Rentabilität in Modellbetrieben .... 206

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet ...... 12 Abbildung 2: Regionale Verteilung der untersuchten Weideflächentypen ...... 13 Abbildung 3: Klimadaten der Sommerweidegebiete in Dashkasan und Gedebey in den Jahren (2000-2004) ...... 17 Abbildung 4: Verteilung der Halbtypen der Böden in Gandja-Gasach ...... 18 Abbildung 5: Weltkarte der Pflanzenartenvielfalt ...... 23 Abbildung 6: Darstellung des Forschungsablaufes ...... 27 Abbildung 7: Stichprobenauswahlverfahren ...... 29 Abbildung 8: Phasen der quantitativen Datenauswertung ...... 37 Abbildung 9: Kategorisierung der untersuchten Betriebe ...... 39 Abbildung 10: Auswahlverfahren des typischen Betriebs ...... 39 Abbildung 11: Systemstruktur von MAX und BEP ...... 42 Abbildung 12: Berechnung der Kennzahlen von Rentabilität (schematische Darstellung) 46 Abbildung 13: Verteilung der a) Erwerbstätigen und b) Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftssektoren (2011) ...... 54 Abbildung 14: Anteil der Betriebe nach landwirtschaftlicher Flächengröße ...... 57 Abbildung 15: Traditionelle Weideorte und Wanderwege in Aserbaidschan und im Untersuchungsgebiet ...... 59 Abbildung 16: Verteilung der Weidefläche nach Verwaltungsstruktur, (in %) ...... 61 Abbildung 17: Entwicklung ausgewählter Nutztierbestände (1960-2012) ...... 67 Abbildung 18: Anbauumfänge ausgewählter Kulturen in den Jahren (1985-2011) ...... 72 Abbildung 19: Staatliche Entscheidungsträger und administrative Institutionen der Agrarpolitik in Aserbai-dschan ...... 77 Abbildung 20: Entwicklung des Imports von Milch und Milcherzeugnissen ...... 83 Abbildung 21: Altersstruktur der befragten Viehhalter ...... 111 Abbildung 22: Ausbildungsniveau der befragten Viehhalter ...... 111 Abbildung 23: Berufserfahrung der Viehhalter in der Tierhaltung ...... 112 Abbildung 24: Verteilung der Betriebsgrößenklasse nach Organisations- und Fernweidewirtschaftsform ...... 118 Abbildung 25: Milchprodukte in den untersuchten Betrieben ...... 140 Abbildung 26: Anzahl der interessierten Betriebe an Formen der Kooperation ...... 151 Abbildung 27: Vermarktungswege für erzeugte Produkte der untersuchten Betriebe ...... 157

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Abbildung 28: Gruppierung der Betriebe nach Erlösen aus Lammverkäufen ...... 166 Abbildung 29: Gruppierung der Betriebe nach den gesamten variablen Kosten ...... 170 Abbildung 30: Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse nach ausgewählten Kennzahlen je Betrieb ...... 174 Abbildung 31: Gruppierung der Betriebe nach Gewinn je Mutterschaf ...... 175 Abbildung 32: Wirtschaftlichkeit der Betriebe nach Nettorentabilität ...... 176 Abbildung 33: Nettorentabilität nach Größenklassen ...... 179 Abbildung 34: Nettorentabilität nach Organisationsformen ...... 180 Abbildung 35: Nettorentabilität nach Fernweidewirtschaft ...... 182 Abbildung 36: Arbeitsentlohnung in den Modellbetrieben ...... 191 Abbildung 37: Vorgenommene Szenarien-Rechnungen in Modellbetrieben...... 192 Abbildung 38: Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands der Investitionsszenarien ohne Kooperation ...... 196 Abbildung 39: Gewinn und Nettorentabilität von Investitionsszenarien ohne Kooperation ...... 197 Abbildung 40: Liquiditätsanalyse der Modellbetriebe in individuellen Investitionsszenarien ...... 199 Abbildung 41:Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands der Investitionsszenarien mit Kooperation ...... 201 Abbildung 42: Gewinn und Nettorentabilität von Investitionsszenarien mit Kooperation ...... 201 Abbildung 43: Liquiditätsanalyse der Investitionsszenarien mit Kooperation ...... 203

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Bildverzeichnis

Bild 1: im Gebiet von Shamkir , eigene Aufnahme vom April 2010 ...... 22 Bild 2: Artemisia und Ephemeren der Steppe, Mai 2010 ...... 25 Bild 3: Sommerweidefläche in Kleinen Kaukasus, August 2008 ...... 58 Bild 4: Winterweidefläche in der Cheyranchöl-Steppe ...... 60 Bild 5: Von einem Transhumanz-Betrieb gepachtete und genutzte Dorfweide von Slavyanka ...... 62 Bild 6: a) Bozakh und b) Aserbaidschanisches Berg-Merino ...... 70 Bild 7: Männer beim Melken der Schafe ...... 122 Bild 8:Frauen und Kinder helfen den Männern beim Melken der Schafe ...... 122 Bild 9: Zelt und Hütte als Behausung der Viehhalter in den Sommermonaten ...... 127 Bild 10: a) Zwei Zimmer Wohnhaus für Hofbesitzer, b) Mehrräumiges Wohnhaus für Hirtenfamilien ...... 127 Bild 11: Alte Ställe in unterschiedlichem Zustand ...... 128 Bild 12: Teilerneuerte Ställe a) nur Dächer erneuert, b) komplett neu renoviert ...... 129 Bild 13: Neubaustall ...... 129 Bild 14: Alter Wassertank ...... 131 Bild 15: Alter sowjetischer Wasserlastkraftwagen ...... 131 Bild 16: Gebraucht LKW ...... 131 Bild 17: Geländewagen Lada-Niva ...... 131 Bild 18: Auffüllung der Wasserteiche, Bildautor: Regina Neudert ...... 133 Bild 19: Teich (Cülge) zur Wasserversorgung der Tiere ...... 133 Bild 20: a) Kartoffelfläche und b) Wiese in Musayal/Gedebey, ...... 134 Bild 21: Schafmist als Brennstoff ...... 139 Bild 22: nicht verwendeter Schafmist ...... 139 Bild 23: Mähen der Weise mit Sense und Heustapel ...... 144 Bild 24: Ein alter sowjetischer LKW bei Wanderung ...... 150

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Abkürzungsverzeichnis

& und # durchschnittlich  Summe #/a Im Durchschnitt pro Jahr °C Grad Celsius Abb. Abbildung AK Arbeitskraft AKh Arbeitskraftstunde AMEA Azərbaycan Milli Elmlər Akademiyası AMFA Aserbaidschan Micro-Finanz Assoziation AZN Aserbaidschanische Währung Manat (1€=1,05 AZN -2011) BEP Betriebsentwicklungsprogramm DB Deckungsbeitrag dt. Dezitonne EU Europäische Union Fam.-AK Familienarbeitskräfte FB Familienbetrieb Fremd-AK Fremdarbeitskräfte GAK Gesamtarbeitskräfte GDB Gesamtdeckungsbeitrag ggf. gegebenenfalls GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten GVE Großvieheinheit Ha Hektar HN Halbnomaden idF.v. in der Fassung vom/von IFAD International Fund for Agricultural Development k.a Keine Angabe KB Kooperationsbetrieb KD Kapitaldienst KDG Kapitaldienstgrenze kg Kilogramm km Kilometer km² Quadratkilometer kWh Kilowattstunde l Liter LB Lohnhirtenbetrieb

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LG Lebendgewicht LKW Lastkraftwagen m Meter m² Quadratmeter m³/s Kubikmeter pro Sekunde max. Maximum Mill. Millionen min. Minimum MK Mutterkuh ml Milliliter mm Bezogen auf Niederschlag: 1mm=1Liter pro Quadratmeter Mrd. Milliarden MS Mutterschaf MT Muttertier N Stichprobenumfang NFUF Nationale Fonds für Unternehmensförderung Nr. Nummer OECD Organization for Economic Cooperation and Development OHG Offene Handelsgesellschaft PUGASMAOS Proper Utilization of Grasslands in 's Steppe and Mountains QI Qualitative Inhaltsanalyse SB Staatlicher Betrieb SD Standardabweichung t Tonne Tab. Tabelle Tr.H Transhumanz TÜV Technischer Überwachungsverein ü. NN Über Normalnull WLKW Wasserlastkraftwagen WTO World Trade Organization

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Vorwort

Die nachhaltige Nutzung von Ressourcen steht weltweit im Fokus der Forschung, zumeist mit dem Anspruch, Entscheidungsträgern auf verschiedenen Ebenen Einblick in kausale Zusammenhänge zu geben und so die Welt ein kleines Stück besser zu machen. Naiba Allahverdiyeva hat sich in ihrem Forschungsprojekt sehr intensiv mit den Bergwei- den in Aserbaidschan beschäftigt. Als ehemaliger Teil der Sowjetrepubliken hat dieses Land im letzten Jahrhundert eine Reihe erheblicher Veränderungen erlebt. Die Transfor- mation von einer Planwirtschaft in Richtung einer Marktwirtschaft führte wie in anderen Transformationsländern auch zu deutlichen strukturellen Veränderungen. Naiba Allahverdiyeva verfolgt in ihrer Arbeit einen interdisziplinären Betrachtungshori- zont: Dem von verschiedenen Geldgebern finanzierten Gesamtprojekt liegt eine ökologi- sche Fragestellung zu Grunde, nämlich die Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit der Nutzung von Weiden. Frau Allahverdiyeva konkretisiert in ihrem Beitrag einen Schwerpunkt in Produktionsökonomie, betrachtet dabei aber immer das Spannungsfeld zu soziologischen, strukturellen sowie agrar- und transformationspolitischen Interdependenzen. Die Transhumanz mit Schafen als eine typische Bewirtschaftungsform mit allen ihren Vor- aber auch Nachteilen vor dem Hintergrund einer teilweise gemeinschaftlichen Flächennut- zung ist mit ausgesprochen hohem Detaillierungsgrad hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit untersucht worden. Hervorzuheben ist der immense Aufwand der Pri- märdatenerhebung, unter teilweise widrigen Umständen, manchmal nur mit dem Pferd als Transportmittel zu bewerkstelligen. So ist Naiba Allahverdiyeva eine ausgesprochen fundierte Bestandsaufnahme gelungen, die eine wichtige Wissensbank für zukünftige Forschungsarbeiten in Aserbaidschan, aber auch in anderen transhumanten Produktionssystemen darstellt. Der Arbeit ist zu wünschen, dass sich die Tierhalter, die Berater und die politischen Ent- scheider die sorgfältig abgeleiteten Empfehlungen zu Herzen nehmen und zum Vorteile der Menschen, der Tiere und der Ökosysteme umsetzen.

Prof. Dr. Detlev Möller Prof. Dr. Ulrich Hampicke

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Danksagung

Für die vorliegende Arbeit, die in der Universität Kassel, am Standort in Witzenhausen im Fachgebiet Betriebswirtschaft entstand, schulde ich sehr vielen Menschen einen herzlichen Dank. Meinem Doktorvater und Leiter des Fachgebiets „Betriebswirtschaft“ Prof. Dr. Det- lev Möller möchte ich für die Möglichkeit zur Durchführung dieser Dissertation, für seine Unterstützung am Fachgebiet und dem als sehr wichtig empfundenen gewährten Freiraum herzlich danken. Nicht nur seine wertvollen Ratschläge, sondern auch seine entgegenge- brachte Geduld sorgten für das Gelingen der Arbeit. Ohne seine Unterstützung und un- schätzbaren Ratschläge wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei meinem zweiten Betreuer Herrn Prof. Dr. Ulrich Hampicke für seine intensive Begleitung der Arbeit, für seine Hinweise und Anre- gungen und auch für das Korrekturlesen von Teilen der Arbeit. Er war ein stetiger Motiva- tor, ohne dessen Interesse und vereinzelten Drängen diese Arbeit nicht abgeschlossen wor- den wäre. Er gab mir immer wieder den entscheidenden Zuspruch/die entscheidende Ermu- tigung zur Fortführung. Seinem Verständnis von Zeitmanagement habe ich es zu verdan- ken, dass die Arbeit fristgerecht/termingerecht/rechtzeitig fertig wurde. Ich möchte mich auch bei Frau Prof. Schlecht und Herrn Prof. Thiel für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes bedanken. Sehr zu schätzen weiß ich auch den „technischen Beistand“, etwa bei dem oftmals ermü- denden Korrekturlesen durch Regina Neudert, Michael Rühs und Verena Ulrich. Außer- dem danke ich ihnen sehr, für ihre akribische Korrektur meines nicht-muttersprachlichen Deutsches sowie für die wertvollen Kommentare. Und für eine stets kritische Diskussion. Besonderer Dank gilt auch meiner besten Freundin Regina Neudert für die gute Zusam- menarbeit im Rahmen des Forschungsprojektes „PUGASMOS“, die mir half, als Expertin von aserbaidschanischem Weidenmanagement und mobiler Viehhaltung, inhaltliche Untie- fen zu erkennen und zu umschiffen. Ohne ihre Kritik und wertvollen Kommentare wäre mein Dissertationsprojekt niemals so weit gekommen. Meinen Dank möchte ich ausdrücklich auch an alle, an dieser Stelle nicht namentlich er- wähnten Kollegen für die schöne und erlebnisreiche Zeit am Fachgebiet Betriebswirtschaft weitergeben, die mich fachlich und persönlich unterstützt haben. Ich möchte auch meine Freunde, Bekannten und Familie einbeziehen, die mir stets mit Zuspruch, Motivation und viel Unterstützung zur Seite standen. Auch von vielen anderen Seiten habe ich wertvolle Hilfe erhalten. Die große Anzahl der Personen macht es unmög- lich, jeden einzelnen zu erwähnen. Sie alle haben zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Danken möchte ich auch den Interviewpartnern: Viehhalter, Experten und Mitarbeiter von Zusammenschlüssen, Rayonverwaltungen und Munizipalitäten, die sich für die Interviews zu dieser Untersuchung bereit erklärten. Besonderer Dank gilt den Viehhaltern sowohl für wertwolle Daten ihrer Betriebe, als auch für ihre Gastfreundschaft, Unterstützung und Hil- fe während des Forschungsaufenthalts von 2009 bis 2012. Ohne diese Daten und ihre Hilfe wäre ein Zustandekommen dieser Arbeit unmöglich gewesen.

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Mein weiterer Dank geht an den DAAD, der mein Promotionsstudium von 2009 bis 2013 nicht nur finanziell, sondern auch ideell förderte. Danke sagen möchte ich auch der Volkswagenstiftung, die ein Teil der vorliegenden Dissertation im Rahmen des For- schungsprojektes „PUGASMOS“ von 2008-2009 für den Forschungsaufenthalt in Aser- baidschan großzügig gefördert hat. Ohne finanzielle Unterstützung wäre die vorliegende Arbeit nicht zustande gekommen. Allerdings gilt mein größter Dank meiner Mutter Tamara und meinem Vater Kamandar, meinem Großvater Nebi, meinen Brüdern Mushfig und Elman und meiner Schwägerin Ulduz, die mich all die Jahre lang stets bestärkten und mich die ganze Zeit moralisch und vertrauensvoll unterstützt haben, wenn ich an mir zweifelte, und die mir den Rücken frei- hielten, ohne genau zu wissen, wohin es mich führte. Mein weiterer Dank gilt auch meiner Gastfamilie Plank, die mich in Deutschland moralisch sehr unterstützt haben. Ich widme diese Arbeit meinen Eltern.

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1 Einleitung

Landwirtschaft hat eine lange Tradition in Aserbaidschan. In allen Zeiten und Etappen war und ist sie einer der wichtigsten Sektoren der Wirtschaft, seit 6000 bis 8000 Jahren mit Getreidebau (UNITED NATIONS / COMMITTEE ON ENVIRONMENTAL POLICY 2004) und seit 2000 bis 7000 Jahren mit Nutztierhaltung (BÜNYADOV 1994; INSTITUT FÜR LANDWIRT- SCHAFT 1974; MALIKOV 1950, 1953, 1955). Die günstigen Klima- und Bodenverhältnisse ermöglichen es Aserbaidschan, ein sehr hohes landwirtschaftliches Potential zu haben, von elf weltweit bestehenden Klimazonen sind neun in Aserbaidschan anzutreffen (KÖPPEN 1923). Zusammengefasst ist festzustellen, dass das aserbaidschanische Klima für eine viel- fältige landwirtschaftliche Produktion, sowohl für den Pflanzenbau, als auch für die Nutz- tierhaltung gut geeignet ist (MURADOV 2011). Die Nutztierhaltung ist einer der wichtigsten Bereiche des Agrarsektors in Aserbaidschan. Die Nutztiere bieten den Menschen mehrere Nutzungsmöglichkeiten, nicht nur die Nah- rungsversorgung (Fleisch, Milch), sondern auch Rohstoffe (Wolle, Haare, Felle etc.) und als Transport- und Fortbewegungsmittel (RAHMANN 2007). In der Tierhaltung Aserbaid- schans herrscht weitgehend die Fernweidewirtschaft (mobile Tierhaltung) vor, das bedeutet eine jahreszeitlich bedingte Wanderung der Herde von einer Weide zur anderen (BEUER- MANN 1967; SCHOLZ 1991). Selbst wenn zum Erreichen der Sommerweide mehrere hun- dert Kilometer zurückgelegt werden müssen, kehren die Viehhalter mit den Herden immer wieder an ihre Winterweideorte zurück (RECKFORT 1992; ZÖBL 1982). Die Weideflächen besonders der Bergregionen des Großen und Kleinen Kaukasus gelten als einzigartige Biodiversitäts-Hotspots (KREVER 2001; SCHMIDT 2004, 2005, 2009). Aber auch die Steppen der Niederungsgebiete der Kura und des Aras weisen besondere Vegeta- tionstypen auf (ATAMOV 2002; PEPER 2010). Im Land sind ausgedehnte natürliche Futter- bestände auf den Sommerweiden (yaylaq) der Berggebiete und auf den Winterweiden (qişlaq) des Tieflands vorhanden. Die Winterweide ist aufgrund mangelnder Wasserver- sorgung (als limitierender Faktor) nicht für den Ackerbau geeignet, und die Sommerwei- den in den Berggebieten sind vielfach aufgrund der hügeligen Lage sehr schwer mit Ma- schinen zu bewirtschaften. Als Alternative zum Ackerbau bietet sich die Tierhaltung in Form der Fernweidewirtschaft an, um die Fläche als Dauergrünland zu nutzen und die Landschaft zu erhalten (CHIFFLARD 2013; SCHWARTZ 1996). Insbesondere die Schafhal- tung ist von großer sozialer und ökonomischer Bedeutung und wird üblicherweise als Wanderschafhaltung durchgeführt (RECKFORT 1992; ZÖBL 1982). Die Schafhaltung ist nach der Rinderhaltung die größte Nutzungskategorie bezogen auf Viehbestand in Aser- baidschan (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Schafe und Ziegen haben gemeinsam, dass sie beide extensiver gehalten werden können als Rinder. Überall dort, wo der Anbau von Marktfrüchten aus Gründen der Bodenfruchtbarkeit, der Flächen- beschaffenheit oder des Klimas nicht wirtschaftlich ist und auch das Weidefutter aufgrund seiner geringen Nährstoffkonzentration für Rindvieh nicht ausreicht, besteht heutzutage in der Regel Wanderschafhaltung. In diesem Sinne sind Schafe und Ziegen neben Lieferanten

1 wertvoller tierischer Produkte ein wichtiger Landschaftspfleger und können einen wesent- lichen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten (HAMPICKE 1991). Da das Schaf als Wiederkäuer für die Verwertung von Futter mit niedriger Nährstoffkon- zentration und hohem Rohfasergehalt besonders geeignet ist (JEROCH ET AL. 2008), sind insbesondere folgende Vorzüge der Haltung von Schafen gegenüber dem Rind herauszu- stellen (KOHN 2003):  Die Standortunabhängigkeit durch die hohe Marschfähigkeit (Wanderschäferei),  die Aufnahme und Verwertung von Ernterückstanden auf dem Acker (Nutzung von absolutem Schaffutter),  der Kälteschutz durch die Wolle. Wie in vielen Ländern der Tropen und Subtropen übernimmt auch in Aserbaidschan für den traditionellen Viehhalter eine möglichst große Herde folgende wesentliche Funktio- nen:  Sie ist eine Risikoabsicherung, da selbst in Katastrophenfällen Tiere überleben,  sie ist eine Sparkasse, da das in den Tieren angelegtes Kapital inflationssicher ist und sich ggf. vermehrt,  sie ist ein Statussymbol, denn Tiere werden in vielen Gesellschaften für soziale und kulturelle Zwecke wertgeschätzt (GLATZLE 1990). Abhängig von der Region und der Struktur und Organisationsform der Betriebe steht dabei die Nutzung von Fleisch oder Milch im Mittelpunkt, besonders das Fleisch ist in Aserbai- dschan wie in allen muslimischen Gesellschaften aus religiösen Gründen sehr beliebt. Der Markt für Fleisch im Land ist groß und weist eine steigende Nachfrage auf. Die Produzen- tenpreise für Fleisch, besonders für Lammfleisch, sind in den letzten Jahren tendenziell gestiegen, was sich auch in der gestiegenen Anzahl von Schafen widerspiegelt (NEUDERT 2013; NEUDERT & RÜHS 2011; STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Heutzutage deckt das in Aserbaidschan produzierte Schaf- und Ziegenfleisch etwa 98 % des inländischen Bedarfs.

1.1 Problemstellung Aserbaidschan als eines der Länder der ehemaligen Sowjetrepubliken war im letzten Jahr- hundert unterschiedlichen Etappen mit erheblichen Veränderungen in der Landwirtschaft ausgesetzt (FENZ 2004). Ende der 1920er Jahre hatten die Bauern mit der Gründung der Sowjetunion das Recht an Besitz von Grundstücken und Tiervermögen verloren. Im Landwirtschaftssektor wurden die Betriebsformen der Kolchosen und Sowchosen einge- 1 führt, die aus Zwangskollektivierung entstanden (BABEROWSKI 2003) . Die Erzeugung und Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte erfolgte nach planwirtschaftlichen Grundsätzen. Im planwirtschaftlichen System wurden alle Entscheidungen zentral von der

1 Eine Sowchose war ein staatlicher landwirtschaftlicher Großbetrieb mit angestellten Lohnarbeitern. Dem- gegenüber war eine Kolchose ein genossenschaftlich organisierter Großbetrieb, welcher durch das „sozialisti- sche Kollektiv“ der Mitglieder bewirtschaftet wurde.

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Regierung getroffen, z.B. welche Waren in welchen Mengen und zu welchen Preisen ver- kauft, von welchem Land der Union sie hergestellt und wohin die erzeugten Waren trans- portiert werden mussten (MURADOV 2011). Dies ist mit dem Zusammenbruch der Sowjet- union und der Unabhängigkeit Aserbaidschans im Jahr 1991 weitgehend aufgehoben wor- den. Eine daraus resultierende Transformation der Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft führte in Aserbaidschan, wie in anderen Transformationsländern auch, zu einer massiven Strukturveränderung (HANKE 1998; LERMAN 2009; LERMAN & SEDIK 2010). Neben der Transformation hatte der Berg-Karabach Konflikt Anfang der 90er Jahre gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft Aserbaidschans (KIPKE 2011). Besonders in den Jahren 1991 bis 1994 verlor die Landwirtschaft nahezu jegliche Bedeutung mit einem raschen Rückgang der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Die sinkende Rentabilität führte zur Notwendigkeit neuer Strukturen. Abschließend wurde in der Landwirtschaft durch Ag- rarreformen (1996) und ein Privatisierungsprogramm (1995) die Struktur der Landwirt- schaft zwischen 1996 und 2001 grundlegend geändert (BAIRAMOV, 2001; KHALILOV, 2005; LERMAN & SEDIK, 2010; PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN (idF. v. 1995); THURMAN, 2004; YALÇIN-HECKMANN, 2005a; YALÇIN-HECKMANN, 2010). Wie in vielen Reformländern hat der Transformationsprozess in der Landwirtschaft in Aserbaidschan zu einer dualistischen Betriebsstruktur geführt, wobei eine große Anzahl kleiner Betriebe und wenige große Betriebe nebeneinander existieren (LERMAN 2008; SARRIS ET AL. 1999). Der Privatisierungsprozess wurde durch weitere verschiedene staatli- che Programme beschleunigt (LAMERS u. a., 2008). Obwohl in Aserbaidschan heute die Kleinstrukturiertheit der Betriebe ein wesentliches Merkmal der Landwirtschaft ist, sind Betriebe mit Schwerpunkt Schafhaltung mit extensiver Weidewirtschaft im Vergleich zu den Betrieben mit Schwerpunkt Pflanzenbau flächenmäßig größer. Mit dem Privatisierungsprogramm wurden 98,9 % der landwirtschaftlichen Güter und 99,8 % der Ackerfläche der Kolchosen und Sowchosen von Mitarbeitern übernommen. Durch die Privatisierung von Kolchosen und Sowchosen erhielten Viehhalter als Angehö- rige und Mitarbeiter pro Familie folgende Güter, je nach ihrer Gesamtarbeitsdauer (in Jah- ren):  Landwirtschaftliche Maschinen  Tiere (Schafe, Ziege, Rinder, Pferde etc.),  Wohn- und Stallgebäude auf der Winterweide (Höfe),  und das Pachtrecht an Winter- und Sommerweide sowie Dorfweide entsprechend der Tieranzahl. Nach der Privatisierung hat das Interesse der Bauern an einer Erhöhung der Anzahl der Tiere zugenommen. Ein Blick auf die staatlichen statistischen Daten zeigt, dass in den Jah- ren 1991 bis 2013 der Schaf- und Ziegenbestand um 60 % und der Rinderbestand um 48 % wuchs (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Als Gründe für den zah- lenmäßigen Anstieg des Tierbestands sind die Privatisierung, die Befreiung der Landwirte von jeglichen Abgaben und der verfügbare natürliche Futterbestand für die Tiere, vor al- lem für Schafe, zu nennen. Ein weiterer wichtiger Grund für den zunehmenden Umfang der Tierhaltung liegt in den realisierten Preissteigerungen und den daraus resultierenden Gewinnaussichten. Das Schaf wird heute nicht nur auf extensiven Flächen gehalten, die

3 nur für Schafe geeignet sind, sondern auch auf nährstoffreichen Weiden, die auch von Rin- dern genutzt werden könnten. Als ein weiterer Grund ist der Verlust außerlandwirtschaftli- cher Arbeitsplätze zu nennen. Durch die steigende Anzahl der Tiere entstehen lokal mitun- ter gravierende Übernutzungsprobleme der Weideflächen. In der Folge kommt es zu einer weiteren Einschränkung der Weidekapazität. Dazu kommt die Knappheit der Sommerwei- den des Landes. Heutzutage dürfen die Sommerweiden im Gebiet von Berg-Karabach, der eroberten Städte und an der Grenze zu Armenien aufgrund des Konflikts nicht beweidet werden. Der Tierbesatz auf den Sommerweiden ist damit in der Konsequenz nicht nur in ökologischer Hinsicht zu hoch, er ist es auch nach Maßgabe gültiger Normen (ALIYEV 2007). Eine Lösung der Probleme kann nicht allein in der Bestimmung der ökologischen Tragfä- higkeit der Weideflächen gefunden werden, wie sie aus den Arbeiten der ökologisch aus- gerichteten Forschungsprojekte der Universität Greifswald zur Produktivität der Weideflä- chen hervorgeht (ETZOLD ET AL. 2016; MANTHEY & PEPER 2010; MICHAEL SUCCOW STIF- TUNG 2009; PEPER 2010). Um generalisierbare Lösungswege für die ökologischen Proble- me auf einer sozio-ökonomischen Ebene aufzuzeigen, sind wissenschaftliche, sozio- ökonomische Untersuchungen mit Bezug auf die betrieblichen Umstände der Viehhalter mit Weidenutzung in verschiedenen Größenordnungen notwendig. An der Universität Greifswald wurden einige wissenschaftliche Arbeiten fertig gestellt, deren Schwerpunkt viel mehr auf der sozialen und institutionellen Ebene liegen (BURMESTER 2005; NEUDERT 2015). Ökonomische Aspekte werden vorrangig für ein Studiendorf betrachtet, aber wenig auf regionaler oder nationaler Ebene untersucht (LASCH 2009). Die Privatisierung hatte eine starke Veränderung der Organisationsformen und Be- triebsgrößen der landwirtschaftlichen Betriebe zur Folge (HANKE 1998). Nach dem Privati- sierungsprogramm sind aus den 2032 größeren staatlichen und kollektivierten Betrieben etwa 5000 kleine und mittlere private landwirtschaftliche Betriebe entstanden (MAMMA- DOV 2001; STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Viele Betriebe, insbe- sondere kleine, besitzen nicht alle benötigten landwirtschaftlichen Maschinen. Zudem sind die vorhandenen Maschinen sowie Ställe und andere bauliche Anlagen schon längst abge- schrieben und damit häufig gravierend veraltet. Die statistischen Daten zeigen auch, dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Maschinen in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken ist. Der marode Zustand der betrieblichen Gebäude und baulichen Anlagen sowie mangel- hafte landwirtschaftliche Maschinen sind ein Sinnbild für den Investitionsstau in Aserbaid- schan geworden (GASIMLI 2014b; a). Zudem stellt sich das Eigenkapital der Betriebe als nicht ausreichend dar (HÜSEYNOV 2011, 2006; NEUDERT & ALLAHVERDIYEVA 2009a). Aus diesem Grund wurden Besitztümer kleiner privater Betriebe an größere Betriebe ver- kauft oder an kapitalstärkere Betriebe, deren Besitzer häufig unzureichende Kenntnisse über Landwirtschaft bzw. Tierhaltung haben. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die Anzahl der Berufsschulen für die Landwirtschaft in der Region deutlich gesunken, damit auch die Anzahl der ausgebildeten Landwirte (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016a; VALIYEVA 2013). Es liegt auch kaum wissenschaftliche Literatur zur Ausbildung der Landwirte in der aserbaidschanischen Landwirtschaft vor. Seit den starken Strukturveränderungen der landwirtschaftlichen Betriebe fehlen wissen- schaftliche Arbeiten zur (neuen) Kategorisierung der Tierhaltung bzw. Wanderschafhal- 4 tung nach Organisationsformen und Fernweidewirtschaft sowie nach Größenklassen. Wäh- rend es zahlreiche Studien über Fernweidewirtschaft weltweit, wie die der Tuaregs, Mon- golen, Beduinen, der Nomaden in Vorder- und Zentralasien gibt, weil die nomadische Kul- tur für Ethnologen, Historiker, Geografen und Soziologen ein interessantes Forschungsfeld ist (PRAGER 2012), liegen für die aserbaidschanische Wanderviehzucht nur kleinere Stu- dien vor, die überwiegend allgemein gehalten und zumeist historisch und kulturell, aber nicht agrarwissenschaftlich ausgerichtet sind. Die Entwicklungslinie von der traditionellen Fernweidewirtschaft zu den Kolchosen und Sowchosen als Betriebsformen in Aserbai- dschan wurde von sowjetischen Autoren gezogen, aber es bleibt unklar, inwieweit tatsäch- lich die Formen der Fernweidewirtschaft heute noch im Land existieren. Zwar findet man wissenschaftliche Arbeiten in der nationalen oder internationalen Literatur zur Weidewirt- schaft in Aserbaidschan (ALIYEV 2007; ALIYEV ET AL. 1965; ALLAHVERDIYEVA & NEU- DERT 2010; NEUDERT & RÜHS 2011; NEUDERT ET AL. 2012), aber nur recht wenig zur Be- urteilung der sehr wichtigen eigentumsrechtlichen Verhältnisse, der mit ihnen zusammen- hängenden Nutzungs- und Wirtschaftssysteme und zu Formen der Wanderweidewirtschaft. Obwohl seit der Agrarreform über 20 Jahre vergangen sind, stehen grundsätzlich immer noch viele Betriebe mit Schwerpunkt Schafhaltung vor einer Vielzahl von Problemen bei der Betriebsbewirtschaftung. Besonders betroffen sind kleinstrukturierte Betriebe. Diese Probleme bei der Tierhaltung haben negative Auswirkungen auf die Betriebsentwicklung. Die Schafhaltung mit Weidenutzung in Aserbaidschan ist wegen hoher Tierverluste (insbe- sondere Lämmerverluste) bei niedrigen Inputs durch eine niedrige Produktivität gekenn- zeichnet. Hier ist als Grund die mangelhafte tierärztliche Betreuung zu nennen. Jedoch wurde deren Umfang nie systematisch erhoben und auch deren Einfluss auf die Wirtschaft- lichkeit nicht untersucht. Nach dem Ende der Sowjetzeit in Aserbaidschan sind in geringer Zahl umfassende empiri- sche Studien zur mobilen Tierhaltung, über deren Nutzungsrichtungen und Haltungstech- niken, andere produktionstechnisch wichtige Aspekte der Schafhaltung mit mobilem Sys- tem, sowie deren ökonomischer Bewertung entstanden. Viele dieser wissenschaftlichen Studien mit ökologischen, sozio-kulturellen und ökonomischen Schwerpunkten zur mobi- len Tierhaltung wurden im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte von Forschern der Universität Greifswald durchgeführt. Im Rahmen des Projekts „PUGASMOS“ (Proper Utilization of Grasslands in Azerbaijan's Steppe and Mountains) wurde die mobile Tierhal- tung aus ökologischen, ökonomischen und institutionellen Aspekten an zwei Winterweide- orten (Gobustan und Cheyranchöl) und auf der Sommerweide im Großen Kaukasus und in Gedebey (Kleiner Kaukasus) erforscht (MANTHEY & PEPER 2010; NEUDERT ET AL. 2012; NEUDERT & ALLAHVERDIYEVA 2009a; PEPER 2008; PEPER, PIETZSCH, ET AL. 2010; NEU- DERT & ALLAHVERDIYEVA 2009b). Das Projekt verknüpfte ökologische und sozio-ökonomische Forschungsansätze am Bei- spiel von repräsentativen Ausschnitten der Steppen, Halbwüsten sowie Bergregionen Aserbaidschans, um Hinweise für die notwendige und mögliche Eindämmung der Über- weidung zu geben und damit eine dauerhafte und umweltgerechte ländliche Entwicklung der Weidewirtschaft zu ermöglichen. Im Rahmen des Projekts wurde auch die ethnologi- sche Sicht bezüglich traditioneller und aktueller Transhumanzbeziehungen anhand des Studiendorfs „Qiriz“ einbezogen. Dabei wurde untersucht, welche Bedeutung Viehhaltung 5 und Ressourcennutzung für die Dorfbewohner selbst hat, und wie diese innerhalb des Transhumanzsystems verortet werden können (KLUG 2008; SALZER 2008). Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war ein stetiger Rückgang der Genossen- schaften in der Landwirtschaft von Aserbaidschan zu beobachten. Obwohl zahlreiche staat- liche Programme zur Entwicklung der Landwirtschaft initiiert wurden, in denen das Ent- wicklungskonzept der Kooperation berücksichtigt wurde, ist im Jahr 2015 im Vergleich zu 2000 die Anzahl der kooperativen Unternehmen und Betriebe von 250 auf 58 gesunken (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Als Grund ist vor allem die bis heute sehr beherrschende negative Einstellung der Bevölkerung zur Zwangskollektivierung im alten Stil der Genossenschaft wie in anderen Sowjetländern zu nennen (PAVLIASHVILI 2009b; a). Infolgedessen scheint bei großen Teilen der ländlichen Bevölkerung das Kon- zept der Zusammenarbeit in der landwirtschaftlichen Produktion die positiven und idealis- tischen Konnotationen, die es in der traditionellen Kooperationsbewegung in Europa und Nordamerika gehabt hat, verloren zu haben (GARDNER & LERMAN 2006). Die Verwendung des Wortes "Genossenschaft" in Mittel- und Osteuropa ruft nicht nur einen falschen Ein- druck hervor, sondern schafft auch Barrieren für den Fortschritt (PLUNKETT FOUNDATION 1995). Schlechte Erfahrungen mit dem sowjetischen Stil des Kollektivs und fehlende Kenntnisse über moderne Formen der (genossenschaftlichen) Kooperationen schaffen Bar- rieren für die zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft. Es gibt zwar nationale Studien und Statistiken, die sich mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten und auch Kooperationen in der Sowjetzeit beschäftigen. Sie sind jedoch nicht in wissenschaftlich befriedigender Qualität und im Praxisbereich wegen mangelndem Interes- se der staatlichen und privaten Beratungszentren verfügbar. Es liegt keine aktuelle, detail- lierte wissenschaftliche Wirtschaftlichkeitsanalyse der Wanderschafhaltungsbetriebe nach dem Ende der Sowjetzeit in Aserbaidschan vor. Es sind kaum Studien zu Strategien, wie kleinere und mittlere Schafhaltungsbetriebe mit Weidenutzung überleben können, vorhan- den.

1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Eigenschaften der Wan- derschafhaltung in Aserbaidschan darzustellen, deren gegenwärtige Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und davon ausgehend potentielle Verbesserungsmöglichkeiten zur Ist- Situation entwickeln. Die vorliegende Arbeit soll die Bedeutung der Wanderschafhaltung für die Landwirtschaft und für das gesamte Land deutlich machen. Außerdem sollen die Ergebnisse dieser Arbeit eine wissenschaftliche Grundlage für die Entscheidungsprozesse betroffener Betriebe und Institutionen in Bezug auf eine zukünftig wirtschaftliche und öko- logisch tragfähige Nutzung der Weideflächen bieten. Zur Erreichung dieser Ziele werden die Daten und Informationen auf regionaler, nationaler und auf Betriebsebene aus empirischen Primär- und Sekundärquellen erhoben und ausge- wertet, sowie die Aussagen von Experten erfasst und analysiert. Mit Hilfe der durchgeführ- ten Teilstudien werden folgende Hauptziele verfolgt:

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o Fachliche und strukturelle Charakterisierung des Landwirtschaftssektors in Aser- baidschan mit Fokus auf die Transformationsprozesse; o Darstellung von existierenden Kooperationen in der Landwirtschaft und Fernwei- dewirtschaft; o Umfassende Charakterisierung der Wanderschafhaltungsbetriebe; o Vertiefte Analyse der Ist-Situation aus ökonomischen Sicht und daraus abgeleitete Schwachstellenbestimmung; o Identifizierung sowie quantitative und qualitative betriebswirtschaftliche Bewer- tung von Lösungsansätzen zur Verbesserung der Ist-Situation. (1) Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird in einem ersten Schritt anhand einer Litera- turstudie und basierend auf statischen Daten die Landwirtschaft von Aserbaidschan charak- terisiert. Es wird gezeigt, welche Arten von landwirtschaftlichen Betrieben und Flächen existieren und wie sie Kategorien zugeordnet werden können. Dabei ist zu klären, wie die Nutzungs- und Verwaltungsstruktur der Weideflächen beschaffen ist und welche Probleme der Weidenutzung aus ökologischer Sicht auftreten können. Zudem werden anhand von Literaturstudien die Wirkungen der in der Transformationsperiode durchgeführten Agrarre- formen und Privatisierungen aufgezeigt und die Situation der Landwirtschaft bezüglich der agrarpolitischen und institutionellen Rahmenbedingungen reflektiert. (2) Des Weiteren wird anhand eines Literaturüberblicks untersucht, welche grundsätzli- chen Formen von Fernweidewirtschaft weltweit existieren. Darauf aufbauend werden für die aserbaidschanische Landwirtschaft allgemeine und spezielle Formen der Kooperatio- nen mit Bezug zu Fernweidewirtschaften theoretisch eingeordnet. Es werden Merkmale zur Unterscheidung spezieller Organisationsformen und deren Veränderung im Zuge der Transformation herausgearbeitet. (3) In einem dritten Schritt werden die Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe im Untersuchungsgebiet anhand von selbst erhobenen empirischen Daten von Viehhaltern und Experten charakterisiert. Dabei ist zu klären, wie sich die derzeit existierenden Wander- schafhaltungsbetriebe den unter (2) herausgearbeiteten Organisationsformen zuordnen las- sen. Dabei werden folgende Forschungsfragen gestellt:  Wie stellt sich die Produktionstechnik in der Tierhaltung dar?  Wie sind die Betriebe mit Produktionskapazitäten ausgestattet?  Welche Produkte werden erzeugt und wie werden sie vermarktet?  Wie sind die Tiergesundheit und die tierärztliche Betreuung einzuschätzen?  Welche Finanzierungsmöglichkeiten stehen den Betrieben zur Verfügung?  Wie ist das Ausbildungsniveau der Landwirte?  Existieren Kooperationen zwischen den Betrieben, und wenn ja, in welchen For- men? (4) Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Frage, in welchem wirtschaftlichen Zustand sich die Wanderschafhaltungsbetriebe befinden. Obwohl der Schwerpunkt in der Analyse der Schafhaltung liegt, beziehen sich die Kalkulationen auch auf alle anderen vor- handenen Tierhaltungsverfahren der untersuchten Betriebe. Das Ziel dieser Arbeit ist es, Kennzahlen der Rentabilität, Stabilität und Liquidität der untersuchten Betriebe in ausge- wählten Landbezirken (Rayons) der Untersuchungsregion Gandja-Gasach zu analysieren

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(siehe Kapitel 2.1), die Wirkung der oben genannten Faktoren auf die Wirtschaftlichkeit aufzuzeigen und von den Ergebnissen entsprechende Empfehlungen für eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit abzuleiten. Dabei wird die Wirtschaftlichkeitsanalyse als Methode zur einzelbetrieblichen Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingesetzt (KAY ET AL. 2012; MUßHOFF & HIRSCHAUER 2013; DABBERT & BRAUN 2009; DOLUSCHITZ & MORATH 2011; AHMADOV 2006). Um zukünftige Möglichkeiten zur Entwicklung der Schafhaltung darzustellen, werden folgende Fragen zum Themenbereich der ökonomi- schen Analyse der Ist-Situation gestellt:  Wie wirtschaftlich ist derzeit die Wanderschafhaltung in der Region Gandja- Gasach?  Wie werden die eingesetzten eigenen Produktionsfaktoren auf Basis der einzelbe- trieblichen Kosten-Leistungsrechnung entlohnt? Unter besonderer Berücksichtigung des Tierbestandes sollen Einflussgrößen auf die Wirt- schaftlichkeit aufgezeigt und analysiert werden. Es wird bewertet, inwiefern die Wirt- schaftlichkeit der Wanderschafhaltung von den natürlichen und ökonomischen Rahmenbe- dingungen und auch vom tierischen Leistungspotential bestimmt wird. Zudem wird analy- siert, wie sich die Wirtschaftlichkeit der Wanderschafhaltung nach Größenklasse, Organi- sationsform und Fernweidewirtschaftsform verändert. (5) Um für die heutigen Betriebe eine stabile Zukunftsperspektive zu entwickeln, ist die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit entscheidend. Es wird mithilfe von Szenarien- Rechnungen für Modellbetriebe analysiert, ob Investitionen zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit führen können und wie sich die Wirtschaftlichkeit der Betriebe im Ver- gleich zur Ist-Situation durch Investition mit beziehungsweise ohne Kooperation verändert. Basierend auf statistischen Erhebungen, empirische Daten und Analysen der Ist-Situation der Betriebe werden Entwicklungsmöglichkeiten für die Wanderschafhaltung mit Weide- nutzung identifiziert und bewertet. Die weiteren Fragen zu diesem Teil sind:  Welche Auswirkungen hätten verschiedene Investitionen auf die zukünftige Wirt- schaftlichkeit (Plan-Kosten-Leistungsrechnungen)?  Wie stellt sich die Bewertung von Investitionen in kooperativen Szenarien dar?  Welche Betriebsgrößen (im Hinblick auf den Tierbestand) sind für Kooperationen besonders geeignet? Zudem wird eine Zusammenarbeit in Bezug auf die Tiergesundheit untersucht. Hierbei wird der Einfluss der Tierarztgemeinschaft auf die Veränderung der Ist-Situation aus öko- nomischer Sicht analysiert.

1.3 Aufbau der Arbeit Der Inhalt dieser Arbeit gliedert sich in 11 Kapitel, die im Folgenden kurz vorgestellt wer- den. Das Gesamtkonzept der Arbeit ist in Tabelle 1 zusammengestellt. Im Kapitel 1 werden Problemstellung und Zielsetzung dargestellt und die Vorgehensweise der Arbeit erläutert. Forschungsliteratur zum Thema wird herangezogen um das For- schungsfeld zu bestimmen.

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Das Kapitel 2 liefert Informationen über die geographische Lage und natürliche Standort- bedingungen des Untersuchungsgebiets, um die in dieser Arbeit relevanten produkti- onsökonomischen Potentiale einordnen zu können. Als wichtiger Faktor neben Wasser, Böden und Klima wird die Vegetation mit ausgewählten Pflanzenarten des Gebiets über- blicksmäßig dargestellt. Im Kapitel 3 werden Material und Methoden dargelegt. Hier wird beschrieben, wie die Daten erhoben und welche Kriterien bei der Auswahl der untersuchten Betriebe und der Untersuchungsorte berücksichtigt wurden. Zudem wird beschrieben, mit welchen Metho- den die erhobenen Daten ausgewertet wurden. In diesem Kapitel werden die Methoden der ökonomischen Analyse dargestellt und die Kennzahlen zur Bewertung der Wirtschaftlich- keit definiert. Im Kapitel 4 werden problemrelevante Informationen zur Landwirtschaft in Aserbaid- schan insbesondere zur Tierhaltung vorgestellt. Als Hintergrund für die ökonomische Be- wertung wird ein Überblick über die Entwicklung der Landwirtschaft nach den Agrarre- formen in Aserbaidschan und im Untersuchungsgebiet gegeben. Hier wird Augenmerk auf die Nutzung und Verwaltungsstruktur der Weideflächen und auf die Tierhaltung mit Schwerpunkt Schafhaltung im Land gelegt. Das Kapitel 5 strukturiert die sozio-ökonomischen Aspekte von Kooperationen allgemein und mit einem speziellen Fokus auf die Formen der Zusammenarbeit in Aserbaidschan. Die theoretische Einordnung ermöglicht die spätere Ableitung von Verbesserungspotentia- len für landwirtschaftliche Unternehmen. Im Kapitel 6 wird die Struktur der Fernweidewirtschaft weltweit anhand von Literaturstu- dien vorgestellt. Es wird gezeigt, welche Formen der Fernweidewirtschaft heutzutage be- stehen, welche Formen davon in Aserbaidschan anzutreffen sind und wie sich diese For- men voneinander unterscheiden. Nach Abklärung des methodischen Rahmens und der Ausgangssituation der Landwirt- schaft in Aserbaidschan werden im Kapitel 7 die untersuchten Betriebe deskriptiv darge- stellt. Die Betriebe werden nach Organisationsform, Größenklasse und Form der Fernwei- dewirtschaft differenziert klassifiziert. Die Faktorausstattung der Betriebe, ihre Finanzie- rungsmöglichkeiten und ihre externen Umstände werden strukturiert dargestellt. Hier wer- den auch die Tierhaltungsverfahren der Betriebe, ihre verfügbare Weidefläche sowie der Umgang damit beschrieben. In Kapitel 8 und 9 werden die ökonomischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit präsen- tiert. Der erste Ergebnissteil im Kapitel 8 umfasst die Wirtschaftlichkeitsanalyse der Ist- Situation aller Betriebe. Dabei werden die Leistungs- und Vollkostenrechnungen vorge- stellt. Zudem werden Zukunftsszenarien zur Entwicklung der Betriebe aufgezeigt. Im zweiten Ergebnisteil (Kapitel 9) werden die Ergebnisse der ökonomischen Szenarien- Rechnungen mit und ohne Kooperation bei Modellbetrieben gezeigt. Zwei Modellbetriebe werden unter Beachtung verschiedenen Rahmenszenarien simuliert. Dazu werden Investi- tionsmaßnahmen variiert. Im Kapitel 10 werden die empirischen Ergebnisse der Betriebsanalyse nach der Struktur der Betriebe und die wirtschaftliche Bewertung der Ist-Situation diskutiert. Die Auswir- kungen der Größenklasse und der Organisationsformen auf die ökonomische Situation so-

9 wie deren Vergleichsanalyse werden zur Diskussion gestellt. Zudem werden die Ergebnis- se der Investitionsrechnungen (Szenarien-Rechnungen) mit/ohne Kooperation in die Dis- kussion eingebracht. Die ökologischen Probleme der Weide, die mit sozio-ökonomischen Aspekten verknüpft sind, werden ebenso behandelt. Dabei werden eine Bewertung der staatlichen Maßnahmen und die Konzeption neuer Ansätze in Hinblick auf die Weidennut- zung erarbeitet. Es werden Empfehlungen zur Verbesserung der Ist-Situation auf Betriebs- und Staatsebene vorgestellt und die Ergebnisse und Methoden der Arbeit nochmals aufge- griffen und zur Diskussion gestellt. Eine Zusammenfassung der vorliegenden Arbeit wird in Kapitel 11 gegeben.

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Tabelle 1: Gesamtkonzept der Arbeit

Datenerhebung Datenauswertung

Sekundärdatenerhebung Primärdatenerhebung Auswahlkriterien Auswertungsmethoden

 Landwirtschaft in Aserbaidschan  Persönliche Interviews mit 120 Betrieben  Schwerpunkt in Schafhaltung  Literaturanalyse  Landwirtschaftliche Fläche und Betriebe  Qualitative Gespräche mit Experten und Vieh-  Mehr als 100 Mutterschafe pro  Quantitative Analyse der empirischen  Tierhaltung haltern Betrieb Daten mit Hilfe von Excel und SPSS

Methoden Methoden  Agrarreform und Transformation  Besitzer oder Hauptmieter der  Qualitative Inhaltsanalyse der empiri-  Entwicklungsprogramme für die Landwirt- Winterhöfe schen Daten schaft  Deckungsbeitrags- und Vollkostenrech-  Kooperation in der Landwirtschaft nungen  Szenarien-Rechnungen

 Folgenabschätzungen der Agrarreformen in  Faktorausstattungen (Arbeit, Kapital, Fläche) der Detaillierte Daten zur Kalkulation  Gruppierung der Betriebe der Tierhaltung Betriebe  Wirtschaftlichkeit   Struktur der Betriebe  Betriebsorganisation Fütterung  Modellbetriebe   Verwaltung und Nutzung der Fläche  Größenklasse der Betriebe Kosten und Erlöse  Investition mit/ohne Kooperation   Formen der extensiven Weide-Schafhaltung  Viehbestände, Schwerpunkt der Produktion Arbeitsaufwand  Kooperation im Bereich Tiergesundheit  Finanzierung etc. Ergebnisse Ergebnisse  Kooperation und deren Formen  Vermarktung  Transport und Wanderung  Tiergesundheit

 Identifizierung typischer Betriebe in der Wanderschafhaltung

 Charakterisierung der Betriebe nach Betriebsorganisation, Größenklasse und Form der Fern- weidewirtschaft  Datengrundlage für die Wirtschaftlichkeitsrechnungen

 Vorschläge zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation von Wanderschafhaltung auf staatlicher Ebene  Vorschläge zur Verbesserung der Ist-Situation, Schwerpunkt in der Fleischerzeugung auf Betriebsebene  Teilnehmer: Wissenschaftler der Staatlichen Agraruniversität in Gandja (ASAU), Berater des Gandja Regionalen Beratungszentrums (GRB) und Viehhalter  Definition und Konkretisierung der Probleme Seminar Seminar  Erarbeitung von Lösungsansätzen Workshop und und Workshop  Prüfung der betrieblichen Kalkulationsdaten

is, 1. Struktur der Wanderschafhaltungsbetriebe in Aserbaidschan n 2. Ökonomische Analyse der Ist-Situation der Wanderschafhaltung anhand von Modellbetrieben 3. Verbesserungsmöglichkeiten der Ist-Situation durch Szenarien-Berechnungen Gesamt - Gesamt Ergeb 4. Kooperation als Entwicklungsmodell Quelle: Eigene Darstellung 11

2 Beschreibung des Untersuchungslandes und -gebietes

2.1 Geographische Lage Aserbaidschan (Azərbaycan) ist strategisch günstig zwischen Europa und Asien gelegen (Abb. 1). Das Staatsgebiet liegt zwischen dem Kaukasus und der westlichen Küste des Kaspischen Meeres und hat 713 km Küstenlinie. Historisch gesehen ist Aserbaidschan seit dem Beginn des Handels an der Seidenstraße ein wichtiges Transitland zwischen Europa und Asien (FEIGL 2008). Das Land gehört zu den Ländern des Transkaukasus und der Ge- meinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Das heutige Staatsgebiet entspricht dem nördli- chen Teil der historischen Region Aserbaidschan, deren südlicher Abschnitt eine gleich- namige Region in bildet. Das Land grenzt im Norden an Russland im Nordwesten an Georgien im Süden an Iran und im Westen an Armenien sowie – über die Exklave Nachi- tschewan – an die Türkei.

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet GandjaGandja-Gasach Gasach

Quelle: NATIONSONLINE (2012) Aserbaidschan hat eine Gesamtfläche von 86.400 km², davon nimmt 5.500 km² die Auto- nome Republik Nachitschewan ein. Etwa 20 Prozent des Landes – Berg Karabach und die Verbindungswege nach Armenien – sind seit 1992 von Armenien besetzt (KIPKE 2011). Das Land hat über 9,2 Mill. Einwohner, davon leben 53 % in Städten. Die Bevölkerungs-

12 dichte beträgt 105,8 Einwohner pro km² und das Bevölkerungswachstum betrug im Jahr 2011 1,3 % (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Die Republik Aserbaidschan liegt bei 44° bis 52° östlicher Länge und 38° bis 42° nördli- cher Breite. Mehr als der Hälfte des Landes (59,9 %) besteht aus Gebirge (Vorgebirge: 17,5 %, Berge: 33 %, Hochgebirge: 9,4 %). Die Ebenen und Tiefländer nehmen 40,1 % der Landesfläche ein. 27 % der Gesamtfläche liegt über 1000 m Höhe, und 18 % unter dem Meeresspiegel (MAMMADOV 1998). Entlang der Nordgrenze des Landes befinden sich die Bergketten des Großen Kaukasus (Böyük Qafqaz), wo der höchste Berggipfel Aserbaidschans Basardüsü (Bazardüzü) mit 4466 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Entlang der Westgrenze befindet sich der Kleine Kaukasus (Kiçik Qafqaz), in dem die höchste Bergspitze der Gamish (Gamış) mit 3734 m ist (ALIYEV 2007) Die Landschaft an der kaspischen Küste dagegen liegt 28 m unter dem Meeresspiegel der Weltmeere (AGHAYEV & SULEYMANOVA 2008). Das Untersuchungsgebiet dieser Forschungsarbeit sind die Winter- und Sommer- sowie Dorfweideflächen in der Region Gandja-Gasach (Gəncə-Qazax), die in der folgenden Ab- bildung 2 schematisch dargestellt sind. Die Auswahlmethode der Region wird im Kapi- tel 3.1 dargestellt. Abbildung 2: Regionale Verteilung der untersuchten Weideflächentypen Rayon2 Weideflächentyp

Dashkasan Sommerweide

Gedebey Untersuchungsgebiet Dorfweide Shamkir

Winterweide Tovuz (Cheyranchöl)

Quelle: Eigene Darstellung Die Region Gandja-Gasach ist eine unter zehn Wirtschaftsregionen in Aserbaidschan3 und befindet sich im Westen des Landes, an der Grenze zu Georgien und zu Armenien. Es le- ben über 1,2 Mill. Einwohner in der Region. Die Region besteht aus neun Verwaltungsbe- zirken (rayons) – Agstafa, Dashkasan, Gedebey, Goranboy, Göygöl, Gasach, Samukh, Shamkir und Tovuz sowie den Städten Gandja und Naftalan. Insgesamt gibt es in der Re- gion 523 Dörfer, 280 administrative Dorfgemeinden (Kənd Icra Nümayəndəliyi) und 287 Munizipalitäten (Bələdiyyə).

2Rayon ist eine Verwaltungseinheit in Aserbaidschan, die dem Landkreis/Bezirk in Deutschland entspricht. 3Aserbaidschan wird in zehn Wirtschaftsregionen eingeteilt: Abscheron, Gandja-Gasach, Sheki-Zagatala, Lenkoran, Quba-Khachmaz, Aran, Yukhari-Karabach, Kalbajar-Lachin, Daglig-, Nachitschewan (IFAD 2010a). 13

Topographisch ist Gandja-Gasach in vier Bereiche aufgegliedert: Ebenen, Hügelland, Mit- telgebirge und Hochgebirge (MAMMADOV 2007a). Die untersuchten Winterweideflächen liegen in der Ebene in der Steppe Cheyranchöl (Ceyrançöl), die als eine der ältesten Win- terweiden in Aserbaidschan für die traditionelle Weidwirtschaft seit tausenden Jahren be- wirtschaftet wird4. Das Gebiet der Steppe grenzt im Norden und Nordwesten an Georgien, im Osten an den Mingetschaur Stausee (Mingəçevir su anbarı) und im Süden und Südwes- ten an ausgedehnte Kura (Kür) Niederungen. Das gesamte Gebiet der Steppe ist verwal- tungstechnisch unter vier Rayons aufgeteilt (Tovuz, Shamkir, Agstafa und Samukh) (AL- LAHVERDIYEVA ET AL. 2011). Im Folgenden werden die Rayons Shamkir und Tovuz näher vorgestellt, die die Winterweideflächen der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Be- triebe verwalten. Shamkir (Şəmkir) liegt in der Mitte der Region Gandja-Gasach. Hier leben über 192.900 Einwohner, davon 65 % im ländlichen Raum und 35 % in der Stadt (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Shamkir ist als Agrargebiet bekannt, da aufgrund günstiger natürlicher Standortbedingungen die Landwirtschaft gut entwickelt ist. Zu dem Rayon gehören eine Stadt, vier Siedlungen und 61 Dörfer. Es sind 48 administrative Orga- ne (eine lokale Rayonverwaltung und 47 Dorfgemeinden) und 42 Munizipalitäten im Ge- biet des Rayons tätig (ŞƏMKIR RAYON İCRA HAKIMIYYƏTI 2012). Der Unterschied zwischen Dorfgemeinde (Kənd Icra Nümayəndəliyi) und Munizipalität (Bələdiyyə) wird im Kapitel 4.7 erklärt. Tovuz liegt im Westen der Region zwischen Agstafa und Shamkir. Der Rayon hat über 159.000 Einwohner und wird wegen des vorherrschenden Weinbaus auch „Traubenfeld“ genannt. Zum Gebiet des Rayons gehören eine Stadt, eine Siedlung und 102 Dörfer. Im Rayon sind insgesamt 41 Munizipalitäten und 43 Dorfgemeinden tätig (TOVUZ RAYON İCRA HAKIMIYYƏTI 2012). Die untersuchten Sommer- und Dorfweideflächen befinden sich in den alpinen und sub- alpinen Zonen der Gebiete von Dashkesen (Daşkəsən) und Gedebey (Gədəbəy) und wer- den von den untersuchten Betrieben während der Sommermonate genutzt. Beide Rayons, Gedebey und Dashkesen, befinden sich in den Mittel- und Hochgebirgszonen. Die Rayons grenzen geographisch im Norden an die Shahdag (Şahdağ) und Murovdag (Murovdağ)- Gebirgsketten und im Süden an die Bashkend-Destefur (Başkənd- Dəstəfur) Ebene des Kleinen Kaukasus. Das Gebiet grenzt im Norden an Tovuz, im Nordosten an Shamkir und Göygöl, im Südwesten an den Rayon Kalbadjar und im Westen an Armenien. Die durch- schnittliche Höhe der Sommerweideflächen liegt bei 2.500-2.600 m ü. NN. Im Sommer- weidegebiet sind die höchsten Bergspitzen Shahdag (2.901 m), Qaraarxac (3.062 m), Boyuk Hinaldag (3.367 m), Goshqar (3.368 m) Goshabulag (3549 m) und Gamish (3724 m) (MÜSEYIBOV 1998). Gedebey liegt über etwa 1000 m NN. Von den über 94.200 Einwohnern leben 89 % in ländlichen Räumen und beschäftigen sich mit Ackerwirtschaft und Tierhaltung. Obwohl die naturräumliche Ausstattung von Gedebey mit über 50 % gebirgigen Flächen die Me- chanisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft beschränkt, ist der Rayon landwirt-

4 Die Umschrift des Namens der Steppe kann auch Jeiranchöl, Cheyranchol, Dzheyranchël, Ceyrancol lauten.

14 schaftlich geprägt und wegen seines Kartoffelanbaus und der Viehzucht landesweit be- kannt. Seit der Zarenzeit (1864-1916) wird im Rayon Gold und Kupfer abgebaut, zunächst durch die Firma Siemens-Brüder (NAGEL 1985). Der Abbau ist seit dem Jahr 2000 einge- stellt. Der Rayon hat eine Stadt und 108 Dörfer. Im Rayon sind eine Stadtverwaltung und 20 Munizipalitäten und Dorfgemeinden tätig (GƏDƏBƏY RAOYN İCRA HAKIMIYYƏTI 2012). Dashkasan ist wie Gedebey ein Rayon im Berggebiet des Südwestens der Region Gandja- Gasach. Der Rayon befindet sich mit mehr als der Hälfte seiner Fläche im Mittel- und Hochgebirge über 1.200 m über dem Meeresspiegel. 24,3 % des Rayons ist mit Wald be- deckt und 18,2 % der Fläche sind nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignet. Der Rayon hat über 33.000 Einwohner, davon leben 65,5 % im ländlichen Raum und 33,5 % in der Stadt. Dashkasan ist zuständig für die Verwaltung von 43 Dörfern und fünf Siedlun- gen. Es sind hier 19 Munizipalitäten und Dorfgemeinden tätig (DAŞKƏSƏN RAYON İCRA HAKIMIYYƏTI 2012).

2.2 Natürliche Standortbedingungen

2.2.1 Klima Das Klima Aserbaidschans ist wegen großer Höhenunterschiede und dem variierenden Einfluss des Kaspischen Meeres innerhalb des Landes sehr unterschiedlich. Daher kann nicht von einem einheitlichen Klima gesprochen werden (MADATZADE & ŠICHLINSKIJ 1968; ŠICHLINSKIJ 1969). Von elf Klimazonen der Erde sind nach der effektiven Klima- klassifikation neun in Aserbaidschan nachgewiesen (KÖPPEN 1923). Deshalb können in Aserbaidschan alpine bis hin zu subtropische Klimabedingungen festgestellt werden. In den Niederungen der Kura und des Aras herrscht Halbwüstenklima, aber auch Steppenkli- ma. Im südlichsten Landeszipfel Aserbaidschans, in der Lenkoran-Ebene am Kaspischen Meer herrschen subtropische Klimabedingungen. Der durchschnittliche Jahresniederschlag im Land beträgt 447 mm pro Jahr und die durch- schnittlichen Jahrestemperaturen belaufen sich auf 13,1°C bis 13,5°C. Das Klima in der Ebene ist arid mit durchschnittlichen Jahrestemperaturen im Sommer über 22°C. Demge- genüber stehen durchschnittliche Temperaturen von unter 0°C in den Bergregionen (ALIYEV 2007). Das Klima in der Region Gandja-Gasach wurde erstmalig von FIQUROVSKI (1926, 1930), danach von MADATZADE & ŠICHLINSKIJ (1968) und HADSHIJEV & REHIMOV (1977) unter- sucht. Die klimatischen Unterschiede des Kleinen Kaukasus lassen sich in 6 Klimazonen gliedern:  Steppenklima mit milden Wintern und warmen trockenen Sommern,  Warmgemäßigtes Klima mit ariden (trockenen)Wintern,  Warmgemäßigtes Klima mit ariden (trockenen) Sommern,  Polares (kaltes) Klima mit ariden (trockenen) Sommern,  Polares (kaltes) Klima mit ariden (trockenen) Wintern,  Gebirgsklima der Tundra.

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Die Cheyranchöl-Steppe ist der trockenste Teil der Region Gandja-Gasach. In der Steppe herrscht ein semiarides Steppenklima. Die hohen Berge des Großen Kaukasus schützen das Gebiet von Norden her vor kalten Winden, so dass die Winter sehr mild und die Sommer sehr heiß und kontinental trocken sind. Um in der Cheyranchöl-Steppe Ackerbau betreiben zu können, muss der Boden in den Sommermonaten künstlich bewässert werden, aber die Wasserressourcen sind unzureichend. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 300 bis 450 mm. Die Trockenheit erschwert besonders im Sommer den Wasserzugang für die Viehhalter. Dies ist einer der Gründe weshalb die Betriebe im Sommer in die alpinen und subalpinen Zonen des Kleinen Kaukasus ziehen. Die letzten detaillierten Klimadaten für die Cheyranchöl-Steppe sind für das Jahr 1977 verfügbar und wurden von den Klimatologen HADSHIJEV & REHIMOV (1977) untersucht. Sie haben Klimadaten an 6 meteorologischen Stationen im Steppengebiet aufgenommen (Tab. 2). Das Jahresmittel der relativen Luftfeuchtigkeit liegt in der Cheyranchöl-Steppe bei durchschnittlich 71 % (ALIYEV 2007). Tabelle 2: Jährliche und monatliche Temperatur und Niederschlagsmenge in Cheyranchöl-Steppe (1977) Meteorologische M O N A T E Stationen Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez #/a

Temperatur [Grad C] Garayazi 0,4 3,1 6,9 12,5 17,8 22,1 25,6 24,8 19,9 13,6 7,2 2,7 13,0 Cheyranchöl 0,9 2,8 6,4 10,9 17,3 21,6 22,5 24,7 19,6 13,4 6,9 1,7 12,3 Agstafa -0,1 1,7 5,9 11,1 16,9 20,8 24,3 24,0 19,3 13,5 7,0 1,9 12,2 Gasach 0,0 1,8 5,9 11.1 16,8 20,6 24,0 23,6 19,0 13,2 6,9 2,0 12,1 Tovuz 0,4 2,1 6,2 17,1 17,1 21,0 24,6 24,3 19,6 14,0 7,5 2,4 12,5 Shamkir 1,1 2,6 6,1 17,2 17,2 21,6 24,8 24,1 19,8 14,2 8,0 3,6 12,9 Niederschlag [mm] Garayazi 17 13 17 30 80 70 57 29 32 39 37 33 453 Cheyranchöl 14 12 13 29 47 60 51 26 31 30 32 27 382 Agstafa 17 21 32 43 59 56 35 30 30 33 29 17 402 Gasach 19 24 37 47 70 70 36 36 36 33 34 19 451 Tovuz 20 21 35 45 60 57 36 31 32 32 29 17 415 Shamkir 23 24 34 41 52 53 32 24 25 32 31 18 389 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von HADSHIJEV & REHIMOV (1977) Die durchschnittliche Jahrestemperatur schwankt zwischen 12,1 und 13,0°C. Der kälteste Monat ist der Januar mit -0,1 bis 1,1°C und das Monatsmaximum der Temperatur liegt im Juli zwischen 22,5 und 25,6°C. Die durchschnittliche Temperatur während der Winterwei- dezeit von September bis Mai beträgt 7,8°C. Für die Wanderviehhalter sind diese Bedin- gungen im Winter besser als in den Bergregionen, da die Tiere auf der Weide mit geringer oder ohne Zufütterung gehalten werden können. Die Temperaturen steigen allerdings be- reits ab Mai sehr stark an, während in den Bergregionen ab Juni erst wieder Futterauf- wuchs stattfindet und ein Weidegang möglich ist. In der Steppe herrschen in den Som- mermonaten enorm hohe Temperaturen. Häufig werden Tageshöchsttemperaturen von 42°C überschritten, welche die Gesundheit der Tiere gefährden können. Der jährliche Nie- derschlag in Cheyranchöl-Steppe schwankt sich zwischen 380 und 453 mm. Das Minimum des monatlichen durchschnittlichen Niederschlags wird im Januar mit 18,2 mm erreicht,

16 und max. beträgt im Mai 61,3 mm. Obwohl es im Winter wenig Niederschlag gibt, sind die Böden immer feucht, was zu guten Wachstumsbedingungen für die Pflanzen beiträgt. Falls Schneefall in der Cheyranchöl-Steppe auftritt, bleibt die Schneedecke höchstens 1-2 Tage liegen und schmilzt somit schneller als an anderen Orten der Region. Für die Steppe sind ein weiteres Kennzeichnungsmerkmal die vorherrschenden Winde aus östlichen (Ağ Yel) und westlichen (Qara yel) Richtungen. Die jährliche Ausprägung des Wetters in der Step- pe schwankt bezüglich Temperatur, Niederschlagsmenge und Luftfeuchte. Das Klima in den Bergregionen Gedebey und Dashkasan ist im Kontrast zur Cheyranchöl- Steppe durch trockene, mild-warme Sommer und trockene, kalte Winter gekennzeichnet. Die minimale Monatsdurchschnittstemperatur beträgt im Januar -1,1°C in Gedebey und - 1,8°C in Dashkesen. Die maximale Monatsdurchschnittstemperatur wird im August mit 18,4°C in Dashkesen und 20°C in Gedebey erreicht. Die durchschnittlichen monatlichen Temperaturen während der Sommerweidezeit (Mai bis September) betragen 16,3 °C in Gedebey und 15,4°C in Dashkesen. Die jährlichen Durchschnittstemperaturen liegen bei 9°C in Gedebey und 8,5°C in Dashkesen. Der jährliche Niederschlag beträgt in Gedebey 701 mm und in Dashkesen 633 mm (Abb. 3). Auch angesichts einer monatlichen Nieder- schlagsmenge von 30 bis 123 mm während der Sommerweidezeit (Mai bis September) in den Rayons ist anzumerken, dass die Klimabedingungen für die Viehwirtschaft in diesem Zeitraum optimal sind. Abbildung 3: Klimadaten der Sommerweidegebiete in Dashkasan und Gedebey in den Jahren (2000-2004) 7.4 Grad C 8.5 Grad C 701 mm Gedebey, 1000 m NN 633 mm Dashkasan, 1200 m NN 25 135 25 115 20 115 20 95

15 95 15 75 75 10 10 55 55 5 5 35 35 Ø Niederschlag [mm] [mm] Ø Niederschlag 0 0 15 [mm] Ø Niederschlag

I 15 I II II II II X V V X IX XI VI IV VI IX XI IV XII VII VII XII VIII -5 -5 -5 VIII -5

Temperatur, Niederschlag Temperatur Niederschlag

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von ALIYEV (2007)

2.2.2 Boden Die Eigenschaften des Klimas, des Reliefs und des Substrates sowie die damit verbunde- nen Merkmale von Verwitterung, Abtragung und Bodenfeuchteregime spielen eine große Rolle bei der Ausprägung der Bodenbeschaffenheit (BARSCH 2003). Die Böden sind in Aserbaidschan nach russischer Klassifikation eingestuft, wurden aber im Land an die spe- zifischen Gegebenheiten angepasst und zum Teil abgewandelt. Für die Böden Aserbaid- schans wurde ein eigenes nationales Klassifikationssystem von ZAXAROV (1927, 1936), SALAYEV (1966, 1991) und MAMMADOV (1998, 2007) erarbeitet. Die russische Bodenklas- sifikation orientiert sich an physischen Standortsfaktoren, vor allem der geographischen

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Lage, der Relief- und Höhenlage, der Exposition sowie an der Vegetation und den Klima- zonen. Im Territorium von Aserbaidschan kommen 9 Klimazonen und im Untersuchungs- gebiet 6 vor und die Bodenklassifizierung ist an diese gebunden. Basierend auf der klimati- schen Gliederung und der natürlichen Vegetation sind in dem Gebiet alle neun in der ehe- maligen Sowjetunion vorherrschenden Bodenzonen mit jeweils typischen Bodentypen entwickelt (MAMMADOV 2007b 51). Die vorgenommene Typisierung der Böden unterglie- dert sich in 19 Halbtypen, davon sind 12 in der Region Gandja-Gasach verbreitet (Abb. 4).

Abbildung 4: Verteilung der Halbtypen der Böden in Gandja-Gasach

Torfige Gebirgs-Wiesenböden Kastanozem Gebirgsböden Gebirgs-Wiesenböden Kastanozem (Kastanienfarbiger Boden) Gebirgs-Waldbraunerde Kastanozem Wiesenböden Walddunkelbraunerde Graubraunerde Tschernosem (Schwarzerde) Gebirgsböden Wiesen-Waldböden, Auenböden Graubraune Gebirgsböden Alluvial (Schwemmboden) Quelle: Ausschnitt aus (DTXÇ 2012). Legendenübersetzung ins Deutsche und weiterbearbeitet. Die Böden des Untersuchungsgebiets reichen von salzhaltig bis hin zu humusreich und deren Farbe variiert von grau bis dunkel-kastanienfarben (MAMMADOV 2007a; SALAYEV & ZEYNALOV 1961; ZAYTSEV ET AL. 2006). Die Typen der Böden variieren zwischen den Standorten auf 200 bis 890 m ü. NN in der Cheyranchöl-Steppe und bis zu 3700 m ü. NN in der Shahdag Gebirgskette des Kleinen Kaukasus. Nach ihrem Humusgehalt werden die Böden in der Region Gandja-Gasach in drei Gruppen eingeteilt:

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 sehr humusreich (>9%),  mittel (9-6%),  wenig (<4%). Auf der Sommerweidefläche wird ein Humusgehalt von 5,6 bis 20 % und in der Steppe bis 5,1 % erreicht (MAMMADOV 2007a; b). Die Untergliederung der Böden orientiert sich dabei an unterschiedlichen Bewirtschaf- tungseigenschaften. Auf Grundlage der aserbaidschanischen Bodenklassifikationen wurden großmaßstäbige Bodenkartierungen von Acker- (1:10.000) und Weidegebieten (1:25.000) durch das staatliche Boden und Kartographie Komitee durchgeführt. Die landwirtschaftli- che Nutzfläche des Landes wird nach ihrer Leistungsfähigkeit auf einer Bonitätsskala zwi- schen 1 bis 100 Punkten bewertet und in fünf Qualitätsgruppen geteilt (MAMMADOV 2007a; MAMMADOV ET AL. 1997). Die folgende Tabelle 3 gibt eine Übersicht zur Qualität der landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie der Weideflächen in der Region Gandja- Gasach. Die genaue Zuordnung zwischen Qualitätsgruppen und Bodentypen ist aus den vorliegenden Quellen nicht zu erkennen. Die erste Gruppe entspricht der besten Bodenqualität mit der höchsten Ertragsfähigkeit. Demgegenüber sind die Böden in der vierten und fünften Gruppe von der Qualität her die schlechtesten und entsprechen einer niedrigen Leistungsfähigkeit. Der Humusgehalt ist auf diesen Flächen sehr gering und das Erzielen hoher Erträge nicht möglich. Zu den Flächen mit sehr schlechter Qualität gehören nur Weideflächen, davon 2.329 ha Dorfweiden, wel- che in gemeinsamer Nutzung zur Verfügung von Dörflern stehen. Tabelle 3: Bonitätsskala und Qualitätsgruppen der Weideflächen in Gandja-Gasach Landwirtschaftliche Nutzfläche davon Weide Bonität Skalen Qualitätsgruppe ha % ha % 100-81 I sehr gut 75.450 9,7 22.848 4,6 80-61 II gut 227.341 29,3 110.059 21,9 60-41 III mittel 298.847 38,5 209.471 41,8 40-21 IV schlecht 170.712 22 154.869 30,9 20-1 V sehr schlecht 4.193 0,5 4.193 0,8 Gesamt I-V 776.543 100 501.440 100 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von MAMMADOV (2007a)

SALAYEV (1991) hat die Bodentypen der Sommerweide in der Region analysiert, worüber ausführliche Informationen in seiner Monographie „Böden von Aserbaidschan“ zu finden sind. Er hat in seiner Arbeit folgende Bodentypen der Sommerweidegebiete unterschieden:  Torfige Gebirgs-Wiesenböden  Gebirgs-Wiesenböden  Kastanozeme Gebirgsböden. Torfige Gebirgs-Wiesenböden finden sich im Sommerweidegebiet von Gedebey und Dashkasan in Höhen von 2600-3000 m ü. NN. Die Bodenfarbe ist dunkelbraun und die Bodenstruktur sehr fein oder mittel und leicht lehmig bis sandig. In der oberen Schicht reicht der Humusgehalt bis 21,05 % und der Gesamt- und hydrolisierbare Stickstoff bis 1,05 % (SALAYEV 1966).

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Gebirgs-Wiesenböden sind auf alpinen und subalpinen Ebenen des Gebiets in Höhen zwi- schen 1900-2500 m verbreitet und grenzen an Waldzonen. Die Pflanzendecke besteht aus mesotrophen Wiesen, die man besonders auf Nord- und Nordwesthängen (Qüzey) findet. Der Boden ist als gut entwickelter Wiesenboden gekennzeichnet. In der oberen Schicht des Bodenprofils reicht die Durchwurzelung der Pflanzen 3-5 cm tief. Dieser Bodentyp hat ein tiefes Bodenprofil mit feinkörniger Struktur und leichtlehmigen Substrat. In der oberen Schicht erreicht der Humusgehalt bis 12,72 %. Kastanozeme Gebirgsböden sind in der subalpinen Zone der Shahdag (Şahdağ) und Murovdag (Murovdağ) Bergketten verbreitet. Der Boden hat eine schwarze Farbe, aber auch manchmal eine bräunliche, und hat körnige Bodenformen. Solche Bodentypen liegen meistens in ebenen Reliefzonen wie auf Bergplateaus oder Flussterrassen. Der Humusgeh- alt im Boden beträgt durchschnittlich 11,05 %. Die Bodentypen der Steppen weisen ebenfalls unterschiedliche Merkmale auf. Im Ver- gleich zu anderen Steppengebieten in Aserbaidschan wurde die Böden und ihre Eigen- schaften in der Cheyranchöl-Steppe von Wissenschaftlern wenig erforscht. Die ersten In- formationen findet man erst in der Arbeit von KOWALEWSKI (ALIYEV 2007). Im Jahr 1927 hat Kowalewski in der Steppe schwach versalzte Graubraunerden, Kastanozeme, Dunkel- braunerden, und alluviale Bodentypen beschrieben (Tab. 4). Danach wurden in der Chey- ranchöl-Steppe von HADJIMAMMADOV (1969) zusätzlich weitere Bodentypen wie Wiesen- böden, Waldböden und karbonathaltige Gebirgswaldbraunböden ausgegrenzt. Tabelle 4: Bodentypen der Cheyranchöl-Steppe Bodentypen Durchschnittlicher Humusgehalt, % Carbonat-Gebirgswaldbraunboden 4,20 Kastanozem (Kastanienfarbiger Boden) 3,70 Braun-Rotbraunerde 3,48 Hellrotbraunerde 3,02 Braunerde 2,56 Graubraunerde 1,83 Grauerde (podsol) 1,51 Wiesenböden 5,06 Tugai Waldböden 3,24 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von nach ALIYEV (2007) Die Böden der Steppe sind fast vollständig durch tonige bis schluffige, carbonathaltige Substrate gekennzeichnet. Sandige Böden sind selten und bilden den wichtigsten Teil der Feinböden. Gröberes Material wie Kies, Steine und Blöcke aus Kalkstein oder Dolomit können manchmal an steilen Hängen gefunden werden (PEPER 2010). Die Steppenböden sind mittel bis wenig humusreich. Der Humusgehalt erreicht bei grauen Böden bis 1,51 % und bei Wiesenböden zwischen 200 und 890 m Höhe bis 5,1 % (SALAYEV & ZEYNALOV 1961).

2.2.3 Wasser Das Relief und Klima des Kleinen Kaukasus beeinflusst auch die Wasserressourcen in der Untersuchungsregion. Der Niederschlag und die natürliche Wasserverfügbarkeit sind in- nerhalb der Region Gandja-Gasach sehr unterschiedlich und infolge dessen variiert die 20

Verteilung der Wasserressourcen in den Untersuchungsgebieten. In den Gebirgsregionen ist die Wasserversorgung für Viehhalter und ihre Tiere unproblematisch, weil auf den Sommerweiden zahlreiche natürliche Quellen, durchfließende Flüsse und Bäche vorhanden sind. Die Gebirgskette des Shahdag (Şahdağ) fängt große Mengen atmosphärischer Feuch- tigkeit ab, wodurch Gürtel mit intensiven Niederschlägen (Regen, Schnee, Hagel) entste- hen, die Bäche und Flüsse sowie das Grundwasser speisen (ANONYMUS, 1969). Die Quellgebiete der Flüsse der Region Gandja-Gasach liegen im Kleinen Kaukasus zwi- schen 2.000-3.300 m ü. NN (Tab. 5). Die Flüsse der Gebirgsregionen bilden die rechten Nebenflüsse der Kura und ihr Abfluss wird abhängig von ihren Eigenschaften auf durch- schnittlich 0,11 bis 14 m³/s geschätzt. Tabelle 5: Die Flüsse des Untersuchungsgebietes Länge Einzugsgebiet Quellhöhe Abfluss Name Quellgebiet Mündung in (km) (km²) (m) (m³/s) In Gebirgsregionen Agstafa 133 2.586 3.000 Pembek Kura 13,6 Shamkir 95 1.170 3.220 Hinaldag Kura 2 Gandja 98 752 3.373 Hinaldag Kura 4 Goshgar 76 798 3.368 Hinaldag Kura 0,11 Zeyem 90 942 2.020 Shahdag Kura 6,3 Im Tiefland

Kura 1.515 218.906 2.650 Türkei Kaspisches Meer 394 Mingəçevir- Iori 320 4.650 2.700 Georgien 9,82 Stausee Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von ALIYEV (2007) Im Vergleich zu den Sommerweidegebieten ist Wasser ein limitierender Faktor in der Cheyranchöl-Steppe. Grundwasser ist hier selten und es gibt nur sehr wenige Süßwasser- quellen (PEPER 2010). In der Cheyranchöl-Steppe gibt es zwei Dörfer, in denen Mescheti (Ahishka) Türken woh- nen (BUNTÜRK 2007), die das Wasser als Artizan (Brunnen) mit Hilfe einer Pumpe aus der nächsten wasserführenden Schicht an die Oberfläche befördern. Manche der untersuchten Betriebe, die in der Nähe der Dörfer liegen, nutzen das Wasser der Brunnen in diesen Dör- fern. Es befinden sich zwei Flüsse – Kura im Süden und Iori (Qabırrı) im Nordosten der unter- suchten Winterweidefläche (Bild 1). Die Kura ist einer der größten durchfließenden Flüsse nicht nur in Aserbaidschan, sondern auch im gesamten Kaukasus. Die Kura entspringt im Nordosten der Türkei westlich Ardahan, fließt durch Georgien und Aserbaidschan, bis sie in das Kaspische Meer mündet (ALIEV 1975). Die Länge des Flusses beträgt 1.515 km, davon liegen 900 km in Aserbaidschan. Der Iori ist ein 320 Kilometer langer Nebenfluss der Kura im Osten Georgiens und Westen Aserbaidschans. Der Fluss entspringt im Kachetischen Bergzug, einem Nebenkamm des Großen Kaukasus. Die Quelle liegt im Nordosten der Region Mtskheta-Mtianeti in Georgi- en. Der Iori erreicht die Grenze zu Aserbaidschan, der er auf einigen Kilometern folgt, bevor er noch mehrere Dutzend Kilometer auf dem Territorium des aserbaidschanischen 21

Rayons Samukh bis zu seiner Mündung in den nordwestlichen Teil des Mingəçevir- Stausees der Kura fließt. Vor der Schaffung des Stausees in den 1950er-Jahren mündete der Iori in den Unterlauf des weiter östlich verlaufenden Kura-Nebenflusses Alasani. Die auf der Fläche der Rayons Shamkir und Samukh gelegenen Betriebe nutzen Wasser aus dem Iori zur Versorgung der Tiere und Menschen.

Bild 1: Kura im Gebiet von Shamkir , eigene Aufnahme vom April 2010 Die Kura hat wesentliche Bedeutung für die Wasserversorgung in Aserbaidschan. Ihr Was- ser wird als Trinkwasser für Menschen und Tiere in der Tierhaltung, zur Bewässerung beim Pflanzenbau und als Wasserkraft zur Erzeugung von Strom in der Region genutzt. Die Kura wird heutzutage für 3 Stauseen und Wasserkraftwerke, Mingetschaur (Mingəçevir), Shamkir (Şəmkir) und Yenikend (Yenikənd) genutzt, die an der südlichen und östlichen Seite der Cheyranchöl-Steppe liegen. Wasser spielt in der Steppe jedoch nicht nur als Trinkwasser für Mensch und Tier eine wichtige Rolle, sondern auch im Hinblick auf eine mögliche Bewässerung des Feldfutter- baus und zur betrieblichen Nutzung. Die natürliche Futterproduktion der Steppen ist stark von der Niederschlagsmenge abhängig, die sehr variabel sein kann. Feldfutterbau wird in der Cheyranchöl-Steppe wegen des desolaten Zustandes der Wasserleitungssysteme jedoch nur in geringem Umfang betrieben.

2.2.4 Vegetation und Fauna Die Pflanzenwelt ist im Kaukasus sehr reich und vielfältig und für den Naturschutz sehr wichtig. Daher ist das Gebiet des Kaukasus mit mehr als 6.000 Pflanzenarten sowie mit einer großen Zahl an endemischen Pflanzen ein Biodiversitäts-Hotspot (PAROLLY, 2014) (Abb. 5). Aserbaidschan hat eine sehr vielfältige und abwechslungsreiche Landschaft. Im Land gibt es Sandwüsten und Gletscher, Steppen und tropische Wälder, Schlammvulkane und Salzböden, Ölbaumplantagen, Weinberge, Baumwollfelder, das Meer und die Hoch- gebirgsseen, welche einen Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten bieten. Der Pflanzenbestand des Landes wird in 176 Familien, 1.142 Gattungen und über 5000 Arten kategorisiert. Somit kommen in Aserbaidschan bis zu 70 % der Gesamtzahl der Pflanzenarten der Kaukasusregion vor (ASGEROV 2011a; b, 2014).

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Abbildung 5: Weltkarte der Pflanzenartenvielfalt

Quelle: BARTHLOTT ET AL. (1996)

Die Vegetation des Untersuchungsgebiets wurde von vielen Botanikern erforscht (ALIYEV ET AL. 1965; ATAMOV 2002; GROSSHEIM 1948; PRILIPKO 1970, 1949). Zu den wichtigsten Arbeiten über die Flora des Kleinen Kaukasus gehört die wissenschaftliche Arbeit von GROßHEIM (1939-1967). Sein Werk „Flora Kavkaza“ (Die Flora des Kaukasus) enthält einen Bestimmungsschlüssel und eine detaillierte Beschreibung aller Gefäßpflanzenarten (GROSSHEIM 1939, 1948). Die unterschiedlichen physisch-geographischen und klimati- schen Verhältnisse führen auch in Gandja-Gasach zu einem Reichtum in der Pflanzenwelt. Die Region ist wahrscheinlich der Ursprung vieler einjähriger Getreidearten, die in Mittel- europa angebaut werden (PEPER 2010). Auf den Sommer- und Winterweiden gibt es auch Pflanzen, die in Aserbaidschan und dem Kaukasus endemisch sind. Es gibt 423 endemi- sche Pflanzenarten im Kaukasus, davon 181 nur in Aserbaidschan, welche in 86 Gattungen kategorisiert sind (ASGEROV 2011a). Neben endemischen Pflanzen gibt es zahlreiche Re- liktarten im Kaukasus und Aserbaidschan (EFENDIYEVA, 1955; HADSHIJEV u. a., 1990; HADSHIJEV, 1999) Auf Standorten über 2.400 bis 3.500 m Höhe der Sommerweide wachsen Pflanzen der alpinen Zone. Die Alpinzone besteht hauptsächlich aus Pflanzengemeinschaften mit wil- den Getreidearten, verschiedenen Gräsern, Süßgräsern und manchmal kleinen Büschen. Eine Reliktpflanze ist Woodsia alpina und unter den endemischen Pflanzenarten des Kau- kasus sind Rhododendron caucasicum, Euphrasia kurdica und Alchemilla amicta zu nen- nen, die sowohl auf alpinen Wiesen als auch auf subalpinen Wiesen vorkommen (QUR- BANOV & MAMMADOVA 2010). Unterhalb der alpinen Zone befindet sich die subalpine Zone zwischen 1.700 und 2.100 m ü. NN. Die Pflanzengesellschaften sind im Vergleich zur alpinen Zone besser erforscht. Die subalpine Zone zeichnet sich durch eine höhere Pflanzendecke und reicheren Florenbestand aus. Die Pflanzenassoziationen der subalpinen Zone bestehen aus Gräsern, Seggen, Binsen und Kräutern. Unterhalb der alpinen und sub- 23 alpinen Zone auf Höhen zwischen 600 und 1800 m ü. NN sind Bäume und Waldzonen- pflanzen verbreitet. Hier wachsen vor allem Laubwälder, für die Fagus orientalis, Tilia caucasica, Scilla caucasica, Rosa nisami und Quercus macranthera typisch sind. Relikt- pflanzen dieser Zone sind Platanus orientalis, Taxus baccata und Juglans regia. Quercus iberica ist eine endemische Art in Kaukasus, die zur Pflanzengattung der Eichen gehört. In höheren Lagen sind Nadelhölzer (Fichten, Tannen etc) verbreitet. Pinus kochiana ist auf der Höhe ab 1.600 m im Gebiet des Göy-Göl Naturschutzgebietes an der Grenze zu Dash- kasan anzutreffen und prägt dort die Nadelwälder. In alpinen und subalpinen Wiesen do- minieren xerophile und mesophile Pflanzenarten (EFENDIYEVA 1955). Die Vegetation der Cheyranchöl-Steppe zeichnet sich durch eine für eine Trockenregion ungewöhnlich große Artenvielfalt aus, die vor allem je nach Höhenlage variiert (ATAMOV 2007, 2002, 2006; PEPER 2010). In der Steppe sind viele Getreidearten, Sträucher, Wald und Gräser anzutreffen. Wie in allen Steppen sind auch in der Cheyranchöl-Steppe Artemi- sia und Salzkräuter die dominanten Pflanzenarten, die für das Klein- und Großvieh auf der Winterweide die wesentlichen, natürlichen Futterressourcen darstellen. Viele Pflanzenarten der Steppen sind sukkulent. Einige Pflanzen sind giftig, wobei dies besonders für Lämmer und Zicklein eine Gefahr darstellt. Die vielfältige Pflanzenwelt der Steppen kann in die Flora der Waldsteppe und der Trockensteppe unterteilt werden. Die Waldpflanzen der Steppe befinden sich in Tälern der Flüsse Kura und Iori, davon sind viele in Auwäldern (Tugai-Wäldern) verbreitet, die besonders auf nährstoffreichen und feuchten alluvialen Böden dichte Bestände bilden (ALIEV 1975). Die Tugai-Wälder sind besonders durch die Euphrat-Pappel (Populus euphratica) charakterisiert (PEPER 2008; PEPER ET AL. 2010). Daneben kommen als Bäume oder Sträucher auch Ölweiden, Weiden, Tamarisken, Kreuzdorn und Salzstrauch, Eichen, Ulmen, selten auch Erlen und von den Reliktpflanzen Punica granatum und die endemische Art Tamarix ramosissima vor. In letzten 20 Jahren wurden große Flächen der Tugai-Wälder westlich der Cheyranchöl- Steppe abgeholzt und die Standorte sind heute als bewässerte Landwirtschaftsflächen ge- nutzt (PEPER 2007, 2008). Im Nordosten der Steppen in Samukh gibt es ein Vorkommen der Eldar-Kiefer (Pinus eldarica), die im „Staatlichen Naturschutzgebiet für die Eldar Kie- fer“ (Eldar Şamı Dövlət Təbiət Qoruğu) geschützt wird. In diesem Naturschutzgebiet wachsen Kiefer, Wachholder, Gummibaum, Granatapfel, Berberitze, Feigen und Meer- träubel. Neben der Eldar-Kiefer sind weitere Reliktpflanzen und auch endemische Pflanzen zu finden. Neben Bäumen und Büschen sind in der Waldsteppe Wiesengräser und Kräuter anzutreffen. Trockenpflanzen der Steppe bestehen aus Ephemeren (z.B. Senecio vernalis, Avena eri- antha, Medicago minima, Anisantha rubens, Bromus japonicus, Lolium rigidum, Ere- morutum orientale), Ephemeroide (z.B. Taraxacum officinale, Poa bulbosa, Allium rubel- lum, Gagea chanae), Halbbüsche, Büsche und Sträucher (Artemisia, Kaldium, Salsola, Tamarix etc.). Diese Zone der Steppe ist auch Heimat von zahlreichen endemischen Pflan- zen des Kaukasus (AKHUNDOV 1973; ALIEV 1971; ATAMOV 2002; HADSHIJEV 1987; PE- PER 2010).

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In der kurzen Vegetationszeit im Frühling und Herbst ist der Boden zu 80 % mit einjähri- gen Pflanzen bedeckt. Es gibt aber auch ausdauernde Pflanzenarten der Gattungen Artemi- sia (Artemisia absinthium, Artemisia arenaria) und Salzkräuter (Salsola dendroi- des,Salsola nodulosa) (Bild 2). Im Gebiet von Shamkir und Samukh der Cheyranchöl- Steppe sind eher Pflanzengemeinschaften aus einjährigen Ephemeren, Artemisa verbreitet (ALIYEV 2007).

Bild 2: Artemisia und Ephemeren der Steppe, Mai 2010 Neben den oben genannten Pflanzen sind Arten von Stipa (Federgräser) anzutreffen. Fe- dergräser sind im Westen und Osten der Cheyranchöl-Steppe, meistens im Gebiet des To- vuz und Samukh verbreitet. Sie sind dort verbreitet, wo die Böden gut für den Ackerbau geeignet sind. Einige ausgewählte endemische und Reliktpflanzen vom Kaukasus, die im Untersuchungsgebiet vorkommen, sind im Anhang 1 zusammengefasst. Bei den Viehhaltern gelten die Weiden in den Bergen als gesünder als die in den Ebenen, da dort nährstoffreichere und verschiedenartigere Pflanzen wachsen und Krankheiten sel- tener sind. Als natürliche Ressourcen neben der Weide nutzen Wanderviehhalter Büsche und Bäume, die zum Bauen von Behausungen und Unterständen für Menschen und Tiere und zum Feuermachen auf der Sommerweide dienen. Neben der Flora ist auch die Fauna der Republik Aserbaidschan reich und vielfältig. Es gibt 98 Säugetier-, rund 350 Vogel-, 90 Fischarten und viele Reptilien (ALIEV 1981). Das Untersuchungsgebiet Gandja-Gasach beherbergt ebenfalls eine reichhaltige Tierwelt. Es sind neben verschieden Vogelarten Rehe, Hirsche, Gämsen, Mufflons und Gazellen dort beheimatet. Raubtiere wie Schakale, Füchse und Wölfe können auf den Betrieben manch- mal großen Schaden anrichten, wobei die Bedrohung vor allem auf der Sommerweide hoch ist.

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3 Material und Methoden

In diesem Kapitel wird das Forschungsdesign entwickelt. Es beinhaltet die Auswahl des Untersuchungsgebietes und der Betriebe im Abschnitt 3.1, die Erhebung von Primär- und Sekundärdaten im Abschnitt 3.2 sowie die Erstellung eines Rahmens für deren Auswertung und Interpretation im Abschnitt 3.3. Im Abschnitt 3.4 zur Wirtschaftlichkeitsanalyse wird das in dieser Arbeit verwendete methodische Werkzeug vorgestellt und alle relevanten Kenngrößen der landwirtschaftlichen Betriebslehre benannt, die für die Analyse der Be- triebe maßgeblich sind. Der Teil 3.5 informiert ausführlich über die Szenarien- Rechnungen, die in einem späteren Kapitel durchgeführt werden, um alle Möglichkeiten der Verbesserung der ökonomischen Situation in den Betrieben auszuloten. Die Abbildung 6 zeigt die einzelnen Arbeitsschritte. Zunächst wurden das Untersuchungs- gebiet (Gandja-Gasach) und die Wanderschafhaltungsbetriebe als Untersuchungsobjekte festgelegt. Sodann wurden die zentralen Herausforderungen identifiziert und die spezifi- schen Forschungsfragen formuliert. Das Untersuchungsgebiet Gandja-Gasach ist der Auto- rin bereits aus der Arbeit im Projekt „Proper Utilisation of Grasslands in Azerbaijan's Steppe and Mountains (PUGASMAOS)“ der Universität Greifswald in den Jahren 2007- 2009 bekannt (HAMPICKE ET AL. 2010), welches eins der vier Untersuchungsgebiete in Aserbaidschan war. Die Region Gandja-Gasach wurde aus mehreren Gründen für diese Forschungsarbeit ausgewählt. Die Auswahlkriterien sind:  Klimatische Unterschiede (siehe Kapitel 2.2.1),  Unterschiedliche Bodeneigenschaften (siehe Kapitel 2.2.2),  Ausstattung mit Weideflächen und dabei ein breites Spektrum an Beweidungsinten- sität,  Sozio-ökonomische Beziehungen zwischen Sommer- und Winterweiden durch Wanderschafhaltung. Gandja-Gasach ist die zweitstärkste Wirtschafts- und Agrarregion des Landes. Weiterhin nimmt die Region durch ihre geographisch günstige Lage im Westen des Landes eine stra- tegisch wichtige Position ein. Über die Hälfte ihrer Fläche dient der Beweidung. Darüber hinaus stellt die Region Gandja-Gasach einen der größten Märkte im Land dar (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b).

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Abbildung 6: Darstellung des Forschungsablaufes

Entwicklung des Forschungs- designs

Auswahl des Unter- suchungsgebiets

Auswahl der Betriebe

Datenerhebung

Primär Sekundär

Datenauswertung Datenerfassung, -bereinigung und Kontrolle

Quantitativ Qualitativ

 Deskriptive Statistik mit SPSS Inhaltsanalyse/Experten  Kategorisierung der Betriebe Interviews mit MaxQDA  Auswahl des typischen Betriebs  Deckungsbeitragskalkulation mit MAX  Betriebsanalyse mit BEP  Vergleich der wirtschaftlichen Ergebnisse innerhalb definierten Gruppen  Auswahl der Modellbetriebe  Szenarien -Rechnungen für Modellbetriebe

Vergleich der Ergebnisse und weitere Vorschläge für die Verbesserung

Quelle: Eigene Darstellung

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3.1 Auswahlverfahren der Betriebe Die Auswahl der untersuchten Betriebe wurde nach folgenden Kriterien vorgenommen:  Besitz einer Nutzungserlaubnis für Winterweidefläche in der Cheyranchöl-Steppe,  Betriebsleiter ist Besitzer oder Hauptmieter der Winterhöfe,  Herkunft aus den Dörfern von Shamkir und Gedebey, die in Gandja-Gasach die höchste Tieranzahl aufweisen (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b),  Schwerpunkt der Tierproduktion in der Schafhaltung,  Anzahl der Mutterschafe über 100 Stück. Als Stichprobe wurde die Datenerhebung bei insgesamt 120 Betrieben in den Jahren 2009- 2012 durchgeführt. Die Autorin hielt sich viermal jeweils sechs Wochen lang in Aserbaid- schan auf. Es wurden insgesamt 132 Betriebe in der Cheyranchöl-Steppe in drei Jahren besucht (mehr im Kapitel 7.4.3). Von den 132 Betrieben haben 12 entweder die Befragung abgebrochen oder starken Widerspruch eingelegt. Die Daten aus diesen Betrieben waren so unpräzise und unverständlich, so dass sie nicht korrigiert werden konnten und auch nicht weiter verwendet wurden. Die Stichprobe umfasst etwa 2,4 % der Betriebe in der Grundgesamtheit aller Kategorien der landwirtschaftlichen Betriebe des Landes und etwa 35,1 % der Betriebe in der Untersu- chungsregion (siehe Kapitel 4.3). In der Literatur existieren verschiedene Auswahlverfah- ren für Stichproben aus der Grundgesamtheit (DIEKMANN 2011; HÄDER 2015; LAMNEK 1995; ROTH 2008; SCHNELL ET AL. 2013). In der vorliegenden Arbeit beruht das Auswahl- verfahren der Stichprobe nicht auf Wahrscheinlichkeitstheorie (Abb. 7). Die 52 Betriebe, die im ersten Jahr (2009) befragt wurden, wurden nach willkürlichen Auswahlmethoden aufgefunden. Für die Auswahl der weiteren Betriebe wurde das Schneeballverfahren an- gewandt, welches ebenfalls ein bewusstes Auswahlverfahren ist (HÄDER 2015; ROTH 2008). Eine Zufallsauswahl im Sinne exakter Stichprobentheorie war unter den gegebenen Um- ständen nicht möglich, jedoch besteht gemäß der Landeskenntnis der Autorin kein Zweifel, dass die erhobene Stichprobe das für die Studie erforderlichen Maß an Repräsentativität besitzt. Beruhend auf dem Schneeballverfahren wurden die bereits befragten Viehhalter gebeten, weitere potenzielle Betriebe zu nennen, die den oben genannten Kriterien entsprechen. Viele der bereits befragten Viehhalter waren bereit der Autorin helfen, andere Betriebe in der Cheyranchöl-Steppe zu erreichen, indem sie mit Nachbarn oder Freunden telefonierten und Termine vereinbarten. Viehhalter, die auf der Winterweide nicht anzutreffen waren, wurden auf der Sommerweide oder in ihren Herkunftsdörfern befragt. Es konnten Daten von 96 Betrieben in der Cheyranchöl-Steppe in ihren Winterweidehöfen gewonnen werden und von 24 Betrieben auf der Sommerweide oder in ihren Herkunftsdörfern.

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Abbildung 7: Stichprobenauswahlverfahren

Quelle: HÜTTNER & SCHWARTING (2002 124)

3.2 Datenerhebung Eine der wichtigsten Komponenten der empirischen Sozialforschung ist die Datengewin- nung, bestehend aus Datenerhebung und Datenerfassung. Beide sind unverzichtbare Be- standteile des Forschungsprozesses (LAMNEK 1995 99). Mit ihnen werden konkreten Aus- sagen über den Forschungsgegenstand gewonnen (MAYER 2013 37). Die erhobenen Informationen und Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und las- sen sich wie folgt klassifizieren:  Primärdaten sowie betriebsspezifische Daten der untersuchten Wanderschafhal- tungsbetriebe,  Sekundärdaten. Alle Daten basieren auf den drei Ebenen, des Betriebes, der Region und des Landes. Die Betriebsdaten wurden durch persönliche Befragung und Beobachtung von der Autorin er- hoben. Auf Regional- und Landesebene wurden sowohl Primär- als auch Sekundärquellen genutzt und jeweils betreffende Zielpersonen bzw. Institutionen befragt (Tab. 6).

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Tabelle 6: Datenerhebung auf verschiedenen Ebenen zur Forschung

Ebene Befragte Zielpersonen/Institutionen Themenbereich

 Wanderschafhaltungsbetriebe (Be- Produktionsfaktoren, Betriebswirtschaft, Pla- Betrieb triebsleiter, Familienmitglieder, Hir- nung, Investitionen etc. tengruppe)

 Agrarabteilung der jeweiligen Rayon- verwaltungen, Bedeutung der Wanderschafhaltung, Verwal-  Dorfmunizipalitäten, tungsstruktur und Regeln für Weideflächen,  Regional Beratungszentren, Wassernutzung, Pachtregeln, Nutzungsrechte,  Filialen der Bodenkomitees, Informationen und Beratung für Viehhalter, ge-  Metzgereien, Händler und Zwischen- genwärtige Marktpreise, etc. händler für Tierprodukte Krankheit in der Tierhaltung, Vorbeugung etc.  Tierärzte Wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft in  Landwirtschaftsministerium Aserbaidschan, agrarpolitische Rahmenbedin- National  Agraruniversität gungen, staatliche Entwicklungsprogramme für  Forschungsinstitut für Landwirtschaft Landwirtschaft, Kooperation in der Landwirt- schaft, etc. Quelle: Eigene Darstellung

3.2.1 Primärdaten Zur Primärdatenerhebung wurden ein Fragebogen für die Interviews mit Viehhaltern und ein Leitfaden für Gespräche mit Zielpersonen der jeweiligen Institutionen und Viehhaltern entwickelt und mit unterschiedlichen Methoden ausgewertet (Tab. 7). Tabelle 7: Verfahren der Befragung und Datenauswertung Befragungs- Analysen- Forschungs- Struktur Teilnehmer Anzahl Werkzeug instrument art methode Quantita- semi- SPSS Fragebogen mündlich Viehhalter 120 tiv/ Quali- strukturiert Excel tativ

Experten 12 Inhalts- Händler 3 Leitfaden- mit offenen analyse mündlich Qualitativ gespräche Fragen Zwischenhändler 4 in Metzger 2 MaxQDA Viehhalter 3 Quelle: Eigene Darstellung

Betriebsebendaten mit Fragebögen- Die Betriebsebendaten enthalten spezifische Infor- mationen über die untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe, betreffend Produkt- und Faktormengen, Faktorausstattungen, finanzielle Situation, innere Verkehrslage, Manage- mentfähigkeiten der Betriebsleiter, etc. (MUßHOFF & HIRSCHAUER 2011; NUTHALL 2011). Die entwickelten Fragebögen wurden während der Betriebsbesuche von der Autorin wäh- rend der Interviews persönlich ausgefüllt. Diese Art der Befragung ist als „mündliche Be- fragung mit „PAPI“ zu bezeichnen. Das Kürzel PAPI steht für „Paper and Pencil“. Der Interviewer arbeitet hier mit einem Fragebogen, der ihm in Papierform vorliegt (HÄDER 30

2015 192). Vor dem Beginn der Befragung wurde den Zielpersonen mitgeteilt, welchen Zweck die Forschung verfolgt und wozu diese Befragung dient. Der Fragebogen wurde semistrukturiert gestaltet (MAYER 2013 2), es wurden offene und geschlossene Fragen ge- stellt (DIEKMANN 2011; PORST 2011). Um die befragten Zielpersonen nicht in ein Korsett zu zwingen, ist allerdings die Mehrheit der Fragen offen gestaltet (LAMNEK 2010). Die halboffenen Fragen im Fragebogen enthalten neben möglichen Antwortvorgaben auch die Kategorie „Sonstige“ (DIEKMANN 2011; RAITHEL 2008). Bei geschlossenen Fragen gibt es eine begrenzte und definierte Anzahl möglicher Antwortkategorien. Die Mehrzahl der ge- schlossenen Fragen sind solche mit Einfachnennung, es ist aber auch einige mit Mehrfach- nennungen enthalten (RAITHEL 2008). Es wurde darauf geachtet, dass die Fragen kurz, einfach und präzise sind. Die Daten auf Betriebsebene wurden im persönlichen Gespräch (face to face) mit den Be- triebsleitern, Haupthirten und ihren Familienmitgliedern auf dem Hof (Yataq) der Betriebe in der Cheyranchöl-Steppe, in Wohnzelten der Sommerweideorte und am ständigen Wohn- sitz im Heimatdorf der Viehhalter gesammelt, je nachdem wo die Viehhalter für die Befra- gung zeitlich verfügbar waren. Die erste Befragung wurde von Mai bis Ende Juli 2009 durchgeführt, die folgenden jedoch von April bis Mitte Mai in den Jahren 2010-2012, weil die meisten Betriebsleiter in diesen Monaten in ihren Höfen in Cheyranchöl-Steppe leich- ter erreichbar waren. In den Wintermonaten stellte sich ein Besuch für Befragungen in der Cheyranchöl-Steppe wegen der ungünstigen Verkehrslage schwieriger dar. In den Som- mermonaten waren die Betriebsleiter ständig mit der Einlagerung der Futtermittel, Verkauf der Tiere und anderem beschäftigt, so dass die Befragungen in dieser Zeit nicht immer erfolgreich, zumindest jedoch zeitlich und organisatorisch sehr anspruchsvoll waren. Der Fragebogen zu den Wanderschafhaltungsbetrieben umfasst 10 thematische Blöcke (Module), die kurz in der Tabelle 8 zusammengefasst und detailliert im Anhang 7 zu fin- den sind. Zu einem Themenbereich wurden stets mehrere Fragen gestellt, die ähnliche As- pekte eines Themas behandeln (RAITHEL 2008). Die Fragen zum Betrieb wurden vom All- gemeinen zum Besonderen angeordnet. Zur Prüfung des Fragebogens hinsichtlich des Zeitaufwandes sowie seiner Vollständigkeit und Verständlichkeit waren neben einem Pre- test mit 2 Betrieben die Erfahrungen der Autorin in der Projektarbeit in „PUGASMAOS“ 2007-2010 (HAMPICKE ET AL. 2010) hilfreich. Hierdurch konnte bereits im Vorfeld berück- sichtigt werden, wie lange die Befragung dauert und welcher Ort für ein Interview optimal ist. Außerdem erwies es sich als vorteilhaft, das Gespräch über die allgemeine landwirt- schaftliche Situation bis zu einem Vergleich mit der sowjetischen Zeit auszudehnen, wodurch die Gesprächsatmosphäre vertrauensvoller wurde, besonders für Familienmitglie- der, Hirten, Agsaqqal (ältere Menschen im Hof) sowie Frauen. Obwohl die Befragung mit Befragten unter Teilnahme der Familienmitglieder mehr Zeit in Anspruch nahm, konnte der ausgefüllte Fragebogen hinsichtlich Vollständigkeit, Verständlichkeit und Präzision geprüft werden. Das Thema „Die Landwirtschaft in Aserbaidschan im Allgemeinen“ wur- de im Fragebogen nach der Vorstellung als Einleitung ("Warming up") platziert (SCHNELL ET AL. 2013). Die Daten aus den Pretests wurden nicht weiter verwendet.

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Tabelle 8: Themenblöcke des Fragebogens

Nr. Themenblöcke Fragentyp Beschreibung 1 Vorstellung -- Wer ist der Forscher? Ziel der Befragung etc. Allgemein über die landwirtschaftliche Situation wäh- 2 „Warming up“ Fragen offen rend und nach der Sowjetzeit, Problembereiche, etc. Allgemeine Daten zum Adresse, Gründung, Organisations- und Rechtsform, 3 offen Betrieb etc. Ausstattung mit Produktionsfaktoren halboffen, Verfügbarkeit, Qualität, Nutzungsrechte, Pachtverhält- 4.1 Weidefläche geschlossen nisse, Zu-/Verpachtungsmöglichkeiten, etc. Familienarbeitskräfte: Aufgabenteilung und Arbeits- zeitbedarf für außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten, 4 halboffen, ständige Fremdarbeitskräfte: Qualifikation, Lohnni- 4.2 Arbeitskräfte geschlossen veau, Nichtständige Fremdarbeitskräfte: verfügbare Zeit, Qualifikation, Lohnniveau, Bezahlung etc. halboffen, Tierarten, Anzahl, Rasse, Fütterung, Milch und Flei- 4.3 Tierhaltung geschlossen scherzeugung, Bestandsergänzung etc. halboffen, 4.4 Wasserversorgung Verfügbarkeit, Kosten, Nutzungsrechte geschlossen Betriebliche Anlagen und Nutzungsdauer, Anschaffungspreis, Reparaturkosten, 5 geschlossen Maschinen Baujahr etc. gegenwärtige Preise und Kosten wichtiger Produkti- Vermarktung und Trans- halboffen onsmittel und Produkte sowie Annahmen über die 6 port und offen zukünftigen Preisentwicklungen, Verkaufswege, -orte , Transport bei Wanderung und Futterlagerung , etc. Tiergesundheit und Tier- offen bis 7 Krankheiten, Verlustgründe etc. verluste geschlossen Finanzierungsmöglich- offen bis Eigenfinanzierung, Fremdfinanzierung, Kreditzugang, 8 keiten geschlossen etc. Alter, Ausbildung, Kinder, Einkommen aus Landwirt- 9 Persönliche Daten geschlossen schaft und außerbetrieblich etc. halboffen 10 Kooperation Kenntnisse über Kooperation, bestehende Form, etc. und offen Quelle: Eigene Darstellung Fragen zur Ausstattung mit Produktionsfaktoren waren sehr spezifisch und detailliert und wurden erst in der Mitte der Befragung gestellt, da hier nach DIEKMANN (2004) die Span- nungskurve ihren Höhepunkt erreicht und die größte Aufmerksamkeit zu erwarten ist. Um die Betriebsleiter auf dieses Thema hinzuführen und eventuell bestehende Ängste zu dämpfen, wurde in dieser Phase darauf geachtet, interessante und leicht formulierte Fragen zu stellen, wie zum Beispiel zu direkten Kosten und Leistungen der Tier- bzw. Schafhal- tung. Fragen zu Kosten wurden entspannter aufgenommen als solche zu Leistungen. Fra- gen zu Leistungen wie auch solche zur Vermarktung wurden nach Möglichkeit indirekt gestellt. Nach diesem Themenblock wurden Informationen und Daten zur Finanzierung angesprochen. Da in den Betrieben keine Finanzaufzeichnungen oder Buchhaltung verfüg- bar waren, wurde vorsichtig nach Einnahmen und Entnahmen und außerbetriebliche Ein- kommen gefragt. Um die Befragten nicht zu überfordern, kamen die Fragen zu persönli- chen Daten an vorletzter Stelle. Abschließend wurden Fragen zur Kooperation gestellt. 32

Wie auch nach DIEKMANN (2005: 417) für die Kontrolle der Befragung (Feldkontrolle) telefonische Rückrufe bei 20 bis 40 % der Befragten üblich sind, wurden etwa 30 % der untersuchten Betriebe wegen unvollständiger oder unverständlicher Antworten telefonisch angesprochen oder ein zweites Mal besucht. Der persönliche Kontakt mit Betriebsleitern sowie mit Hirten konnte in mehrerer Hinsicht die Qualität der Befragungsergebnisse erhö- hen. Leitfadengespräche- Die Primärdaten auf Regional- und Landesebene wurden direkt in persönlichen Leitfadengesprächen erhoben. Dazu wurde ein Leitfaden mit offen formulier- ten Fragen für Experten entwickelt (siehe Anhang 8). Mit dem Einsatz des Leitfadens wird die Qualität der zu erhebenden Daten erhöht und ihnen eine Struktur gegeben. Er gibt dem Interviewer Orientierung bei der Gesprächsführung und hilft, alle Aspekte zu berücksichti- gen und keine wichtige Frage auszulassen oder zu vergessen (MAYER 2013). Auch können die theoretischen Vorüberlegungen über den Forschungstand besser berücksichtigt werden, zumal kaum wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit und Kategorisierung der Wanderschafhaltungsbetriebe in Aserbaidschan zur Verfügung stehen. Da Audioaufzeichnungen während der Interviews nicht erwünscht waren, wurden die Leit- fadengespräche mit Experten schriftlich protokolliert (SCHNELL ET AL. 2013). Als Experten wurden Personen ausgewählt, die sich durch besonderes Wissen, durch Kenntnisse, Positi- on und Erfahrung zum Forschungsthema auszeichnen. Das Experteninterview ist eine spe- zielle Anwendungsform des qualitativen Interviews und unterscheidet sich von anderen Formen (FLICK 2012 214). Anders als in jenen ist hier nicht die Person selbst, sondern de- ren besonderes Wissen von Interesse. Es geht nicht um individuelle Einstellungen oder die eigene Biografie von Personen, „vielmehr geht es um die Erfahrung und Wissensbestände, die sie als Funktionsträger innerhalb einer Institution durch ihre Tätigkeitsfelder erhalten“ (GLÄSER & LAUDEL 2009 11). Gemäß einschlägiger Literatur zeichnet sich ein Experte durch folgende Eigenschaften aus:  besonderes Wissen über den Untersuchungsgegenstand und seine Problemfelder aufgrund der Position in einer Institution,  Beteiligung an Entscheidungsprozessen oder Teilnahme am Handlungsfeld des Forschungsgegenstandes,  langjährige Tätigkeit und Erfahrung in Bereichen, die für die Untersuchung rele- vant sind. Es wurden Vertreter aus unterschiedlichen Institutionen aufgrund ihrer besonderen Kennt- nisse zur Teilnahme am Experteninterview gebeten. Mit einigen von der Autorin vorgese- henen Personen gelang aus unterschiedlichen Gründen kein Interview. Die Stichprobe für das Interview umfasst zwölf Experten aus sieben Institutionen (Tab. 9). Zunächst wurden allgemeine Daten und Fakten zur Landwirtschaft in Aserbaidschan und zur Wanderschaf- haltung angesprochen, woraufhin dann individuell gefasste, auf das Tätigkeitsfeld des je- weiligen Experten bezogene Fragen folgten. Hauptsächlich wurden folgende Themenbe- reiche behandelt:  Allgemeines über Landwirtschaft,  Landwirtschaft in der Transformationsperiode,  Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte, 33

 Verwaltungsprozedur der Weideflächen,  Wanderschafhaltung,  Entwicklungsprogramme/Optimierung,  Kooperationen,  Tierärztliche Betreuung. Tabelle 9: Auswahl der Experteninterviews Anzahl Experten Institution Interview Jahr n=1 Munizipalität des Dorfes Slavyanka 2009 n=1 Munizipalität des Dorfes Söyüdlü 2009 n=1 Gedebey Rayonverwaltung 2009 n=1 Shamkir Rayonverwaltung 2009 n=1 Dashkesen Rayonverwaltung 2011 n=1 Filiale des Bodenkomitees in Shamkir 2010 n=1 Filiale des Bodenkomitees in Gedebey 2010 n=1 Gandja Regional Beratungszentrum 2010 Landwirtschaftsministerium n=1 2011 Informationen und Beratung zur Kreditierung Forschungsinstitut für Organisation und Ökonomie der Land- n=2 2011 wirtschaft n=1 Veterinäramt von Gedebey 2011 Quelle: Eigene Erhebung Neben den Experten wurden zwei Metzger, drei Händler und vier Zwischenhändler mit Hilfe einfacher Leitfäden in den Basaren von Gedebey und Shamkir befragt. Die Daten zu den Marktpreisen für das Jahr 2011 wurden von der Autorin als Kundin der Verkäufer- gruppe (Händler, Zwischenhändler, Metzger und Viehhalter) erhoben. Die dazugehörigen Ergebnisse werden in Kapitel 4 und 7 dargestellt.

3.2.2 Sekundärdaten Neben Primärdaten dienen auch Sekundärdaten der Gewinnung von Informationen zum Thema. So wurde bereits vorhandenes relevantes Datenmaterial unterschiedlicher Instituti- onen für diese Arbeit identifiziert und spezifisch ausgewertet. Im Unterschied zu Primärda- ten wird hier auf Daten zurückgegriffen, die bereits von anderen und unabhängig vom Zweck und Bezugsrahmen dieser Arbeit gesammelt worden sind. Zu nennen sind in erster Linie Daten des Aserbaidschanischen Staatlichen Statistik-Komitees. Neben der offiziellen Statistik wurden folgenden Quellen genutzt:  Ministerien und staatliche Institutionen,  Informationen zu landwirtschaftlicher Beratung und Bildung (Broschüren, Manu- skripte etc.),  Berichte der „Aserbaidschan Micro-Finanz Assoziation (AMFA)“ (Informationen zu Krediten),  der Nationale Fonds für Unternehmensförderung,  Literatur (Fachbücher, Lexika),  Dissertationen und Diplomarbeiten,

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 Diskussionspapiere (World Bank, etc.),  Dokumentationen von Fachtagungen und Kongressen,  Online-Zeitungen, elektronische Zeitschriften, Internetseiten von Verlagen (Sprin- ger etc.),  Datenbanken (Online Publikationen, Suchmaschinen),  Sonstige Websites (Landwirtschaftsministerium, Bodenkomitee, staatliches Veteri- näramt, etc. ). Aufbauend auf diesen Sekundärquellen wurden Informationen über folgende Themenbe- reiche der Arbeit gesammelt:  Situation und Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe/Unternehmen in Aserbaid- schan,  Landwirtschaft im Transformationsprozess,  Auswirkungen der Transformation auf die Struktur der Landwirtschaft,  Fernweidewirtschaft und ihre Bedeutung in Aserbaidschan und in anderen asiati- schen, südosteuropäischen und afrikanischen Ländern,  Kooperationen in der Landwirtschaft und ihre Auswirkung auf Betriebsentwick- lung,  Finanzierungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe in Aserbaidschan.

3.3 Datenauswertung Die Datenauswertung ist eine der wichtigsten Phasen im Forschungsprozess. Mit ihr wird angestrebt, die gestellten Forschungsfragen zu beantworten und dabei die Zusammenhänge der Untersuchungseinheit aufzuklären (GLÄSER & LAUDEL 2009; NUTHALL 2011). Die erhobenen Daten in vorliegender Arbeit wurden je nach Fragentyp sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet. Die beiden Auswertungsmethoden haben unterschiedliche Potentiale und Möglichkeiten, die sich gegenseitig ergänzen (KOSFELD ET AL. 2016; SCHNELL ET AL. 2013). Die qualitative Auswertung kam schwerpunktmäßig für die Leitfa- dengespräche, und die quantitative Auswertung hingegen für die „harten“ betriebswirt- schaftlichen Daten zur Anwendung.

3.3.1 Qualitative Auswertung Qualitative Auswertungsverfahren kommen bei der Analyse offener Fragen in Leitfaden- gesprächen und teilweise bei Fragebögen zum Einsatz. Während nach STRÜBING (2013 1) hinter der Idee der quantitativen Sozialforschung ein weitgehend einheitliches wissen- schaftliches Paradigma steht, versammeln sich unter dem Oberbegriff der qualitativen So- zialforschung eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, die nicht nur methodisch, sondern auch methodologisch und wissenschaftstheoretisch teilweise sehr unterschiedlich ausge- richtet sind. Nach GLÄSER & LAUDEL (2009: 43) analysieren qualitative Auswertungsme- thoden insbesondere Texte, die „schwer interpretierbare, irrelevante und widersprüchliche Informationen“ enthalten können.

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Die Auswertung qualitativer Daten wird in unterschiedliche Phasen gegliedert. Bei aller Vielfalt der Verfahren unterscheidet LAMNEK (2010 402–408) vier generelle Phasen für die Auswertung qualitativer Interviews:  Transkription,  Einzelanalyse /Paraphrasierung,  Generalisierende Analyse,  Kontrollphase. Unter Transkription ist die Übertragung der gesprochenen Sprache in eine schriftliche Form zu verstehen (MAYRING 2010). Das übertragene, „lesbare“ Textmaterial wird zur qualitativen Auswertung unter Berücksichtigung verbaler, aber auch nonverbaler Aspekte, wie Pausen, Lachen usw. eines Gesprächs vorbereitet. Da auf die Audioaufzeichnung auf- grund der Ablehnung der Interviewpartner verzichtet wurde, wurde in einer aufwändigen handschriftlichen Protokollierung „lesbares“ Material in Form von etwa insgesamt 40- seitigen Interviewprotokollen geschaffen. In der zweiten Phase des Paraphrasierens wird „im Ergebnis eine Konzentration des Materials“ erreicht, indem es von Nebensächlichkei- ten befreit wird (LAMNEK 2010). In der dritten Phase werden nach der Erkennung von Ge- meinsamkeiten und Unterschieden Generalisierungen angestrebt und theoretische Erkennt- nisse gewonnen. In der vierten Phase wird eine „Selbst- und/oder Fremdkontrolle“ durch- geführt, um Fehlinterpretationen zu verringern und zu vermeiden. Das Ziel der Auswertung besteht darin, „im Vergleich der einzelnen Experteninterviews das Überindividuell-Gemeinsame herauszuarbeiten, Aussagen über Repräsentatives, über gemeinsam geteilte Wissensbestände, Relevanzstrukturen, Wirklichkeitskonstruktion, In- terpretationen und Deutungsmuster zu treffen“ (Meuser & Nagel 2009 35). In der Literatur existieren verschiedene Methoden zur qualitativen Auswertung. GLÄSER & LAUDEL (2004: 41–44) klassifizieren sie in vier Gruppen:  Freie Interpretation,  Sequenzanalytische Methode,  Kodierung,  Qualitative Inhaltsanalyse (QI). In der vorliegenden Arbeit wird die inhaltsanalytische Methode gewählt. Die Qualitative Inhaltsanalyse folgt in Deutschland MAYRING (1983). Nach ihm ist es das Ziel der Analy- se, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben und dass durch Abstraktion ein überschaubarer Corpus geschaffen wird, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist (MAYRING 2010 58). In der QI werden die Informationen aus dem Text nach einem systematischen Verfahren entnommen. Die Texte werden mit einem Suchraster durchsucht, und relevante Textstellen werden entsprechenden Kategorien zugeordnet. Das Suchraster wurde zuvor entsprechend bestehender theoretischer Vorüberlegungen erstellt. Die gewonnenen Informationen wer- den getrennt von Ursprungstext verarbeitet und ausgewertet, allerdings bleibt der Bezug zu jenem über Quellenangaben erhalten. MAYRING (2002 115) unterscheidet 3 Grundformen der QI:

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 Zusammenfassung: Bei der Zusammenfassung werden die Kodiereinheiten und Kontexteinheiten definiert. Die wesentlichen Aussagen eines Textes werden her- ausgearbeitet und auf einzelne Kategorien reduziert, sodass wesentliche Inhalte er- halten bleiben (HÄDER 2015).  Explikation: Bei diesem Schritt erfolgt eine Bedeutungsanalyse problematisch er- scheinender Textstellen. Dabei wird zusätzliches Material herangezogen, um das Verständnis der unklaren Textteile zu fördern.  Strukturierung: Das Material wird anhand vorher festgelegter Kriterien in Katego- rien geordnet und charakterisiert. Alle Textbestandteile werden dann anhand der Kategorien „aus dem Material systematisch extrahiert“. Es steht Software für die qualitative Auswertung zur Verfügung, wie „ATLAS/ti“ und „MaxQDA“ etc. Im vorliegenden Kontext wurde MaxQDA genutzt, welches durch leichte Bedienbarkeit der Benutzeroberfläche eine flexible Kategorienbildung und eine effiziente Textverarbeitung ermöglicht (KUCKARTZ 2012). Die Software erleichtert durch „Suchen, Navigieren, Ausschneiden, Zusammenstellen und Kodieren“ die Auswertung der Textma- terialien. Zur Analyse offener Fragen in Leitfadengesprächen kommt die Inhaltsanalyse als qualitatives Auswertungsverfahren zum Einsatz. Die ausgewerteten qualitativen Daten bilden teilweise den Inhalt der Kapitel 4, 5, 6 und 7.

3.3.2 Quantitative Auswertung Die quantitative Auswertung der Daten erfolgt mit Hilfe von Microsoft Excel und dem Statistikprogramm SPSS (SCHWETZ 2013). MAYER (2013) teilt die Datenauswertung in drei Phasen (Abb. 8). In der ersten Phase werden die Daten als Text, Zahlen und Formeln aus dem papiernen Fragebogen in Excel-Arbeitsblätter und in SPSS eingegeben. Nach der Eingabe erfolgt die Kodierung der Daten. Unpräzise Daten und fehlende Angaben werden kontrolliert und bereinigt. Den Ausgangspunkt der Analyse der erhobenen Daten bildet in der Regel die Auswertung einzelner Merkmale (Variablen). Abbildung 8: Phasen der quantitativen Datenauswertung

Kodierung, Dateneingabe und Fehlerkontrolle

Neubildung von Variablen, Indizes und Skalen

Statistische Analyse: - Beschreibung - Hypothesenprüfung

Quelle: MAYER (2013 106)

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In der zweiten Phase der Auswertung werden die Variablen und Skalen in statistischem Programm SPSS neu gebildet und benannt. Insgesamt standen 92 Variablen für die quanti- tative Auswertung zur Verfügung. Zu jeder Variablen wird ihr Skalenniveau bestimmt (Nominal-, Ordinal- oder Kardinalskala). Die dritte Phase der Datenauswertung besteht in der statistischen Analyse. Die erfassten Daten werden mit Hilfe von SPSS deskriptiv ausgewertet. Unter deskriptiver Statistik wird das Sammeln sowie die Darstellung und Zusammenstellung von Daten zur Beschreibung realer Sachverhalte, einschließlich ihrer Reduzierung und Komprimierung verstanden (MI- CHEEL 2010 117). Zur Anwendung kommen tabellarische und graphische Darstellungen. Die deskriptive Statistik teilt sich in drei Bereiche: univariate, bivariate und multivariate Analyse. In vorliegender Arbeit kommen vorwiegend univariate und bivariate Analysen zur Anwendung. Die univariate Statistik bezieht sich auf eine Untersuchungsvariable (RAITHEL 2008 120), die einzeln analysiert wird und womit univariate Kennwerte wie Häufigkeiten, Mittelwerte, Anteilswerte etc. berechnet werden können. Die Häufigkeits- verteilung einer Variablen gibt an, wie oft jeder einzelne Code dieser Variablen im Daten- satz vorkommt (SCHNELL ET AL. 2013 431). Unter bivariater Statistik ist die Betrachtung von zwei Untersuchungsvariablen gleichzeitig für die Zusammenhangsanalyse, Signifi- kanztestung etc. zu verstehen, womit Kreuztabellen, Korrelationen, Mittelwertvergleiche und Regressionen ermittelt werden (RAITHEL 2008 120). Alle Ergebnisse quantitativer Auswertungen finden sich in den Kapiteln 7, 8 und 9.

3.4 Wirtschaftlichkeitsanalyse In diesem Abschnitt wird die Methodik dargestellt, mit welcher die quantitativ erhobenen betriebsbezogenen Daten in die betriebswirtschaftliche Analyse einfließen. Dies beinhaltet sowohl eine Darstellung der verwendeten methodischen Werkzeuge als auch eine Definiti- on der zentralen betriebswirtschaftlichen Begriffe und die Diskussion über ihre jeweilige Aussagekraft.

3.4.1 Kategorisierung der Betriebe Anhand der betriebsspezifischen Daten werden die Betriebe zunächst nach Organisations- form, Betriebsgrößenklasse und der Formen der Fernweidewirtschaft in Gruppen kategori- siert, um die wirtschaftlichen Ergebnisse zwischen den untersuchten Betrieben zu verglei- chen. Gemäß Abbildung 9 werden vier Organisationsformen, drei Größenklassen und zwei Formen der Fernweidewirtschaft unterschieden.

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Abbildung 9: Kategorisierung der untersuchten Betriebe

Form 1 Form 2 Fernweidewirtschaftsform

Form 1 Form 2 Organisationsform Form 3 Form 4

Betriebe (n=120) Betriebe Größe 1 Größe 2 Größenklasse Größe 3 Quelle: Eigene Darstellung Sämtliche Ergebnisse und Wirtschaftlichkeitsanalysen für die derzeit bestehende Situation der mobilen Tierhaltung im Untersuchungsgebiet werden im Kapitel 7 und 8 ausführlich dargestellt. Im Folgenden werden Begriffe und Methoden beschrieben.

3.4.2 Auswahlmethode des typischen Betriebs Bevor die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalysen aller Betriebe dargestellt werden, wird die Deckungsbeitragsrechnung und Betriebsanalyse anhand eines ausgewählten typi- schen Betriebs vorgestellt. Der typische Betrieb wird aus dem am häufigsten vorkommen- den Typ der Fernweidewirtschaft, danach der am weitesten verbreiteten Organisationsform und dann aus der am häufigsten vorkommenden Größenklasse ausgewählt. Dabei basiert die Auswahl aus den realen Daten auf dem Median des Tierbestandes, wie in der folgende Abbildung 10 dargestellt ist. Abbildung 10: Auswahlverfahren des typischen Betriebs Fernweidewirtschaft

Organisationsform Typischer Typ (x) Form (x) Größenklasse Betrieb Klasse (x)

Quelle: Eigene Darstellung Die Auswahl des typischen Betriebs wird mit dem Ziel vorgenommen, folgende Aspekte detailliert darstellen zu können:  Produktionstechnische Daten der vorhandenen Tierverfahren,

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 Schematische Berechnung des Deckungsbeitrags und der expliziten Darstellung der Arten von Marktleistungen sowie der variablen und fixen Kosten,  Schematische Darstellung der Rentabilität mit ausgewählten Kennzahlen,  Feststellung der geeigneten Tierhaltungsverfahren für einen Betrieb,  Vergleich der Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Muttertierverfahren. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse für den typischen Betrieb werden im Kapitel 8.1 dargestellt.

3.4.3 Die methodischen Werkzeuge MAX und BEP Unter Wirtschaftlichkeit im allgemeinsten Sinn versteht man das Verhältnis zwischen Leis- tung bzw. Ertrag und Kosten bzw. Aufwand. Das Ziel ist, einen gegebenen Erlös oder eine gegebene Leistung mit möglichst geringen Kosten oder mit einem gegebenen Aufwand einen möglichst großen Ertrag zu erreichen (GUTENBERG 1987; WÖHE & DÖRING 2013; DOLUSCHITZ & MORATH 2011). Die Methode der Wirtschaftlichkeitsanalyse ist schema- tisch in der Tabelle 10 dargestellt. Die Analyse der Wirtschaftlichkeit der untersuchten Betriebe soll im Allgemeinen den Überblick über folgendes geben:  Darstellung aller durchgeführten Produktionsverfahren nach Größenklassen der Be- triebe, ihrer jeweiligen Form der Fernweidewirtschaft und ihrer Organisationsform,  Erhebung der Ist-Situation nach Größenklassen,  Durchführung einer betriebswirtschaftlichen und sozio-ökonomischen Problemana- lyse,  Erhebung der Rentabilität, Stabilität und Liquidität gemäß REISCH & KNECHT (1995 458–460),  Aufzeigen der Schwachpunkte der Ist-Situation und Identifizierung von Ansatz- punkten zur Verbesserung,  Vergleich der betriebswirtschaftlichen Ergebnisse in der Ist-Situation zwischen charakteristischen Gruppen,  Erarbeitung weiterer Entwicklungsmöglichkeiten. Dabei werden als methodische Werkzeuge die an der Hochschule Weihenstephan, Abtei- lung Triesdorf entwickelten Computersysteme MAX und BEP verwendet (STRÖBEL ET AL. 2013). Deren Struktur ist in der Abbildung 11 dargestellt. In MAX wurden die Planungs- tableaus um solche zur Schaf-, Ziegen- und Rinderhaltung erweitert; darüber hinaus wur- den notwendige Anpassungen der verwendeten Eingangsdaten auf die aktuellen Verhält- nisse in Aserbaidschan vorgenommen. Das Computersystem MAX ermöglicht in MS Excel auf technisch einfache und transparente Weise die Berechnung von Deckungsbeiträ- gen. Bei diesen handelt es sich um das wichtigste Instrument zum Vergleich von Produkti- onsverfahren in einem Betrieb sodass in MAX für jedes Verfahren eines Betriebs ein De- ckungsbeitrag in einem Excel-Tabellenblatt berechnet wird. Dafür werden wichtige Pro- dukte und Produktionsmittel mit den durchschnittlichen Preisen aus 3 Jahren der Datener- hebung (2009-2011) sowie mit Kennzahlen zur Reproduktion verrechnet.

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Tabelle 10: Methoden der Betriebsanalyse – Kriterien, Bereiche, Kenngrößen und Einflussfaktoren Überordnete Kenngrö- Kriterien Bereiche Unterordnete Kenngrößen Einflussfaktoren ßen Gewinn Unternehmergewinn Produktionsumfang , Einzelleistungen (erzielter DB) Nettorentabilität Feste Kosten, Pachten, Zinsen, Neutrale Erträge und Betriebsbereich Betriebseinkommen Relative Faktorentlohnung Aufwendungen, Vermögensbewertung (Höhe von Arbeitseinkommen Zins und Lohnansatz) Rentabilität Erzielter Deckungsbeitrag Leistungen Naturalerträge (DB) Variable Kosten Natürliche Mengen der Produktionsfaktoren Teilbereiche Anteilige Festkosten Preise der Produkte und Produktionsmittel Vergleichswert Faktorkosten (Lohnansatz, Zinsansatz) Kalkulationszinsfuß

Eigenkapitalveränderung Höhe und Konditionen von Verbindlichkeiten Relation zwischen gesamten bzw. kurzfristigen Ver- Gewinn (siehe Rentabilität), Einlagen & bindlichkeiten und Eigenkapital Vermögensbereich Fremdkapitaldeckung Entnahmen Scheingewinne (Inflationsrate, Ersatzbeschaffungen und Abschreibungen, Veränderung der Eigenkapital- Stabilität Anlageintensität ausstattung)

Gewinnrate Gewinn/Betriebszweckertrag x100 % Produktions-, Markt- und Investitionsrisiko, Produk- Einkommensbereich tionsrichtung Deckungsbeitragsrate Deckungsbeitrag/Marktleistung x100 % Zeitpunkt von Investitionen, Kapitaldecke

Langfristige Kapitaldienstgrenze Eigenkapitalbildung + Zinsen (KDG) Nachhaltige (mittelfristi- Eigenkapitalbildung+ Zinsen + ggf. verfügba- Liquidität Zeitraumliquidität siehe Rentabilität und Stabilität ge) KDG re Abschreibung (neue Gebäude)

Kurzfristige KDG Eigenkapitalbildung+ Zinsen + Abschreibung

Quelle : Vergl. nach KUHLMANN (2007); MUßHOFF & HIRSCHAUER (2011); STRÖBEL ET AL. (2013); STRÖBEL (1987)

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Abbildung 11: Systemstruktur von MAX und BEP

M A X

B E P

Quelle: STRÖBEL ET AL. (2013) Der Deckungsbeitrag (DB) ergibt sich aus der Differenz zwischen der Marktleistung eines Produktionsverfahrens und seinen tatsächlichen zuteilbaren variablen Kosten (ALSING 1992 112). Der DB wird in der vorliegenden Arbeit nach der Praxismethode basierend auf dem Grenzwertprinzip gerechnet (DABBERT & BRAUN 2009), die für die Konstatierrech- nung (Betriebsvoranschlag) angewendet wird. Die Methode Konstatierrechnung steht für

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vereinfachte Planungsverfahren (Programmplanung I) und Wirtschaftlichkeitsrechnungen zum Betriebsentwicklungsplan zur Verfügung (DABBERT & BRAUN 2009; SCHLAUDERER 2006). In der Berechnung des DB in MAX nach der Praxismethode werden die Marktleis- tung, ggf. ein geschätzter Wert von Binnenleistungen und die proportional variablen Kos- ten ohne Kosten für Zinsanspruch für Umlaufvermögen, Lohnansprüche und Pachten be- trachtet. Die Marktleistung, variable Kosten, Fest- und Gemeinkosten sowie Kosten für eingesetzte Fremd- und Eigenfaktoren in den untersuchten Betrieben sind wie in der fol- genden Tabelle 11 schematisch dargestellt angesetzt worden. Tabelle 11: Schematische Darstellung der Marktleistung und Kosten Milch /Milchprodukte Marktleistung Fleisch (Lamm/Kalb/Zicklein, Alttier) Wolle Bestandsergänzung Futtermittel Variable Kosten Variable Maschinenkosten Sonstige variable Kosten Fest- und Gemeinkosten darunter Abschreibungen und Unterhalt vorhandener Gebäude Feste Sachkosten Abschreibung vorhandener Maschinen Lohnunternehmer, Maschinenmiete Treib- und Schmierstoffe Variable Spezialkosten/Gemeinkosten* Hirtentierkosten Sonstige Allgemeine Betriebsversicherungen Sonstige Fest- und Gemeinkosten* Betriebssteuern und Lasten Landw. Berufsgenossenschaft Buchführung und Betriebsberatung etc. Lohnkosten Löhne mit Nebenkosten Pachtkosten Pachtaufwand für landw. Nutzfläche Zinskosten Zinsaufwand für Darlehen Zinsansatz Faktorkosten/Opportunitätskosten Lohnansatz Pachtansatz *Soweit ist vorhanden und nicht bereits in DBs berücksichtigt Quelle: Eigene Darstellung aus BEP Aus dem Deckungsbeitrag muss zudem die Entlohnung der betriebseigenen Faktoren, also der Verzinsung des Eigenkapitals einschließlich eigener Flächen, dem Lohnansatz für ei- gene Familienarbeitskräfte (Fam. AK) sowie dem Lohnansatz für die unternehmerische Leistung des Betriebsleiters geleistet werden. Als Restgröße verbleibt der kalkulatorische Gewinn des Unternehmens (KUHLMANN 2007; ODENING & BOKELMANN 2000; KAY ET AL. 2012; DABBERT & BRAUN 2009) Die Marktleistung und bestimmte variable Kosten werden von der Autorin jeder Tierart zugeordnet und im Deckungsbeitrag der Tierhaltungsverfahren angerechnet. Jedoch wer- den vereinfachend bestimmte variable Spezialkosten anstatt im Deckungsbeitrag unter den Fest-/Gemeinkosten aufgeführt. Dieser Rechnungsverfahren ist für die vorliegende Arbeit

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optimal, weil eine Zuteilung der oben genannten Variablen Spezialkosten zwar möglich, aber mit großem Aufwand verbunden ist, und die damit verbundenen Fehler gering blei- ben. In der Beschreibung der Betriebe ist die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Tierverfahren zu charakterisieren, insbesondere in ihrer Bedeutung als Indikator für die effiziente Verwer- tung wirtschaftseigener Futterstoffe. Um den Umfang der Tierhaltung in den Betrieben in einer einzigen Zahl in MAX zusammenfassen zu können, wurde die Großvieheinheit (GVE) wie in EU-Ländern verwendet und daher alle Angaben zur wirtschaftlichen Tragfä- higkeit in dieser Arbeit in GVE angegeben. Die Großvieheinheit bezieht sich auf ein Le- bendgewicht von 500 kg. Die Umrechnung des Tierbesatzes auf GVE wird nach dem durchschnittlichem Lebendgewicht vorgenommen (BÄURLE 2012). Dabei wird für jeden Betrieb nach seinen Angaben zum durchschnittlichen Lebendgewicht seiner Tiere der Um- rechnungsfaktur in GVE betriebsindividuell festgelegt. Die Umrechnungszahlen im Durch- schnitt aller Betriebe sind in der Tabelle 12 aufgeschlüsselt. Tabelle 12: Umrechnung des Tierbestands in Großvieheinheiten Lebendgewicht (in kg) GVE Tierart, Stück nach durchschnittlichem Min. Max. Mittel Lebendgewicht Mutterschaf 35 50 40 0,08 Jungschaf/Zutreter 30 40 35 0,07 Bock 45 60 50 0,10 Ziege 25 35 30 0,06 Kuh 250 400 350 0,70 Färse 200 350 300 0,60 Bulle 350 500 400 0,80 Quelle: Eigene Darstellung Die wichtigsten Kennzahlen der Deckungsbeitragsrechnung (Leistungen, variable Kosten, Umlaufvermögen. Gesamtgroßvieheinheit etc.) wurden in MAX zusammengestellt. Aus der Summe der Einzeldeckungsbeiträge ergibt sich multipliziert mit den jeweiligen Um- fängen der Produktionsverfahren der Gesamtdeckungsbeitrag. Eine analoge Rechnung zum Gesamtdeckungsbeitrag wird für das gesamte Umlauf- und Viehvermögen und sowie für die gesamten variablen Kosten in MAX durchgeführt. Für die weitere Betriebsanalyse ste- hen diese Daten somit zur Verfügung. Alle Kosten, die nicht in die Deckungsbeitragskal- kulationen eingehen, werden nachträglich in der BEP (Betriebsanalyse) berücksichtigt. BEP ist mit MAX verknüpft, von dem der Gesamtdeckungsbeitrag und das Umlaufvermö- gen übertragen wird. Insgesamt beinhaltet die BEP (Betriebsanalyse) folgende Berechnun- gen und Kennzahlen:  Grunddaten (Angaben zum Betrieb, Planungsperiode etc.),  Ausstattung mit Produktionskapazitäten und deren Nutzung (Fläche, Arbeitskräfte),  Investitionsplan, Finanzierungsbedarf und Finanzierungsmittel,  Verbindlichkeiten,  Betriebserfolg (Gesamtdeckungsbeitrag, Fest- und Gemeinkosten, Betriebsein- kommen, Gewinn, Unternehmergewinn, sowie Nettorentabilität),  Faktoren (Vermögen und Kapital, Einsatz von Boden und Arbeit; Nutzungskosten des eigenen Bodens und eigener Arbeit),

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 Faktorentlohnung (Kapital, Boden und Arbeit),  Stabilität und Liquidität (Eigenkapitelveränderung, Fremdkapitalanteil, Anlagein- tensität und Kapitaldienstgrenzen (KDG)) ,  Abschreibungsrechnung für Gebäude, bauliche Anlagen und Maschinen sowie Ge- räte. Die verfügbare Arbeitskapazität der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe wird in einer möglichst allgemein anwendbaren Maßeinheit ermittelt, als Stundenleistung (h) der Arbeitskräfte (AK) angegeben wird (AKh) und in dem BEP-Arbeitsblatt „Grunddaten“ erfasst. Dabei entspricht 1 AK einer voll leistungsfähigen männlichen oder weiblichen Per- son, die ganzjährig im Betrieb tätig ist (BLOHM 1964; ALBRECHT 2013). Die Ermittlung der Arbeitskapazität der untersuchten Betriebe erfolgt unter Berücksichtigung der Leis- tungsfähigkeit basierend auf der Altersstruktur der Erwerbstätigen, wie in der Tabelle 13 dargestellt. Tabelle 13: Bewertung der Arbeitskräfte nach Altersstruktur Erwerbstätige Arbeitskrafteinheit (AKE) 1 Mann 1 1 Frau 1 1 Jugendliche/Jugendlicher (14-16 Jahre) 0,5 1 Kind (10-14 Jahre) 0,25 1 Altenteiler (über 65 Jahre) 0,25 Quelle: Vergl. BLOHM (1964)

3.4.4 Rentabilität Mit der Rentabilitätsanalyse wird festgestellt, ob in den untersuchten Betrieben ein ange- messenes Entgelt für die eingesetzten eigenen Produktionsfaktoren erzielt wird und in wel- chen schwächeren Bereichen Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Rentabilität gegeben sind (MUßHOFF & HIRSCHAUER 2011; ODENING & BOKELMANN 2000; SCHLAUDERER 2006). Im Folgenden werden in Anlehnung an KUHLMANN (2007) die wichtigsten be- triebswirtschaftlichen Kenndaten zur Beurteilung der Rentabilität eines gesamten Betriebes vorgestellt. Sie spiegeln die Ist-Situation in den Bereichen der Schaf-, Ziegen- und Rinder- haltung wieder. Die methodische Berechnung der Kennzahlen der Rentabilität ist in fol- gender Abbildung 12 schematisch dargestellt. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeit nach ausgewählten Kennzahlen (Abb. 12) werden je Betrieb und Muttertierverfahren dargestellt. In der Darstellung vom wirtschaftlichen Er- gebnisse je Betrieb sind alle Leistungen und Kosten gesamt dargestellt.

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Abbildung 12: Berechnung der Kennzahlen von Rentabilität (schematische Darstellung) Marktleistung

-Variable Kosten = Deckungsbeitrag

Sach- - = Betriebseinkommen kosten Festkosten

Löhne - Pacht- =Gewinn kosten

e- - Faktorkosten winn* U- G

*U-Gewinn = Unternehmergewinn Quelle: DABBERT & BRAUN (2009), MUßHOFF (2013) und ODENING & BOKELMANN (2000) Das Betriebseinkommen ist das zentrale Maß für die wirtschaftlich-technische Effizienz eines Betriebes. Es steht für die Entlohnung der gesamten im Betrieb eingesetzten (eigenen und fremden) Faktoren Boden, Kapital und Arbeit zur Verfügung und stellt damit den Bei- trag des Betriebes zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung dar. Der Gewinn ist definiert als das Entgelt für die betriebseigenen Faktoren Eigenarbeit und Eigenkapital. Er errechnet sich, indem entweder von Deckungsbeitrag alle Fest- und Ge- meinkosten oder von der Marktleistung alle Kosten außer den Faktorkosten abgezogen werden. Bei der Berechnung des Unternehmergewinns und der Nettorentabilität sind die Faktor- kosten wesentlich. Unter Berücksichtigung alternativer Faktoreinsatzmöglichkeiten kann somit beurteilt werden, ob die betriebseigenen Faktoren wirtschaftlich genutzt werden. Ein wichtiges Konzept ist dabei das der Faktorkosten: es beinhaltet den Zinsansatz für das Ei- genkapital, den Lohnansatz für die eigene Arbeit sowie den Pachtansatz für die eigene Flä- che. Der Zinsansatz misst die Verzinsungsanforderung in einem Betrieb und lässt sich mit fol- gender Formel berechnen:

Aktiva + Boden (nur Eigentumsfläche) + Anlagevermögen im Durchschnitt Gebäude Maschinen, Geräte + Umlauf- und Viehvermögen im Durchschnitt = Vermögen insgesamt im Durchschnitt der Planungsperiode Passiva - Fremdkapital im Durchschnitt der Planungsperiode - Sonstiges Fremdkapital = Eigenkapital im Durchschnitt der Planungsperiode Zinsansatz für Eigenkapital: Eigenkapital im Durchschnitt der Planungsperiode x % Der Unternehmergewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen Unternehmenser- trag/Erlös und Unternehmensaufwand/Kosten, welche aus den Gewinn- und Verlustrech- nungen ermittelt werden. Der Unterschied zwischen Unternehmergewinn und Gewinn be-

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steht in der Berechnung der Opportunitätskosten für die eingesetzten eigenen Produktions- faktoren „Kapital“, „Arbeit“ und „Fläche“ (KAY ET AL. 2012; KUHLMANN 2007 247). Die Nettorentabilität gibt Auskunft darüber, ob die unterstellten Entlohnungsansprüche für Eigenkapital und nichtentlohnte (Familien-)Arbeitskräfte gedeckt sind und darüber hinaus ggf. noch ein Überschuss erzielt wird. Dieser Überschuss kann als die Entlohnung der unternehmerischen Tätigkeit (des dispositiven Faktors) betrachtet werden. In der Lite- ratur werden für ihn verschiedene Bezeichnungen verwendet: Unternehmergewinn, kalku- latorischer Unternehmerlohn, kalkulatorisches Ergebnis, Net Profit). Als Relativzahl kann die Nettorentabilität aus dem Verhältnis des Gewinns zu den kalkulatorischen Kostenan- sätzen für die eigenen Faktoren mit folgender Formel ermittelt werden (BLANCK & BAHRS 2010, 2011): Gewinn / Zinsansatz für Eigenkapital + Lohnansatz für nichtentl. (Fam.-)AK+ Pachtansatz = Nettorentabilität Wenn das Verhältnis über eins oder 100 % liegt, bedeutet dies, dass die kalkulatorischen Kosten für die eingesetzten Faktoren durch den Gewinn zu decken sind und ein Über- schuss (die Entlohnung der Betriebstätigkeit) erzielt wird. Falls die Nettorentabilität gleich eins oder 100 % beträgt, ist der Unternehmergewinn eines Betriebs gleich null. Bei einer Nettorentabilität zwischen 80 und 100 % wird konventionell von einem noch akzeptablen Zustand gesprochen, der jedoch eine Prüfung der Stabilitäts- und Liquiditätskennzahlen verlangt. Eine Nettorentabilität von unter 80 % wird als klare Unwirtschaftlichkeit angese- hen (BLANCK & BAHRS 2011; SCHLAUDERER 2006). Die relative Faktorentlohnung oder Wertschöpfungsrentabilität bringt zum Ausdruck, inwieweit das Betriebseinkommen ausreicht, um die Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital zu entlohnen (ROST ET AL. 2000). In der vorliegenden Arbeit werden die Wert- schöpfungsrentabilität der Arbeit und des Kapitals analysiert und bewertet. Die Faktorent- lohnung für die Arbeit zeigt auf, welches Einkommen aus dem Arbeitseinsatz erwirtschaf- tet wird und im welchen Verhältnis dieses zur Anzahl der eingesetzten Arbeitskräfte steht. Nichtentlohnte Arbeitskräfte sind dabei alle jene, die ihr Einkommen aus dem Gewinn beziehen. Das Arbeitseinkommen zur Bewertung der Wertschöpfungsrentabilität der Ar- beit wird wie folgt berechnet:

Entlohnung der Arbeit Gewinn – Zinsansatz für eigenes Kapital – Pachtansatz für die eigene Fläche = Arbeitseinkommen der nichtentlohnten Arbeitskräfte (Fam. AK) / Eingesetzte nichtentlohnte Arbeitskräfte (in AK) = Arbeitseinkommen je nichtentlohnte Arbeitskraft (Fam. AK) + Fremdlöhne (inklusiv Lohnnebenkosten) = Arbeitseinkommen aller eingesetzten Arbeitskräfte / Eingesetzte Arbeitskräfte insgesamt (in AK) = Arbeitseinkommen je Arbeitskraft

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Die Faktorentlohnung bzw. Verzinsung des Kapitals errechnet sich analog wie folgt:

Gewinn – Lohnansatz für nichtentlohnte Arbeitskräfte - Pachtansatz für eigene Flächen = Ertrag des eingesetzten Eigenkapitals / Eingesetztes Eigenkapital (in Ø) = Verzinsung des Eigenkapitals (in %) + Zinsaufwand = Ertrag des eingesetzten Besatzkapitals / Eingesetztes Gesamtkapital (in Ø) = Verzinsung des Gesamtkapitals (in %)

3.4.5 Stabilität Die Stabilitätsanalyse ermittelt, ob ein Betrieb in der Lage ist, Rentabilität und Liquidität auch beim Eintritt unvorhergesehener Risiken zu erhalten und langfristig zu sichern. In der vorliegenden Arbeit wird die Stabilität der untersuchten Betriebe anhand der ausgewählten Kennzahlen sowohl im Vermögensbereich als auch im Einkommensbereich analysiert. Die relevanten Kennzahlen im Vermögensbereich sind die Eigenkapitalveränderung, die Anlagenintensität sowie der Fremdkapitalanteil und die Fremdkapitaldeckung (MUßHOFF & HIRSCHAUER 2011 100–102; BESTMANN 2013). Die zentrale Kennzahl ist die Eigenkapi- talbildung nach folgender Formel (KRÜMMEL 2006):

ࡱ࢏ࢍࢋ࢔࢑ࢇ࢖࢏࢚ࢇ࢒࢈࢏࢒ࢊ࢛࢔ࢍ ൌ ࡳࢋ࢝࢏࢔࢔ ൅ ࡱ࢏࢔࢒ࢇࢍࢋ࢔ െࡱ࢔࢚࢔ࢇࢎ࢓ࢋ࢔

Die Eigenkapitalbildung ist die Voraussetzung vor allem für die Durchführung von Investi- tionen in Verbindung mit Fremdkapital und für die Tilgung der Verbindlichkeiten. Als zweite Kennzahl der Stabilität im Vermögensbereich wird die Anlagenintensität aus- gewählt, die sich aus dem Verhältnis des abnutzbaren Anlagevermögens zum Gesamtver- mögen ergibt. Die Anlagenintensität gibt Auskunft über die Anpassungsfähigkeit eines Betriebs an sich ändernde Produktionsbedingungen. Im kapitalintensiven Gewerbe liegt die Quote etwa bei 30 % (HEESEN 2014). Eine hohe Anlageintensität bedeutet für einen Be- trieb ein höheres Risiko. Die Stabilität im Einkommensbereich wird durch die Kennzahlen Gewinn- und De- ckungsbeitragsrate erfasst. Die Gewinnrate ergibt sich aus dem Verhältnis des Gewinns zum Betriebsertrag (KRÜMMEL 2006) und ist ein wichtiges Maß dafür, in welchen Berei- chen der Betriebsertrag aufgrund von Produktions-, Preis- und Investitionsrisiken schwan- ken darf, ohne dass ein Betrieb in den Verlustbereich gerät. Die Deckungsbeitragsrate gibt den Anteil des Gesamtdeckungsbeitrags eines Betriebs am Betriebsertrag an (KOSCHNICK 2009 593). Beide Kenngrößen zeigen an, wie effizient ein Betrieb bewirtschaftet wird und wie leicht er eine Krisenzeit überstehen kann.

3.4.6 Liquidität Liquidität bedeutet, bestehenden Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachkommen zu können. Dabei wird zwischen Zeitpunktliquidität und Zeitraumliquidität unterschieden. In

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der vorliegenden Untersuchung wird mit der letzteren gearbeitet. Sie ist deshalb wichtig, weil mit ihr die Ein- und Auszahlungen eines Zeitraums, zum Beispiel des Wirtschaftsjah- res einander gegenübergestellt und somit Überschüsse oder Defizite an seinem Ende iden- tifiziert werden können (KRÜMMEL 1977, 2006; MUßHOFF & HIRSCHAUER 2013). Als Kennzahl der Zeitraumliquidität wird für alle Betriebe die Kapitaldienstgrenze (KDG) aus- gewählt. Die Kapitaldienstgrenze wird wie folgt berechnet:

Eigenkapitalbildung – ggf. Risikoabschlag (5-10 % vom Roheinkommen) + bestehende Zinsen (die bei der Gewinnermittlung bereits als Aufwand berechnet wurden) = Langfristige Kapitaldienstgrenze (=Zinsbelastungsgrenze) + Abschreibungen für neu(er)e langfristige Anlagegüter (Gebäude, Dauerkulturen, Melioration) = Nachhaltige Kapitaldienstgrenze + Übrige Abschreibungen + ggf. außerbetriebliche Mittel = Kurzfristige Kapitaldienstgrenze (aktuelle KD-Fähigkeit)

KDG spielt eine wichtige Rolle zur Sicherung der Liquidität bei bevorstehenden Investiti- onen mit Fremdkapitaleinsatz. Es sind drei Arten von KDG zu unterscheiden: langfristig, nachhaltig/mittelfristig und kurzfristig. Um Aussagen über die Liquidität treffen zu können, wird die langfristigste KDG herange- zogen. Sie soll zur Deckung des künftigen Kapitaldienstes, das heißt der bestehenden, der zusätzlichen und der nachhaltig zu erwartenden Eigenkapitalbildung ausreichen. In der vorliegenden Arbeit wird noch ein Risikoabschlag in Höhe von etwa 10 % des Betriebs- einkommens angesetzt. Da in der Eigenkapitalbildung die bestehenden Zinsen abgezogen sind, werden sie für die Berechnung der Kapitaldienstgrenzen zunächst wieder hinzuge- zählt. Neben der Kapitaldienstgrenze wird deren Ausschöpfung in den Betrieben bewertet. Die Ausschöpfung der Kapitaldienstgrenze wird mit folgender Formel berechnet:

Bestehender Kapitaldienst (KD) / Kapitaldienstgrenze (langfristig, nachhaltig, kurzfristig) × 100 = Ausschöpfung der Kapitaldienstgrenze (langfristig, nachhaltig, kurzfristig)

Bestehen in einem Betrieb bereits Verbindlichkeiten, kann aus den jeweiligen Kapital- dienstgrenzen die Kapitaldienstreserve für neue Verbindlichkeiten abgeleitet werden:

Kapitaldienstgrenze (langfristig, nachhaltig, kurzfristig) – Kapitaldienst = Kapitaldienstreserve (langfristig, nachhaltig, kurzfristig)

Die Kapitaldienstreserve für neue Verbindlichkeiten kann auch über eine Relativzahl aus- gedrückt werden, die den bestehenden Kapitaldienst ins Verhältnis zu den Kapitaldienst- grenzen setzt. So wird die Ausschöpfung der Kapitaldienstgrenzen durch die bestehenden Verbindlichkeiten angegeben (DABBERT & BRAUN 2009; MUßHOFF & HIRSCHAUER 2013; ODENING & BOKELMANN 2000).

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3.5 Szenarien-Rechnungen Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist nicht nur, die wirtschaftliche Lage der untersuchten Betriebe zu dokumentieren. Vielmehr gilt es auch, Perspektiven für deren Verbesserung auszuloten. Jahrelange Beobachtungen der Viehhaltung und Untersuchungen in Aserbai- dschan und deren Entwicklung in den vergangenen Jahren führen zu dem Schluss, dass solche Perspektiven vor allem auf den Gebieten der Investition, der kooperativen Zusam- menarbeit sowie der Verbesserung der Veterinärhygiene bestehen (NEUDERT & ALLAH- VERDIYEVA 2009a; b; NEUDERT 2015). Entsprechend sind Szenarien zu entwickeln, in de- nen solche Initiativen hinsichtlich ihres Einflusses auf wirtschaftliche und organisatorische Indikatoren untersucht werden. Diese können nicht für einzelne Betriebe durchgeführt werden, vielmehr sind wiederum Typen zu bilden, die nachfolgend und später im Kapitel 9 Modellbetriebe genannt werden. Für ihre Bildung wird ausschließlich die Betriebsgröße herangezogen, während die in der Abbildung 9 im Kapitel 3.4.1 beschriebenen unter- schiedlichen Organisationsformen und der Fernweidewirtschaftsformen hierbei keine Rolle spielen. Mithilfe von Vergleichen zwischen der bestehenden Situation und den Ergebnissen der Szenarien-Rechnungen der Modellbetriebe werden Vorschläge und Empfehlungen zur Verbesserung der mobilen Tierhaltung erarbeitet, die im Kapitel 10 ausführlich dargestellt werden.

3.5.1 Modellbetriebe Zwecks Analyse der weiteren theoretischen Entwicklungsmöglichkeiten für die Wander- schafhaltungsbetriebe werden zwei Modellbetriebe basierend auf dem Median mit realen Daten der mittleren und kleineren Größenklasse gebildet. Die Modellbetriebe sollen die Situation insbesondere in der Region Gandja-Gasach möglichst gut repräsentieren, aber darüber hinaus auch Aussagen zur generellen Entwicklung der Wanderschafhaltung erlau- ben. Es werden die Auswirkungen von Investitionen in verschiedenen Szenarien berechnet, und zwar jeweils für die Fälle ohne und mit zwischenbetrieblicher Kooperation. Zusätzlich wird ein Szenario betrachtet, in dem eine Kooperation, jedoch ohne Investitionen stattfin- det und es werden die Auswirkungen einer Kooperation im Bereich der Veterinärhygiene untersucht. Die Auswahl der Modellbetriebe rechtfertigt sich damit, dass mittlere Be- triebsgrößen aller Voraussicht nach am meisten von kooperativer Zusammenarbeit profitie- ren. Sehr große Betriebe brauchen sie nicht, während zu kleine durch sie lebensfähiger werden. Die Szenarien-Rechnungen beinhalten die Darstellung von:  Auswirkungen von Großinvestitionen (Neubau von Stall und Futterlager; Anschaf- fung neuer Maschinen) im Rahmen der Betriebsplanung,  der Finanzierbarkeit des Kapitaldienstes im Zuge der Aufnahme von Fremdkapital,  der Wirtschaftlichkeit (Rentabilität, Stabilität und Liquidität) bei langfristiger Pla- nung,  Auswirkungen der ausgewählten Form der Zusammenarbeit. Es wird angenommen, dass in den Modellbetrieben die vorgenommenen Investitionen zu 100 % durch Fremdkapital mit 7 % Zins finanziert werden. Dafür können die Modellbe-

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triebe das „Kreditprogramm für den ländlichen Bereich; Produktion und Verarbeitung sowie Kreditgenossenschaften“ des Nationalen Fonds zur Unternehmensförderung und der staatlichen Agentur für Agrarkredite des Landwirtschaftsministeriums mit vergünstigen Bedingungen zur Entwicklung der Landwirtschaft nutzen. Zudem sind als dingliche Siche- rung die entsprechenden Tierbestände anzunehmen. Da in aserbaidschanischen Banken die Kreditvergabe meist mit Annuitätendarlehen durch- geführt wird, werden die vorgenommenen Investitionen in der vorliegenden Arbeit für die Modellbetriebe als Annuitätendarlehen berechnet. Beim Annuitätendarlehen errechnet sich der Tilgungsanteil aus der Differenz zwischen Kapitaldienst (konstante Annuität gemäß Annuitätenfaktor) und dem Zins. Die Annuität und der Annuitätenfaktor errechnen sich gemäß der folgenden Formeln:

A = K0 * ANFn, i i = Zinssatz n= Laufzeit

K0= Kreditsumme A= Annuität/Kapitaldienst ANFn, i=Annuitätenfaktor (WÖLTJE 2012) Das Annuitätendarlehen ist mit Vor- und Nachteilen für den Kreditnehmer verbunden. Vorteile sind:  Ein gleichbleibender Kapitaldienst (Zins + Tilgung),  Eine geringe Anfangsbelastung,  Die Möglichkeit, innerhalb der Kapitaldienstgrenze mehr Fremdmittel aufzuneh- men,  Eine höhere Durchschnittsverschuldung ist bei zinsgünstigen Darlehen günstiger (SCHÜLER 2014). Die Nachteile von Annuitätendarlehen sind höhere Zinssummen, die umso größer sind, je höher der Zinssatz und je länger die Laufzeit ist. Der Gesamt-Finanzierungsbedarf oder Kreditbetrag für ein Investitionsszenario eines Mo- dellbetriebs wird mit folgender Formel berechnet:

”‡†‹–„‡–”ƒ‰ ൌ  ˜‡•–‹–‹‘•„‡–”ƒ‰ ൅൫ ˜‡•–‹–‹‘•„‡–”ƒ‰šͲǡʹͷΨ൯ ൅ ሺ ˜‡•–‹–‹‘•„‡–”ƒ‰ ൅ ൫ ˜‡•–‹–‹‘•„‡–”ƒ‰šͲǡʹͷΨ൯š͵Ψሻ

In der Formel sind 0,25 % des Investitionsbetrages für die unvorhergesehenen Kosten und zusätzlich 3 % für zusätzlichen Finanzbedarf durch Inflation eingeschlossen. In der vorlie- genden Arbeit beträgt der angenommene Kalkulationszinsansatz für Eigenkapital 10 % und der für Fremdkapital 7 %.

3.5.2 Analyse des Erfolgs der Szenarien In den Szenarien -Rechnungen kommen alle Begriffe und Konzepte zur Anwendung, die im Kapitel 3.4 ausführlich diskutiert wurden, wie in folgender Übersicht noch einmal zu- sammengestellt. 51

Rentabilität Stabilität Liquidität

•Gewinn •Fremdkapital •Kapitaldienstgrenze (KDG) •Arbeitseinkommen •Fremdkapitaldeckung •Kapitaldienstreserve •Nettorentabilität • Anlagenintensität •Ausschöpfung der KDG

Es wird geprüft, wie sich diese Größen entwickeln und wie insbesondere kritische Kenn- zahlen wie die Kapitaldienstgrenze belastet werden, wenn die oben genannten Investitio- nen durchgeführt werden. Bestehen auch an der technischen Vorteilhaftigkeit und der lang- fristigen Notwendigkeit der Investitionen keine Zweifel, so müssen sie doch betriebswirt- schaftlich und unter Berücksichtigung der Belange von Stabilität und Liquidität realisierbar sein. Bei der Beurteilung von Investitionen kommt nicht die dynamische, sondern allein die statische Methode zur Anwendung, bei der von den Wirkungen, die die Diskontierung ausübt, abgesehen wird. Kosten und Leistungen zählen also gleich, auch wenn sie zu ver- schiedenen Perioden anfallen. Das ist einerseits bei den relativ hohen Geschäftszinsen in Aserbaidschan nicht ganz unproblematisch, rechtfertigt sich jedoch mit der außerordentli- chen Vereinfachung der Rechnungen und damit, dass Investitionen mit extrem langen Le- benszeiten keine bedeutende Rolle spielen. Sämtliche Berechnungen zu den Szenarien fin- den sich im Kapitel 9.

3.5.3 Vergleich der Ergebnisse Ein Vergleich der Betriebspläne der Modellbetriebe nach den Kriterien der Rentabilität, der Stabilität und der Liquidität soll wichtige Hinweise auf die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile der geplanten Maßnahmen geben. Es werden der Einfluss der geplanten Maß- nahme auf die Faktorentlohnung, Eigenkapital- und Einkommensentwicklung, Finanzkraft und Kapitaldienstbelastbarkeit etc. geprüft. Es werden folgende Maßnahmen anhand der Modellbetriebe miteinander verglichen:  Individuelle Investition vs. Ist-Situation,  Investition in Kooperation vs. Ist-Situation,  Investition mit und ohne Kooperation,  Tierarztgemeinschaft vs. Ist-Situation. Anhand der Betriebsanalyse von 120 Wanderschafhaltungsbetrieben für die Ist-Situation und den Szenarien-Rechnungen für die Modellbetriebe werden Vorschlägen und Empfeh- lungen zur Verbesserung der Fernweidewirtschaft erarbeitet (siehe Kapitel 10). Darüber hinaus wurden die Ergebnisse der Studie den Betriebsleitern in Seminaren mit Hilfe des Regionalen Beratungszentrum Gandja und der Agraruniversität in Gandja weitergegeben.

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4 Die Landwirtschaft in Aserbaidschan und in der Region Gandja-Gasach

4.1 Allgemeines Die Landwirtschaft ist in Aserbaidschan außerordentlich vielfältig und reicht von den Sub- tropen bis zur Tundra. So gibt es in den Regionen eine große Vielfalt an Produkten, insbe- sondere zahlreiche Obst- und Gemüsearten – im subtropischen Süden Zitrusfrüchte und Tee und in der Region Sheki-Zagatala Hasel- und Walnüsse sowie Edelkastanien (KESSLER 2001). In manchen Regionen sind bei einigen Früchten mehrere Ernten im Jahr möglich. Auf Grund der Dominanz des Erdölsektors und der zunehmenden Einseitigkeit der Wirt- schaftsstruktur nimmt zwar der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt des Landes seit 1995 ab (Tab. 14). Der dominante Erdölbereich erzielte im Jahr 2011 56,4 % des Bruttoinlandsprodukts (BARDT 2004; HUSEYN 2011; MURADOV 2012). Die Investitio- nen im gesamten Industriebereich betrugen im selben Jahr 41,9 % aller Investitionen ge- genüber nur 3,4 % in der Landwirtschaft (MURADOV 2012; STATE STATISTICAL COMMIT- TEE OF AZERBAIJAN 2016b). Tabelle 14: Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (1994-2011) Jahr Prozentanteil Jahr Prozentanteil 1994 32,9 2003 12,3 1995 27,2 2004 10,8 1996 27,5 2005 8,6 1997 21,6 2006 6,7 1998 18,7 2007 6,4 1999 18,4 2008 5,3 2000 15,9 2009 6,1 2001 14,7 2010 5,5 2002 13,8 2011 5,3 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Die Landwirtschaft besitzt aber nach wie vor eine enorme Bedeutung in sozio- ökonomischer Sicht. 47 % der Bevölkerung leben im ländlichen Raum und rund 37,9 % der Erwerbstätigen sind im Agrarbereich tätig (Abb. 13). Trotz dieser Zahlen erzielten Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei mit einem Produktionswert von 2,74 Mrd. AZN nur einem rechnerischen Anteil von 5,3 % der Bruttowertschöpfung (CBAR.AZ 2009). Auch die Löhne sind im Agrarbereich am niedrigsten und betrugen im Jahr 2011 durch- schnittlich 196,4 AZN je Arbeitskraft/Monat gegenüber 1.180,4 AZN im Industriebereich (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b) .

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Abbildung 13: Verteilung der a) Erwerbstätigen und b) Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftssektoren (2011)

Industrie 7,0% Andere Sektoren Andere Sektoren 42,6% 19,3% Baukonstruktion Landwirtschaft 8,2% 37,9%

Infromationen und Baukonstruktion Kummunikation Transport und Industrie 7,1% Transport und 1,3% Lager 54,6% Lager 6,6% Stuern Landwirtschaft 4,1% 6,0% 5,3% a) b)

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Die Region Gandja-Gasach nimmt hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung den zwei- ten Platz im Land ein und ist ein wichtiger Handels- und Verkehrsknotenpunkt an der „Großen Seidenstraße“ (FEIGL 2008; GUSEYNOV 2005). Insgesamt 12 % der Industriepro- duktion und 14 % der landwirtschaftlichen Produktion von Aserbaidschan werden in dieser Region erzielt. Sie stellt mit über 1,2 Mill. Einwohnern einen der größten Märkte im Land dar. Gandja-Gasach verfügt neben einer Vielzahl von Bodentypen über günstige klimati- sche Bedingungen sowohl für das menschliche Leben im Allgemeinen als auch speziell für die Landwirtschaft (LERMAN & SEDIK 2010). Den Einwohnern stehen wegen der günstigen Bedingungen viele Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung, insbesondere in der Schafhaltung offen. 21,5 % aller Schafe in Aserbaidschan, 17,5 % der Ziegen und 13,4 % der Rinder werden hier gehalten. 64 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Region werden als Weide bewirtschaftet, mehr als Hälfte davon von mobilen Viehhaltern. 54 % der Einwohner leben im ländlichen Raum, über 50 % sind in der Landwirtschaft beschäf- tigt. Zum regionalen Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 1.800,3 Mill. AZN trägt – abwei- chend vom oben genannten geringen Anteil auf nationaler Ebene – der Agrarbereich 25 % bei.

4.2 Landwirtschaftliche Nutzfläche

Mit 4,75 Mill. Hektar werden 55 % der Gesamtfläche des Landes landwirtschaftlich be- wirtschaftet. Hinzu kommen Waldflächen mit insgesamt 1,04 Mill. Hektar oder 12 % des Landes. 33 % der Landesfläche sind nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignet und werden unter sonstiger Fläche kategorisiert. Zur landwirtschaftlichen Nutzfläche in Aserbaidschan gehören Ackerland, Hofparzellen (Həyat yanı sahə), Weide, Wiese und Dauerkulturen, die je nach Spezialisierungsgrad drei unterschiedlichen Gruppen bilden:  Bewässerte landwirtschaftliche Fläche,  nicht bewässerte landwirtschaftliche Fläche (am Gebirgsfuß und in Mittelgebirge),

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 Weidegebiete. Die Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Land und an den Untersuchungs- orten ist in folgenden Tabelle 15 dargestellt. Tabelle 15: Verteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche (in 1000 Hektar)

Region Republik Gandja-Gasach Shamkir Tovuz Dashkasan Gedebey Gesamtfläche 8641,5 1228,7 165,7 194,2 104,7 123,3 Landwirtschaftliche Fläche 4785,2 776,9 123,8 109,3 60,2 76,3 Ackerfläche 1683,8 193,9 39,4 20,3 2,5 10,1 Dauerkulturen 166,3 4,4 0,4 0,7 0,1 -- davon Wiesen 110,6 34,7 2,3 3,4 9,9 9,5 Hofparzellen 224,8 42,5 8,8 7,4 1,6 5,7 Weiden 2599,6 501,4 72,8 77,5 46,1 51,0 Wald 1037,8 119,2 5,1 27,3 25,4 21,9 Sonstiges 2821,5 332,6 36,9 57,6 19,1 25,1 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von MAMMADOV (2007a) Die Region Gandja-Gasach ist landwirtschaftlich geprägt. Seine landwirtschaftliche Fläche hat den Anteil etwa 63,3 % Prozent der Gesamtfläche. 74,7 % der Gesamtfläche von Shamkir ist landwirtschaftliche Nutzfläche, 3 % Wald und 22,3 % nichtlandwirtschaftlichen Nutzfläche. 58,8 % der landwirtschaftlichen Fläche wer- den als Weide und 31,8 % als Ackerflächen verwendet. Die insgesamt landwirtschaftlich genutzte Fläche von Tovuz liegt bei über 109.305 Hektar, die mehr als die Hälfte der Fläche des Rayons bildet. 70,9 % der landwirtschaftlichen Flä- che stehen als Weide zur Verfügung der Viehhalter. Etwa 62 % der Gesamtfläche von Gedebey dienen zur Landwirtschaft. Der Rayon hat gu- tes Potential für die Landwirtschaft, insbesondere für die Viehhaltung, wobei 66,8 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche als Sommer- und Dorfweide zur mobilen und stationären Tierhaltung im Gebiet genutzt werden. Der Rayon Dashkasan hat wie Gedebey gute Voraussetzungen für die Entwicklung der Tierhaltung. Es werden 57,5 % seiner Gesamtfläche für landwirtschaftliche Zwecke ver- wendet, davon 76,6 % als Weide. Alle Äcker und Hofparzellen werden zur Pflanzenproduktion für Nahrungs- und Futter- zwecke verwendet. Die Hofparzellen sind private Flächen in Hausnähe. Die Bewirtschaf- tung der Hofparzellen – auch in der Sowjetzeit als private Landwirtschaft sehr bekannt (STADELBAUER 1991, 1987) – erfolgt in individueller Nutzung der Familien im ländlichen Raum. Sie betragen 0,02 bis 2 ha pro Familie und werden sehr intensiv bewirtschaftet. Die Hoflandwirtschaft spielt eine wesentliche Rolle bei der pflanzlichen Produktion. Die bewässerte landwirtschaftliche Fläche des Landes findet sich in der Tieflandebene (Aran zona) der Kura-Aras Niederungen und im Samur-Devetschi. Das trockenste Gebiet von Gandja-Gasach befindet sich ebenfalls hauptsächlich in der Kura-Niederung. Hier ist die künstliche Bewässerung unabdingbar für den Pflanzenbau. Das für die Bewässerung erforderliche Wasser wird meist aus natürlich vorkommenden Oberflächengewässern, wie Seen und Flüssen sowie auch dem Grundwasser mit Hilfe von Pumpen entnommen. In der Region Gandja-Gasach spielen die angelegten Stauseen Yenikend und Shamkir am Fluss

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Kura eine wichtige Rolle als Wasserspeicher sowohl für Ackerbau als auch für die Wan- derschafhaltung in der Cheyranchöl-Steppe. Aus der Tabelle 16 ist zu entnehmen, dass 29,7 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche im Land und 23,6 % von Gandja-Gasach mit von Bewässerung bewirtschaftet werden. Zur landwirtschaftlichen Bewässerungsfläche gehören Ackerflächen und Dauerkulturen sowie Hofparzellen. In den untersuchten Rayons ist der Ackerbau mit Bewässerung besonders in Shamkir und Tovuz weit verbreitet. Tabelle 16: Bewässerte Fläche in Aserbaidschan Region in Hektar Prozentanteil an landwirtschaftlicher Fläche

Republik 1.421.191 29,7 Gandja-Gasach 183.635 23,6 Shamkir 38.394 31,0 Tovuz 23.198 21,2 Gedebey 908 1,2 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von MAMMADOV (2007b) und STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Seit der Bodenreform im Jahre 1996 werden die landwirtschaftlichen Flächen nach ihrer Verwaltungsstruktur und der Eigentümerart in drei Kategorien eingeteilt (Tab. 17):  Staatliche Fläche ,  Fläche der Munizipalitäten (Bələdiyyə),  Private Fläche. Dem Staat gehören Sommer- und Winterweideflächen, Wanderwege für Nutztiere, Natur- schutzgebiete, Vorratsflächen und Wald. Zur Munizipalität gehören Flächen (Dorfweide, Wiese, Acker), die zu landwirtschaftlichen oder anderen geschäftlichen Zwecken an juris- tische oder physische Personen verpachtet werden können. Unter den privaten Flächen sind Ackerflächen, Hofparzellen, Dauerkulturen und Wiese. Bis zu 35 % der landwirtschaftli- chen Fläche im Land und 31 % in Gandja-Gasach sind im Privatbesitz. Tabelle 17: Verwaltungsstruktur der Fläche (in Hektar) Region Verwalter Gesamt Fläche Landwirtschaftliche Fläche ha % ha % Republik Staat 4919138 57 1956698 41 Munizipalität 2051378 24 1154507 24 Privat 1670990 19 1673995 35 Gesamt 8641506 100 4785200 100 Gandja-Gasach Staat 652606 53 276852 36 Munizipalität 330649 27 257766 33 Privat 245476 20 242298 31 Gesamt 1228731 100 776916 100 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von MAMMADOV (2007b) Die Privatisierung landwirtschaftlicher Flächen im Zuge von Agrarreform (1996), bei der jeder Einwohner Aserbaidschans ein kleines Stück zugesprochen bekam, hat eine starke Zersplitterung des Grundbesitzes zur Folge (WORLD BANK 2004, 2008; KUDAT & OZBIL- GIN 2000). Die durchschnittliche Fläche beläuft sich auf etwa 2,5 ha je Familie und liegt in einigen Regionen unter 1 ha. Die Mehrheit der Familien besitzen Äcker von höchstens 2 bis 5 Hektar (Abb. 14).

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Pro Einwohner beträgt die Landwirtschaftsfläche in Aserbaidschan 0,52 ha, darunter 0,18 ha privatisierte Ackerfläche. In der Region Gandja-Gasach liegen die Werte etwas höher mit 0,65 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche je Einwohner, davon 0,25 ha privatisier- te Ackerfläche. Abbildung 14: Anteil der Betriebe nach landwirtschaftlicher Flächengröße 45 39.1 40 35 30 25 20.6 20 15 11.4 10.1 10

Prozentenanteil der BetriebeProzentenanteil 5 2.5 1.2 0.4 0.3 0 0<1 1<2 2<5 5<10 10<20 20<50 50<100 >100 in Hektar

Quelle: THURMAN (2004)

4.2.1 Nutzungs- und Verwaltungsstruktur der Weideflächen Die Weidewirtschaft in Aserbaidschan mit verschiedenen Betriebssystemen hat eine lange Tradition. In vielen Gebieten des Landes befinden sich traditionelle Weideflächen, die seit Jahrhunderten zum Zweck der Fernweidewirtschaft genutzt werden. In der Abbildung 15 sind die traditionellen Weideorte und Wanderwege im Land dargestellt. Die untersuchten Weideorte der vorliegenden Arbeit sind mit einem roten Kreis gekennzeichnet. Aserbai- dschan hat eine Gesamtweidefläche (otlaq) von 2,60 Mill. Hektar, entsprechend 30 % des Landes und 54 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (KOSAYEV & GULIEV 2006). Gemäß Tabelle 18 teilt sie sich nach ihrer Nutzungsstruktur in drei Gruppen: Winterweide (qışlaq), Sommerweide (yaylaq) und Dorfweide (örüş5). Tabelle 18: Nutzungsstruktur der Weidefläche (in 1000 Hektar) Region Gesamtweidefläche Insgesamt Dorfweide Winterweide Sommerweide Republik 2599,6 1.065,6 1.256,8 277,3 Gandja-Gasach 501,4 243,4 203,4 54,6 Shamkir 72,8 36,4 36,4 -- Tovuz 77,5 40,5 30,3 6,7 Dashkasan 46,1 27,0 -- 19,1 Gedebey 51,0 32,2 -- 18,8 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von MAMMADOV (2007a)

5 Der Begriff Örüş wird für die gemeinnützige Dorfweide verwendet, die das ganze Jahr als Allmende be- weidet wird

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Die Sommerweiden Aserbaidschans (Bild 3) liegen in Hügelgebieten und im Hochgebirge des Kleinen Kaukasus im Westen, des Großen Kaukasus im Norden und des Talischgebir- ges im Süden des Landes. Die Dorfweiden umfassen 11 % der gesamten Weidefläche des Landes.

Bild 3: Sommerweidefläche in Kleinen Kaukasus, August 2008

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Abbildung 15: Traditionelle Weideorte und Wanderwege in Aserbaidschan und im Untersuchungsgebiet

Kaspisches a) Sommerweide des Großkaukasus Meer b) Sommerweide des Kleinkaukasus 1 c) Sommerweide der Talischgebirge

d h a d) Winterweide der Cheyranchöl-Steppe e) Winterweide der Gobustan-Steppe f) Winterweide der Shirvan-Steppe 2 Gəncə g) Winterweide der Mil - Mughan h) Winterweide der Achinohur-Steppe b i) Winterweide und Sommerweide in der Autono- f e men Republik Naxcivan

Quelle: verändert nach Aliyev u. a. (1965) und Peper g (2010)

g i i

c Sommerweide Wanderwege Winterweide

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Die Winterweidefläche des Landes beträgt 1,26 Mill. Hektar oder 48,3 % der Gesamtwei- defläche. Im Norden und Nordwesten schließen sie an die Bergketten des Großen Kauka- sus und seiner Vorgebirge in Form eines Steppenplateaus – Cheyranchöl und Achinohur (Acınohur) – an (Bild 4). Im Osten an der Küste des Kaspischen Meers liegt die Gobustan- (Qobustan) Steppe mit ihren zahlreichen Schlammvulkanen. Im Zentrum der Kura-Aras (Araz) Niederung befinden sich die Mil-Mugan- (Mil- Muğan) und die Shirvan- (Şirvan) Steppen.

Bild 4: Winterweidefläche in der Cheyranchöl-Steppe Die Dorfweide des Landes befindet sich in der Nähe der Dörfer und sind gesetzlich als Allmendeflächen zur gemeinsamen Nutzung der Dorfbewohner vorgesehen. Nach der der- zeitigen Praxis kann die Dorfweide jedoch auf zwei Arten genutzt werden: als Pachtweide und gemeinnützige Weide. Die gemeinnützige Weide wird hauptsächlich von stationären Tierhaltern entgeltfrei genutzt. Die Dorfweidefläche zur Pacht gegen Entgelt besitzt eine große Bedeutung für die mobile Tierhaltung (NEUDERT 2015; NEUDERT & RÜHS 2011). Aserbaidschan hat insgesamt eine Dorfweidefläche von 1,07 Mill. Hektar; diese bildet et- wa 41 % der gesamten Weidefläche, 22,3 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche und 12,3 % der Gesamtfläche des Landes. Zu Gandja-Gasach gehören 19,3 % der Gesamtwei- defläche des Landes, 64,5 % der landwirtschaftlichen Fläche und 41 % der gesamten Regi- onsfläche. Von den Winterweideflächen der Region Gandja-Gasach liegen 174.000 Hektar in der Cheyranchöl-Steppe; diese bildet 85,5 % der Winterweidefläche der Region und 14 % der Republik. Insgesamt 41,8 % (72.843 ha) der Winterweidefläche in der Cheyranchöl wer- den von den Rayons Tovuz (30.309 ha) und Shamkir (36.423 ha) verwaltet. In Shamkir werden 36.401 ha Dorfweiden in den Hügelgebieten auch von transhumanten Tierhaltern als Sommerweiden genutzt, weil dort keine Sommerweidefläche verfügbar ist. Im Unter-

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schied zu Shamkir besitzt Tovuz alle Arten von Weide; dort stehen 6652 ha Sommerweide und 40.530 ha Dorfweidefläche zur Verfügung (Tab. 16). In Gedebey und Dashkasan stehen keine Winterweideflächen zur Verfügung. In Gedebey werden 32.191 ha als Dorfweide und 18.768 ha als almwirtschaftliche Sommerweide ge- nutzt, die zusammen 67 % der landwirtschaftlichen Fläche bilden. 44 % der Gesamtfläche von Dashkesen besteht aus Weidefläche. Die Sommerweidefläche beträgt insgesamt 19.138 ha, hinzukommen 26.958Dorfweidefläche (Tab. 16). Bis 2006 hatte jeder Rayon das Recht, eigene und gepachtete Weideflächen zu verwalten. Shamkir und Tovuz hatten von Dashkesen und Gedebey Sommerweidefläche gepachtet und dagegen Winterweidefläche an sie verpachtet. Gedebey verwaltete daher insgesamt 40.000 ha Winterweideflächen in den Rayons Tovuz und Shamkir (AKHUNDOV 2011). Dies wurde im Jahr 2006 staatlicherseits aufgehoben (REPUBLIK ASERBAIDSCHAN 2004). Seitdem darf jeder Rayon nur die Weideflächen in seinem eigenen Territorium verwalten. Die Viehhalter von anderen Rayons dürfen mit behördlicher Genehmigung entsprechend ihrer Tieranzahl die Weidefläche pachten. Die Sommer- und Winterweiden der Republik bilden zusammen 59 % der Gesamtweide- fläche. Wie schon oben erwähnt, bleiben die Flächen in staatlichem Besitz. In der Region Gandja-Gasach werden 51 % der Gesamtweidefläche von jeweiligen lokalen Rayonver- waltungen verwaltet (Abb. 16). Demgegenüber hat der Staat hat keine Dorfweideflächen in seinem Besitz. Die Dorfweiden dürfen nur von lokalen Munizipalitäten verwaltet und ver- pachtet werden. Es befinden sich keine Weideflächen in privatem Besitz. Abbildung 16: Verteilung der Weidefläche nach Verwaltungsstruktur, (in %)

Staat Munizipalität 70 60 50 40

in % 30 20 10 0

Quelle: Eigene Darstellung nach (MAMMADOV 2007a) An der Verwaltung der Weideflächen sind abhängig von ihrer jeweiligen Art unterschied- liche Institutionen beteiligt (NEUDERT & RÜHS 2011). Verträge mit Viehhaltern für Som- mer- und Winterweideflächen unterliegen der Zuständigkeit der jeweiligen Rayonverwal- tung und dem regionalen Departement des Staatlichen Bodenkomitees. Für die Verpach- tung der Dorfweiden wird hingegen ein Vertrag zwischen dem Viehhalter und der Munizi- palität unter Beteiligung des regionalen Departements des Bodenkomitees geschlossen.

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Vor ihrem Abschluss werden die Verträge vom Justizministerium geprüft und erst nach dessen Genehmigung wirksam. Winter- und Sommerweiden werden langfristig mit Verträgen bis zu 15 Jahren verpachtet. Die Viehhalter sind verpflichtet, die Fläche entsprechend ihrer Bestimmung und Eigen- schaften zu bewirtschaften. Falls bei einer Kontrolle Unregelmäßigkeiten erkannt werden, wie z.B. die Haltung von mehr Tieren pro Hektar als erlaubt, eine Nutzung als Ackerfläche erfolgt, illegal Gebäude errichtet werden oder die Flächen unterverpachtet werden, wird der Vertrag sofort einseitig vom Verpächter, der Rayonverwaltung bzw. der Munizipalität gekündigt (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 1998; MAMMADOV 2002, 1998). Aufgrund der knappen Sommerweidefläche werden heute in Aserbaidschan zunehmend auch Dorfweiden als Sommerweide von mobilen Viehhaltern (Transhumante und Halbno- maden) mit einem Pachtvertrag für die Sommermonate über maximal fünf Jahre genutzt (Bild 5). Während die Dorfweide als Allmende den Bewohnern, die bis zu 100 Schafe ha- ben, unentgeltlich zur Verfügung steht, müssen Halbnomaden und Transhumante Tierhal- ter abhängig von den Entscheidungen der jeweiligen Dorfmunizipalitäten und Weidekapa- zitäten unterschiedliche Pachtzinsen zahlen. Im Allgemeinen sind diese Pachtzinsen für Dorfweiden höher als für Sommer- und Winterweiden. Die Flächen werden von Munizipa- litäten öffentlich ausgeschrieben und auf Auktionen versteigert. Die Viehhalter des Dorfes genießen Vorrang. Falls wenig Bedarf an gemeinschaftlicher Dorfweidefläche besteht, darf die Munizipalität die Fläche an Viehhalter des eigenen Dorfs und der Nachbardörfer oder Nachbarrayons verpachten. Die Viehhalter aus Nachbardörfern zahlen höhere Pachtpreise als die eigenen Dorfbewohner.

Bild 5: Von einem Transhumanz-Betrieb gepachtete und genutzte Dorfweide von Slavyanka

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4.2.2 Ökologische Probleme der Weiden Im diesem Abschnitt wird ein Überblick zu den Problemen der Weidenutzung des Landes aus ökologischer Sicht gegeben. Es sind hauptsächlich folgende Probleme zu nennen:  Unangepasstes Weidemanagement,  Überweidung, Degradierung und Erosion,  Knappheit der Sommerweiden. Zwar besitzen die Viehhalter aufbauend auf ihren Erfahrungen während der Planwirtschaft eine gute Allgemeinbildung und Kenntnisse zur Landwirtschaft im Generellen, jedoch sind ihre fachlichen und technischen Kenntnisse zur Weidewirtschaft meist begrenzt. Die Tiere werden von vielen jungen Viehhaltern ohne ökologisches Bewusstsein und ohne landwirt- schaftliche Ausbildung gehalten, was zur unangepassten Bewirtschaftung der Weideflä- chen führt. Untersuchungen in Aserbaidschan haben gezeigt, dass unangepasstes Weide- management eine Verschlechterung der Weidequalität verursacht (NEUDERT 2013; NEU- DERT ET AL. 2012; NEUDERT & RÜHS 2011), die in „Veränderungen der Artenzusammen- setzung, verringerter Bodenbedeckung und Erosionsprozessen sichtbar“ ist (NEUDERT 2015). Nur wenige ältere Personen besitzen detaillierte Kenntnisse über Erträge, Qualitäten und Kapazitäten der Weiden. Die Weiden und Wiesen des Landes stellen zwei Drittel des Fut- ters der Tiere bereit. Über 50 % des gesamten Schaf-, Ziegen- und Jungrinderbestandes werden von Mai bis Ende September auf die Sommerweiden getrieben. Unter Vermeidung von Überweidung würde die gesamte Winterweidekapazität (1,3 Mill. ha) des Landes für 1,3 bis 5,2 Mill. Schafe und Sommer- und Dorfweidekapazität (1,3 Mill. ha) für von 1,36 bis 8 Mill. Schafe ausreichen. Pro Hektar ist die Haltung von 1 bis 4 Schafen auf der Win- terweide und von 2 bis 8 Schafen auf der Sommer- und Dorfweide erlaubt, abhängig von Weidequalität und deren Pflanzendecke (ALIYEV 2007; REPUBLIC AZERBAIJAN 2000). Je- doch werden im Jahr 2016 in Aserbaidschan mehr als 8 Mill. Schafe und etwa vier Mill. Stück Großvieh gehalten (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b), was zur Degradierung der Weiden und Erosion der Böden führt. Diese Prozesse haben sich auf- grund der steigenden Tierzahlen beschleunigt und verursachen ernste Probleme. Nach (BABAYEV 2007) und (MAMMADOV 2007b) sind etwa 25 % der Gesamtweidefläche ero- diert und 17 % versalzen. Dabei ist die Überweidung am stärksten auf den Sommerweiden und intensiv genutzten Dorfweiden (Allmendeflächen) zu beobachten, sie erreicht dort 70 %. Auf den Winterweiden sind Degradationen der Pflanzendecke und Erosion ebenfalls zu finden, insbesondere in Gobustan und Hadjiqabul sowie im Vorgebirge des Großen Kaukasus, weniger in Cheyranchöl-Steppe (Ceyrançöl) (ALIYEV 2007; MAMMADOV 1998). Gemäß folgender Tabelle 19 sind dort nur 13 % der Fläche stark erodiert, während 45 % ganz verschont sind. Das aride Klima des Landes ist eine der Ursachen der Wüstenbildung der Winterweiden, 30 % sind davon betroffen (UNITED NATIONS / COMMITTEE ON ENVIRONMENTAL POLICY 2004). Die trockenen, starken Winde führen oft zu Sandstürmen, wodurch die Pflanzen austrocknen. Weitere Schäden an Pflanzendecke und Böden entstehen durch den Viehtritt.

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Tabelle 19: Erosionsgrad in der Cheyranchöl-Steppe Erosionsgrad in Hektar mit Prozentanteil Kein 77824 45 Schwach 44225 25 Mittel 29808 17 Stark 22130 13 Summe 173987 100 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von ALIYEV (2007) Derzeit (2017) sind in Aserbaidschan die Sommerweiden als die begrenzenden Kapazitäten anzusehen. Die Ursachen für die Knappheit liegen einerseits in der gegenüber früher ver- doppelten Tierzahl (Schafe, Ziegen und Rinder) und anderseits in der seit dem Berg- Karabach-Konflikt bestehenden Besetzung großer Flächen durch Armenien. 38 % (25.783 ha in Yuxari Qarabağ und 80.000 ha in Kalbəcər) der gesamten Sommerweideflä- che des Landes können daher nicht genutzt werden (ALIYEV 2007). Hinzu kommen 5.902 ha Sommerweiden in Dashkesen und Gedebey entlang eines drei Kilometer breiten Strei- fens an der Grenze zu Armenien, die aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden dürfen. Gleichwohl lassen Transhumanz-Betriebe in Notzeiten häufig ihre Schafe und Ziege in diesem gefährlichen Bereich weiden (AKHUNDOV 2011; HASANLI 2012).

4.3 Landwirtschaftliche Betriebe Die landwirtschaftlichen Betriebe lassen sich laut der statistischen Erfassung des Agrarsek- tors in Aserbaidschan in drei Gruppen gliedern: Betriebe privater Eigentümer, Dienstleis- tungsgesellschaften und landwirtschaftliche Unternehmen. Zu den Betrieben privater Ei- gentümer gehören Ein- und Mehrfamilienbetriebe sowie sogenannte „Nicht- Familienbetriebe“ mit unterschiedlichen Organisationsformen und Haushaltsbeteiligungen. Alle Betriebe privater Eigentümer werden in der zuständigen Verwaltung in ein Register eingetragen. Die größeren der dabei registrierten (Familien- oder „Nicht- Familienbetriebe“) werden im Land als „Fеrmer“-Betriebe bezeichnet. Laut (STADELBAU- ER 1994) ist ein „Fеrmer“ vom englischen „farmer“ abgeleitet und ist die Bezeichnung einer neuen Schicht selbstständiger Landwirte in der Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Im Jahr 2011 gab es 4.936 landwirtschaftliche Betriebe nach allen Kategorien, davon 2.593 oder 52,5 % mit privaten Eigentümern (Tab. 20). Diese erzeugten 94,8 % aller landwirt- schaftlichen Produkte, darunter 96,5 % in der Pflanzen- und 93 % in der Tierproduktion. 99 % der Rinder und 97 % der Schafe und Ziegen werden in den Betrieben privater Eigen- tümer gehalten (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Im Jahr 2011 waren 426 Dienstleistungsgesellschaften im Land tätig, die die Landwirte mit Informationen und Beratungsdienstleistungen, Leasing von landwirtschaftlichen Maschi- nen und anderen Produktionsmitteln versorgen. Unter landwirtschaftlichen Unternehmen sind Betriebe/Unternehmen zusammengefasst, die von juristischen Personen bewirtschaftet werden, im Gegensatz zu den Betrieben priva- ter Eigentümer, die hauptsächlich als Einzelunternehmen von natürlichen Personen regis- triert sind. Landwirtschaftliche Unternehmen gehören entweder dem Staat oder sind als Kooperativen tätig. Zudem gibt es einige größere landwirtschaftliche Betriebe, die weder

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staatlich noch kooperativ sind und trotzdem von juristischen Personen bewirtschaftet wer- den. Ihr Anteil an den landwirtschaftlichen Unternehmen beträgt 83%. Tabelle 20: Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe nach ihrer Kategorie (2011) Betriebskategorie Anzahl Prozentanteil Betriebe privater Eigentümer („Fermer“-Betriebe) 2.593 52,5 Dienstleistungsgesellschaften 426 8,6 Landwirtschaftliche Unternehmen 1.917 38,8 Staatlich 254 13,2 Kolchosen6 2 0,1 Davon Kooperativen 69 3,6 Sonstige 1.592 83 Quelle: STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) In der Region Gandja-Gasach wurden im Rahmen der Agrarreform (1996) 99 % der staat- lichen und kollektiven Betriebe (Sowchosen und Kolchosen) unter Angestellten und Rent- nern privatisiert. In der Region verblieb ein Prozent der Betriebe als Züchtungs- und Selek- tionsbetriebe unter Leitung der jeweiligen Rayonverwaltungen in staatlicher Hand. Im Jahr 2011 waren mehr als 115 registrierte private Familienbetriebe und 227 andere landwirt- schaftliche Betriebe und Unternehmen in der Region tätig, wovon 290 in Pflanzen- wie auch im Tierbereich tätige „Fermer“-Betriebe waren.

4.4 Pflanzenproduktion Die pflanzliche Erzeugung liefert mit 2.3 Mrd. AZN 51,7 % des Produktionswertes des Landwirtschaftssektors in Aserbaidschan. Angebaut werden vorwiegend Getreide, Baum- wolle, Gemüse, Kartoffeln, Wein, Tabak, Zuckerrüben, Obst und Beeren. Die Region Gandja-Gasach ist hauptsächlich auf Getreide-, Gemüse-, Wein-, Kartoffel- und Obstbau spezialisiert. Da der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit in der Tierhaltung liegt, erfolgt nur eine kurze Erwähnung ausgewählter pflanzlicher Kulturen, die in den untersuchten Betrieben angebaut werden. Getreide (Weizen, Mais, Reis, Gerste, etc.) steht auf Platz eins der pflanzlichen Erzeugung und gehört zu den ältesten Kulturen. Über 50 % der Ackerfläche wird mit Getreide bestellt – in Gebirgen und an Gebirgsfüßen, in ebenen Regionen mit Bewässerung. Im Jahr 2011 wurden im Land auf 967,3 Tausend Hektar Getreidearten angebaut, davon 91,9 Tausend Hektar in der Region Gandja-Gasach. Die Region nimmt in der Getreideproduktion den vierten Platz im Land ein. Der jährliche Ertrag beträgt durchschnittlich 25 dt/ha im Land und 30 dt/ha in Gandja-Gasach (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Wie die anderen transkaukasischen Länder besitzt auch Aserbaidschan eine lange Tradition im Weinbau, den es bereits im 2. Jahrtausend vor Chr. gab (MUSAYEV & SALIMOV 2012). Aserbaidschan war mit bis zu zwei Mill. Tonnen Trauben der zweitgrößte Weinproduzent in der ehemaligen Sowjetunion. Infolge der Kampagne gegen Alkoholkonsum von Gor- batschow ging die Rebfläche von 275.000 ha in den 1980er- und 1990er-Jahren stark zu- rück (MURADOV 2011). Im Jahr 2011 wurden 137.000 Tonnen Trauben auf 159.000 Hek-

6 2 Kolchosen sind immer noch im Dorf Ivanovka im Ismayilli Rayon zu finden.

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tar Rebfläche in der Republik und 49,5 Tausend Tonnen auf 4.230 Hektar Rebfläche in Gandja-Gasach erzeugt, oder etwa 36 % der Weinproduktion der Republik (STATE STATIS- TICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Die Kartoffel ist nach dem Getreide eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel in Aser- baidschan. Ihre Anbaufläche betrug im Jahr 2011 65.187 ha im Land, davon 30.229 ha in Gandja-Gasach. Der größte Teil wird von Kleinbauern mit weniger als einem Hektar An- baufläche produziert. Dank der großen Anpassungsfähigkeit der Kartoffel wird diese Pflanze in vielen Regionen des Landes angebaut. Die Region Gandja-Gasach ist ihretwe- gen berühmt, da bis zu 60 % aller Kartoffeln des Landes dort erzeugt werden (STATE STA- TISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Besonders in den Rayons Shamkir (6.389 ha), Tovuz (6.768 ha) und Gedebey (13.095 ha) hat der Kartoffelanbau stark zuge- nommen. Im Jahr 2011 wurden in der Republik 938,5 Tausend Tonnen Kartoffeln geerntet, davon 540,3 Tausend Tonnen in Gandja-Gasach. Der durchschnittliche Ertrag betrug 144 dt/ha im Jahr 2011 (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Der Gemüse- und Obstbau ist einer der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsberei- che im Land. Dank der klimatischen Vielfalt können verschiedene Gemüsearten (Tomaten, Auberginen, Paprika, Tomaten, Kohl, Möhren etc.) und Obstarten (Apfel, Quitte, Kirsche, Granatapfel, Aprikose, Pfirsich, Hasel- und Walnuss, Pflaume, Feige, Scharon Früchte etc.) in allen wirtschaftlichen Regionen des Landes angebaut werden. In der Sowjetzeit lieferte Aserbaidschan mit großem Erfolg Obst und Gemüseprodukte in andere Republiken der damaligen Union. Nach deren Zusammenbruch ist die Produktion in etlichen Gebieten stark gesunken. Ein Problem ist speziell bei Obst und Gemüse die Überbrückung des Zeit- raums von der Ernte bis zum Konsum, wozu zusätzliche Kühl- und Lagerhäusern erforder- lich wären. Im Jahr 2011 wurden 1,21 Mill. Tonnen verschiedene Gemüsearten auf 81.100 Hektar Flä- che und 765,8 Tausend Tonnen Obst auf 130.500 Hektar produziert. Gemüse- und Obstbau sind auch gut entwickelte Bereiche der Landwirtschaft in der Region Gandja-Gasach. Im Jahr 2011 betrug die Anbaufläche von Gemüse 12.700 ha und von Obst 14.500 Hektar. Von ihnen wurden 203,8 Tausend Tonnen Gemüse und 131,8 Tausend Tonnen Obst er- zeugt.

4.5 Viehwirtschaft Wie schon erwähnt, hat auch die Viehwirtschaft in Aserbaidschan eine lange Tradition; sie wird seit 7.000 Jahren betrieben (INSTITUT FÜR LANDWIRTSCHAFT 1974; MALIKOV 1953; ZEYNALOV 2008). Während der Sowjetzeit wurde die Tierhaltung weiter entwickelt, wobei besonders in der Schafhaltung in den Jahren 1930-1950 viele neue Rassen von den Wis- senschaftlern (MALIKOV 1953) und (SADIQOV 1948) gezüchtet wurden. Diese neuen Ras- sen übertrafen lokale Rassen in der Fleisch-, Woll- und Milchproduktion. In Aserbaidschan werden Rinder, Schafe, Ziegen und Geflügel, aber sehr wenige Schweine gehalten. Die Tierhaltung wies im Jahr 2011 einen Produktionswert von 2,19 Mrd. AZN auf, entsprechend einem rechnerischen Anteil von 48,3 % des gesamten Agrarprodukti- onswerts. Die ausdehnten, kostengünstigen Weideflächen erlauben Rinder-, Schaf- und Ziegenhaltung sowohl in den Gebirgsgebieten als auch in den Kura-Aras-Niederungen.

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Die Abbildung 17 zeigt, dass sich die Anzahl der Schafe im Laufe von fünfzig Jahren un- terschiedlich entwickelt hat. Ein Wachstum des Tierbestandes ist besonders ab Jahr 2000 zu beobachten, wobei die Anzahl der Schafe im Jahre 2012 im Vergleich zu 1990 auf das fast 1,8-fache und der Ziegenbestand auf das 3-fache angestiegen ist. Im Jahr 2012 gab es je 1.000 Einwohner 926 Stück Kleinvieh (davon 858 Schafe und 67 Ziegen). Neben der Schafhaltung nahm jedoch auch die Zahl der Rinder im Land zu, sodass im Jahr 2012 je 1.000 Einwohner 430 Rinder gezählt wurden. Abbildung 17: Entwicklung ausgewählter Nutztierbestände (1960-2012) 12000.0

10000.0

8000.0

6000.0

in 1000 Stück 4000.0

2000.0

0.0 1960 1967 1974 1981 1988 1995 2002 2009

Rinder Schafe und Ziege

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Im Jahr 2011 wurden in der Republik insgesamt 263.692 Tonnen Fleisch in Schlachtge- wicht erzeugt (Tab. 21), davon 117.000 Tonnen Rindfleisch (55,6 %) und 74.400 Tonnen Schaf- und Ziegenfleisch (27 %), die zusammen 72,6 % der gesamten Fleischproduktion ausmachten. Die übrige Erzeugung besteht zu 27,1 % aus Geflügel- und zu 0,3 % aus Schweinefleisch. Tabelle 21: Erzeugung von Nutztierprodukten im Jahr 2011 (in Tonnen) Regionen Fleisch (Schlachtgewicht) Milch Wolle Eier, tsd. Stk. In der Republik 263.692 1.622.291 16.203 1.010.997 Gandja-Gasach 27.699 262.539 3.925 111.897 davon in Tovuz 3.209 28.225 358 16.015 Shamkir 5.273 46.962 454 41.268 Gedebey 7.278 63.837 909 9.170 Dashkesen 1.171 20.213 137 598 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Die naturräumliche Gliederung mit einerseits über 50 % Berg- und Hügelgebieten und an- dererseits den Steppen im Tiefland erlauben die mobile Tierhaltung seit Jahrhunderten auch in Gandja-Gasach. Die Region steht hinsichtlich der Tierproduktion auf Platz drei unter den Regionen, wobei dort etwa 15 % der gesamten jährlichen Tierprodukte des Lan- des produziert werden. Im Jahr 2011 erzeugte die Region 16,2 % der Milch- und 10,5 % der Fleischprodukte sowie 24,2 % der Wolle in Aserbaidschan.

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4.5.1 Rinderhaltung Die Rinderhaltung hat eine lange Tradition und ist einer der wichtigsten Bereiche der Nutztierhaltung des Landes, indem sie Milch, Fleisch und Fellerzeugnisse liefert. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Rinder, vor allem Ochsen, als Zugtiere genutzt; sie sind jedoch durch den Ersatz von Maschinen fast verschwunden. In der Großviehzucht spielt das Rind eine wichtige Rolle. Verbreite lokale Rassen in Aserbaidschan sind Qafqaz, Qırmızı Qazax, Qırmızı Səhra, Boz Qəhvəyi Qazax, auch gibt es Kreuzungen dieser lokalen mit ausländischen Rassen wie Swiss, Holstein-Friesian und Simmentaler, die sich vonei- nander erheblich in ihren Leistungsmerkmalen unterscheiden (AMEA, INSTITUT FÜR ZOO- LOGIE 2001; FARADJOV ET AL. 2004). Die lokalen Rassen Qırmızı Qazax und Qırmızı Səhra, die besonders in der Region Gandja-Gasach verbreitet sind, besitzen eine hohe An- passungsfähigkeit an die Wanderweidewirtschaft. Das Lebendgewicht einer Kuh liegt bei 300-400 kg, abhängig von der Fütterungsintensität. Der Fettanteil der Milch erreicht 3,6 bis 3,8 %. Obwohl die Milchleistung mit 1.000 bis 1.500 kg pro Kuh und Jahr sehr niedrig ist, werden diese Rassen von den Transhumanten und Halbnomaden gern gehalten, weil sie bei der saisonalen Wanderung der Schafe gut mithalten und keinen großen Leistungsbedarf an Futter haben. Sie dienen zur Eigenversorgung der Viehhalter mit Milchprodukten. Soll- ten außerdem auf der Winterweide die Mutterschafe zu wenig oder gar keine Milch haben, werden die Lämmer bis zu drei Monate lang mit Kuhmilch gefüttert. Der Rinderbestand in Aserbaidschan setzt sich aus Milchkühen, Milchwasserbüffeln und Fleischrindern zusammen. Laut Angaben des Statistischen Komitees wurden im Jahr 2011 in Aserbaidschan 2.681.866 Rinder gehalten, davon 1.159.761 Milchkühe und 128.372 Milchbüffel. Die Milchleistung betrug im selben Jahr 1.622.291 Tonnen. Abhängig von Rasse und Fütterung liegt sie zwischen 1.000 und 2.500 kg pro Kuh und Jahr, im Schnitt bei 1.200 kg. Das erzeugte Rindfleisch deckte im Jahre 2011 44,4 % des Bedarfs. In Gand- ja-Gasach wurden im Jahr 2011 insgesamt 359.771 Rinder gehalten, davon 163.597 Milchkühe und 171.344 Milchbüffel (Tab. 22). Tabelle 22: Anzahl ausgewählter Nutztiere in 2011 (in Stück) Davon Regionen Gesamtrinder Schafe Ziege Milchkühe Milchwasserbüffeln Republik 2.681.866 1.159.761 128.372 7.931.892 627.425 Gandja-Gasach 359.771 163.597 171.344 1.713.421 110.925 Davon Tovuz 42.275 16.903 17.587 177.103 19.259 Shamkir 60.036 28.012 28.655 268.626 12.532 Gedebey 89.798 42.626 42.819 359.759 3.879 Dashkesen 27.568 13.584 13.766 97.323 3.114 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b)

4.5.2 Schaf- und Ziegenhaltung Schafe und Ziegen sind Kleinwiederkäuer, sie gehören zu den ältesten Nutztieren der Menschheit und liefern wertvolle Produkte, wie Fleisch, Milch und Wolle. In Aserbai- dschan werden sie seit 6.000-8.000 Jahren gehalten und gezüchtet (INSTITUT FÜR LAND- WIRTSCHAFT 1974; ZEYNALOV 2008). Sie sind nach dem Hund die ältesten domestizierten

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Nutztiere des Menschen und begleiteten seine Sesshaftwerdung. Sie leben in kleinen Her- den in gebirgigen und reich strukturierten Regionen des Landes. Während das Schaf in der Sowjetzeit hauptsächlich zur Wollproduktion genutzt wurde, was auch die Zuchtziele bestimmte (BISTRITSKI 1941; INSTITUT FÜR LANDWIRTSCHAFT 1974; MALIKOV 1953; SADIQOV 1948), steht heute die Erzeugung von Lammfleisch an erster Stelle, gefolgt von Milch und Wolle. Aufgrund noch unzureichender Fleischverar- beitungskapazitäten sind jedoch wenige verarbeitete Fleischprodukte im Land zu finden. Die Mehrheit der verarbeiteten Fleischprodukte wird importiert. Frisch geschlachtetes Fleisch ist dagegen im Land sehr beliebt. Auch wurden im Jahr 2011 rund 55,5 Tausend Tonnen Schaf- und Ziegenmilch erzeugt, das 1,9-fache von 2010 (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Die Schaf- und Ziegenmilch dient zur Herstellung verschiedener Käsearten. Insbesondere ist der aserbaidschanische „Motal pendir“ (Motal Käse) im Land sehr beliebt (SALMANOV & CHENCINER 1990) 7. Die Erzeugung von Schaf- und Ziegenfleisch erlebt in Aserbaidschan derzeit einen großen Aufschwung, wenn auch die Produktivität noch zu wünschen übrig lässt. Es wurden im Jahr 2011 im Land rund 7,9 Mill. Schafe und 630.000 Ziegen gehalten, darunter 1,71 Mill. Schafe und 110.000 Ziegen in der Region Gandja-Gasach. Die Rayons Shamkir und Ge- debey haben sich besonders auf die Schafhaltung spezialisiert; dort werden 45 % des Flei- sches, 42 % der Milch- und 35 % der Wolle der Region erzeugt. 37 % des Schafbestandes der Region und 8 % der Nation befinden sich in den beiden Rayons. Die Wollproduktion spielte in der Geschichte der Tierhaltung eine große Rolle im Zusam- menhang mit der Weberei von Teppichen und anderen Wollprodukten8. Nach der Auflö- sung der Sowjetunion gingen zahlreiche Webereien und Wollfabriken außer Betrieb. Auch die Entwicklung der Kunstfasern setzte die Wollproduktion unter Druck. Andere Produkte, wie Felle, Knochen und Mist werden als Beiprodukte der Schlachtung verwendet. Die Ziegen und Schafe liefern nicht nur Wolle, Milch und Leder, sondern können auch sinnvoll in der Landschaftspflege zum Einsatz kommen (PLACHTER & HAMPICKE 2010; HAMPICKE ET AL. 2006). Ferner wird Schaf- und Ziegenkot im Ökolandbau für die Dün- gung verwendet. Da sich in den Steppen keine Gas- oder Stromleitungen befinden, sind Schafkot und Rindermist wertvolle Brennstoffe für die Familien der Tierhalter. Im Norden des Landes, wo zahlreiche Dörfer über der Waldgrenze in mehr als 2.000 m ü. NN liegen, wird Schafmist nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer als Brennmaterial genutzt. In Aserbaidschan werden viele Schafrassen wie Balbas, Berg-Merinos, Gala, Bozakh Ka- rabach, Shahseven und weitere gehalten, die für Berg- und manche Tiefebenregionen an- passungsfähig und geeignet sind. Der erste Schafzüchtungsbetrieb in Aserbaidschan wurde im Jahre 1935 während der Sowjetzeit gegründet. In der Region Gandja-Gasach werden hauptsächlich die drei Rassen Aserbaidschanisches Berg-Merino, Karabach und Bozakh und Kreuzungen aus ihnen in den Herden gehalten, die an die Wandertierhaltung besonders anpassungsfähig sind (Bild 6).

7 Zu weiteren Informationen über Milchprodukte siehe Kapitel 7.6.5 8 Der Teppich ist ein wichtiger Bestandteil der aserbaidschanischen Kunst und Kultur. Aserbaidschanische Teppiche aus den Regionen Shirvan, Quba, Baku, Gasach, Karabach, Gandja und Täbris sind sehr berühmt; sie unterscheiden sich in ihren Mustern voneinander (TAGIYEVA 1999; ROYAL SOCIETY OF ARTS 1921)

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Die Rasse Bozakh ist eine Kreuzung aus Karabach und Tush, besitzt lange Ohren und ei- nen Fettsteiß. Dieser speichert im Gegensatz zu anderen Schafen einen großen Teil des Körperfetts. Die Wolle ist grau bis violett, auffällig ist der weiße Pony. Das Lebendge- wicht der Mutterschafe liegt bei 45-50 kg und das der Böcke bei 55-65 kg. Die Aus- schlachtung der Böcke erreicht bis 48,3 %. Die 2,5 bis 3 kg Wolle je Schaf besitzt eine Länge von 8 bis 15 cm. Die Milchleistung beträgt 25 bis 30 kg pro Jahr mit einem Fettgeh- alt bis zu 6 %. Die Ablammergebnis pro hundert Schafen liegt bei 110 bis 115 Stück und die Wahrscheinlichkeit von Zwillingsgeburten bei 10 bis 25 %. In der Region Gandja- Gasach ist die Rasse in den Rayons Gasach, Agstafa, Gedebey, Tovuz und Shamkir ver- breitet und bildet mehr als 50 % in den Herden der Wanderschafhaltungsbetriebe der Regi- on. In den Wintermonaten können die Tiere bei schlechter Witterung bis zu 25 % an Kör- pergewicht verlieren, was sie auf der Sommerweide bei guter Ernährung wieder aufholen.

a) b) Bild 6: a) Bozakh und b) Aserbaidschanisches Berg-Merino

Quelle: BAZAR INFROMASIYA VƏ KOMMERSIZA MƏRKƏZI (2012) Aserbaidschanische Berg-Merinos sind als Kreuzung mehrerer Schafrassen in mehr als zehnjähriger Forschung und Züchtungsarbeit der aserbaidschanischen Wissenschaftler MALIKOV (1953) und SADIQOV (1948) entstanden. Eine erste Kreuzung erfolgte zwischen Kaukasus Merinos und Askaniya, deren Nachkommen sodann mit Gedebey Merinos und schließlich mit Bozakh gekreuzt wurden, bis im Jahre 1947 das Aserbaidschanische Berg- Merino bestätigt wurde. Die Tiere sind größer als lokale Merinorassen und übertreffen sie in Lebendgewicht, Milch- und Wollertrag. Das Lebendgewicht der Mutterschafe liegt bei 40 bis 50 kg, das der Böcke bei 75 bis 90 kg (Tab. 23). Der Wollertrag beträgt bei Böcken 7 bis 10 kg und bei Mutterschafen 4 bis 6,5 kg pro Jahr. Aserbaidschanische Berg-Merinos sind auch in der Region Gandja-Gasach verbreitet. Tabelle 23: Produktionskennzahlen Ausgewählter Schafrassen der Region Gandja –Gasach Lebendgewicht von Lebendgewicht, kg Wolle, kg Ablamm- Ergeb- Rasse/ Lämmer, kg* nis Böcke MS** männlich weiblich Böcke MS /100 MS Berg-Merinos 75-90 40-50 40-50 32-42 7-10 4-6,5 112-125 Karabach 60-75 47-50 47-50 45-48 3,0- 2-2,5 110-115 Bozakh 47-54 40-48 45-50 38-45 2,5- 1,8- 110-115 *unter 1 Jahr, **MS. ist für Mutterschaf 30 2 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von ZEYNALOV (2008)

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Die Rasse Karabach ist durch lange Beine, starke Knochen und einen doppelten Fettsteiß charakterisiert. Die Mutterschafe und manche Böcke besitzen keine Hörner. Die Rasse ist in vielen Regionen verbreitet und macht rund 30 % der Herden der Viehhalter in der Regi- on Gandja-Gasach aus. Das Lebendgewicht eines Mutterschafs beträgt 47 bis 50 kg und eines Bockes 60 bis 70 kg. Die Ausschlachtung der Böcke erreicht bis zu 56 %. Der jährli- che Wollertrag liegt zwischen 3 und 3,5 kg bei Böcken und 2 und 2,5 kg bei Mutterscha- fen. Die jährliche Milchleistung erreicht 30 kg bis 40 kg mit einem Fettanteil bis zu 7 %.

4.6 Agrarpolitik im Strukturwandel und Transformationsprozess Die Agrarpolitik bestimmt die politischen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft und umfasst die Gesamtheit aller Bestrebungen, Handlungen und Maßnahmen, die darauf ab- zielen, den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens im Agrarsektor zu ordnen, zu beeinflussen oder unmittelbar festzulegen (KIRSCHKE & WEBER 2005; HENRICHSMEYER & WITZKE 1991). Die Entwicklungen der Landwirtschaft in Aserbaidschan wurden maßgeblich durch sich ändernde agrarpolitische Rahmenbedingungen in der Transformationsperiode der ver- gangenen 20 Jahre geprägt und beeinflusst. Somit sind die gegenwärtigen staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse das Ergebnis eines Strukturwandels über viele Jahre und nur vor diesem Hintergrund zu verstehen. Deshalb wird dieser Transformationsprozess nachfolgend beschrieben. Der Transformationsprozess führte zu tiefgreifenden Friktionen in der gesamten aserbaid- schanischen Wirtschaft. Aufgrund unterschiedlicher Entwicklungsstadien der Landwirt- schaft wird er in Etappen gegliedert (ALIYEV 2011; LERMAN & SEDIK 2010). In dieser Ar- beit werden für die Transformationsperiode vier Stufen unterschieden:  Produktionsrückgang,  Agrarreform und Privatisierung,  Richtlinien zur Entwicklung,  Abschluss der Transformation und weitere Entwicklung. Der Produktionsrückgang ist von 1991 bis 1995 zu verzeichnen. Für diese Etappe sind politische und wirtschaftliche Instabilität, starke Produktionsrückgänge und Hyperinflation charakteristisch (ALIYEV 2011). Die landwirtschaftliche Produktion sank zwischen 1991 und 1995 deutlich – bei Fleisch um 13 % und bei Milch bis zu 30 %. Der Anzahl der Scha- fe und Ziege gingen um 16 % und die der Rinder um 7 % zurück. In der Pflanzenprodukti- on war besonders bei Getreide ein Rückgang zu beobachten. In der Abbildung 18 ist die Entwicklung der vier wichtigsten pflanzlichen Produkte von 1985 bis 2011, wobei der Produktionsabfall zwischen 1991-1995 deutlich zu erkennen ist. In den Jahren von 1991 bis 1995 fiel es Aserbaidschan und auch anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion schwer, eine neue international wettbewerbsfähige Angebotspalette auf- zubauen (LANGHAMMER 1995).

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Abbildung 18: Anbauumfänge ausgewählter Kulturen in den Jahren (1985-2011)

Getreide Baumwolle Kartoffel Gemüse

3500 3000 2500 2000

1000 t 1500 1000 500 0

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Um dem Rückgang in der Landwirtschaft entgegenzuwirken, trat im Jahre 1992 ein neues „Gesetz über „Fermer“-Betriebe der Republik Aserbaidschan“ in Kraft (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 1992). Durch das Gesetz sollte das Eigentum der Kolcho- sen und Sowchosen im Tierhaltungsbereich privatisiert werden, es konnte jedoch wegen der instabilen politischen Situation nicht erfolgreich umgesetzt werden. Nach diesem Ge- setz konnten die Landbewohner private Familienbetriebe gründen, um zur Entwicklung der Landwirtschaft beizutragen und die Landbevölkerung mit notwendigen Lebensmitteln zu versorgen. Allerdings erwies sich die Umsetzung der vorgesehenen und notwendigen Re- formen wegen des Berg-Karabach-Konfliktes und der schwierigen politischen Situation zunächst als unmöglich. Erst nach dem Waffenstillstand mit Armenien im Mai 1994 wurde im Parlament wieder über Agrarreformen und Reformen der Sowchosen und Kolchosen diskutiert. Am 18. Februar 1995 traten zwei Gesetze über die Grundlagen der Agrarreform und die Reform der Sowchosen und Kolchosen in Kraft (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 1995b, 1996). Hiernach wurden die Nutztiere und andere landwirtschaft- liche Produktionsmittel sowie die Flächen mit Ausnahme der Weideflächen, des Waldes und der Naturschutzgebiete unter den Angestellten, Rentnern und anderen Angehörigen der Kolchosen und Sowchosen kostenlos verteilt und privatisiert. Die zweite Etappe der Transformation, Agrarreform und Privatisierung, dauerte von 1995 bis 2000. Mit den Agrarreformen wurden folgende Ziele verfolgt (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 1995a):  Stabilisierung und Gewährleistung der Makroökonomie des Landes,  Privatisierung der landwirtschaftlichen Fläche und des Vermögens von Kolchosen und Sowchosen,  Entwicklung der Produktion und Dienstleistungen im Nicht-Erdölbereich sowie der Landwirtschaft,  Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Struktur des ländlichen Raums,  Unterstützung der kleinen und mittleren neu entstanden privaten Betriebe,  Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe. Mit der Annahme der Verfassung der Aserbaidschanischen Republik am 16. Juli 1996

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wurde das Recht auf privaten Bodenbesitz endgültig bestätigt und es trat ein neues Gesetz über die Bodenreform in Kraft. Zum gleichen Datum wurde ein neues staatliches Pro- gramm „Privatisierung des staatlichen Eigentums an Grund und Boden in den Jahren 1995- 1998“ verabschiedet (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 1996). Wie in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion auch war die Agrarreform ein zentraler Be- standteil der Transformation (BRUISCH 2007; HANKE 1998). Die Einführung marktwirt- schaftlicher Prinzipien in der Landwirtschaft, insbesondere die Bodenreform sowie die Privatisierung des zuvor staatlichen Eigentums an Boden und landwirtschaftlichen Produk- tionsmitteln, sollte die Agrarkrise mit ihren negativen Einflüssen auf die gesamte Wirt- schaft überwinden (OBLITAS 2011). Die aserbaidschanische Landwirtschaft sollte interna- tional konkurrenzfähig werden. Die Reformen orientierten sich wie auch in Russland „hauptsächlich an den Erfahrungen der entwickelten Industriestaaten und gingen davon aus, dass landwirtschaftliche Familienbetriebe an die Stelle der staatlichen Großbetriebe treten würden“ (BRUISCH 2007; AMELINA 2000). Die Privatisierung der Nutztiere hatte sofortige positive Auswirkungen auf die Tierzahlen und die tierische Erzeugung, sodass im Jahr 1995 bereits 42.300 mehr Schafe und Ziegen und 18.600 mehr Rinder gehalten wurden als im Jahr zuvor (STATE STATISTICAL COMMIT- TEE OF AZERBAIJAN 2016b). In dieser Etappe brachte die Unterzeichnung der Ölverträge mit internationalen Unterneh- men den entscheidenden Schub für das wirtschaftliche Wachstum und den Beginn der „Petrolification“ der aserbaidschanischen Wirtschaft (LERMAN & SEDIK 2010). Die Märkte sowie der Import und Export landwirtschaftlicher Produkte wurden liberalisiert. Im Jahre 2001 wurden schon 99 % des Großviehs und 96,4 % der Schafe und Ziege von privaten Betrieben bewirtschaftet. Von 1996 bis 2001 gab es im Bereich der wichtigsten Nah- rungsmittel, wie Fleisch, Milch, Getreide, Kartoffeln und Gemüse starke Produktionsstei- gerungen (Tab. 24). Der Bruttowert der Agrarproduktion stieg von 1996 bis 2001 um 34 %. Im Jahre 2001 war die landwirtschaftliche Erzeugung im Vergleich zu 1996 im pflanzlichen Bereich um etwa 40 % und in der Tierproduktion um 31,6 % gewachsen. Der durchschnittliche Getreideertrag konnte von 15 auf 26,5 Dezitonnen pro Hektar und Jahr erhöht werden. 97,9 % der gesamten pflanzlichen und 98,5 % der Tierproduktion wurden von privaten Betrieben und Haushalten erzeugt. Tabelle 24: Entwicklung der Tieranzahl und Produktion von ausgewählten Nutztieren (1996 - 2001) Schaf und Ziege Rinder Fleisch Milch Jahre (in 1000 Stück) (in 1000 Stück) (in 1000 t) (in 1000 t) 1996 4644,4 2454,3 115,7 843,3 1997 4922 2606,6 126,2 881,5 1998 5267 2706,4 140,9 946,5 1999 5511,9 2808,2 147,8 993,4 2000 5773,8 2887,2 153,6 1031,1 2001 6085,7 2980,5 160,8 1073,7 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Die Privatisierung des Eigentums an Grund und Boden stieß auf rechtliche Schwierigkei- ten beim An- und Verkauf von Boden und bei der Verpachtung der nicht privatisierten Weideflächen. Am 10. August 2000 wurde daher eine neue Verordnung über ein „Zweites Staatliches Programm der Privatisierung“ bestätigt, um die Probleme der „Fermer“-

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Betriebe zu lösen. Von diesem Jahr an sind durch erhöhte Erdöleinnahmen und ausländi- sche Investitionen in der Öl- und Gasindustrie hohe Wachstumsraten der Wirtschaft zu beobachten, was die heutige wirtschaftliche Stabilität begründete. Allerdings sind die aser- baidschanische Wirtschaft und das staatliche Budget nun stark von den Öleinnahmen ab- hängig. Trotz ihrer Abhängigkeit von der Ölindustrie blieb die Landwirtschaft in dieser Etappe ein bedeutender Wirtschaftszweig, in dem mehr als 40 % der Bevölkerung tätig war. Die begonnenen Reformen wurden fortgesetzt und neue staatliche Programme aufge- legt. Insbesondere stand die Verbesserung der Situation der kleinen und mittleren Betriebe im Mittelpunkt (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2001, 2002, 2003). In der Etappe Richtlinien zur Entwicklung von 2001 bis 2008 wurden zahlreiche staatli- che Programme aufgelegt. In staatlichen Programmen wurden und werden agrar-, umwelt- und strukturpolitische Überlegungen berücksichtigt und im Sinne einer integrierten ländli- chen Entwicklung miteinander verknüpft. Auch werden regionale und lokale Akteure stär- ker als vorher in diese Entwicklungen einbezogen. Zur Steigerung der Produktivität in der Landwirtschaft nahm das Landwirtschaftsministerium eine neue Politik nach den Empfeh- lungen der Weltbank, der Islamischen Fortschrittsbank, der Europäischen Bank für Wie- deraufbau und Entwicklung sowie anderen internationalen Finanzinstitutionen in Angriff (MURADOV 2011). Um die Migration der Einwohner in die Stadt zu vermeiden und die sozialen Räume im Land zu stabilisieren, wurden die Programme „Reduzierung der Armut und wirtschaftliche Entwicklung (2003-2005)“ und „Sozial-wirtschaftliche Entwicklung der Regionen von 2004–2008“ vom Staatspräsident angeordnet (MINISTERKABINETT VON ASERBAIDSCHAN 2002; PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2008, 2009, 2003). Die Reformen und staatlichen Programme hatten ihre Auswirkungen auf die Entwicklung der Landwirtschaft schon in den Jahren 2002 bis 2008 deutlich gezeigt. Die Infrastruktur verbesserte sich im Vergleich zu den 1990er Jahren deutlich. Ein Vergleich mit der Ukrai- ne zeigt, dass auch die Reformen in der Landwirtschaft in Aserbaidschans einen Schritt voraus waren, indem die Spuren der sowjetischen landwirtschaftlichen Infrastruktur besei- tigt wurden (YALÇIN-HECKMANN 2005a). Die Anbauflächen vieler Kulturen wurden stark erweitert, beispielsweise um 29.200 Hektar bei Getreide zwischen 1995 und 2008. Da auch die Ernteerträge von Getreide, Gemüse, Kartoffeln und anderen Kulturen stiegen, konnte im Jahr 2008 die 2,7-fache Getreideproduktion von 1995 erzielt wurde. Auch die Erzeu- gung von Gemüse wuchs fast um das Dreifache, die von Kartoffeln auf das 1,4-fache. Die Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugnisse konnte erhöht und die Produktivität des Sek- tors gesteigert werden. Durch die Privatisierung des Groß- und Kleinviehs wuchs das Inte- resse der Landwirte an der Tierhaltung, sodass in dem genannten Zeitraum die Anzahl der Schafe um das 1,7-fache und die der Rinder um das 1,5-fache erhöht wurde. Dabei wurde die doppelte Menge an Fleisch- und die 1,6-fache Menge an Milchprodukten erzeugt. Abschluss der Transformation und weitere Entwicklung: Der Staatspräsident I. Aliyev äußerte 2010 bei der jährlichen Versammlung des Ministerkabinetts, dass der Transforma- tionsprozess in Aserbaidschan abgeschlossen sei. Dies wird durch internationale Organisa- tionen bestätigt (IFAD 2010a; b; LERMAN & SEDIK 2010; UNITED NATIONS / ECONOMIC COMMISSION FOR EUROPE 2011). Die Tabellen 25 und 26 dokumentieren die weitere Stei- gerung der Tierhaltung sowie der Produktion tierischer Erzeugnisse bis 2011. Besonders in den Rayons Shamkir, Gedebey, Dashkasan und Tovuz nehmen die Betriebe mit Wander-

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schafhaltung und deren Tierzahlen weiter zu. Die ökologischen Konsequenzen dieser Ent- wicklung werden im Kapitel 7.4.2 angesprochen. Aufgaben für die Zukunft bestehen in der Verbesserung der Exportmöglichkeiten für Ag- rarprodukte und weiterverarbeiteter Erzeugnisse (MURADOV 2012). Zur weiteren Entwick- lung der Landwirtschaft bleiben die Betriebe bis 2025 von Abgaben befreit. Die Liberali- sierung des Bodenmarktes besteht fort; jedes privatisierte Grundstück kann verkauft, zuge- kauft, vererbt und verpachtet sowie als Sicherheit bei Hypothekenkrediten verwendet wer- den. Tabelle 25: Anzahl ausgewählter Nutztiere in der Region Gandja-Gasach in (2000-2011) Rinder Schafe und Ziegen Jahre Gesamt Milchkühe Milchbüffel Gesamt Schafe Ziege in 1000 Stück.) 2000 235.201 99.786 10.071 1.157.614 1.064.487 93.127 2005 309.021 139.173 9.280 1.656.449 1.549.149 107.300 2007 334.876 k.a k.a 1.751.859 1.645.336 106.523 2008 342.759 155.445 9.391 1.779.550 1.672.431 107.119 2009 348.325 157.962 8.538 1.805.294 1.700.005 105.289 2010 355.809 161.655 8.559 1.823.506 1.714.454 109.052 2011 359.771 463.597 7.747 1.824.346 1.713.421 110.925

Tabelle 26: Erzeugung ausgewählter tierischer Produkte der Region Gandja-Gasach in (2000-2011) Jahre Fleisch Milch Wolle in 1000 Tonnen 2000 15.256 120.569 2.149 2005 19.579 163.766 2.704 2007 21.651 182.069 3.093 2008 22.560 186.336 3.380 2009 22.964 193.289 3.499 2010 25.865 223.180 3.609 2011 27.699 262.539 3.925 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Laut der staatlichen Agrarpolitik sollten die folgenden Ziele bis zum Jahr 2015 erreicht werden (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2008, 2009):  Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft,  Sicherung und Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen,  Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln,  Stabilisierung der Märkte,  Verbesserung der ländlichen Infrastruktur,  Schaffung größerer privater Agrarbetriebe, Veterinärstationen und Verarbeitungs- unternehmen,  Unterstützung der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe und Dienst- leistungsgesellschaften bei Investitionen durch vergünstigte Kredite von Agrarban- ken und dem Nationalen Fonds für Unternehmensförderung (NFUF),  Ausbildung der Fachleute und Landwirte durch Beratungen, Informationen und Training,  Verbesserung der Agrarforschung.

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Besondere Priorität sollten die Förderung des technischen Fortschritts und die Vergabe günstiger Kredite für kleine und mittlere Betriebe erhalten. Zur Sicherung und Stabilisierung der Einkommen der Beschäftigten in der aserbaidschani- schen Landwirtschaft und der eigenständigen Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungs- mitteln werden die Landwirte von allen auf landwirtschaftliche Produkte und Produkti- onsmitteln bezogenen Steuern und Abgaben mit Ausnahme der Bodensteuer befreit. Wei- terhin soll durch Subventionen eine Einkommenserhöhung und eine angemessene Lebens- haltung gewährleistet werden. Im Pflanzenbereich bestehen seit 2007 direkte Subventio- nen. Als Beihilfe bekommt jeder Landwirt 80 AZN je Hektar und Jahr für Getreidefläche und 40 AZN für Andere. In der Tierhaltung erhalten Viehhalter zwar keine direkten Sub- ventionen, sie können jedoch Weideflächen zu günstigen Preisen vom Staat pachten. Zu- dem erhalten „Fermer“-Betriebe die Betriebsstoffe wie Dieselkraftstoff und Öl sowie im- portierte hochwertige Rassentiere, vor allem Milchkühe, zu jeweils um 50% reduzierten Preisen von der Agrolizinq GmbH (AQROLIZINQ 2010). Die landwirtschaftlichen Betriebe haben die Möglichkeit, zinsverbilligte Kredite über den Nationalen Fonds für Unterneh- mensförderung (NFUF) sowie Agrarkredite mit günstigen Bedingungen über die Staatliche Agentur für landwirtschaftliche Kredite beim Landwirtschaftsministerium zu bekommen (HÜSEYNOV 2011). Beschränkungen von Produktionsmengen und andere Kontingentierung gibt es bislang nicht. Medikamente stehen für anzeigepflichtige Krankheiten kostenlos zur Verfügung. Der Staat organisiert jährliche Verkaufsmessen und Ausstellungen sowie kleinere wö- chentliche Agrarmärkte in Städten, auf denen die Landwirte die Möglichkeit haben, ihre Produkte in größerer Menge zu festgesetzten Preisen zu verkaufen. Für die Organisation der Agrarmärkte sollen je nach Produkt Wettbewerbsregelungen entwickelt werden. Auch die Einführung einer staatlichen Abnahmegarantie für bestimmte Produktgruppen ist in Entwicklungsprogrammen vorgesehen (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2008, 2009, 2001).

4.7 Institutionen Für die Erstellung von Programmen der integrierten ländlichen Entwicklung und für deren Umsetzung sind verschiedene Entscheidungsträger und Institutionen zuständig, um den unterschiedlichen regionalen Strukturen und Anforderungen im Agrarbereich innerhalb des Landes gerecht zu werden (Abb. 19). Im Agrarbereich der Republik spielen vor allem das Landwirtschaftsministerium, das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, das Bo- denkomitee sowie Rayonverwaltungen und Munizipalitäten eine bedeutende Rolle.

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Abbildung 19: Staatliche Entscheidungsträger und administrative Institutionen der Agrarpolitik in Aserbai- dschan

Umwelt Nationalparlament Agrolizinq ministerium GMBH

Landwirtschafts- Informations- und ministerium Beratungszentren Ministerkabinett Justiz Veterinärdienst ministerium

Wirtschafts- NFUF* ministerium

Staatspräsident Bodenkomitee

Staatliche Komitees Statistik Komitee Rayonverwaltungen

Munizipalitäten

*Nationaler Fonds für Unternehmensförderung Quelle: Eigene Darstellung Das Landwirtschaftsministerium wurde nach der Auflösung der Sowjetunion gegründet. Im Jahr 2004 wurde es reorganisiert und es wurden neue Dienststellen für Melioration, Wasserwirtschaft, Veterinärdienst, phytosanitäre Kontrolle sowie eine staatliche Agentur für Agrarkredite geschaffen. Darüber hinaus gehört zum Ministerium die im Jahre 2004 unter dem Dekret des Staatspräsidenten gegründete „Agroleasing-Aktiengesellschaft“. Im Rahmen eines staatlichen Programms „über zusätzliche Maßnahmen für die Verbreitung von Leasing-Dienstleistungen im Agrarbereich“ importiert diese Gesellschaft Düngemittel, Pestizide, Weizen, Saatgut, neue und gebrauchte landwirtschaftliche Maschinen und deren Ausrüstung, Rassetiere und sonstige Mittel aus GUS und EU-Ländern und least diese zu günstigen Preisen an „Fermer“ (Landwirte). Die Gesellschaft unterhält in jedem Rayon eine Filiale (AQROLIZINQ 2010). Seit dem Jahr 2000 sind staatliche und private Informations- und Beratungszentren im Ag- rarbereich tätig, die den Landwirten Informationen und Ratschläge über Marktwirtschaft und neue Technologien geben und alle Fragen zur Bewirtschaftung der privaten Betriebe beantworten. Sie sind dem Landwirtschaftsministerium angegliedert. Der staatliche Veterinärdienst des Landwirtschaftsministeriums steht für die tierärztliche Betreuung auf der nationalen und der Rayonebene zur Verfügung. Die tierärztliche Betreu- ung ist ein wesentlicher Bestandteil der Tiergesundheit und dient gemäß einschlägiger Ge- setze der „Unterstützung der Viehhalter bei der Schaffung, Verbesserung und Erhaltung der Tiergesundheit und der Optimierung der Tierleistung mit dem Ziel der regelmäßigen, planmäßigen, systematischen und konsequenten Anwendung tierärztlichen Wissens und

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Qualifikation nach dem Stand der Wissenschaft“ (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASER- BAIDSCHAN (idF. v. 2005)). Das staatliche Programm über die zuverlässige Lebensmittel- versorgung der Republik Aserbaidschan von 2008–2015 beinhaltete ein ganzheitliches und nachhaltiges Tiergesundheits- und Hygienemanagement, das neben der Krankheitsvorbeu- gung das Tierwohl und die Umsetzung aller bekannten Maßnahmen und staatliche Ent- wicklungsprogramme zur Lebensmittelsicherheit umfasst (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2008). Im Rahmen dieses Programms wurde versucht, die privaten Vete- rinärdienste aufzubauen und im Land zu verbreiten. Somit sind im Jahr 2016 in Aserbaid- schan 25 private Veterinärstationen tätig (STATE VETERINARY SERVICE 2012). Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung wurde 2001 gegründet. Im Jahr 2004 wurde unter diesem Ministerium der Nationale Fonds für Unternehmensförderung (NFUF) wieder eingerichtet, welcher schon im Jahr 1992 gegründet worden war. Das Ziel der NFUF ist die finanzielle Unterstützung der kleinen und mittleren Betriebe. Daher spielt diese Organisation bei der Umsetzung der staatlichen Programme zur Entwicklung der Landwirtschaft eine große Rolle. Die Fremdfinanzierung von Investitionen stellt sich im Land sehr schwierig dar. Die Kreditvergabe durch Banken ist durch hohe Zinssätze von 7 bis 45 % pro Jahr sowie kurz- und mittelfristige Laufzeiten von einem bis sieben Jahre gekennzeichnet (siehe Anhang 2). Die Banken verlangen hohe persönliche und sachliche Kreditsicherheiten, um das Risiko eines Rückführungsausfalls zu minimieren. Deswegen ist der NFUF ein wesentlicher Ak- teur bei der Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe. Seit 2002 unterstützt er die Landwirte mit der Bereitstellung von Krediten mit günstigen Konditionen, etwa einem Zinssatz von 7 % pro Jahr und einer Laufzeit bis zu sieben Jahren. Die Kredite werden vorrangig zur Finanzierung der folgenden Vorhaben nachgefragt:  Gründung größerer Rindviehbetriebe zur Erzeugung von Milch und Fleisch,  Aufbau von Geflügelbetrieben,  Bau von Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsunternehmen,  Bau einer Fabrik für die Brotproduktion,  Gründung größerer Weizen- und Saatgutbetriebe,  Bau von Verarbeitungsunternehmen für pflanzliche Produkte,  Entwicklung von kleinstrukturierten Unternehmen (NFUF 2012). So wird auf längere Sicht eine Verdoppelung der landwirtschaftlichen Produktion ange- strebt. Der NFUF hat seine Förderaktivitäten in jüngerer Zeit in der Milch- und Fleisch- produktion sowie in anderen Bereichen deutlich intensiviert. Wie schon erwähnt, kauft er seit 2009 Milchkühe leistungsfähiger Rassen aus Deutschland, Großbritannien, Belgien und Holland und verkauft sie wiederum mit 50 % Nachlass an „Fermer“-Betriebe, wobei der reduzierte Kaufpreis durch vergünstigte Kredite von NFUF finanziert wird. Das Staatliche Bodenkomitee wurde am 17. Juli 1992 gegründet und ist für Reformen, wie die Privatisierung und Verwaltung der Böden zuständig. Im Jahr 2001wurde das Staatliche Komitee für Vermessungskunde und Kartografie mit dem Bodenkomitee vereinigt und trägt seither den Namen „Staatliches Boden- und Kartografie Komitee“. In jedem Rayon gibt es eine Filiale des Komitees. Es ist zuständig für die Registrierung von Verkäufen, Vermietungen, Verpachtungen und das Leasen von Boden, für den Kataster der Böden

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nach Qualität und Quantität sowie die Festlegung von Bonitätsskalen und die wirtschaftli- che Bewertung. Die Stadt- und Rayonverwaltungen sind die wesentlichen Institutionen für die regionale Administration und unterstehen direkt dem Staatspräsidenten. Jede Stadt- und Rayonver- waltung hat ihre Filialen (administrative Dorfgemeinden) in den Siedlungen und Dörfern. Unter dem Dach einer administrativen Dorfgemeinde werden von eins bis sechs Dörfer oder Siedlungen organisatorisch verwaltet, abhängig von Einwohnerzahl und Flächengröße eines Dorfs. Die Tätigkeiten der Stadt- und Rayonverwaltungen sind vielseitig, wobei für den Agrarbereich folgende wesentliche Aufgaben zu nennen sind:  Umsetzung der Staatspolitik bezüglich der Entwicklung des Agrarsektors,  Vorbereitung und Implementierung der lokalen Entwicklungsprogramme,  Kontrolle über: o die Nutzung des staatlichen Eigentums sowie dessen Schutz; o die Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche nach Bestimmungskategorie; o und über die effiziente Nutzung der Winter- und Sommerweideflächen sowie deren nachhaltige Nutzung; o die Dienstleistungen im Agrarbereich (tierärztliche Betreuung, Agroservice für landwirtschaftliche Maschinen etc.).  Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit,  Unterstützung der zuständigen anderen Regierungsstellen bei der Umsetzung von Investitionsprojekten zur Entwicklung des Agrarsektors,  Beteiligung an der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zur Lebens- mittelsicherheit zusammen mit den zuständigen staatlichen Behörden,  Unterstützung des Ministeriums für Landwirtschaft der Republik Aserbaidschan bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen Krankheiten und für Hygiene im Bereich der Tierhaltung,  Umsetzung von Maßnahmen im Bereich des Pflanzenschutzes. Die Munizipalität als lokale und selbstständige administrative Gemeindestruktur ist unab- hängig von anderen staatlichen Administrationen tätig. Ihre Mitglieder werden von den Dorfbewohnern alle vier Jahre gewählt. Neben den Rayonverwaltungen spielen die Muni- zipalitäten eine große Rolle bei der Verbesserung der ländlichen und sozialen Infrastruktur. Sie sind vor allem in sozialpolitischen Belangen der Dörfer, Siedlungen und Städte tätig. Munizipalitäten sind verantwortlich für die Verwaltung der Dorfweiden. Wie die Rayon- verwaltung haben auch die Munizipalitäten in jedem Dorf und jeder Siedlung eine Filiale. Obwohl Munizipalitäten und administrativen Dorfgemeinde unabhängig voneinander tätig sind, findet in vielen Bereichen eine Zusammenarbeit statt.

4.8 Vermarktung von Agrarprodukten Für den Erfolg im landwirtschaftlichen Betrieb reicht allein die Herstellung der Produkte nicht aus. Vielmehr erfordert die Marktwirtschaft, alle Entscheidungen der Produktion bis zum Absatz hin zu optimieren. Die Vermarktung als letzter Schritt hat somit großen Ein- fluss auf den Betriebserfolg.

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Unter dem Begriff Vermarktung sind alle Planungen, Koordination und Kontrollen zu ver- stehen, die dem Absatz der erzeugten Produkte an Verbraucher dienen. Die Vermarktung ist auch ein Teil der Betriebsführung, sodass die Akquise von Finanzierung sowie die Per- sonalplanung aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenfalls zum Bereich des Marketings ge- hören (EHRMANN 2004; MEFFERT ET AL. 2012; WEIS 2004). Die Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte in Aserbaidschan erfolgt sowohl auf direkten und als auch auf indirekten Absatzwegen. Die Mehrheit der Erzeugnisse gelangt im Straßen- und Hofverkauf sowie auf Basaren (Bazar) in Rayons oder Großstädten direkt an die Käufer. Wegen des Vorherrschens kleinstrukturierter Familienbetriebe in der Land- wirtschaft treten diese auch als wichtigste Anbieter auf. Der indirekte Absatz läuft über Großhändler, Zwischenhändler und Verarbeitungsunternehmen, wie Nahrungsmittelfabri- ken, Metzgereien, Bäckereien, Molkereien und andere Abnehmer (siehe Kapitel 7.9). Ob- wohl die Agrarmärkte in Aserbaidschan schnell wachsen, bestehen immer noch zahlreiche Probleme in diesem Bereich, wie etwa ein schwieriger Marktzugang für zahlreiche Betrie- be (EDWARDS 2011). Die relevanten Probleme oder auch Erfolgsfaktoren können in interne und externe Faktoren aufgeteilt werden. Interne Probleme bestehen innerhalb eines Betriebs im Bereich von Management, Organi- sationsstruktur und der Ausstattung mit Produktionsfaktoren, wobei Fähigkeiten und Kenntnisse des Betriebsleiters von größter Bedeutung sind. Auch Landwirten mit allge- meinen Kenntnissen über Landwirtschaft fehlt oft das strategische Denken für den Absatz ihrer Produkte. Während der Sowjetzeit gab es kein Training für das Management eines privaten Betriebs – Wettbewerb und Marketing waren Fremdworte. Die heutige Landwirt- schaft des Landes ist demzufolge gering wettbewerbsfähig (WATTAUL 2007). Die Mehrheit der neuen Landbesitzer war jedoch früher außerhalb der Landwirtschaft tätig und ist daher noch weniger auf die neuen Herausforderungen vorbereitet. Ihnen fehlen Wissen, Informa- tionen und Erfahrungen zum Marketing oft vollständig, sodass sie die Herausforderungen der Marktwirtschaft nur schwer bewältigen (LAMERS ET AL. 2008). Gelegentlich wissen sie nicht einmal, welche Feldfrüchte am vorteilhaftesten anzubauen sind und welche Preise sie dafür erwarten können. Externe Probleme resultieren aus der Umwelt des Betriebes und werden durch gesamtwirt- schaftliche und sektorale Daten, die technische Entwicklung sowie den politischen und rechtlichen Rahmen abgebildet. Externe Probleme sind in Aserbaidschan teilweise noch sehr ausgeprägt. Laut Angabe des Landwirtschaftsministeriums gehen bis 50 % der Obst und Gemüseproduktionen aufgrund schlechter Vermarktungsmöglichkeiten und schwacher Marktstellung der Anbieter verloren (EDWARDS 2011). Da diese keine Lagerkapazitäten oder gar eigene Möglichkeiten der Kühlung besitzen, sind sie insbesondere im pflanzlichen Bereich nicht in der Lage, günstige Zeitpunkte für Markttransaktionen zu wählen. Die dar- aus resultierenden ökonomischen Verluste üben starke demotivierende Effekte aus. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind als Anbieter auf den teils immer noch unstrukturier- ten Marktorte und Basaren erheblichen Nachteilen ausgesetzt. Diese reichen von willkürli- chen Platzmieten der Verkaufsstände über die Verweigerung, solche überhaupt zu gewäh- ren bis zur gänzlichen Verdrängung aus dem Markt durch Groß- und Zwischenhändler. Häufig diktieren solche Händler die Konditionen und zwingen kleine Anbieter, zu niedri- gen Preisen zu verkaufen.

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Noch immer sind Verkehrswege regional in schlechtem Zustand. Betriebe und Märkte sind oft weit voneinander entfernt. Kleine Betriebe besitzen kaum eigene Maschinen zum Transport der erzeugten Produkte, so dass in Bergdörfern weiterhin Pferde und Esel ge- nutzt werden. Auch sind dort oft keine öffentlichen Verkehrsmittel zu finden. Verlässliche Abnehmerketten als Handelspartner der landwirtschaftlichen Anbieter sind noch rar. Nach der Auflösung der Sowjetunion wurden Verarbeitungsunternehmen, Lager- plätze und Kühlhäuser der Kolchosen und Sowchosen teilweise privatisiert und befinden sich nicht selten in einem desolaten Zustand. Zwar wurden in den letzten zehn Jahren mit finanzieller Unterstützung der NFUF Investitionen getätigt und Fortschritte erreicht, jedoch sind deren Kapazitäten noch nicht ausreichend. Die immer noch herrschende Korruption und Monopolstellung wirken sich sehr negativ auf das Marktgeschehen aus und bilden wie auch in anderen Bereichen der Wirtschaft ein Hindernis für den Fortschritt (OECD 2005). So verwundert nicht, dass die Agrarmärkte von internationalen Experten nicht positiv beurteilt werden (BERTELSMANN TRANSFORMA- TION INDEX 2003). Laut Transparency International lag Aserbaidschan im Jahr 2014 nach dem Korruptionsindex auf Platz 126 von 174 Ländern. Dies zeigt die hohe Korruption der Wirtschaft und auch im Bereich der Landwirtschaft (TRANSPARENCY INTERNATIONAL 2014). Die Tabelle 27 zeigt die Preisentwicklung der wichtigsten tierischen Produkte von 2005 bis 2012. Die Preissteigerung beim Schaffleisch auf weit mehr als das Doppelte ist bemer- kenswert. Nicht zu vergessen ist schließlich, dass auf diesen Märkten in Aserbaidschan informelle Netzwerke sowie die Wirkungen von Freundschaft, Verwandtschaft und Nach- barschaft eine sehr große Rolle spielen (YALÇIN-HECKMANN 2005a). Tabelle 27: Entwicklung der durchschnittlichen Preise für ausgewählte Tierprodukte (in AZN) Art der Produkte Einheit 2005 2009 2010 2011 2012 Milch 1 L. 0,67 0,71 0,94 0,93 0,95 Butter 1 kg 3,10 4,96 5,54 6,11 6,13 Käse 1 kg 4,88 3,98 4,14 4,50 4,63 Eier 10 Stück 0,83 1,13 1,19 1,31 1,01 Rindfleisch 1 kg 3,27 5,71 5,75 7,02 7,65 Schaffleisch 1 kg 3,57 6,65 6,56 7,60 8,60 Geflügel 1 kg 2,44 3,72 3,61 3,52 3,41 Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Allerdings ist hervorzuheben, dass, sich die Märkte für tierische Produkte im Vergleich zu pflanzlichen Erzeugnissen in einem besseren Zustand befinden, obwohl die oben genann- ten Probleme bei der Tierhaltung auch zu beobachten sind. Hierfür sind mehrere Gründe zu nennen. Die Anbieter können Schlachtzeitpunkte in gewissen Grenzen variieren und sind somit flexibler in der Wahl der Verkaufszeitpunkte als etwa die Anbieter leicht verderbli- cher Früchte und deshalb in einer günstigeren Verhandlungsposition. Der Hauptgrund liegt jedoch in der außerordentlich hohen Nachfrage nach Rind- und Schaffleisch.

4.9 Außenhandel Neben der Marktwirtschaft ist freier Außenhandel eines der wichtigsten Ziele der Wirt- schaftspolitik im Land. Aserbaidschan ist seit 2007 Beobachter der Welthandelsorganisati-

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on (WTO); seit 1997 laufen Verhandlungen über einen Beitritt (ALIYEV 2001; HUSEYNOV 2011, 2015). Im Jahr 2012 wurden von Aserbaidschan Waren im Gesamtwert von 23,91 Mrd. in US- Dollar ausgeführt und Waren im Wert von 9,65 Mrd. in US-Dollar eingeführt. Die Außen- handelsbilanz schloss in diesem Jahr mit einem Überschuss von 14,26 Mrd. in US- Dollar ab. Der höchste Wert im Außenhandelsüberschuss von 40,5 Mrd. Dollar war im Jahr 2008 zu verzeichnen. Der Anteil der landwirtschaftliche Erzeugnisse an den gesamten Ausfuhren beträgt 3,48 % und an Gesamteinfuhren 14,94 %. Erzeugnisse der Landwirtschaft wurden im Wert von 0,83 Mrd. US-Dollar ausgeführt und im Wert von 1,44 Mrd. US-Dollar eingeführt. Zwi- schen 2002 und 2012 stiegen die Ausfuhren nahezu um das 12-fache; im rechnerischen Durchschnitt waren das jährlich 32 % Zuwachs. Die Einfuhren sind in der gleichen Zeit- spanne um 66 % und im Durchschnitt jährlich um 20 % gestiegen. In folgender Tabelle 28 sind die Inlandsproduktion, Export, Import und Verbrauch der Tierprodukte für 2012 dargestellt. Tabelle 28: Inlandsproduktion, Export, Import und Verbrauch von Tierprodukten (2012) Produktgruppe Inlands- Saldo (Import Verbrauch Verlust Saldo produktion Export) +, - /Verbrauch in % Einheit in Tonnen Fleisch und -erzeugnisse 285.636 24.658 306.098 1.947 8,1  Rind 119.545 9.502 127.225 625 7,5  Schaf und Ziege 76.022 1.036 75.971 453 1,4  Schwein 741 2.138 2.918 37 73,2 Geflügel 89.328 11.982 99.984 832 12

Milch und Milcherzeugnisse 1719.620 642.208 2.227.757 52.641 28,8

Eier in 1000 Stück 1.226.711 48.688 1.167.394 6.477 4,2 Fisch und – erzeugnisse 50.648 19.564 68.349 142 20,6

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b) Nach Aserbaidschan werden pflanzliche und tierische Produkte, unter ihnen lebende Tiere, Fleisch und Fleischerzeugnisse sowie Milch und Milchprodukte geliefert. Lebende Tiere und Tierprodukte umfassten 7,9 % oder 113,79 Mill. US-Dollar der Lieferungen. Die le- benden Tiere sind Zucht- und Schlachttiere von Groß- und Kleinvieh und wurden im Wert von 27,89 Mill. US-Dollar eingeführt, über doppelt so viel wie im Vorjahr. Demgegenüber ist die Ausfuhr der lebenden Tiere und Tierprodukte um 81,3 % gesunken. Es wurden 52.770 Stück lebendes Großvieh aus Russland (10,9%), Georgien (81,3 %), Deutschland (5,1 %) und anderen Ländern (2,7 %) im Wert von 22,06 Mill. US-Dollar importiert, ferner 67.666 lebende Schafe aus Georgien (99,6 %) und Russland (0,4 %) im Wert von 0,92 Mill. US-Dollar und 73 Ziegen im Wert von 62.000 US- Dollar. Unter den tierischen Produkten hat das Fleisch große Bedeutung. Der Fleischverbrauch betrug in Aserbaidschan 2012 statistisch 33,15 Kilogramm pro Kopf (davon 8,23 kg von Schaf und Ziege, 13,78 kg von Rind, 10,83 kg von Geflügel und 0,32 kg von Schwein). Damit liegt dieser Wert noch unter dem Mittel des Weltverbrauchs von 43,4 kg pro Jahr

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(FAO 2015). Die importierte Fleischmenge entsprach ungefähr 9,3 % der Inlandproduktion von 285.636 Tonnen und 8,7 % des Verbrauchs. Dabei entfällt 0,4 % auf Schaffleisch und 3,98 % auf Rindfleisch der Inlandsproduktion. Insgesamt wurde im 2012 1,85 Mill. Ton- nen Fleisch aus GUS-Ländern, EU-Ländern und aus anderen Länder nach Aserbaidschan eingeführt und 2,5 Mill. Tonnen Fleisch ausgeführt. Die gesamte Inlandsproduktion von Fleisch deckte 2012 87,7 % des inländischen Fleischbedarfs. Das inländisch produzierte Schaf -und Ziegenfleisch deckte 98,7 % und Rindfleisch 91,7 % des inländischen Bedarfs. Zwischen 2007 und 2012 ist die Inlandsproduktion der Schaf -und Ziegenfleisch um 67 %, der Verbrauch um 66 %, Importe um 885 % (von 124 auf 1036 Tonnen) gestiegen. In die- ser Zeitspanne wurde nur im Jahr 2008 3 Tonnen Schaf und Ziegenfleisch exportiert. Im Vergleich zu Fleisch ist die Menge und der Wert der eingeführten Milch und Milcher- zeugnisse höher. Im Jahr 2012 wurden 64,2 Tsd. Tonnen Milch und Milchprodukte im Wert von 36,56 Mill. US-Dollar importiert (Abb. 20). Diese Menge entsprach etwa 37,3 % der Inlandproduktion und 28,8 % des Verbrauchs. Inländisch produzierte Milch und Milcherzeugnisse deckten 77 % des inländischen Bedarfs. Zwischen 2007 und 2012 ist die Importmenge von Milch und Milcherzeugnissen um 15 % und deren Importwert um 242 % (im Durchschnitt jährlich +35,2 %) gestiegen. Abbildung 20: Entwicklung des Imports von Milch und Milcherzeugnissen

in Mill. US-Dollar

37.43 35.21 36.56 26.91

15.09 16.03 15.07 9.11 10.94 8.91 9.44 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN (2016b)

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5 Kooperationen in der Landwirtschaft Aserbaidschans

5.1 Begriffsbestimmung Bei der Suche nach optimalen Betriebsgestaltungen gewinnt die Kooperation als eine Or- ganisationsform in vielen Bereichen an Bedeutung (AURBACHER ET AL. 2011; DIRK VAN DER ET AL. 2007; LINK 1995). Kooperation bietet landwirtschaftlichen Betrieben die Mög- lichkeit, größenbedingte strukturelle Nachteile zu überwinden, die den wirtschaftlichen Einsatz von Maschinen sowie auch wettbewerbsnotwendige marktwirtschaftliche Anpas- sungen komplizierter machen. Damit kann Kooperation zur Verbesserung der Einkom- mens- und Lebensbedingungen der landwirtschaftlichen Bevölkerung beitragen. Koopera- tion in der Landwirtschaft ist zwar ein weltweit wissenschaftlich untersuchter Gegenstand (z.B. Auswahl an wichtigen Quellen), wird jedoch als Begriff in der Fachliteratur sehr un- terschiedlich definiert. Als eine sehr weit gefasste und allgemeine Begriffserklärung kann unter Kooperation in der Landwirtschaft jede Form sozialer und wirtschaftlicher Interakti- on von zwei oder mehr landwirtschaftlichen Betrieben miteinander oder untereinander ver- standen werden, die freiwillig und vereinbart (schriftlich oder mündlich) zusammenarbei- ten, um ein oder mehrere gemeinsame mittel- bis langfristige individuelle Ziele zu errei- chen (BALLING 1997b; DOLUSCHITZ 2001; LINK 1995; SCHILLER 1970) In der agrarwissenschaftlichen Literatur wird der Begriff Kooperation mit sehr unter- schiedlichen Funktionen, wie Koordination, Integration, Konzentration sowie zwischen- und überbetrieblicher Zusammenarbeit in Verbindung gebracht (AUGUSTIN 1994). Bei ei- nigen Autoren wird unter Kooperation jede Art überbetrieblicher Zusammenarbeit verstan- den (KÖBKE 1972) während andere die Formulierung „freiwillige zwischenbetriebliche Zusammenarbeit“ verwenden (BALLING 1997b; HOFFMANN 1976). Auf zwischenbetriebli- cher Ebene versteht man unter Kooperation das Zusammenwirken von Betrieben, bei wel- chem durch einzelbetriebliche Ausgliederung und kollektive Ausübung von Aufgaben die wirtschaftliche Situation der kooperierenden Betriebswirtschaften verbessert werden soll (AUGUSTIN 1994). In vielen Ländern haben die Kooperationen in Form von Genossenschaften eine herausra- gende Bedeutung bei der Herstellung zahlreicher Produktgruppen, wie Milch oder Fleisch, vor allem auf den ersten Verarbeitungsstufen und bei der Finanzierung mit Krediten (BALLING 1997a). So ist z.B. die Gründung der ersten Genossenschaften in Deutschland mit zwei Personen, Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch, ver- bunden. Sie haben die Genossenschaft „Raiffeisenbank“ Mitte des 19. Jahrhunderts erfolg- reich gegründet. Das Ziel war, die wirtschaftliche Lage der armen Bevölkerungsschichten zu verbessern, vor allem die der Bauern, die im Verlauf der industriellen Revolution in schlechte finanzielle Verhältnisse (ungenügendes Eigenkapital, fehlendes Bargeld) geraten waren. Diese Kreditgenossenschaften für Bauern und Handwerker waren in jener Zeit sehr hilfreich zur Sicherung ihrer Existenz und Überwindung von Notlagen (LIEBERT 2009; ZELLER 2003). Die Beteiligten einer Kooperation sind in jeder Hinsicht ist als selbstständig handelnde Wirtschaftssubjekte zu bezeichnen. Ist die Kooperation auch eine freiwillige Zusammenar- beit, so sehen doch viele Autoren in rechtlich geregelten und vertraglichen Vereinbarungen

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eine weitere, notwendige Bedingung für ihren organisatorischen Rahmen. Eine Kooperati- on soll rechtlich und wirtschaftlich so vereinbart sein, dass zum Zwecke einer besseren Zielerreichung der Partner bestimmte Funktionen gemeinsam realisiert werden (BALLING 1997a). Kooperationen lassen sich deshalb von anderen Geschäfts- und Unternehmensfor- men dahingehend abgrenzen, dass diese Zusammenarbeit:  „nicht administrativ verordnet ist, sondern,  auf Eigeninitiative der Beteiligten beruht,  auf längere Dauer angelegt ist und  sich nicht auf einmalige oder sporadische Geschäftsabwicklungen bezieht“ (DOLU- SCHITZ 2001). Demnach ist einmalige gemeinsame Handlung oder Zusammenarbeit nicht als Kooperation zu bezeichnen, so dass jene für die kurzfristige Erreichung von individuellen Zielen nicht geeignet ist (HOFFMANN 1976).

5.2 Ziele der Kooperationen In der Landwirtschaft verlangen technische, organisatorische und informationelle Fort- schritte laufende Anpassungen der Betriebe, auch steigt durch die Fortschritte der Wettbe- werbsdruck. Eines der wichtigsten Ziele jedes Betriebsleiters ist die Senkung der Produkti- onskosten. Sie wird ermöglicht, wenn ein Betrieb größere Produktionseinheiten erreicht – entweder durch einzelbetriebliches Wachstum oder durch eine Kooperation. Da einzelbe- triebliches Wachstum, wie schon erwähnt, oft ausgeschlossen ist, bleibt die Zusammenar- beit zwischen den Betrieben als eine Möglichkeit, um variable und feste Kosten zu verrin- gern und Einkommensverbesserungen zu erzielen. In der Tabelle 29 sind die wirtschaftli- chen Ziele der Kooperation in technische und organisatorische Aspekte gegliedert. Allerdings geht es bei Kooperation nicht allein um Kostenreduktion und Einkommens- wachstum, vielmehr kommen zu den wirtschaftlichen auch soziale Ziele hinzu, insbeson- dere soziale Verbesserungen für den Betriebsleiter und seine Familienangehörigen (LINK 1983). Nach DOLUSCHITZ (2006) betreffen die sozialen Ziele vor allem den Bereich der Arbeitserledigung und der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Es geht um geregelte Frei- zeit, Reduzierung des Arbeitsumfangs sowie die Entlastung von Familienarbeitskräften, wie Ehefrauen und Familienmitglieder, die damit die Möglichkeit erhalten, eine außer- landwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Allerdings lassen sich nicht alle Wünsche erfül- len, so dass Kompromisse zwischen den Partnern erforderlich sind. Kompromissbereit- schaft ist damit eine zentrale Voraussetzung für Kooperationsbeziehungen. Missverständ- nisse und Spannungsfelder dürfen nicht ignoriert, sondern müssen aktiv bewältigt werden (DOLUSCHITZ 2006). Eine gelungene Kooperation bietet allein durch persönlichen Verbund und ohne staatliche oder andere externe Einflussnahme die Möglichkeit zur Verbesserung der Lebenssituation (LINK 1983).

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Tabelle 29: Mögliche wirtschaftliche Zielerreichung bei landwirtschaftlichen Kooperationen

Technisch zu realisieren Organisatorisch zu realisieren

• Erzielung von Größendegressionsef- • Verbesserung der Marktstellung beim Einkauf von fekten (insbesondere bei den Produk- Produktionsmitteln und Verkauf von Produkten, so dass tionsfaktoren Arbeit und Kapital), den Beteiligten verstärkte Marktmacht ermöglicht wird. Besonders kleineren und mittleren Betrieben bietet eine • Kosteneinsparungen beim Produkti- Kooperation die Möglichkeit ihre Marktposition durch onsmitteleinsatz (z. B. durch die An- Gemeinschaftsmarketing deutlich zu verbessern wendung effektiverer und effiziente- rer Fütterungsverfahren und Ausbrin- • eine bessere Betriebsorganisation (z. B. im Sinne einer gungstechniken) und Senkung der stärkeren Spezialisierung oder höheren Auslastung von Produktionskosten je erzeugter Pro- Spezialisten) (DOLUSCHITZ 2006), dukteinheit, • durch die Nutzung von Möglichkeiten zur Spezialisie- • Verringerung der festen Kosten für rung der Arbeitskräfte und Freisetzung von Familienar- Gebäude und moderne Technik durch beitskräften, damit es zu mehr außerbetrieblicher Tä- größere Produktionseinheiten, tigkeit kommt (THEUVSEN 2003) oder die Einsparung dadurch auch rentablere Maschinen- von Fremdarbeitskräften möglich wird, und Anlagennutzung, • die Eröffnung von Wachstumspotentialen oder auch die • Einsatzmöglichkeiten produktiverer Erschließung von außerlandwirtschaftlichen Möglich- Produktionstechniken und bessere keiten der Einkommenserzielung, Produktionstechnik durch Spezialisie- • die Steigerung der Arbeits- und Produktionsproduktivi- rung. tät (MANN & MUZIOL 2001). Quelle: Eigene Darstellung

5.3 Formen der Kooperationen Die Zusammenarbeit zwischen landwirtschaftlichen Betrieben kann sehr unterschiedlich von einfachen bis hin zu komplexeren Formen gestaltet werden. So kann eine Kooperation die gemeinsame Anschaffung einer Maschine beinhalten oder eine Betriebsgemeinschaft in mehreren Bereichen darstellen. Daher werden Kooperationen voneinander nach Formen im soziologischen Sinn, Richtungen, Bindungsgraden und Organisationsformen unter- schieden. Nach AUGUSTIN (1994) können sich die Kooperationen im soziologischen Sinne als for- melle und informelle Formen darstellen:  Formelle Kooperation vorsätzlicher, vertragsmäßiger Art, die sich gewöhnlich im Rahmen formaler Organisationsstrukturen vollzieht, wie es in den Ländern der EU weit verbreitet ist.  Informelle Kooperation, die zwar auch bewusst, jedoch nicht vorsätzlich- vertragsmäßiger Art ist. Sie entsteht im Allgemeinen spontan und beinhaltet keine vertraglichen Verpflichtungen. Typisch sind traditionelle Zusammenarbeit und ge- genseitige Hilfe beim Hausbau, beim Pflanzen, bei der Ernte und beim Dreschen sowie bei der Heuernte oder dem Hüten der Tiere. Die informelle Kooperation tritt verstärkt unter Familien-, Nachbarschafts- und Freundschaftsgruppen auf sowie in Notzeiten und bei Gefahr. Kooperationen werden hinsichtlich ihrer Richtung in vertikale, horizontale sowie eine Mischform gegliedert:

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 Unter vertikaler Kooperation versteht man eine Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Beteiligten auf unterschiedlichen Verarbeitungsstufen. Vertikale Kooperationen sind als Produktions- oder Absatzgemeinschaft anzutreffen (KIRSCH 1976; DRESCHER 1993; JEFFREY 1995; OUDEN ET AL. 1996).  Unter horizontaler Kooperation ist die Verbindung landwirtschaftlicher Betriebe untereinander zu verstehen. Im Vergleich zu vertikaler Kooperation findet die hori- zontale Kooperation auf derselben Verarbeitungsstufe statt (STADELBAUER 1979).  Die Mischform kombiniert die Zusammenarbeit auf gleicher und unterschiedlicher Verarbeitungsstufe. Der Grad einer Zusammenarbeit wird mit dem Begriff „Bindungsintensität“ oder "Bin- dungsgrad" beschrieben. Nach KNOBLICH (1969) unterscheidet man bei der zwischenbe- trieblichen Zusammenarbeit nach dem Bindungsgrad „schwache“ und „starke“ Kooperati- on. Die „schwache“ kommt ohne eigens institutionalisierte Gemeinschaftsorgane aus und wird durch juristisch oder wirtschaftlich meist nur locker miteinander verbundene Mitglie- der getragen. Die Gestaltung dieser Zusammenarbeit ist im Zeitablauf sehr variabel und erfordert keine grundlegende Veränderung der Betriebsorganisation der Partner. Die „star- ke“ Kooperation wird hingegen durch Gemeinschaftsinstitutionen der Partner geprägt, die eine Veränderung der Einzelbetriebsorganisationen erfordern (BERG ET AL. 2001). DOLUSCHITZ (2006) teilt die Bindungsintensität der Kooperation in vier Stufen. Die Kom- plexität einer Kooperation steigt mit der Bindungsintensität und mit ihr auch die betriebli- chen und persönlichen Anforderungen. Die Organisationsform legt fest, in welchem organisatorischen Rahmen die Betriebe zu- sammenarbeiten und wie die Regeln und Strukturen der Kooperation gestaltet werden sol- len (LINK 1995). Abhängig vom Interesse der Partner, der Zuordnung von Entscheidungs- befugnissen und der Bindungsintensität einer Kooperation sind unterschiedliche Organisa- tionsformen möglich (DOLUSCHITZ 2006). Sie lassen sich in vier Gruppen einteilen, die auch für die Landwirtschaft in Aserbaidschan gültig sind (AUGUSTIN 1994; LINK 1995):  Tauschgemeinschaften,  Dienstleistungen und zwischenbetriebliche Arbeitsteilung,  Gemeinschaftliche Nutzung von Produktionsmitteln,  Betriebszweiggemeinschaften (Teilfusion) und Betriebsgemeinschaften (Vollfusi- on).

5.4 Voraussetzungen Der Erfolg einer Kooperation hängt von vielen Faktoren ab. Soll die Motivation der Part- ner nicht aufgrund von Unkenntnis und Missverständnissen abnehmen, sind zahlreiche Voraussetzungen für eine enge Zusammenarbeit in Betracht zu ziehen (MANN & MUZIOL 2001; HEIN 2011). Sie werden von LINK (1983) in drei Gruppen gegliedert:  persönliche und menschliche Voraussetzungen,  betriebliche Voraussetzungen,  institutionelle Voraussetzungen. Betriebliche/wirtschaftliche Voraussetzungen: Neben persönlichen und menschlichen Voraussetzungen gelten weiterhin die betrieblichen/wirtschaftlichen Voraussetzungen als 87

ein ausschlaggebendes Entscheidungskriterium bei Kooperationen. Nicht alle landwirt- schaftlichen Betriebe weisen die für eine Kooperation wichtigen Eigenschaften auf und auch nicht jede Kooperationsform eignet sich für jeden Betrieb. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist die Betriebsgröße ein entscheidendes Kriterium. Für kleinere Betriebe kann eine Kooperation sowohl in organisatorischen als auch in tech- nischen Bereich sehr sinnvoll sein. Je kleiner ein Betrieb ist, desto sinnvoller ist eine Ko- operation für ihn, um hohe Betriebskosten zu senken. Betriebe mit größeren Kapazitätsaus- stattungen brauchen eine Kooperation eher im organisatorischen Bereich, um ihren Betrieb besser managen zu können. Neben ihrer Größe ist auch die Anzahl der Betriebe in einer Zusammenarbeit zu berücksichtigen. Je mehr Betriebe beteiligt sind, umso stärker steigen Kontrollkosten und Meinungsunterschiede zwischen den Partnern, was die Kooperation gefährdet. Um entscheiden zu können, ob die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Ko- operation erfüllt sind, sollte die Situation der potenziellen Kooperationsbetriebe zuvor ge- nau untersucht werden. Eine Betriebsanalyse, die von der Erzeugung bis hin zur Vermark- tung der Produkte reicht, ist unabdingbar. Die so gewonnenen Kenntnisse über die wirt- schaftliche Ist-Situation des einzelnen Betriebes sind in die Kooperationsplanungen zu integrieren. Selbst wenn nach Prüfung aller übrigen Voraussetzungen eine Kooperation befürwortet werden kann, ist diese nur sinnvoll, wenn die wirtschaftliche Situation eines Betriebs zufriedenstellend ist. Ob ein Betrieb für seinen Besitzer ein ausreichendes Ein- kommen erwirtschaftet, kann mithilfe einer Rentabilitätsanalyse geprüft werden. Mit dieser wird festgestellt, ob im Betrieb ein angemessenes Entgelt für die eingesetzten, eigenen Produktionsfaktoren erzielt wird und aus welchen Gründen das Entgelt ggf. zu gering ist (MUßHOFF & HIRSCHAUER 2013). Die Produktionsverhältnisse sollten in den beteiligten Betrieben ähnlich sein, so dass die Schwerpunkte und Produktionsfaktoren der Betriebe sich ergänzen und ausgetauscht werden können. Wenn zwischen den Betrieben bezüglich der Kapazitätsausstattungen (Boden, Arbeit, Kapital, Wasser) große Unterschiede beste- hen, ist eine erfolgreiche Kooperation nur sehr schwierig umzusetzen (AUGUSTIN 1994; PÖCHTRAGER & WAGNER 2002). Bei einer Kooperation sollten die Betriebe auch auf den Kapitalbedarf achten, der für geplante gemeinsame Investitionen anfallen wird. Zur seiner Deckung müssen geeignete Finanzierungsformen (Finanzierung mit Eigenkapital, Fremd- kapital oder geförderte Finanzierungsformen) gefunden werden. Die entstehenden Kosten für die gemeinsamen Investitionen müssen vor Kooperationsbeginn detailliert aufgeschlüs- selt und bewertet werden. Für die Kalkulation der Investitionskosten werden gründliche Kenntnisse der Kooperationspartner über die Kosten für gemeinsame Stallgebäude und andere bauliche Anlagen, sowie technische Geräte und landwirtschaftlichen Maschinen benötigt. In die Finanzplanung der Kooperationsbetriebe sind fixe und variable Kosten, evtl. zusätzliche Personalkosten, ggf. Miet- oder Pachtkosten und zu erwartende Umsätze bzw. Umsatzplanungen mit einzubeziehen. Als eine Voraussetzung für eine Kooperation ist auch die derzeitige Organisationsform der Einzelbetriebe zu berücksichtigen, weil jeder Betrieb sehr unterschiedliche organisatori- sche Gestaltungen aufweisen kann. Es sollte auch diskutiert werden, ob die Betriebe zu einer Änderung der Organisationsform bereit sind.

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Eine Spezialisierung des einzelnen Betriebs ist in der Kooperation in den Betracht zu zie- hen, dadurch können die Betriebsangehörigen mehr freie Zeit bekommen und auch Ar- beitskosten sparen. Die räumliche Entfernung zwischen den Betrieben ist von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung für oder gegen eine Kooperation. Eine Kooperation zwischen weit ent- fernten Betrieben kann hohe Transport- und auch Transaktionskosten verursachen, welche bei den Betrieben Unzufriedenheit mit der Kooperation hervorrufen. Auch die gerechte Entlohnung des eingebrachten Kapitals spielt eine große Rolle bei der Zufriedenheit der Kooperationspartner und ihrer Familien. Die einzelbetriebliche Entwicklungsfähigkeit jedes beteiligten Betriebes ist vorab zu klä- ren, also ob sie wettbewerbsfähig sind und Krisenzeiten allein oder auch in einer Zusam- menarbeit überwinden können. Besonders bei der Erzeuger- und Absatzgemeinschaft soll- ten die Zugangsmöglichkeiten einzelner Betriebe zu Kunden und den jeweiligen Märkte analysiert werden und die potenziellen monetären Erträge aus Direktvermarktung einge- schätzt werden. Bevor ein Betrieb in eine Kooperation eintritt, ist auch deren mittel- bis langfristige ver- tragliche Bindung zu prüfen. Der Betrieb muss in der Lage sein, seine eigenen Zinsver- bindlichkeiten abzudecken und finanzielle Mittel bereitzustellen, die für gemeinsame In- vestitionen in einer Kooperation benötigt werden. Persönliche und menschliche Voraussetzungen: Bei einer erfolgversprechenden Zu- sammenarbeit, insbesondere einer Voll- oder Teilfusion, spielen vor allem persönliche und menschliche Voraussetzungen eine bedeutende Rolle, die wie folgt zusammengefasst wer- den können:  Vorhandensein menschlicher Eigenschaften, wie Toleranz und Verträglichkeit,  Einordnungsvermögen, Vertrauen, Ehrlichkeit, Großzügigkeit, Offenheit, Fairness, Rücksicht, Gesprächs- und Kompromissbereitschaft in Konflikt-situationen,  Geschicklichkeit sowie fachliches Wissen und Können (Managementfähigkeit),  Ähnliches Statusgefüge der Partner (Alter , Bildungsgrad, Konfession, Ausbildung, körperliche Leistungsfähigkeit, Vermögen und Einkommensverhältnisse, geordnete Familienverhältnisse),  Gleiche Zielerwartungen und Wertvorstellungen der Mitglieder in Bezug auf die Gewinnsteigerung und Freizeitgestaltung,  Fortschrittsoffenheit,  Bereitschaft zur gemeinschaftlichen Zusammenarbeit, Kooperationserfahrung, z.B. aus einfacheren Formen der Zusammenarbeit, sowie Hilfsbereitschaft,  Bereitschaft zur Kommunikation, Information und Erfahrungsaustausch,  Freude an gemeinsamer Arbeit,  Wertschätzung des Kooperationseffekts zu jedem Zeitpunkt der Zusammenarbeit,  Berücksichtigung der Meinungen und des Einflusses der Partnerfrauen (AUGUSTIN 1994; LINK 1983). Wird die Bedeutung der persönlichen und menschlichen Eignung der Kooperationspartner unterschätzt, so führt dies zu Fehleinschätzungen und zum Misslingen des Gemein- schaftsmodells. Die Beteiligten müssen einander ein hohes Maß an Vertrauen entgegen- bringen und insbesondere bei der Gewinnverteilung Fairness in die Zusammenarbeit ein- 89

bringen. Als wichtigste Ursachen des Nichtzustandekommens von Kooperationen sind deshalb fehlendes Vertrauen und zwischenmenschliche Konflikte zu nennen. Vertrauen ist auch ein bedeutendes Merkmal, sollen die Partner ohne die Notwendigkeit einer Kontrolle auskommen (MATTHES 2007). Die Kooperationen mit stärkerer Bindungsintensität sind deshalb ohne emotionale Komponenten nicht vorstellbar (KLISCHAT, ET AL. 2001). Nach LUHMANN (1989) ist das Vertrauen zwischen Kooperationspartnern ein Mechanismus zur Reduktion der sozialen Komplexität. Auch die Kommunikation ist ein wichtiges Element der Zusammenarbeit. Informationen über neue Technologien und andere Innovationen sollten nicht erst bei Bedarf, sondern ständig unter den Beteiligten ausgetauscht werden. Die Meinungen der Ehefrauen von Partnern zu ignorieren und deren Auswirkung auf Ko- operationsentscheidungen zu unterschätzen ist ein großer Fehler bei der Führung einer Zu- sammenarbeit. Zwar gibt es in der aserbaidschanischen Gesellschaft immer noch die Auf- fassung, dass sich Frauen nur mit Frauenarbeit beschäftigen und sich aus den Angelegen- heiten der Männer heraushalten sollen. Tatsächlich haben jedoch die Frauen im Hinter- grund einen enormen Einfluss auf Betriebsentscheidungen. Institutionelle Voraussetzungen: Die institutionellen Rahmenbedingungen sowie staatli- che Programme und Maßnahmen für den ländlichen Raum haben wesentliche Auswirkun- gen auf die Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe. Gerade in Ländern, die sich immer noch in der Transformation befinden, werden die institutionellen Rahmenbedingungen ständig geändert. So wurden in Aserbaidschan innerhalb von 20 Jahren die gesetzlichen Grundlagen zu Kooperationen zweimal geändert. Neben Gesetzen wurden unterschiedliche staatliche Programme und Fördermaßnahmen für die Landwirtschaft aufgelegt. Deshalb ist es wichtig, neben den persönlichen, menschlichen und betrieblichen Voraussetzungen auch die institutionellen Rahmenbedingungen zu prüfen. Die wesentlichen institutionellen Vo- raussetzungen betreffen die folgenden Aspekte:  den Rechtsrahmen, Steuer- und Umweltgesetze und Umweltschutzbestimmungen,  die Preispolitik,  die Sozialpolitik,  die Marktpolitik,  das agrarpolitische Konzept und seine landesweiten Fördermaßnahmen und staatli- chen Programme. Alle oben genannten Voraussetzungen sind auch Faktoren für das Zustandekommen und die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen.

5.5 Kooperationen in Aserbaidschan Die Zusammenarbeit landwirtschaftlicher Betriebe ist den Landwirten in Aserbaidschan durch Kollektivbetriebe (Kolchosen und Sowchosen) der Sowjetunion bekannt (STADEL- BAUER 1979), die bis zur Agrarreform im Jahre 1996 als Hauptbetriebsformen vorherr- schend waren und deren Gründung auf Zwangskollektivierung basierte. Aus diesem Grund verwechseln die Viehhalter und Ackerbauern in Aserbaidschan wie in ehemaligen Sowjet- ländern häufig westliche Kooperationsformen mit einer zwangsweisen Organisation in Kolchosen und Sowchosen (PAVLIASHVILI 2009a). Wie schon erwähnt, basieren die erste-

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ren im Gegensatz zur Kollektivwirtschaft auf Freiwilligkeit, so dass die Mitglieder die Möglichkeit haben, aus der Gemeinschaft wieder auszutreten und ihre Familienbetriebe als Einzelbetrieb weiter zu bewirtschaften (SCHILLER 1970). Kleine und mittelgroße Betriebe besitzen in Aserbaidschan im Prinzip zahlreiche Möglich- keiten, ihre Situation zu verbessern. Eine davon ist das Wachstum. Allerdings wird für betriebliches Wachstum in der Landwirtschaft viel Kapital benötigt, etwa für die Anschaf- fung von Maschinen sowie für Rationalisierungsinvestitionen in Stallgebäude und Futter- mittellager. Das ist in kleineren Betrieben nicht realisierbar. Zum einen besitzen sie nur geringes Eigenkapital, was die Finanzierung von Investitionen mit eigenen Mitteln unmög- lich macht. Zum anderen ist es unter den derzeitigen Bedingungen für diese Betriebe sehr schwierig, Fremdkapital zu erhalten. Wegen kurzfristiger Laufzeiten, hoher Zinssätze und nur geringer Kreditumfänge lohnt sich vor allem für kleinere Betriebe keine Beschaffung von Fremdkapital bei Banken. In solchen Fällen einzelbetrieblicher Wachstumshemmnisse kann die Kooperation eine Alternative für die Einkommens-, Vermögens-, und Existenzsi- cherung der Betriebe sein. Obwohl eine Kooperation somit aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint, gibt es in Aserbaidschan wie auch in anderen Transformationsländern nur wenige zusammenarbei- tende landwirtschaftliche Betriebe (PAVLIASHVILI 2009b). Kooperationen formeller Art sind in der Praxis sehr wenig verbreitet. Derzeit (2017) existieren insgesamt 58 kooperati- ve Betriebe in der aserbaidschanischen Landwirtschaft, die auf Basis der „Kooperations- und Privatrechtsgesetze“ gegründet wurden (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAI- JAN 2016b). Das erste Kooperationsgesetz in der unabhängigen Republik Aserbaidschan trat im Jahr 1996 in Kraft (MINISTERKABINETT VON ASERBAIDSCHAN 1996), wurde jedoch nach wenigen Jahren wieder aufgehoben. Seit 2009 erhält das Thema in der Landwirtschaft jedoch politisch wiederum Aufmerksamkeit, als erkannt wurde, dass Kooperationen zur Entwicklung des ländlichen Raums beitragen können. Deshalb wurde am 15. April 2011 ein neues Kooperationsgesetz im Nationalen Parlament (Milli Məclis) diskutiert und in der ersten Lesung angenommen; es ist jedoch (2017) noch nicht in Kraft. Dieses Gesetz bein- haltet Vorgaben für die Gestaltung einer Kooperation und sowie rechtliche, wirtschaftliche und organisatorische Grundlagen. Das Privatrechtsgesetz trat im Jahre 1999 in Kraft und ist bis heute gültig (BÜRGERGESETZBUCH 1999). Die Kooperativen sind vertragsrechtlich gestaltet und formell in der jeweiligen Rayonverwaltung registriert. Die Zusammenarbeit bei diesen Kooperationsbetrieben besteht meist nur auf der Ebene einer Dienstleistungsge- sellschaft sowie bei der gemeinsamen Nutzung von landwirtschaftlichen Maschinen und Gebäuden im Pflanzenbereich. Neben den formell als Kooperation registrierten gibt es in Aserbaidschan eine weit größere Anzahl von Betrieben, die ohne schriftliche Vereinbarung im Rahmen der Beziehungen von Nachbarschaft und Verwandtschaft zusammenarbeiten. Diese Kooperationen beziehen sich häufig auf die gemeinsame Nutzung von Weiden oder Maschinen oder auf gemeinsa- me Tierhaltung auf der Sommer- oder Winterweide. Es gibt zweifellos noch mehr Betrie- be, die für eine Kooperation geeignet wären, aber von nicht genügend kooperationswilli- gen Betriebsbesitzern geleitet werden. Die Argumentationen der Kooperationsgegner sind sehr unterschiedlich, die als allgemeine Probleme von Kooperationen zu bezeichnen sind:

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 Eine negative Einstellung gegenüber den sowjetischen Betriebsformen wie Kolcho- sen und Sowchosen und die Gleichsetzung dieser mit neuen Kooperationsformen ist immer noch stark verbreitet (PAVLIASHVILI 2009b).  Die Angst, die eigene betriebliche Tätigkeit und Entscheidungsfreiheit in einer Ko- operation zu verlieren und in wirtschaftliche Abhängigkeit von dem größeren Ko- operationspartnerbetrieb zu geraten, ist wohl immer noch das größte Hindernis für nicht zustande kommende Kooperationen zwischen Einzelfamilienbetrieben. Weitere Faktoren sind (AUGUSTIN 1994; LINK 1995):  Zwischenmenschliche Konflikte und oft auftretende Missverständnisse,  Fehlende Kenntnisse, wobei die Landwirte oft kooperative Betriebsformen mit freiwilligen Kooperationen verwechseln,  Schwierigkeiten bei der rechtlichen Gestaltung einer Zusammenarbeit auf Grund der Bürokratie (lange Wartezeiten bei Notariaten, viele benötigte Dokumente, keine geeigneten Vertragsformen, vorherrschende Korruption usw.),  Die Angst, dass die Gewinnverteilung nicht gerecht geregelt wird,  Unsicherheit und wenig Vertrauen gegenüber dem anderen Partner. Diese Hemmnisse in Aserbaidschan stehen im Kontrast zu bemerkenswerten Erfolgen der Kooperation nicht nur in europäischen Ländern. Ferner ist aus einer Befragung von 462 Betriebsgemeinschaften der Schweiz im Jahre 2006 bekannt, dass über 60 % der beteilig- ten Betriebsleiter sogar Vollfusions-Kooperationsformen als wirtschaftlich und zwischen- menschlich erfolgreich beurteilen (LIPS & PULFER 2009; PULFER ET AL. 2006). Auch in der Türkei, einem Nachbarland Aserbaidschans, wurde das wirtschaftliche und soziale Potenti- al von Betriebsgemeinschaften erfolgreich umgesetzt (KOCABAŞ 2010).

5.5.1 Tauschgemeinschaften Die Tauschgemeinschaften besitzen meist informelle Formen und sind ohne rechtliche und vertragliche Verbindungen meist locker gestaltet. Zwischen landwirtschaftlichen Betrieben sowie Haushalten werden ohne finanzielles Interesse, aber mehr als nur einmalig, materiel- le und zeitliche Ressourcen oder menschliche Hilfe ausgetauscht. Die Formen können viel- seitig sein. Da in Aserbaidschan die persönlichen und familiären Beziehungen eine große Bedeutung besitzen, spielen Nachbarschaft und Verwandtschaft wesentliche Rollen für die Entstehung von Tauschgemeinschaften. Diese können dem Austausch von Futtermitteln, Maschinen, Wirtschaftsdünger, Weide und anderen Ressourcen dienen. Als eine einfache Form der Tauschgemeinschaften ist die Nachbarschaftshilfe weltweit verbreitet, die auch eine lange Tradition in Aserbaidschan hat. Ein aserbaidschanisches Sprichwort verweist auf ihre Bedeutung: „Ein Nachbar in der Nähe ist besser als Ver- wandtschaft in der Ferne“ (yaxın qonşu uzaq qohumdan yaxşıdır). Die Nachbarschaftshilfe erfolgt zwischen Menschen in einer ähnlichen sozialen oder materiellen Situation, etwa beim gemeinsamen Einbringen der Ernte, bei der Heugewinnung sowie während der Wan- derung der transhumanten Viehhalter (SALZER 2008). Da die Infrastruktur und die Techni- sierung der Landwirtschaft in den Bergregionen von Aserbaidschan weniger entwickelt sind, besitzt die Nachbarschaftshilfe dort eine größere Bedeutung als in den Tieflandsregi- onen.

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Futtermitteltausch: Schlechte Infrastruktur und harsche Witterung in den Bergregionen erschweren den Kauf und Transport von zusätzlich notwendigen Futtermitteln in den Win- termonaten. Außerdem ist zu dieser Zeit der Futtermittelpreis sehr hoch, so dass der Ein- kauf hohe Kosten verursacht. Deshalb ist unter den Bauern der Bergregionen im Winter der Futtermittelaustausch von Heu, grob gemahlener Gerste und Weizen weit verbreitet. Maschinen- und Lasttiertausch: Nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe besitzen die für ihre Zwecke geeigneten Maschinen oder Lasttiere. Deshalb spielt der einfache Tausch von Maschinen, kleineren Geräten (Hacken, Gabeln, Äxten, sehr einfachen Pflügen, etc.), aber auch von Lasttieren eine wesentliche Rolle. Das Vertrauen unter den Nachbarn beim Aus- tausch von Maschinen oder anderen Anlagen ist sehr hoch. Oft sind auch einfache Aus- tauschregeln entwickelt – wird zum Beispiel ein geliehener Geländewagen bei der Nutzung defekt, muss er vor der Rückgabe repariert werden. Austausch von organischem Dünger (Schafmist): Viele Wanderschafhaltungsbetriebe ha- ben auf der Winterweide im Tiefland keine Verwendung für den Schafmist, weil die Be- triebe meist aus den Bergregionen stammen und ihre Ackerflächen in ihren Heimatdörfern haben. Aufgrund der hohen Kosten lohnt sich der Transport des Dunges in die Bergregio- nen nicht. Auch der Verkauf der Dünger stellt sich schwierig dar und ist selten zu finden. Es kommt aber häufig vor, dass zwischen sesshaften Ackerbauern und Halbnomaden Dün- ger gegen Heuballen oder grob gemahlenen Weizen und Gerste ausgetauscht wird. Das eingetauschte Futter, wie Heu, Gerste oder Weizen, kann von den Halbnomaden entweder in derselben Saison oder in der kommenden Winterweideperiode genutzt werden. Tausch von Weiden oder Wiesenflächen (besonders auf der Winterweide): Austausch kommt auch bei der Weidenutzung vor, wobei die Weide zweier benachbarter Betriebe gegenseitig genutzt werden darf. Ein solcher Austausch besteht meist zwischen Verwand- ten, die gleichzeitig Nachbarn auf der Winterweide sind. Er ist auch aus ökologischer Sicht zur Verbesserung des Weidezustandes sinnvoll.

5.5.2 Dienstleistungen und zwischenbetriebliche Arbeitsteilung Eine weitere Organisationsform der Kooperation ist die Zusammenarbeit im Dienstleis- tungsbereich, wobei Arbeitskräfte, Maschinen und Produktionsmittel zusammengeführt werden. Da Dienstleistungsgemeinschaften aus wirtschaftlicher Sicht sehr flexibel sind, werden sie von Betrieben gerne genutzt, insbesondere an Orten und in Zeiten eines starken Strukturwandels. Dienstleistungsgemeinschaften können in folgenden Bereichen auftreten:  Beratungs- und Kontrolldienste,  Betriebshilfedienste,  Anbau-Verträge für Futtermittel,  arbeitsteilige Viehhaltung,  Tierarztgemeinschaften,  Erzeugergemeinschaften,  Bezugs- und Absatzgemeinschaften,  Auftragstierhaltungsgemeinschaften,  Arbeitsgemeinschaften,  Wassergemeinschaften,  Transportgemeinschaften, 93

 Sonstige Dienstleistungen (AUGUSTIN 1994; LINK 1995). In Aserbaidschan ist diese Art der Zusammenarbeit meist informell gestaltet. Unter den genannten Bereichen gibt es dort vor allem Wassergemeinschaften, Transportgemeinschaf- ten, Auftragstierhaltungsgemeinschaften und Absatzgemeinschaften. Bei horizontaler Zu- sammenarbeit beruhen die Kooperationen häufig auf mündlichen Vereinbarungen ohne langfristige vertragliche Bindung und basieren auf Nachbarschaft oder Verwandtschaft. Demgegenüber werden für vertikale Kooperationen oft schriftliche und langfristige Ver- einbarungen getroffen. Da die Wasserressourcen in den Tieflandsregionen ein limitierender Faktor für Tierhaltung und Pflanzenbau sind, ist die Wassergemeinschaft unter den Einwohnern der Tiefländer weit verbreitet. In vielen Dörfern werden gemeinschaftlich Brunnen genutzt, deren Wasser der Bewässerung der Ackerflächen und auch als Trinkwasser für Menschen und Tiere dient. Die Transportgemeinschaft ist sowohl unter den Viehhaltern als auch unter Ackerbauern eine beliebte informelle Form der Zusammenarbeit. Besonders während der Wanderung von Viehhaltern hat die Transportgemeinschaft eine große Bedeutung. Die Viehhalter hel- fen sich gegenseitig beim Transport von Hausrat, aber auch von alten, kranken und neuge- borenen Tieren. Auftragstierhaltungsgemeinschaften sind als Zusammenarbeit zwischen Einwohnern der Berg- und Tieflandsregionen kennzeichnet. Viele Bauern, die einige Milchkühe oder Scha- fe besitzen, geben ihre Tiere Verwandten oder Nachbarn mit, die sie zusammen mit ihren eigenen Tieren auf der Winterweide und Sommerweide halten. Meist sind die Auftrag- nehmer eher größere Betriebe, die Winter- und Sommerweidefläche gepachtet haben. Die Entlohnung der Arbeit erfolgt unterschiedlich und zum Beispiel durch:  Teilung der erzeugten Milchprodukte zwischen Auftraggeber und -nehmer,  Versorgung der Tiere des Auftragnehmers von Auftragsgeber mit Futtermittel für das ganze Jahr,  Versorgung der Familie des Auftragnehmers vom Auftragsgeber mit Lebensmitteln und anderen nötigen Produkten, wie Arbeitskleidung etc. auf der Sommerweide,  Übernahme der Bewirtschaftung von Ackerflächen oder der Heugewinnung des Auftragnehmers durch den Auftraggeber während der Sommerweidezeit,  Verkauf von erzeugten Produkten auf dem Markt im Rayonzentrum und Einkauf von Lebensmittel und anderen Dingen für den Auftragnehmer. Absatzgemeinschaften stellen lockere Zusammenschlüsse von Landwirten zur gemein- schaftlichen Koordination und Durchführung von Marktinteraktionen dar (BERG ET AL. 2001). Die einfache, informelle Absatzgemeinschaft im Tierbereich tritt auch unter Land- wirten in Aserbaidschan häufig auf und das Vertrauen der Partner ineinander ist sehr hoch. Durch diese informelle Gemeinschaft können die Bauern auf dem Markt eine bessere Ver- handlungsposition beim Verkauf von Produkten erreichen.

5.5.3 Gemeinschaftliche Nutzung von Produktionsmitteln Die gemeinschaftliche Nutzung von Produktionsmitteln hilft den Bauern beim Erreichen ihrer individuellen Ziele durch Kostensenkung und Steigerung der Effizienz der eingesetz- ten Produktionsmittel. Die Kooperationspartner sollten vorher jedoch ihre ökonomischen 94

Zielsetzungen klar definieren und eine solide Vertrauensbasis schaffen. Diese Form ist aufgrund des geringen sozialen Vertrauens im Land wenig verbreitet; wie erwähnt litt jenes wie in fast allen betroffenen Länder unter dem sozialen und kulturellen System der Sow- jetzeit bis 1989 (PAVLIASHVILI 2009a; b). Daher ist das mangelnde Vertrauen einer der psychologischen Hauptmängel beim Aufbau der Kooperation in Aserbaidschan und in an- deren Transformationsländern. Vertrauen heißt, positive Erwartungen hinsichtlich der Ab- sichten und des Verhaltens anderer zu besitzen und ggf. die eigene Verletzlichkeit zu ak- zeptieren (LUHMANN 1989; MATTHES 2007; ROUSSEAU ET AL. 1998). Die möglichen Arten dieser Organisationform finden in folgenden Bereichen statt:  Maschinenhallengemeinschaft,  Maschinengemeinschaft,  Maschinenring,  Lasttiergemeinschaft (LINK 1983). In der Landwirtschaft Aserbaidschans sind die Maschinen- und die Lasttiergemeinschaft anzutreffen. Bei der Maschinengemeinschaft werden von zwei oder mehreren Landwirten eine oder mehrere Maschinen gemeinsam angeschafft und in der Regel zu einzelbetriebli- chen Zwecken genutzt. Hier sind folgende Voraussetzungen wesentlich:  eine ähnliche Betriebsstruktur der beteiligten Betriebe,  geringe Entfernung zwischen den beteiligten Betrieben,  ein ähnlicher Bedarf an den gemeinsam anzuschaffenden Maschinen und gemein- same Zielsetzungen (BORRIES, R ET AL. 1983). Die Maschinengemeinschaft ermöglicht es kleinstrukturierten Betrieben, deren Transfor- mationsprozess noch nicht abgeschlossen ist, ihre hohen festen Kosten zu senken. Obwohl sie aus ökonomischer Sicht sinnvoll erscheint, ist sie unter Viehhaltern und auch Acker- bauern in Aserbaidschan sehr wenig verbreitet. Im Gegensatz dazu liegen die Maschinen- gemeinschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz zahlenmäßig an der Spitze der praktizierten Kooperationsformen, die rechtlich und vertraglich ausgestaltet und langfristig sind (LINK 1995; MANN & MUZIOL 2001; MÖHRING & AMMANN 2006). Seit etwa 30 Jah- ren steigt die Anzahl der Kooperationen in Form von Maschinengemeinschaften in Deutschland ständig an (MANN & MUZIOL 2001). Im Rahmen einer Maschinengemeinschaft haben die beteiligten Betriebe die Möglichkeit, moderne, produktivitätssteigernde Maschinen aufgrund kürzerer Abschreibungszeiten schneller einsetzen zu können. Die beteiligten Betriebe können ihre Maschinen schneller erneuern und sich damit an die rasche technische Entwicklung anpassen. Da die gemein- sam gekauften Maschinen oft von den Beteiligten nicht so pfleglich wie eigene Maschinen behandelt werden, sind jedoch die Reparaturkosten oft höher als in Einzelbetrieben. Des- halb ist es wichtig, die hier auftretenden Schwierigkeiten rechtzeitig zu erkennen und zu bewältigen. So müssen auch die Termine für die Nutzung der Maschinen sowie die Regeln für die Haftungsübernahme bei Schäden und die Unterbringung der Maschinen zwischen den Beteiligten geklärt sein. Lasttiergemeinschaften kommen unter der Yaylabauern und Halbnomaden häufig vor und basieren auf Nachbarschaftshilfe. Lasttiere, wie besonders Pferde, werden meist von zwei Betrieben gemeinsam gekauft und während der Wanderung von zwei, aber auch mehreren Betrieben für den Transport genutzt. Da in Aserbaidschan viele Sommerweidelager mit

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Geländewagen nicht erreicht werden können, haben Pferde, Esel und Maultiere als Trans- portmittel eine große Bedeutung. Um Schwierigkeiten bei dieser Kooperationsform vorzu- beugen, sollten die Fütterung und Haltung der Tiere zeitlich geregelt und die Übernahme von Tierarzt- und Medikamentenkosten geklärt werden. Wie bei einer Maschinengemein- schaft sind auch Nutzungstermine rechtzeitig zu klären. Lasttiergemeinschaften sind aus wirtschaftlicher Sicht aufgrund des niedrigen Einkaufspreises der Tiere viel günstiger als Maschinengemeinschaften. Auch ein Austritt aus einer solchen Gemeinschaft ist einfacher.

5.5.4 Betriebszweig- und Betriebsgemeinschaften (Teil- und Vollfusion) Anders als bei Tauschgemeinschaften, Dienstleistungen und zwischenbetrieblicher Ar- beitsteilung erfordert die Kooperation im Produktionsbereich einen hohen Bindungsgrad und unbedingt maßgeschneiderte Lösungen. Zu diesen Kooperationsformen zählen die Betriebs- und Betriebszweiggemeinschaften. Es handelt sich dabei um Formen auf höchs- ter Integrationsstufe, deren Planung und Organisation vergleichsweise hohe Anforderun- gen stellt (LINK 1995). Bei diesen Formen sind die menschlichen, betriebswirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und sozialen Auswirkungen der Kooperation sehr ausgeprägt. Es handelt sich bei Betriebszweiggemeinschaften (Teilfusion) um eine Zusammenarbeit von einzelnen Betriebszweigen und Produktionsbereichen, die sich entweder auf eine ge- meinsame Flächennutzung oder auf eine kooperative Tierhaltung beziehen (WESCHE 1995). Betriebszweiggemeinschaften können sich auf folgende Produktionsbereiche bezie- hen:  Gemeinsame Schafhaltung,  Gemeinsame Rindermasthaltung,  Gemeinsame Milchrinderhaltung,  Gemeinsame Ackerwirtschaft. Die Teilfusion steht im bäuerlichen Pflanzenbau im Vordergrund. In der Tierhaltung in Aserbaidschan ist die Betriebszweiggemeinschaft nur selten zu finden, Sie ist unter Halbnomaden und Transhumanten vielmehr als informelle Kooperation von Verwandten ausgebildet. Bei einer Vollfusion erstreckt sich die Kooperation nicht nur auf einen Betriebszweig, son- dern auch auf alle anderen betrieblichen Tätigkeiten zwischen zwei oder mehreren Betrie- ben. Es entsteht ein neuer Betrieb, in den im Allgemeinen alle Produktionsmittel und Ar- beitsleistungen gemeinschaftlich eingebracht werden. In den EU-Ländern und auch in der Schweiz zeigen viele Studien, dass eine Betriebsgemeinschaft eine äußerst anpassungsfä- hige Kooperationsform und ein wirtschaftlich erfolgreiches Modell ist, um den wachsen- den Konkurrenzdruck in der Landwirtschaft zu begegnen (LIPS ET AL. 2008; MÖHRING & AMMANN 2006; WALTER & MÖHRING 2007). Während bei der Teilfusion ökonomische Ziele im Vordergrund stehen, sind bei der Vollfusion neben diesen auch soziale Aspekte im Hinblick auf die Lebensqualität sehr wichtig. Je stärker sich die individuellen Ziele der Beteiligten gleichen, umso stärker kann die Zusammenarbeit werden und umso attraktiver ist dann auch das Kooperationsmodell (LINK 1995).

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6 Fernweidewirtschaft

6.1 Begriffsbestimmung Die Weidewirtschaft wird vom Menschen seit der Domestizierung der Haustiere vor etwa 10.000 Jahren betrieben. Es handelte sich dabei ursprünglich um eine extensive Nutzung von Naturweiden ohne externe Inputs (GLATZLE 1990). Von Fernweidewirtschaft wird gesprochen, wenn eine Nutzung durch dieselben Herden in unterschiedlichen geographi- schen und klimatischen Gebieten stattfindet und mit saisonalen Wanderungen verbunden ist. Diese hat in den Maghrebländern, in Südosteuropa sowie Vorder-, Zentral- und Ost- asien seit Jahrtausenden eine in vieler Hinsicht bedeutungsvolle Rolle gespielt (GERTEL & CALKINS 2012). Die Verbreitung der Fernweidewirtschaft ist flächengleich mit der Aus- dehnung des altweltlichen Trockengürtels, „jener Kontinente übergreifenden Region, die von Mauretanien im Westen bis in die Mongolei im Osten reicht“ (SCHOLZ 1995). Man findet die Fernweidewirtschaft in der Welt nicht als überall gleichförmige Wirtschaftsform entwickelt, vielmehr passt sie sich den geographischen und klimatischen Verhältnisse der betreffenden Landschaften an (HÜTTEROTH 1959). Die Definition und Abgrenzung ihrer verschiedenen Formen wird in der wissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich gehand- habt, namentlich werden in Arbeiten über unterschiedliche Gebiete voneinander abwei- chende Begriffe wie Wanderweidewirtschaft, Wanderviehzucht, mobile Tierhaltung, exten- sive Weidewirtschaft usw. für ähnliche Erscheinungen gebraucht. HÜTTEROTH (1959 37) definiert zunächst die Wanderviehzucht als ganz allgemein „diejenige Form von Viehwirt- schaft, bei der im Gegensatz zur ortsfesten Herdenviehzucht die Tiere meist periodisch zu bestimmten Jahreszeiten zu Weidegebieten getrieben werden, die von dem sonstigen Auf- enthaltsort zu weit entfernt liegen. Damit wird die Bewirtschaftung von Flächen ermög- licht, die nicht während des ganzen Jahres als Weideland nutzbar sind“. ANDREAE (1972) definiert die extensive Weidewirtschaft als eine Betriebsform, „die mittels anspruchsloser Weidetiere die natürliche Vegetation nutzt, ohne dass der Landwirt aktiv fördernd in das Pflanzenwachstum eingreift und ohne dass er die Tiere durch Ställe vor den Unbilden der Witterung schützt oder in größerem Ausmaß durch planmäßige Futterwerbung oder Futter- zukäufe in den Futternotzeiten zu lindern sucht“.

6.2 Formen der Fernweidewirtschaft Die Formen der Fernweidewirtschaft unterscheiden sich nach Wirtschafts- und Lebenswei- se der Menschen voneinander und sind von den klimatischen Gegebenheiten bestimmt. Es lassen sich drei Hauptformen unterscheiden, die in der Literatur ausführlich diskutiert (z.B. (BEUERMANN 1967):  Nomadismus,  Transhumanz,  Almwirtschaft.

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6.2.1 Nomadismus Als Nomaden (altgr. νομάς nomás, „weidend“, „herumschweifend“) werden umherziehen- de Hirtenvölker bezeichnet, die aus kulturellen, ökonomischen oder sozialen Gründen eine nicht sesshafte Lebensweise führen (DOPPLER 1991). Der Begriff kann sich rein auf die Lebensform der Menschen beziehen, die durch permanente oder zyklische Mobilität ge- kennzeichnet ist und die meist von Gruppen vollzogen wird. Er wird jedoch auch spezieller auf die extensive Weidewirtschaft bezogen oder auf andere Formen der Mobilität, wie die saisonale Wanderarbeit durch so genannte Dienstleistungsnomaden. Nomaden kommen durch ihre Verflechtungen und Bewegungen stets in unterschiedlichen Zusammenhängen mit Sesshaften in Berührung. Die Beziehungen zwischen Nomaden und der sesshaften Be- völkerung sind in Vergangenheit und Gegenwart sowohl von Konflikten (Weidenutzung, Grenzübertretungen) als auch von gegenseitigen wirtschaftlichen politischen und kulturel- len Austauschprozessen geprägt (HABECK 2012; HOLZWARTH 2002; TAPPER 1979b). No- madismus ist somit kein separates gesellschaftliches Phänomen (GERTEL & CALKINS 2012). Bei aller Vielfalt und Heterogenität ihrer Lebensformen weisen Nomaden in aller Welt dennoch gewisse Gemeinsamkeiten und Charakteristika auf, die sich aus ihrer mobilen Lebensweise mit Viehherden ergeben. Typischerweise werden Schafe, Ziegen, Kamele, Rinder und ggf. Pferde als Produktionsmittel genutzt. Das Ziel der Produktion ist dabei die Selbstversorgung mit tierischen Produkten, die Nutzung der Transportkapazität der Tiere sowie gelegentlich und in begrenztem Umfang der Absatz tierischer Erzeugnisse auf loka- len Märkten (SCHOLZ 1995). Die Wirtschaftsform des Nomadismus ist stets mit stammesspezifischen (tribaler) Gesell- schaftsstrukturen verbunden. Innerhalb des Tribus können zwar gleiche ökonomische An- sprüche der Mitglieder bestehen, dennoch kann er nach genealogischen Kriterien hierar- chisch gegliedert sein. Bei den zugehörigen menschlichen Gruppen kann es sich um Stämme, Teilstämme, Sippen/Clans, Großfamilien, Familien oder ganz allgemein um "In- Gruppen" handeln (SCHOLZ 1991). Da eine hohe Tierzahl für die Nomaden ein hohes Ansehen bedeutet, ist die Nutzung der Tiere als Fleischlieferant für den Eigenbedarf sehr gering. Deshalb werden sie nur selten und zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder anderen Feiern geschlachtet. Milch und Milchprodukte sind dagegen sehr wichtig; ihre Folgeprodukte, wie Käse, Joghurt, Butter usw. bilden regelmäßig die Hauptnahrung. Aus der Wolle und dem Haar der Tiere werden Decken, Matratzen, Teppiche, Kilim und Filzdecken, Kleidungstücke sowie Zelte gefertigt (OPIE 1995; SHAYAKHMETOV 2006). Der Nomadismus kennt zwar starke Traditionen, ist aber letztlich als Überlebensstrategie der betreffenden Menschen anzusehen. Seine Bestimmungsfaktoren sind Subsistenzsiche- rung, Risikominimierung, die Nutzungsoptimierung der verfügbaren Ressourcen sowie die Befriedigung sozialer und ritueller Bedürfnisse (ABDULLAHI 1991; BANKS 1997; GLATZLE 1990). Der Grad der Sesshaftigkeit und das Ausmaß des Verzichtes auf ackerbauliche Aktivitäten sind wichtige Kriterien, nach denen Nomaden voneinander unterschieden werden (LINSKA ET AL. 2003). Es lassen sich eine Reihe von Merkmalen finden, die eine weitere Unter- scheidung ermöglichen:

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 Die Art der Wanderung: Die ausschließliche Wanderung in der flachen Steppe wird als horizontaler Nomadismus oder als Flächennomadismus bezeichnet; bei vertika- ler Wanderung von der Steppe ins Gebirge oder allgemeiner von einer niedriger ge- legene Weide auf eine höher gelegene (und zurück) handelt es sich dagegen um vertikalen Nomadismus oder um Bergnomadismus. Schließlich kann die Wande- rung periodisch und episodisch sein.  Die Behausungsform: Im altweltlichen Trockengürtel wird zwischen Schwarzzelt- Nomaden und Jurten-Nomaden unterschieden. Die ersteren sind vor allem in Nord- afrika, Arabien und teilweise in Anatolien, im Iran und in Afghanistan verbreitet und besitzen ein Zelt aus Ziegenhaar. In Zentralasien findet sich diese Form nur im südlichen Randbereich. Jurten-Nomaden gibt es lediglich in Zentralasien und gab es bis Mitte des 20. Jahrhunderts vereinzelt in der Türkei. Die Jurten bestehen aus einer aus Filz gefertigte Bedeckung, die über eine Holzkonstruktion (Scherengitter) gebreitet ist (ABDULLAHI 1991; CAROLINE 1978; DAŞCI & ÇOMAKLI 2006; GRÖTZ- BACH 1990; HÜTTEROTH 1959; AMITAI-PREISS & BIRAN 2005; BÖHMER 2004).  Die Art der Herdentiere: Diese Klassifizierung erfolgt nicht so sehr nach deren wirtschaftlicher Bedeutung, sondern nach der jeweils höchsten Wertschätzung be- stimmter Tiere bei einer bestimmten Gruppe und unterscheidet unter anderem Rei- ternomaden, Kleinviehnomaden und Kamelnomaden. Teilweise nach den genannten Kriterien, teils jedoch auch "quer" zu ihnen werden Vollno- madismus, Halbnomadismus und Bergnomadismus unterschieden. • Vollnomadismus Dies ist eine Lebens- und Wirtschaftsweise, bei der die Menschen ausschließlich von der Haltung von Tieren, wie Kamelen, Rindern, Pferden, Schafen oder Ziegen leben und deren Eigentümer sind. Die ganze Familie einschließlich der Frauen und Kinder wandert mit den Männern mit und begleitet die Herde. In der Regel betreiben die Vollnomaden keinen Ackerbau. Sie erwerben nichttierische Nahrungsmittel durch Tausch oder durch Abgaben von Seiten der Ackerbau betreibenden Bevölkerung. Sie besitzen keinen festen Wohnsitz, sondern allein bodenvage Behausungen, wie Zelte oder Hütten sowie als Transportmittel ihre Tiere (Kamel, Pferde, Esel, Maultiere) (BREUER 2005). Vollnomadenstämme sind weltweit durch Maßnahmen der Sesshaftmachung recht selten geworden. • Halbnomadismus Im Vergleich zu Vollnomaden besitzen die Halbnomaden während des Winters einen fes- ten Wohnsitz in dauerhaften Siedlungen in Tiefländern oder in Bergregionen, ein Teil der Familie lebt aber im Sommer gewöhnlich wie reine Nomaden unter Zelten oder einfach gebauten Hütten. Es handelt sich um eine Kombination nomadischer Viehzucht, die meist Hauptwirtschaftsgrundlage bleibt, mit geregeltem und Sesshaftigkeit erforderndem Acker- bau. Weltweit sind Übergangsformen von Voll- zu Halbnomadismus zu finden. Der Halbnomadismus wird in der Literatur auch als Teil-, Hirten- oder Seminomadismus be- zeichnet (HÜTTEROTH 1959). Auch er bestimmt die Lebens- und Wirtschaftsweise der zu- gehörigen Gruppen (DOPPLER 1991). Einige Familienmitglieder wandern mit der Herde auf der Suche nach geeigneten Weide- flächen oder nach Trinkwasser. Der Anlass der Wanderung ist primär die Ausnutzung be- sonderer Sommerweiden. Teile der Familien sind aber neben der Viehwirtschaft mit dem

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Ackerbau beschäftigt oder beziehen Einkommen von außerhalb der Landwirtschaft. Halbnomadismus wurde von BEUERMANN (1967) als oft nur eine Zwischen- oder Über- gangsform zu sesshaftem Leben und ortsfester Wirtschaft bezeichnet, kann jedoch durch- aus auch ein fest ausgeprägtes System sein. In Abhängigkeit von der Herdengröße leben Halbnomaden subsistenz-, aber teilweise auch marktorientiert. Diese Wirtschaftsform ist weltweit verbreitet und zeigt zahlreiche Anpas- sungen an die natürlichen Standortgegebenheiten. • Bergnomadismus Eine Variante des Halbnomadismus stellt der Bergnomadismus dar, bei dem die stets jah- reszeitlich erfolgenden Wanderungen den Reliefverhältnissen entsprechend vertikal gerich- tet sind und somit zwischen Tal/Vorland und Gebirge ablaufen (HÜTTEROTH 1959). Bergnomadismus ist in Gebirgsländern weltweit verbreitet, in Aserbaidschan jedoch weni- ger. Er war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts unter den Qashqai und Bahtiyari im Iran anzutreffen (BECK 1980; JURIE 2005; KORTUM & MEYER 1980). Die Weidetiere sind hauptsächlich Ziegen, da diese an das Leben im Gebirge angepasst sind. Sie sind bezüglich ihrer Nahrung ausgesprochen genügsam und besitzen mit ihren guten Kletterfähigkeiten auf steinigen Felsböden Vorteile bei der Futtersuche. Neben Ziegen sind bei Bergnomaden allerdings auch Schafe und Rinder anzutreffen. Die oft relativ kurzen Wanderentfernungen führen mit der engen Verzahnung von Weideland und Ackerland gebietsweise zu Misch- formen, bei denen agrarischer Zusatzerwerb eine gewisse, aber meist untergeordnete Rolle spielt (BASCOM 1990; HÜTTEROTH 1959). In den letzten Jahren beschleunigte sich der Übergang vom Bergnomadismus zur unten behandelten Almwirtschaft.

6.2.2 Transhumanz Über die Herkunft des Wortes „Transhumanz“ besteht unter Etymologen keine Einigkeit; es wird entweder aus dem lateinischen „trans“ und „humus“ hergeleitet oder aus „trans- mutare“, das über „tranmuer“ zu „transhumer“ wurde (ZÖBL 1982). Es wird auch vermutet, dass der Begriff aus der französischen Volksprache („transhumance“) hergeleitet ist und auf viehwirtschaftliche Praktiken im südfranzösischen Bereich zurückgeht (FRÖDIN 1940). Unter Transhumanz wird die Weidewirtschaft sesshafter Bevölkerung auf näheren und weiter entfernt liegenden Weiden verstanden. Sie ist in Nordamerika, in den Gebirgen des Mediterrangebietes und des übrigen altweltlichen Trockengürtels verbreitet (ARNOLD & GREENFIELD 2006; ARNOLD ET AL. 2001; BARTOSIEWICZ & GREENFIELD 1999; SUTTIE 2003). Sie ist eine der bekanntesten Formen der Fernweidewirtschaft und bestimmt die Lebensweise der zugehörigen Menschen, ohne sie jedoch eindeutig zu dominieren (SCHOLZ 1995, 1991). Diese Form der Fernweidewirtschaft bildet nach der Almwirtschaft den nächsten Schritt auf dem Weg zur bäuerlichen Wirtschaft. Im Allgemeinen wandern nur die meist entlohnten Hirten mit den Herden der Eigentümer und treiben das Vieh in den Sommermonaten in die Berge auf freie und/oder gewohnheits- rechtlich beanspruchte Weiden und in den Wintermonaten in Küsten-, Tal- oder Niede- rungsgebiete sowie Gebirgsvorländer. Die Familien der Hirten bleiben im Allgemeinen in ihren festen Wohnorten zurück (SCHOLZ 1991), jedoch ist ein Mitwandern jüngerer Fami- lienmitglieder nicht ausgeschlossen.

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Die Hirten dürfen mit den Herden der Eigentümer auch eigene Tiere ganzjährig, seltener nur saisonal auf ihren Wanderungen mitführen. Die Sommerweiden liegen meist 2-10 Ta- gereisen, unter Umständen aber auch bis zu 15-30 Tageswanderungen, entsprechend 100 bis 250 Kilometer, von den Winterweiden entfernt. Sind die Wanderentfernungen gering, so dass es sich nur um eine Tal-Berg-Wanderung handelt, spricht man von kleiner Transhumanz. Aber in vielen Ländern erfolgen Herdenwanderungen über große Entfer- nungen, die man als große Transhumanz bezeichnet. Die Hirtenfamilien bewohnen auf der Sommerweide bodenstete Hütten, Höhlen, Zelte und in den Tälern oder Steppen feste Behausungen, die ihnen in der Regel vom Herden- oder Grundeigentümer zur Verfügung gestellt werden. Die Entlohnung der Hirten erfolgt sehr unterschiedlich, in manchen Ländern nur über Naturalien, wie Vieh, Getreide, Milchpro- dukte, Kleider etc. und in anderen Ländern monetär (SCHOLZ 1991). Derzeit erfolgt die Entlohnung der Hirten weltweit meist durch Bargeld in Form von monatlichen oder wö- chentlichen Zahlungen. Die Lebensform der Lohnhirten zeigt verwandte Züge zum Noma- dismus. Da zahlreiche von ihnen ohne festen Wohnsitz auf dauernder Wanderung begriffen sind, liegt für viele Autoren der Schluss nahe, die Transhumanten als „Hirtennomaden“ zu bezeichnen und die Transhumanz unzutreffend als einen „Halbnomadismus“ zu definieren (BEUERMANN 1967). Dies ist schon deshalb verfehlt, weil sie im Gegensatz zum Noma- dismus stark marktorientiert ist (DOPPLER 1991).

6.2.3 Almwirtschaft Die Almwirtschaft ist eine intensive Form der Fernweidewirtschaft. Eine Alm (Yaylaq) ist ein hoch gelegenes Areal im Gebirge, das während der günstigen Jahreszeit dem aufgetrie- benen Vieh durch Beweidung Nahrung bietet und getrennt von den tiefer gelegenen Heim- gütern bewirtschaftet wird, ohne den organischen Zusammenhang mit jenen zu verlieren (FRÖDIN 1940; MATHIEU 2001; HOLZNER 2007; WINCKLER 2012). Ist die Alm oder Alp auch ursprünglich der landwirtschaftliche Begriff für die einer Sommerweide ähnliche Flä- che, so sind in das System doch die erforderlichen Wirtschaftsgebäude, wie Sennerei, Hir- tenhütte, Wohnhütte, Zelte usw. mit einbezogen. Bei der Almwirtschaft werden die Tiere von Familienmitgliedern, meist Frauen, gepflegt und versorgt. Sie ist in stärkerem Umfang auf Rindviehzucht, Lammzucht und Milchtier- haltung ausgerichtet. In vielen Länder überwiegt die Rinderhaltung auf den Almen, was zu einer intensiven Wirtschaftsweise mit der Gewinnung von Milchprodukten führt. Im Win- ter bewohnen die Almwirte feste Dörfer und versorgen die Tiere mit Stallfütterung. Die wirtschaftlichen Ziele sind je nach Region und Herdengröße unterschiedlich, vielfach herrscht die Erzeugung für den Eigenbedarf vor. Die Wirtschaftsform zeigt häufig Übergänge zu sesshafter Lebensweise mit ortsfester Viehzucht und angeschlossenen Äckern. Auch zur Transhumanz gibt es mehrere Über- gangsformen. So können nicht nur Lohnhirten, sondern auch Familienmitglieder, insbe- sondere jüngere Söhne oder Brüder des Besitzers, das Vieh auf der Alm betreuen, während die Familie größtenteils ganzjährig im Dorf bleibt. Oder man übergibt das Vieh anderen Familien und beauftragt diese mit der Betreuung auf der Sommerweide. Schließlich tritt in vielen Dörfern sogar der Fall auf, dass sommerliche Almwirtschaft mit winterlicher Transhumanz kombiniert wird, sodass schwer zu beurteilen ist, welche Komponente bei

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diesen Zwischenformen vorherrscht (BEUERMANN 1967; STADELBAUER 1984; SCHOLZ 1991, 1995; HOLZNER 2007; WINCKLER 2012; CHIFFLARD 2013).

6.3 Fernweidewirtschaft in Aserbaidschan

Im Folgenden wird die im Abschnitt 6.3.1 dargelegte allgemeine Klassifikation der For- men der Fernweidewirtschaft auf die speziellen Verhältnisse in Aserbaidschan vor und während der Sowjetischen Zeit und in größerem Detail auf die heutigen Verhältnisse an- gewandt.

6.3.1 Nomadismus vor und während der Sowjetischen Zeit in Aserbaidschan Der Kaukasus mit seinen Steppen und Hochgebirgen ist ein Großraum, in dem Fernwei- dewirtschaft seit Jahrhunderten von verschiedenen Völkern und ethnischen Gruppen be- trieben wird (GOLDEN 2003; OPIE 1995). Nomadismus wird, wie in anderen türkischspra- chigen Ländern, in der aserbaidschanischen Sprache Köçəri oder Köçmen genannt (HOLZ- WARTH 2002). Traditionell war er in Aserbaidschan als Wirtschafts- und Lebensweise bei einigen Volksstämmen wie Terekeme, Shah Sevan, und anderen weit verbreitet (LAND 1961; SCHWEIZER 1970; STADELBAUER 1984; TAHMASEBI 2012; TAPPER 1979a; b; YILMAZ 2007), wo heute immer noch die Schafherden alljährlich über die Sommer- und Winterweiden ziehen. Die traditionellen Winterweidegebiete, wie Shirvan, Gobustan, Mil- Mughan, Achinohur, Cheyranchöl und andere, sowie Sommerweiden im Großen und Klei- nen Kaukasus, im Talischgebirge und am Sabalanberg (Savalan dağı) spielen eine bedeu- tende Rolle, wobei die Schafhaltung im Mittelpunkt steht. (BORCHARDT 1906) beschreibt in seiner Arbeit „Die ciskaukasische Landwirtschaft“ die große Bedeutung der Winterwei- desteppen Shirvan und Mil-Mughan für die Tierhaltung mit extensiver Weidewirtschaft. Der Name des Volkes Shah Sevan erhielt mit der Zeit eine mystische Bedeutung, indem er ein geistiges Band zwischen König Shah Abbas und dem Volk darstellte. Die eigentliche Lebens- und Wirtschaftsform der Shah Sevan im heute iranischen "Nordost- Aserbaidschan" ist der Bergnomadismus mit jahreszeitlichen Wechseln zwischen den Sommerweidegebieten (Yaylaq) im Gebirge und in den Winterweideplätzen (Qışlaq) im Tiefland. Allerdings haben sich auch dort in den letzten Jahrzehnten Übergangs- und Mischformen herausgebildet, die von der Yaylaqwirtschaft (Almwirtschaft) über Transhumanz bis hin zur vollbäuerlichen Wirtschaft variieren. Traditionelles Winterwei- degebiet ist die Mughan-Steppe, während sich das Sommerweideland auf die höchsten Gebirge des Savalan Bergs verteilt (SCHWEIZER 1970). Terekeme (aserb. Tərəkəmə) waren historischer Forschung zufolge Vollnomaden, sind als solche jedoch in Aserbaidschan kaum noch anzutreffen. Sie sprechen aserbaidschanisch und lebten ursprünglich beiderseits der ehemaligen türkisch-sowjetischen Grenze; haupt- sächlich im heutigen Aserbaidschan in der Kura-Aras Niederung und den Städten Nach- itschewan, Karabach und Gandja, aber auch in Georgien und in der Türkei. Terekeme- Stämme werden in der Literatur auch als Karapapaken (aserb. Qarapapaqlar) bezeichnet, zu Deutsch „Schwarzhut tragende Menschen“. Sie dürfen jedoch nicht mit Karakalpaken in Zentralasien verwechselt werden (YILMAZ 2007). Wie bei allen Nomaden bestimmten die

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jährlichen Wanderungen den Lebensrhythmus. Die Familienverbände lagerten in Gruppen von vier bis zehn Zelten. Sie bevorzugten Lagerplätze in Wassernähe oder hinter einer Fel- sengruppe. Vor und während der Sowjetischen Epoche zogen sie Anfang Mai mit ihren Herden zu den Sommerweiden im Kleinen Kaukasus im Gebiet von Karabach und nutzten als Winterweiden die Steppen Mil-Mughan und Shirvan. Bis zur Gründung der Kolchosen und Sowchosen in der Sowjetzeit existierte in Aserbai dschan noch Vollnomadismus unter den Terekeme-Stämmen, basierend überwiegend auf der Haltung von Schafen, Ziegen und Rindern. Nach STADELBAUER (1984) war Aserbai- dschan das Hauptgebiet des transkaukasischen Nomadismus. Allerdings nahmen bereits im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert Ackerbau und Sesshaftigkeit zu; auch nahm zwi- schen 1886 und 1916 Jahre die Zahl der Nomadengemeinschaften in den Regierungsstäd- ten Baku und Jelisawetpol, der heutigen Stadt Gandja, ab. Der Übergang vom Vollnoma- dismus in andere Formen und zur Sesshaftmachung begann also schon Ende des 19. Jahr- hunderts. In der Sowjetzeit wurde das traditionelle Betriebssystem des Nomadismus lange als ein Hemmnis beim Aufbau des Sozialismus wahrgenommen. Besonderes behinderte es den Aufbau der Kollektivwirtschaft. Nur die Sesshaftmachung der Nomaden erschien als eine Lösung (HABECK 2012). Die Zwangskollektivierung lief nicht problemlos ab und die Sess- haftmachung war ein sehr schwieriger und teilweise schmerzhafter Prozess, der von vielen extern und intern verursachten Rückschlägen begleitet wurde. Sie nahm nicht nur einige Jahre in Anspruch, wie es erhofft wurde, sondern erforderte über mehrere Jahrzehnte, in Aserbaidschan von 1920 bis weit in die 1930er Jahre (CÄFÄROV 2008). Die reichen und noblen Besitzer grösserer Herden, die "Beys" – in der sowjetischen Zeit später als Kulaken verteufelt – wollten ihren Reichtum an Tieren und Flächen nicht an die Kolchosen und Sowchosen abgeben und nicht an der Kollektivwirtschaft teilzunehmen. Für längere Zeit wurden von ihnen und ihren Hilfstruppen in vielen Teilen des Landes schmerzhafte Kämp- fe gegen die Regierung geführt. Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, insbeson- dere das Eindringen städtischer Stoßtrupps in die muslimischen Dörfer erschien als eine Art Massenvergewaltigung (BABEROWSKI 2003). Erst Mitte der 1930er Jahre hatten die Gegner der Kollektivwirtschaft ihren Kampf aufgegeben. Gemäß der sozialistischen Planwirtschaft mussten die Bauern ihre Tiere und Ackerflächen an die kollektivierten (Kolchosen) und staatlichen Betriebe (Sowchosen) abgeben, um die Vorzüge der gemeinschaftlichen Wirtschaft zu demonstrieren. Diese mit staatlichen Zwangsmaßnahmen verbundene Kollektivierung war der Auslöser dafür, dass die Noma- den teilweise sesshaft wurden und teilweise in eine Form der Kollektivhirtennomaden übergingen, ein Prozess, der gegen Ende der 1930er Jahre in Aserbaidschan abgeschlossen war. So gab es in Aserbaidschan während der Sowjetzeit zwar keine echten Nomaden mehr, aber die Wanderweidewirtschaft bestand weiter in verschiedenen Ausformungen als Halbnomadismus, Transhumanz und Almwirtschaft. In der Arbeitsteilung des sowjetischen Großbetriebes gab es den „Çoban“, den Hirten, der die Herden von Kolchosen und Sow- chosen zwischen Winter- und Sommerweidegebieten oft über sehr weite Distanzen beglei- tete. Die Integration der Wanderweidewirtschaft mit all ihren Spielarten in das agrarwirt- schaftliche System von Kolchosen und Sowchosen war somit kein geradliniger, sondern ein teils forcierter, teils aber auch ökonomisch liberalisierter Vorgang (STADELBAUER 1984).

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Ein Teil der Wanderungen der Nomaden wurde in siedlungspolitische Konzeptionen der Sowjetunion eingebettet. Seit den 1920er Jahren bis zur Mitte der 1980er Jahren wurden planmäßige Umsiedlungen ganzer Dörfer oder Talgemeinschaften vorgenommen. In ein- zelnen Dörfern widersetzte man sich dem Umsiedlungsgebot, besonders in den Bergdör- fern. Nicht überall konnten offensichtlich die Ziele der Umsiedlung erreicht werden, die als Sesshaftmachungsmaßnahme anzusehen war (STADELBAUER 1984), jedoch wurde sie durch die spätere Ausstattung der Siedlungen mit sozialen und kulturellen Einrichtungen beschleunigt. Trotz allen Drucks behielten die Gebirgsregionen des Landes teilweise ihre Bergdörfer mit Halbnomadismus und Yaylaqwirtschaft bei. Nachdem die Vorzüge der Wanderweidewirtschaft mit ihren kostengünstigen Weiden langsam auch in der Sowjet- union erkannt wurden, wurde diese für die im Gebirge gelegenen Kolchosen und Sowcho- sen in den 1960er Jahren als Hauptzweig anerkannt. Während der Sowjetzeit wurde die Anzahl des Kleinviehs im Privatbesitz für jede Familie im Gebirgsland auf unter 30 Schafe und Ziegen begrenzt, was eine gewinnbringende Pri- vatwirtschaft unmöglich machte. Hirtenfamilien, die in Kolchosen und Sowchosen tätig waren, durften bis zu 50 Stück Kleinvieh halten. Dazu kam die erlaubte Haltung von drei bis fünf Kühen, einem Pferd und einem Esel (STADELBAUER 1984).

6.3.2 Spezielle Ausformungen der Fernweidewirtschaft im heutigen Aserbaidschan Seit der Privatisierung (1995) des Landes wird die Fernweidewirtschaft wieder intensiver betrieben und hat sie ihre frühere Bedeutung zurückgewonnen (NEUDERT 2015). Heutzuta- ge (2017) sind in Aserbaidschan Halbnomaden, Transhumante und Yaylaq- (Alm-)bauern sowie Mischformen anzutreffen. Entsprechend Abschnitt 6.2 besitzen auch hier alle Halbnomaden, Transhumanten und Yaylaqbauern einen festen Wohnsitz. Sie bewohnen ein Haus auf der Winterweide und besitzen einen aus Stein gebauten Stall für die Tiere. Die Wohnhäuser bestehen meist aus zwei Räumen, einen für die Lagerung von Lebensmit- teln und einer zum Wohnen. Neben den Wohnhäusern der Herdeneigentümer stehen solche für die Lohnhirten mit ihren Familien zur Verfügung. Halbnomadismus in Aserbaidschan: Der Halbnomadismus (aserbaidschanisch Yarım Köçəri) ist eine der verbreitetsten Formen der Fernweidewirtschaft in Aserbaidschan und stellt ebenso wie in den nordafrikanischen und asiatischen Gebirgsländern eine optimale Nutzung ökologischer Ressourcen dar (ABDULLAHI 1991; BASILOV & LEVY 1989; AMITAI- PREISS & BIRAN 2005; KERVEN ET AL. 2011, 2012). Die Herden werden während der Wanderungen von männlichen Familienmitgliedern (Sohn, Vater, Enkelsohn) und Fremdarbeitskräften wie Lohnhirten (Çoban) getrieben. Die Wanderungen erfolgen primär zu Fuß. Frauen und Kinder werden mit privatem Gelände- wagen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum saisonalen Wohnsitz geschickt und war- ten dort, bis die Herde eintrifft. Die Pferde sind wichtige Last- und Transportmittel. Neben Lasttieren besitzen die Halbnomaden Lastkraftwagen, die bei den Wanderungen zum Transport kranker, neugeborener oder alter Tiere dienen und notwendige Haushaltsgegen- stände befördern. Die Halbnomaden in Aserbaidschan sind nach Maßgabe ihrer festen Winterquartiere in Gebirgssiedler (Dağ camaatı) oder auch Bergnomaden und Tieflandsiedler (Aran camaatı)

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zu gliedern. Die erstgenannten stammen aus Gebirgs- und Vorgebirgsregionen des Kleinen und des Großen Kaukasus, die zweiten haben dagegen ihre festen Wohnsitze in der Kura- Aras Niederung. Ihr Wanderungsverhalten zeigt viele Ähnlichkeiten mit dem der Transhumanten, jedoch werden im Unterschied zu jenen die Herden nicht von Lohnhirten, sondern hauptsächlich von den Herdeneigentümern getrieben. Bei Betrieben aus Bergregionen werden die transportierten Tiere in einem Dorf gehalten und bleiben dort auf den gemeinsamen Weiden, bis die gesamte Herde im Dorf eintrifft, um dann gemeinsam auf Sommerweide getrieben zu werden. Die Männer bauen Zelte für die Menschen und für die Aufbewahrung der Milchprodukte sowie Hütten für Kälber, bis die Frauen und Kinder eintreffen. Das Leben und die Weidewirtschaft der Halbnomaden auf der Sommerweide bzw. im Yaylaq (vgl. hierzu unten) vollziehen sich im Rahmen der Oba, einer Gruppe von meist untereinander verwandten Familien oder von ganzen Dörfern, die sich zu einem gemein- samen Sommerweidelager (Yurd) zusammengeschlossen haben9. Eine Oba besteht aus wenigstens zwei Sommerweidelagern nur in Ausnahmefällen umfasst sie mehr als fünf. In einem Sommerweidelager befinden sich in Abhängigkeit von der Größe des Dorfs mindes- tens zwei und höchstens 20 Zelte (Alaçıq), die für Viehhalter von ebensolcher Bedeutung wie die Häuser im Dorf sind. Ein Alaçıq ist leicht zu bauen und wieder abbauen und trans- portfähig. Dort leben im Allgemeinen ein bis zwei Männer, drei Frauen sowie während der dreimonatigen Sommerschulferien ein bis drei Kinder. Die Gebirgsnomaden besitzen meist zwei Sommerweidelager von denen entweder beide auf Hochsommerweide liegen. Tief- landhalbnomaden besitzen ganz selten zwei Sommerweidelager; ihre liegen immer auf Sommerweiden. Im Vergleich zu den Tieflandnomaden besitzen die Gebirgsnomaden das Recht, Dorfwei- den in ihren jeweiligen Munizipalitäten zu pachten. Bei einem solchen Sommerweidelager auf der Dorfweide, die auch als Hauptsommerweidelager bezeichnet wird und meist ge- meinsam mit den Yaylaqbauern des Dorfes genutzt wird, befindet sich hauptsächlich das Großvieh. Die Zelte in dieser Hauptsommerweidelager sind mit nützlichen Gegenständen gut ausgestattet; neben jedem Zelt finden sich ein Feuerlager und Kälberhütten. Das der Hütung der Schafherden dienende Nebensommerweidelager liegt höher im Gebirge. Derzeit geht der Halbnomadismus in Aserbaidschan zurück. Gründe sind technische Fort- schritte sowie die Auswanderung der Bergbewohner in Städte auf der Suche nach festen Arbeitsstellen. Die Herdengrößen der Halbnomaden sind in Abhängigkeit von den Organi- sationsformen sehr unterschiedlich und liegen häufig bei etwa 150-1500 Mutterschafen. Transhumanz in Aserbaidschan: Transhumanz gibt es mit Hauptsitzen sowohl im Ge- birge als auch im Tiefland (KLUG 2008; SALZER 2008; ALLAHVERDIYEVA & NEUDERT 2010; NEUDERT 2015). Die Herdeneigentümer sind meist Geschäftsleute, die außerland- wirtschaftlich entweder in Aserbaidschan oder im Russland tätig sind und ihr verdientes Geld in die Wanderschafhaltung investieren. Wie Halbnomaden besitzen auch die Transhumanten nur Pachtweide, meist mit einem Sommerweidelager im Yaylaq und einen bis fünf Höfen (Yataqs) in den Winterweiden. Produktionsziel ist die Fleischerzeugung;

9 Der Begriff Yurd ist nicht mit Jurte verwechseln. Jurte (auf. Deutsch und Türkisch) wird für das traditionel- le Nomadenzelt verwendet. Dagegen ist Yurd eine Bezeichnung auf aserb. für einen Sommerweidelager.

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Milch und Milchprodukte sind ohne Bedeutung. Sind Pferde und Esel als Last- oder Reit- tiere für Halbnomaden bedeutsam, so stehen bei den Transhumanten LKWs und Gelände- wagen im Vordergrund. Da die Schafhaltung von vielen als die "Sparkasse" Aserbaidschans angesehen wird, steigt die Anzahl der Transhumanten jährlich. Die Mehrzahl der transhumanten Betriebe dient fast allein dem Zweck, Geld zu investieren und wird ausgesprochen marktorientiert bewirt- schaftet (NEUDERT ET AL. 2012). Hinsichtlich der Futter- und Wasserversorgung der Tiere und des Herdenmanagements enthält die Transhumanz durchaus noch halbnomadische Elemente. Die zweimalige saiso- nale Wanderung ist für den Halbnomadismus ebenso wie für die Transhumanz charakteris- tisch. Gleiches gilt für die Winterweide mit Einstallung und den Sommerweidegang hoch im Gebirge. Yaylaq-(Alm-) wirtschaft in Aserbaidschan: Wie schon im Kapitel 6.2.3 definiert, han- delt es sich bei einer Alm um eine saisonal, aber intensiv betriebene Wirtschaft im Hoch- gebirge, oft mit dem Ziel der Erzeugung von Milchprodukten. Der türkische Begriff Yaylaq bezeichnet allerdings in geographischer, wirtschaftlicher und soziologischer Hin- sicht unterschiedliche Erscheinungen; er meint grundsätzlich entlegene Örtlichkeiten in hohen Regionen. Entsprechend finden sich in Aserbaidschan differenzierte Formen dieses wichtigen Elementes traditioneller Kultur. Gemeinsam ist allen nur, dass es sich immer um einen Sommeraufenthalt handelt, womit das Wort Yaylaq auch am treffendsten übersetzt ist (HÜTTEROTH 1959, 1968). Eine Yaylaq kann in Aserbaidschan folgende Formen an- nehmen:  Oft ist sie eine Zelt- oder Hüttengruppe in den Bergen für den Sommeraufenthalt einer Dorfgemeinschaft, die ihren Lebensunterhalt durch Vieh- und Ackerwirt- schaft bestreitet.  Es kann auch ein einzelnes Gehöft mit Weideland und Feldern von Viehhaltern gemeint sein, das nur im Sommer bewirtschaftet ist und für städtische Personen keine Funktion besitzt.  Meist ist eine Yaylaq das Sommerweideland vorwiegend für Kleinviehherden, die von meist entlohnten Hirten begleitet werden (HÜTTEROTH 1959). Die Yaylaqwirtschaft sesshafter Bewohner von Gebirgsdörfern weist im Vergleich mit jener der Nomaden und Transhumanten Besonderheiten auf. Die Wirtschaft der Nomaden ist völlig auf die Tierhaltung ausgerichtet; es wird allein zwischen Yaylaq und Winterwei- de (Qışlaq) gewandert. Die sesshaften Dörfler betreiben dagegen neben der Viehwirtschaft auch Acker- und Obstanbau sowie weitere landwirtschaftliche Tätigkeiten. Sie wandern zum Zwecke der besseren Fütterung ihrer Tiere und Erzielung hochwertigerer Produkte gemeinsam mit den Tieren für drei bis vier Monate auf die Sommerweide. Die Anzahl der in dieser Weise Yaylaqwirtschaft betreibenden Gruppen hat sich in Aserbaidschan aller- dings seit 20 Jahren sehr verringert. Diese Lebensform geht wie der Bergnomadismus zu- rück, ist jedoch immer noch verbreitet. Der Aufstieg der Yaylaqbauern auf die Sommerweide erfolgt zwischen Mitte April und Ende Mai. Zuvor werden die notwendigen Vorbereitungen getroffen. Gegenstände, Werk- zeuge und Lebensmittel werden mit Lasttieren oder, sofern es die Straßenverhältnisse er- lauben, auf Lastkraftwagen zu den Hauptsommerweidelagern transportiert.

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Das Leben und die Weidewirtschaft von Yaylaqbauern sind denen der Halbnomaden sehr ähnlich. Jedes Hauptsommerweidelager oder Oba hat einen Namen (Hasannene, Qaraarxac, Koroglu, Mahi, Govdu, etc), die an Menschen oder wichtige Begebenheiten erinnern. Wie die Halbnomaden besitzen auch Yaylaqbauern neben Unterkünften (Alaçıq) für die Menschen auch eine kleine und niedrige Hütte für spät geborene oder kleine Kälber. Nur ein Teil der Familien oder Gruppen wandert im Sommer mit den Herden zur Yaylaq, der meist größere Teil versorgt die Landwirtschaft im Dorf. Die Männer sind für die Ge- winnung von Heu und anderer Futtermittel für den Winter verantwortlich, der eine acht- bis neunmonatige Einstallung mit entsprechender Fütterung verlangt. Deshalb sind die Ernte und Konservierung von Heu und eine zusätzliche Kraftfutterversorgung von großer Bedeutung. Nach der Rückkehr des Viehs im Herbst von den inzwischen verschneiten Hochweiden werden die privaten oder gemeinschaftlichen Dorfwiesen statt eines zweiten Schnittes häufig noch einmal als Weide genutzt. Die Yaylaqwirtschaft ist hauptsächlich milchwirtschaftlich orientiert. Butter und Käse werden für den Eigenbedarf erzeugt, nur Überschüsse werden auf dem Markt in den je- weils nahen Rayonzentren verkauft. Die unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und auch Präferenzen der Yaylaqwirtschaft betreibenden Gruppen haben zu zwei Ausformun- gen dieses Systems geführt: Bei der einfachen Yaylaqwirtschaft gibt es nur einen dreimonatigen Aufenthalt mit direk- ter Wanderung zur Yaylaq ohne Zwischenstationen von Mitte oder Ende Mai bis Ende August. Es werden überwiegend Milchkühe, aber auch Mastrinder gehalten. Es werden nur einfache Zelte genutzt, nur selten wird eine Hütte von höchstens zwei Personen bewohnt. Das Ziel ist hier die Erzeugung von Milchprodukten für den Eigenbedarf im Winter. Sol- che Yaylaqbauern besitzen wenige Tiere, eine bis drei Milchkühe und von fünf bis zehn Schafen. Die Schafe bleiben meist in Dorf. Im September helfen die Rückkehrer von der Yaylaq beim Ackerbau im Dorf. Die Yaylaqwirtschaft mit Zwischenalmstationen ist ein komplizierteres System. Es gibt einen Frühlings- (Yazlıq) und einen Herbstaufenthaltsort (Payızlıq). Die Frühjahrs- und Herbstweiden liegen stets in waldreicheren Tälern mit geringeren Weideflächen in der Nä- he einer Wasserquelle, wo die Witterung im Frühling und im Herbst milder als auf der Yaylaq ist. Diese Form ist heute selten und wird nur von wenigen Gebirgssiedlern der Re- gion Gandja-Gasach in Kleinen Kaukasus, in Sheki-Zaqatala sowie in der Guba-Gusar Region in Großen Kaukasus betrieben. Es gibt viele Ähnlichkeiten mit dem Bergnomadis- mus, jedoch werden anstatt Ziegen hauptsächlich Großvieh gehalten. Überhaupt sind Zie- gen in Aserbaidschan weniger verbreitet als Schafe und Rinder, obwohl rund 90 % von ihnen in Entwicklungsländern gehalten werden und sie für die Fernweidewirtschaft gut geeignet sind (RAHMANN 2007). Die Yaylaqwirtschaft mit Zwischenalmstationen war bis zum Ende der Sowjetzeit weit verbreitet. Frühjahrs- und Herbstweiden sind meist ortsfest und werden von April bis An- fang Juni beziehungsweise von September bis Ende November genutzt. Manche Yaylaqbauern nutzen alle drei Stationen Frühjahrs-, Sommer- und Herbstweide, andere nutzen allein entweder Frühjahrs- und Sommerweide oder Sommer- und Herbstweide. Frühjahrs- und Herbstweide liegen höchstens zehn Kilometer auseinander.

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Yaylaqbauern dieser Form halten an den Orten der Frühjahrs- und Herbstweiden nur Milchkühe. Es gibt dort eine zur Hälfte aus Flusssteinen und oben aus Holz gebaute Hütte (Koma oder Dam) für Menschen und Tiere. Für die Aufenthalte auf der Frühjahrs- und Herbstweide müssen Heu und Laubvorräte sowie auch eine grob gemahlene Getreidemi- schung vorbereitet sein. Das Heu wird während der Sommerzeit gegen Ende Augst ge- wonnen und mit Lasttieren zu den Weideorten getragen und dort entweder nahe gelegenen Felshöhlen oder in der Hütte gelagert. Das Laub wird im Oktober gesammelt und meist nur im Herbst genutzt. Die grob gemahlene und in Wasser gekochte Getreidemischung ist nur für die frisch kalbenden Mutterkühe bestimmt. Sowohl auf der Frühjahrsweide als auch auf der Herbstweide verzichtet man auf Kleinviehhaltung, weil die Gefahr besteht, dass die Tiere von Wölfen, Bären und Schakalen gefressen werden. Die Yaylaqbauern beider Ausformungen halten die Schafe meist im Dorf, allerdings finden sich im zweiten Fall gelegentlich auch Schafe auf der Sommerweide. Diese werden schichtweise von den Familienmitgliedern, insbesondere Söhnen und Enkeln gehütet. Abends werden sie entweder gemeinsam mit Rindern oder in separaten Abteilungen ge- pfercht und dort gemolken. Die Lämmer und Schafe weiden bis zum Ende der Melkzeit am Abend getrennt, um kurz danach zusammengeführt zu werden, damit die Lämmer die nicht gemolkene Milch trinken können.

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7 Charakteristische Eigenschaften der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe

In diesem Kapitel werden anhand der empirischen Daten die untersuchten Betriebe in der Ausgangssituation dargestellt. Nach Angabe der Experten und Viehhalter existieren etwa 240 Wanderschafhaltungsbetriebe in Cheyranchöl-Steppe. Daher umfasst die Stichprobe der Arbeit (n=120) über die Hälfte der Grundgesamtheit der Betriebe auf der Winterweide in der Region Gandja-Gasach. Allgemein kann zunächst festgehalten werden, dass die untersuchten Wanderschafhal- tungsbetriebe die gepachteten Sommer- und Winterweiden sowie Dorfweiden mit Schafen, Ziegen und auch Rindern, zumeist ohne Düngung und Bewässerung nutzen. Die Betriebe entstanden nach der Privatisierung (ab 1995) und der Agrarreform (ab 1996) aus 30 ehe- maligen sowjetischen Kolchosen und 14 Sowchosen. Die Privatisierung hatte eine Zersplit- terung der Winterweidefläche zur Folge; gleichzeitig erfolgte eine Steigerung der Anzahl der kleineren privaten Schafhaltungsbetriebe. Eine Kolchose oder Sowchose wurde in zwei oder mehrere private Betriebe aufgeteilt und das Eigentum unter den Mitarbeitern und an- deren Angehörigen privatisiert. Durch die Privatisierung erhielten die heutigen untersuch- ten Betriebe als Eigentum das Groß- und Kleinvieh, landwirtschaftliche Maschinen (Schlepper, Lastkraftwagen und Wasserlastkraftwagen) und Gebäude in der Cheyranchöl- Steppe. Die Weideflächen (Sommer und Winter) waren von der Privatisierung ausge- schlossen und wie schon im Kapitel 4.2.1 erwähnt wurde, sind sie bis heute im staatlichen Besitz. Nach Angabe der befragten Viehhalter wurden 49,2 % der untersuchten Betriebe in den Jahren 1992-1999 und 47,5 % zwischen 2000 und 2007 gegründet. Während der Be- fragungszeit (2009-2012) hatten vier Betriebe immer noch Probleme mit der Privatisierung der Weidehöfe und dem Pachten der Weidefläche. Die untersuchten Betriebe stammen insgesamt aus 40 Dörfern von Shamkir und Gedebey. 77 (64,2 %) von den insgesamt 120 Betrieben sind in Gedebey und 43 (35,8 %) in Shamkir bei der Rayonverwaltung als Wan- derschafhaltungsbetrieb (Köçəri Qoyunçuluq təsərrüfatı) registriert.

7.1 Rechtsformen Je nach Struktur und rechtlicher Organisation eines landwirtschaftlichen Betriebes ist die geeignete Rechtsform im Privatrecht aserbaidschanischer Gesetze vorgeschrieben (BÜR- GERGESETZBUCH 1999). Es sind unterschiedliche Rechtsformen für landwirtschaftliche Unternehmen/Betriebe möglich. Die Personen oder Personengruppen sind je nach Tätigkeit in der Landwirtschaft den Grundtypen des Privatrechts als natürliche oder juristische Per- sonen zuzuordnen. Grundsätzlich ist jede Rechtsform mit Vor- und Nachteilen verbunden. Die Wahl der Rechtsform ist von Entscheidungskriterien abhängig, beispielweise Haftung, Betriebsgrö- ße, Vermögensstruktur, Finanzierungsmöglichkeiten, Gewinn- und Verlustrechnung etc. Anhand dieser Kriterien sollte im Entscheidungsprozess abgewogen werden, ob ein Ein- zelunternehmen, eine Kommanditgesellschaft (KG), oder eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) (Personengesellschaften) gegründet wird oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) etc. Die Rechtsformen für Unternehmen/Betriebe sind ähnlich denen in

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Deutschland. Die möglichen Rechtsformen für landwirtschaftliche Unternehmen/Betriebe in Aserbaidschan sind in der folgenden Tabelle 30 dargestellt. Tabelle 30: Mögliche Rechtsformen der landwirtschaftlichen Unternehmen/Betriebe in Aserbaidschan

Natürliche Personen Juristische Personen 1. Einzelunternehmen 2. Personengesellschaften a. Kommanditgesellschaft (KG), b. Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Einzelunternehmen/Betrieb 3. Kapitalgesellschaften a. Aktiengesellschaft (AG) b. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) c. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) 4. Kooperativgesellschaft

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von SADIQOV ET AL.(2007) Alle untersuchten Betriebe sind nach ihrer Rechtsform Einzelunternehmen/-betriebe. 87,5% der Betriebe werden von natürlichen Personen und 12,5% von juristischen Personen bewirtschaftet. Obwohl in manchen Betrieben mehrere Familien zu finden sind, die den Betrieb zusammen bewirtschaften oder eine informelle Kooperation führen, sind solche Betriebe in der jeweiligen Rayonverwaltung als Einzelfamilienbetriebe registriert und von natürlichen Personen geleitet.

7.2 Ausbildungsniveau und Erfahrung der befragten Viehhalter Am Interview nahmen insgesamt 120 Viehhalter, davon 83 Herdeneigentümer (Hofbesit- zer) und 37 Brigadiers teil. Ein Brigadier war in der Sowjetzeit eine zentrale Figur der Kolchosproduktion. Der Begriff entstand in der Sowjetzeit und wird bis jetzt verwendet. Der Brigadier managt die Herden des Hofbesitzers neben seinen eigenen mitgebrachten und anderen Hirtentieren. Somit sind alle befragten 120 Viehhalter Betriebsleiter, die für das Management des Betriebes verantwortlich sind. Das Alter der Herdeneigentümer und Brigadiers liegt zwischen 17 und 83 Jahren. Nach Altersgruppe wurden die interviewten Personen, wie Abbildung 21 dargestellt, in vier Gruppen eingeteilt. Etwa 66 % der befrag- ten Personen sind zwischen 31 und 60 Jahre. Das Alter liegt im Durchschnitt bei 45 Jahren.

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Abbildung 21: Altersstruktur der befragten Viehhalter

Insgesamt Brigadier Herdeneigentümer

Keine Angabe

über 61 Jahre

zwischen 46 und 60

zwischen 31 und 45

unter 30 Jahre

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Anzahl der Nennungen

Quelle: Eigene Darstellung Nach ihrem Ausbildungsniveau werden die befragten Viehhalter in 3 Gruppen eingeteilt (Abb. 22). 15,8 % der befragten Viehhalter haben einen Abschluss an der Hochschule und 9,2 % am Technikum oder an der Berufsschule. Insgesamt 23 % der Herdeneigentümer haben einen höheren Ausbildungsabschluss. Die Viehhalter mit Hochschulabschluss sind zwischen 42-70 Jahre und mit Technikumabschluss zwischen 27-83 Jahre alt; sie haben ihre Ausbildung in der Sowjetzeit absolviert. Fünf Herdeneigentümer haben einen Ab- schluss der staatlichen Agraruniversität oder am Technikum/Berufsschule im Landwirt- schaftsbereich. Abbildung 22: Ausbildungsniveau der befragten Viehhalter

Insgesamt Brigadier Herdeneigentümer

Keine Angabe

Mittelschule

Technikum/Berufsschule

Hochschule/Akademie

0 102030405060708090100 Anzahl der Nennungen

Quelle: Eigene Darstellung Viele Viehhalter kommen aus anderen Berufsbereichen, in denen sie ihre Arbeit verloren haben oder sich ihre Arbeit nicht mehr lohnte. Die Viehhalter wurden nach der Dauer ihrer Erfahrungszeit in der Tierhaltung in 3 Grup- pen unterteilt (Abb. 23). 29,2 % der befragten Viehhalter haben weniger als 5 Jahre Erfah- rung in der Tierhaltung, davon sind 12,5 % Herdeneigentümer. Diese geben an, dass sie keine vorausgegangene Erfahrung in der Tierhaltung hatten. Nach Angabe der Viehhalter stellt es sich als schwierig dar, eine alternative Beschäftigung zu finden. Es gibt in der Re- 111

gion hauptsächlich die Möglichkeiten Arbeit im Pflanzenbau (Anbau von Gemüse im Ge- wächshaus in Shamkir) oder als Hirte in den Großbetrieben zu finden. Die Arbeit im Pflanzenbau ist nur saisonal und die Arbeitsstelle nicht sicher. Die Tierhaltung, vor allem die Schafhaltung, ist ein lukrativer Bereich in der Landwirtschaft, daher haben viele Vieh- halter sich entschlossen, selbständig zu arbeiten und in den Schafhaltungsbereich einzu- steigen. Die Mehrheit der befragten Viehhalter hat praktische Erfahrung zwischen 5-15 Jahren. 8 % der befragten Viehhalter beschäftigen sich mehr als 15 Jahre mit Tierhaltung. Abbildung 23: Berufserfahrung der Viehhalter in der Tierhaltung

Insgesamt Brigadier Herdeneigentümer

> 15 Jahre

5-15 Jahre

<5 Jahre

0 1020304050607080 Anzahl der Nennungen

Quelle: Eigene Darstellung In vielen Betrieben fehlen das produktionstechnische Wissen und die Managementfähig- keit der Betriebsleiter aufgrund ihrer fehlenden landwirtschaftlichen Ausbildung und Er- fahrung in der Marktwirtschaft. Besonders in den folgenden Bereichen hat die Mehrheit der Viehhalter kaum Erfahrung:  Fütterung  Tiergesundheit  Tierhaltung Während der Sowjetzeit wurden die Futterinhaltstoffe in der Schaf-, Ziegen- und Rinder- haltung von Spezialisten empfohlen. Heutzutage arbeiten die Viehhalter in den Betrieben weder für Rinder noch für Schafe und Ziegen mit Futterrationsberechnungen. Sie lagern die Futtermittel wie Heu, Gerste und Weizen im Juni-August nach ungefährer Abschätzung ein. Alle Viehhalter geben an, dass sie keine genaue Kenntnis über den Tagesbedarf der Tiere an Energie und Futterinhaltstoffen haben, sondern nach „Gefühl“ füttern. Viele Viehhalter lagern im Vorfeld nicht ausreichend Futtermittel ein und stehen in den Winter- monaten damit oft vor Futterkrisen. Dies verursacht den Viehhaltern doppelte Transport- und Futterkosten, da Futter im Winter zu hohen Preisen eingekauft und zum Hof transpor- tiert werden muss. In vielen Betrieben ist die Fütterung der Tiere nicht bedarfsgerecht, was negative Auswirkungen auf die Leistung und Gesundheit der Tiere hat. Zudem haben die Viehhalter auch geringe Kenntnisse über die Tiergesundheit. Die Haltung der Tiere in Stäl- len ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Tiergesundheit und Leistung. In vie- len Betrieben sind die Ställe und auch die Wasserversorgung jedoch sehr unhygienisch.

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7.3 Kategorisierung der untersuchten Betriebe Wanderschafhaltungsbetriebe sind die typische, dominierende Betriebsform der Tierhal- tung im Land. Je nach Besitzform des Eigentums an Produktionsmitteln sowie der speziel- len Organisation können unterschiedliche Betriebsformen der Wanderschafhaltung abge- grenzt werden (ANDREAE 1964, 1972). Wie bereits im Methodenteil erwähnt wurde, wer- den in der vorliegenden Arbeit die Wanderschafhaltungsbetriebe nach Betriebsformen ba- sierend auf folgenden betriebsspezifischen Merkmalen kategorisiert:  Fernweidewirtschaftsform,  Organisationsform,  Größenklasse.

7.3.1 Formen der Fernweidewirtschaft Die untersuchten Betriebe lassen sich gemäß der Klassifizierung nach Betriebssystemen mit Bodennutzung generell den Viehhaltungsbetrieben zuordnen, in denen die Schaf- und Ziegenhaltung mit extensiver Weidewirtschaft (Fernweidewirtschaft) als Produktionszweig schwerpunktmäßig zum Betriebseinkommen beiträgt. Damit kommen mehr als 50 % des landwirtschaftlichen Einkommens aus der Tierhaltung bzw. Schafhaltung. Bei dieser Art des Betriebssystems ist das Ziel eines Viehhalters, seine Tiere mit kostengünstiger Natur- weide, einfacher Haltungstechnik und guter Betriebsorganisation an die natürlichen, öko- nomischen und sozio-ökonomischen Bedingungen jedes Standortes anzupassen und damit seine wirtschaftlichen Ziele zu erreichen (RUTHERNBERG 1971). Der Fernweidewirtschaft ist auch als Betriebssystem zu verstehen. In vorliegender Arbeit wurden die untersuchten Betriebe aus dem Betriebssystem Fernwei- dewirtschaft in zwei Formen differenziert: Halbnomaden und Transhumante (siehe Kapi- tel 6.2). Die untersuchten Transhumanten zeigen viele Ähnlichkeiten mit Halbnomaden, so dass beide:  ihr Schwerpunkt in Viehwirtschaft bzw. Schafhaltung haben,  zwischen zwei klimatischen Zonen (Sommer- und Winterweide) wandern,  Nutzungsrechte an Pachtweide und Wasser in der Cheyranchöl-Steppe haben und  als Transportmittel LKWs und Lasttiere nutzen. Neben vielen Ähnlichkeiten zwischen beiden Formen gibt es aber auch Unterschiede, die in dieser Arbeit nach bestimmten Merkmalen in den untersuchten Betrieben differenziert und in folgender Tabelle 31 dargestellt sind. Die untersuchten Halbnomaden und Transhumanten sind nach dem Gebiet ihrer festen Siedlung/Herkunft wie folgt unterteilt:  Halbnomaden oder Transhumante der Gebirgssiedler von Gedebey (Dağ camaatı)  Halbnomaden oder Transhumante der Tieflandsiedler von Shamkir (Aran camaatı).

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Tabelle 31: Wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen Halbnomaden und Transhumanten Merkmale Halbnomaden Transhumante

überwiegend Familienarbeits- überwiegend Lohnar- Arbeitskräfte kräfte beitskräfte

Mitarbeit weiblicher Familienmitglieder im ja nein Betrieb Milcherzeugung zum Teil ja nein Wollverkauf <50 % der Betriebe >90 % der Betriebe Zusammenarbeit zwischen Betrieben stark schwach zwar marktorientiert, aber sehr stark marktorien- Marktorientierungsgrad auch eigene Versorgung tiert Lebensweise, auch Wirt- vorwiegend Wirt- Fernweidewirtschaft als schaftsweise schaftsweise Beteiligung am Tauschhandel ja sehr selten

Ackerwirtschaft im Betrieb vorhanden ja sehr selten Vorhandensein außerlandwirtschaftlicher ja, Teil der erwachsenen Fa- ja, alle erwachsenen Erwerbstätigkeit der Betriebsbesitzer milienmitglieder Familienmitglieder Anteil des Einkommens aus Tierhaltung am >80 % <50 % Gesamteinkommen des Betriebes >50 % Milch <30 % Milch Eigenverbrauch der Tierprodukte <10 % Fleisch >10 % Fleisch Quelle: Eigene Darstellung nach BEUERMANN (1967) und SCHOLZ (1991) Die Studie zeigt, dass 58,3 % (n=70) der untersuchten Betriebe Halbnomaden sind. Der größere Anteil der Halbnomadenbetriebe stammt aus Gedebey (81,4 %; n=57) und nur 18,6 % (n=13) aus Shamkir. Der Marktorientierungsgrad der Halbnomaden liegt abhängig von den Organisationsformen zwischen 50 und 85 %. Die Halbnomadenbetriebe erwirt- schaften ihr Einkommen zu mindestens 50 % aus der Wanderschafhaltung. Diese Betriebe mit Halbnomadensystem können nach ihrem Erwerbscharakter als Haupterwerbsbetriebe bezeichnet werden. Haupterwerbsbetriebe sind solche, in denen die betriebliche Arbeitszeit des Betriebsinhabers mindestens 0,5 AK (Arbeitskraft) beträgt und das außerbetriebliche Erwerbseinkommen des Betriebsinhaberehepaares unter 50 % des Erwerbseinkommens insgesamt liegt (SCHMITT 1993). Die Transhumanz-Betriebe machen 41,7 % (n=50) der untersuchten Betriebe aus; davon haben 25 % der Betriebsbesitzer feste Wohnungen in Shamkir und 16,7 % in Gedebey. Da mehr als 90 % der erzeugten Produkte in den Transhumanz-Betrieben verkauft werden, orientieren sich diese Betriebe stark auf die Märkte. Das Einkommen der Transhumanz- Betriebe kommt zu mindestens 10 %, aber zu weniger als 50 % aus der Wanderschafhal- tung. In über der Hälfte der Transhumanz-Betriebe gibt es keinen betrieblichen Arbeitsein- satz des Betriebsinhabers oder dieser ist zeitlich sehr beschränkt. Daher sind die Transhu- manz-Betriebe bzgl. der Erwerbsbeschäftigung als Nebenerwerbsbetriebe zu charakterisie- ren. In wenigen Transhumanz-Betrieben, die von ihren festen Wohnungen nicht weit ent- fernt liegen, werden die Milchprodukte zur Eigenversorgung verwendet. Es sind unter den untersuchten Betrieben Übergangsformen zwischen Halbnomadismus und Transhumanz zu beobachten; insbesondere der Übergang von Halbnomaden in die

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Transhumanz, wenn die Familienmitglieder außerlandwirtschaftliche Arbeitsstellen finden oder ihren Arbeitsschwerpunkt mit der Zeit in den Ackerbau verlegen. Nach Angaben der Herdenbesitzer waren 15 der befragten heutigen Transhumanz-Betriebe, die aus Shamkir Dörfern stammen bis vor sechs Jahre als Halbnomaden tätig (2012). Diese Betriebe haben mehr Ackerfläche zugekauft und damit wurde die Fernweidewirtschaftsform von Halbno- maden in das Transhumanzsystem geändert. Bei kleinen Betrieben ist häufig der Übergang von Halbnomadismus oder Transhumanz in die Almwirtschaft zu sehen, wenn die Betriebe hohe Tierverluste erleiden oder Probleme mit der Weideflächennutzung, bzw. dem Nut- zungsrecht bekommen.

7.3.2 Formen der Organisation Eines der Hauptmerkmale der untersuchten Betriebe ist die Organisationsform. Innerhalb beider Betriebssysteme (Halbnomaden und Transhumanz) sind unterschiedliche Formen der Betriebsorganisation zu finden. Nach ANDREAE (1972) bestimmen zwei verschiedene Typen von Einflussfaktoren die Betriebsorganisation deutlich: a) innerbetriebliche (Ma- nagement, Produktionskosten, Arbeit, Kapital etc.) und b) außerbetriebliche (Standortbe- dingungen). Dementsprechend wird die Organisationsform der untersuchten Betriebe nach den Merkmalen des Managements in vier Gruppen klassifiziert:  Familienbetrieb (FB),  Lohnhirtenbetrieb (LB),  Staatsbetrieb (SB),  und Kooperationsbetrieb (KB). Aus Tabelle 32 ist ersichtlich, dass mehr als 70 % der Halbnomaden bezüglich der Organi- sationsform Familienbetriebe sind, während über die Hälfte der Transhumanz-Betriebe von Lohnhirten organisiert werden. Tabelle 32: Verteilung der untersuchten Betriebe nach Formen der Fernweidewirtschaft und Betriebsorgani- sation Fernweidewirtschaftsform Organisationform Abkürzung Betriebe (n) Prozent Familienbetrieb HN-FB 50 41,7 Halbnomaden Kooperationsbetrieb HN-KB 6 5,0 Lohnhirtenbetrieb HN-LB 14 11,7 Familienbetrieb Tr.H-FB 19 15,8 Kooperationsbetrieb Tr.H-KB 3 2,5 Transhumante Lohnhirtenbetrieb Tr.H -LB 26 21,7 Staatsbetrieb Tr.H -SB 2 1,7 Insgesamt 120 100 Quelle: Eigene Darstellung Die Familienbetriebe umfassen 57,5 % (n=69) der untersuchten Betriebe, davon 41,7 % Halbnomaden und 15,8 % Transhumante (Tab. 32). Der Definition folgend, dass in FB mehr als 50 % der AK Familienmitglieder sind, zeigt sich in den untersuchten Betrieben, dass eine Konzentration der Betriebsleitung auf Vater oder Sohn/Schwiegersohn liegt, die temporär durch Jugendliche, manchmal auch Schulkinder unterstützt werden (DOPPLER 1991). Die Familien erwirtschaften ihren Lebensunterhalt vollständig oder zum größten Teil durch die eigene Bewirtschaftung der Betriebe. Die Herdeneigentümer halten sich permanent auf dem Betrieb auf. Bei den Halbnomaden-Familienbetrieben sind alle oder 115

ein Teil der Familienmitglieder (außer Schulkinder) immer während der Wintermonate im auf der Winterweide und während der Sommermonate auf der Sommerweide zu sehen. Die Schulkinder bleiben während der Schulzeit in festen Dörfern bei anderen Familienmitglie- dern oder Verwandten. Im Gegensatz zu den Halbnomaden-Familienbetrieben (HN-FB) sind in den Transhumanz-Familienbetrieben (Tr.H-FB) mehr männliche Familienmitglie- der beschäftigt und die Hirten sind ganzjährig mit/ohne Familie auf der Winterweide und der Sommerweide zu sehen. Die Lohnhirtenbetriebe machen 33,3 % (n=40) der gesamten untersuchten Betriebe aus; davon sind 11,7 % Halbnomaden und 21,6 % Transhumante. Unter den Lohnhirtenbetrie- ben sind solche Betriebe zu verstehen, in denen mehr als 50 % der Arbeitskräfte Hirten und saisonale Lohnarbeitskräfte sind, die entweder über Geld oder in Naturalien entlohnt wer- den. Die Betriebe werden hauptsächlich von angestellten Haupthirten (Brigadieren) gelei- tet. In den Halbnomaden-Lohnhirtenbetrieben (HN-LB) wohnt ein Mitglied der Herdenei- gentümer entweder auf der Winterweide oder besucht den Betrieb mindestens einmal in der Woche. Im Gegensatz dazu ist der Herdeneigentümer der Transhumanz- Lohnhirtenbetriebe (Tr.H-LB) außerhalb der Landwirtschaft tätig oder verdient sein Geld z.B. in Russland durch geschäftliche Tätigkeit, während der Betrieb von einer anderen Per- son (Haupthirte, Brigadier) geleitet wird. In solchen Betrieben ist die Wanderschafhaltung als ein Geschäftsfeld im Sinne eines Investitionsobjektes zu betrachten, die eine zusätzli- che Einkommensquelle für die Herdeneigentümer ist. Der Betriebsleiter der Transhumanz- Lohnhirtenbetriebe ist entweder ein Verwandter der Herdeneigentümer oder eine vollbe- schäftigte angestellte Fremdarbeitskraft. Obwohl die untersuchten Staatsbetriebe in dieser Arbeit nur 1,7 % (n=2) ausmachen, ge- hören sie zu den bedeutenden Akteuren in der Region. Deshalb werden beide in die be- triebswirtschaftliche Analyse eingeschlossen. Die Agrarforschungsinstitute in der Region führen wissenschaftliche Untersuchungen in diesen Betrieben durch und sie werden als Pilot-Betriebe bei Projektarbeiten genutzt. Einer der Staatsbetriebe gehört zur Rayonver- waltung von Shamkir und der andere zu Gedebey. Der Betrieb von Shamkir ist als staatli- cher Zuchtbetrieb in der Wanderschafhaltung für Gandja-Gasach vorgesehen, welcher nach dem Beschluss Nummer 74 des Ministerkabinetts vom 27. April 1999 auf Basis der priva- tisierten “Koroglu” Kolchose gegründet wurde (MINISTERKABINETT VON ASERBAIDSCHAN 1999). Der Staatsbetrieb von Gedebey wurde erst 2004 von der Rayonverwaltung privati- siert und ist seit 2005 als staatlicher Betrieb bekannt. Der Tierbestand beider Staatsbetriebe besteht nur aus Schafen. Bei den Kooperationsbetrieben handelt es sich in der vorliegenden Arbeit um einen Zu- sammenschluss von zwei selbstständigen Betrieben, die seit mehreren Jahren eine Koope- ration führen. Die Zusammenarbeit läuft informell über mündliche Absprachen, um ge- meinsame wirtschaftliche und soziale Ziele zu erreichen. Obwohl die Vorzüge einer Ko- operation vielen Viehhaltern bekannt sind, führen nur 9 (7,5 %) von 120 Betrieben eine Kooperation; davon sind 6 als Halbnomaden und 3 als Transhumante tätig. Der Kooperati- onspartner stammt bei 56,6 % der Betriebe aus der Verwandtschaft und bei 44,4 % aus der Nachbarschaft.

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7.3.3 Betriebsgrößenklasse Ein Landwirtschaftsbetrieb ist in der Regel durch die Größe seiner landwirtschaftlich ge- nutzten Fläche gekennzeichnet, denn der Boden ist das Hauptproduktionsmittel der Land- wirtschaft. In den untersuchten Wanderschafhaltungsbetrieben sind außerdem die Nutztiere als Hauptproduktionsmittel zu charakterisieren, denn die Betriebe produzieren nicht stän- dig an einem Standort, sondern in einem Gebiet, das entsprechend den natürlichen Bedin- gungen kontinuierlich verlagert wird (PFEIFFER 1982). In Betrieben gleicher Flächengröße sind deshalb bei den untersuchten Betrieben unterschiedliche Herdengrößen zu finden. Das gilt auch für die Arbeitskräfte, so dass in kleinen und mittleren bzw. in großen und mittle- ren Betrieben (nach Tierbestand) die gleiche Anzahl der Arbeitskräfte (AK) zu beobachten ist. Deswegen sind bei Gruppierung der Betriebsgrößen nach Fläche Abweichungen bei der Zahl der Arbeitskräfte zu verzeichnen. Die Größe der Weidefläche in den Betrieben ist eventuell auch von der Futterqualität der Weiden (Menge und Pflanzenbestand) abhängig. Daher sind in der vorliegenden Arbeit die untersuchten Betriebe nach Quantitätsmerkma- len des Tierbestands bzw. den gesamten Großvieheinheiten abgegrenzt (siehe Kapitel 3.4.3). So wurden die Betriebe in 3 Gruppengrößen klassifiziert: Kleinbetriebe, mittlere Betriebe und Großbetriebe. Die Betriebe nach Größenklasse wurden ohne die Hirtentiere gruppiert. In den Wirtschaftlichkeitsrechnungen wurden die Hirtentiere jedoch nicht be- rücksichtigt (Kapitel 8). Aus der folgenden Tabelle 33 ist die Klassifizierung der Betriebe nach Größenklassen mit und ohne Hirtentiere zu entnehmen. Tabelle 33:Gruppierung der Betriebe nach Größenklassen Bezeichnung Größenklasse (ohne Hirten Tiere Klein Mittel Groß Gesamttierbestand in GVE <=50 51-144 >145 Anzahl der Betriebe 33 78 9 Quelle: Eigene Darstellung Nach dieser Klassifizierung sind von den untersuchten Betrieben 27,5% (n=33) als Klein- betrieb, 65 % (n=78) als Mittelbetrieb und 7,5 % (n=9) als Großbetrieb zusammengefasst (Abb. 24). Die gesamte und durchschnittliche Faktorausstattung der Betriebe ist zwischen den Größenklassen unterschiedlich (Tab. 34). Tabelle 34: Durchschnittliche Faktorausstattungen der Betriebe nach Betriebsgrößenklasse Betriebsgrößen Ausstattungen Einheit Klein (n=33) Mittel (n=78) Groß (n=9) Gesamtgroßvieheinheit mit Hirtentiere GVE 40 96 238 Gesamtgroßvieheinheit ohne Hirtentiere GVE 33 80 208 Anzahl der Schafe Stück 375 912 2218 Anzahl der Rinder Stück 7 18 76 Pferde Stück 3 4 5 Esel Stück 3 3 -- Hunde Stück 5 9 23 Gesamtarbeitskräfte AK 2,6 5 12 Winter ha 239 420 999 Weidefläche Sommer ha 74 139 271 Quelle: Eigene Darstellung

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Im Besitz der Kleinbetriebe sind 12 % des Tierbestandes aller untersuchten Betriebe (Tab. 35). Gleichzeitig verfügen die Kleinbetriebe über 16 % der gesamten Weidefläche und 15 % der gesamten AK. Ein Kleinbetrieb hat im Durchschnitt 2,6 AK und 33 GVE; der Schwankungsbereich liegt zwischen 13 und 50 GVE. Die Anzahl der Mutterschafe liegt im Mittel der Kleinbetriebe bei 292 Stück. Die Spannbreite reicht hier von 125 bis 500. In Bezug auf die Form der Fernweidewirtschaft sind die Kleinbetriebe fast gleichmä- ßig auf Halbnomaden und Transhumante verteilt. Dabei ist über Hälfte der Kleinbetriebe als Familienbetrieb organisiert (Abb. 24). Tabelle 35: Faktorausstattungen nach Betriebsgrößen, in Prozent des Gesamtbestandes der Stichprobe Ausstattung Kleinbetriebe Mittelbetriebe Großbetriebe Gesamt Tierbestand 12 % 68 % 20 % Gesamt Fläche 16 % 66 % 18 % Gesamt Arbeitskraft 15 % 67 % 18 % Quelle: Eigene Darstellung Die mittleren Betriebe bewirtschaften etwa 69 % des Gesamtbestandes der Schafe und Ziegen und 61 % des der Rinder. Der Tierbestand in den mittleren Betrieben liegt zwi- schen 50 und 144 Großvieheinheiten. Ein mittlerer Betrieb hat im Durchschnitt 681 Mut- terschafe in seinem Besitz; die Spannbreite reicht von 350 bis 1.350 Stück. Obwohl der Anteil der Großbetriebe an der Gesamtanzahl der untersuchten Betriebe gering ist, entfallen 19 % der vorhandenen Schafe/Ziegen und 29 % der Rinder des gesamten Tierbestands aller untersuchten Betriebe auf diese Betriebsgröße. Ein Großbetrieb hat im Durchschnitt 2.118 Mutterschafe; die Spanne reicht von 1.045 bis 2.500 Stück. Abbildung 24: Verteilung der Betriebsgrößenklasse nach Organisations- und Fernweidewirtschaftsform 50 60 45 43 50 50 40 35 40 30 25 28 25 21 30 20 17 Anzahl 16 Anzahl 20 15 11 10 8 10 6 5 4 3 5 1 2 0 0 klein mittel groß FB LB KB SB

klein mittel groß Halbnomaden Transhumanten

FB- Familienbetrieb, LB- Lohnhirtenbetrieb, KB- Kooperationsbetrieb, SB- Staatsbetrieb Quelle: Eigene Darstellung Nach Kategorisierung von Fernweidewirtschaft, Betriebsorganisation und Größenklasse können die Betriebe in 15 Betriebsformen eingeteilt werden, die in der Tabelle 36 darge- stellt sind. Es ist ersichtlich, dass innerhalb der definierten Gruppen die Mehrheit der Be- triebe auf die Formen Halbnomaden-Familienbetriebe und Transhumanten- Lohnhirtenbetriebe in mittlerer Größe entfällt, wobei beide typische Formen zusammen

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etwa 40 % aller Betriebe bilden. Am häufigsten kommen Halbnomaden-Familienbetriebe mittlerer Größe vor. Tabelle 36: Häufigkeit der definierten Betriebsformen Betriebe Betriebsform Abkürzung (n=) % Halbnomaden-Familienbetriebe mittlerer Größe HN-FB-Mittel 34 28 Transhumanz-Lohnhirtenbetriebe mittlerer Größe Tr.H-LB-Mittel 14 12 Halbnomaden-Familienbetriebe kleiner Größe HN-FB-Klein 13 11 Halbnomaden-Lohnhirtenbetriebe mittlerer Größe HN-LB-Mittel 11 9 Transhumanz-Familienbetriebe mittlerer Größe Tr.H-FB-Mittel 9 8 Transhumanz-Familienbetriebe kleiner Größe Tr.H-FB-Klein 8 7 Transhumanz-Lohnhirtenbetriebe kleiner Größe Tr.H-LB-Klein 8 7 Halbnomaden-Kooperationsbetriebe mittlerer Größe HN-Koop-Mittel 5 4 Halbnomaden-Familienbetriebe großer Größe HN-FB-Groß 3 3 Halbnomaden-Lohnhirtenbetriebe kleiner Größe HN-LB-Klein 3 3 Transhumanz-Kooperationsbetriebe mittlerer Größe Tr.H-Koop-Mittel 3 3 Transhumanz-Familienbetriebe großer Größe Tr.H-FB-Groß 2 2 Transhumanz-Lohnhirtenbetriebe großer Größe Tr.H-LB-Groß 2 2 Transhumanz-staatliche Betriebe mittlerer Größe Tr.H-SB-Mittel 2 2 Halbnomaden-Kooperationsbetriebe großer Größe HN-Koop-Klein 1 1 Quelle: Eigene Darstellung

7.4 Faktorausstattungen Zur Faktorausstattung der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe zählt folgendes:  Arbeitskräfte,  Weideflächen,  betriebliche Gebäude,  landwirtschaftliche Maschinen,  Wasserversorgung.

7.4.1 Arbeitskräfte In der Tabelle 37 sind die Erwerbstätigen auf den untersuchten Betrieben nach ausgewähl- ten Kriterien zusammengestellt. Auf den untersuchten Betrieben sind insgesamt 989 Per- sonen beschäftigt, die hinsichtlich Alter, Geschlecht und Zugehörigkeit zur Betriebsfamilie charakterisiert wurden. Die Beschäftigten sind nach Zugehörigkeit zur Familie und nach der Entlohnung in Familienarbeitskräfte (Fam.-AK) und Fremdarbeitskräfte (Fremd-AK) oder Lohnarbeitskräfte (LAK) zu unterscheiden (SCHMITT 1995). Tabelle 37: Erwerbstätige auf den untersuchten Betrieben Arbeitskräfte Pro Betrieb, AK Alle Betriebe (N=120) Mittel Max. Min. AK Pers. Gesamt 5 20 0,5 582,75 989 Familien 1,75 4,5 0,25 196 334 Fremd 3,25 15,5 0,25 386,75 655 Quelle: Eigene Darstellung

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In allen untersuchten Betrieben sind 33,7 % der Beschäftigten Familien-AK und 66,3 % Fremd-AK. Zu den Familien-AK gehören die Betriebsinhaber (Ehemann und Ehefrau) und ihre Familienangehörigen, die in der Regel nicht direkt bezahlt werden, sondern über den erwirtschafteten Gewinn entlohnt werden. 14,2 % aller Beschäftigten in den untersuchten Betrieben sind selbstständige Betriebsleiter, die bei der Bewirtschaftung und Existenz der Betriebe eine wichtige Rolle spielen. Neben dem Betriebsinhaber sind die Familienangehö- rigen, darunter Söhne, Töchter, Schwiegersöhne, Schwiegertöchter und Eltern die wich- tigsten Arbeitskräfte. Als jährliche Arbeitsleistung einer Familien-AK sind in dieser Arbeit etwa 2700 AKh für eine volle Arbeitskraft unter Berücksichtigung von Urlaub, Krankheit und Zeit für besondere soziale Anlässe unterstellt. 73 % der Familien-AK sind in den Fa- milien- und Kooperationsbetrieben und 27 % in Lohnhirtenbetrieben tätig. In Staatsbetrie- ben sind alle Erwerbstätigen als Betriebsleiter und als entlohnte Hirten angestellt. Die Familien-AK sind unter Berücksichtigung der Dauerhaftigkeit ihres Arbeitseinsatzes in ständige und nicht-ständige Arbeitskräfte unterteilt. Die ständigen Familien-AK sind ganzjährig produktiv mit landwirtschaftlicher Tätigkeit im Betrieb beschäftigt. Die nicht- ständigen Familien-AK üben dispositive Tätigkeiten, Haushaltstätigkeiten oder eine außer- betriebliche Erwerbsbeschäftigung etc. aus. Sie stehen vorwiegend in Zeiten mit Spitzen- arbeitsbelastungen, wie Heubereitung, Schurzeiten und Ablammzeiten zur Verfügung. Die nicht-ständigen Familien-AK der untersuchten Betriebe bilden 2,5 % der Gesamtarbeits- kräfte (GAK) und 7,5 % der gesamten Familien-AK. Die Fremd-AK der Betriebe werden ebenfalls nach der Dauerhaftigkeit ihres Arbeitsein- satzes in ständige und nicht-ständige Arbeitskräfte unterteilt. Die ständigen Fremd-AK unterscheiden sich von den Familien-AK in der Form der Entlohnung. Sie erhalten Geld- und Naturallöhne. Die Entlohnung der Hirten variiert von Betrieb zu Betrieb, ist abhängig von den Absprachen zwischen Besitzer und Hirten und wird nach Weidekapazität, Wei- dequalität und der Anzahl der mitgebrachten Hirtentiere bestimmt (SALZER 2008). 74,2 % der Fremd-AK sind Hirten; davon haben 16,3 % mehr als 70 Mutterschafe und 5 Kühe. Auf allen Betrieben mit Hirten mit über 70 Mutterschafen und 5 Kühen werden diese ent- weder nicht mit Geld entlohnt oder sie verzichten auf Futterversorgung vom Hofbesitzer und teilen die Pachtkosten (Tab. 38). Da die Kuhhaltung seitens der Hirten unerwünscht ist, bevorzugen die Hofbesitzer solche Hirten, die nicht mehr als 5 Kühe mitbringen. Tabelle 38: Entlohnung der Fremd - AK in den Betrieben Beschäftigte Mitgebrachte Tiere Entlohnung (Wirtschaftsjahr 2011) Gehalt, Zusätzliche Entlohnung AZN Hirten keine 130-180 Zigaretten, Arbeitskleidung, Lebensmittel

bis 50 Mutterschafe 90-120 Zigaretten, Arbeitskleidung, und 5 Kühe Futterversorgung der Hirtentiere, Weide und Was- sernutzung

bis 70 Mutterschafe 40-80 Futterversorgung der Hirtentiere, Weide und Was- und 3 Kühe sernutzung

über 70 Schafe und 5 kein Ge- Futterversorgung der Hirtentiere, Weide und Was- Kühe halt sernutzung

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Melker, Aus- keine 150-200 helfer bis 10 Schafe und 1-3 50-100 Futterversorgung der mitgebrachten Tiere, Weide Kühe und Wassernutzung, Hüten der Schafe bis 20 Schafe und 1 50-80 Futterversorgung der mitgebrachten Tiere, Weide Kuh und Wassernutzung, Hüten der Schafe Quelle: Eigene Darstellung Die Fremd-AK werden in dieser Arbeit nach effektiv geleisteten Arbeitsstunden je AK mit etwa 2.300 AKh unter Berücksichtigung von Urlaub/Krankheit angenommen. Zu den stän- digen Fremd-AK zählen auch teilbeschäftigte Arbeitskräfte (Jugendliche als Hirten oder Aushelfer), sofern diese ganzjährig angestellt sind. Fast alle Betriebsleiter, die für ihre Herden Fremdarbeitskräfte (Fremd – AK) brauchen, stellen die Hirten ohne Vertrag ein. Viele Hirten wechseln jedes Jahr die Betriebe und daher müssen die Herdeneigentümer immer wieder neue Hirten suchen. Neben ständigen Fremd-AK benötigen die Betriebe nicht-ständige Fremd-AK, die auch als saisonale Fremd-AK bezeichnet werden. Die saisonalen Fremd-AK werden vorwiegend in Zeiten mit Spitzenarbeitsbelastungen eingesetzt. Sie werden benötigt, wenn in diesen Zeit- spannen (Wollschurzeit, Ablammen, Futtervorratsversorgung, Mähen des Heus und Wan- derungen etc.) die Arbeitskapazität der ständigen Familien-AK und Fremd-AK nicht aus- reicht. Die Entlohnung erfolgt entweder zeit- (Stunde, Tag, Woche) oder leistungsbezogen (z.B. je Schaf/Kuh/Ziege) als Geld oder als Naturallohn. Die saisonalen Fremd-AK ma- chen 10,4 % der Gesamt-AK in den untersuchten Betrieben aus. Die organisatorische Aufteilung der Arbeitsaufgaben erfolgt häufig nach Geschlecht und Alter. So werden Aufgaben für Männer, Frauen und Kinder und ohne spezifische Zuord- nung unterschieden. Die männlichen Erwerbstätigen mit 83 % Anteil an den Gesamt-AK sind für die folgenden betrieblichen Aufgaben zuständig:  Leiten der Betriebe  Verkauf der lebendigen Tiere und Milchprodukte in großen Mengen  Schlachten, Scheren und Waschen der Tiere,  Kaufen, transportieren und lagern der Futtermittel für die Tiere,  Organisatorische Aufgaben wie mieten, pachten etc.,  Mähen des Heus mit der Sense,  Bauen der Zelte auf der Sommerweide,  Versorgung der Menschen und Tiere mit Trinkwasser,  Fahren der landwirtschaftlichen Maschinen und Geländewagen,  Tierärztliche Betreuung und  Begleiten der Tiere bei Wanderungen. 17 % der gesamten Arbeitskräfte sind Frauen, die vorübergehend unter den Halbnomaden arbeiten. Zu den betrieblichen Aufgaben der Frauen in den Wanderschafhaltungsbetrieben gehören neben der Erledigung der Hauswirtschaft Arbeiten wie:  Helfen beim Heumachen,  Melken der Kühe,  Herstellung der Milchprodukte,

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 Haltung von Geflügel für die eigene Versorgung (in den Familienbetrieben der Halbnomaden). Die Frauen sind in dieser Arbeit als ständige Arbeitskräfte erfasst und bei der Betriebsana- lyse berücksichtigt. Obwohl die Hirtenfrauen nicht direkt entlohnt werden, sind sie auch als AK bei der wirtschaftlichen Berechnung berücksichtigt worden, weil ein Hirte mit Frau bis 30 % mehr Gehalt als ein allein arbeitender Hirte vom Herdeneigentümer erhält. Die Hirtenfrauen stehen für das Melken und die Versorgung der Milchkühe mit Futtermitteln zur Verfügung. Es gibt Arbeiten, die sowohl von Männern als auch von Frauen geleistet werden, zu diesen gehören:  Melken der Schafe (Bilder 7 und 8),  Fütterung der Tiere,  Stallausmisten,  Einkaufen der Lebensmittel,  Verkaufen der Milchprodukte,  Hüten der Lämmer,  Ackerbauliche Arbeit.

Bild 7: Männer beim Melken der Schafe Bild 8:Frauen und Kinder helfen den Männern beim Melken der Schafe Da Kinder unter 14 Jahren bis zur 9. Klasse schulpflichtig sind, sind sie im Alter von 14 bis 16 Jahren als nicht-ständige Familien-AK bewertet. Die Kinder stehen aber während der Schulferienzeit für die Bewältigung der Arbeitsspitzen zur Verfügung und können wertvolle Hilfe leisten. Kinder machen 2,5 % der Gesamt-AK auf den Höfen der Halbno- madenbetriebe aus. Die Jugendlichen von 16 bis 18 Jahren sind als ständige Arbeitskraft mit 0,5 AK-Einheiten bewertet. Die Kinder und Jugendlichen erbringen ihre Leistung als Aushelfer und Kleintierhirten beifolgenden Arbeiten:  Fütterung der Tiere,  Hüten der Lämmer und kleiner Schafherden,  Melken der Kühe,  Herstellung der Milchprodukte und helfen beim Heumachen etc. Die Beschäftigten ab 65 Jahre sind als ständige Arbeitskraft mit durchschnittlich 0,25 AK- Einheiten bewertet, und sie betragen etwa 15 % aller Erwerbstätigten in den untersuchten

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Betrieben. Die männlichen Altenteiler sind wichtige entscheidende Personen beim Kauf der Futtermittel und Maschinen sowie beim Verkaufen der Tiere etc. Die weiblichen Al- tenteiler stehen vorübergehend zur Mithilfe bei dringenden Arbeitsspitzen (Melken, Her- stellung der Milchprodukte etc.) zur Verfügung.

7.4.2 Weidefläche Alle untersuchten Betriebe, die eine entsprechende Tieranzahl haben, dürfen Sommer-, Winter- sowie Dorfweide nutzen, sofern sie einen Pachtvertrag mit den jeweiligen Institu- tionen haben. Allerdings sind die Weidenutzungsrechte in den untersuchten Betrieben oft Ursache von Problemen. Die Viehhalter, die von den Munizipalitäten Dorfweidefläche pachten, nutzen neben dieser Fläche illegal häufig auch die restliche Dorfweidefläche, die als Allmende der Dorfbewohner genutzt wird. Daher treten häufig Probleme zwischen Transhumanten/Halbnomaden und Allmendenutzern auf. 10 % der untersuchten Betriebe haben Probleme mit Bezug auf unrechtmäßige Fremdnutzung der Dorfweide. In einigen Orten wurde vor und während der Sowjetzeit die heute als Sommerweidefläche verpachte- te Fläche als Allmende traditionell genutzt. Durch die Steigerung der Tierbestände brau- chen die Viehhalter jedoch mehr Sommerweidefläche. Teile der Flächen der Allmenden wurden daher an Halbnomaden und Transhumante verpachtet. Daher treten hier auch häu- fig die Nutzungsprobleme durch Konkurrenz um dieselbe Fläche auf. Bei der Bewirtschaftung spielt die Weidefläche eine große Rolle für den Erfolg eines Be- triebes. Insbesondere hängt der Erfolg davon ab, ob alljährlich ausreichend Futter auf der Fläche zur Verfügung steht. Dies ist allerdings abhängig vom jährlichen Temperatur- und Niederschlagsverlauf. Der unterschiedliche Nährstoffgehalt des natürlichen Futters der Weideflächen von den untersuchten Betrieben aufgrund von Standortsunterschieden wurde in der Kostenberechnung nicht beachtet, weil die Erfassung genauer Daten und eine geldli- che Bewertung der Futtergrundlagen auf Winter- und Sommerweideflächen nicht möglich war. Es werden von den untersuchten Betrieben insgesamt 65.244 ha Weidefläche (davon 76 % Winterweidefläche, 21 % Sommer- und 3 % Dorfweidefläche) genutzt, die etwa 13 % der Gesamtweidefläche der Region Gandja-Gasach ausmacht (Tab. 39). Nach Einschätzung der Viehhalter sind jedoch etwa 37 % der von ihnen gepachteten Winterweidefläche un- fruchtbar. Tabelle 39: Weidefläche der untersuchten Betriebe in Hektar Pro Betrieb Summe aller Flächentyp, ha Min. Mittel Max. Betriebe (n=120) Winterweide 100 414 1.721 49.640 Sommerweide 80 188 1.000 13.753 Dorfweide 30 40 86 1.851 Gesamt 65.244 Quelle: Eigene Darstellung Die Winterweidefläche aller Betriebe beträgt 49.640 Hektar; dies sind 29 % der Gesamt- fläche der Cheyranchöl-Steppe. Ein Betrieb hat im Durchschnitt etwa 414 ha Winterweide in seinem Besitz. Die Verteilung der Weidefläche nach Flächentyp und Größenklasse ist in der folgenden Tabelle 40 dargestellt. Es werden 66 % der untersuchten Weideflächen von

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mittleren Betrieben (n=78), 18 % von Großbetrieben (n=9) und 16 % von Kleinbetrieben (n=33) genutzt. Die Sommerweide aller Betriebe umfasst 13.753 Hektar. Etwa 72 % der Sommerweidefläche der untersuchten Betriebe entfallen auf mittlere Betriebe. Da Som- merweide in der Region als natürliche Ressource knapp ist, können während der Sommer- monate nicht alle Betriebe Weide im Hochgebirge nutzen. Daher nutzen 38 % (n=46) der untersuchten Betriebe auch Dorfweiden. Ein Betrieb hat durchschnittlich 40 ha Dorfweide und 188 ha Sommerweide gepachtet. Tabelle 40: Verteilung der Weide nach Flächentyp und Betriebsgrößenklasse (in Hektar) Winterweide Betriebe Sommerweide Betriebe Dorfweide Betriebe Betriebsgröße #  (n) #  (n) #  (n) Kleinbetriebe 239 7.881 33 182 1.458 9 39 925 24 Mittlere Betriebe 420 32.772 78 176 9.860 56 42 926 22 Großbetriebe 999 8.987 9 271 2.435 9 ------Quelle: Eigene Darstellung Bei der Bemessung des Pachtpreises für Winter- und Sommerweiden gibt es keine Unter- scheidungen, sodass je Flächeneinheit unabhängig von der Weidequalität vom Bodenkomi- tee zusammen mit der jeweiligen Rayonverwaltung der gleiche staatliche Preis festgelegt wird (Tab. 41). Die Höhe der Pachtpreise für Dorfweiden hängt von der Qualität der Wei- deflächen und der Dauer der Weidezeit ab. Im Allgemeinen ist der Pachtpreis für Dorfwei- de höher als für Sommer- und Winterweide, weil die Dorfweide öffentlich ausgeschrieben wird und auf Basis von Auktionen an die Viehhalter zu einem bestimmten Preis verpachtet wird (siehe Kapitel 4.2.1). Tabelle 41: Pachtpreise für Weideflächen (2011)

Flächentyp Pachten, AZN/ha/Jahr* Unterpachten, AZN/ha/Jahr Winterweide 0,74 5-10 Sommerweide 0,50 3-5 Dorfweide 1-2 4-7 *staatlich festgelegte Preise bis 2012 Quelle: Eigene Darstellung Die Dorfweide steht in der Regel zur gemeinsamen Nutzung das Vieh der Dorfbewohner kostenfrei zur Verfügung (Allmendenutzung). In Dörfern, die mehr als die durch die Dorf- bewohner benötigte Weidefläche besitzen, dürfen die Munizipalitäten die nicht benötigte Fläche an externe Viehhalter – Halbnomaden und Transhumante – verpachten. Obwohl die Unterverpachtung der Sommer- und Winterweideflächen laut Vertrag verboten sind, sind häufig unterverpachtete Weideflächen, insbesondere in Cheyranchöl-Steppe, zu finden. Die Bemessung des Unterpachtpreises ist abhängig vom Weideflächentyp. Bei der Höhe des Preises für die Unterverpachtung einer Winterweide werden neben Größe und Qualität der Pflanzendecke andere Gesichtspunkte berücksichtigt. Diese sind z.B. die Lage der Höfe zur Hauptstraße, zu Wasserleitungen und Siedlungen, der Zustand aller Gebäude, Stromversorgung, Wassertanks etc. 12,5 % (n=15) der Betriebe erlangten den Zugang zu ihrer Winterweidefläche und 7 % (n=8) den Zugang zu ihrer Sommerweide durch Unter- pacht. Die Pachtdauer der Weidefläche in den Betrieben ist wiederum vom Weideflächentyp abhängig. Ein Viehhalter darf die Winter- und Sommerweide bis 15 Jahre von der jeweili-

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gen Rayonverwaltung pachten. Die Pachtdauer der Dorfweide beschränkt sich in der Regel auf 1 bis 5 Jahre, abhängig von den Dorfstrukturen. Die Viehhalter sind verpflichtet, die Fläche nach Nutzungsart zu bewirtschaften und eine entsprechende Tieranzahl pro Hektar zu halten. Nach Angabe der Viehhalter und befragten Personen der Rayonverwaltungen soll die Anzahl der Tiere zwei Mal im Jahr bei der Wanderung kontrolliert werden. Laut den Pachtregelungen dürfen die Viehhalter ihre gepachtete Weidefläche nicht als Ackerfläche nutzen. Es ist jedoch jedem Hofbesitzer erlaubt, 3 % der von ihm gepachteten Winterweidefläche als Xəsil zu nutzen. Unter Xəsil wird der Anbau von Grünfutter auf der Fläche verstanden, das aus verschiedenen Getreidesorten, meistens aber aus Gerste besteht. Die Getreide werden im Oktober, wenn die Viehhalter von der Sommerweide zurückkom- men, gesät und im März hauptsächlich zur Futterversorgung der Lämmer verwendet. Es wird zur Zeit der Erfassung von 5 % der untersuchten Betriebe Xəsil angebaut. Die Winterweide wird 7 Monate und die Sommer- und Dorfweide 5 Monate intensiv be- weidet. Die Beweidungsintensität kann die Produktivität der Weide, den erzielbaren tieri- schen Ertrag und den wirtschaftlichen Nutzen erheblich beeinflussen (GLATZLE 1990). Nach aserbaidschanischer Norm soll die Zahl der Schafe abhängig von der Ergiebigkeit und Bodenqualität der Weidefläche pro ha auf der Winterweide 1-4 Schafe (0,08- 0,32 GVE) und auf der Sommer-/Dorfweide 1-8 Schafe (0,08-0,64 GVE) betragen (ALIYEV 2007; REPUBLIK ASERBAIDSCHAN 2004). Aus der Tabelle 42 ist ersichtlich, dass pro ha Fläche mehr Tiere als laut den Normen vor- geschrieben gehalten werden. 43,3 % (n=52) aller Betriebe halten je Hektar Winterweide- fläche inklusiv der Hirtentiere mehr Tiere als erlaubt. Der Tierbesatz auf Dorfweideflächen von 42 (35 %) erfassten Betrieben ist drastisch höher als die Maximal-Norm von 0,64 GVE (oder in 8 Schafeinheiten) pro Hektar. Dieselbe Situation gilt auch für die Som- merweiden, sodass in 35 % der Betriebe die Tierbesatzdichte (zusammen mit Hirtentieren) pro Hektar überhöht ist. Die fett und kursiv hervorgehobenen Zahlen zeigen die über den Normen liegenden Tierzahlen je Hektar. In die Berechnung des Tierbesatzes (Stück/ha) wurden alle Tiere in einem Betrieb einschließlich der Hirtentiere und Tiere von Verwand- ten einbezogen. In der Region ist die Nachfrage nach Weide gestiegen, weil die Schafherden in den letzten 10 Jahren (2001-2011) um etwa 60 % gewachsen sind (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Viele der untersuchten Betriebe versuchen jedes Jahr, ihre Schafher- den zu vergrößern. 49 % der Betriebe haben ihren Schafbestand in den Jahren 2009-2012 abhängig von der jeweiligen Betriebsgröße zwischen 20 und 50 % erhöht. Tabelle 42: Tierbesatz nach Weideflächentyp Berücksichtigung GVE/ha Flächentyp der Hirtentiere Mittelwert Max. Min. Winterweide mit 0,23 0,48 0,06 ohne 0,19 0,38 0,05 Sommerweide mit 0,74 1,47 0,04 ohne 0,63 1,36 0,03 Dorfweide mit 1,67 3,59 0,30 ohne 1,37 3,05 0,21 Quelle: Eigene Darstellung

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Die Viehhalter in der Cheyranchöl-Steppe wurden gebeten, den Zustand bzw. die Produk- tivität ihrer gepachteten Winterweide nach Futterqualität und Futterbestand in drei Grup- pen zu bewerten: a) gut, b) mittel und c) schlecht. 44 % der Viehhalter haben angegeben, dass sie durchschnittlich gute, 31 % mittlere und 23 % schlechte Weideflächenqualität ha- ben. 2 % der Viehhalter konnten nicht einschätzen, wie der Weidezustand ihrer Weide ist. Um den Winterweidezustand zu verbessern, werden von den Viehhaltern folgende Maß- nahmen durchgeführt:  Düngung mit Schafmist: Insgesamt 10 % der untersuchten Betriebe nutzen Schaf- mist zur Weideverbesserung einmal in 2 Jahren.  Organisation als Portionsweide: 7 % der Viehhalter geben an, dass sie die Winter- weide portionsweise von den Tieren beweiden lassen  Einführung einer Weideruhe: Etwa 7 % der Betriebe lassen jedes Jahr einen Teil der Weide unbeweidet.

7.4.3 Betriebliche Gebäude Alle untersuchten Betriebe besitzen unterschiedliche Betriebsgebäude in den Winterwei- den. Da bauliche Anlagen auf den Sommerweiden nicht erlaubt sind, verfügen die Betriebe dort als Behausung entweder über Zelte oder Hütten für Menschen und für kleine Tiere, wie in Bild 9 zu sehen ist. 84,2 % der untersuchten Betriebe besitzen nur ein Sommerwei- delager (Yurd). Die untersuchten Betriebe haben insgesamt 142 Sommerweidelager (Tab 43). Tabelle 43: Anzahl von Winterweidenhöfe und Sommerweidenlager nach Betrieben Anzahl der Gesamtzahl der Be- Anzahl der Gesamtzahl der Be- Winterweiden- Winterweiden- triebe Sommerweiden- Sommerweiden- triebe höfe höfe lager lager n=105 1 105 n=101 1 101 n=11 2 22 n=16 2 32 n=1 3 3 n=3 3 9 n=1 4 4 n=2 5 10 Gesamt 144 Gesamt 142 Quelle: Eigene Darstellung Im Gegensatz zur Sommerweide dürfen die Betriebe auf der Winterweide unterschiedliche Gebäude zur Bewirtschaftung der Tiere bauen. Die untersuchten Betriebe bewirtschaften insgesamt 144 Höfe (Yataq). 87,5 % der Betriebe besitzen nur einen Hof auf der Winter- weide (Tab. 43). Ein Winterweidenhof ist als ein Hof mit Stall für die Tiere und Wohnhäu- sern für die Menschen definiert (Bild 10). Zu den Gebäuden der untersuchten Betriebe auf der Winterweide gehören Wohngebäude, Stallgebäude und in einigen Betrieben auch ein Futterlager.

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Bild 9: Zelt und Hütte als Behausung der Viehhalter in den Sommermonaten Die Besitzer haben häufig aus Stein gebaute Wohnhäuser mit zwei Zimmern und insge- samt 30 bis 50 m² Fläche. In großen Betrieben werden größere Häuser mit mehreren Räu- men für die Hirten gebaut (Bilder 10a und b). Jeder Hirte mit Familie wohnt in einem Zimmer. Die Hirten ohne Familie teilen sich ein Zimmer mit zwei bis sechs Personen; dies ist besonders auf Lohnhirtenbetrieben zu finden.

a b

Bild 10: a) Zwei Zimmer Wohnhaus für Hofbesitzer, b) Mehrräumiges Wohnhaus für Hirtenfamilien Zu den Stallgebäuden der Betriebe gehören Ställe für Schafe, Lämmer und Rinder, die sich voneinander in den Maßen (Höhe, Grundfläche) unterscheiden. Ein Schafstall wird durch- schnittlich für 500 Mutterschafe gebaut und je Mutterschaf wird mit einem Platzbedarf von 1 bis 1,5 m² geplant. Die Höhe des Stalls beträgt zwischen 1,5 m und 2,5 m. In vielen Be- trieben, insbesondere in Lohnhirtenbetrieben, werden mehr Schafe als geplant im Stall gehalten, sodass in vielen Betrieben in einem Stall für 500 Mutterschafe tatsächlich mehr als 700 zu finden sind. Der Lämmerstall wird von den untersuchten Betrieben als Küzə bezeichnet. Die Höhe der Lämmerställe reicht von 1 bis 1,5 m. Im Gegensatz zum Schaf- stall muss der Lämmerstall eine höhere Temperatur haben und es darf kein Regenwasser in den Stall tropfen. Da während der Sowjetzeit keine Stallgebäude für Rinder vorgesehen waren, sind auf den Winterweidenhöfen keine richtigen Ställe für Rinder zu finden. So werden Ställe, die ei- 127

gentlich für Mutterschafe gebaut wurden, als Kuhstall verwendet. Da die Höhe solcher Ställe gering ist, werden die Milchkühe in den Wintermonaten mit der Hand draußen ge- molken. Der bauliche Zustand der Stallgebäude in den Betrieben ist sehr unterschiedlich und wird in folgende 3 Gruppen unterteilt:  Altbauten, die über 40 Jahre alt sind (Bild 11),  Teilerneuerte Bauten (Bild 12),  Neubauten, max. 7 Jahre alt (Bild 13) 56,7 % (n=68) der Betriebe verfügen über alte Stallgebäude. Etwa 88 % der Kleinbetriebe und die Hälfte der mittleren Betriebe haben in ihren Höfen nur Altbau-Ställe. Die unter- suchten Großbetriebe haben dagegen keine Altbauten (Tab. 44). Da in einigen Betrieben die Altbauställe während der Sowjetzeit in 1950er und 1960er Jahre gebaut wurden, sind sie vollständig abgeschrieben. Solche Ställe haben zumeist keine intakten Dächer. Bei Re- gen werden daher die Stallböden durch Regenwasser sehr nass. In solchen Ställe ist es im Winter für die Tiere sehr kalt und sie bekommen unterschiedliche Erkältungskrankheiten. Die Ställe sind sehr unhygienisch und werden auch kaum eingestreut, nur die Lämmerstäl- le werden regelmäßig eingestreut. Weder die Schafställe noch die Lämmerställe werden regelmäßig desinfiziert.

Bild 11: Alte Ställe in unterschiedlichem Zustand

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Tabelle 44: Stallzustand nach Betriebsgrößenklasse Kleinbetriebe mittlere Be- Großbetriebe Gesamt Zustand/Größenklasse (n=33) triebe (n=78) (n=9) Altbau (n) 29 39 -- 68 Teilerneuert (n) -- 17 5 22 Neubau (n) 4 22 4 30 Quelle: Eigene Darstellung Unter Teilerneuerung sind alte Ställe zu verstehen, bei denen mindestens ein Teil (Fens- ter, Dächer etc.) außer den Mauern neu renoviert und saniert worden sind. 18,3 % (n=22) der untersuchten Betriebe besitzen teilerneuerte Ställe. 22 % der mittleren Betriebe und über die Hälfte der Großbetriebe haben die Stallgebäude in den Jahren 2004 bis 2007 neu renoviert.

a b

Bild 12: Teilerneuerte Ställe a) nur Dächer erneuert, b) komplett neu renoviert Neubauställe, die von 2000-2007 gebaut wurden, sind in 25 % (n=30) der Betriebe zu finden, 73 % der Neubauten entfallen auf mittlere und Großbetriebe. Die Neubauställe sind im Vergleich zu alten Ställen größer und besser geplant (Bild 13).

Bild 13: Neubaustall

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Die Tabelle 45 weist aus, dass die durchschnittlichen Lämmerverluste in Betrieben mit Neubau im Vergleich zu Betrieben mit Altbau um 6 % niedriger liegen. Die Analyse hat auch gezeigt, dass der Zustand der Stallgebäude sich wesentlich auf die Lämmerverluste, und damit auch auf das Ergebnis der aufgezogenen Lämmer, auswirkt. Tabelle 45: Vergleich ausgewählter Parameter bei unterschiedlichem baulichem Zustand der Ställe

Parameter Altbau Teilerneuert Neubau Mittel 70,5 73,4 75,0 Aufgezogene Lämmer Max. 80,0 80,0 80,3 (in Stück) Min. 59,0 66,5 66,5 Mittel 31 26 25 Lämmerverlust (in %) Max. 40 30 28 Min. 22 25 20 Quelle: Eigene Darstellung

7.4.4 Landwirtschaftliche Maschinen Zu den landwirtschaftlichen Maschinen und Anlagen der untersuchten Betriebe gehören Wasserlastkraftwagen (WLKW), Wassertanks (WT), Schlepper, Lastkraftwagen (LKW), Geländewagen (GW) und Generatoren (Tab. 46). Etwa 6 % der untersuchten Betriebe be- sitzen alle der aufgelisteten Maschinen, und 7,5 % besitzen keine Maschinen. Tabelle 46: Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte in den untersuchten Betrieben

Betriebsgröße GW (n) WLKWs (n) LKWs (n) Schlepper (n) Generator (n) WT (n) Kleinbetriebe 26 5 8 3 16 26 mittlere Betriebe 62 23 23 7 57 62 Großbetriebe 9 9 6 5 7 9 Gesamt 97 37 37 15 80 97 GW-Geländewagen, WLKW- Wasserlastkraftwagen, LKW- Lastkraftwagen, WT-Wassertank Quelle: Eigene Darstellung Insgesamt 30,9 % aller untersuchten Betriebe besitzen einen WLKW; davon sind 4,2 % (n=5) Kleinbetriebe, 19,2 % (n=23) mittlere Betriebe und 7,5 % (n=9) Großbetriebe. Die Wassertanks und WLKWs in den Betrieben sind teilweise sehr alt und ihre Wasserkapazi- tät beträgt von 2 bis max. 8 Tonnen (Bilder 14 und 15). Die Versorgung der Tiere mit Wasser mittels Wasserlastwagen auf der Winterweide ist durch die langen Entfernungen zu Wasserstellen sehr arbeitszeitintensiv, da die Fahrer mehr als 4 Stunden Zeit für eine Hin- und Rückfahrt benötigen. Ein durchschnittlicher Betrieb mit 500 Mutterschafen braucht, abhängig von der Witterung von November bis Mai, zwischen 150 und 300 Tonnen Was- ser pro Jahr. 80% der Betriebe haben auf der Winterweide in jedem Hof Wassertanks und - tränken.

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Bild 14: Alter Wassertank Bild 15: Alter sowjetischer Wasserlastkraftwagen Neben Wasserlastkraftwagen ist ein LKW für die Betriebe eine wichtige landwirtschaftli- che Maschine (Bild 16). LKWs werden während der Wanderungszeit für Futterversorgung, Tierverkauf und -ankauf genutzt; wer keine andere Maschine hat, kann ihn auch als Gelän- dewagen nutzen. Etwa 30,9 % der Betriebe besitzen LKWs; davon 6,7 % Kleinbetriebe, 19,2 % mittlere Betriebe und 5 % Großbetriebe. 90 % aller landwirtschaftlichen Maschinen außer den Geländewagen stammen aus der Sowjetzeit; daher sind viele Maschinen bereits über 30 Jahre alt. Als Geländewagen werden vor allem die Automarken Lada NIVA (Bild 17) und UAZ Vilis benutzt; beide Automarken werden sowohl für betriebliche als auch für private Zwe- cke genutzt. Mit Geländewagen wird häufig das zusätzlich in futterknappen Zeiten gekauf- te Futter in kleinen Mengen vom Markt zur Winterweide transportiert. Insgesamt 15 (12,5 %) Betriebe besitzen Schlepper, die von ehemaligen Sowchosen und Kolchosen übernommen wurden (Tab. 46). Wer keine anderen landwirtschaftlichen Ma- schinen besitzt, kann den Schlepper als Ersatz für Geländewagen oder LKWs nutzen.

Bild 16: Gebraucht LKW Bild 17: Geländewagen Lada-Niva Die Generatoren wurden in dieser Arbeit ebenfalls als wichtige landwirtschaftliche Ma- schinen erfasst, weil sie von mehr als 65 % der Betriebe für die Stromversorgung genutzt werden. Ein Generator kostet abhängig von der Leistung zwischen 200 und 500 AZN. 15,8 % der untersuchten Betriebe haben die Möglichkeit, elektrische Energie zu nutzen. 17,5 % der Betriebe besitzen weder Leitungsstrom noch Generatoren. Der Stromverbrauch für einen Betrieb beträgt abhängig von der Nutzungsintensivität und Betriebsgröße im Jahr zwischen 5.000 und 10.000 kWh. Der Strompreis lag in den Jahren 2009-2012 bei 0,06 AZN/kWh. Ein Betrieb, der einen Generator nutzt, verbraucht zwischen 400 und 1.000 l Benzin pro Jahr. Der Benzinpreis betrug 0,55 AZN/Liter. 131

Neben oben genannten Maschinen und Geräten werden in den Betrieben handbetriebene Geräte wie Sense, Gabel (Heu, Mist), Schaufel, Schubkarre, Heuwender sowie Handpflug verwendet.

7.4.5 Wasser- und Stromversorgung Wasserversorgung- Wasser neben der Weidefläche einer der wichtigsten Produktionsfak- toren für die Tierhaltung. Die Versorgung der Weidetiere mit Wasser bereitet in der Win- terzeit Probleme, da nicht genügend Wasserstellen auf Winterweiden vorhanden sind. Im Gegensatz dazu sind auf Sommerweiden genügend Wasserstellen entlang der perennieren- den Flüsse und Bäche sowie durch Austritte von Hang- und Grundwasser vorhanden. Der Viehhalter stellen Wasser für ihre Tiere in den Wintermonaten aus folgenden Quellen bereit:  Wasserleitung,  Flüsse (Kura, Iori),  künstliche Tränkwasserteiche. Auf der Winterweide haben die untersuchten Betriebe das Recht auf Wasser auf ihren Weideflächen. Das Wasserrecht erlaubt den Betrieben, Wasser auf den Winterweiden aus Wasserleitungen oder Flüssen zu betrieblichen Zwecken zu entnehmen. Für die Was- sernutzung bezahlen die Betriebe pro Hektar eine geringe Gebühr, wenn sie ihre Höfe di- rekt an oder in der Nähe der Wasserleitung haben. Etwa 63 % aller untersuchten Betriebe haben die Möglichkeit, Wasser aus einer Wasserlei- tung für ihre Tiere zu nutzen. Das Wasser wird über Pumpstationen in der Steppe verteilt. Wasserleitungen sind in der Steppe zwar vorhanden und sichern die Versorgung der Tiere und Menschen, aber sie befinden sich teilweise in einem technisch desolaten Zustand. Wenn die Wasserleitung durch Störungen außer Betrieb ist, bringt dies Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung der Tiere und Menschen mit sich. Daher transportieren manche Viehhalter ihr Wasser mit eigenen Wasserlastwagen aus dem Stausee oder direkt aus den Flüssen Kura und Iori zu ihren Höfen. Das transportierte Wasser wird in Wassertanks ge- füllt und sparsam für Tiere und zu anderen Zwecken genutzt. Die Entfernung von den Hö- fen bis zur Wasserstelle liegt abhängig von der Lage der Höfe zwischen 0,3 km bis 20 km. Die Höfe, die in der Nähe von Wasserquellen liegen, transportieren das Wasser für Men- schen mit Esel oder Pferd und bringen die Tiere zum Trinken jeden Tag einmal zur Was- serstelle. Die Viehhalter, die keinen Wasserlastwagen haben, sind gezwungen, teures Was- ser durch private Fuhrgeschäfte mit Tanklastwagen zu ihren Höfen bringen zu lassen. In der Steppe sind viele künstliche Teiche (Culgə) anzutreffen, die vor allem zur Speiche- rung des Trinkwassers für die Tiere dienen. Sie werden entweder durch Regenwasser oder transportiertes Wasser aus der Kura aufgefüllt (Bilder 18 und 19).

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Bild 18: Auffüllung der Wasserteiche, Bildautor: Regina Neudert

Bild 19: Teich (Cülge) zur Wasserversorgung der Tiere Stromversorgung- Während der Sowjetzeit wurden alle Höfe der Kolchosen und Sowcho- sen über ein Leitungsnetz mit Strom versorgt. Anfang der 90er Jahre konnte im Land Strom nur stundenweise oder tageweise bereitgestellt werden. Besonders in ländlichen Dörfern sowie in den Steppen stand manchmal mehrere Tage nacheinander kein Strom zur Verfügung. Zu dieser Zeit wurden viele Stromkabel in der Cheyranchöl-Steppe gestohlen, so dass bis heute immer noch viele Betriebe in der Steppe ohne Anschluss an die Strom- versorgung auskommen müssen. Deshalb besorgen sich viele Betriebe einen Generator für die Beleuchtung. Für die Heizung der Wohnräume nutzen alle Betriebe Holzöfen und ver- brennen darin entweder Holz oder getrockneten Schafmist (Təzək/Gərmə).

7.5 Verfahren der Pflanzenproduktion Da der Schwerpunkt der Betriebe in der Tierhaltung bzw. Schafhaltung liegt, bewirtschaf- ten die Viehhalter ihren Betrieb mit Pachtweideflächen. Daher hat der Pflanzenbau keine große Bedeutung. Dennoch haben 108 von 120 (etwa 90 %) Betrieben Ackerfläche, davon sind 70 % aus Gedebey und 20 % aus Shamkir. Der Pflanzenbau in den Betrieben dient eigentlich zur eigenen Versorgung. Im Rahmen der Befragung (2009-2012) konnten keine vollständigen Daten zur pflanzlichen Erzeugung der Betriebe erhoben werden. Daher ist

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die pflanzliche Produktion in dieser Arbeit von der engeren Betriebsanalyse ausgeschlos- sen und wird hier nur allgemein beschrieben. Die angebauten Pflanzen der untersuchten Betriebe sind hauptsächlich Kartoffeln, Kohl, Möhren, Tomaten, Auberginen, Zwiebeln und Weintrauben. 76 Betriebe aus Gedebey bau- en Kartoffeln an und 8 Betriebe neben Kartoffeln auch in kleineren Mengen Möhren und Kohl, die hauptsächlich zur Deckung des eigenen Bedarfs verbraucht werden. Es kommt auch vor, dass die Kartoffeln mit Tieflandsdörflern gegen Heu oder Strohballen getauscht werden. Jeder Betrieb aus Gedebey hat 0,1-1 ha Ackerfläche in Hofparzellen und von 0,2- 3 ha privatisierte Acker- und Wiesenfläche; diese liegen abhängig von der Siedlungsstruk- tur entweder in der Nähe des Wohnhauses oder in einer Entfernung von 0,5 bis 2 km (Bild 20). Dank günstiger Klima- und Bodenverhältnisse bauen die Betriebe in Shamkir im Vergleich zu Gedebey neben Kartoffeln und Möhren viele andere Gemüsesorten an. Für alle befrag- ten Betriebe aus Shamkir, die Ackerfläche haben, steht die Produktion von Tomaten an erster Stelle, gefolgt von Kartoffeln, Auberginen und Paprika. Neben Gemüse sind ver- schiedene Obstbäume wie Äpfel, Birnen, Granatäpfel, Quitten, Pflaumen, Sharon Früchte etc., zu finden. Wenn die Fruchtproduktion die eigene Versorgung deckt und Überschüsse erzielt werden, werden auch die Obstprodukte verkauft. In fünf Betrieben aus Shamkir wird neben Gemüse und Obst eine private Kleegrasfläche bewirtschaftet, von der Winterfutter für die Tiere geerntet wird. Die Kleegrasfläche beträgt zwischen 0,2 und 0,8 ha. Die Gewinnung des Kleegrasfutters erfolgt mit Einsatz von künstlicher Bewässerung. Abhängig von der Bewässerungsintensität kann das Kleegras zwei- bis viermal im Jahr geschnitten werden.

Bild 20: a) Kartoffelfläche und b) Wiese in Musayal/Gedebey,

7.6 Verfahren der Tierhaltung Obwohl die Rinder- und Pferdehaltung auf der Winterweide laut Gesetzgebung nicht zu- lässig ist, sind heutzutage neben Schafen und Ziegen auch Rinder, Pferde sowie Esel auf

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den untersuchten Betrieben zu finden. Da die Winterweide für die Rinderhaltung nicht geeignet ist, war während der Sowjetzeit die Weide zur Nutzung des Großviehs nicht ge- stattet. Als Ausnahme durften die Viehhalter nur ein paar Milchkühe mit auf die Winter- weide bringen, deren Milch für die Lämmer benötigt wurde. Im Jahr 2011 wurden in den untersuchten Betrieben insgesamt 98.907 Schafe, 3.671 Zie- gen und 2.349 Rinder (ohne Berücksichtigung der Hirtentiere) gehalten; umgerechnet in Großvieheinheiten sind das 9.182 GVE. Im Vergleich zur Schaf- und Rinderhaltung hat die Ziegenhaltung nur eine geringe Bedeutung. Aus der Tabelle 47 ist ersichtlich, dass alle untersuchten Betriebe Mutterschafe besitzen, 87 Betriebe außerdem Mutterkühe und 111 Betriebe auch Ziegen. Tabelle 47: Tiere in den Betrieben Min. Max. Mittel. Gesamt Tierarten Betriebe (n) Einheit in GV Mutterschafe 120 125 2.500 642,75 77.130 Zutreter 97 30 600 177,99 17.265 Böcke 115 6 150 39,23 4.512 Mutterkühe 87 3 150 24,48 2.130 Färsen 19 2 30 9,89 188 Bullen 8 1 10 3,88 31 Ziegen 111 5 140 32,78 3.671 *ohne Berücksichtigung der Hirtentiere Quelle: Eigene Darstellung

7.6.1 Rinder Die Rinder bilden etwa 17,9 % (1.644 GVE) des gesamten Tierbestandes aller untersuch- ten Betriebe. 91 % der Rinder sind Mutterkühe, 8 % Färsen und 1 % Bullen. Die vorherr- schende Haltungsform der Rinder ist als Milchkuhhaltung zu klassifizieren, auch wenn die Milchleistung nur gering sind. Nur falls ein Kalb nicht zur Zucht geeignet ist, wird es in den Sommermonaten auf der Weide gemästet und Ende September verkauft. Es lohnt sich zumeist nicht, die gemästeten Kälber auf die Winterweide zu bringen, weil sie dort wegen des knappen Weidefutters abmagern und wieder an Wert verlieren. Über die Hälfte der Milchkühe finden sich in der Organisationsform der Familienbetriebe (Tab. 48). Insgesamt wird die Rinderhaltung von 87 (72,5 %) Betrieben praktiziert. Wegen der nicht ausrei- chenden Weidequalität, nicht verfügbarer Arbeitskräfte und der nicht vorhandenen Stall- plätze werden in 33 Betrieben keine Rinder gehalten. In Transhumanz-Großbetrieben ist die Haltungsform der Rinder dagegen als Masthaltung zu bezeichnen; die Milcherzeugung spielt eine deutlich untergeordnete Rolle.

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Tabelle 48: Verteilung des Rinderbestandes der Betriebe nach unterschiedlichen Betriebsformen Betriebsformen Mutterkühe, Färsen, Stück Bullen, Stück Mittelwert % Mittel- % Mittel- % Betriebsgröße Klein 11 11 2 1 1 61 Mittel 23 61 7 5 5 3 Groß 66 28 21 4 4 36 4 Organisations- Familienbetrieb 20 53 12 9 4 97 form Lohnhirtenbetrieb 35 40 4 4 1 3 Kooperationsbetrieb 19 7 2 2

Betriebssystem Halbnomaden 20 52 11 6 3 52 Transhumanz 32 48 9 3 5 48 Quelle: Eigene Darstellung 3

7.6.2 Schaf und Ziege In den untersuchten Wanderschafhaltungsbetrieben bilden die Schafe etwa 79,7 % (7.318 GVE) des gesamten Tierbestandes. Der Schafbestand besteht zu 78 % aus Mutter- schafen, zu 17 % aus Jungschafen und zu 5 % aus Böcken. Über die Hälfte der Schafe und Ziegen werden in Halbnomaden-Familienbetrieben in der mittleren Größenklasse gehalten. Die genauen Zahlen zur Verteilung der Schafe nach Formen der untersuchten Betriebe kann aus der folgenden Tabelle 49 entnommen werden. Obwohl die Ziegen anpassungsfä- higer sind und weniger Ansprüche an die Weide haben, weisen sie gegenüber den Schafen in den Herden der Betriebe nur einen geringen Anteil von 2,4 % (220 GVE) auf, denn das Ziegenfleisch ist wegen seines Geruchs und Geschmacks nicht so beliebt wie Schaffleisch. Die Ziege ist aber nach Angaben vieler Interviewteilnehmer als „Führer“ der Schafherden von Bedeutung, weil sie den Herden immer zeigen, wo gutes natürliches Futter zu finden ist. Tabelle 49: Verteilung der Schaf- und Ziegenbestände nach unterschiedlichen Betriebsformen Betriebsform Mutterschafe Zutreter Böcke Ziegen # %* # %* # %* # %* Betriebsgröße Klein 292 12 75 10 16 11 20 17 Mittel 681 69 188 72 43 72 32 64 Groß 1597 19 356 19 87 17 79 19

Organisationsform Familienbetrieb 621 56 183 61 38 57 29 53 Lohnhirtenbetrieb 619 32 162 30 37 32 35 35 Kooperationsbetrieb 858 10 213 9 54 11 57 12 Staatlicher Betrieb 900 2 ------

Betriebssystem Halbnomaden 624 57 174 60 41 64 28 51 Transhumanz 669 43 184 40 36 36 41 49 * vom Gesamtbestand der jeweiligen Tierart Quelle: Eigene Darstellung

7.6.3 Tiere von Hirten und Verwandten Unter den Hirtentieren sind die Schafe und Ziegen oder Kühe der Hirten zu verstehen, die die Weidefläche der Herdeneigentümer nach Absprache (mit/ohne Entlohnung abhängig von ihrer Tieranzahl) mitnutzen dürfen. Zudem bekommen die Hirten die Erlaubnis für die

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kostenlose Mitnutzung der Gebäude zur Stallung der Tiere im Winter. In 110 von 120 un- tersuchten Betrieben sind neben den Tieren der Hofbesitzer Schafe und in 31 Betrieben auch Rinder von Hirten zu finden; davon in 62 Familienbetrieben, 8 Kooperationsbetrieben und in 40 Lohnhirtenbetrieben. Im Durchschnitt von allen 120 untersuchten Betrieben ge- hören den Hirten etwa 20 % der Schafe und 14 % der Rinder auf der Weidefläche. Ein Hir- te bringt im Durchschnitt 165 Schafe und 11 Kühe mit. In der Regel erhalten die Hirten vom Hofbesitzer neben der Erlaubnis der Weide- und Stallnutzung auch zusätzliche Fut- termittel für ihre mitgebrachten Tiere. Die Höhe des ausgezahlten Gehalts der Hirten oder anderer Angestellter hängt von der Anzahl der von ihnen mitgebrachten Tiere ab (siehe Kapitel 7.4.1). In Tabelle 50 ist zu sehen, dass in den untersuchten Betrieben insgesamt 18.161 Schafe und 330 Kühe den Hirten gehören. Dies beträgt umgerechnet 1.453 GVE für Schafe und 231 GVE für Rinder. Tabelle 50: Nutztiere von Hirten in den Betrieben Tierart N Min. Max. Mittelwert Gesamt Schafe (Stück) 110 30 350 165,10 18.161 Rinder (Stück) 31 1 36 10,65 330 Quelle: Eigene Darstellung

7.6.4 Sonstige Tiere Zu den sonstigen Tieren der Betriebe gehören Pferde, Esel und Hunde. Pferde und Esel werden als Last- und Transporttiere verwendet. Die Pferdehaltung in der Winterweide war vom Staat in der Sowjetzeit verboten, weil Pferde als noch schlechter als Kühe bzgl. der Weidebelastung galten. Ein Pferd kostet in der Anschaffung zwischen 400-1.000 AZN. Die Nutzungsdauer eines Pferdes reicht von 10 bis 20 Jahren. Die Pferde sind besonders wäh- rend der Wanderungszeit und auf der Sommerweide unverzichtbare Tiere. Die Betriebe, die keine landwirtschaftlichen Maschinen besitzen, halten mindestens ein Pferd. Es werden insgesamt 366 Pferde in 85 % (n=102) der untersuchten Betriebe gehalten. Der Esel gilt als gut geeignet zum Wassertransport auf den Weiden und wird hauptsächlich von Betrieben gehalten, die aus Shamkir stammen. Es sind insgesamt 36 Esel in 14 (12 %) Betrieben zu finden. Ein Betrieb besitzt im Durchschnitt 3 Pferde, und eines davon steht während der Sommer- monate immer für Einkäufe bereit. Es werden mindestens einmal pro Woche eingekaufte Lebensmittel und andere notwendige Gegenstände mit Pferden auf die Sommerweide und umgekehrt die hergestellten Milchprodukte zum Dorf transportiert. Die Pferde werden nur während der Winterzeit in futterknappen Zeiten mit Weizen (von 500-1.000 g) und Heu gefüttert und tagsüber geweidet. Auf der Sommerweide bekommen Pferde wie Schafe und Rinder außer Salz kein zusätzliches Futter. Die Pferde werden in der Winterzeit im Stall unterbracht. Hunde spielen eine wichtige Rolle bei der Schafhaltung. Dank ihrer Gelehrigkeit, Führig- keit und Gehorsamkeit können sie trainiert werden, um wichtige Funktionen als Bewacher und Schützer oder Treiber der Schafherden zu übernehmen. Es gibt insgesamt 1.083 Hunde in allen untersuchten Betrieben. Ein Betrieb hat im Schnitt 9 Hunde. Die gehalten Hunde- rassen sind als Kaukasische Hirtenhunde (Qafqaz Çoban iti) zu bezeichnen, die recht mu- tig im Kampf gegen Raubtiere sind und geringe Ansprüche an Haltung, Fütterung und Un- terkunft haben. Die Nutzungsdauer eines Hundes beträgt durchschnittlich 8-12 Jahre. In

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manchen Betrieben sind sogar Hunde aus Mischungen mit dem Wolf zu sehen, die sehr aggressiv sind. Die alten Hunde werden tagsüber in ständiger Zwingerhaltung untergebracht. Junge Hunde sind tagsüber mit der Herde auf der Weide. Nachts werden alle Hunde freigelassen, damit sie die Höfe schützen. Sie werden im Winter in kleinen Hundehütten untergebracht. Bei der Wanderung sind die Hunde als Treiber und Schützer der Herde dabei. Sie laufen in einem Abstand von 1-2 m zwischen Herde, Pferden und LKWs.

7.6.5 Erzeugte Tierprodukte Als wichtigste Produktionsziele der Schaf- und Rinderhaltung für die Betriebe ist zuerst die Gewinnung von Fleisch, gefolgt von Milchproduktion zu nennen; daneben fallen Wolle sowie andere Beiprodukte wie Felle, Dünger, etc. an. Fleischproduktion: Die Vermarktung von Lamm- und Kalbfleisch erfolgt in den unter- suchten Betrieben überwiegend als Lebendtier. Die Lämmer werden mit 5-8 Monaten und Kälber mit 12-16 Monaten verkauft; das Lebendgewicht ist abhängig von Geschlecht und Alter reicht bei Lämmern von 30 bis 45 kg und bei Kälbern von 150 bis 250 kg. Bei ge- schlachteten Tieren erfolgt die Preisfestlegung entweder direkt auf dem Markt oder in der Metzgerei unter Berücksichtigung des Schlachtkörpergewichts. Der Fleischpreis wird weitgehend unabhängig von Qualität und Schlachtkörperklasse pro Kilogramm festgelegt. Damit spielen die Fleischigkeit oder Schlachtkörperklassen, wie man sie z.B. aus Europa kennt, keine Rolle bei der Preisfestlegung. Abgemagerte Lämmer oder Kälber sind den- noch schlecht marktfähig. Da magere Tiere in Aserbaidschan preislich geringer bewertet werden, bringen sie einen geringen Produktionswert ein. Daher versuchen die Viehhalter den Verkauf der Lämmer in den Wintermonaten möglichst zu vermeiden. Deswegen wer- den die gemästeten Lämmer und Kälber von der Sommerweide meist ab Juni bis Ende September verkauft. Da alte Tiere auf dem Markt nicht gut marktfähig sind, werden sie an Verarbeitungsunternehmen in Gandja verkauft. Wollproduktion: Die Zeit der einmaligen Schur der Schafe und Ziegen liegt in der Regel in der Zeit von April bis Ende Mai vor der Wanderung zur Sommerweide. Die Wolle von Ziegen ist nicht beliebt und wird deswegen auch nicht genutzt, sondern geschoren und dann weggeworfen. Der Wollertrag je Schaf beträgt 1,8-3 kg abhängig von Größe, Rasse und Geschlecht. Ein Kilogramm Wolle kostet abhängig von der Qualität und Sauberkeit zwischen 0,25 und 1,50 AZN. Vor und während der Sowjetzeit war Wolle sehr gefragt und wurde für unterschiedliche Teppicharten, Filz, Zelte und Wollkleidung von privaten Haushalten und industriell verar- beitet. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat die Wolle ihre Bedeutung durch die Konkurrenz synthetischer Fasern, stark sinkende Weltmarktpreise und den starken Rück- gang der Wollfabriken verloren. Heutzutage haben die Betriebe zwei Möglichkeiten, die geschorene Wolle zu verkaufen: a) mit niedrigem Preis an Wollfabrik in Gandja und b) mit besserem Preis an Dorfbewohner. Da die Kapazität der Fabrik nicht ausreichend ist, kön- nen nicht alle Viehhalter ihre Wolle dort verkaufen. Heute nutzen die Bewohner der stän- dig bewohnten Dörfer die Wolle hauptsächlich zur Herstellung von Matratzen, Kissen und Schlafdecken. Auch ist in Bergregionen handgemachte Wollkleidung noch üblich und es werden immer noch, wenn auch seltener, Teppiche gewebt. Die Halbnomaden-Betriebe

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nutzen die Wolle häufig zur eigenen Versorgung. Die Schur ist arbeitsaufwändig und in der Schurzeit werden saisonale Arbeitskräfte benötigt. Beiprodukte: Das Fell der Tiere war auch während der Sowjetzeit marktfähig. Zurzeit ist der Markt für Felle stark zurückgegangen. Deswegen werden Felle von Schafen als Behäl- ter der Milchprodukte nur von wenigen Familienbetrieben verwendet. Schafdung ist ei- gentlich nicht marktfähig. Häufig wird er aber bei Selbstabholung gegen Heu und Stroh- ballen mit Tieflandsdörflern getauscht. Die ständig bewohnten Dörfer nutzen Schafmist als Dünger für das Ackerland. Da in den Winterweiden Mangel an Brennholz besteht, ver- wenden die manche Betriebe getrockneten Schafs- und Rindermist als günstigen Brenn- stoff, wo der Kauf und Transport von Brennholz teuer ist. Um den getrockneten Schafmist als Brennstoff zu nutzen, bestehen zwei Möglichkeiten. Erstens können der Schaf- oder Rindermist mit Stroh gemischt und getrocknet werden, was als Təzək bezeichnet wird. Zweitens wird Schafmist im Schafstall nur einmal im Jahr ausgemistet, damit der Stall auch im Winter warm bleibt. Der Schafmiste wird dann gestapelt. Diese Art des Schaf- mists nennt man Gərmə. Nach dem jährlichen Ausmisten des Stalls wird Gərmə entweder getauscht oder als Brennstoff verwendet (Bilder 21 und 22). In vielen Betrieben wird der Schafmist weder verkauft noch als Brennstoff genutzt. Von wenigen Betrieben (n=12) wird der Schafmist als Düngung zur Weideverbesserung ge- nutzt.

Bild 21: Schafmist als Brennstoff Bild 22: nicht verwendeter Schafmist Milchprodukte: Da die Schafhaltung der Betriebe auf Fleischproduktion ausgerichtet ist, ist die Milchleistung sehr gering. In den Familienbetrieben werden die Mutterschafe meis- tens einmal pro Tag gemolken. Ein Schaf hat 3-4 Monate Laktationsperiode. Die Schafe, die im November bis Januar lammen, werden nicht gemolken, weil in dieser Zeit auf der Weide nicht genug Futter für die Muttertiere zur Verfügung steht und das zusätzliche Kraftfutter nur für die Lebenserhaltung- und den Leistungsbedarf der Lämmer reicht. Die Schafe, die ab Februar lammen, werden 2-3 Monate lang gemolken. Die später lammenden Schafe werden auf der Sommerweide gemolken. Die von einem Schaf produzierte Milch- menge ist abhängig von Rasse, Alter und Gewicht und liegt zwischen 0,2 und 0,4 Liter/Tag und bei einer Ziege zwischen 0,3 und 0,6 Liter/Tag. Von einem gemolkenen Schaf werden pro Jahr durchschnittlich 25 Liter und von einer Ziege 35 Liter Milch (abzüglich Milch für Lämmer und Zicklein) für die Verarbeitung erzielt. Die Schaf- und Ziegenmilch wird nur zur Käseproduktion verwendet. In 72 von 120 Betrieben werden Schafe und Ziegen ge- molken, davon sind etwa 72 % Familienbetriebe mit Halbnomadensystem.

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Die Laktationsperiode der Mutterkühe fängt im Allgemeinen ab März an und reicht von 8 bis 10 Monaten. Die durchschnittliche Milchleistung einer Kuh beträgt 1.000 Liter (abzüg- lich Milchmenge für Kälber). Von der Kuhmilch werden unterschiedliche Produkte in den untersuchten Betrieben hergestellt (Abb. 25): Abbildung 25: Milchprodukte in den untersuchten Betrieben

Rohmilch (Çiy süd) Fett 3-5%

Käse/pendir Naturjoghurt (Qatıq)

Motalkäse Hirtenkäse Frischkäse Butter dicker Joghurt Trocken- Joghurtsahne (Motal (çoban (təzə pendir) (Yağ) Ayran (Süzmə, joghurt pendiri) pendiri) (Qatiq Fett >5%) (Qurut) qaymağı)

Butter Qazax dicker Quark (Şor) /Yağ

Qarabag Sahne (Xama) saurer dicker Joghurt (Turş Süzmə) Fett > 30% Fett <0,5%

Molke (çümrük) Butter (Yağ)

Quelle: Eigene Darstellung Für die erzeugten Milchprodukte in den Betrieben werden unterschiedliche Milchmengen benötigt, die in der folgenden Tabelle 51 dargestellt sind. Tabelle 51: Benötigte Milchmenge bei den verarbeiteten Milchprodukten Produkte Einheit Benötigte Milchmenge Naturjoghurt (Qatıq) kg 1 l Butter (Yağ) kg 10-15 l oder 2-3 kg Xama Ayran l 800-900 ml Dicker Joghurt (Süzmə) kg 3-6 l Quark (Şor) kg 4-5 l Käse (Pendir) kg 4-6 l Sahne (Xama) kg 8-10 l Trockenjoghurt (Qurut) Stück 300-500 ml Quelle: Eigene Darstellung

7.6.6 Ablammen und -kalben Die Anzahl der geborenen Lämmer hängt von der Rasse, der Fütterung, der Tiergesund- heit, dem Management, der Tierhaltung, der Genetik, den Haltungsbedingungen und der Umwelt ab (RAHMANN 2007). Nach den Angaben der Viehhalter ist im Allgemeinen bei den Wanderschafhaltungsbetrieben nur eine Lammung im Jahr zu beobachten. In Betrie- ben, deren Herde nur aus Schafen und Ziegen bestehen, können aber häufig von einem Mutterschaf abhängig vom Futterangebot und Jahresschwankungen 3 Lammungen in zwei Jahren erreicht werden. Die Anzahl von Zwillingsgeburten ist mit Werten zwischen 5 und 20 % eher gering. Die meisten Zwillingsgeburten fallen in der Winter- und Frühjahrslam-

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mung an. Die Betriebe versuchen die Lammung weitgehend dem jeweiligen natürlichen Futterangebot anzupassen. Die Lammung während der Wanderungszeit stellt sich als sehr ungünstig dar, weil dies mit hohen Transportkosten verbunden ist und die Wanderung mit kleinen Tieren mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die neugeborenen Tiere (Läm- mer/Zicklein/Kälber) müssen mit dem Fahrzeug transportiert werden. Für die Wander- schafhaltungsbetriebe sind die Vorwinterlammung im November, die Winterlammung von Dezember bis Februar und die Frühjahrslammung von März bis April möglich. Die im Herbst geborenen Lämmer (Vorwinterlammung) werden im Winter mit Mutterschafmilch und Stallfütterung gehalten und werden in der Futterkrisenzeit von Januar bis März ver- kauft, um die Kraftfutter- und Heuzugabe zu finanzieren. Die Winterlammung und Früh- jahrslammung wird häufiger angewandt, da sie zeitlich sehr gut an den Rhythmus der Wanderbetriebe angepasst ist. Die Lämmer können nach Ende der Wintermonate mit knappem Futter auf der Sommerweide bei guten Futterverhältnissen gemästet werden und bis Ende August und September verkauft werden. Damit können die Viehhalter mit ent- sprechender Tieranzahl zur Winterweide zurückkehren. Die Sommerlammung ist selten zu beobachten und bringt die geringste Zahl an Zwillingen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Schafs und einer Ziege liegt bei ungefähr 5 Jahren. Eine längere Nutzungsdauer ist nur in manchen Betrieben zu finden. Von 100 Mut- terschafen/Ziegen sind 85 bis 95 lammend. Mit Zwillingsgeburten und dreimaliger Lam- mung in zwei Jahren erhält man je 100 Mutterschafe/Ziegen zwischen 100 und 120 Läm- mer/Zicklein pro Jahr. Der Lämmerverlust reicht von 20 bis 40 %, abhängig wiederum von Fütterung, Stallung, Weidezustand, Witterung und von der Managementfähigkeit des Be- triebsleiters. Im Mittel der Betriebe liegt der Lämmerverlust bei 28,3 %, wobei der Median mit 28 % nah am Mittelwert steht. In 50 Betrieben liegt der Lämmerverlust über Median. In einer Herde werden von 100 Mutterschafen 59 bis 80 aufgezogene Lämmer gezählt, der durchschnittliche Wert je 100 Mutterschafe liegt bei 72,3 Stück. 47,5 % der Betriebe kön- nen pro Jahr 71-75 Lämmer, 32,5 % weniger als 70 Lämmer und 20 % über 76 Lämmer von 100 Mutterschafen aufziehen. Aus Tabelle 52 ist ersichtlich, dass im Vergleich zu Lämmern der Verlust bei Zicklein deutlich geringer ist. Dies wird damit begründet, dass Ziegen weniger anfällig gegen Krankheiten als Schafe sind. Die Lämmer und Zicklein werden ab 3-4 Monate von den Muttertieren abgesetzt. Die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Kuh liegt ebenfalls bei 5 Jahren. In den Betrie- ben, die sich auf Schafhaltung spezialisieren, werden die Kühe 5 bis 8 Jahre genutzt. Da mit einer Zwischenkalbezeit von 385 Tagen gerechnet wird, werden von einer Mutterkuh 0,95 Kälber pro Jahr erhalten (Tab. 52)10. Die Abkalbezeit ist zwischen Januar und April, was sich gut in den zeitlichen Rhythmus der Wanderbetriebe einpasst, weil die 2-5- monatigen Kälber auf der Sommerweide von Mai bis Ende September neben der Mutter- milch mit natürlichem reichhaltigem Weidefutter gut zu halten sind. Da sich die Sommer- weide zum Mästen der Tiere gut eignet, bekommen die Masttiere kein zusätzliches Futter. Die Masttiere werden meistens zwei bis vier Wochen vor dem Verkauf im Dorf noch mit

10 Anzahl der geborene Kälber= Jahrtage (365)/Zwischenkalbzeit (385 Tage)

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Kraftfutter gemästet, damit sie bessere Preise erbringen. Die Kälber werden im Alter von 5-7 Monaten von der Mutter abgesetzt. Tabelle 52: Reproduktionskennzahlen (durchschnittliche Werte) Kennzeichnen Einheit MK* MS** Ziegen Lebendgewicht kg 350 40 30 Großvieheinheit GV 0,7 0,08 0,06 Nutzungsdauer Jahr 5,0 5 5 Laktation Jahr 4,7 5,5 5,5 Bestandsergänzung % pro Jahr 20 20 20 Tierverluste % pro Jahr 4 8 5 Zwischenkalb/Lammungszeit Jahr 385 365 365 Anzahl geb. Kälber /Lämmer/Zicklein Stück/Jahr 0,95 1,00 1,00 Kälber-, Lämmer- und Zickleinverlust % pro Jahr 8 28 6 MS= Mutterschaf, MK= Mutterkuh Quelle: Eigene Darstellung

7.6.7 Züchtung und Herdenbestandsstruktur In Anpassung an die Standortbedingungen benötigen die Betriebe besondere Rassen für die Wanderschafhaltung. Da sich das Produktionsziel der Betriebe an der Fleischproduktion orientiert, ist die Haltung fleischbetonter Tierrassen von größerer Bedeutung. Neben der gewählten Produktionsrichtung sind das Klima und die Futtergrundlage bei der Wahl der geeigneten Rasse für die Wanderschafhaltung wichtig. In den Wanderschafhaltungsbetrie- ben werden verschiedene Schafrassen wie Bosakh, Aserbaidschanische Bergmerinos und Karabach und deren gekreuzte Schafe (mələz qoyunlar) gehalten (siehe Kapitel 4.5.2). Diese Rassen haben neben ihren jeweils besonderen Eigenschaften auch Ähnlichkeiten: alle haben geringe Ansprüche bei Haltung, Wanderung und Fütterung. Der Anteil der Ras- se Bozakh am Schafbestand beträgt zwischen 30 und 50 %, der Rasse Karabach 10-30 %, und von Aserbaidschanischen Bergmerinos bis zu 30 %. Sie zählen zur Gruppe der Fett- schwanzschafe mit Produktionsschwerpunkt in der Fleischerzeugung. Die Rassen sind in heißen und feuchten Jahren anfällig gegen Wurmbefall und Infektionskrankheiten. Aber sie sind auf der Sommerweide gut kletterfähig und marschfähig bei den Wanderungen. Die Betriebe ergänzen ihren Schaf- und Ziegenbestand durch eigene Zutreter in 97 (81 %) Betrieben und durch eigene Böcke in 115 (96 %) Betrieben. Es werden ab und zu die Bö- cke mit Nachbarn getauscht, um die Zucht zu verbessern. 19 von 87 rinderhaltenden Be- trieben halten neben Mutterkühen auch Färsen und 8 Betriebe außerdem Bullen für die eigene Tierzucht. 78 % der rinderhaltenden Betriebe ergänzen den Rinderbestand durch den Zukauf von Zuchttieren. Die Selektion der Zuchttiere fängt schon bei männlichen und weiblichen Tieren ab 6 Mo- naten bei Lämmern/Zicklein und 12 Monaten bei Kälbern an. Die am besten aussehenden und gesunden Jungtiere werden für die Zucht weiter gehalten. Alttiere in den Betrieben werden in der Regel nach 5-jähriger Nutzungsdauer aussortiert. Im Jahr werden ungefähr 20 % der weiblichen Tiere für die Zucht ausgewählt. Je 25-30 Mutterschafe/Ziegen ist ein Zuchtbock in der Herde nötig. Ein weiblicher Zutreter wird ab einem Jahr und eine Färse ab 2 Jahren trächtig. Die Tragzeit eines Schafes dauert etwa 5 Monate (150-154 Tage) und bei der Färse 9 Monate. Bei alle Tieren ist die Paarungszeit meistens asaisonal gehalten.

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Seit der Privatisierung (1996-2000) wurde in keinem der untersuchten privaten Betriebe eine Kennzeichnung der Tiere mit Ohrmarken durchgeführt oder ein Zuchtbuch geführt; weder für Kleinvieh noch für Großvieh. Dies wird nur in zwei staatlichen Betrieben durch- geführt. Als einfache Kennzeichnung der Tiere erfolgt eine Lackfarbkennzeichnung, dadurch können die Herdeneigentümer ihre Tiere von Hirten- und Nachbartieren unter- scheiden. Die Lackfarbkennzeichnung bleibt langfristig bestehen und verblasst nicht.

7.6.8 Fütterung Obwohl bei den Wanderschafhaltungsbetrieben der Weidegang unten normalen Witte- rungsbedingungen fast ganzjährig erfolgt, zwang die schlechte Futterbasis der Winterwei- den und die Länge des Winters schon immer zu ergänzender Futtergabe. Daher werden die Tiere in den die futterknappen Monate (Dezember-Februar) mit zugekauftem Futter ver- sorgt. Bei extrem kaltem Wetter bleiben die Kühe im Stall; Schafe und Ziegen werden halbtags geweidet. Die Schafe und Ziegen werden täglich in der Herde in einem Umkreis von 2-5 km um das Lager oder den Hof geweidet. Abhängig von Qualität und Zustand kann ein Hektar Win- terweide eine verwertbare Futtermenge von 10 bis 20 dt in sieben Monaten liefern. Für ein Mutterschaf wird wiederum abhängig von Weidefutterqualität etwa 250 bis 1000 m² Flä- che auf der Winterweide und 100-500 m² auf der Sommerweide benötigt. Die Einlagerung von zusätzlichen Futtermitteln ist wichtig. Die Betriebe müssen die fut- terknappen Zeiten im Dezember bis Februar durch Zugabe von gelagerten Futtermitteln überwinden. Die Futtereinlagerung im Vorfeld wird schon ab Ende Juni bis September vorbereitet, weil in dieser Zeit der Kauf von Futtermitteln günstig ist. Bevor die Herde von der Sommerweide zurückkehrt, wird die geplante Winterfuttermenge auf den Betrieben eingelagert. Abhängig von Betriebsformen und Weidezustand werden die Tiere im Jahr bzw. in der Winterzeit von November bis Mitte Mai in unterschiedlicher Menge mit Wei- zen, Gerste und Heu, in einigen rindviehhaltenden Betrieben auch mit einer Mischung aus Soja und Sonnenblumenkernen (Şrot)und Strohballen versorgt, wie in der Tabelle 53 dar- gestellt ist. Lämmer bekommen bis 4 Monate und Kälber bis 6-7 Monate Muttermilch. Zusätzlich werden die Lämmer auf der Winterweide auf Xəsil-Flächen geweidet11. Die Kälber bekommen neben Milch auch Heu. Tabelle 53: Futterbedarf ausgewählter Tiere in Wintermonaten Art des Futters Einheit Schaf Ziege Rinder Mischung aus Weizen und Gerste kg 5-10 4-7 80-120 Heu als Quadratballen (25-30 kg) Stück 0,5-2 0,3-1 60-100 Strohballen Stück 50-100 Mischung aus Soja und Sonnenblumen- kg -- -- 100-150 kernen Salz kg 2-4 2-3 30-50 Quelle: Eigene Darstellung Für das Vieh der Halbnomaden, Transhumanten und Yaylaqbauern spielt das Heu als Win- terfutter eine große Rolle. Das Heu wird entweder von eigener privaten/gepachteten Wiese

11 Xesil ist Bau von Gerste als Feldfutter für Lämmer

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gewonnen oder wird fertig von Dörflern gekauft. Heugewinnung wird gelegentlich in Bergregionen und auch im Tiefland durchgeführt. Sie ist leichter möglich als andere Maß- nahmen der aktiven Überwindung futterknapper Zeiten. Obwohl die Heugewinnung in Bergregionen von Wiesenflächen ohne Bewässerung erfolgt, sind das Mähen, Wenden, Stapeln und auch Pressen teuer, verursachen viel Arbeitslohn und eine aufwändige Abfuhr mit tierischen Zugkräften oder Kraftfahrzeugen. Kosten und Arbeitszeitbedarf sind auch deshalb hoch, weil in diesem Gebiet kaum Möglichkeit besteht, geeignete Maschinen für die Heugewinnung zu nutzen. Mähen und Wenden erfolgt durch Handarbeit (Bild 23). Das getrocknete Heu wird mit Pferden oder Fahrzeugen (wo ein Befahren möglich ist) zur fes- ten Wohnstätte in die Dörfer gebracht und als Heuhaufen (Tomba) gestapelt oder in quad- ratischen Ballen gepresst, die bis November im Dorf bleiben. Danach wird das Heu mit Schleppern oder LKW in die Winterweidehöfe transportiert. Wiesen- und Kleegrasflächen in den Talgebieten der Region werden mit künstlicher Bewässerung bewirtschaftet. Für die künstliche Bewässerung wird das Wasser aus Brunnen aus dem Untergrund gepumpt oder von Flüssen in Wasserkanäle geleitet. Für die Bewässerung fallen auch Kosten für Pumpen sowie die Energie etc. an. Die aktive Überwindung der futterknappen Zeiten stößt in Aserbaidschan der extensiven Weidewirtschaft aus folgenden Gründen auf große Schwierigkeiten:  Ungenügende Futtereinlagerung im Herbst,  Fehlende Kenntnis der Anzahl der Hirtentiere.

Bild 23: Mähen der Weise mit Sense und Heustapel Ungenügende Futtereinlagerung im Herbst: Wegen Schwankung der Witterung können die Betriebe nicht genau vorhersagen, wie viel Futter sie einlagern müssen. In vielen Be- trieben sind Futterlagerplätze und Eigenkapitalausstattung mangelhaft, um das Futter über den Sommer zu lagern. Wenn ein Futterüberschuss entsteht, kann das Futter im nächsten Jahr nicht verwendet werden, weil es durch Bröckelverluste und Schäden von Mäusefraß unbrauchbar geworden ist. Fehlende Kenntnis der Anzahl der Hirtentiere: Da die Beziehung zwischen Hofbesit- zern und Hirten oft von Konflikten gekennzeichnet ist, suchen die Viehhalter oft jährlich

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neue Hirten, manchmal kurz vor den Winterweidemonaten, wenn die geplante Futtermenge bereits eingelagert ist. Die neuen Hirten bringen manchmal mehr Tiere als erwartet mit und in der Folge reichen die Futtermittel nicht für die gesamte Herde aus. Daher wird ein Fut- terzukauf notwendig, welcher durch zwei- bis dreimal höhere Kosten für die Betriebe ge- kennzeichnet ist. Wer keinen LKW hat, muss neben dem höheren Futterpreis auch die zu- sätzlichen Transportkosten mitrechnen.

7.6.9 Tierverluste und deren Gründe Den Tierbestand ohne großen Verlust über die Winterzeit zu bringen, ist die Hauptsorge für jeden Viehhalter und steht daher an erster Stelle der Managementüberlegungen. In der Wanderschafhaltung werden Tierverluste und damit auf die Produktivität von unterschied- lichen Unsicherheitsfaktoren beeinflusst. Zu diesen Ursachen für Tierverluste in den Be- trieben gehören:  extreme Witterung (Kälteperioden/Dürreperioden) (WORLD BANK 2005; BEGZSU- REN ET AL. 2004),  Futtermangel,  Tierseuchen/Krankheiten,  Attacken von Raubtieren,  Vergiftung durch Pflanzen und Schlangen,  Überfahren durch Fahrzeuge,  Unfälle auf der Sommerweide,  fehlendes Management z.B. schwache Kontrolle bei der Geburt der Tiere, etc. Die ersten drei Nennungen sind die wichtigsten Ursachen für Verluste von erwachsenen und jungen Tieren. Laut Interviewangaben der Viehhalter ist die Witterung einer der be- deutendsten Verlustgründe bei der Wanderschafhaltung. 67 % der befragten Viehhalter geben an, dass sie ihre Tiere, insbesondere Lämmer, wegen schlechter Witterung verlieren. In einem ungünstigen Jahr können die Viehhalter sogar mehr als 50 % Verlust bei Läm- mern und bis 30 % bei erwachsenen Tieren haben. Von solchen existenziellen Tierverlus- ten berichteten zwei Viehhalter aus dem Jahre 2009: Ein Besitzer musste alle Höfe und Tiere und ein anderer einen seiner zwei Höfe und ein Drittel seiner Tiere wegen einer Dür- reperiode sowie auftretender Heuschrecken in der Winterweide verkaufen, weil diese enorme Tierverluste und damit für die Betriebe große finanzielle Verluste verursachte. In den Informationen über Fütterung im Abschnitt 7.6.8 ist bereits beschrieben, dass in vielen Betrieben die Tiere an Futtermangel leiden, was ein Abmagern der Tiere verursacht und sie damit gegen Infektionskrankheiten anfällig macht. Etwa 54 % der Betriebe haben jedes Jahr Probleme mit Futtermangel, weil sie im August entweder zu wenig Eigenkapital zum Futterkauf oder nicht die notwendigen Maschinen für den Futtermitteltransport haben, um rechtzeitig günstig Futtermittel zu kaufen und zu lagern. Im Winter ist dann der Kauf von Futter doppelt so teuer und ist außerdem der Transport wegen schlechtem Verkehrszu- stand und Wetter noch schwieriger. Laut den befragten Viehhaltern können die Tiere in plötzlich auftretenden Kälteperioden bis zu 50 % ihres Gewichts verlieren. Für die Entstehung und Verbreitung von Krankheiten werden als Ursache unhygienische Ställe und Trinkwasserversorgung sowie die nicht rechtzeitige Impfung der Tiere benannt. Nähere Erläuterungen über Krankheiten sind im Abschnitt 7.6.10 dieses Kapitels zu lesen.

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Mehr als 60 % der Viehhalter geben an, dass sie ihre Tiere wegen plötzlich auftretenden unterschiedlichen Krankheiten verlieren. In der Steppe sind einige giftige Pflanzen zu finden, die zum Tod der Schafe führen kön- nen. Die Vergiftung durch Pflanzen ist häufig im Frühling zu sehen. Neben giftigen Pflan- zen besteht in feuchten Jahren in der Steppe außerdem eine Bissgefahr durch Schlangen sowohl für Tiere als auch für Menschen. Bei der Lammzeit der Schafe und Ziegen ist eine regelmäßige Kontrolle sehr wichtig. Dies beachten Familienbetriebe stärker als andere. Deswegen ist der Lämmerverlust etwa um 3 % geringer als bei anderen Betriebsformen. Nach Angaben vieler Betriebsbesitzer wer- den die Tiere in der Lammzeit von den Hirten jedoch ungenügend kontrolliert, besonders bei Lohnhirtenbetrieben. Die Befragung nach der Verlustquote zeigte, dass in diesen Be- trieben die Verluste bis zu 40 % erreichen können. In der Steppe und auf der Sommerweide sind Wölfe und Schakale für die Schafe besonders gefährlich. Obwohl die Viehhalter gute Wach- und Schutzhunde haben, gibt es auf der Sommerweide häufig Attacken von Wölfen, die meistens nachts vorkommen. Obwohl es nicht häufig passiert, können Tiere, insbesondere Rinder, auf der Sommerweide auch durch Stürze von steilen Berghängen und Felsen verloren gehen. Bei der Wanderung können die Tiere an den Hauptstraßen von Fahrzeugen überfahren werden. Darauf wird näher im Abschnitt 7.6.11 dieses Kapitels eingegangen.

7.6.10 Tiergesundheit und tierärztliche Betreuung Schlechte Tiergesundheit hat auf den wirtschaftlichen Erfolg enorme negative Auswirkun- gen. Eine hohe Leistung der Tiere hängt neben anderen Faktoren notwendig von der stabi- len Gesundheit der Tiere ab (RAHMANN ET AL. 2002). Deshalb sind Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit für die Bekämpfung von Tierseuchen ein öffentlicher Auftrag (RÜSTEMOV 2011). Diese Maßnahmen sind im Tierseuchengesetz von Aserbaidschan fest- gelegt (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2005b). Einige Tierseuchen sind anzeigepflichtig, was eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine wirksame staatliche Tierseuchenbekämpfung ist. Staatliche tierärztliche Dienststationen und Apotheken sind in großen Siedlungen/Dörfern jedes Rayons oder in den Städten zu finden. Die Tierärzte sind zur Bekämpfung der Tier- seuchen verpflichtet. Da die staatliche Bezahlung für Tierärzte als unzureichend empfun- den wird und die Verkehrswege auf der Winter- und Sommerweide schlecht sind, sind die Tierärzte dort nur ungern bei der Bekämpfung der Tierseuchen aktiv (RÜSTEMOV 2011). Deswegen arbeiten viele Tierärzte nur privat. Eine Beauftragung von privaten Tierärzten verursacht für die Betriebe hohe Kosten. Außerdem sind Tierarztgemeinschaften unter den Betrieben kaum bekannt. Obwohl die Viehhalter keine tierärztlichen Kenntnisse haben, führen sie häufig selber die Behandlung und die Impfungen gegen bekämpfungspflichtige Krankheiten durch, um die Tierarztkosten zu vermindern. Sie lesen die Anleitung auf den Beipackzetteln der Medikamente und versuchen die erkranken Tiere selbst zu behandeln. Außerdem vermuten die befragten Viehhalter, dass gekaufte Medikamente häufig ver- fälscht sind und deshalb keine echte Wirkung auf die Verbesserung der Tiergesundheit haben.

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Nach Angaben der Tierärzte und Viehhalter werden die Herden der Wanderschafhaltungs- betriebe in der Regel zwei Mal im Jahr auf die entsprechende Anzahl der Tiere (nach Pachtvertrag) und deren Gesundheitszustand kontrolliert. Die erste Kontrolle findet im Frühling von Mitte Mai bis Anfang Juni während der Wanderung von der Cheyranchöl- Steppe zu den Sommerweiden an der Veterinärkontrollstelle im Dorf Xar-Xar statt. Die zweite Kontrolle durchlaufen die Herden im Herbst von September bis Mitte November im Ort Kür an der Grenze zur Winterweide. Die zuständigen Tierärzte sind verpflichtet, die Gesundheit der Tiere an diesen Veterinärkontrollstellen zu überprüfen und gleichzeitig die Informationen über die Tieranzahl an die jeweilige Rayonverwaltung zu übermitteln. Aber die Befragung von vielen Viehhaltern hat gezeigt, dass diese Kontrolle meistens nur offizi- ell ist und die Tiere nicht genau auf ihre Gesundheit kontrolliert werden. In den Betrieben sind hohe Tierverluste durch verschiedene Krankheiten zu beobachten, insbesondere Infektionskrankheiten, deren Erreger Viren oder Bakterien sind. Da Schafe und Ziegen in größeren Herden gehalten werden, ist das Risiko von Infektionskrankheiten größer als bei Rindern (RÜSTEMOV 2011). Neben Viren und Bakterien bilden auch Parasi- ten Anlass für die Entstehung und Verbreitung von Krankheiten. Da die Schafe und Ziegen unter natürlichen Bedingungen in extensiver Weidewirtschaft gehalten werden, gibt es weder auf Winter- noch auf Sommerweiden gänzlich parasitenfreie Herden. Die Parasiten leben entweder auf den Tieren oder in ihnen, sind also in Ekto- und Endoparasiten zu glie- dern. Zu den Ektoparasiten gehören Milben, Zecken, Läuse, Haarlinge und weitere (LEUCHT 1990). Nach Angaben der Viehhalter verbreiten sich auf den untersuchten Betrieben unterschied- liche Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche, ansteckender Lippengrind, Lungenent- zündung, Tollwut, Bradsot, Milzbrand, Brucellose, Tuberkulose und unterschiedliche Ar- ten von Wurmbefall (RÜSTEMOV 2011). Für die Entstehung und Verbreitung von Krank- heiten sind folgende wesentliche Ursachen zu nennen:  Mangelnde Tiermedikation,  Unhygienische Ställe und Wasserversorgung,  Schlachtung ohne tierärztliche Kontrolle,  Mangelfütterung in der Winterweide. Die Krankheiten wie Brucellose, Bradsot, Tollwut und Milzbrand sind anzeigepflichtig und die Tiere müssen geimpft werden. Von den oben genannten Krankheiten sind Maul- und Klauenseuche, ansteckender Lippengrind, und Lungenentzündung jedes Jahr zu be- obachten. Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine bei Schafen, Ziegen und Rindern der unter- suchten Betriebe häufig vorkommende, durch einen Virus verursachte Krankheit. In vielen Betrieben findet keine regelmäßige Kontrolle statt und die Tiere werden nicht immer ge- impft. Die Ansteckung erfolgt durch direkten Kontakt mit kranken Tieren sowie durch verseuchte Weiden und Trinkwasserteiche (Cülgə). Bei zu spätem Eingreifen sterben viele der Schafe, und insbesondere bei Lämmern werden schwere Verluste hervorgerufen. Be- sonders die Erkrankung der Klauen, gefördert durch Verletzungen mit Fremdkörpern, wie Nägeln und Scherben, führt zu Schwierigkeiten während der Wanderungen. Der ansteckende Lippengrind ist eine in der Schafhaltung weit verbreitete Infektionskrank- heit von zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung. Die Ansteckung erfolgt durch Kontakt

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mit sichtbar erkrankten Tieren. Schwere und Ausbreitung der Erkrankungen werden durch unhygienische Haltung, Mangelfütterung in der Winterweide sowie ungünstige Witterung stark beeinflusst. Diese Krankheit hinterlässt keine langanhaltende Immunität, sodass die Herde für die nächste Generation der Erreger ansteckbar bleibt. Die Krankheit bildet sich an Lippen, Nase und Mundwinkeln und verursacht bei Schafen, insbesondere bei Lämmern oft Totalverluste. Die Lungenentzündung ist eine der verbreitetsten Krankheiten in der Wanderschafhaltung und entsteht durch Viren oder Bakterien. Sie kommt häufig in Jahren mit sehr feuchter Kälte im Winter und trockenem, staubigem Frühjahr vor. Die Viehhalter erwerben Anti- biotika ohne ärztliches Attest und beschweren sich, dass eine heilende Wirkung ausbleibt. Der erforderliche Kauf weiterer Medikamente verursacht hohe Kosten. Die Bekämpfung der Außenparasiten erfolgt durch Baden mit unterschiedlichen Desinfek- tions- und Waschmitteln 2-mal im Jahr. Nach Angabe vieler Viehhalter soll für eine Herde von 500 Schafen zum Baden mindesten 5 Liter Creolin und zusätzlich Hexachlor und Nio- cidol benutzt werden. In einem Drittel der Betriebe werden jedoch weniger Desinfektions- und Waschmittel verwendet, um Kosten zu minimieren. Auch innere Parasiten befallen Schafe und Ziegen, dazu gehören verschiedene Würmer, die in Lunge, Magen und Darm der Tiere zu finden sind. Unter den untersuchten Betrieben sind Bandwurmbefall, Lun- genwurmbefall und Magendarmwurmbefall stark verbreitet, obwohl die Viehhalter die Tiere regelmäßig auf Wurmbefall kontrollieren. Die Bekämpfung der Würmer erfolgt ebenfalls selbst mit gekauften Medikamenten ohne tierärztliche Empfehlung. Wie bei An- tibiotika wird auch bei diesen Medikamenten gegen Würmer vermutet, dass in den Apo- theken oft gefälschte Produkte verkauft werden, die schwierig vom Original zu unterschei- den sind und daher kaum Auswirkungen auf die Gesundheit zeigen. Die Schlachtung ohne veterinärärztliche Kontrolle kann auch ein Anlass für die Verbrei- tung der Erkrankungen sein. Obwohl laut Tiergesetz ohne veterinärärztliche Kontrolle die Schlachtung unzulässig ist, findet sie überall statt. Die Viehhalter wurden bei obengenannten Krankheiten nach Häufigkeiten in 3 Stufen (sehr häufig, häufig und selten) gefragt. Für Krankheiten wie Lungenentzündung, Brucel- lose, Tuberkulose und ansteckenden Lippengrind lag die Häufigkeit der Nennungen für die Stufen „sehr häufig“ und „häufig“ bei über 40 % der Betriebe. Ebenfalls höhere Anteile gab es bei Nennungen für Klauenprobleme (26,7 %), Endoparasiten (41,7 %) sowie Durch- fall (40 %). Die Viehhalter haben außerdem angegeben, dass Bradsot und Milzbrand sehr selten und auch sehr gefährlich sind. Das Stallklima und sauberes Wasser sind wichtige Faktoren für die Tiergesundheit. Nach Angaben der Viehhalter verursachen ein schlechtes Stallklima und unhygienisches Wasser eine Erhöhung der Verlustquote um 5 bis 15 %. Im Mittel der Betriebe entfallen 40 % der Kosten für Medikamente auf Wurmmittel. Die Tierärzte werden erst informiert, wenn die Krankheit von den Viehhaltern nicht erfolgreich behandelt werden kann und es werden häufig nur einzelne Tiere behandelt. Eine planmäßige Vorbeugung wird in den Betrieben nicht durchgeführt.

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7.6.11 Wanderung Die Betriebe wandern in der Regel zweimal im Jahr. Jedes Jahr Ende des Frühlings erfolgt die erste Wanderung (Köç) von der Winterweide in der Cheyranchöl-Steppe zur Sommer- weide oder Dorfweide in Gedebey und Dashkesen. Es wandern 38 % der untersuchten Be- triebe zwischen Winterweide und Sommerweide und 72 % zwischen Winterweide und Dorfweide. Abhängig vom Wetter beginnt die Wanderung zwischen Ende April und Anfang Juni. Die Entfernung zwischen Sommer- und Winterweide beträgt 30 bis 120 km, dafür brauchen die Viehhalter 3-10 Tage. Die Tiere werden bis Ende September auf den Sommerweiden ge- halten. Typischerweise sind im Land also Mai und Oktober als Wanderungszeit üblich. Vom Staat sind für die Wanderschafhaltungsbetriebe als Nutzungsrecht bestimmte Wan- derwege vorgeschrieben, die mit Weideorten für kurze Rasten ausgestattet sind. Es wird keine Gebühr für die Nutzung der Wanderwege und Rastflächen verlangt. Die Weideplätze und Wanderwege werden teilweise illegal auch von Dorfbewohnern als Weidefläche ge- nutzt, und damit treffen die wandernden Viehhalter jedes Jahr auf zahlreiche Probleme. Außerdem sind die Wanderwege in den Bergregionen sehr steinig, was häufig zu Verlet- zungen der Klauen bei den Tieren, insbesondere bei den Schafen führt. Deshalb nutzen viele Viehhalter lieber die Haupt- und Landstraßen, was Tiere und Menschen in große Ge- fahr bringt. So wurden z.B. im Jahr 2012 auf der Wanderung im Mai in Shamkir etwa 50 Schafe einer Herde von einem der untersuchten Kleinbetriebe und im Oktober 2013 in To- vuz 67 Schafe von einem der untersuchten mittleren Betrieb überfahren12. Bei den Wanderungen werden zunächst alle hauswirtschaftlichen Gegenstände und übrige Lebensmittel mit Fahrzeugen von der Winterweide zur festen Wohnstätte transportiert, weil die Wege zu vielen Sommerweideorten für Fahrzeuge nicht geeignet sind (Bild 24). Mit Fahrzeugen werden nicht nur Gegenstände, sondern auch neu geborene, alte und kran- ke Tiere zwischen Winterweide und Dörfern transportiert. Um die eigenen Tiere nicht mit den Herden von Nachbarn zu verwechseln, werden die Tiere gekennzeichnet und nochmals kontrolliert. Die notwendigen Gegenstände, Lebensmittel etc., werden von den Bergdör- fern weiter mit Pferden, und ganz selten mit Eseln auf die Sommerweide befördert.

12 http://www.anspress.com/index.php?a=2&lng=az&nid=233678; abgerufen 28.10.2013 (in aserb.)

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Bild 24: Ein alter sowjetischer LKW bei Wanderung

7.7 Kooperationen zwischen den Betrieben Die Idee der Kooperation ist unter den untersuchten Betrieben im Hinblick auf extensive Weidewirtschaft generell wenig verbreitet. Als ein wesentlicher Grund hierfür werden die negativen Erfahrungen aus der Sowjetzeit genannt, in denen der private Sektor der Agrar- wirtschaft wie alle Bereiche der Wirtschaft dauerhaft den Versuchen der Verstaatlichung oder Vergesellschaftung der landwirtschaftlichen Produktionsmittel unterworfen war. Un- ter den Bedingungen der zentral geführten Planwirtschaft konnten keine freiwilligen Ko- operationen entwickelt werden. Die staatlichen und kollektiven Kolchosen und Sowchosen als wirtschaftliche Organisationsformen waren für die Viehhalter eine Erfahrung der zwangsmäßigen Zusammenarbeit. Auch 20 Jahre nach der Privatisierung von Kolchosen und Sowchosen ist diese negative Erfahrung zur Zusammenarbeit immer noch lebendig. Es wurden den Landwirten mehrere Fragen zur Kooperation gestellt. Zur Frage „Was ver- stehen sie unter einer Kooperation?“ wurden folgende Antworten von Viehhaltern gege- ben:  Weiß ich nicht (37 %),  Kooperation als ehemalige Genossenschaft (Kolchose) (48 %),  Kooperation als freiwillige Zusammenarbeit (15 %). In 72,5 % von 120 der befragten Betriebe wurde angegeben, dass sie Interesse an einer formellen Kooperation haben, wenn die Kooperation auf freiwilligen Prinzipen basiert und vom Staat, z.B. durch Vorgaben für die Vertragsgestaltung und die Vergabe von Krediten etc., unterstützt wird. 22,5 % der befragten Viehhalter bevorzugen eine Zusammenarbeit mit Verwandten, 47,5 % mit Nachbarn und 35 % mit Freunden oder Bekannten. Die be- fragten Betriebe, die an Kooperation interessiert sind, zeigten Bereitschaft für eine freiwil- lige und formelle Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen, wie in der Abbildung 26 dargestellt ist. Interessiert sind an einer Kooperation alle Kleinbetriebe und ein Teil der mittleren Betriebe, die durch eine Zusammenarbeit steigendem Kostendruck begegnen

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möchten. Bis heute bestehen keine Gemeinschaften in Bezug auf Kredite, Absatz, Tier- arztbetreuung sowie Anlagenbau. In der Abbildung 26 ist zu erkennen, dass 65 % der Betriebe angegeben haben, dass sie an einer Tierarztgemeinschaft interessiert wären. Nach den Vermutungen der Viehhalter kann die Tierarztgemeinschaft die Tiergesundheit verbessern und damit die Tierverluste, vor allem Lämmerverluste, um bis zu 10 % reduzieren. Daher finden die befragten Viehhalter die Idee der Zusammenarbeit in einer Tierarztgemeinschaft besonders sinnvoll. 35 % der befragten Viehhalter haben angegeben, dass sie Interesse an Investitionen in Fut- teranlagen basierend auf Nachbarschaftsbeziehungen haben. Ungefähr 52 % der Betriebe (kleine und mittlere Betriebe) haben Interesse an Maschinen- gemeinschaften. Die Kosten für Maschinen oder für Lohnunternehmen für Transportauf- gaben (Wanderung und Wasserbeschaffung, Verkauf der Tiere, Kauf der Futtermittel) sind hoch und viele Betriebe sind nicht in der Lage, allein eine neue geeignete Maschine anzu- schaffen. Daher erscheint für viele Betriebe eine Zusammenarbeit in einer Maschinenge- meinschaft aus wirtschaftlicher Sicht, insbesondere zur Verminderung der Kosten und hier besonders der Festkosten, sinnvoll. Abbildung 26: Anzahl der interessierten Betriebe an Formen der Kooperation

Kreditgemeinschaft 24

Bau einer Futterlage 42

Absatzgemeinschaft 50

Maschinengemeinschaft 62

Tierarztgemeinschaft 78

Quelle: Eigene Darstellung 27,5 % der Viehhalter sind grundsätzlich kritisch gegenüber Kooperationen eingestellt. Als Gründe gegen Kooperation wurden folgende Argumente vorgebracht:  Sie sehen die Kooperation als eine Wiederbelebung von Kolchosen und Sowchosen an;  Sie wissen nicht, wie eine Kooperation geführt werden soll und wie sich ihre Be- triebe in eine Kooperation einbringen können;  Der Betrieb ist groß genug und benötigt keine Kooperation. Es kann für sie schwie- rig sein, in eine Kooperation einzutreten;  Die Kooperation kann zwischen den Betrieben aufgrund menschlicher Konflikte Unzufriedenheit und damit auch nur Schwierigkeiten bringen. 38 % der Betriebe haben versucht, untereinander eine formelle Form der Kooperation zu führen, aber diese kam nicht zustande. Wesentliche und häufige Gründe für nicht zustande kommende Kooperationen sind:  Negative Einstellung gegen Kollektivierung,  Fehlende Erfahrung mit Fragen des Betriebsmanagements und wenig Kenntnisse, Wissen sowie Informationen über Kooperationen, 151

 Fehlende fachliche Qualifikation der Herdenbesitzer,  Angst vor Verlust des privatisierten Eigentums,  Kein Vertrauen in den potenziellen Partnerbetrieb,  nicht ausreichende Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Es ist schwierig, geeignete und zuverlässige Kooperationspartner zu finden, weil zwischen den Viehhaltern wenig Vertrauen herrscht und damit die Hoffnung auf eine erfolgreiche Kooperation sehr gering ist. Nach Angaben der befragten Besitzer von zusammenarbeitenden Betrieben bestehen die derzeitigen Formen der Kooperation in:  gemeinschaftlicher Nutzung von Produktionsmitteln o Maschinengemeinschaft o Weidegemeinschaft o Hofgemeinschaft  Tauschgemeinschaften o Nachbarschaftshilfe o Austausch von Weide o Futtermittelaustausch Sechs von neun Kooperationsbetrieben betreiben eine Maschinengemeinschaft: Zwei Betriebe haben gemeinsam einen Lastkraftwagen (LKW) im Jahr 2004 und vier Betriebe jeweils zu zweit einen Wasserlastkraftwagen (WLKW) im Jahr 2002 angeschafft. Die Be- teiligten an der gemeinsamen Nutzung von LKWs finden die Zusammenarbeit aus be- triebswirtschaftlicher Sicht als Instrument zur Kostensenkung sinnvoll. Aber die Nutzung der betriebswirtschaftlichen Vorteile einer Maschinengemeinschaft erfordert eine detail- lierte und sachkundige Planung (LINK 1995). Daher versuchen die Betriebe die vereinbar- ten Nutzungsbedingungen zu erfüllen, vor allem termingerecht zu nutzen und die laufen- den Kosten (Reparaturen, Betriebsstoffe) durch jeden Betrieb selber zu decken. Die sonsti- gen jährlichen Festkosten (Versicherung, jährlicher TÜV etc.) werden unter den Betrieben aufgeteilt. Da eine absolut gerechte Aufteilung bis hin zu den letzten Kosten in der Regel ohnehin nicht möglich ist, müssen die Betriebe Kompromisse eingehen. Zielsetzung einer Maschinengemeinschaft ist in der Wahrnehmung der Betriebsleiter die Verringerung der Festkosten und eine Minimierung der Arbeitszeit beim Futterkauf oder Wassertransport. Da in den Betrieben keine Buchführung zur Verfügung stand, war die Erfassung der ge- nauen Maschinenkosten zwecks vergleichender Darstellung nicht möglich. Zwei von sechs Betrieben waren unzufrieden mit ihrer Maschinengemeinschaft, weil die Nutzungserwar- tungen vom Partner nicht erfüllt wurden. Im Jahr 1999 haben zwei Betriebe gemeinsam eine Winterweidefläche von 435 ha im Na- men von zwei Herdenbesitzern gepachtet und ihre gemeinsame Tieranzahl bei der Verwal- tung von Gedebey registrieren lassen. Seither besteht eine Weidegemeinschaft zwischen diesen nachbarschaftlichen Betrieben. Die jährliche Pachtgebühr wird nach dem Tierbe- stand aufgeteilt. Jeder Besitzer hat darauf zu achten, dass die Hirten entsprechende Tier- zahlen mitbringen und die Weide durch die Tiere nicht überweidet wird. Unter einer Hofgemeinschaft wird in dieser Arbeit neben der gemeinsamen Nutzung der Weidefläche die gemeinsame Nutzung von Stallgebäuden und Anlagen sowie der auf den Betrieben befindlichen Maschinen (LKW, WLKW) verstanden. Eine seit 1996 existierende

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Hofgemeinschaft wird von zwei Betrieben aus Gedebey geführt. Die Stallgebäude, Anla- gen und ein Teil des Kleinviehs stammen aus dem Bestand der ehemaligen Kolchose „Rustam Aliyev“. Die Zusammenarbeit basiert auf verwandtschaftlichen Beziehungen. Alle Kosten (variable, Gemein- und Festkosten) und Leistungen werden zwischen den Be- trieben geteilt. Neben den erfassten Kooperationsbetrieben sind unter den untersuchten Betrieben, insbe- sondere unter Familienbetrieben mit Halbnomadensystem, einfache Formen der Tausch- gemeinschaft, wie Nachbarschaftshilfe und Futtermittelaustausch zu beobachten. Der Futtermittelaustausch von Heu, grob gemahlener Gerste und Weizen ist unter den Vieh- haltern weit verbreitet. Weiterhin ist in den Betrieben gegenseitige Hilfe basierend auf Nachbarschaft häufig bei folgenden Tätigkeiten zu beobachten:  beim Transport der erzeugten Milchprodukte von der Sommerweide zu ihren Woh- nungen,  beim Einkauf von Lebens- und Futtermitteln,  bei der Heugewinnung,  bei der Ernteeinbringung,  während der Wanderungen. Ein Austausch von Weiden (besonders Winterweide) zwischen den Betrieben kommt gelegentlich vor. Einige Betriebe, die Nachbarn oder Verwandte sind und deren Höfe in geringer Entfernung liegen, nutzen ihre Weide gegenseitig. Mit dem Austausch der Weide wollen die Hofbesitzer den Weidezustand verbessern, indem die Fläche gleichmäßiger genutzt wird. Zudem kann auch die Zusammenarbeit zwischen Herdenbesitzern und Hirten als Koopera- tion bezeichnet werden, die allerdings vom Zeitraum her eher kurzzeitig (1-3 Jahre) ist. Häufig endet diese Zusammenarbeit aufgrund menschlicher Konflikte schon nach einem Jahr, doch in manchen Betrieben ist auch eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Viehbesitzer und Hirten zu beobachten. In 44 von 110 Betrieben läuft eine Zusammenar- beit zwischen mindestens einem Hirten und dem Herdenbesitzer über mindestens 5 Jahre; darunter sind 30 % Familienbetriebe.

7.8 Finanzierung und Investition Auf Basis der Datenerhebung auf den Betrieben wurden unterschiedliche Finanzierungs- formen in den untersuchten Betrieben klassifiziert (Tab. 54). Die Eigenfinanzierung ist die wichtigste Finanzierungsmöglichkeit der Betriebe, die ihr Einkommen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Tierhaltung erzielen. Die Eigenfinanzierung erfolgt hierbei aus dem Gewinn, der im Betrieb erwirtschaftet und zurückbehalten wird, und damit von der Er- tragslage des Betriebes abhängig ist. Zweitens wird durch den Abbau von Tierbeständen oder den Verkauf von Grundstücken bzw. „(privatisierte Ackerfläche (pay torpaq) flüssi- ges Kapital generiert. Weitere Formen der Eigenfinanzierung außerhalb der Betriebe kommen aus dem Einkommen aus Renten oder einer nichtlandwirtschaftlichen Erwerbstä- tigkeit (privat geführte Geschäfte etc.). Insbesondere bei Lohnhirtenbetrieben erfolgte die Finanzierung von Investitionen durch Eigenfinanzierung von außerhalb des Betriebs, da

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viele Landwirte Einnahmen aus geschäftlicher Tätigkeit entweder in Aserbaidschan oder in Russland haben. Tabelle 54: Finanzierungformen der untersuchten Betriebe

Eigenfinanzierung Fremdfinanzierung Innerhalb des Betriebs nicht entnommene Gewinne, Abschrei------bung, Abbau von Tierbeständen etc. Außerhalb des Betriebs Einkommen aus Renten oder außer- Bankkredite und Privat- landwirtschaftlichen Tätigkeiten: pri- kredite, Leasing, Geldlei- vate Geschäftstätigkeit im Land oder im hen ihn Zins Ausland (v.a Russland, Türkei) Quelle: Eigene Ergebnisse strukturiert nach MUßHOFF & HIRSCHAUER (2011) Neben der Eigenfinanzierung ist die Aufnahme von Fremdkapital in den untersuchten Be- trieben nicht vermeidbar, weil viele keine ausreichende Eigenfinanzierungsquellen besit- zen. 77,5 % der befragten Viehhalter gaben die Antwort, dass die Finanzierung von Inves- titionen mit Eigenkapitel nicht möglich ist. Besonders alle kleinen Betriebe und etwa 77 % der mittleren Betriebe können keine Investition ohne Fremdkapital realisieren. Fremdkapi- tal ist für die Betriebe durch folgende Finanzierungsquellen erhältlich:  Bankkredite,  Privatkredite (Sələm),  Leasing,  Geldleihen ohne Zins von Freunden, Verwandten oder Nachbarn. Im Rahmen der Fremdfinanzierung kommt dem Geldleihen ohne Zins von Freunden, Ver- wandten oder Nachbarn die größte Bedeutung zu, weil sich der Zugang zu Banken im Land für die Betriebe sehr schwierig darstellt. Diese Art des Geldleihens beruht auf Tradi- tion, aber auch auf der Besonderheit des islamischen Zinsverbots. Betriebe, die dringend Fremdkapital benötigen und keine Geldleihe ohne Zins oder Bankkredite finden, besonders wenn ihre Tiere bei schlechter Witterung vor einer Futterkrise stehen, nehmen zwangswei- se Privatkredite mit sehr hohem Zinssätzen (>50 % pro Jahr) für sehr kurzfristige Zeiträu- me in Kauf. 4 % der Betriebe haben Investitionen mit Fremdkapital aus Privatkrediten und 6 % der Betriebe mit Geldleihen ohne Zins von Freunden und Verwandten durchgeführt. Die Fremdfinanzierung mit Bankkrediten ist neben dem hohem Zinsansatz aufgrund der Forderung nach Kreditsicherheiten von Seiten der Banken nicht für alle Betriebe zugäng- lich. Neben verstärkter Personalkreditsicherung (Kredite gegen Bürgschaften) fordern die Banken noch dingliche Sicherungen, z.B. Hypotheken auf feste Wohnhäuser, Geschäfte oder andere bauliche Anlagen, Grundstücke der Landwirte, etc. Außerdem verursacht die Bürokratie bei der Antragstellung und wegen der Dokumentationspflichten zusätzliche Kosten. Obwohl im Land die NFES AGRAR-CREDIT, NBCO für die Vergabe vergüns- tigter Kredite an Landwirte zuständig ist, hat im Jahre 2010 nur ein untersuchter Betrieb einen Kredit von dieser Bank erhalten (Tab. 55). Fast alle Betriebe versuchten vergeblich, Kredite von AGRAR-CREDIT und anderen Banken aufzunehmen. Im Rahmen der Befra- gungszeit konnte nur 6 (5 %) untersuchte Betriebe Kredite von unterschiedlichen Banken erhalten (Tab. 55).

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Tabelle 55: Aufnahme von Krediten der Betriebe in den Jahren (2009-2010)

Namen der Bank Ausgabe- Kreditart Zinssatz Laufzeit Filiale Kreditbetrag in /Jahr Agrar-Credit , 2000 AZN/ 2010 Mikrokredit für Landwirtschaft 7 %/Jahr 3 Jahre Gandja NBCO (NFES)

Bank Respublika 900 AZN/ 2010 Mikrokredit 2,5 %/Monat 6 Mona- Shamkir JSC te

Credagro 900 AZN/ 2010 Mikrokredit für den Landwirt- 24 %/Jahr 1 Jahr Shamkir (ACDI/VOCA) schaftsbereich FINCA Azerbaijan 800 AZN/ 2009 Mikrokredit für den Landwirt- 40,8 %/Jahr 1 Jahr Gedebey schaftsbereich (Individual Farmer) Turanbank OJSC 900 AZN/ 2009 Mikrokredit 18 %/Jahr 1 Jahr Gedebey

Viator Microcredit 1500 AZN/2010 Mikrokredit 3 %/Monat 12 Mo- Gandja Azerbaijan nate Quelle: Eigene Darstellung Die Betriebe haben Kredite als kurz- und mittelfristige Annuitätendarlehen gegen verstärk- te Kreditsicherung aufgenommen und diese für folgende betriebliche Zwecke verwendet:  Zusatzfuttereinkauf (2 Betriebe),  Kauf von Zuchtschafen (Böcke) (1 Betrieb),  Renovierung der Stalldächer (1 Betrieb),  Einkauf von Medikamenten für Tiere (1 Betrieb),  Kauf eines gebrauchten Geländewagens (1 Betrieb).

7.9 Verkehrslage und Marktbeziehungen Verkehrslage: Die äußere Verkehrslage der untersuchten Betriebe ist bestimmt durch die Entfernung von Winter- bzw. Sommerweide zu den unterschiedlichen Marktorten sowie die Entfernung zwischen Winterweide und Sommer-/Dorfweide. Die Entfernung von Win- ter- bzw. Sommerweide zu den unterschiedlichen Marktorten ist in der folgenden Tabel- le 56 dargestellt. Tabelle 56: Entfernung von Winterweide bzw. Sommerweide zu den Märkten Wohnort Marktort Gestaltungsform Größe Entfernung, km Winterweide Shamkir Rayonzentrum Tierbasar, Gemischtbasar groß 45-70 Cheyranchöl- Dorf St. Shamkir Gemischtbasar mittel 30-50 Steppe Tovuz Rayonzentrum Tierbasar, Gemischtbasar groß 50-100

Siedlung-Kür/Shamkir Gemischtbasar klein 15-30 Sommerweide Gedebey Rayonzentrum Tierbasar, Gemischtbasar groß 10-50 Quelle: Eigene Darstellung In den untersuchten Betrieben sind die Transportkosten neben der Lage zu den Marktorten von ihrer Größenklasse, Organisationsform und Weidewirtschaftsform abhängig. Da die Transportkosten landwirtschaftlicher Produkte und Betriebsmittel vom Betrieb zum Markt und umgekehrt zu Lasten des Viehhalters gehen, verändert eine wachsende Entfernung das für einen bestimmten Betrieb relevante Preis-Kostenverhältnis (ANDREAE 1972). Ist die Lage der Betriebe zu den Märkten näher, sind die Transportkosten der Betriebe niedriger.

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ČAJANOV (1930) weist darauf hin, dass die Transportkosten große Auswirkungen auf den Wirtschaftserfolg eines Betriebes haben. Die möglichen Transportkosten der untersuchten Betriebe entstehen aus folgenden Anlässen:  Lieferung von Brenn- und Schmierstoffen für landwirtschaftliche Maschinen  Lieferung von Brennholz,  Lieferung von Trink- und Brauchwasser für Mensch und Tier,  Lieferung von Lebensmitteln,  Lieferung von Futtermitteln (mehr als vier Fahrten pro Jahr),  Medikamentenversorgung der Tiere und im Notfall Transport des Tierarztes13,  Verkauf von Tieren und erzeugten Milchprodukte (pro Monat mehr als fünf Mal auf der Winterweide und drei Mal auf der Sommerweide),  Fahrten für die Überweisung der jährlichen Pacht und Wassergebühr (Bankgeschäf- te),  Transport der Tiere und Menschen bei der Wanderung (oft je Wanderung zwei Fahrten),  Fahrt des Personals zur ortsfesten Stelle für ärztliche Untersuchungen etc. Jeder Viehhalter versucht, die oben genannten Aufgaben selbst zu erledigen, wobei die Transportkosten sich für den einzelnen Betrieb als hoch darstellen. Bei einigen Betrieben, in denen der Betriebsleiter viel Erfahrung hat, versucht man die Fahrten durch verbesserte Organisation oder Zusammenarbeit mit Nachbarn zu reduzieren. Die schlechten Straßen, die veraltete technische Ausrüstung und die Bedingungen der Win- terweide, in den Bergdörfern und auf der Sommerweide führen dazu, dass Transport für die Betriebe extrem teuer ist und die innerbetriebliche Selbstversorgung mit Nahrungsmit- teln auf der Winter- und Sommerweide notwendig machen. Die schlechten Verkehrswege erschweren den Verkauf der erzeugten landwirtschaftlichen Milchprodukte und Zukäufe der notwendigen Futtermittel für Tiere. Besonders der zusätzliche Futterkauf in den Win- termonaten bei schlechtem Wetter verursacht den Viehhaltern doppelte Kosten und in ext- rem schlechten Jahren (extrem trockene, windige und kalte Jahre) sogar vielfach höhere Kosten. Die innere Verkehrslage einiger Groß- und mittleren Betriebe bezieht sich auf die Entfer- nung von einem Hof zum anderen. Die Strecke zwischen zwei Höfen eines Betriebes kann zwischen 2 und 5 km betragen. Auf Betrieben, die mehr als einen Winterweidehof oder ein Sommerweidenlager besitzen, müssen der Betriebsleiter oder andere Familienmitglieder täglich oder wöchentlich zu der jeweils anderen Betriebsort fahren, um das Personal zu kontrollieren. Außerdem müssen die Hirten und ihre Familienmitglieder mit notwendigen Lebensmitteln und mit Wasser versorgt werden. Vermarktung: Die Viehhalter haben die Möglichkeit, ihre erzeugten landwirtschaftlichen Produkte direkt oder indirekt zu verkaufen (Abb. 27). Unter der Direktvermarktung ist der Absatz landwirtschaftlicher Produkte direkt an den Endverbraucher zu verstehen, was ein Weg der Existenzsicherung für Erzeugerinnen und Erzeuger sein kann (BLOTENBERG &

13 Meist besitzen die Tierärzte kein Auto und für die Straße zur Winter- und Sommerweide benötigt man Geländewagen.

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SCHOLZ 2006). Die Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Produkte wird auf dem Markt, im Hof und an Straßen durchgeführt. Abbildung 27: Vermarktungswege für erzeugte Produkte der untersuchten Betriebe

Vermarktungswege

Direkt Indirekt

Basarverkauf Großhändler

Hofverkauf Zwischenhändler

Straßenverkauf Verarbeiter (Metzger, Nahrungsmittelindustrie)

Quelle: Eigene Darstellung In der Direktvermarktung am verbreitetsten ist in Aserbaidschan der Basarverkauf. Bazar ist Synonym für Markt. Hier werden Angebot und Nachfrage zusammengeführt, und für Waren Preise ausgehandelt. Die verkauften Tierprodukte der untersuchten Betriebe sind nach Preisen für das Jahr 2011 in der Tabelle 57 gelistet. Während der Sowjetzeit wurden in jedem Rayonzentrum und in den Städten Großmärkte eingerichtet, die Kolchos- und Sowchos-Basare genannt wurden; hier wurden teilweise die erzeugten landwirtschaftlichen Produkte der Kolchosen und Sowchosen und teilweise privat erzeugte Produkte in erlaub- ten Mengen von Dörflern direkt verkauft (STADELBAUER 1991, 1987). Der Basar in Aser- baidschan hat seine spezifische Charakterisierung hinsichtlich seiner Gestaltung, Lokalisie- rung und Funktion wie in anderen orientalischen Ländern. Die Basare unterscheiden sich nach Art des landwirtschaftlichen Produkts in Tierbasare und Gemischt-Basare. Aus Sicht der Betriebe ist die Vermarktung der Milchprodukte mit hohem Risiko verbunden, wobei mehr als 30 % der Milchprodukte nicht verkauft werden können. Es kann passieren, dass die Viehhalter keine geeignete Kunden im Basar finden, vom Händler nur sehr niedrige Preise erhalten oder in den heißen Sommermonaten die Milchprodukte schnell vergam- meln. Der schlimmste Fall ist für die Viehhalter, nicht verkaufen zu können, weil es die Viehhalter neben zusätzlichem Transportgeld und Basargebühren auch viel Zeit kostet.

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Tabelle 57: Tierproduktpreise im Bazar (2011) Produkte Einheit kg/Einheit AZN/ Einheit Lebendige Tiere Altes Schaf (5-7 Jahre) Stück 40-50 50-60 Weibliches Lamm (6-8 monatliche) Stück 30-35 80-110 Männliches Lamm (6-8 Monate) Stück 30-45 90-120 Bock Stück 45-50 120-150 Jungschaf Stück 35-40 70-140 Jungziege Stück 25-30 50-70 Altziege Stück 30-35 30-40 Altkuh (ab 8 Jahre) Stück 300-400 150-200 Weibliches Kalb (12- 16 Monate) Stück 150-200 250-350 Männliches Kalb (12-16 Monate) Stück 150-250 300-400 Kuh mit 6-8 Monate altem Kalb Stück -- 450-700 Bulle Stück 250-350 550-850 Färse Stück 250-300 500-700 Pferd Stück 400-500 250-300 Esel Stück 100-150 30-70 Fleisch (Schlachtgewicht) Kalbfleisch kg -- 5-6 Lammfleisch kg -- 7-8 Kopf und Füße (Baş ayaq) Stück -- 4-6

Milchprodukte Kuhmilch kg -- 0,25-0,5 Butter kg -- 4-6 Frischkäse (Təzə Maşın şoru) kg -- 0,8-1,5 Fassquark (Nehrə şoru) kg Motalquark (Motal şoru) kg -- 1,5-2,5 Hirtenschafkäse kg -- 4-6 Hirtenkuhkäse kg -- 2-3 Schaf und Ziegen Motalkäse kg -- 15-30 Gemischter Motalkäse kg -- 10-20 Wolle kg -- 0,5-2 Quelle: Eigene Erhebung Lebendige Tiere wie Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen werden von Bauern auf Tierbasa- ren verkauft. Tierbasare finden auf einer freien Fläche am Rand der Städte/Rayonzentren statt, beginnen früh morgens und dauern bis zum Nachmittag. Die untersuchten Betriebe verkaufen Tiere während der Wintermonate in Shamkir, Gandja, Tovuz und während der Sommermonate in Gedebey. In den Sommermonaten von Juni bis Ende September erfol- gen die Tierverkäufe meist im Tierbasar von Gedebey. Um einen Verkaufsplatz im Basar (Tier- oder Gemischtbasar) zu erhalten, müssen die Viehhalter Gebühren bezahlen, deren Höhe abhängig von der Art der verkauften Güter und landwirtschaftlichen Erzeugnisse und dem Platz im Basar selbst ist (Tab. 58).

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Tabelle 58: Basargebühren im Jahr (2011) Leistung Einheit AZN/Tag Verkaufsplatz 1m² 1-4 Verkaufsplatz mit Kleinwagen 1m²/Stück 2-5 Verkaufsplatz mit Lastwagen 1m²/Stück 4-7 Kleinvieh Stück 1-3 Großvieh Stück 2-5 Parken von Autos und LKWs Stück 0,20-1 Quelle: Eigene Darstellung Die Gemischtbasare sind im ländlichen Raum in großen Dörfern oder in Rayonzentren verbreitet und können als Dorfbasar (Kənd bazarı) oder Rayonbasar (Rayon bazari) be- zeichnet werden. Die erzeugten Milchprodukte und pflanzlichen Produkte von kleineren Betrieben werden in Dorfbasaren verkauft. Der Verkauf der landwirtschaftlichen Erzeug- nisse in größeren Mengen findet häufig auf Basaren der Großstädte statt. In gemischten Basaren sind neben pflanzlichen und tierischen Produkten auch Technik, Textilien etc. zu finden. Außerdem findet in Gemischtbasaren auch der Geflügelverkauf statt. Der Hofverkauf läuft während der Wintermonate direkt auf den Höfen und während der Sommermonate in den Dörfern, aber selten auf der Sommerweide. Beim Hofverkauf ist oft ein Tauschhandel zu beobachten. Die erzeugten tierischen Produkte werden gegen Le- bensmittel und Futtermittel getauscht. Es kommen Menschen von näheren Dörfern zu den Höfen, die Käse und lebendige Tiere (für Hochzeiten, Trauerfeiern, etc.) kaufen. Der Straßenverkauf ist unter Wanderschafhaltungsbetrieben sehr selten zu finden. Nur 5 % der kleinen Betriebe haben die Möglichkeit, ihre Produkte während der Sommermona- te an zentralen Straßen von Dörfern zu den Rayonzentren, von Rayonzentren zu den Städ- ten und innerhalb der Rayonzentren zu verkaufen. Solche Betriebe haben feste Wohnstel- len in der Nähe der Hauptstraßen und nutzen im Sommer die Dorfweide. Beim Straßenver- kauf sind neben Obst, Gemüse, Milchprodukten auch frisch geschlachtetes Lamm und Kalbfleisch zu kaufen. Die Wanderschafhaltungsbetriebe können ihre lebendigen Tiere und erzeugten Produkte auch über Großhändler, Zwischenhändler und Verarbeiter (Metzgerei, Nahrungsmittel- industrie etc.) verkaufen. Der Großhandel für Tierprodukte hat sich im Land zwar seit dem Übergang zur Marktwirtschaft entwickelt, ist aber nicht weit verbreitet. Der Verkauf an Großhändler direkt ab Hof ist für die untersuchten Betriebe der beste Verkaufsweg, weil vergleichsweise hohe Preise gezahlt werden und die Betriebe neben Zeit auch Transport- kosten sparen. Der Verkauf an Zwischenhändler ist nicht erwünscht, weil sie bedingt durch ihre eigene Handelsspanne meistens den relativ niedrigsten Preis anbieten. Der Verkauf von Lämmern an Metzgereien ist eine der beliebtesten Verkaufswege. Jedoch haben weni- ger als 10 % der Betriebe mündliche Absprachen mit Metzgereien für den Verkauf der Lämmer in bestimmter Anzahl. Im Allgemeinen wird kein Kaufvertrag beim Kauf und Verkauf der Tiere abgeschlossen.

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8 Gegenwärtige Wirtschaftlichkeit der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe

In diesem Kapitel wird in einem ersten Schritt die Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Ist-Situation anhand eines typischen Betriebs dargestellt. Die Auswahlmethode für den typischen Betrieb ist im Kapitel 3.4.2 erläutert. Im Weiteren werden die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnung (Betriebsanalyse) für die Ist-Situation aller untersuchten Betriebe (n=120) in ausgewählten Werten (Maximum, Minimum und Mittelwert) in den Abschnitten 8.2 bis 8.7 dargestellt. Zuletzt wird im Abschnitt 8.8 eine vergleichende Be- wertung der Betriebe nach kategorisierten Größenklassen, Organisationform und Fernwei- dewirtschaftsform vorgestellt. In der Wirtschaftlichkeitsberechnung werden die Hirtentiere nicht berücksichtigt. Daher wird keine Berechnung der Hirtentiere in die Gesamtdeckungsbeitragsrechnung (MAX) und in die Betriebsanalyse (BEP) mit einbezogen. Die entstehenden Kosten (Futtermittel, Stallnutzung, Weidenutzung etc.) für die Hirtentiere, die vom Hofbesitzer übernommen werden, sind als ein Teil der Gemeinkosten unter Festkosten für jeden Betrieb kalkuliert.

8.1 Einführung in den typischen Betrieb In diesem Abschnitt wird der typische Betrieb vorgestellt. Er repräsentiert die Betriebe, die als Halbnomaden-Familienbetriebe in der mittleren Größenklasse tätig sind. Der typische Betrieb wurde aus den 34 Betrieben des Betriebstyps ausgewählt, der unter den 15 defi- nierten Betriebstypen am häufigsten vorkommt (siehe Kapitel 3.4.2 und 7.3.3). Anhand des typischen Betriebs wird ein Überblick über spezifische Angaben zum Tierbestand und zu produktionstechnischen Daten dargestellt. Der Betrieb hat einen eigenen Tierbestand, umgerechnet in Großvieheinheiten, von 78,2 GVE (Tab. 59). Zusätzlich werden 200 Schafe (16 GVE) von Hirten mitgebracht, welche 17 % des Gesamttierbestands des Betriebs bilden und zusammen mit dem Tierbe- stand des Besitzers bewirtschaftet werden. Wie hoch der Anteil der Hirtentiere am Gesamt- tierbestand ist, ist stark von der Anzahl und Herkunft der Hirten abhängig. Meist besitzen die Hirten aus Bergdörfern mehr Tiere bzw. Schafe, als solche aus dem Tiefland. 75,3 % des eigenen Tierbestandes des Besitzers im typischen Betrieb besteht aus Schafen, 22,4 % aus Rindern und 2,3% aus Ziegen. Der Schafbestand wird aus 18 % Zutreter 5 % Böcken und 77 % Mutterschafen gebildet. Tabelle 59: Tierbestand des typischen Betriebs unter Berücksichtigung der Hirtentiere Anzahl der Tiere des Besitz in Großvieheinheiten Tierbestand Einheit GVE/Tierart Besitzers Hirten Besitzers Hirten Mutterkühe Stück 25 0,70 17,5 Mutterschafe Stück 600 200 0,08 48,0 16 Zutreter Stück 150 0,06 8,5 Böcke Stück 40 0,06 2,4 Ziegen Stück 30 0,06 1,8 Summe 78,2 16 Quelle: Eigene Darstellung

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Dem typischen Betrieb stehen 340 ha Winterweidefläche und 135 ha Sommerweidefläche als Pachtfläche für die Tierhaltung zur Verfügung. Weitere produktionstechnische Daten sind in der Tabelle 60 zusammengefasst. Das optimale Schlachtkörpergewicht eines über 6 Monate alten Lamms liegt zwischen 14 und 18 kg, eines über 6 Monate alten Zickleins bei 10-11 kg und eines Kalbs mit über 12 Monaten bei 80-85 kg. Die Ausschlachtung beträgt 48,3 % bei Schafen, 50 % bei Rindern und 43 % bei Ziegen. Nach Angaben der befragten Viehhalter erreicht ein Lamm in den Sommermonaten im Durchschnitt 100-180 Gramm tägliche Zunahmen. Tabelle 60: Produktionstechnische Daten des typischen Betriebs

Produktionstechnische Kennzahlen Einheit MS MK MZ

Winterweidefläche 340 ha Stück/ha 3,5 0,4 4,6 Sommerweidefläche 135 ha Stück/ha 8,7 1 11,7 Sommerweidedauer Monate 5 5 5 Winterweidedauer Monate 7 7 7 Winter-Aufstallung in Gruppenhaltung Monate 2-5 3-5 2-5 Fütterungszeit in Winter Monate 2-5 3-5 2-5 Sommer (150 Tage) AKh/Tier/Jahr 4,8 41,5 3,5 Arbeitsaufwand Winter (215 Tage) AKh/Tier/Jahr 4,5 51,5 3,2 Lebendgewicht kg 40 350 30 Nutzungsdauer Jahre 5 5 5 Anzahl der Laktationen Jahre 5 5 5 Bestandsergänzung % je Jahr 20 20 20 Tierverluste bei Muttertieren % je Jahr 10 6 6 Zwischenkalbe- und -ablammzeiten Tage 365 385 365 Anzahl geb. Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 1 0,95 1 Lämmer-, Kälber- und Zickleinverluste % 25 10 10 Anzahl aufgezogener Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 0,75 0,85 0,90 Ausschlachtungsanteil % 48,3 50 45 Alttiere Stück/Jahr 0,2 0,2 0,2 Mastendgewicht Männlich kg je Jahr/Tier 16 85 11 (Schlachtgewicht) Weiblich kg je Jahr/Tier 15 80 10 Milchleistung (ohne Eigenverbrauch) kg je Jahr/Tier 24 800 32 Wolle kg je Jahr/Tier 1,8 -- 1,2 Milchproduktion für Nachzucht* kg 20 200 20 Fett % 6,3 3,5 3,5 Milchinhaltstoffe Eiweiß % 4,5 3 3 MS= Mutterschaf, MK= Mutterkuh, MZ= Mutterziege *Lämmer, Zicklein und Kälber, Quelle: Eigene Darstellung Ausgehend von den produktionstechnischen Daten des typischen Betriebs wurden die er- brachte Leistung und die variable Kosten berechnet und deren Deckungsbeitrag (DB) er- stellt (Tab 61). Um einen Vergleich zwischen Mutterschafen, Mutterkühen und Ziegen zu ermöglichen, wurden die Marktleistung und variablen Kosten sowie der Deckungsbeitrag des typischen Betriebs sowohl je GVE als auch je Muttertier angegeben.

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Tabelle 61: Deckungsbeitragsrechnungen des typischen Betriebs Gesamt pro Marktleistung MS MK MZ Betrieb Anzahl 600 25 30 Einheit in AZN/Tier Milch 8.840 6,00 200,00 8,00 Lamm/Kalb/Zicklein 56.012 52,50 247,74 28,58 Alttier 4.293 4,83 49,00 2,84 Wolle 2.229 2,88 -- -- Dünger ------Marktleistung (esamt) 71.374 66,21 496,44 39,41 Marktleistung (je GVE) 913 827,63 709,20 656,83 Proportional variable Spezialkosten Bestandsergänzung Zuchttier (0,2Tiere/Jahr) 23.650 17,0 130,0 10 Je GVE 302,43 212,5 185,71 166,67 Futtermittel* Futtergerste 1.876 1,46 20,00 1,10 Futterweizen 1.876 1,46 20,00 1,10 Quadratischer Heuballen 1.414 0,58 67,20 0,44 Salz 422 0,25 2,23 0,19 Futtermittel gesamt 5.588 3,76 109,43 2,82 Je GVE 71,45 47 156,32 47 Variable Maschinenkosten Tier ( pauschal) 589 0,55 5,5 0,55 Je GVE 7,53 6,88 7,86 9,17 Sonstige proportionale variable Kosten Tierarzt, Medikamente 1.244 1,27 11,15 0,96 Energie, Wasser 641 0,66 5,73 0,49 Schurkosten 790 1,00 -- 1,00 Waschkosten für Schafe und Ziege 225 0,23 -- 0,18 Hundekosten 365 0,38 0,29 Sonstiges 865 1,02 8,92 0,76 Sonstige Kosten gesamt 4.130 4,56 25,80 3,39 Je GVE 52,8 57 36,86 56,5 Gesamt Variable Kosten 33.957 25,87 270,73 15,76 je GVE 434,21 323,38 386,76 279,33 Deckungsbeitrag 37.418 40,34 225,72 22,65 je GVE 478,79 504,25 322,44 377,33 *Preise: 20 AZN/dt für Weizen oder Gerste, 1,40 AZN/Heuballen, 10 AZN/dt für Salz Es wurde 95 dt. Weizen und 95 dt. Gerste, 1600 Stück Heuballen, 60 dt. Salz für alle Tiere von Besitzer und Hirten ver- wendet (im Jahr 2011). Quelle: Eigene Darstellung Die Tabelle 61 veranschaulicht die Berechnung des Deckungsbeitrags ohne Berücksichti- gung der Lohnarbeit. In der Tabelle 61 ist zu sehen, dass, umgerechnet in Großvieheinhei- ten, die Marktleistung und der Deckungsbeitrag je Mutterschaf höher ist als je Mutterkuh oder Mutterziege. Es werden je Mutterschaf im Vergleich zur Mutterkuh um 118,43 AZN und zur Ziege um 170,8 AZN höhere Erlöse erzielt. Aus Tabelle 61 ist zu entnehmen, dass 162

die Kraftfutterkosten je Mutterkuh (umgerechnet in GVE) im Vergleich zu denen je Mut- terschaf und Ziege sehr hoch sind. Als Grund wird vermutet, dass es an mangelnder Grundfuttermenge in der Steppe für Rinder fehlt, sodass für Mutterkühe mehr als die 3- fache Kraftfuttermenge in den Wintermonaten eingesetzt werden muss. Auch die gesamten variablen Kosten in GVE je Mutterkuh sind im Vergleich zu denen je Mutterschaf um 63,38 AZN und je Ziege um 107,43 AZN höher. Infolgedessen zeigt sich auch, dass der Deckungsbeitrag in GVE bei den Mutterschafen um 181,81 AZN und 100,09 AZN höher als bei den Mutterkühen und den Ziegen ist. Auf Basis der Deckungsbeitragsrechnung wurde weiterhin die Rentabilität für den typi- schen Betrieb analysiert und in der folgenden Tabelle 62 dargestellt. Wie oben beschrieben wurde, werden die Kosten für Hirtentiere, welche vom Hofbesitzer übernommen werden, als ein Teil der Gemeinkosten für den Betrieb einbezogen. Tabelle 62: Rentabilitätsanalyse des Typischen Betriebs Fest und Gemeinkosten des Betriebs Gesamt MS MK MZ Einheit in AZN Gebäude Abschreibung , Sonstige (Unterhalt, etc.) 2.920 3,15 26,18 2,25 Maschinen Abschreibung, Sonstige (Unterhalt., Versicherung, etc.) 494 0,53 4,43 0,38 Lohnunternehmer, Maschinenmiete 1.200 1,29 10,76 0,92 Maschinenunterhaltung, Reparaturen 500 0,54 4,48 0,38 Gemeinkosten Treib- und Schmierstoffe 800 0,86 7,17 0,62 Kosten für Hirtentiere* 1.780 1,92 15,96 1,37 Sonstige Festkosten 2.000 2,15 17,93 1,54 Summe der Festkosten (Sachkosten) 9.694 10,44 86,91 7,46

Betriebseinkommen, Gewinn Gesamt-DB 37.418 40,34 224,72 22,64 – Summer der Sachkosten 9.694 10,44 86,91 7,46 = Betriebseinkommen 27.724 29,90 138,81 15,18

– Löhne mit Nebenkosten** 3.660 3,91 32,85 2,82 – Pachtaufwand für Weidefläche 468 0,5 4,20 0,36 = Gewinn 23.596 25,42 101,76 12,01

Faktorkosten – Lohnansatz für nichtentlohnte Arbeitskräfte 4.050 4,36 36,35 3,12 – Zinsansatz für Eigenkapital 12.081 13,02 108,40 9,29 = Unternehmergewinn 7.465 8,04 -43,09 -0,40 Nettorentabilität 146 % 146 % 70 % 97 % *nicht in Deckungsbeitrag berücksichtigt **nicht bereits in Deckungsbeitrag abgezogen. Quelle: Eigene Berechnung, veränderter Ausschnitt aus BEP Für die Rentabilitätsanalyse wurden die Kennzahlen Gewinn, Unternehmergewinn und Nettorentabilität ausgewählt. In der Tabelle 62 ist zu sehen, dass sich im typischen Betrieb die Rentabilität der Mutterschafe besser darstellt als die der Mutterkühe und die der Zie- gen. Die Berechnung weist aus, dass die Kuhhaltung ihren Unternehmergewinn im negati- ven Bereich hat und die Nettorentabilität 70 % beträgt. Ausgehend von den Ergebnissen des typischen Betriebs ist zu betonen, dass die Rinderhaltung im Hinblick auf Wanderwei- dewirtschaft im Vergleich zur Schafhaltung nicht lukrativ ist. Die Wirtschaftlichkeit der

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Ziegenhaltung nach der Nettorentabilität liegt nur im akzeptablen, aber nicht optimalen Bereich.

8.2 Deckungsbeitragsrechnung der untersuchten Betriebe Wie schon in Kapitel 7 beschrieben wurde, haben die untersuchten Betriebe unterschiedli- che Betriebsstrukturen. Daher wurde für jeden Betrieb einzeln eine Vollkostenrechnung durchgeführt und die Ergebnisse in ihren Spannen dargestellt. Die Struktur der Betriebe ist anhand ausgewählter Merkmale in Tabelle 63 zusammengefasst. Die Organisationsform und die Betriebsgröße zeigen die größten einzelbetrieblichen Unterschiede. Tabelle 63: Überblick Betriebsstrukturen Betriebe Anteil Allgemeine Daten Einheit Max. Mittel Min. (n) % Ohne Hirtentiere GVE 288 77 13 120 100 Viehbestand Mit Hirtentieren GVE 314 91 13 110 91,7 Mutterschafe Stück 2500 643 125 120 100,0 Zutreter Stück 600 178 30 97 80,0 Böcke Stück 150 39 6 115 95,8 davon Mutterkühe Stück 150 24 3 87 72,5 Färsen Stück 30 10 2 19 15,8 Bullen Stück 10 4 1 8 6,7 Ziegen Stück 140 33 5 111 92,5 Dorf ha 86 40 30 38 31,7 Weidefläche Winter ha 1721 414 100 120 100,0 Sommer ha 1000 188 80 82 68,3 Gesamt AK 20 4,8 0,50 120 100,0 Arbeitskraft Familien AK 4,5 1,7 0,25 118 98,3 Fremd AK 15,5 3,4 0,25 113 94,2 Altbau 68 56,7 Zustand des Stalls teilerneuert 22 18,3 Neubau 30 25,0 Familienbetriebe 69 57,5 Lohnhirtenbetriebe 40 33,3 Organisationform Kooperationsbetrieb 9 7,5 Staatlicher Betrieb 2 1,7 Halbnomaden 70 58,3 Fernweidewirtschaftsform Transhumante 50 41,7

Quelle: Eigene Darstellung Um die Wirtschaftlichkeit aller Betriebe (n=120) in der Ist-Situation einzuschätzen wurde zuerst der einzelne Deckungsbeitrag (DB) jedes Tierverfahrens in den Betrieben analysiert. Die folgende Tabelle 64 zeigt die kalkulierten Deckungsbeiträge anhand ausgewählter Werte. Der durchschnittliche Gesamtdeckungsbeitrag je Betrieb beträgt 34.328 AZN und hat eine Spannbreite von 6.475 bis 135.168 AZN. Für die 120 analysierten Betriebe ergibt

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sich ein mittlerer DB von 34,9 AZN/Mutterschaf, 238,15 AZN/Mutterkuh, 25,43 AZN/Ziege. Tabelle 64: Deckungsbeitrag mit ausgewählten Werten in den Betrieben Betriebe Ergebnis in AZN Bezeichnung je (n) Min. Max. Mittel. Betrieb 120 6.475 135.168 34.328 Mutterkuh 87 178 402 238,15 Mutterschaf 120 24 44 34,90 Ziege 111 17 32 25,43 Großvieheinheit 120 328 764 458,52 Quelle: Eigene Darstellung Der Gesamtdeckungsbeitrag je Betrieb diente zur Einteilung der Betriebe in drei Gruppen:  unter 25.000 AZN  zwischen 25.001-50.000 AZN  über 50.000 AZN. Die Hälfte der Betriebe erwirtschaftet pro Jahr einen Gesamtdeckungsbeitrag zwischen 25.001-50.000 AZN, 35,8 % (43) der Betriebe unter 25.000 AZN und 14,2 % (17) über 50.000 AZN.

8.2.1 Analyse der Marktleistung Nach ihren erzielten Erlösen/Marktleistungen sind die Betriebe in 3 Gruppen unterteilt worden:  unter 50.000 AZN,  zwischen 50.001-100.000 AZN,  über 100.000 AZN. 41,2 % (n=50) der Betriebe erzielen Marktleistungen unter 50.000 AZN, 48,3 % (n=55) zwischen 50.001-100.000 AZN und 12,5 % (n=15) der Betriebe über 100.000 AZN. Die Erlöse aus der Schafhaltung entstehen aus dem Fleisch- (Alttier und Lamm), Milch- und Wollverkauf. Die Ziegenwolle erbringt keinen Beitrag zu den Erlösen, weil sie nicht marktfähig ist und nur ganz selten für den eigenen Bedarf verwendet wird. Die Erlöse der Rinderhaltung stammen aus dem Verkauf von Milchprodukten, aufgezogenen Kälbern und Alttieren. Da die landwirtschaftlichen Betriebe im Tierbereich in Aserbaidschan keine di- rekten Subventionen und Prämien erhalten, sind auch keine Förderungen und Muttertier- prämien in die Berechnung der Markleistung einbezogen. Organische Dünger und Tierfelle wurden ebenfalls in dieser Arbeit nicht als ein Teil der Erlöse bewertet, da die Produkte nicht marktfähig sind und Substitutionswerte nur sehr aufwändig zu ermitteln wären. Der monetäre Wert wird als gering eingeschätzt. Fleisch ist eines der wichtigsten Produkte in allen Betrieben. Die Struktur der Marktleis- tung der Betriebe ist im Durchschnittwert mit prozentualen Anteilen ist wie folgt:  63 % Fleisch  34 % Milch  3 % Wolle

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Im Gegensatz zu Halbnomaden erwirtschaften die Transhumanz-Betriebe ihre Erlöse fast ausschließlich aus dem Verkauf von Lämmern und Kälbern. Im Mittel der Betriebe wird eine Marktleistung in Höhe von 69,47 AZN pro Mutterschaf, 631,85 AZN je Mutterkuh und 52,12 AZN je Mutterziege und 868,4 AZN pro GVE erzielt. Die Schwankungsbreite der Marktleistung reicht von 41,32 bis 92,96 AZN je Mutterschaf, von 476,03 bis 813,39 AZN je Mutterkuh und 30,99 bis 69,72 AZN je Mutterzeige (Tab. 65). In der Schafhaltung entfallen im Durchschnitt Erlöse von 57,57 AZN (83 %) auf Fleisch, davon entstehen etwa 51 AZN aus dem Verkauf von Lämmern, 9 AZN (13 %) aus Milch und 2,9 AZN (4 %) aus Wolle. Tabelle 65: Erlöse aus der Tierhaltung in den Betrieben Ergebnis in AZN (je Einheit) Einheit Betriebe (n) Min. Max. Mittel Betrieb 120 9.786 248.314 60.272 Mutterkuh 87 476,03 813,39 631,85 Mutterschaf 120 41,32 92,96 69,47 Ziege 111 30,99 69,72 52,12 Großvieheinheit 120 516,5 1162,0 868,4 Quelle: Eigene Darstellung Die Anzahl der geborenen Lämmer und die Quote der Lämmerverluste haben einen bedeu- tenden Einfluss auf die Marktleistung der Schaf- und Ziegenhaltung. Daher ist die Anzahl der verkauften Lämmer ein wesentliches Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg der Lammfleischproduktion. Die Anzahl der verkauften Lämmer hängt von vielen Faktoren ab, wie Rasse, Fütterung, Tiergesundheit, Haltungsbedingungen, Genetik, Management, Qua- lität der Weidefläche etc. Im Durchschnitt liegt die Anzahl der verkauften Lämmer pro 100 Mutterschafe bei 72 Stück. Nach den erzielten Erlösen aus dem Lammverkauf wurden die Betriebe in 4 Gruppen unterteilt (Abb. 28). In der Abbildung ist zu erkennen, dass 52,5 % der Betriebe zwischen 51-55 AZN und 2 % über 56 AZN als Erlös je verkauftes Lamm erzielen, wobei beide Gruppen über durchschnittlichem Erlös von 51 AZN/Lamm liegen. Abbildung 28: Gruppierung der Betriebe nach Erlösen aus Lammverkäufen

70 63 60

50 40 40

30

20 Anzahl der Betriebe 12 10 5

0 40- 45 46-50 51-55 >=56 Erlös je verkauftes Lamm in AZN

Quelle: Eigene Darstellung

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Der Preis für verkaufte Tiere wird oft von der Nachfrage bestimmt, sodass in manchen Jahreszeiten der Fleischpreis höher ist als in anderen. Da der Preis in Aserbaidschan in einem Jahr mehrmaligen Schwankungen unterliegt, wurde in der Kalkulation der durch- schnittliche Preis von 2009-2011 verwendet. Die Erlöse aus Schaf- und Ziegenhaltung kommen zu 70-80 % aus dem Lamm-, 10-20 % aus dem Käse-, 8-15 % aus dem Alttier- und 3-7 % aus dem Wollverkauf. Im Vergleich zu Schaf- und Ziegenhaltung werden in der Rinderhaltung die Erlöse zu 50-60 % durch den Fleischverkauf und 40-50 % durch den Verkauf von Milchprodukten, insbesondere Käse erzielt.

8.2.2 Analyse der variablen Kosten Um eine detaillierte Übersicht über die variablen Kosten zu geben, wurden die gesamten variablen Kosten auf unterschiedliche Bezugsgrößen bezogen (Tab. 66). Die gesamten variablen Kosten haben einen Anteil von 52% an den Gesamtkosten (inklusive Fest- und Faktorkosten). Sie schwanken von 4.275 bis 108.943 AZN und liegen im Mittel bei 27.815 AZN je Betrieb. Die variablen Kosten liegen zwischen 21,5 und 43,4 AZN pro Mutterschaf und 187,8 und 337,9 AZN pro Mutterkuh. Im Mittel der untersuchten Betriebe belaufen sich die variablen Kosten je Mutterschaf auf 29,2 AZN, je Mutterkuh auf 252,2 AZN und je Ziege auf 21,9 AZN. Tabelle 66: Ausgewählte Werte der gesamten variablen Kosten in den Betrieben Ergebnis in AZN Bezeichnung Betriebe (n) Min. Max. Mittel. Betrieb 120 4.275 108.943 27.815 Mutterkuh 87 187,8 337,9 252,5 Mutterschaf 120 21,5 43,4 29,2 Ziege 111 16,1 27,8 21,9 Großvieheinheit 120 268,2 542,7 365,2 Quelle: Eigene Darstellung Die variablen Kosten für die Erzeugung der Tierprodukte wurden von der Autorin je die Tierart (siehe Kapitel 3.4.4) wie bereits im Methodenteil beschrieben zugeordnet und nach den Kostenarten wie folgt zusammengestellt:  Bestandsergänzung (auch bei Verwendung der eigenen Nachzucht),  Futtermittel,  Tierarzt und Medikamente,  Wasser und Energie,  Variable Maschinenkosten,  und sonstige Kosten. Entsprechend der Zuordnung nach ausgewählten Kostenarten entfallen 63 % der gesamten variablen Kosten auf Bestandsergänzung, 20 % auf Futtermittelkosten, 4 % auf Tierarzt und Medikamente, 3 % auf Wasser und Energie, 2 % auf variable Maschinenkosten und 8 % auf sonstige Kosten. Aus der Bewertung ist zu entnehmen, dass erst die Bestandser- gänzungskosten, und danach die Futtermittelkosten enormes Gewicht haben. Die einzelnen Kostenarten je Muttertier und GVE wurden detailliert analysiert und in Tabelle 67 zusam- mengefasst.

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Tabelle 67: Einzelne Kostenarten je Muttertier in den Betrieben Ergebnis in AZN Kostenart Betriebe (n) Min. Max. Mittel. Bestandsergänzungskosten Mutterschaf 87 100 232 154,85 Mutterkuh 120 10 33 18,36 Mutterziege 111 9 20 13,84 Großvieheinheit 120 125 418 229,58 Futtermittelkosten Mutterschaf 87 18 87 54,15 Mutterkuh 120 2 10 5,65 Mutterziege 111 2 7 4,25 Großvieheinheit 120 26 124 70,67 Tierarzt und Medikamente Mutterschaf 87 4,5 18,0 9,94 Mutterkuh 120 0,5 2,5 1,17 Mutterziege 111 0,4 1,9 0,85 Großvieheinheit 120 6 32 14,61 Energie und Wasser Mutterschaf 87 2,0 19,2 6,77 Mutterkuh 120 0,2 3,6 0,86 Mutterziege 111 0,2 2,7 0,63 Großvieheinheit 120 2,8 44,7 10,74 Variable Maschinenkosten Mutterschaf 87 3,9 22,4 5,42 Mutterkuh 120 0,4 2,6 0,62 Mutterziege 111 0,3 1,9 0,45 Großvieheinheit 120 5,5 32,0 7,67 Sonstige Kosten Mutterschaf 87 13,1 32,7 21,33 Mutterkuh 120 1,5 3,8 2,56 Mutterziege 111 1,1 2,8 1,89 Großvieheinheit 120 18,7 47,2 31,95 Quelle: Eigene Darstellung Bestandsergänzungskosten: Die gesamten Bestandsergänzungskosten schwanken von 1.890 bis 68.320 AZN und liegen im Mittel bei 17.540 AZN je Betrieb. Die Bestands- ergänzungskosten je Mutterschaf belaufen sich auf 10 bis 33 AZN, im Mittel 18,36 AZN. Die Bestandsergänzungskosten je Mutterkuh und Ziege sind der folgenden Tabelle 67 zu entnehmen. Bei eigener Bestandsergänzung sind die variablen Kosten für Lämmer ab 35 kg, für Kälber ab 170 kg und für Zicklein ab 22 kg Lebendgewicht berücksichtigt. Die Remontierungsrate in allen Betrieben liegt bei 20 % der Muttertiere. Zu den Futtermittelkosten gehören die Kosten für Weizen, Gerste, Heu und Salz. Die Höhe der Futtermittelkosten in den Betrieben ist unterschiedlich und hängt von der Futter- qualität und der Kapazität der gepachteten Winterweiden ab. Durch die Beweidung (Som- mer- und Winterweide) stellen sich die Betriebe mit Wanderweidewirtschaftssystem als ökonomisch vorzügliche Variante dar. Nach Angaben der Viehhalter wird der Futtermit- telbedarf der Tiere bis zu 80 % bei Schafen und Ziegen und zu 40 bis 60 % bei Rindern von den Winterweideflächen und 100 % bei allen Tierarten von den Sommerweideflächen gedeckt. Die Futtermittelkosten liegen zwischen 18 und 87 AZN je Mutterkuh und von 2 bis 10 AZN je Mutterschaf, im Mittel bei 5,65 AZN je Mutterschaf und 54,15 AZN je 168

Mutterkuh. Als Kostenart haben die Futtermittel einen Anteil von 10 bis 26 % an den vari- ablen Kosten. Da auf der Winterweide für Rinder nicht genügend natürliches Futter vor- handen ist, wird für die Rinderhaltung im Vergleich zur Schafhaltung die 3-4-fache Menge an zusätzlichem Futtermittel benötigt. Die Transportkosten für Futtermittel, den variablen Gemeinkosten zugeordnet, wurden in der Betriebsanalyse vom Gesamtdeckungsbeitrag abgezogen. In der vorliegenden Arbeit wurden für die Futtermittelkosten normale Jahres- bedingungen angenommen. Die Kosten für Tierarzt und Medikamente haben einen Anteil von 3 bis 7 % an den va- riablen Kosten. Diese Kosten haben eine absolute Schwankungsbreite von 304 bis 3.562 AZN je Betrieb und liegen im Mittel bei 1.045 AZN. Die Höhe der Kosten für Tier- arzt und Medikamente hängt von vielen Faktoren ab. So hat der Zustand des Stalls große Auswirkungen auf die Tiergesundheit. In den Betrieben, die alte Stallgebäude besitzen, sind die Kosten für Tierarzt und Medikamente im Vergleich zu Neubauställen durch- schnittlich bis zu 8,4 % und zu teilerneuerten Ställen bis zu 5 % höher. Wasser- und Energiekosten: Der Anteil der Kosten für Energie/Brennstoffe und Was- sernutzung an den variablen Kosten variiert von 2 bis 5 %. In Betrieben, die nicht an das Stromnetz angebunden sind und einen Generator nutzen, sind die Kosten für Brennstoffe bis zu 7,3 % höher. Die Höhe der Wasserkosten hängt von der Entfernung der Betriebe zu Wasserquellen auf der Winterweide ab. Im Mittel entfallen 714 AZN je Betrieb auf die Kosten für Energie und Wasser und die Spannbreite reicht von 235 bis 3.563 AZN, wobei der jeweilige betriebliche Wert auch von der Herdengröße abhängt. Die durchschnittlichen Kosten für Energie und Wasser belaufen sich je Mutterkuh auf 19,2 AZN, je Mutterschaf auf 3,6 AZN und je Mutterziege auf 2,7 AZN. Variable Maschinenkosten: Durch die Weidehaltung entstehen nur geringe Maschinen- kosten, die 2-3 % der variablen Kosten ausmachen. Die Transportkosten der Futtermittel und des Wassers sind in dieser Arbeit nicht als variable Maschinenkosten angerechnet. Zu den variablen Maschinenkosten gehören die Transportkosten, die während der Wande- rungszeit und beim Verkauf der Tiere entstehen. Die variablen Maschinenkosten sind aus Tabelle 67 je Muttertier zu entnehmen. Sonstigen Kosten sind die Kosten für Hundehaltung, Wasch- und Schurkosten und unbe- rücksichtigte Kosten (Geräte, Material etc.) zugeordnet. Die gesamten sonstigen variablen Kosten bilden je Betrieb einen Anteil von 5 bis 8 % an den gesamten variablen Kosten. Die sonstigen variablen Kosten je Betrieb betragen monetär im Schnitt 21,33 AZN je Mutter- kuh, 2,56 AZN je Mutterschaf und 1,89 AZN je Mutterziege (Tab. 67). Die Hundekosten entstehen vor allem aus deren Fütterung. Die Hunde werden 2-mal täglich mit grob gemah- lenem, gekochtem Weizen (Yal) gefüttert. Ein Hund braucht abhängig vom Leistungs- und Erhaltungsbedarf täglich 300 bis 500 g Weizenmehl und 5 g Kochsalz. Neben Yal bekom- men die Hunde tierische Abfallprodukte (Schlachtabfälle, Pansen, Leber, Fett, Knochen, Molke etc.) wenn ein Tier geschlachtet oder von Wolf attackiert wurde. Die Hundekosten je Mutterschaf und Ziege betragen im Mittel 0,32 AZN und variieren sich von 0,25 bis 0,45 AZN, abhängig von der Anzahl der Hunde im Betrieb. Die Waschkosten entstehen, da Schafe und Ziegen 1-2 Mal im Jahr gewaschen werden. Bei der Wanderung waschen die Hirten die Schafe und Ziegen im Dorf Galakend/Gedebey in einer großen Badewanne. Für das Waschen einer Herde (bis 350 Schafe) nutzen die Viehhalter als Waschmittel 5 Liter Creolin mit etwas Hexachlor; dies kostet etwa 80-100 AZN. Das Baden der Schafe hilft

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bei der Verminderung von Parasiten. Die Waschkosten belaufen sich auf 0,18 AZN je Mutterschaf und Mutterziege, die Spannbreite liegt zwischen 0,15 und 0,35 AZN je Mut- terschaf und Mutterziege. Neben Waschkosten gehören in der Schaf- und Ziegenhaltung zu den sonstigen Kosten die Schurkosten. Obwohl die Wolle von Ziegen nicht marktfähig ist, entfällt im Jahr 1 AZN auf die Schurkosten je Ziege oder Schaf. Wie beim Deckungsbeitrag und der Marktleistung wurden auch hier die Betriebe nach den gesamten variablen Kosten in 3 Gruppen eingeteilt (Abb. 29). Für die Hälfte der Betriebe fallen jährlich 20.000 bis 40.000 AZN als variable Kosten an. 33,3 % der Betriebe haben unter 20.000 AZN und 15,8 % über 40.000 AZN als variable Kosten. Abbildung 29: Gruppierung der Betriebe nach den gesamten variablen Kosten 70 n= 61 60

50 n= 40 40

30 n= 19 20 Anzahl der Betriebe 10

0 <20000 20000-40000 >40000 Gesamt variable Kosten in AZN

Quelle: Eigene Darstellung

8.3 Festkosten Die Festkosten in den Betrieben haben ebenfalls Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Die Arten der Festkosten wurden bereits in Methodenteil erwähnt (siehe Ka- pitel 3.4.4). Im Mittel der Betriebe nehmen die Sachkosten einen Anteil von 57,6 %, Lohnkosten 30,1 % und Pachtkosten 3,3 % an den Festkosten ein. Die Sachkosten in den Betrieben sind wie folgt geordnet:  Abschreibung für Gebäude und sonstige Kosten,  Abschreibung für Maschine und sonstige Kosten,  Gemeinkosten,  Sonstige Sachkosten. Der Anteil der Sachkosten an den Gesamtkosten inklusive Faktorkosten (Lohnansatz + Zinsansatz) variiert von 9 bis 24 % in den Betrieben abhängig von der Ausstattung mit Maschinen und Gebäuden sowie von der Anzahl der mitgebrachten Hirtentiere. Im Mittel der Betriebe betragen die Sachkosten 8.919,52 AZN, und machen damit 13 % der Gesamt- kosten aus. Die berechneten Sachkosten wurden in Tabelle 68 zusammengefasst. Um die Abschreibungskosten für Anlagen (Gebäude und Maschinen) zu berechnen, wurden die relevanten Daten auf den Betrieben erfasst. Die Nutzungsdauer ist bei Maschinen, abhän-

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gig vom Typ, 5 bis 15 Jahre und bei Gebäuden bis zu 30 Jahre. Viele Betriebe nutzen Alt- stallgebäude, die während der Sowjetzeit in den 50er und 60er Jahre gebaut wurden. Als Obergrenze der Nutzungsdauer wurden 50 Jahre bei Gebäuden und maximal 25 Jahre bei Maschinen (Traktor, Lastkraftwagen und Wasserlastkraftwagen und Geländewagen) fest- gesetzt. Für die abgeschriebenen Stallgebäude und Maschinen wurden 4 % des Buchwerts als jährliche Festkosten den sonstigen Gebäude- und Maschinenkosten zugeordnet. Die Kosten für Gebäude bestehen aus Abschreibung, Unterhalt und sonstigen Kosten. Die Ab- schreibung für Gebäude wurde für 65 Betriebe berechnet. Im Mittel der Betriebe liegt die Abschreibung für Gebäude bei 1.889,74 AZN und sonstige Kosten bei 1.402,52 AZN pro Jahr. Tabelle 68: Sachkosten in den Betrieben Betriebe (n) Min. Max. Mittel Kostenarten Ergebnis in AZN Abschreibung für Gebäude 65 333 4833 1889,74 Gebäude, sonstiges 120 50 5200 1402,52 Abschreibung für Maschinen 60 60 2200 502,27 Maschinen, sonstiges 111 12 2672 554,92 Gemeinkosten 120 153 8400 1917,60 Darunter 109 91 5091 1162,18 Speziale Sachkosten (Hirtentierkosten)e Sonstige Sachkosten 120 199 9947 1490,29 Gesamt Sachkosten 120 898 38343 8919,52 Quelle: Eigene Darstellung Die Höhe der Maschinenkosten in den Betrieben ist vom Typ der vorhandenen Maschinen und Geräte abhängig, die in 111 von 120 Betrieben vorkommen. Viele Maschinen sind über 30 Jahre alt und verursachen hohen Kosten für Reparatur, Schmier- und Treibstoffe. Der Abschreibung liegt im Mittel bei 502,27 AZN je Betrieb. Die Gemeinkosten der Betriebe bestehen aus Kosten für Maschinenmiete, Lohnunterneh- mer, Treib- und Schmierstoffe und Kosten für Hirtentiere. Im Mittel der Betriebe liegt die Höhe der speziellen Sachkosten bei 1.917,60 AZN, die 21,5 % der Gesamtsachkosten um- fassen. Es fallen in 109 Betrieben Kosten für Hirtentiere an. Die Schwankungsbreite der Hirtentierkosten liegt bei 91 bis 5.091 AZN bei einem Durchschnittswert von 1.162,2 AZN je Betrieb. Im Durchschnitt nehmen die Hirtentierkosten einen Anteil von 12 % an den gesamten Sachkosten ein. Diese variieren wiederum von 1 bis 38 % der Gesamtkosten ab- hängig von Betriebsformen und Betriebsgröße. Der Anteil der sonstigen Sachkosten be- trägt 16,7 % an den Gesamtkosten im Durchschnitt. Lohnkosten- In 107 von 120 untersuchten Betrieben werden Fremdlöhne gezahlt. Nach Angaben der Viehhalter wird ein Hirte mit einer vollen Arbeitskraft ohne eigene mitge- brachte Tiere oder mit nur wenigen Tieren bis 10 Schafe mit 1 bis 3 AZN je Stunde oder über 200 AZN/Monat entlohnt. Ein Hirte mit eigenen Tieren und mit einer vollen AK er- hält vom Besitzer als Gehalt im Durchschnitt 0,70 AZN je AKh oder 137,6 AZN pro Mo- nat, und zusätzlich werden vom Besitzer die Kosten für 30 bis 70 eigene mitgebrachte Mutterschafe übernommen. In mehr als der Hälfte der Betriebe werden Hirten mit 100 bis 200 AZN entlohnt.

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Der prozentuale Anteil der Löhne der Hirten an den Gesamtkosten ist abhängig von der Betriebsform, Herdengröße und der Anzahl der mitgebrachten Hirtentiere. Daher variiert der Anteil der Lohnkosten an den Gesamtkosten von 7 bis 16 %. Im Durchschnitt hat ein Betrieb von 6.068 AZN Lohnkosten, welche einen Anteil von 8 % an den Gesamtkosten ausmachen. Auch die Lohnkosten je Muttertier sind sehr unterschiedlich, je nach Größe des Tierbestands. Als Lohnkosten entfallen im Mittel 5,7 AZN auf ein Mutterschaf, 48,0 AZN auf eine Mutterkuh und 4,1 AZN auf eine Mutterziege (Tab. 69). Tabelle 69: Lohnkosten in den Betrieben, in AZN Bezeichnung je Betriebe (n) Min. Max. Mittel Betrieb 107 600 46.600 6.068,08 Mutterschaf 107 1 17 5,7 Mutterkuh 80 12 147 48,0 Mutterziege 99 1 13 4,1 Quelle: Eigene Darstellung Pachtkosten- Allgemeine Informationen zu Pachtpreisen für Weideflächen wurden bereits im Kapitel 7.4.2 gegeben. Hier werden die tatsächlichen Kosten für die gepachteten Flä- chen dargestellt. Die Pachtgebühren für Weideflächen sind einzelbetrieblich mit einem Anteil von 1 bis 7 % an den Gesamtkosten sehr gering und abhängig von der Betriebsgrö- ßenklasse und den Weidearten. Als Pachtkosten fallen 510,8 AZN/Jahr im Mittel der Be- triebe an und die Schwankungsbreite reicht von 119 bis 2.008 AZN. Je Muttertier entste- hen als Pachtkosten im Durchschnitt 0,6 AZN je Mutterschaf, 5,3 AZN je Mutterkuh und 0,5 AZN je Ziege (Tab. 70). Die höchsten Pachtkosten je Mutterschaf liegen bei 2,3 AZN. Bei den Betrieben, die in den Sommermonaten als Weidefläche die Dorfweide nutzen, lie- gen die Pachtkosten je Muttertier über dem Durchschnitt. Tabelle 70: Pachtkosten in den Betrieben (in AZN) Bezeichnung je Betriebe (n) Min. Max. Mittel

Betrieb 120 119 2008 510,83 Mutterschaf 120 0,30 2,30 0,60 Mutterkuh 87 2,40 14,7 4,82 Mutterziege 111 0,20 1,30 0,45 Quelle: Eigene Darstellung

8.4 Faktorkosten (Opportunitätskosten) Für die wirtschaftliche Beurteilung der betrieblichen Situation ist die Kalkulation des Ein- satzes der nicht entlohnten Arbeitskräfte (Familien-AK), des Eigenkapitals und der eigenen Fläche wichtig. Die kalkulatorischen Kosten wurden für die Nutzung der eigenen einge- setzten Faktoren angesetzt, die vom Gewinn der Betriebe entlohnt werden müssen. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich der Lohn- und Zinsansatz als Faktorkosten bei der wirtschaftlichen Analyse der Betriebe beachtet. Es wird jedoch kein Pachtansatz als Faktorkosten berechnet, weil die Weideflächen nicht (weiter) verpachtet werden dürfen. In der vorliegenden Arbeit beträgt der Anteil des Lohnansatzes an den Gesamtkosten 7 % im Mittel der Betriebe. Bei der Erstellung des kalkulatorischen Lohnansatzes für die Be- triebe wurde zwischen Familienarbeitskräften für die Betriebsleitung und Arbeitskräften für weitere Tätigkeiten unterschieden. Da die Höhe der gezahlten Löhne für vergleichbare 172

Tätigkeiten im Agrarbereich des Landes nicht bekannt ist, sondern nur ein durchschnittli- ches jährliches Gehalt für die Landwirtschaft im Landesebene zur Verfügung steht, wird der Lohnansatz in dieser Arbeit anhand von empirischen Daten der Lohnkosten der Betrie- be berechnet. Die Höhe des kalkulatorischen Lohnansatzes orientiert sich an den Kosten, die in den Betrieben für Fremd-AK mit entsprechender Qualifikation entstanden sind. Im Durchschnitt wurden für einen Betriebsleiter je Stunde 1,15 AZN und für weitere ständige und nichtständige Familien-AK ein Wert von 0,70 AZN angesetzt. Alle Betriebsleiter in den untersuchten Betrieben sind männliche Arbeitskräfte. Als jährliche Arbeitsleistung einer Familien-AK sind in vorliegender Arbeit gegenwärtig etwa 2.700 AKh unterstellt. In Mittel der Betriebe wurden die Familien-AK je Betrieb mit 4.447,2 AZN als Lohnansatz bewertet. Die Ergebnisse des kalkulatorischen Lohnansatzes in den Betrieben wurden in ausgewählten Werten je Betrieb und je Muttertier in der folgenden Tabelle 71 zusammen- gefasst. Tabelle 71: Lohnansatz bei verschiedenen Bezugsebenen (in AZN)

Kostenart Betriebe (n) Min. Max. Mittel Betrieb 118 650 12.150 4.447,2 Mutterschaf 118 1 25 5,6 Lohnansatz je Mutterkuh 87 13 168 49,7 Mutterziege 111 1 19 4,1 Quelle: Eigene Darstellung Für die Nutzungskosten für das eingesetzte Eigenkapital wurde im Durchschnitt ein Zinsansatz von 10 % verwendet, der bei einer alternativen Verwendung des Kapitals erzielt werden könnte. Der Zinsansatz nimmt im Durchschnitt einen Anteil von 18 % an den Ge- samtkosten ein. Die Kosten für eigenes Kapital und Zinsansatz sind je Betrieb und je Mut- tertier der Tabelle 72 zu entnehmen.

Tabelle 72: Zinsansatz in den Betrieben (in AZN)

Kostenart Betriebe (n) Min. Max. Mittel Betrieb 120 1.600 49.019 12.061,61 Mutterschaf 120 9,7 18,4 13,00 Zinsansatz je Mutterkuh 87 85,1 152,4 114,81 Mutterziege 111 7,3 13,8 9,72 Quelle: Eigene Darstellung

8.5 Rentabilitätsanalyse In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse aller Betriebe (n=120) dargestellt. Es wird hier aufgezeigt, welche Muttertierverfahren für die Betriebe geeignet sind und in welchen Bereichen eines Betriebs eine angemessene Faktorentlohnung erzielt werden kann. Zur Einschätzung der Rentabilität werden verschiedene Kennzahlen sowie die Kosten für betriebseigene Faktoren (Faktorkosten) ermittelt und deren Ergebnisse prä- sentiert. Um eine allgemeine Aussage über die Rentabilität der untersuchten Betriebe treffen zu können, wurde zunächst aus der Differenz von Leistungen und Kosten das Betriebsein- kommen, der Gewinn, der Unternehmergewinn sowie die Nettorentabilität und die Fakto-

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rentlohnung ermittelt. Deren Ergebnisse pro Betrieb sind in der Abbildung 30 und in der Tabelle 73 pro Muttertier zusammengefasst. Die Abgrenzung der Begriffe wurde im Me- thodenteil, Abschnitt 3.4.4 ausführlich dargestellt. Im Mittel der Betriebe wird ein Betriebseinkommen von 25.372,5 AZN erzielt. Das Maxi- mum liegt etwa 4-mal so hoch wie der Mittelwert. 39 % der Betriebe erzielen ein Betriebs- einkommen unter dem Durchschnitt. Nach Tabelle 73 beträgt das durchschnittliche Be- triebseinkommen 26,2 AZN je Mutterschaf und 230,4 AZN/Kuh und 19,6 AZN/Ziege. Im Durchschnitt erzielt ein Betrieb einen Unternehmergewinn von 3.017,41 AZN und sei- ne Spannbreite reicht von -4.452 bis 28.992 AZN (Abb. 33). Der Unternehmergewinn liegt in 83 Betrieben im positiven Bereich. 37 Betriebe erwirtschaften einen negativen Unter- nehmergewinn, auch wenn der der Gewinn im positiven Bereich liegt. Diese Betriebe kön- nen die eingesetzten eigenen Faktoren nur teilweise entlohnen, aber alle Produktionsmittel einschließlich der Löhne, Zinsen und Pachten bezahlen. Der Gewinn, der das Entgelt für die betriebseigenen Faktoren ist, ist die erste ausgewählte Kennzahl der Rentabilität, die die zentrale Maßzahl für die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ist. In Abbildung 30 ist zu sehen, dass ein Betrieb im Durchschnitt einen Gewinn von 19.229,53 AZN erzielt. Die Spannbreite reicht von 2.634 bis 65.985 AZN. Die Tabelle 73 weist für die analysierten 120 Betriebe einen mittleren Gewinn von 20,4 AZN je Mutter- schaf, 180,1 AZN je Mutterkuh und 15,4 AZN je Ziege aus. Abbildung 30: Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse nach ausgewählten Kennzahlen je Betrieb

3017.41 Einheit in AZN Unternehmergewinn 28992 -4452

19229.53 Betriebsgewinn 65985 2634

25372.5 Betriebseinkommen 99236 3785

-20000 0 20000 40000 60000 80000 100000 120000

Mittelwert Maximum Minimum

Quelle: Eigene Darstellung

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Tabelle 73: Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse nach ausgewählten Kennzahlen je Muttertier Kennzahlen Betriebe (N) Tierverfahren Min. Max. Mittel Einheit in AZN Betriebseinkommen 120 Mutterschaf 16,0 36,0 26,2 87 Mutterkuh 159,0 314,0 230,4 111 Mutterziege 12,0 27,0 19,6 Gewinn 120 Mutterschaf 7,0 31,0 20,4 87 Mutterkuh 61,0 246,0 180,1 111 Mutterziege 5,0 24,0 15,4 Unternehmergewinn 120 Mutterschaf -12,9 10,3 1,6 87 Mutterkuh -113,2 85,9 16,4 111 Mutterziege -9,7 7,7 1,3 Quelle: Eigene Darstellung Die untersuchten Betriebe wurden nach dem Gewinn je Mutterschaf in 4 Gruppen unter- teilt (Abb. 31). 54 von 120 Betrieben erhalten einen Gewinn je Mutterschaf unter dem durchschnittlichen Wert. 47 % der Betriebe erwirtschaften je Mutterschaf einen Gewinn zwischen 21-25 AZN. Kein Betrieb der untersuchten Betriebe befindet sich im negativen Gewinnbereich. Die Analyse des Gewinns aller Betriebe zeigt, dass jeweils alle Sachkos- ten, Lohn-, Pacht- und Zinsaufwand gedeckt sind. Abbildung 31: Gruppierung der Betriebe nach Gewinn je Mutterschaf

n=10 n=14 8% 12%

n=40 n=56 33% 47%

<=15 AZN 15-20 AZN 21-25 AZN >=26 AZN

Quelle: Eigene Darstellung Die Tabelle 73 weist einen mittleren Unternehmergewinn von 10,3 AZN je Mutterschaf, 85,9 AZN je Mutterkuh und 7,7 AZN je Mutterziege auf. Der niedrigste Unternehmerge- winn beträgt -12,9 AZN je Mutterschaf, -113,2 AZN je Mutterkuh und -9,7 AZN je Mut- terziege. Die Betriebe, deren Unternehmergewinne im negativen Bereich liegen, werden anhand weiterer Kennzahlen wie Netto-, Arbeits- und Kapitalrentabilität geprüft, um ge- nauere Aussagen über die Ist-Situation der Wirtschaftlichkeit zu treffen. Die Ergebnisse der Nettorentabilitätsanalyse von Betrieben sind in der Abbildung 32 dar- gestellt. In 83 von 120 analysierten Betrieben liegt das Verhältnis von Gewinn zu Kosten für eingesetzte eigene Faktoren über 100 %. In 20 % der Betriebe liegt die Nettorentabilität zwischen 80-100 %. Dies bedeutet, dass die wirtschaftliche Situation dieser Betriebe als

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akzeptabel zu bezeichnen ist, aber zusätzlich die Stabilität- und Liquiditätskennzahlen zu prüfen sind. In 13 Betrieben liegt die Nettorentabilität unter 80 % und damit weisen diese Betriebe eine unzureichende Entlohnung der eigenen Faktoren auf.

Abbildung 32: Wirtschaftlichkeit der Betriebe nach Nettorentabilität

11% rentabel (n= 83) 20% akzeptabel (n=24) unrentabel (n=13)

69% Nettorentabilität > 100% - rentabel ≥ 80-100 - akzeptabel < 80% unrentabel

Quelle: Eigene Darstellung Nach der vorherigen Analyse gibt es 37 von 120 Betrieben, die keinen Unternehmerge- winn erwirtschaften und deren Nettorentabilität auf einen unrentablen Zustand hinweist. In diesen Betrieben wird kein ausreichendendes Betriebseinkommen erwirtschaftet, welches die Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zulässt. Faktorentlohnung für die Arbeit- In Mittel der Betriebe wird ein Arbeitseinkommen von 12.603,4 AZN für alle eingesetzten nichtentlohnten Arbeitskräfte und von 7.314,6 AZN je nichtentlohnte Arbeitskraft erwirtschaftet (Tab. 74). Als nichtentlohnte Arbeitskräfte sind all jene AK zu verstehen, für die dem Betrieb kein Lohnaufwand entsteht, aber die ihr Ein- kommen aus dem Gewinn beziehen. Im Durchschnitt hat ein Betrieb 5 Arbeitskräfte, da- von sind 1,75 nicht entlohnte AK. Im Mittel der Betriebe wird ein durchschnittliches Ar- beitseinkommen für alle eingesetzten AK von 4.324,2 AZN und je Gesamtarbeitskraft von 2.470,3 AZN erzielt. Dieses Einkommen ist im Vergleich zum jährlichen Gehalt je AK (2.356,8 AZN) im Agrarbereich des Landes um etwa 4,8 % höher (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2016b). Die 37 Betriebe mit der geringen Nettorentabilität erzielen ein Arbeitseinkommen je nichtentlohnte Arbeitskraft, welches unter dem durch- schnittlichen Gehalt liegt. 7 von 37 Betrieben haben ein Arbeitseinkommen für ihre Fami- lien-AK im negativen Bereich, so dass ihre Existenz in Gefahr ist. Tabelle 74: Entlohnung der Arbeit je Betrieb (in AZN)

Arbeitseinkommen Betriebe (n) Min. Max. Mittel aller eingesetzter Fam.-AK 120 230 58.774 12.603,4 je Fam.-AK 118 -7.354 34.392 7.314,6 aller eingesetzten Gesamt-AK 118 -1.367 14.953 4.324,2 je Gesamt-AK 120 184 5.106 2.470,3 Quelle: Eigene Darstellung In der Tabelle 75 werden die Ergebnisse der Analyse des Arbeitseinkommens je Muttertier zusammengefasst. Bei der Bewertung der nichtentlohnten Familienarbeit mit

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0,70 AZN/AKh wurde ein mittleres Arbeitseinkommen im Jahr von 4,61 AZN je Mutter- schaf, 38,91 AZN je Mutterkuh und 3,47 AZN je Ziege erwirtschaftet. Tabelle 75: Entlohnung der Arbeit je Muttertier (in AZN) Arbeitseinkommen Tierarten Betriebe (n) Min. Max. Mutterschaf 118 -6,70 12,70 je nichtentlohnte Mutterkuh 87 -58,40 110,00 Arbeitskraft Mutterziege 111 -2 10 Mutterschaf 120 0,70 12,70 je Gesamtarbeitskraft Mutterkuh 87 6,40 53,50 Mutterziege 111 1 10 Quelle: Eigene Darstellung Faktorentlohnung für das Kapital- Da in den Betrieben kein Fremdkapitalanteil vorhan- den ist, entspricht die Verzinsung des Gesamtkapitals der Verzinsung des Eigenkapitals. In 54 von 120 Betrieben liegt die Verzinsung des Gesamtkapitals über dem angenommenen Kalkulationszinssatz (7 %). Bei den Betrieben, deren Gesamtkapital sich mit einem gerin- geren Zinssatz als dem angesetzten Kalkulationszinsfuß verzinst, sind weiterhin die Kenn- zahlen der Stabilität, Fremdkapitalanteil und Fremdkapitaldeckung zu prüfen. In 37 Betrie- ben, wo die Nettorentabilität unter 100 % liegt, ist die Verzinsung des Eigenkapitals klei- ner als der angesetzte Zinsansatz (10 %). Das bedeutet, dass keine vollständige Entlohnung des eingesetzten Eigenkapitals dieser Betriebe erfolgt.

8.6 Stabilitätsanalyse In der vorliegenden Arbeit wird eine Stabilitätsanalyse mit ausgewählten Kennzahlen im Vermögensbereich und im Einkommensbereich durchgeführt. Als eine zentrale Kennzahl für die Stabilität im Vermögensbereich wird die Eigenkapitalbildung der Betriebe darge- stellt. Die Eigenkapitalbildung ist die Voraussetzung vor allem für die Durchführung von Investitionen mit Fremdkapital und für die Tilgung von Verbindlichkeiten. Die Tabelle 76 weist eine Eigenkapitalveränderung von 18.437,48 AZN im Mittel der Betriebe auf. Tabelle 76: Eigenkapitalbildung in den Betrieben (in AZN)

Bezeichnung je Betriebe (N) Min. Max. Mittel Betrieb 120 2.192 62.786 18.437,48 Mutterschaf 120 4 34 19,56 Mutterkuh 87 33 293 171,94 Ziege 111 3 25 14,68 Quelle: Eigene Darstellung Als zweite Kennzahl der Stabilität wird die Anlagenintensität dargestellt. Im Mittel der untersuchten Betriebe liegt die Anlagenintensität bei 33 %. 85 der 120 Betriebe weisen eine Anlagenintensität von über 30 % auf, die in der folgenden Tabelle 77 nach ihrem Zu- sammenhang mit der Nettorentabilität dargestellt ist. Da die Betriebe in den Untersu- chungsjahren keine Verbindlichkeiten hatten, besteht auch kein Fremdkapitalanteil am Gesamtkapital und damit ist die Fremdkapitaldeckung in allen Betrieben nicht zu berech- nen.

177

Tabelle 77: Anlageintensität in den Betrieben Nettorentabilität Anlagenintensität Rentabel Akzeptabel Unrentabel Gesamt (> 100 %) (80-100 %) (< 80 %) Über 30 % N=55 N=17 N=13 N=85 Unter 30 % N=28 N=7 -- N=35 Quelle: Eigene Darstellung Als Kennzahlen im Einkommensbereich werden die Ergebnisse der Gewinn- und De- ckungsbeitragsrate beschrieben. Im Durchschnitt haben die untersuchten Betriebe eine Gewinnrate von 28,1 %. Die niedrigste Gewinnrate liegt bei 10,4 % und die höchste bei 40,8 %. Eine hohe Gewinnrate hat einen stabileren Gewinn zur Folge, wenn es zu Schwankungen im Bereich des Marktes kommt. Mehr als die Hälfte der Betriebe haben eine Gewinnrate über dem Durchschnitt. Dies bedeutet, dass diese Betriebe Krisenzeiten leichter überstehen können. 47,5 % der Betriebe haben eine Gewinnrate unter dem Durch- schnitt. Solche Betriebe geraten unter dem Einfluss von Produktions-, Preis- und Investiti- onsrisiken schnell in existenzbedrohende Situationen. Je höher die Deckungsbeitragsrate eines Betriebs ist, desto stabiler ist er. Die höchste DB-Rate beträgt 85,5 % und niedrigste 42,4 %. Im Mittel der Betriebe liegt sie bei 50,7 %. 60 % der Betriebe haben eine De- ckungsbeitragsrate über dem Durchschnitt.

8.7 Liquiditätsanalyse Da die Betriebe im Wirtschaftsjahr 2011 keine Verbindlichkeiten hatten, wird die Liquidi- tät der Betriebe sehr kurz beschrieben. Die Liquiditätsanalyse zeigt, dass die Kapital- dienstgrenze in den Betrieben im positiven Bereich liegt (Tab 78). Da kein Kapitaldienst in den Betrieben anfällt, besteht auch keine Ausschöpfung der Kapitaldienstgrenze, die in den Betrieben null Prozent beträgt. Tabelle 78: Kapitaldienstgrenze in den Betrieben (in AZN) Kapitaldienstgrenze Min. Max. Mittel Langfristig 1.335 56.360 16.583 Nachhaltig 1.335 56.360 16.583 Kurzfristig 1.335 59.694 17.857 Quelle: Eigene Darstellung

8.8 Vergleichende Bewertung der gegenwärtigen Wirtschaftlichkeit In diesem Abschnitt wird die vergleichende Bewertung der Wirtschaftlichkeit basierend auf Größenklassen, Organisationsformen und Fernweidewirtschaftsformen präsentiert. Für den Vergleich der Wirtschaftlichkeit der unterschiedlichen Betriebsformen wurden ausge- wählte Kenndaten und Kennzahlen der Rentabilität und Stabilität verwendet. Der vorge- nommene Vergleich dient, dazu den Erfolg der unterschiedlichen Betriebsformen einzu- schätzen. Da der Schwerpunkt in den Betrieben bei der Schafhaltung liegt, wurden die

178

Kenndaten und wirtschaftliche Kennzahlen je Mutterschaf nach den definierten Formen der Betriebe zusammengefasst (Tabelle 79).

8.8.1 Nach Größenklassen Die Wirtschaftlichkeit der Betriebe wurde basierend auf drei Größenklassen (Klein-, mitt- lere und Großbetriebe) miteinander verglichen. In Abbildung 33 ist zu sehen, dass bei 12 der 33 Kleinbetriebe und bei einem mittleren Betrieb die Nettorentabilität unter 80 % liegt. Damit wird das eingesetzte eigene Kapital nicht entlohnt. 17 der Kleinbetriebe und 7 der mittleren Betriebe erreichen zwar einen Unternehmergewinn im negativen Bereich, ihre wirtschaftliche Situation ist aber für kurze Zeit als akzeptabel anzusehen. Die Prüfung der Stabilität anhand der Anlageintensität zeigt in 67 % der Kleinbetrieben, 64,1 % der mittle- ren Betriebe und 44,4 % der Großbetrieben an, dass sie bei geänderten Produktionsbedin- gungen nicht ausreichend stabil sind und damit ein höheres Risiko für diese Betriebe be- steht. Zudem liegt die Gewinnrate in 91 % der Kleinbetriebe, in 64,1 % der mittleren Be- triebe und in 66,7 % der Großbetriebe unter dem Mittelwert (28,1 % von 120 Betrieben). In diesen Betrieben kann der Gewinn schnell durch Preis-, Produktions-, und Investitions- schwankungen in den Verlustbereich kommen. Abbildung 33: Nettorentabilität nach Größenklassen 70

60 70 50

40

30

20 17 Anzahl der Betriebe 12 7 9 10 4 1 0 Kleinbetriebe (n=33) Mittelbetriebe (n= 78) Großbetriebe (n=9)

rentabel (n= 83) akzeptabel (n=24) unrentabel (n=13)

Quelle: Eigene Darstellung In der Tabelle 79 ist zu sehen, dass ein Betrieb im Mittel der Kleinbetriebe je Mutterschaf mehr Weide und Sommerweidefläche besitzt als Mittel- und Großbetriebe. Die Familien- AK-Ausstattung je Muttertier ist in den Kleinbetrieben um das 2-fache höher als im Mittel und etwa um das 4-fache höher als in Großbetrieben. Pro Mutterschaf benötigt ein Klein- betrieb 27 % mehr Gesamtarbeitsstunden als ein mittlerer Betrieb und 40 % mehr als ein Großbetrieb. Die höchste durchschnittliche Marktleistung je Mutterschaf ist in Großbetrie- ben und die niedrigste in Kleinbetrieben gegeben. Die Marktleistung wird durch die Ab- lammquote und den Lämmerverlust beeinflusst. Die variablen Kosten sind in allen Be- triebsgrößen ähnlich. Demgegenüber sind die Festkosten je Mutterschaf in Kleinbetrieben um 4,5 AZN höher als in Großbetrieben und um 2,96 AZN höher als in mittleren Betrie- ben. Die gezahlten Fremdlöhne sind in Großbetrieben höher als in den anderen Größen- 179

klassen, weil in den ersteren über 70 % der Arbeitskräfte aus angestellten Hirten bestehen. Der erzielte Gewinn je Mutterschaf ist in den mittleren Betrieben größer als in den Groß- und Kleinbetrieben. Jedoch ist die Entlohnung der eingesetzten AK in den Großbetrieben besser als in Klein- und mittleren Betrieben. Abbildung 33 und Tabelle 79 weisen darauf hin, dass die Größe des Tierbestands wesentliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe hat. So zeigen 90 % der mittleren Betriebe und 100 % der Großbetriebe eine zufriedene ökonomische Ist-Situation. Demgegenüber erzielen nun 12 % der untersuchten Kleinbetriebe einen positiven Unternehmergewinn.

8.8.2 Nach Organisationsformen Im Folgenden werden die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse für die Ist-Situation nach den vier Formen der Betriebsorganisation miteinander verglichen. In Abbildung 34 ist zu sehen, dass die Nettorentabilität in 71 % der Familienbetriebe über 100 % liegt und da- mit ist auch deren Unternehmergewinn im positiven Bereich. Im Allgemeinen zeigt die Analyse der Kennzahlen der Rentabilität, dass in diesen Betrieben ein angemessenes Ent- gelt erzielt wird und die eingesetzten eigenen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital aus- reichend entlohnt werden. 5 der 69 Familienbetriebe sind anhand der Nettorentabilität und des Unternehmergewinns und des Arbeitseinkommens als unrentabel zu bezeichnen. 21,7 % (15) der Familienbetriebe befinden sich nach der Nettorentabilitätsanalyse in einem akzeptablen Zustand. Zwei dieser Betriebe sind nach der Stabilitätsanalyse im Vermögens- und Einkommensbereich fähig, sich bei geänderten Marktsituationen und betrieblichen Produktionsbedingungen anzupassen. Der Tierbesatz je Hektar der Winterweide- und Sommerweidefläche ist bei den Familienbetrieben niedriger als bei den anderen Betriebs- formen. Auch der Lämmerverlust ist in den Familienbetrieben durchschnittlich geringer. Abbildung 34: Nettorentabilität nach Organisationsformen

70

60 49 50

40

30 25

20 15 Anzahl der Betriebe 8 9 10 5 7 2 0 FB (n=69) LB (n=40) SB (n=2) KB (n=9)

rentabel (n= 83) akzeptabel (n=24) unrentabel (n=13)

FB: Familienbetrieb, LB: Lohnhirtenbetrieb, SB: Staatlicher Betrieb, KB: Kooperationsbetrieb Quelle: Eigene Darstellung 62,5 % der Lohnhirtenbetriebe sind als rentabel, 17,5 % als akzeptabel und 20 % als unren- tabel zu bezeichnen. 15 Lohnhirtenbetriebe haben einen negativen Unternehmergewinn und in 8 Betrieben liegt auch das Arbeitseinkommen je AK unter dem anzusetzenden Ein- 180

kommen für die Region, in 6 Betrieben sogar im negativen Bereich. In 72,5 % der Lohn- hirtenbetriebe liegt die Anlageintensität über 30 %. Die Gewinnrate ist in Lohnhirtenbe- trieben niedriger als in Familienbetrieben und in Kooperationsbetrieben. Der höchste Lämmerverlust kommt in diesen Lohnhirtenbetrieben Betrieben vor. Dafür sind als Gründe neben einer schlechteren Stall- und Wasserhygiene das fehlende Management durch Be- triebsleiter oder Besitzer zu nennen. Der Erlös je Mutterschaf beträgt im Mittel 62,34 AZN in den Lohnhirtenbetrieben, wobei er um 11,14 AZN geringer als in den Familienbetrieben ist. Die Analyse der Rentabilität anhand ausgewählter Kennzahlen zeigt, dass alle untersuchten Kooperationsbetriebe wirtschaftlich sind. Sie haben einen positiven Unternehmergewinn und Arbeitseinkommen und eine hohe Nettorentabilität. Für alle eingesetzten eigenen Pro- duktionsfaktoren ist in diesen Betrieben ein ausreichendes Entgelt zu erzielen. Mit einer Anlageintensität unter 30 % können 8 von 9 Kooperationsbetrieben im Vermögenbereich bei geänderten Produktionsbedingungen stabil bleiben. Im Vergleich zu allen anderen Be- triebsformen ist die Gewinnrate bei Kooperationsbetrieben hoch. Dies ermöglicht die Aus- sage, dass die Kooperationsbetriebe eine hohe Stabilität im Einkommensbereich aufwei- sen. Die beiden staatlichen Betriebe befinden sich in einem akzeptablen Zustand da ihr Unter- nehmergewinn kleiner als Null ist. Das jährliche Arbeitseinkommen je Gesamtarbeitskraft ist im Durchschnitt (1.712 AZN) niedriger als das anzusetzende mittlere Gehalt (2.357 AZN) in Aserbaidschan, daher ist die Entlohnung der Gesamtarbeit nicht gegeben. Diese Betriebe sind als Zuchtbetriebe im Besitz des Staates für die Region von großer Be- deutung und werden von der jeweiligen Rayonverwaltung finanziell unterstützt. Die Anla- geintensität in den beiden Betrieben liegt bei 27 %, das bedeutet, dass für diese Betriebe im Vermögensbereich der Stabilität kein erhöhtes Risiko besteht. Demgegenüber ist die Stabi- lität im Einkommensbereich nicht gegeben, weil die Gewinnrate im Vergleich zu den an- deren Betriebsformen niedriger ist. Aus dem Ergebnis der ökonomischen Analyse ist hier der Schluss zu ziehen, dass die Or- ganisationsform auf die Wirtschaftlichkeit bedeutende Auswirkungen hat. Obwohl Koope- ration unter den Betrieben inoffiziell stattfindet, sind dennoch alle Kooperationsbetriebe in einem guten wirtschaftlichen Zustand. Gefolgt wird diese Betriebsform von den Familien- betrieben (71 %) und Lohnhirtenbetrieben (62,5 %). Daher ist zu schlussfolgern, dass als Organisationsformen Kooperationsbetriebe und Familienbetriebe sehr empfehlenswert sind.

8.8.3 Nach Formen der Fernweidewirtschaft Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit nach der Form der Fernweidewirtschaft in den Be- trieben zeigt an, dass sich 75,7 % der Halbnomaden und 60 % der Transhumanten im ren- tablen Bereich befinden (Abb. 35). In diesen Betrieben sind Unternehmergewinn und Ar- beitseinkommen je Familienarbeitskraft positiv und für die eingesetzten Produktionsfakto- ren wird ein regionsübliches Entgelt erwirtschaftet. Die Wirtschaftlichkeit ist bei 13 % der Halbnomaden und bei 30 % der Transhumanten als akzeptabel zu bezeichnen, weil die Nettorentabilität zwischen 80 und100 % liegt und sich der Unternehmergewinn im negati- ven Bereich bewegt. Nach den Analyseergebnissen befinden sich 8 Betriebe der Halbno- maden und 5 der Transhumanten im Verlustbereich. Die Anlageintensität von 70 % bei den 181

Halbnomaden und 66 % bei den Transhumanten liegt über 30 % und dies bedeutet, dass die Stabilität im Vermögenbereich nicht langfristig gegeben ist. Die Halbnomaden- Betriebe haben jedoch im Vergleich zu den Transhumanten eine höhere Gewinnrate. Im Allgemeinen ist der Erlös je Mutterschaf bei den Halbnomaden höher als bei den Transhumanten. Zudem wird ein höherer Gewinn erzielt (Tab. 79). Abbildung 35: Nettorentabilität nach Fernweidewirtschaft

70

60 53 50

40 30 30

20

Anzahl der Betriebe 15 9 8 10 5

0 Halbnomaden (n=70) Transhumanten (n=50)

rentabel (n= 83) akzeptabel (n=24) unrentabel (n=13)

Quelle: Eigene Darstellung

182

Tabelle 79: Vergleichende Wirtschaftlichkeitsbewertung der Betriebe nach definierten Formen

Kenndaten/

Kennzahlen

Tierbestand Tierbestand Mutterschafe Winterweide Sommerweide Dorfweide Arbeits- Fam. kraft AK Gesamt Marktleistung Kos- Variable ten Kosten Feste Löhne Pachtaufwand Gewinn Unternehmer- gewinn Arbeitsein- kommen je FAK Arbeitsein- kommen je GAK Anlageintensi- tät Gewinnrate Lämmerverlust

ha/ ha/ ha/ Einheit GVE Stück AKh/MS AKh/MS AZN/Mutterschaf % Stück Stück Stück

Größenklasse - Kleinbetrieb 32,8 292 0,58 0,44 0,09 9,88 14,59 68,27 35,83 12,15 5,42 0,76 19,89 3,37 3,69 40 30 29,0 3,32

Mittelbetrieb 80 681 0,42 0,18 0,04 4,59 11,5 69,33 35,92 9,54 5,45 0,52 20,74 3,85 5,2 2,76 32 29 28,3

Großbetrieb 208 1597 0,38 0,1 -- 2,6 10,44 70,74 35,92 7,65 7,95 0,46 17,96 4,56 3,23 1,34 28 25 25,8

Organisationsformen

FB 75 621 0,43 0,18 0,04 5,33 11,6 73,48 36,88 10,02 6,36 0,53 21,64 3,35 4,77 2,8 34 30 27,1

LB 76 619 0,42 0,17 0,05 3,41 11,86 62,34 34,55 9,03 6,32 0,52 16,85 2,13 3,93 2,11 34 24 30,1

KB 94 858 0,36 0,14 0,05 5,06 10,18 71,47 35,5 7,94 5,29 0,41 23,5 6,38 5,54 3,02 27 34 29,4

- SB 72 900 1,00 1,00 -- -- 12,52 60,19 29,5 7,38 11,08 1,52 10,71 -- 1,9 27 18 30,0 2,05 Fernweidewirtschaft

HN 74 624 0,42 0,17 0,05 4,96 13,43 71,68 36,55 10,01 5,38 0,51 21,76 3,86 5,04 2,79 34 30 29,0

Tr.H 80 669 0,45 0,23 0,04 4,59 14,04 66,9 35,21 8,79 7,51 0,56 17,97 2,24 3,96 2,31 32 26 27,8 FB-Familienbetrieb, LB-Lohnhirtenbetrieb, KB-Kooperationsbetrieb, SB-Staatsbetrieb, HN-Halbnomaden, Tr.H-Transhumanz-Betrieb Quelle: Eigene Berechnung

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9 Verbesserungsmöglichkeiten der Ist-Situation – Kooperation als Entwicklungsmodell

In diesem Kapitel werden im ersten Abschnitt 9.1 Verbesserungspotentiale für die unter- suchten Betriebe identifiziert. Im Anschluss werden im Abschnitt 9.2 die Modellbetriebe mit ihren spezifischen produktionstechnischen Daten definiert. Die Ergebnisse der gegen- wärtigen Wirtschaftlichkeitsrechnung der Modellbetriebe werden im Abschnitt 9.3 darge- legt. Anhand der Ist-Situation werden Szenarien-Rechnungen mit und ohne Kooperation als Verbesserungsmöglichkeit der Modellbetriebe im Abschnitt 9.4 vorgestellt. Dabei wer- den auch die getroffenen Annahmen und Investmentpläne für die jeweiligen Szenarien beschrieben. Die Ergebnisse der Szenario-Rechnungen für die Tierarztgemeinschaft wer- den im Abschnitt 9.4.5 präsentiert. Im Abschnitt 9.4.6 werden die Ergebnisse der Ist- Situation mit den Szenarien mit und ohne Kooperation innerhalb und zwischen den Mo- dellbetrieben verglichen.

9.1 Identifizierung von Verbesserungspotentialen Aus der Beschreibung der Landwirtschaft in Aserbaidschan und den Ergebnissen zur Wirt- schaftsweise der Betriebe (Kapitel 7) ist abzuleiten, dass die wichtigsten Probleme in vie- len Betrieben in folgenden Bereichen liegen:  Stall- und Wasserhygiene,  Tierärztliche Betreuung,  Fütterung,  Ausstattung mit landwirtschaftlichen Maschinen. Die schlechte Stall- und Wasserhygiene spielt eine große Rolle bei der Entstehung und der beschleunigten Verbreitung von Infektionskrankheiten. Davon sind vor allem in der Schaf- haltung die Lämmer betroffen, bei denen in den Betrieben meist höhere Verlustquoten zu beobachten sind. In 55 % der Betriebe sind alle Stallgebäude schon längst abgeschrieben und befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Die Mehrheit der Betriebe nutzen die Wasser aus unhygienischen künstlichen Teichen (siehe Kapitel 7.4.5). Die Einführung des staatlichen Programms „Zuverlässige Lebensmittelversorgung der Re- publik Aserbaidschan 2008–2015“ zeigte auch, dass auf Landesebene die Tiergesundheit und tierärztliche Betreuung eines der wichtigsten Probleme in der Tierhaltung ist (siehe Kapitel 4.6). Die Befragung zeigte, dass auch in den untersuchten Betrieben die tierärztli- che Betreuung aufgrund verschiedener Ursachen nicht in einem befriedigen Zustand ist. Im Durchschnitt gehen etwa 28 % der Lämmer aufgrund unhygienischer Stallverhältnisse, unsauberer Wasserversorgung und mangelnder tierärztlicher Betreuung verloren. Die Lagerung von Futtermitteln stellt sich wegen fehlender vernünftiger Futterlager schwierig dar und verursacht den Betriebe zusätzliche Kosten durch wiederholten Einkauf. Über Hälfte der Betriebe treffen jedes Jahr Futtermangelprobleme. Fehlende eigene Ma- schinen verursachen für die Betriebe hohe Transportkosten. Hohe Kosten für Lohnunter-

184

nehmen (Transport des Futtermittel, Wasser, der Gegenstände und Tiere bei der Wande- rung) haben negative Auswirkungen auf die Betriebsergebnisse. Für den Transport der eingekauften Futtermittel in die Winterhöfe haben etwa 57 % der Betriebe keine eigenen Transportmittel (LKWs oder Schlepper). In 69 % der Betriebe sind keine Wasserlastkraft- wagen vorhanden. 19 % Betriebe besitzen überhaupt keine Wassertechnik (Wassertank, Wassertränke etc.). In diesen Betrieben haben die Tiere nur die Möglichkeit das Wasser aus unhygienischen Wasserteichen zu trinken. Die ökonomische Analyse der Ist-Situation der untersuchten Betriebe im Kapitel 8 hat ge- zeigt, dass alle Betriebe einen positiven Gewinn erzielen, jedoch haben 31 % einen negati- ven Unternehmergewinn. Nach der Bewertung der Nettorentabilität befinden sich 20 % der Betriebe (n=24) in akzeptablem, 11 % (n=13) in unrentablem Zustand. Die Betriebe, die aus ökonomischer Sicht nach der Nettorentabilität in einem unrentablem Zustand sind, gehören nahezu alle zu den Kleinbetrieben, nur einer ist ein mittlerer Betrieb. Die Analyse der Wirtschaftlichkeit für die Ist-Situation der Betriebe weist für den Zustand der Stallgebäude aus, dass 45,6 % der Betriebe mit Altbauställen nicht rentabel sind (Tab. 80). Von den Betrieben, die teilrenovierte Ställe besitzen, weisen 25 % einen negati- ven Unternehmergewinn auf. Die betriebswirtschaftliche Auswertung der Betriebe zeigt, dass dies auch in ökonomischer Hinsicht ein relevantes Problem ist. Der schlechte Zustand der Stallgebäude hat negative Auswirkungen auf die Anzahl der aufgezogen Lämmer (sie- he Kapitel 7.6.9). Die Betriebe, die Altbauställe besitzen, haben weniger aufgezogene Lämmer als die Betriebe mit Neubauten oder teilrenovierte Ställen. Tabelle 80: Wirtschaftlichkeit der untersuchten Betriebe nach dem Zustand der Stallgebäude Zustand Altbau (n) Teilrenoviert (n) Neubau (n) Gesamt (n) rentabel 37 24 22 83 akzeptabel 18 6 24 unrentabel 13 13 Insgesamt 68 30 22 120 Quelle: Eigene Darstellung In 57 % (n=68) der Betriebe ist der Veralterungsgrad der vorhandenen Bauanlagen sehr gering oder Null. Auch über 80 % der vorhandenen Maschinen sind schon längst abge- schrieben. Dies bedeutet, dass in solchen Betrieben existenznotwendige Investitionen in Stallgebäude und in den geeigneten Maschinen unterlassen wurden. Basierend auf den An- gaben der Viehhalter liegt der Investitionsbedarf geordnet nach Notwendigkeit in folgen- den Bereichen:  Bau bzw. Renovierung der Stallgebäude (in mehr als 70 % der Betriebe),  Kauf eines Wasserlastkraftwagens (in 69 % der Betriebe),  Kauf neuer Wassertechnik (in etwa 53 % der Betriebe),  Bau eines Futterlagers (in etwa 45 % der Betriebe),  Kauf eines Lastkraftwagens (in etwa 40 % der Betriebe). Anhand der Befragung wurde festgestellt, dass 70,8 % der Betriebe Investitionspläne für den Bau von Gebäuden oder den Kauf von geeigneten Maschinen haben. KUHLMANN (2007) differenziert bei der Betrachtung der Investition grundsätzlich zwischen Neuinvesti- tion und Ersatzinvestition. Der Entscheidungsanlass für eine Ersatzinvestition in einem 185

Betrieb besteht, wenn eine noch funktionsfähige Produktionsanlage vorhanden ist, aber abgeschrieben ist und diese durch eine neue, technisch gleichwertige Anlage ersetzt wer- den soll. Bei einer Neuinvestition handelt es sich um eine Investition, die zur Herstellung neuer Erzeugnisse erforderlich ist, die im Betrieb bisher nicht hergestellt wurden oder um Erweiterungsinvestitionen bestehender Anlagen. In Tabelle 81 wurden die Betriebe nach Investitionsbedarf in Prozent in gelisteten Bereichen nach Betrachtung der Investitionen zusammengefasst. Tabelle 81: Bedarf an Investitionen in Betrieben Ersatzinvestition Neuinvestition Investitionsbereich Betriebe (%) Stallgebäude 85 Lastkraftwagen (LKW) 34 54 Wasserlastkraftwagen (WLKW) 36 72 Wassertechnik (Wassertank und -tränke) 38 84 Futterlager 28 84 Quelle: Eigene Darstellung Das Erkennen der oben genannten Probleme ist der Auslöser für Überlegungen zur Pla- nung von Investitionen in verschiedenen Bereichen, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Ist-Situation darstellen. Ausgehend von Angaben der Viehhalter werden für Modellbe- triebe anhand von fiktiven Entscheidungssituationen die Notwendigkeit und der Zweck der Investitionsrechnungen in verschiedenen Szenarien erklärt. Bei den Szenarien wurde je- doch in keinem Fall eine Vergrößerung der Modellbetriebe durch Aufstockung des Tierbe- stands und Erweiterung der Weidefläche oder Änderung der Arbeitskräfte abgebildet. Um die Szenarien-Rechnungen durchzuführen, wurde Modellbetriebe anhand einer be- stimmten Methode ausgewählt (siehe Kapitel 3.5.1). Anhand der Modellbetriebe werden die Möglichkeiten zur Verbesserung der gegenwärtigen Wirtschaftlichkeit in den Betrieben in Szenarien analysiert und dargestellt. Bei der Auswahl der Modellbetriebe wurde die Form der Betriebe nach Fernweidewirtschaft und Organisationsform nicht berücksichtigt. Dagegen wird die Größenklasse (nach Tierbestand) als wichtiges Merkmal bei der Aus- wahl herangezogen. Die Großbetriebe (n=9) wurden in die Modellberechnungen nicht ein- bezogen. Dafür sind folgende Gründe zu nennen:  Alle Großbetriebe sind in der Ist-Situation wirtschaftlich,  Vor allem ist die Mehrheit der Großbetriebe gut mit Maschinen ausgestattet und besitzt Neubau- und Halbneubauställe,  Die oben genannten Probleme sind in den Großbetrieben schon teilweise gelöst worden. Deshalb wurde ein Modellbetrieb von jeder der zwei Größenklassen (kleine und mittlere Betriebe) nach dem Median des Tierbestands umgerechnet in GVE ausgewählt. Um eine Übertragbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, müssen die Modellbetriebe ge- messen an den Größenklassen für Wanderschafhaltungsbetriebe typisch sein. Es wird da- von ausgegangen, dass bei den ausgewählten Modellbetrieben Probleme wie der schlechte Stallzustand, die unzureichende Ausstattung mit geeigneten landwirtschaftlichen Maschi- nen, ungenügende tierärztlicher Betreuung sowie die mangelnde Futterversorgung nicht

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gelöst worden sind bzw. die vorhandenen Lösungen (Renovierung der Stalldächer, Kauf einer gebrauchten alten Maschine etc.) nicht effektiv genug sind. Dabei wird bereits er- sichtlich, dass die Modellbetriebe unterschiedliche Faktorausstattungen und Lösungsansät- ze mitbringen. In einem ersten Schritt werden Szenarien-Rechnungen für eine Investition ohne Kooperati- on zwischen den Modellbetrieben durchgeführt. Hierbei wird in den Szenarien- Rechnungen dargestellt, welche Auswirkungen das Zusammenspiel von individueller In- vestition und Finanzierungsentscheidungen auf zukünftige Betriebsergebnisse hat und wel- che Betriebsgröße unter den Modellbetrieben in der Lage ist, die individuelle Investition allein zu bewältigen. In einem weiteren Schritt werden die Investitionen mit Kooperation in Szenarien- Rechnungen dargestellt. Die Zahl der rechtlich registrierten Kooperationsbetriebe auf der Gesamtebene Aserbaidschans und in der Untersuchungsregion ist sehr gering (siehe Kapi- tel 5.5 und 7.7). Eine Zusammenarbeit findet in 7,5 % der untersuchten Betriebe statt, die sich bei der Befragung als Kooperationsbetriebe herausstellten, obwohl sie keine formellen oder schriftlichen Absprachen haben. Die Analyse der Kooperationen hat gezeigt, dass es in vielen Bereichen informelle Zusammenarbeit meistens basierend auf Nachbarschaft gibt, die auch zwischen anderen Betrieben erfolgreich läuft (siehe Kapitel 7.7). Die Befragung zeigte, dass sich die Landwirte Kooperation in bestimmten Bereichen, auch bei Investitio- nen, vorstellen können. Laut der Befragung verteilt sich das Interesse der Viehhalter in den Betrieben an einer Kooperation im Investitionsbereich wie folgt:  Tierarztgemeinschaft: 65 %  Maschinengemeinschaft: 52 %  Gemeinsamer Bau einer Futterlage: 35 %  Investition in gemeinsamen Stall: von vielen Viehhaltern unerwünscht. Es wird in Szenarien-Rechnungen mit Kooperation analysiert, inwieweit eine Kooperation bei der Investition die wirtschaftliche Situation der Modellbetriebe verbessern kann und ob die Kooperation als Entwicklungsmodell geeignet ist. Ausgehend von den Modellbetrieben wird festgestellt, welche Betriebsgrößen bei der Investition in einer Kooperation am meis- ten profitieren können. Um die Investitionsszenarien für die Kooperation zwischen den Modellbetrieben durchzuführen, sind für die Maschinengemeinschaft folgende Vorausset- zungen zu erfüllen.  Gerechte (anteilige) Teilung der Anschaffungs-, Versicherungs- und TÜV-Kosten,  Selbstübernahme der laufenden Kosten (Reparaturen und Kraftstoff) durch jeden „verursachenden“ Betrieb,  Frühzeitige Abstimmung der Nutzungstermine der Maschinen,  Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen den Betrieben,  Sofortige Mitteilung entstehender Probleme an die anderen Beteiligten und Finden einer gemeinsamen Lösung,  Bei Anschaffung eines WLKW individuelle Anschaffung von Wassertanks und Tränken durch die Betriebe.

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Die Identifizierung der großen Tiergesundheitsprobleme und der mangelnden tierärztlichen Betreuung ist der Auslöser für die Überlegungen zur Tierarztgemeinschaft. Anhand der Modellbetriebe wird eine Szenarien-Rechnung für die Tierarztgemeinschaft aus ökonomi- scher Sicht bewertet.

9.2 Beschreibung der Modellbetriebe In diesem Abschnitt wird dem Leser ein erster allgemeiner Überblick über die Modellbe- triebe mit ihren spezifischen Angaben zu den Betriebsstruktur, Organisation und Fakto- rausstattung gegeben. Die Modellbetriebe werden je nach Größenklasse Modellbetrieb A und B genannt. Deren detaillierte produktionstechnische Daten sind im Anhang 3 und 4 dargestellt. In beiden Modellbetrieben besteht kein Fremdkapitalanteil in der Ist-Situation, daher wurde hier be- wusst auf Stabilitäts- und Liquiditätsanalyse verzichtet. In Tabelle 82 sind die Faktoraus- stattungen zwecks Einordnung und Charakterisierung der Modellbetriebe komprimiert dar- gestellt. Tabelle 82: Zusammengefasste Faktorausstattungen der Modellbetriebe Kennzahlen Einheit Modellbetrieb A Modellbetrieb B Tierbestand, davon: GVE 33 91 Schafe Stück 325 1150 Rinder Stück 12 6 Ziegen Stück 15 30 Zahl der Betriebs- Winterweidehöfe Stück 1 1 orte Sommerweidelager Stück 1 1 Winter ha 250 256 Weidefläche Dorf/Sommer ha 35 170 Familien-AK AK 1,5 2,5 Arbeitskräfte Fremd-AK AK 1,3 2 Quelle: Eigene Darstellung

Modellbetrieb A repräsentiert hier die untersuchten 33 Kleinbetriebe. Den Tierbestand bil- den etwa 25 % Rinder, 2,7 % Ziegen und 72,3 % Schafe. Im Betrieb werden insgesamt 325 Schafe gehalten, davon sind 86 % Mutterschafe, 9 % Zutreter und 5 % Böcke. Zusätzlich bringen die Hirten etwa 40 Schafe und 4 Kühe (5,6 GVE) mit, die zu etwa Aufstockung des Gesamttierbestands von 14,5 % auf der Winterweide führen. Die Hirten werden nur in der Winterzeit, von Ende Oktober bis Ende Mai (7 Monate), beschäftigt. Der Tierbesatz auf der Winterweidefläche (einschließlich der Hirtentiere) je Hektar beträgt 1,93 Schafe (oder 0,15 GVE/ha) und pro Dorfweidefläche 11,8 Schafe (oder 0,94 GVE/ha). Im Betrieb sind sowohl Familien- als auch Fremd-AK tätig. Es sind insgesamt 5 Personen beschäftigt, davon 3 Personen mit 0,5 AK als Fam.-AK und 2 Personen (0,5 und 0,75 AK) als Fremdarbeitskräfte. Pro Mutterschaf werden insgesamt etwa 15,4 Stunden (192,4 AKh/GVE) im Jahr aufgewendet. Der Verlust liegt bei etwa 30 % bei Lämmern, 10 % bei Kälbern und 6 % bei Zicklein. Im Jahr werden im Durchschnitt 107 Lämmer pro 100 Mutterschafe geboren. Die Milchleistung von einem Mutterschaf beträgt 24 kg, von

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einer Mutterkuh 1000 kg und von Ziege 36 kg im Jahr. Mehr als 50 % der hergestellten Milchprodukte wird für den eigenen Bedarf verwendet. Zudem wird Milchproduktion von 20 kg für ein Lamm und Zicklein und 200 kg für ein Kalb berechnet. Der Betrieb besitzt einen Winterweidehof und ein Sommerweidelager. Im Winterweidehof ist das vorhandene Stallgebäude (Baujahr 1960) schon längst abgeschrieben und befindet sich in einem deso- laten Zustand. Nach der Privatisierung des Hofs wurden weder eine Renovierung noch eine Sanierung des Stalls durchgeführt. Im Betrieb ist als Maschine nur ein Geländewagen vor- handen. Das Trink- und Nutzwasser wird 2 bis 4 Mal im Monat gekauft und in Wasser- tanks gefüllt, der Rest des Wassers wird aus Tränkwasserteichen gewonnen. Die vorhan- denen Wassertanks und Tränken sind sehr alt und rostig. Für den Transport der Tiere und zum Kauf von Futtermitteln nutzt der Betrieb Lohnunternehmen oder mietet LKWs. Modellbetrieb B repräsentiert die 78 untersuchten Mittelbetriebe. Der Tierbestand des Be- triebs besteht zu 4,6 % aus Rindern, zu 2 % aus Ziegen und zu 93,4 % aus Schafen. Den Schafbestand bilden 56,5 % Mutterschafe, 40,9 % Zutreter und 2,6 % Böcke. Im Betrieb werden neben dem eigenen Tierbestand zusätzlich 130 Schafe und 6 Kühe von Hirten un- tergebracht. Die Hirtentiere (16 GVE) steigern den Gesamttierbestand um etwa 15 %. Die Hirten werden nur in den Wintermonaten beschäftigt. Die Besatzdichte beträgt 5,4 Schafe je Hektar (oder 0,42 GVE/ha) auf der Winterweidefläche (einschließlich der Hirtentiere) und 7 Schafe je Hektar (oder 0,53 GVE/ha) auf der Sommerweidefläche. Insgesamt wer- den 10 Personen im Betrieb beschäftigt, davon 4 Personen als Familienarbeitskräfte und 6 Personen als Fremdarbeitskräfte. Pro Mutterschaf werden insgesamt 9 Stunden (106 AKh/GVE) im Jahr benötigt. Der Verlust liegt bei etwa 30 % bei Lämmern, 8 % bei Kälbern und 10 % bei Zicklein im Jahr. Im Jahr werden 103 Lämmer pro 100 Mutterschafe geboren. Die Milchleistung beträgt im Jahr 22 kg bei Mutterschafen, 1000 kg bei Mutter- kühen und 32 kg bei Ziegen. Mehr als 80 % der erzeugten Milchprodukte sind zum Ver- kauf bestimmt. Auf dem Hof des Betriebs befinden sich zwei Stallgebäude, die Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre gebaut wurden. Beide Ställe sind in schlechtem Zu- stand und gefährden aus hygienischer Sicht die Gesundheit der Tiere. Darüber hinaus gibt es keinen Wassertank im Betrieb. Für die Tiere besteht die Möglichkeit, das herantranspor- tierte Wasser aus Tränkwasserteichen (Culge) oder aus Wasserpfützen nach einem Regen zu trinken.

9.3 Wirtschaftlichkeit der Modellbetriebe in der Ist-Situation Als Ausgangspunkt für die Beurteilung von Optimierungsmaßnahmen muss zunächst die wirtschaftliche Ist-Situation der oben eingeführten Modellebtriebe beschrieben werden. In diesem Abschnitt wird die Ausgangssituation hinsichtlich Erlöse, Kosten sowie andere ausgewählten wirtschaftlichen Kennzahlen vorgestellt. In Tabelle 83 ist ersichtlich, dass die Modellbetriebe unterschiedliche Marktleistungen und variable Kosten je Betrieb und GVE aufweisen. Der Modellbetrieb A weist eine geringere Marktleistung je GVE im Vergleich zum Modellbetrieb B aus. Dagegen sind die variablen Kosten im Modellbetrieb B höher; dies wird maßgeblich von den Futterkosten beeinflusst, weil die Winterweidekapazität des Modellbetriebs B pro Tier nicht ausreichend ist. Somit braucht der Modellbetrieb B mehr zusätzliche Futtermittel in den Wintermonaten.

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Tabelle 83: Analyse der Ist-Situation der Modellbetriebe Modellbetrieb A Modellbetrieb B Kennzahlen (Einheit in AZN) Gesamt je GVE Gesamt je GVE Marktleistung 30.467 923 91.467 1.005 – Variable Kosten 15.004 455 50.272 552 = Gesamt-Deckungsbeitrag 15.463 469 41.195 453 – Summe der Fest- und Gemeinkosten 4.597 139 14.167 156 – Löhne 1.680 51 6.000 66 – Pachtkosten 255 8 461 5 = Gewinn 8.931 271 20.567 226 – Lohnansatz für nichtentlohnte Arbeitskräfte 4.050 123 6.750 74 – Zinsansatz für eigenes Kapital 5.566 169 12.934 142 = Unternehmergewinn -687 -21 883 10 Nettorentabilität (Gewinn/(Lohnansatz +Zinsansatz)) 93 % 104 % Quelle: Eigene Darstellung Die Fest- und Gemeinkosten je GVE des Modellbetriebs B sind höher als im Modellbetrieb A. Dies wird mit höheren Transportkosten erklärt, weil im Modellbetrieb A keine eigenen Maschinen vorhanden sind. Die höheren Lohnkosten fallen im Modellbetrieb B an, weil neben Hirten noch weitere Fremd-AK (Fahrer, Melker etc.) entlohnt werden. Aus der Kos- tendarstellung ist zu entnehmen, dass der größere Betriebstyp geringere spezifische Werte für Lohnansatz und Zinsansatz aufweist, weil eigene Faktoren in geringerem Umfang ein- gesetzt werden. Im Modellbetrieb A wird 16,5 % mehr Gewinn je GVE im Vergleich zum Modellbetrieb B erzielt. Dies ist mit höheren Betriebskosten (Festkosten, Löhne und Pachtkosten) des Mo- dellbetriebes B zu erklären. Obwohl der Modellbetrieb A einen höheren Gewinn erzielt, liegt dessen Unternehmergewinn wegen des höheren Lohn- und Zinsansatzes im negativen Bereich. Mit einer Nettorentabilität von 93 % liegt ein jedoch noch akzeptabler Zustand der Wirtschaftlichkeit des Modellbetriebs A vor. Die unterstellten Entlohnungsansprüche der Fam.-AK werden nicht vollständig gedeckt und es kann kein Überschuss erzielt wer- den. Weiter wird das Arbeitseinkommen je Familien-AK und Fremd-AK analysiert (Abb. 36). Im Jahr wird als Arbeitseinkommen 2.242 AZN pro Familien-AK und 1.834 AZN je Fremd-AK erwirtschaftet, wobei beide Werte im Vergleich zum durch- schnittlichen Gehalt (2.357 AZN) im Land einen niedrigen Betrag bilden (STATE STATIS- TICAL COMMITTEE OF AZERBAIJAN 2015). Dies bedeutet, dass der Arbeitsertrag des Mo- dellbetriebs A bei eingesetzter Arbeitszeit nicht entlohnt werden kann. Im Vergleich zum Modellbetrieb A erreicht der Modellbetrieb B nach den oben benannten Kriterien befriedigende Rentabilitätsergebnisse. Aus dem erzielten positiven Unternehmer- gewinn lässt sich ableiten, dass der Gewinn des Modellbetriebes B die Kostenansätze für die eigenen Faktoren (Familien-AK und eigenes Kapital) mit 104 % übertroffen hat. Im Zuge der Ermittlung der Arbeitsrentabilität wurde errechnet, dass 3.053 AZN als Arbeits- ertrag je nichtentlohnter Familien-AK bei Modellbetrieb B aus dem Arbeitseinsatz erwirt- schaftet werden. Darüber hinaus ist die Arbeitsentlohnung je Fremd-AK höher als der re- gionale Arbeitsertrag in Gandja-Gasach. Dies bedeutet im Zuge der Ermittlung des Ar-

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beitseinkommens, dass die eingesetzte Gesamtarbeit des Betriebs voll entlohnt werden kann. Abbildung 36: Arbeitsentlohnung in den Modellbetrieben

Arbeitseinkommen je Familien AK Arbeitseinkommen je Fremd AK

3500 3053 3030 3000

2500 2242

2000 1834

in AZN 1500

1000

500

0 Modellbetrieb A Modellbetrieb B

Quelle: Eigene Darstellung

9.4 Szenarien-Rechnungen für Investitionen in den Modellbetrieben Mit Hilfe der Wirtschaftlichkeitsanalyse sollen für die individuellen und kooperativen In- vestitionen folgende Fragen geklärt werden:  Ist eine Investition für die Modellbetriebe rentabel?  Welche Investition ist im Vergleich zu anderen Investitionsalternativen am wirt- schaftlichsten?  Welche Investition passt strategisch zu welchem Modellbetrieb? Insgesamt wurden in der vorliegenden Arbeit vier Investitionsszenarien ohne Kooperation, drei Szenarien mit Kooperation und ein Szenario für die Tierarztgemeinschaft entwickelt (Abb. 37).

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Abbildung 37: Vorgenommene Szenarien-Rechnungen in Modellbetrieben Investition ohne Kooperation Investition mit Kooperation

Investition Szenario1: in Gebäude Szenario 2: Investition in Lastkraftwagen

Szenario 2: Investition in Lastkraftwagen Szenario 3: Investition Szenario 3: Investition in Wasserlastkraftwagen & Wassertechnik Wasserlastkraftwagen & Wassertechnik Szenario 4: Investition in Futterlager Szenario 4: Investition in Futterlager

Kooperation ohne Investition

Szenario TaG* _ Kooperation im Tierarztbereich

*Tierarztgemeinschaft Quelle: Eigene Darstellung

9.4.1 Annahmen

Für die Szenarien wurden einige Annahmen getroffen. Nach Angabe von interviewten Ex- perten und Viehhaltern soll eine Verbesserung der Stallhygiene und Wasserversorgung den Verlust der Tiere bzw. Lämmer von 4 bis 15 % vermindern. Ausgehend von diesen Aussa- gen werden bei den Szenarien-Rechnungen folgende Annahmen getroffen, die eine opti- mistische Berechnung bedeuten. Die Annahmen 1 bis 4 beziehen sich auf die Investitions- szenarien mit/ohne Kooperation und Annahmen 5 und 6 auf das Szenario für die Tierarzt- gemeinschaft.  Annahme 1: Durch den Bau eines neuen Schafstallgebäudes wird die Stallhygiene verbessert, damit wird eine verbesserte Tiergesundheit erreicht und der Lämmer- verlust im Durchschnitt um 6 % vermindert.  Annahme 2: Durch den Kauf eines neuen LKWs entfallen die Lohnunternehmer- kosten für Transport der Futtermittel und der Tiere während der Wanderung.  Annahme 3: Durch den Kauf eines neuen WLKWs und dazugehörender Wasser- tanks und Tränken wird die Wasserversorgung verbessert, damit wird durch eine verbesserte Tiergesundheit der Lämmerverlust um 4 % im Durchschnitt vermindert.  Annahme 4: Durch den Bau eines neuen Futterlagers und dazu mit Annahme 2 werden die Futterkosten um 25 % verringert.  Annahme 5: Mit einer Kooperation im Tierarztbereich werden die Lämmerverluste durch regelmäßige Tierarztkontrollen und rechtzeitige Vorbeugung und Behand- lung der Tiere um 5 % im Durchschnitt vermindert.  Annahme 6: Verdoppelung der Tierarztkosten in den Betrieben durch Tierarztge- meinschaft.

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Die untersuchten Betriebe, insbesondere alle Kleinbetriebe und ein Teil der mittleren Be- triebe wären nicht in der Lage, die notwendige Investition über eine Eigenfinanzierung zu verwirklichen, welche über den erwirtschafteten Gewinn des Betriebs erfolgen müsste. Daher stellt eine Kreditaufnahme für die untersuchten Betriebe die wichtigste Finanzie- rungsmöglichkeit dar.

9.4.2 Investment- und Finanzierungsplan Es wird angenommen, dass der Bau eines Stallgebäudes für 40 GVE (oder 500 Schafplät- ze) im Modellbetrieb A und für 100 GVE (oder 1250 Schafplätze) im Modellbetrieb B geplant ist (Tab. 84). Im Rahmen der Investitionsanalyse wurde zunächst für jedes Szena- rio für jeden Modellbetrieb individuell ein fiktiver Investmentplan anhand der Betriebsda- ten aufgestellt. Basierend auf jedem Investitionsplan wurde der Finanzbedarf (Kreditbe- trag) unter Berücksichtigung der Inflation und unvorhergesehenen Kosten kalkuliert. Tabelle 84: Finanz- und Investmentplan der Modellbetriebe für individuelle Investitionen (in AZN)

Kreditberechnung*

Maßnahmen c)

- a)

b) (Jahre) Kapazität diten (Gesamt Finanzie- Szenarien Investitionsbetrag Nutzungsdauer ditkosten rungsbedarf Sonstige Kre- Sonstige Inflationsaus- gleich bei Kre- Kreditbetrag)

Modellbetrieb A Sz. 1: Gebäude 30.000 75 902 30.977 25 40 GVE Sz. 2: LKW** 20.000 50 602 20.652 10 4 Tonne Sz. 3: WLKW+*** 23.600 59 710 24.369 10 4 Tonne Sz. 4: Futtermittellager 15.000 38 451 15.489 15 30 m² Modellbetrieb B Sz. 1: Gebäude 65.000 163 1955 67.117 25 100 GVE Sz. 2: LKW* 30.000 75 902 30.977 10 8 Tonne Sz. 3: WLKW+** 37.500 94 1128 38.722 10 8 Tonne Sz. 4: Futterlager 25.000 63 752 25.814 15 60 m² a) Unvorhergesehene Kosten (0,25 % der Investition.) b) Zusätzlicher Finanzbedarf durch Inflation: 3 % (Inflation in Prozent gilt für das Wirtschaftsjahr 2012) c) Kreditrückzahlung als Annuitätendarlehen innerhalb von 10 Jahren zu einem Zinssatz von 7 %

**Kreditbetrag je Kooperationspartner **LKW: Lastkraftwagen , ***WLKW+: Wasserlastkraftwagen und dazugehörende Wassertechnik Quelle: Eigene Darstellung Im Vergleich zu den vier individuellen Investitionsszenarien wurden drei Szenarien mit Kooperation abgebildet und dafür auch relevante fiktive Investment- und Finanzpläne er- stellt (Tab. 85). Es wird angenommen dass der Modellbetrieb A mit vier anderen Betrieben und Modellbetrieb B mit zwei anderen Betrieben kooperiert, die ähnliche Betriebsstruktu- ren haben.

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Tabelle 85: Finanz- und Investmentplan der Modellbetriebe mit Kooperation (in AZN) Kreditberechnung*

*

Maßnahmen c) b)

a)

re) Kapazität kosten Szenarien Investitionsbetrag darf (Gesamt- bei Krediten Kreditbetrag) Sonstige Kredit- Sonstige Finanzierungsbe- Nutzungsdauer (Jah- Inflationsausgleich

Modellbetrieb A Sz. 1: LKW** 10000 25 301 10326 10 8 Tonne Sz. 2: WLKW+*** 13600 34 409 14043 10 8 Tonne Sz. 3: Futterlager 6250 16 188 6454 15 80 m² Modellbetrieb B Sz. 1: LKW 18000 45 541 18586 10 16 Tonne Sz. 2: WLKW+ 25500 64 767 26331 10 16 Tonne Sz. 3: Futterlager 15000 38 451 15489 15 120 m² d) Unvorhergesehene Kosten (0,25 % der Investition.) e) Zusätzlicher Finanzbedarf durch Inflation: 3 % (Inflation in Prozent gilt für das Wirtschaftsjahr 2012) f) Kreditrückzahlung als Annuitätendarlehen innerhalb von 10 Jahren zu einem Zinssatz von 7 %

**Kreditbetrag je Kooperationspartner **LKW: Lastkraftwagen, ***WLKW+: Wasserlastkraftwagen und dazugehörende Wassertechnik Quelle: Eigene Darstellung Die vorgenommenen Investitionen wurden in der vorliegenden Arbeit als Annuitätendarle- hen berechnet. Ein Kapitaldienstplan (KD-Plan) für jede vorgenommene Investi-tion mit oder ohne Kooperation ist in den Tabellen 86 und 87 zu finden. Tabelle 86: KD-Plan für individuelle Investitionen im Modellbetrieb A und B

Szenarien Nennbetrag Zins (7 %) Tilgung Kapitaldienst Laufzeit

Modellbetrieb A Sz. 1: Gebäude 30.977 13.127 30.977 44.104 10 Sz. 2: LKW 20.652 8.752 20.652 29.404 10 Sz. 3: WLKW+ 24.369 10.327 24.369 34.696 10 Sz. 4: Futterlager 15.489 6.564 15.489 22.053 10 Modellbetrieb B Sz. 1: Gebäude 67.117,00 28.443 67.117 95.559 10 Sz. 2: LKW 30.977,00 13.127 30.977 44.104 10 Sz. 3: WLKW+ 38.722,00 16.409 38.722 55.131 10 Sz. 4: Futterlager 25.814,00 10.939,33 25.814 36.753 10 Quelle: Eigene Darstellung

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Tabelle 87: KD-Plan für Investitionen mit Kooperation im Modellbetrieb A und B

Szenarien Nennbetrag Zins (7 %) Tilgung Kapitaldienst Laufzeit

Modellbetrieb A Sz. 1: LKW 10.326 4.376 10.326 14.702 10 Sz. 2: WLKW+ 14.043 5.951 14.043 19.994 10 Sz. 3: Futterlagere 6.454 2.735 6.454 9.189 10 Modellbetrieb B Sz. 1: LKW 18.586 7.876 18.586 26.463 10 Sz. 2: WLKW+ 26.331 11.158 26.331 37.489 10 Sz. 3: Futterlager 15.489 6.564 15.489 22.053 10 Quelle: Eigene Darstellung

9.4.3 Ergebnisse der Investitionsszenarien ohne Kooperation In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der vier Szenarien für Investitionen ohne Ko- operation (individuelle Investition) für jeden der beiden Modellbetriebe nach Sachkosten und Zinsaufwand sowie ausgewählten Kennzahlen der Rentabilität, Stabilität und Liquidi- tät dargestellt. Die wirtschaftlichen Ergebnisse der Szenarien werden innerhalb eines Mo- dellbetriebs mit der Ist-Situation verglichen. Die detaillierten Kosten-Leistungsrechnungen der Szenarien jedes Modellbetriebs werden im Anhang 5 dargestellt.

• Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands

In diesem Abschnitt werden die Änderungen der Sachkosten und des Zinsaufwands nach dem Fremdkapitaleinsatz in den angenommenen Szenarien der Modellbetriebe bewertet und dargestellt (Abb. 38). Im Modellbetrieb A ist der Anteil der Festkosten durch die In- vestition im Vergleich zur Ist-Situation gestiegen, für Gebäude um 26,1 %, für den LKW um 34,8 %, für den WLKW um 55,7 % und für das Futterlager um 16,5 %. Das Szenario 3 (WLKW und Zukauf der benötigten Wassertanks sowie Tränken) weist im Vergleich zu den anderen Szenarien die höchsten Sachkosten von 7.157 AZN und einen Zinsaufwand von 939 AZN auf. Dagegen hat das Szenario 4 (Investition in Futterlager) die niedrigsten Sachkosten von 5.357 AZN und einen Zinsaufwand von 398 AZN. Obwohl der Finanzbe- darf für die Investition in ein Stallgebäudes (Szenario 1) höher als in den Szenarien 2 und 3 (WLKW & dazugehörende Anlagen bzw. LKW) ist, sind die Sachkosten (5.797 AZN) und der Zinsaufwand (477 AZN) niedriger. Aufgrund einer längeren Nutzungsdauer des Ge- bäudes sind auch die jährlichen Abschreibungskosten niedriger.

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Abbildung 38: Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands der Investitionsszenarien ohne Kooperation Summe der Sachkosten Zinsaufwand für Darlehen

20000 1600 1492 18000 1400 16000 1200 14000 1193 1034 12000 939 1000 10000 796 800 8000 663 600 6000 477 400 4000 398 Sachkosten in AZN 2000 200 Zinsaufwand in AZN 0 0

Modellbetrieb A Modellbetrieb B

LKW: Lastkraftwagen, WLKW+: Wasserlastkraftwagen und dazugehörende Wassertechnik Quelle: Eigene Darstellung Im Modellbetrieb B haben sich die Festkosten im Vergleich zur Ist-Situation bei Szena- rio 1 um 18,4 %, bei Szenario 2 um 8,8 %, bei Szenario 3 um 21,3 % und bei Szenario 4 um 2 % erhöht. Der höchste Zinsaufwand von 1.492 AZN ist bei Szenario 3 und der nied- rigste Zinsaufwand von 663 AZN bei Szenario 4 anzutreffen. Bei einem Kostenvergleich innerhalb des Modellbetriebs B ist die individuelle Investition in Szenario 4 mit den nied- rigsten Sachkosten (14.433 AZN) und Zinsaufwand (663 AZN) und die Investition in Sze- nario 3 mit den höchsten Sachkosten (17.917 AZN) und Zinsaufwand (1.492 AZN) her- vorzuheben. Neben den Ergebnissen der Sachkosten und des Zinsaufwands bei den indivi- duellen Investitionsszenarien sind andere Kosten für jeden Modellbetrieb detailliert im Anhang 5 dargestellt.

• Vergleich ausgewählter Kennzahlen der Rentabilität

Die Ergebnisse der Rentabilitätsanalyse wurden für beide Modellbetriebe in individuellen Investitionsszenarien nach ausgewählten Kennzahlen bewertet und in der folgenden Abbil- dung 39 zum Vergleich innerhalb eines Modellbetriebs nebeneinander dargestellt. Die Abbildung 39 zeigt, dass für den Modellbetrieb A der Gewinn im Vergleich zur Ist- Situation durch die unterschiedlichen Investitionsmaßnahmen wegen der steigenden Fest- kosten und des Zinsaufwandes deutlich gesunken ist. Dies gilt, obwohl die Investition in Szenario 1 mit einer optimistischen Annahme den Lämmerverlust von 30 auf 24 % redu- ziert hat. Obwohl die Marktleistung um etwa 4,6 % gestiegen ist, ist der Gewinn im Ver- gleich zur Ist-Situation um 3 % gesunken. Bei Szenario 2 sind die Lohnunternehmerkosten durch einen Kauf eines neuen LKWs weggefallen. Trotzdem ist der Gewinn wegen der entstehenden Abschreibung um 26,8 % gesunken. Das Szenario 3 hat durch die Verbesse- rung der Lämmerverlustquote von 4 % eine positive Wirkung auf die Erhöhung der Markt- leistung um 3,1 %. Dennoch ist der Gewinn um 28,7 % reduziert. Trotz der Einsparung 196

von Futtermittelkosten von 25 % bei Szenario 4, sinkt der Gewinn um 13 %. In den Szena- rien 2, 3 und 4 sinkt auch die Nettorentabilität aufgrund der steigenden Festkosten und des Zinsaufwandes sehr stark ab. In der Abbildung 39 ist zudem zu sehen, dass Modellbe- trieb A seine Rentabilität nur bei Szenario 1 in einem akzeptablem Zustand halten kann. Die individuelle Investition lohnt sich aus der Sicht der Rentabilität nur im Szenario 1 mit Annahme 1. Abbildung 39: Gewinn und Nettorentabilität von Investitionsszenarien ohne Kooperation

Gewinn Nettorentabilität 25000 120 104 20000 98 100 93 93 93 90 83 79 80 15000 69 67 60 10000 40 Gewinn in AZN 5000 20 Nettorentablität in % 0 0

Modellbetrieb A Modellbetrieb B

LKW: Lastkraftwagen; WLKW+: Wasserlastkraftwagen und dazugehörende Wassertechnik Quelle: Eigene Darstellung Im Modellbetrieb B wird eine höhere Markleistung (3,3 %) bei Szenario 1 und 2,3 % bei Szenario 3 im Vergleich zur Ist-Situation erwirtschaftet. Der Gewinn wird nach der indivi- duellen Investition im Vergleich zur Ist-Situation bei Szenario 1 um 2,8 %, Szenario 2 um 11,9 %, Szenario 3 um 15,2 % und Szenario 4 um 4,5 % reduziert. Alle Investitionsszena- rien ohne Kooperation des Modellbetriebs B weisen im Vergleich zur Ist-Situation eine geringere Rentabilität aus. Da die Nettorentabilität jedoch in allen Szenarien zwischen 80 und 100 % liegt, ist noch ein akzeptabler Zustand der Rentabilität des Modellbetriebs für alle vier Szenarien gegeben.

• Vergleich ausgewählter Kennzahlen der Stabilität

Um die Stabilität der Modellbetriebe bei individuellen Investitionsszenarien zu prüfen, wurden als Kennzahlen der Fremdkapitalanteil (Verschuldungsgrad), die Fremdkapitalde- ckung und die Anlageintensität im Vermögensbereich bewertet. Die folgende Tabelle 88 weist das zusammengefasste Ergebnis der Stabilitätsanalyse nach ausgewählten Kennzah- len für die Modellbetriebe aus. Als eine wichtige Kennzahl der Stabilität zeigt die Anlagenintensität, dass sie in den Mo- dellbetrieben mit den individuellen Investitionsszenarien im Vergleich zur Ist-Situation angestiegen ist. Dies bedeutet, dass der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen

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höher ist und die Betriebe durch die Festkosten mehr belastet werden können. Zudem be- steht ein größeres Risiko, dass die Modellbetriebe bei Marktveränderungen ihre Stabilität nicht wie bei Ist-Situation halten können. Die höchste Festkostenbelastung ist durch auftre- tende neue Abschreibungen bei Szenario 1 und 3 festzustellen. Tabelle 88: Stabilitätsanalyse der Modellbetriebe nach individueller Investition (in %) Modellbetrieb A Modellbetrieb B Szenarien A.I.a FKA b FKD c A.I. FKA FKD Ist-Situation 30 0 0 34 0 0 Sz. 1-Gebäude 45 10 633 47 9 605 Sz. 2 –LKW 41 17 468 41 12 612 Sz. 3- WLKW+ 43 20 410 42 14 507 Sz. 4- Futterlager 39 9 760 39 7 943 a) A.I: Anlageintensität, b) FKA: Fremdkapitalanteil, c) FKD: Fremdkapitaldeckung Quelle: Eigene Darstellung Die Prüfung der Stabilität durch die Kennzahl Fremdkapitalanteil zeigt, dass der Modellbe- trieb A zwar im Vergleich zur Ist-Situation einen höheren Verschuldungsgrad hat, dieser aber bei allen Szenarien zwischen nur 9 und 20 % liegt. Dies gibt Auskunft über die Stabi- lität des Modellbetriebs A in allen berechneten Szenarien. Die Szenarien 1 und 4 zeigen nach Verschuldungsgrad eine bessere Stabilität als in den Szenarien 2 und 3. Aus Tabelle 88 ist ersichtlich, dass der Fremdkapitalanteil des Modellbetriebs B in den vier Szenarien zwischen 7 und 14 % beträgt. Dies zeigt, dass der Modellbetrieb B im Vergleich zu A stabiler ist und es besteht bei allen Investitionsszenarien ein geringes Risiko einer Über- schuldung. Die dritte ausgewählte Kennzahl ist die Fremdkapitaldeckung, die das Ersetzen der schnell liquidierbaren Vermögen (Maschinen und Geräte, Umlauf- und Viehvermögen) im Ver- hältnis zum Fremdkapital beschreibt. Beide Modellbetriebe zeigen in allen vier Szenarien mit deutlich über 100 % einen hohen Deckungsgrad. Dies bedeutet, dass die Betriebe das Fremdkapital durch schnell liquidierbare Vermögen bei auftretendem Risiko decken kön- nen. Die Szenarien 1 und 4 beider Modellbetriebe zeigen die höchsten Deckungsgrade. Ein hoher Deckungsgrad bedeutet eine hohe Stabilität, weil notfalls das Fremdkapital schnell und ohne hohen Wertverlust, vor allem ohne Bodenverkauf, getilgt werden kann. Im Falle der Unterdeckung wird eine zusätzliche Eigenkapitalbildung benötigt, um mittelfristig (5 bis 10 Jahre) eine möglichst vollständige Fremdkapitaldeckung durch Vieh- und Umlauf- vermögen sowie Maschinen und ggf. Finanzanlagevermögen zu erreichen.

• Vergleich ausgewählter Kennzahlen der Liquidität

Die Liquidität der Modellbetriebe bei den individuellen Investitionsszenarien wurde nach ausgewählten Kennzahlen (langfristige Kapitaldienstgrenze sowie deren Ausschöpfung) analysiert. Die Ergebnisse sind in der folgenden Abbildung 40 dargestellt. Da in den Mo- dellbetrieben für die Ist-Situation keine Verbindlichkeiten vorhanden sind und damit auch kein Kapitaldienst anfällt, ist die Liquidität der Szenarien innerhalb des Modellbetriebs nicht mit der Ist-Situation zu vergleichen, sondern lediglich untereinander.

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Wie in Abbildung 40 ersichtlich, fällt im Modellbetrieb B ein höherer Kapitaldienst ent- sprechend der höheren Kreditbetragsgrößen als im Modellbetrieb A an. Infolgedessen ist auch seine Kapitaldienstreserve höher. Die Kapitaldienstreserve entsteht durch den Abzug des Kapitaldienstes von der Kapitaldienstgrenze. Je höher die Kapitaldienstreserve eines Betriebs ist, umso weniger wird seine Kapitaldienstgrenze ausgeschöpft. Aus der Abbil- dung 40 ist zu entnehmen, dass die geringste Kapitaldienstreserve bei Szenario 2 und der höchste Kapitaldienst bei Szenario 1 des Modellbetriebs A zu beobachten. Im Modellbe- trieb B weist Szenario 1 geringste Kapitaldienstreserve und sowie höchste Kapitaldienst auf. . In beiden Modellbetrieben stehen im Szenario 4 bessere Ausstattungen mit Zah- lungsmitteln zur Verfügung. Abbildung 40: Liquiditätsanalyse der Modellbetriebe in individuellen Investitionsszenarien

langfristige Kapitaldienstgrenze Kapitaldienst langfristige Kapitaldienstreserve

20000 18465 18000 14549 16000 12929 14000 11481 12000 9315 10000 8472 AZN AZN 8000 5545 6000 4257 3860 4000 1071 2000 0

Modellbetrieb A Modellbetrieb B

LKW: Lastkraftwagen, WLKW+: Wasserlastkraftwagen und dazugehörende Wassertechnik Quelle: Eigene Darstellung Die Ergebnisse der Ausschöpfung der langfristigen Kapitaldienstgrenze nach Szenarien einschließlich der Ist-Situation sind in der Tabelle 89 zusammengestellt. Die Ausschöp- fung der langfristigen Kapitaldienstgrenze liegt in allen Investitionsszenarien unter 100 %. Dies weist auf bestehende Reserven in beiden Modellbetrieben hin. Je niedriger die Aus- schöpfung ist, desto höher ist die Kapitaldienstfähigkeit. Die Kapitaldienstgrenze ist im Szenario 1 bei beiden Modellbetrieben zu 51 % und im Szenario 2 des Modellbetriebs A zu 73 % ausgeschöpft. Die Bewertung der Ausschöpfung kann nach den üblichen Kriterien als gut bzw. ausreichend eingeordnet werden (SCHURIG & CHRIST 2011). Bei der Investition in Gebäude (Szenario 1) im Modellbetrieb A und B lässt sich die Aus- lastung der Kapitaldienstgrenze mit „gut“ bewerten. Das Szenario 2 im Modellbetrieb A erreicht eine „ausreichende“ Auslastung der Kapitaldienstgrenze. Demgegenüber ist das Szenario 2 im Modellbetrieb B mit „sehr gut“ zu bewerten. Die Ausschöpfung der langfris- tigen Kapitaldienstgrenze beider Modellbetriebe ist in den Szenarien 3 und 4 mit „sehr gut“ bewertet. Im Allgemeinen präsentiert sich Modellbetrieb B bei den Szenarien 2, 3 und

199

4 als kapitaldienstfähiger als Modellbetrieb A, da bei allen genannten Szenarien seine Aus- lastung der Kapitaldienstgrenze mit „sehr gut“ bewertet ist. Tabelle 89: Ausschöpfung der langfristigen KDG in den Modellbetrieben nach individueller Investition Szenarien Modellbetrieb A Modellbetrieb B Ist-Situation 0 % -- 0 % -- Sz. 1: Gebäude 51 % gut 51 % gut Sz. 2: LKW 73 % ausreichend 25 % sehr gut Sz. 3: WLKW+ 47 % sehr gut 32 % sehr gut Sz. 4: Futterlager 28 % sehr gut 20 % sehr gut Quelle: Eigene Darstellung nach SCHURIG & CHRIST (2011) Da in der Ist Situation der Betriebe kein Fremdkapital besteht, wird keine Ausschöpfung der langfristigen KDG bewertet. Die Ergebnisse der individuellen Investitionsszenarien verdeutlichen, dass ausgehend vom Modellbetrieb A die kleinstrukturierten Betriebe nicht in der Lage sind, allein die Investition mit Fremdfinanzierung in LKW, WLKW und Fut- terlager zu realisieren.

9.4.4 Ergebnisse der Investitionsszenarien mit Kooperation In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der drei Szenarien für Investitionen mit Koope- ration für jeden der beiden Modellbetriebe nach Sachkosten und Zinsaufwand sowie aus- gewählten Kennzahlen der Rentabilität, Stabilität und Liquidität dargestellt. Da in den Be- triebe die Investition unerwünscht waren, entfällt das Szenario 1 bei Kooperation Die wirt- schaftlichen Ergebnisse der Szenarien in innerhalb eines Modellbetriebs verglichen. Die detaillierte Kosten-Leistungsrechnung der Szenarien mit Kooperation jedes Modellbetriebs wird im Anhang 6 dargestellt.

• Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands

Die Sachkosten und der Zinsaufwand der ausgewerteten Investitionsszenarien mit Koope- ration sind für beide Modellbetriebe in Abbildung 41 zum Vergleich dargestellt. Der Kos- tenvergleich der Investitionsanalyse zeigt, dass im Modellbetrieb B das Szenario 3 die höchsten festen Sachkosten und den höchsten Zinsaufwand verursacht, dagegen weist das Szenario 4 die geringsten Beträge aus. Das Szenario 3 des Modellbetriebs A hat einen um 325 % höheren Zinsaufwand als das Szenario 4 und um 136 % mehr als das Szenario 2. Im Modellbetrieb B beträgt der Zinsaufwand des Szenarios 3 etwa 255 % mehr als bei Szena- rio 4 und 142 % mehr als bei Szenario 2.

200

Abbildung 41:Vergleich der Sachkosten und des Zinsaufwands der Investitionsszenarien mit Kooperation

Summe der Sachkosten Zinsaufwand für Darlehen

18000 1200 16000 1014 1000 14000 12000 800 10000 716 600 8000 541 6000 398 398 400

Sachkosten in Sachkosten in AZN 4000 200 Zinsaufwand in AZN 2000 166 0 0 Sz. 2: LKW Sz. 3: Sz. 4: Sz. 2: LKW Sz. 3: Sz. 4: WLKW+ Futterlager WLKW+ Futterlager

Modellbetrieb A Modellbetrieb B

Quelle: Eigene Darstellung

• Vergleich ausgewählter Kennzahlen der Rentabilität

Der Modellbetrieb A befindet sich nach der Nettorentabilitätsanalyse in allen drei Szenari- en in einem akzeptablen Zustand. Der Vergleich der Szenarien innerhalb des Modellbe- triebs A zeigt, dass bei Szenario 4 der höchste Gewinn (8.589 AZN) und Szenario 2 der niedrigste Gewinn (7.933 AZN) erzielt wird. Demgegenüber erreichen die Szenarien 2 und 4 im Modellbetrieb B gute Rentabilitätsergebnisse, da die Nettorentabilität über 100 % liegt. Dies bedeutet, dass die Entlohnung der eingesetzten eigenen Arbeit und des Kapitals in diesem Betrieb gegeben ist. In Abbildung 42 ist ersichtlich, dass das Szenario 4 aus wirtschaftlicher Sicht für beide Modellbetriebe die besten Ergebnisse erzielt. Abbildung 42: Gewinn und Nettorentabilität von Investitionsszenarien mit Kooperation

Gewinn Nettorentabilität in % 25000 120 101 102 20000 100 83 89 95 80 15000 84 60 10000 40 Gewinn in AZN 5000 20 Nettorentabilität in % 0 0 Sz. 2: LKW Sz. 3: Sz. 4: Sz. 2: LKW Sz. 3: Sz. 4: WLKW+ Futterlager WLKW+ Futterlager

Modellbetrieb A Modellbetrieb B Quelle: Eigene Darstellung

201

• Vergleich der ausgewählten Kennzahlen der Stabilität

Im Folgenden werden ausgewählte Kennzahlen der Stabilität für die Investitionsszenarien mit Kooperation dargestellt. Die folgende Tabelle 90 veranschaulicht die Ergebnisse der einzelnen Szenarien für beide Modellbetriebe. Innerhalb der Modellbetriebe weist das Sze- nario 4 die niedrigste Anlageintensität aus, welche auf eine höhere Flexibilität des Betriebs bei Anpassungen an unterschiedliche Marktbedingungen hindeutet. Der Fremdkapitalanteil zeigt auch, dass die Investition in ein Futterlager (Szenario 4) bei beiden Modellbetrieben weniger Schulden verursacht als alle anderen Szenarien. Im Allgemeinen ist der Fremdka- pitalanteil in den Modellbetriebe mit Kooperation im Vergleich zu individuellen Investiti- onen niedriger und die Fremdkapitaldeckung höher. Dies bedeutet, dass die Stabilität der Modellbetriebe gegeben ist. Daraus lässt sich ableiten, dass die Betriebe nicht leicht in Liquiditätsengpässe geraten können. Tabelle 90: Stabilitätsanalyse der Modellbetriebe mit Kooperation (Kennzahlen in %) Modellbetrieb A Modellbetrieb B Szenarien A.I. a FKA b FKD c A.I. FKA FKD Sz. 2: LKW 36 9 848 38 7 961 Sz. 3: WLKW+ 38 12 647 40 10 705 Sz. 4: Futterlager 34 4 1824 37 4 1572 a) A.I- Anlageintensität, b) FKA- Fremdkapitalanteil, c) FKD-Fremdkapitaldeckung Quelle: Eigene Darstellung

• Vergleich ausgewählter Kennzahlen der Liquidität

Aus Abbildung 43 ist ersichtlich, dass in den Modellbetrieben abhängig von ihrer Kredit- betragshöhe unterschiedliche Kapitaldienste fällig sind. In Modellbetrieb B besteht im Vergleich zum Modellbetrieb A eine höhere Kapitaldienstgrenze sowie Kapitaldienstreser- ve. Der höchste Kapitaldienst ist bei beiden Modellbetrieben in Szenario 3 zu sehen. Das Szenario 4 zeigt, dass die Betriebe höhere Kapitaldienstgrenzen aufweisen als andere Sze- narien und dass den Betrieben bessere Ausstattungen mit Zahlungsmitteln zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse der Ausschöpfung der langfristigen Kapitaldienstgrenze (KDG) sind in Tabelle 91 zusammengestellt. Die langfristige Kapitaldienstgrenze ist in allen Szenarien zu weniger als 50 % ausgeschöpft. Dies bedeutet, dass in den Betriebe mehr als 50 % der Ka- pitaldienstgrenze als Reserve zur Verfügung stehen und dass die Betriebe nicht vor der Gefahr stehen, die Grenze zu überschreiten. Danach ist die Auslastung der Kapitaldienst- grenze mit „sehr gut“ zu bewerten. Demnach sind nach der Liquiditätsanalyse beide Mo- dellbetriebe bei Investitionsszenarien mit Kooperation fähig, ihren Zahlungsverpflichtun- gen nachzukommen.

202

Abbildung 43: Liquiditätsanalyse der Investitionsszenarien mit Kooperation

langfristige Kapitaldienstgrenze Kapitaldienst langfristige Kapitaldienstreserve

20000 18000 15774 16305 16000 13885 14000 12000 10000

AZN 7385 8000 6432 6071 6000 4000 2000 0 Sz. 2: LKW Sz. 3: WLKW+ Sz. 4: Sz. 2: LKW Sz. 3: WLKW+ Sz. 4: Futterlager Futterlager

Modellbetrieb A Modellbetrieb B

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 91: Ausschöpfung der langfristigen KDG in den Modellbetrieben nach Investition mit Kooperation Szenarien Modellbetrieb A Modellbetrieb B Sz. 2: LKW 19 sehr gut 14 sehr gut Sz. 3: WLKW+ 25 sehr gut 21 sehr gut Sz. 4: Futterlager 11 sehr gut 12 sehr gut Quelle: Eigene Darstellung

9.4.5 Ergebnisse der Tierarztgemeinschaft In diesem Abschnitt werden die wirtschaftlichen Ergebnisse der Betriebe unter dem Szena- rio einer Tierarztgemeinschaft (TaG) dargestellt. Zur erfolgreichen Bewirtschaftung eines Betriebs gehört die gute tierärztliche Betreuung. Durch rechtzeitliche Vorbeugung und Behandlung kann der Tierverlust gemindert werden. Es wird davon ausgegangen, dass eine verbesserte tierärztliche Betreuung den Lämmerverlust von 40 auf 25 % verringern kann. Eine Tierarztgemeinschaft kann die Möglichkeit bieten, die tierärztliche Betreuung zu ver- bessern. Angenommen wird eine Tierarztgemeinschaft mit dem jeweiligen Veterinärdienst vor Ort. Bevor sich die Betriebe für eine Tierarztgemeinschaft entscheiden, sollten Viehhalter und Tierärzte zuerst einige Rechte und Pflichten regeln und dies in einem Vertrag festhalten. Durch den Vertrag kann das gegenseitige Vertrauen verstärkt werden und die qualitativ hochwertige tierärztliche Betreuung gesichert werden. Die Regelungspunkte sowie die Abgrenzung des Leistungsumfangs sollten zuerst unter den Viehhaltern und Tierärzten diskutiert werden. Darüber hinaus ist die Höhe und Form der Betreuungsgebühr zu klären, z.B. ob Entlohnungen pro Betriebsbesuch oder nach dem Umfang des Tierbestandes (AZN/Tier) erfolgen sollen. Bei der Zusammenarbeit ist vor allem der Umfang des Tierbe- stands der Besitzer ein wichtiges Kriterium. Daneben sind die Größe des Tierbestands der Hirten und ggf. deren Mitversorgung zu berücksichtigen. Es sollen folgende Regeln und

203

Pflichten vom Tierarzt des jeweiligen Veterinärdienstes und von den Viehhaltern in einer Zusammenarbeit erfüllt werden: Vom Tierarzt:  Festlegung der Untersuchungstermine,  Festlegung der Vorbeugungs- und Behandlungsmaßnahmen,  Die Bereitschaft bei Neueinstellungen und akuten Krankheitsfällen zeitnah auf den Betrieb zu kommen,  Erstellung und Zusendung eines Protokolls nach jedem Besuch,  Kommunikation von Anweisungen der Medikamentenanwendungen etc.. Vom Viehhalter:  Benachrichtigung des Tierarztes und der Kooperationspartner über einen veränder- ten Tierbestand,  Kommunikation von erfolgten Arzneimittelanwendungen an den Tierarzt,  Einhaltung der tierärztlichen Anweisungen zur Anwendung und Aufbewahrung von Medikamenten,  Rechtzeitige Benachrichtigungen bei Neueinstellungen und akuten Krankheitsfällen etc.. In Tabelle 92 sind die wirtschaftlichen Ergebnisse des Szenarios zur Tierarztgemeinschaft zum Vergleich neben der Ist-Situation dargestellt. Es wird angenommen, dass Modellbe- trieb A die Tierarztgemeinschaft (TaG) mit vier weiteren Partnern und Modellbetrieb B mit zwei weiteren Partnern gründet. Tabelle 92: Auswirkungen der Tierarztgemeinschaft auf ausgewählte Kennzahlen der Wirtschaftlichkeit Bezeichnung Einheit Modellbetrieb A Modellbetrieb B Ist TaG* +/- Ist TaG** +/- Marktleistung AZN 30.467 31.404 937 91.467 93.094 1627 Variable Kosten AZN 15.004 15.474 470 50.272 51.215 943 Gesamtdeckungsbeitrag AZN 15.463 15.930 467 41.195 41.879 684 Summe der Festkosten AZN 4.597 4.597 0 14.167 14.167 0 Gewinn AZN 8.931 9.398 467 20.567 21.251 684 Nettorentabilität % 93 98 5 104 108 4 *4 beteiligte Partner, **2 beteilige Partner Quelle: Eigene Darstellung Die Tierarztkosten haben in der Ist-Situation einen Anteil von 3,7 % an den variablen Kos- ten im Modellbetrieb A und 4 % im Modellbetrieb B. Durch die qualitativ hochwertige Betreuung der Tiergesundheit in der Tierarztgemeinschaft verdoppeln sich die Tierarztkos- ten in den Betrieben. Für die Viehhalter sind Tierarztkosten im Wesentlichen ein betriebs- wirtschaftlicher Faktor, weil sich niedrige Tierarztkosten direkt auf den Gewinn des Vieh- halters auswirken (LINK 1995). Es wird davon ausgegangen, dass durch die Verbesserung der Lämmerverlustquote mit der Kooperation eine höhere Marktleistung in den Modellbe- trieben erzielt werden kann. Wie aus der Tabelle 92 ersichtlich ist, haben die Modellbetrie- be tatsächlich mit der angenommenen Tierarztgemeinschaft höhere Marktleistungen im Vergleich zur Ist-Situation erwirtschaftet. So ist eine Erhöhung der Erlöse um 3,1 % in Modellbetrieb A und um 1,8 % in Modellbetrieb B zu beobachten. Gleichzeitig sind die

204

variablen Kosten durch die Verdopplung der Tierarztkosten im Modellbetrieb A um 3,1 % und um 1,9 % im Modellbetrieb B gestiegen. Durch die Erhöhung der Erlöse ist der Gewinn im Modellbetrieb A um 5,2 % und um 3,3 % im Modellbetrieb B im Vergleich zur Ist-Situation angestiegen. Der steigende Ge- winn hat eine Verbesserung der Nettorentabilität um 5 bzw. 4 Prozentpunkte zur Folge. Die Analyse zeigt, dass die Kooperation in einer Tierarztgemeinschaft die Ist-Situation deutlich verbessern kann, wenn die Voraussetzungen der Partner erfüllt werden.

9.4.6 Vergleichende Bewertung der Szenarien-Rechnungen In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der Analyse von Investitionsszenarien beider Modellbetriebe vorgestellt. In erster Linie sind die Kapitalkosten innerhalb der Modellbe- triebe mit/ohne Kooperation zu vergleichen (Tab 93 und 94). Die Investitionstätigkeit mit Kooperation führt bei den Modellbetrieben zu geringeren Anschaffungskosten bei Maschi- nen und Futterlagern. Beide Modellbetriebe benötigen für die Investitionen mit Kooperati- on einen geringeren Kreditbetrag im Vergleich zu den individuellen Investitionen. Die ge- ringeren Anschaffungskosten bedeuten für den Betrieb weniger Abschreibungskosten und damit auch weniger Festkostenbelastung durch die Fremdfinanzierung. In Tabellen 92 und 93 ist ersichtlich, dass die Modellbetriebe durch die Kooperation je nach Investitionsmaß- nahme die Anschaffungskosten im Vergleich zur individuellen Investition um bis zu 58 % und damit auch ihre Festkosten um bis zu 20 % verringern können. Ausgehend von Mo- dellbetrieb A ist festzuhalten, dass bei Kleinbetrieben die Investitionen mit Kooperation zu einer Verringerung der entstehenden Abschreibungskosten und der damit verbundenen Zinsaufwände führen. Tabelle 93: Einsparung der Anschaffungskosten durch Kooperation (in AZN)

Modellbetriebe Szenario ohne Kooperation mit Kooperation Einsparung (%)

Modellbetrieb A LKW 20.000 10.000 50,0 (4 Kooperations- WLKW+ 23.600 13.600 58,3 partner) Futterlager 15.000 6.250 42,4 LKW 30.000 18.000 40,0 Modellbetrieb B (2 WLKW+ 37.500 25.500 32,0 Kooperationspartner) Futterlager 25.000 15.000 40,0 Tabelle 94: Verringerung der Festkosten durch Kooperation (in AZN) Modellbetriebe Szenario ohne Koopera- mit Kooperation Verringerung (%) tion Modellbetrieb A LKW 6.993 5.595 20,0 (4 Kooperationspartner) WLKW+ 8.096 6.498 19,7 Futterlager 5.755 4.940 14,2 Modellbetrieb B (2 LKW 16.610 14.843 10,6 Kooperationspartner) WLKW+ 19.409 17.731 8,6

Futterlager 15.096 14.515 3,8 Quelle: Eigene Darstellung Im Folgenden werden die Investitionsszenarien der Modellbetriebe nach ihrer Rentabilität in verschiedenen Vergleichen dargestellt. Die Ergebnisse der Investitionsszenarien sind in 205

Tabelle 95 zusammengestellt. Sie veranschaulichen die deutlichen wirtschaftlichen Unter- schiede der Investitionsszenarien mit und ohne Kooperation. Der Vergleich der Investiti- onstätigkeiten wird innerhalb der Szenarien wie nachfolgend durchgeführt:  Vergleich der individuellen Investitionen mit der Ist-Situation,  Vergleich der Investitionen in Kooperation mit der Ist-Situation,  Vergleich der Investitionen mit und ohne Kooperation. Tabelle 95: Vergleich der Investitionsszenarien nach Rentabilität in Modellbetrieben Kenngrößen Szenario Ist Verfahren Individuelle Koop. Vergleich1 Vergleich2 Vergleich3 Investition Invest. +/- +/- +/-

Modellbetrieb A Gebäude 93 83 -- -10 -- -- LKW 93 69 83 -24 -10 +14

WLKW 93 67 84 -26 -9 +17

Nettoren- tabilität (%) Futterlager 93 79 89 -14 -4 +10 Gebäude 8.931 8.660 -- -271 - LKW 8.931 6.536 7.933 -2.395 -998 1397 WLKW 8.931 6.370 7.967 -2.561 -964 1597

Gewinn (AZN) Futterlager 8.931 7.773 8.589 -1.158 -342 816 Modellbetrieb B Gebäude 104 93 -- -11 -- -- LKW 104 93 101 -11 -3 +8

WLKW 104 90 95 -14 -9 +5

Nettoren- tabilität (%) Futterlager 104 98 102 -6 -2 +3 Gebäude 20.567 19.985 -- -582 -- LKW 20.567 18.124 19.802 -2.443 -765 1.678 WLKW 20.567 17.442 18.630 -3.125 -1.937 1.188

Gewinn (AZN) Futterlager 20.567 19.638 20.219 -929 -348 581 1) Individuelle Investitionen mit Ist-Situation 2) Investitionen in Kooperation mit Ist-Situation 3) Investitionen mit ohne Kooperation

Quelle: Eigene Darstellung

Vergleich der individuellen Investitionen mit der Ist-Situation: Die individuellen In- vestitionen im Modellbetrieb A führen zu einem niedrigeren Gewinn (minus 2.395 AZN bei LKW, 2.561 AZN bei WLKW+ und 1.158 AZN beim Futterlager). Die Nettorentabili- tät der individuellen Investitionen in Maschinen und Futterlager ist im Modellbetrieb A durch den Fremdkapitaleinsatz deutlich gesunken und damit gerät der Betrieb in den un- wirtschaftlichen Bereich. Daher ist die Aussage zu treffen, dass individuelle Investitionen bei WLKW+, LKW und Futterlager im Modellbetrieb A mit Fremdkapitaleinsatz nicht realisierbar und damit auch nicht empfehlenswert sind. Bei einer Investition in Gebäude sinkt die in der Betriebsanalyse unterstellte Nettorentabilität im Vergleich zur Ist-Situation um 10 % und der Gewinn um 271 AZN.

206

Im Modellbetrieb B führen die individuellen Investitionen zu einem niedrigeren Gewinn (minus 582 AZN bei Gebäuden, 2.443 AZN bei LKW, 3.125 AZN bei WLKW+ und 929 AZN beim Futterlager). Infolgedessen sinkt die Nettorentabilität entsprechend der Investitionstätigkeit um 6 bis 11 % ab. Ausgehend von der Analyse ist der Schluss zu zie- hen, dass alle Investitionsszenarien ohne Kooperation realisierbar erscheinen, solange die wirtschaftliche Stabilität gegeben ist. Die Stabilitätsanalyse zeigt wiederum, dass der Be- trieb trotz Fremdkapitaleinsatz kurzfristig und ggf. auch mittelfristig bei eintretendem Ri- siko stabil ist. Vergleich der Investitionen in Kooperation mit der Ist-Situation: Da kein Investitions- szenario mit Kooperation bei Gebäuden unterstellt wurde, wird hier ein Vergleich der In- vestitionstätigkeiten in LKW, WLKW+ und Futterlager innerhalb der Szenarien und Mo- dellbetriebe vorgenommen. Die Investition mit Kooperation führt im Modellbetrieb A zwar zu einer Verschlechterung der Ist-Situation, aber der wirtschaftliche Zustand des Betriebs ist in den Szenarien immer- hin als akzeptabel zu bewerten. Der Modellbetrieb A erzielt im Vergleich zur Ist-Situation einen niedrigeren Gewinn (minus 998 AZN bei LKW, 964 AZN bei WLKW und 342 AZN bei dem Futterlager). Dementsprechend ist mit steigender Investitionssumme ein Absinken der Nettorentabilität zu beobachten. Die Analyse des Fremdkapitalanteils und der Anla- geintensität gibt Auskunft über die Stabilität des Betriebs. Die Investition in das Futterla- ger zeigt sich im Vergleich zu den anderen Maßnahmen als wirtschaftlicher. Zur Verbesse- rung der Ist-Situation kann mit der Investition mit Kooperation in ein Futterlager als ein guter Ansatz zur Lösung der vorherrschenden Probleme begonnen werden. In Tabelle 95 ist zu sehen, dass die Investitionstätigkeiten in Maschinen und Futterlager bei Modellbetrieb B zu einer Verschlechterung der ökonomischen Situation im Vergleich zur Ist-Situation führen, aber im Vergleich zu Modellbetrieb A ist die Wirtschaftlichkeit bei Investition in LKW und Futterlager rentabel, und nur bei WLKW+ als akzeptabel zu be- werten. Die Nettorentabilität ändert sich bei der Investition in einen LKW um 3 %, bei WLKW+ 9 % und beim Futterlager um 2 % negativ. Die Differenz beim Gewinn beträgt bei der Investition in einen LKW 765 AZN, 1.937 AZN bei WLKW+ und 348 AZN bei Futterlager. Die Investition mit Kooperation in LKW und Futterlager bei Modellbetrieb B lohnt sich mehr als die Anschaffung eines WLKW und der dazugehörigen Wassertechnik. Vergleich der Investitionen mit und ohne Kooperation: Insgesamt stellen sich die In- vestitionen mit Kooperation im Vergleich zur individuellen Investition als wirtschaftlicher dar. Zum Vergleich der Investitionen sind drei Maßnahmen vorzustellen. In Tabelle 954 ist zu sehen, dass, im Vergleich zur individuellen Investition und abhängig von den Investiti- onssummen, die Nettorentabilität durch Kooperation im Modellbetrieb A um 14 % bei LKW, um 17 % bei WLKW+ und um 10 % bei der Futterlager-Investition gestiegen ist. Der Gewinn im Modellbetrieb A hat sich auch entsprechend der Investitionsgrößen um 1.397 AZN bei LKW, 1.597 AZN bei LKW und 816 AZN beim Futterlager positiv verän- dert. Die individuelle Investitionstätigkeit in Maschinen und bauliche Anlagen (Futterlager) führt erwartungsgemäß auch bei Modellbetrieb B zu einer Verbesserung der ökonomischen Situation im Vergleich zur Investitionstätigkeit ohne Kooperation. Die Tabelle 95 veran-

207

schaulicht, dass durch eine Kooperation mehr Gewinn (1.678 AZN bei LKW, 1.188 AZN bei WLKW+ und 581 AZN beim Futterlager) erzielt werden kann. Die Nettorentabilität hat sich auch beim Vergleich zur Investitionstätigkeit ohne Kooperation um 8 % bei LKW, 5 % bei WLKW+ und 3 % bei Futterlager positiv geändert.

208

10 Diskussion und Empfehlungen

Die folgenden Abschnitte der Diskussion gliedern sich nach der Zielsetzung und den For- schungsfragen, die in der Einleitung im Abschnitt 1.2 gestellt wurden. Es werden folgende Themen diskutiert:  die methodische Herangehensweise (Abschnitt 10.1),  Entwicklung der Tierhaltung und Nutzungsintensität der Weideflächen (Abschnitt 10.2),  Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe (Abschnitt 10.3),  die Ist-Situation der Wanderschafhaltungsbetriebe (Abschnitt 10.4),  Bewertung der Investitionsrechnungen (Abschnitt 10.5),  Bewertung der Tierarztgemeinschaft (Abschnitt 10.6). Im Abschnitt 10.7 wird der weitere Forschungsbedarf aufgezeigt. Aus den Ergebnissen und deren Diskussion werden Empfehlungen an die Viehhalter und die zuständigen Organisati- onen im Abschnitt 10.8 abgeleitet.

10.1 Diskussion des methodischen Herangehensweise In diesem Abschnitt werden die Schwierigkeiten bei der Datenerhebung, die Methoden der Wirtschaftlichkeitsanalyse, der Szenario-Rechnungen zu den Investitionen mit ohne Ko- operation sowie die Kategorisierung der Betriebe diskutiert. Schwierigkeiten bei der Datenerhebung: Viele wissenschaftliche Untersuchungen der Untersuchungsregion Gandja-Gasach liegen im Bereich der Pflanzenproduktion, zur Wirt- schaftlichkeit im Tierhaltungsbereich sind jedoch kaum Arbeiten von nationalen Forschern zu finden. Für die Autorin waren die fehlenden Voruntersuchungen eine große Motivation für diese Arbeit. Aufgrund der fehlenden wissenschaftlichen Literatur zur Wanderschafhal- tung in Aserbaidschan beruht die vorliegende Arbeit auf eigenen Datenerhebungen sowohl von Tierhaltungsbetrieben als auch von Experten. Es wurde ein ausführlicher Fragebogen sowie ein Leitfaden für narrative Interviews mit Experten entwickelt. Die Autorin hatte das Ziel, die Daten von 200 Betrieben durch Interviews mit Betriebsleitern zu erheben. Ob- wohl bereits Erfahrungen im Rahmen des Forschungsprojektes „PUGASMOS“ vorlagen, gab es Schwierigkeiten bei der Datenerhebung. Der überwiegende Teil der Schwierigkei- ten ergab sich aus der schlechten Infrastruktur auf den Weiden und den daraus resultieren- den Transportproblemen. Eine weitere Schwierigkeit war, glaubwürdige Daten besonders von Lohnhirtenbetrieben zu erheben, da aus methodischen Gründen nur Daten von Her- denbesitzern erhoben werden sollten. Auf manchen Lohnhirtenbetrieben waren die Besit- zer jedoch im Betrieb nicht oder sehr begrenzte Zeit anwesend. Daher wurden, soweit möglich die angestellten Betriebsleiter befragt. In einigen Betrieben blieb es aber unklar, wem der Hof oder die Herde wirklich gehört und ob die Angaben der Betriebsleiter der Wahrheit entsprechen oder nicht. Solche Betriebe wurden nach Möglichkeit nochmals be- sucht und das Interview mit dem Hofbesitzer geführt, mit denen die Datenerhebung meist schneller und unkomplizierter durchzuführen war. Als Nachteil der Methode, nur den Be- 209

triebsbesitzer zu befragen, ist die Subjektivität zu nennen, da Daten nicht trianguliert wer- den konnten. Im Interview nahmen die Angaben über die Kostenfaktoren meist den größ- ten Raum ein. Auf Familienbetrieben waren meistens Familienmitglieder bei der Befragung anwesend, dies erschwerte zum Teil die Durchführung der Interviews und machte sie zeitlich sehr aufwändig. Um besondere Schwierigkeiten bei der Datenaufnahme besonders bei Beteili- gung mehrerer Personen zu minimieren und Misstrauen auf Seiten der Interviewten abzu- bauen, wurde in vielen Interviews die gegenseitige Vorstellungsphase (Warming-Up) ver- längert, es wurden schon am Anfang allgemeine Themen wie zur Landwirtschaft während und nach Sowjetzeit angesprochen und Eisbrecher-Fragen für den Vertrauensaufbau ge- stellt. Erst danach wurde der Betriebsleiter identifiziert und explizit um ein Interview gebe- ten. Diese Maßnahmen zum Vertrauensaufbau zwischen Befragten und Interviewer mach- ten die Gesprächsatmosphäre einfacher (FLICK 2014; MAYER 2013; PORST 2011; ENGEL ET AL. 2012). Jedoch zeigte die explorative Auswertung der Interviews, dass besonders bei Lohnhirtenbetrieben mit vielen Tieren widersprüchliche Angaben auftraten oder die In- formationen unvollständig waren. Um die Datenerhebung logistisch machbar zu gestalten, wurde nur Betriebe in zwei Rayons (Shamkir und Gedebey) ausgewählt. Dabei war die Anwendung des Schneeballverfahrens als Auswahlmethode bei der Erhebung der Daten adäquat. Die Datenerhebung zu Arbeitskräften, vor allem Familien-AK hat mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen. Die jährlichen Arbeitsstunden nach erbrachter Leistung wurden so- wohl für die Familien- (2700 AKh) als auch für die Fremd-AK (2400 AKh) von der Auto- rin anhand von Angaben der Viehhalter und durch eigene Beobachtungen ermittelt und danach pauschal berechnet. Daher kann die Arbeitszeitleistungsberechnung in der vorlie- genden Arbeit von anderen Berechnungen sowohl in Deutschland als auch in Aserbaid- schan abweichen. Obwohl die Arbeitsstunde pro Tierverfahren pauschal erstellt werden konnte, ergaben sich Schwierigkeiten bei der Erstellung des genauen Zeitbedarfs pro er- brachte Leistung z.B. für Melken, Heumachen, Verkauf von Produkten etc., weil die Vieh- halter selbst keine genauen Informationen geben konnten. Wirtschaftlichkeitsanalyse: Da eines der Hauptziele dieser Arbeit die Analyse der Ist- Situation der Wanderschafhaltungsbetriebe aus ökonomischer Sicht ist, bietet sich metho- disch die Verwendung der Wirtschaftlichkeitsanalyse an (KAY ET AL. 2012; MUßHOFF & HIRSCHAUER 2011). Die Deckungsbeitragsrechnung und ausgewählte Kennzahlen der Ren- tabilität wurden am Beispiel eines typischen Betriebs vorgestellt. Damit konnten betriebli- che Kosten und Leistungen verschiedener Produktionsverfahren mit hohem Detaillierungs- grad erfasst und verglichen werden. Der Deckungsbeitrag ist als untergeordnete Kennzahl für den Vergleich der Wirtschaftlichkeit zwischen landwirtschaftlichen Betrieben sinnvoll. In dieser Arbeit wurde als Kalkulationsmethode des Deckungsbeitrags die Konstatierrech- nung (Betriebsvoranschlag) verwendet (SCHLAUDERER 2006; DABBERT & BRAUN 2009). Dabei wurden bestimmte variable Kosten wie Verzinsung des Tiervermögens sowie Kos- ten für saisonale AK, Maschinenmiete, Hirtentierkosten und Lohnunternehmen nicht vom Deckungsbeitrag jeder Tierart abgezogen, sondern als variable Spezialkosten kategorisiert und unter Gemeinkosten vom Gesamt-Deckungsbeitrag subtrahiert. Dieses Rechenverfah- ren ist für die vorliegende Arbeit optimal, weil eine Zuteilung der oben genannten variab- 210

len Spezialkosten zu den Tierhaltungsverfahren zwar möglich, aber mit großem Aufwand verbunden wäre, und mit dem angewendeten Verfahren die damit verbundenen Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung minimiert werden. Neben der Berechnung des De- ckungsbeitrages ist ebenfalls die Deckungsbeitragsrate ein wesentlicher Indikator für die Wirtschaftlichkeit der Tierhaltungsverfahren (KAY ET AL. 2012; NUTHALL 2011). Es ist auch zu erwähnen, dass bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse die Aufstellung der Kos- ten eine große Bedeutung hat. Die wichtigsten Kostenpositionen in der Tierhaltung sind die Bestandsergänzungs- und Futterkosten. Die Ergebnisse der Deckungsbeitragsberech- nung zeigen, dass der Anteil der Bestandsergänzungskosten im Vergleich zu anderen Kos- tenpositionen sehr hoch ist, unter anderem weil die variablen Spezialkosten an dieser Stelle der Rechnungen noch nicht mit einbezogen sind. Die untersuchten Betriebe haben grundsätzlich die zwei Möglichkeiten, natürliches Futter der Weideflächen und/oder angekauftes Grund- und Kraftfutter zu nutzen. Der unter- schiedliche Nährstoffgehalt des natürlichen Futters der Weideflächen wurde in der vorlie- genden Arbeit nicht betrachtet, weil die Erfassung genauer Daten dazu und deshalb eine geldliche Bewertung des Futters auf Winter- und Sommerweideflächen nicht möglich war. Es erfolgte folglich keine Bewertung des Weidefutters in der Kostenberechnung. Es wurde ausschließlich Pachtpreise bzw. -ansätze pro Hektar als Festkosten in die Betriebsanalyse eingeschlossen. Die Menge der zugekauften Futtermittel wurde von den Betrieben pau- schal erhoben und basierend auf dem Tierbestand in GVE den Tierhaltungsverfahren ange- rechnet. Als ausgewählte Kennzahlen der Rentabilität sind hier der Gewinn, Unternehmergewinn und die Nettorentabilität herauszustellen. Mit der Berechnung wurde analysiert, ob der erzielte Gewinn in den Betrieben im positiven oder negativen Bereich liegt und ob er die kalkulatorischen Faktorkosten decken kann. Jedoch kann die Entlohnung der eingesetzten eigenen Faktoren durch Ermittlung des Gewinns allein nicht beurteilt werden. Nur mit dem Unternehmergewinn kann eine Aussage getroffen werden, ob die eingesetzten eigenen Faktoren entlohnt werden können und ob darüber hinaus ein Überschuss erzielt werden kann. Jedoch kann man auch mit Hilfe des Unternehmergewinns nicht genau bestimmen, ob das Arbeitseinkommen im positiven oder negativen Bereich liegt. Dafür ist jedoch die Analyse der Nettorentabilität gut geeignet und gibt genau Auskunft, zu welchem Prozen- tanteil die eingesetzten eigenen Faktoren entlohnt werden können, obwohl keine tatsächli- chen Auszahlungen für die eigene Arbeit und Eigenkapital anfallen. Warum wurde die Nettorentabilität als Kennzahl für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit in den untersuchten Betrieben ausgewählt? Die Nettorentabilität als Kennzahl macht den Betriebserfolg ver- gleichbar und gewinnt als Vergleichsmaßstab bei Betriebe zunehmend an Bedeutung (BLANCK & BAHRS 2010, 2011). Obwohl die Nettorentabilität eine der Kennzahlen der Rentabilität ist, ist sie aber nicht für die gesamte Wirtschaftlichkeit ausreichend aussage- kräftig (BLANCK & BAHRS 2011). Die Nettorentabilität hat eine enorme Bedeutung, wenn die Möglichkeit zu einer alternativen Beschäftigung besteht oder Alternativen zum Einset- zen des Eigenkapitals vorhanden sind. Denn die Nettorentabilität hängt stark vom Ansatz der Opportunitätskosten ab, die in der vorliegenden Arbeit vorrangig durch Lohnansatz und Zinssatz beeinflusst werden. Es war kein Pachtansatz aufgrund der Pachtweideflächen zu berechnen. Die Höhe des kalkulatorischen Lohnansatzes ist von den landesspezifischen 211

Löhnen abhängig, die die eingesetzten Familienarbeitskräfte außerhalb des eigenen Betrie- bes erhalten könnten. Die Höhe des kalkulatorischen Zinsansatzes orientierte sich an der Zinshöhe (10 %), die das eingesetzte eigene Kapital als Anlage in einer Bank mit verein- barten Kündigungsfristen erreichen würde oder wenn in einem anderen Bereich der Wirt- schaft investiert werden würde. Die Hyperinflation und Krise in Aserbaidschan haben je- doch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion das Vertrauen in die Banken gestört. Zudem sind mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft zu beobachten. Mit diesen Punkten könnte argumentiert werden, dass die Berechnung der Nettorentabilität unangemessen ist. Wenn ein kleiner Betrieb nach seiner Nettorentabilität nicht mehr wirtschaftlich wäre und vor dem Verlust stünde, würde der Besitzer das ver- bleibende Kapital aufgrund mangelnden Vertrauens niemals bei einer Bank anlegen, son- dern stattdessen in einem anderen Bereich der Wirtschaft investieren oder das Kapital ver- konsumieren. In diesem Fall hätte tatsächlich die Berechnung der Nettorentabilität keine Bedeutung. Als positiv ist jedoch zu sehen, dass die Nettorentabilitätsberechnung sinnvoll für Geschäftsleute ist, die in die Schafhaltung investieren möchten. Beobachtungen der Autorin und die steigende Tieranzahl nach statistischen Daten zeigen, dass viele Geschäfts- leute kurzfristig Geld verdienen möchten und deshalb in Schafhaltung investieren. Investitionen: Die Investitionsszenarien in der vorliegenden Arbeit wurden ausgehend von eigenen Erhebungen und Kalkulationen gebildet und vergleichbar gemacht, so dass die Auswirkungen von Investitionstätigkeiten auf die Wirtschaftlichkeit von Betrieben unter- sucht werden konnten. Dabei war es notwendig, von der individuellen, einzelbetrieblichen Situation zu abstrahieren, um die Ergebnisse der Investitionen mit und ohne Kooperation sowohl innerhalb eines Betriebes als auch zwischen den Betrieben vergleichbar zu machen. Die als Basis für die Investitionsszenarien dienenden Betriebe sind zwar als Modellbetrie- be konzipiert, aber sie existieren nach ihren Basisdaten auch tatsächlich und sind nach dem Median des Tierbestandes ausgewählt worden. Durch die Abstraktion von betriebsspezifi- schen Besonderheiten können über die Modellbetriebe hinaus allgemeingültige Aussagen zu ähnlichen Betrieben mit ähnlichen Investitionsvorhaben abgeleitet werden. Für die Berechnung der Investitionsszenarien in den Modellbetrieben wurde eine gesamt- betriebliche statische Kalkulation auf der Basis von Deckungsbeitragskalkulationen aus- gewählt. Dies trägt den vielfältigen Beziehungen zwischen den einzelnen betrieblichen Teilbereichen Rechnung und hat weiterhin den Vorteil, dass wichtige ökonomische Zu- sammenhänge in einem leicht überschaubaren Konzept dargestellt werden können (SCHLAUDERER 2006; BRANDES 1992; MUßHOFF & HIRSCHAUER 2013). Jedoch ist die ge- naue Beurteilung der Liquidität schwierig, da aufgrund fehlender Basisdaten der Buchhal- tung kein Cashflow berechnet werden konnte (HEESEN 2014). Für die Beurteilung der Li- quidität in den Betrieben wurden daher als Kennzahlen die Kapitaldienstgrenze und deren Ausschöpfung ausgewählt und bewertet. Auch die Laufzeit von Krediten wurde den tat- sächlichen Verhältnissen angepasst: Bei der Datenerhebung wurden Kreditlaufzeiten von maximal 7 Jahren angegeben (siehe Kapitel 3.5). Es wäre jedoch laut Aussagen der Inter- viewpartner in der Realität von Aserbaidschan nicht möglich, einen Kredit für eine Investi- tion eines Stallgebäudes mit 25 Jahren Laufzeit aufzunehmen. In den Investitionsszenarien wurde deshalb die Kreditlaufzeit im Finanzplan auf 10 Jahre festgesetzt, was von der Auto- rin als realitätsnah eingeschätzt wird.

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Kategorisierung: Ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit war die Kategorisie- rung der mobilen Tierhaltung in Aserbaidschan mit dem Ziel, eine gruppenspezifische Schwachstellenanalyse durchführen zu können und daraus Verbesserungspotentiale abzu- leiten. Dies war notwendig, da zu einer Kategorisierung der Wanderschafhaltung nach En- de der Sowjetzeit kaum wissenschaftliche Literatur vorliegt. Demzufolge waren keine Vor- informationen dazu vorhanden, wie sich die Wanderschafhaltungsbetriebe nach Organisa- tionsformen, Form der Fernweidewirtschaft und Größenklasse voneinander unterscheiden. Daher sind anhand von im Datenmaterial identifizierten Unterscheidungsmerkmalen die untersuchten Betriebe nach Formen der Fernweidewirtschaft in zwei Gruppen, nach Orga- nisationsformen in vier Gruppen und nach Größenklassen in drei Gruppen kategorisiert worden. Die Kategorisierung nach Größenklasse ist hier zu diskutieren. Es wurde der Tierbestand als Kriterium herangezogen und es wurden drei Tierbestandsgrößenklassen unterschieden. Zwar wäre grundsätzlich auch die Bildung kleinerer Klassen möglich, jedoch würde dies das vorhandene Gesamtbild der Unterschiede zwischen Größenklassen nicht grundlegend verändern. Mit der gewählten Unterteilung in drei Größenklassen können die systemati- schen Unterschiede am besten abgebildet werden, insbesondere was die Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Systeme betrifft. In der Abwägung, ob nicht auch der Arbeitskräftebesatz (AK) oder die Weideflächengröße als Kriterium für die Größe eines Betriebes herangezo- gen werden könnten, sprechen nach ANDREAE (1972) folgende Gründe für den Tierbe- stand:  die Nutztiere sind die Hauptproduktionsmittel in der mobilen Tierhaltung,  die Produktion findet nicht ständig an einen Standort statt, die Tiere müssen auf un- terschiedlichen Standorten gehalten werden,  die natürlichen Bedingungen haben enormen Einfluss auf die Leistung des Produk- tionsfaktors Nutztier,  bei gleicher Flächengröße der untersuchten Betriebe sind unterschiedliche Herden- größen anzutreffen,  bei gleicher Herdengröße ist die Anzahl der Beschäftigten sehr unterschiedlich. Allgemein ermöglichte die Kategorisierung, die gegenwärtige Wirtschaftlichkeit der Be- triebe nach Größenklassen und Organisationsformen miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus lassen sich anhand der Klassifizierung nach Betriebsgröße die Ergebnisse der Sze- narien-Rechnungen zwischen Größenklassen gut vergleichen. Anhand dieser Ergebnisse ist eine Aussage möglich, welche Größenklasse der Betriebe von Investitionen und Koopera- tionen profitieren kann.

10.2 Entwicklung der Tierhaltung und Nutzungsintensität der Weideflächen An den Ergebnissen des Kapitels 4 ist zu erkennen, dass sich die Landwirtschaft Aserbaid- schans besonders während der Transformationsperiode gravierend verändert hat (MURA- DOV 2012). Die Landwirtschaft weist in der Transformationsperiode ein ähnliches Ent- wicklungsmuster wie in andere post-sowjetische Länder auf, jedoch ist in Aserbaidschan in

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einigen Aspekten die Transformation schneller abgeschlossen worden als in anderen Län- dern (LERMAN & SEDIK, 2010). Die Auswirkungen des Übergangs von einer Planwirt- schaft zur freien Marktwirtschaft waren besonders in der Entwicklung der Tierbestände zu beobachten. Seit ungefähr dem Jahr 2000 erhielt die Tierhaltung jedoch direkte und ein- drucksvolle Anreize von der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung in Aserbaidschan. Aus den Ergebnissen von Kapitel 4 und 7 sind als Gründe für die rasche Entwicklung der Tierhaltung die kostengünstig vorhandenen Weideflächen, eine wachsende Nachfrage nach Fleisch und hohe Fleischpreise sowie die Befreiung der Landwirtschaft von vielen Abga- ben herauszustellen (MURADOV 2012). Die niedrige Pachtgebühr der Weideflächen, Subventionen und Beihilfen im Pflanzenbe- reich und auch die Befreiung der Landwirtschaft von vielen Abgaben sollen nach der poli- tischen Strategie für den Agrarsektor die Agrarmärkte stabilisieren und Anreize zur Inten- sivierung der Landwirtschaft geben (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2005a, 2002, 2004). Es lässt sich anhand der Ergebnisse von Kapitel 7 zweifelsfrei bele- gen, dass die niedrigen Pachtpreise ein bedeutender Anreiz für das Wachstum des Tierbe- standes in der Wanderschafhaltung sind. Es ist auch unbestritten, dass die steigende Nachfrage nach Fleisch, vor allem Lamm, und damit auch die steigenden Fleischpreise ein Anreiz für die Entwicklung der Tierbestände, vor allem der Schafbestände sind. Weiterhin hat die Schafhaltung ein enormes soziales Ansehen für die Viehhalter in Aserbaidschan (NEUDERT 2015). Eine große Schafherde zu haben, bedeutet für den Besitzer nicht nur ein Statussymbol sondern dient auch als Sparan- lage (GLATZLE 1990). Festzuhalten ist, dass aus den genannten Gründen starke Anreize für Investitionen in der Wanderschafhaltung entstanden sind und sich der Sektor dynamisch entwickelt. Es ist allerdings fraglich, wie sich in Zukunft der Weidezustand in den untersuchten Ra- yons durch die Beweidung mit einer steigenden Anzahl von Klein- und Großvieh entwi- ckeln wird. Es kann von den Ergebnissen abgeleitet werden, dass die Weideflächen durch Beweidung mit einer stetig steigenden Tieranzahl zunehmend belastet werden und dies zu einer flächigen, manchmal auch punktuellen Tendenz zur Überweidung führen kann. Aus den Ergebnissen der Betriebsbefragung ist zu erkennen, dass in vielen Betrieben von 2009 bis 2012 der Tierbesatz je Hektar tendenziell steigt und in manchen Betrieben die Besatz- dichten deutlich über der ökologischen Tragfähigkeit liegen. Dies kann den Weidezustand und die Qualität des dort erzeugten Futters gefährden. In der Tendenz ist sichtbar, dass alle Weidetypen (Winter-, Sommer-, und Dorfweide) von Überstockung betroffen sind. Die Produktivität der Winterweide ist niedrig und schwankt von Jahr zu Jahr. Die knappe Aus- stattung mit Sommerweiden in der Untersuchungsregion ist auch eine der Ursachen für hohen Tierbesatz auf diesen Flächen. Die Studie zeigte auch, dass die Dorfweiden der un- tersuchten Rayons während der Sommermonate neben stationären Viehhaltern teilweise auch von mobilen Viehhaltern beweidet werden, wobei manche Betriebe einen sehr hohen Tierbesatz aufweisen, der bis zum 2,6-fachen der erlaubten Besatzdichte reicht (siehe Ka- pitel 4.2.1 und 7.4.3). Festzuhalten bleibt auch, dass ein adaptives Management von Vieh- haltern und den jeweiligen administrativen Organisationen benötigt wird, um den Viehbe- satz nachhaltig steuern zu können (NEUDERT ET AL. 2012; ETZOLD & NEUDERT 2013).

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Obwohl die Nutzungsregeln der Weidefläche kein Schwerpunkt dieser Arbeit sind, ist ge- gen die Nutzungsregeln für Weideflächen in den Pachtverträgen zwischen Viehhaltern und zugehörigen Verwaltungen (Rayonverwaltung, Dorfmunizipalitäten und Bodenkomitee) kritisch einzuwenden, dass sie allgemein formuliert sind und deren Genauigkeiten zu wün- schen übrig lässt (NEUDERT & RÜHS 2011). Eine der wichtigsten Regeln ist die Beschrän- kung der Besatzdichte auf 1-4 Schafe je Hektar Winterweide und 2-8 Schafe je Hektar Sommerweide (ALIYEV 2007; PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2000), je- doch ist nicht genau festgelegt, auf welcher Fläche genau wie viele Schafe gehalten werden dürfen. Den Viehhaltern mangelt es an Wissen über die Qualitätsgruppe, Bonität und Bo- deneigenschaften ihrer gepachteten Weidefläche. Obwohl laut Vertrag die Pächter ver- pflichtet sind, die gepachtete Weidefläche zu pflegen und vor Degradation zu schützen, fehlen genaue Informationen, welche Maßnahmen und wie genau durchzuführen sind. In der Regel soll von den Verpächtern (Munizipalität, Rayonverwaltung) zweimal im Jahr geprüft werden, ob die verpachtete Fläche nach Bestimmungsgrad genutzt wird und die Besatzdichte der Tiere entsprechend den Be-stimmungen ist. In Wirklichkeit werden je- doch die Tieranzahl des Betriebsbesitzers und die Zahl der mitgebrachten Hirtentiere auf den Weiden kaum kontrolliert, wie aus den Angaben der Betriebsleiter geschlossen werden kann. Die Hirtentiere haben neben den Tieren des Herdenbesitzers enorme Auswirkungen in Bezug auf die Überstockung der Weideflächen (siehe Kapitel 7.6.10). Unter den Weide- typen scheint die gemeinsam genutzte Dorfweide besonders von Überweidung betroffen zu sein und wird vermutlich von der zuständigen Verwaltung besonders schwach hinsichtlich Überstockung kontrolliert. Unterverpachtung: Die Charakterisierung der Betriebe hat gezeigt, dass einige Betriebe die Winterweidefläche illegal untergepachtet haben, obwohl die Unterverpachtung der Weideflächen in Aserbaidschan verboten ist (REPUBLIK ASERBAIDSCHAN 2004). Unter- pacht (Arenda) ist um das bis zu 3-fache teurer als die in den Pachtverträgen festgelegte Pacht. Davon ist abzuleiten, dass viele Viehhalter – auch aufgrund der guten Wirtschaft- lichkeit der Wanderschafhaltung – bereit sind, den um das 3-fache höheren Preis je Hektar zu bezahlen. Es stellt sich die Frage, wie sich eine Erhöhung der staatlich festgelegten Pachtpreise um 2-3-fache auf den Betriebserfolg auswirken würde. Die Festkostenanalyse in den untersuchten Betrieben zeigte, dass die Pachtkosten in den Betrieben einen Anteil von 1 bis 7 % an Gesamtkosten bilden (siehe Kapitel 8.3). Alle Betriebe erwirtschaften derzeit einen positiven Gewinn und daher ist wahrscheinlich, dass eine Erhöhung der Pachtpreise um das 2-3-fache je Hektar das Betriebsergebnis nicht dramatisch ändern wür- de. Den Betrieben mit illegaler Unterpacht können allerdings Schwierigkeiten aus rechtli- chen Gründen entstehen. Wenn ein Problem während der Unterpacht auftritt, kann der be- troffene Betriebsleiter nirgendwo seine Rechte geltend machen. Auch wenn die Weideflä- che nicht nach ihrem Bestimmungsgrad genutzt oder überweidet wird, kann der Verpächter den Unterpächter nicht zur Verantwortung ziehen. Die entsprechende Empfehlung zur Un- terverpachtung ist im Abschnitt 10.7.2 zu finden.

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10.3 Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe Ergebnisse der Kategorisierung: Ausgehend von der Kategorisierung der untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe ist festzuhalten, dass hauptsächlich vier Organisationsfor- men (Familienbetriebe, Lohnhirtenbetriebe, Kooperationsbetriebe und staatliche Betriebe) in der Wanderschafhaltung anzutreffen sind. Häufig sind in der Region jedoch auch Misch- oder Übergangsformen zu sehen. Angesichts der Beschränkung auf die gewählte Untersu- chungsregion ist diese Aussage nicht endgültig oder abschließend, weil in anderen Regio- nen Aserbaidschans eventuell auch andere Formen vorhanden sein könnten. Das Ergebnis der Kategorisierung nach Organisationsformen zeigte jedoch, dass die Familienbetriebe unter allen Formen am weitesten verbreitet sind. Davon ist abzuleiten, dass die Familienbe- triebe enorme Bedeutung für die Landwirtschaft haben. Anhand der untersuchten Betriebe kann bestätigt werden, dass zwei Formen der Fernwei- dewirtschaft (Halbnomaden und Transhumanz) in der Wanderschafhaltung weit verbreitet sind. Häufig ist jedoch ein Übergang von Halbnomaden zu Transhumanten oder umgekehrt zu beobachten. Aufgrund der räumlichen Beschränkung konnte die Frage, welche weiteren Ausformungen der Formen der Fernweidewirtschaft in der Wanderschafhaltung vorkom- men, nicht geklärt werden. Daher ist auch die Aussage dass nur zwei Formen der Fernwei- dewirtschaft existieren, nicht endgültig oder abschließend. Die Literaturstudie zeigte auch, dass schon vor und während der Sowjetzeit andere Formen existierten (STADELBAUER 1984; SCHWEIZER 1970). Die Autorin geht davon aus, dass die Ausprägung der Übergangs- formen wesentlich von der Beschäftigung mit Ackerbau und von außerlandwirtschaftlichen Einkommensquellen der Haushalte abhängt (siehe Kapitel 7.3) (GLATZLE 1990). Aller- dings kann diese Aussage nicht abschließend geklärt und mit Daten belegt werden, weil in der vorliegenden Arbeit die genauen Ursachen der Übergänge in den untersuchten Betrie- ben nicht erforscht wurden, so dass auch keine weitergehenden oder verallgemeinernden Aussagen abgeleitet werden können. In Bezug auf die im Datenmaterial vorhandenen Ka- tegorien der Fernweidewirtschaft lässt sich festhalten, dass das Halbnomadensystem unter den mobilen Tierhaltern am weitesten verbreitet ist. Anhand der Ergebnisse der vorliegen- den Untersuchung lässt sich belegen, dass in der Region überwiegend Familienbetriebe mit Halbnomadensystem und Lohnhirtenbetriebe mit Transhumanzsystem anzutreffen sind. Die Kategorisierung nach Größenklassen zeigte, dass mittelgroße Betriebe mit 65 % Anteil am häufigsten anzutreffen sind. Ca. 70 % der Schafherden werden von diesen Betrieben bewirtschaftet. Daraus lässt sich ableiten, dass in der Region die mittleren Betriebe eine wichtige Rolle spielen. Ca. 66 % der mittleren Betriebe lassen sich den Familienbetrieben zuordnen. Es konnte gezeigt werden, dass Betriebe mit niedrigem Tierbestand (Kleinbe- triebe) und geringer Flächenausstattung beim Eintritt negativer Ereignisse (Dürre während der Winterweide, schlechte Witterung, Futtermangel, Auftreten von Krankheiten) dem Risiko des Existenzverlustes ausgesetzt sind. Allerdings sind die Kleinbetriebe aus sozialer und ökonomischer Sicht sehr wichtig, weil die Tierhaltung eine der wesentlichen Einkom- mensquellen der Haushalte ist und gleichzeitig zur Selbstversorgung beiträgt. Aus dem Ergebnis der Kategorisierung der Betriebe lässt sich ableiten, dass von den Be- triebstypen die Familienbetriebe in mittleren Größen mit Halbnomadensystem mit von 28 % Anteil an den gesamten untersuchten Betriebe eine beherrschende Stellung einneh-

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men, gefolgt von Lohnhirtenbetrieben in mittleren Größen mit Transhumanzsystem (siehe Kapitel 7.3). Arbeitsleistung und Entlohnung der Arbeitskräfte: Die Entlohnung der Arbeitskräfte und die Erstellung der Arbeitsleistung für die Familien- und Fremdarbeitskräfte sind in dieser Arbeit zu diskutieren. Es liegen kaum neuere Literaturstellen zur Erstellung der Ar- beitsleistung in Aserbaidschan vor. Im Rahmen der Befragung wurde herausgefunden, dass in den untersuchten Betrieben ca. 34 % der arbeitenden Personen Familienarbeitskräfte sind, die einen wichtigen Produktionsfaktor der Betriebe darstellen. Aus den Ergebnissen der Arbeit ist auch zu erkennen, dass die Fremd-AK bzw. Hirten in den Betrieben einen großen Anteil einnehmen. Daher ist die Rolle der Hirten und der mit- gebrachten Tiere aus ökonomischer und sozialer Sicht ebenfalls zu diskutieren. Ohne Fremd-AK bzw. Hirten wäre die Bewirtschaftung der Betriebe sehr schwierig; jedoch sind Hirten selten ohne eigene Tiere zu finden. Die Entlohnung der Hirten ist in jedem Betrieb unterschiedlich und hängt stark von Anzahl der mitgebrachten Tiere ab. Dabei sind die Regeln für die Entlohnung in den Betrieben sehr individuell und inoffiziell gestaltet sind und können daher kaum verallgemeinert werden. Zwischen Hirten und Herdenbesitzer wird kein Arbeitsvertrag geschlossen und die Zusammenarbeit ist oft kurzfristig. Die Ana- lyse der Lohnkosten zeigte auch, dass die Löhne in manchen Betrieben sehr niedrig sind. Wenn ein Hirte ohne eigene Tiere während einer Saison eine bessere Beschäftigungsmög- lichkeit findet und sofort seine Arbeit aufgeben möchte, ist dies für einen Betrieb eine kaum zu bewältigende Situation. Umgekehrt wäre es auch für einen Hirten eine sehr schwierige Situation, wenn er während einer Saison plötzlich entlassen werden würde. Davon ist zu ableiten, dass die ungeregelte Entlohnung der Hirten ohne Arbeitsvertrag aus sozialer Sicht ein Unsicherheitsfaktor ist. Wissen, Kenntnisse und notwendige Informationen über Landwirtschaft: Aus der Analyse der untersuchten Betriebe ist zu erkennen, dass 75 % der befragten Viehhalter keine Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft besitzen. Auch die Kenntnisse und Erfah- rungen aus der sowjetischen Landwirtschaft bei den älteren Viehhaltern entsprechen nicht der marktorientierten Agrarwirtschaft von heute. Es zeigte sich auch, dass Tiere teilweise von jüngeren Besitzern ohne ökologisches und ökonomisches Bewusstsein und ohne land- wirtschaftliche Ausbildung gehalten werden. Das Wissen über den aktuellen Weidezustand und gutes Weidemanagement sowie die angepasste Auswahl des genetischen Materials durch Züchtung fehlt besonders in den Hirtenbetrieben mit Transhumanzsystem. Existierende Kooperationen: Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der befragten Viehhalter über sehr geringe Kenntnisse und Informationen über Kooperationsmöglichkei- ten verfügt. Es lässt sich ableiten, dass die fehlenden Kenntnisse und Informationen wich- tige Hindernisse für ein Zustandekommen von Kooperationen zwischen den Betriebe sind. Vor allem sind die Viehhalter kaum über Kooperationsvorteile und ihr Potenzial im Hin- blick auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation informiert. Aus den Ergebnissen der Befragung lässt sich ableiten, dass Informationsaustausch, Verbesserung der Ausbil- dung im Bereich der Landwirtschaft und Verbreitung von Informationen über Kooperatio- nen für die Viehhalter unbedingt erforderlich sind und dafür die Unterstützung des Staats notwendig ist.

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Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass in Aserbaidschan formelle Kooperationen wenig, informelle dagegen stark verbreitet sind, auch wenn letztere meist nicht von langfristiger Art sind und auf traditionelle Weise in verschiedenen Bereichen geführt werden. Die exis- tierende informelle Zusammenarbeit kann auch auf Chancen hindeuten, dass sich die Be- triebe in Zukunft auch für eine offizielle Zusammenarbeit öffnen könnten. Jedoch ist das Vertrauen zwischen den Betrieben wichtig, denn ohne Vertrauen kann man nicht von einer erfolgreichen und langfristigen Kooperation sprechen. An diesem Punkt wäre es auch wichtig zu wissen, wie die Beseitigung der negativen Einstellung aus der Erfahrung der Zwangskollektivierung (PAVLIASHVILI 2009a) und ein Aufbau von Vertrauen (BANASZAK 2008) auf Kooperationen in der Landwirtschaft von Aserbaidschan wirken können. Von weitergehendem Interesse ist außerdem die Frage, wie der rechtliche und ökonomische Rahmen für landwirtschaftliche Kooperationen insbesondere in der mobilen Tierhaltung geschaffen werden kann. Die Ergebnisse werfen noch die weitere Frage auf, inwieweit das Zustandekommen von Kooperation durch Nachbarschaft, Verwandtschaft und Freund- schaft auf offiziellem Weg durch Instrumente des Staates unterstützt werden kann. In die- ser Arbeit kann auf diese Fragen keine endgültige Antwort gegeben werden, weil sie keine Hauptziele der Untersuchungen waren. Die Studie zeigte aber, dass es keine Verträge für die Zusammenarbeit zwischen den Betrieben gibt und die Langfristigkeit einer Zusammen- arbeit damit nicht gegeben ist. Zudem müssen bei der Kooperation nicht nur wirtschaftli- che, sondern auch soziale und institutionelle Voraussetzungen erfüllt sein (HEIN 2011; JARRE 1995; WESCHE 1995). Allerdings werden sich nicht alle Wünsche/Voraussetzungen in den Kooperationen erfüllen lassen, so dass einige Kompromisse zwischen den Partnern erforderlich sind (LUHMANN 1989; DOLUSCHITZ 2010). Aus den Ergebnissen ist zu erkennen, dass Mehrheit der untersuchten Betriebe Interesse an Maschinengemeinschaften hat (siehe Kapitel 7.7). Eine wichtige Motivation dafür ist die zu erwartende Reduzierung der Kosten für Maschinen oder für Transportaufgaben mit Lohnunternehmen (Wanderung und Wasser, Verkauf der Tiere, Kauf der Futtermittel). Viele Betriebe, besonders Kleinbetriebe, sind aus wirtschaftlicher Sicht nicht in der Lage, allein neue geeignete Maschinen anzuschaffen. Im Rahmen einer Kooperation könnten sich Betriebe durch die Anschaffung neuer Maschinen und den Bau neuer Stallgebäude sowie Futterlager besser an die veränderte Lage des mechanisch-technischen und organisa- torischen Fortschritts anpassen (LINK 1995, 1983; BECKER 1969; DOLUSCHITZ 1996). Zum organisatorischen Fortschritt zählen neben Organisationsformen der einzelnen Betriebe auch verschiedene über- und zwischenbetriebliche Kooperationsformen (BENDEL 1989; ANDERSEN 1989).

10.4 Ist-Situation der Wanderschafhaltungsbetriebe In der vorliegenden Arbeit wurde als eines der Hauptziele die Ist-Situation der Wander- schafhaltungsbetriebe in der untersuchten Region aus wirtschaftlicher Sicht analysiert und bewertet. Es war in einem ersten Schritt wichtig, einen wirtschaftlichen Vergleich zwischen Schaf- und Rinderhaltung innerhalb eines Betriebs zu ziehen. Aus der wirtschaftlichen Analyse des Deckungsbeitrages anhand des typischen Betriebs im Kapitel 8.1 ist zu erkennen, dass

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die Wirtschaftlichkeit der Rinderhaltung im Hinblick auf Wanderweidewirtschaft im Ver- gleich zu Schafen und Ziegen nicht befriedigend ist, weil bei Rindern mehr Futtermittel- kosten und Sachkosten entstehen. Zum anderen ist das Verhältnis von Mutterkühen zu Schafen und deren Gesamtleistungen ausschlaggebend. Aus den Ergebnissen der Rentabili- tätsanalyse des typischen Betriebs lässt sich ableiten, dass die Rinderhaltung unter den Bedingungen der Wanderweidewirtschaft schlechtere ökonomische Resultate als die Schaf- und Ziegenhaltung erzielt. Daher ist die Rinderhaltung in der Steppe über die Win- termonate nicht empfehlenswert. Die Betriebe mit mobilem Tierhaltungssystem sollten sich nur auf Schaf- und Ziegenhaltung fokussieren. Obwohl die Rinderhaltung unwirt- schaftlich ist, hat die Haltung von Milchkühen vor allem in Familienbetrieben für die Ei- genversorgung eine enorme Bedeutung. In einigen Lohnhirtenbetrieben spielt der Subsis- tenzzweck bei der Rinderhaltung jedoch keine Rolle. In solchen Betrieben ist die Haltung der Rinder, vor allem von Jungvieh, nur als Investi-tion zu betrachten, die alternativ auch in anderen Geschäftsbereichen stattfinden könnte. Durch die kostengünstige Nutzung der Sommer- und Winterweiden stellen sich die Betrie- be mit Wanderweidewirtschaftssystem in Aserbaidschan als ökonomisch vorzügliche Vari- ante der Tierhaltung dar. Der Futtermittelbedarf der Tiere wird zu zwischen 40 und 80 % von den Winterweideflächen in der Cheyranchöl und zu 100 % bei allen Tierarten von den Sommerweideflächen gedeckt. Allerdings sind diese Angaben der Viehhalter, besonders für den Winterzeitraum, durch wissenschaftliche Untersuchungen der Futterrationen weiter zu prüfen. An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie eine Bewertung des Weidefutters den Anteil der Futterkosten an den gesamten variablen Kosten verändern könnte. Jedoch ist von den Ergebnissen abzuleiten, dass Futterkosten in den Betrieben stark von der jährli- chen Witterung und der rechtzeitigen und ausreichenden Futtereinlagerung abhängen. In vielen Betrieben war während des Winters ein Futtermangel zu beobachten, der durch un- genügende Vorsorge entstanden ist. Die Analyse der Marktleistung der Betriebe zeigte, dass die Fleischproduktion den Produk- tionsschwerpunkt in den Betrieben bildet. Warum konzentrieren sich die Betriebe nicht auf Milch- oder Wollproduktion sondern auf Fleisch? Die Wollproduktion hat seit dem Zu- sammenbruch der Sowjetunion weltweit ihre Bedeutung durch die zunehmende Nutzung von Kunstfasern verloren (KASTNER 2008). Außerdem setzen der hohe inländische Bedarf nach Lammfleisch und deshalb auch gute Vermarktungsmöglichkeiten starke Anreize zur Fleischproduktion. Die Auswertung der Festkosten zeigte, dass diese in den Betrieben nicht sehr hoch sind. Es konnte gezeigt werden, dass dies durch die vorhandenen alte Gebäude und Maschinen, niedrige Löhne und Pachtpreise verursacht wird. Es ist auch zu erkennen, dass die Löhne für Fremdarbeitskräfte in den Betrieben sehr gering sind. Im Vergleich zu anderen Berei- chen der Wirtschaft ist die Bezahlung im Agrarbereich niedrig (STATE STATISTICAL COM- MITTEE OF AZERBAIJAN 2015) und in der Wanderschafhaltung ist sie noch einmal niedriger als im gesamten Agrarbereich. In vielen Betrieben werden die Hirten nicht über Geld ent- lohnt, sondern erhalten von den Betriebsbesitzern als Naturalentlohnung Futtermittel für ihre Tiere und die Erlaubnis zur Nutzung der Weideflächen. Aus diesen Gründen sind in vielen Betrieben die Löhne gering.

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Weiterhin werden hier die Ergebnisse zu Rentabilität, Stabilität und Liquidität für die Ist- Situation der untersuchten Betriebe diskutiert. Die Ergebnisse zeigen einen positiven Ge- winn in allen untersuchten Betrieben. Damit lässt sich sagen, dass alle Betriebe in der Ist- Situation aus ökonomischer Sicht nach Ermittlung des Gewinns wirtschaftlich sind. Von weitergehendem Interesse war außerdem die Frage, wie sich die Ergebnisse nach Abzug der kalkulatorischen Faktorkosten verändern. An dieser Stelle wurde die Analyse mit dem Unternehmergewinn weitergeführt. Die Ergebnisse der Auswertung zeigten, dass 69 % der untersuchten Betriebe einen positiven Unternehmergewinn aufweisen. Daraus ergibt sich, dass in diesen Betrieben eine vollständige Entlohnung aller eingesetzten Produktionsfakto- ren erzielt werden kann. In 31 % der Betriebe wurden negative Unternehmergewinne er- wirtschaftet, aber der Gewinn blieb doch weiterhin positiv. Dies zeigt, dass entweder die Kosten für die eingesetzten Faktoren zu hoch sind oder der erzielte Gewinn niedrig ist, obwohl er im positiven Bereich liegt. Es lässt sich ableiten, dass alle Produktionsmittel einschließlich der Löhne, Zinsen und Pachten bezahlbar sind, jedoch kein Überschuss er- zielt werden kann, um die eingesetzten eigenen Faktoren adäquat zu entlohnen. Die Nettorentabilitätsanalyse zeigte, dass die Betriebe, die einen positiven Unternehmer- gewinn aufweisen, einen Wert der Nettorentabilität über 100 % haben. Dies zeigt, dass diese Betriebe rentabel wirtschaften und die unterstellten Entlohnungsansprüche für alle eingesetzten eigenen Produktionsfaktoren durch den Gewinn gedeckt werden können und darüber hinaus ggf. noch ein Überschuss erzielt werden kann. Das Arbeitseinkommen in diesen Betrieben sowohl für Familien-AK als auch für Fremd-AK ist höher als das jährli- che Gehalt pro AK im Agrarbereich des Landes (siehe Kapitel 8.5). 20 % der untersuchten Betriebe weisen eine Nettorentabilität zwischen 80 und 100 % auf. Aus diesem Wert lässt sich ableiten, dass sich diese Betriebe in einem akzeptablen Zustand der Rentabilität befin- den, jedoch kein Überschuss erzielt werden kann. Außerdem liegt das Arbeitseinkommen für nichtentlohnte AK in diesen Betrieben unter dem durchschnittlichen regionalen Gehalt. Die Nettorentabilität in 11 % (n=13) der untersuchten Betriebe liegen unter 80 %. Dies gibt Auskunft über den unrentablen Zustand der Wirtschaftlichkeit in diesen Betrieben, wobei die Entlohnung der eingesetzten eigenen Faktoren nicht unterstellt werden kann. 7 Betriebe davon erwirtschaften dazu noch ein negatives Arbeitseinkommen. Dies zeigt die zuneh- mende Existenzgefahr der Betriebe. Mit der Auswertung des Unternehmergewinns und der Nettorentabilität sowie des Arbeitseinkommens wird belegt, dass 10 % (n=12) der Betrie- be, die ein negatives Arbeitskommen erwirtschaften und deren ökonomischer Zustand nach der Nettorentabilität nicht wirtschaftlich ist, zu den Kleinbetrieben gehören. Hinzu kommt, dass auch 14 % der Betriebe, die einen negativen Unternehmergewinn erwirtschaften, aber ein positives Arbeitseinkommen und eine akzeptable Nettorentabilität aufweisen, als Kleinbetriebe klassifiziert sind. Es ist weiter zu erwähnen, dass nur ein mittlerer Betrieb mit Transhumanzsystem als Lohnhirtenbetrieb nicht rentabel ist. Dies unterstreicht, dass der Tierbestand ein wichtiger Faktor für eine wirtschaftliche Betriebsführung ist. Die Anlageintensität und Gewinnrate als Kennzahlen der Stabilität werden hier kurz er- wähnt. Es wurde in 71 % der Betriebe eine höhere Anlageintensität als der Quotenwert (30%) erzielt. Nach STIEFL (2008, S. 110) können bzgl. der Anlageintensität keine generel- len Aussagen getroffen werden, ob eine höhere Anlageintensität günstiger ist als eine nied- rige oder umgekehrt. Nur bei einem Ausfall des Fremdkapitals in den Betrieben kann die

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Anlageintensität eine Bedeutung für die Stabilität im Einkommensbereich bekommen. Die Analyse von Gewinnrate zeigte, dass ca. 53% der Betriebe eine höhere Gewinnrate über dem Durchschnitt (28 %) erzielen können. Dies zeigt, dass die Stabilität dieser Betriebe auch bei Eintritt von Risiken gegeben ist. In 47 % der Betriebe ist die Gewinnrate niedriger als im Durchschnitt. Dies deutet darauf hin, dass in diesen Betrieben entweder die erzielte Marktleistung niedriger oder die Kosten höher sind, und somit die Stabilität in diesen Be- trieben im Vergleich zu Betrieben mit einer höheren Gewinnrate weniger gegeben ist (KUHLMANN 2007; KRÜMMEL 2006). Von den Ergebnissen ist abzuleiten, dass eine geringe Größenklasse und Organisations- form als Lohnhirtenbetrieb Ursachen für einen nicht befriedigenden Zustand der Wirt- schaftlichkeit nach Unternehmergewinn und Nettorentabilität sein können. Wie oben dar- gestellt zeigte die vergleichende Bewertung, dass die Größenklasse eine wichtige Rolle für die ökonomische Situation der Betriebe spielt. Neben der Größenklasse hat auch die Orga- nisationsform eine große Bedeutung. Die Auswertung von Unternehmergewinn, Nettoren- tabilität sowie Arbeitseinkommen zeigte, dass über Hälfte der unwirtschaftlichen Betriebe zu den Lohnhirtenbetrieben gehören. Auch zeigte sich, dass die Form der Fernweidewirt- schaft eine Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit hat. Aus den Ergebnissen ist abzuleiten, dass 44 % der Halbnomadenbetriebe und 25 % der Transhumanzbetriebe wirtschaftlich sind. Zusammenfassend kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Betriebe mit Halbnomaden im Vergleich zu Transhumanten besser wirtschaften und dass sich die Ko- operations- und Familienbetriebe im Vergleich zu Lohnhirtenbetrieben und staatlichen Betrieben rentabler darstellen. Die Haupteinkommensquellen aller Lohnhirtenbetriebe und eines Teils der Familienbetriebe mit Transhumanzssystem liegen außerhalb der Landwirt- schaft und sie sehen die Schafhaltung als eine Investition bzw. Geldanlage an. Obwohl die Wirtschaftlichkeit in diesen Betrieben nicht in einem befriedigenden Zustand ist, erscheint ihnen diese Form der Geldanlage wirtschaftlicher und vertrauenswürdiger als das Vermö- gen auf Banken zu belassen. Zudem bedeutet der Besitz einer großen Herde neben Reich- tum auch ein enormes soziales Image. Wer gerade viel Geld braucht, kann einen größeren Anteil seines Jungviehs verkaufen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schafhal- tung für die Betriebe neben der Einkommenserzielung auch eine große Bedeutung als Risi- koabsicherung, Statussymbol und Sparkasse hat (GLATZLE 1990). Das Ergebnis der Kostenanalyse zeigte, dass in vielen Betrieben Kosten für Futtermittel und Transport hoch sind. Die Futtermittelkosten waren für die Hirtentiere in besonderer Weise zu beachten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Witterung häufig von Viehhaltern, vor allem von Jungviehhaltern, vorab nicht richtig eingeschätzt wird und demzufolge die Fut- tereinlagerung für die Wintermonate nicht ausreicht. Dies und eine schlechte Infrastruktur in den Winterweiden erschweren den Kauf von zusätzlich notwendigen Futtermitteln in den Wintermonaten. Der zusätzliche Futtermitteleinkauf verursacht bei den Viehhaltern deshalb zusätzliche, verdoppelte Kosten. Es lässt sich anhand der Ergebnisse der gegenwärtigen Wirtschaftlichkeit zweifelsfrei be- legen, dass die Liquidität nach ausgewählten Kennzahlen (Kapitaldienstgrenze und deren Ausschöpfung) in den Betrieben gegeben ist. Alle Betriebe sind fähig, ihre Kapitaldienst- grenze langfristig zu halten. Jedoch ist in den Betrieben, in denen schlechte Stall- und Wasserhygiene sowie ständige Futterlagerungsprobleme zu beobachten sind, das zufrie- 221

denstellende Ergebnis der gegenwärtigen Wirtschaftlichkeit für eine nachhaltige Entwick- lung nicht ausreichend. Es ist auch fraglich, wie sich die Wirtschaftlichkeit der Betriebe ohne kostengünstige Weideflächen, hohe Fleischpreise und die Befreiung von vielen Ab- gaben in der Landwirtschaft entwickeln würde.

10.5 Bewertung der Investitionsrechnungen Es lässt sich aus der Analyse des Zustandes der Gebäude, der vorhandene Maschinen und aus den fehlenden Kenntnissen und Managementfähigkeiten vieler Viehhalter ableiten, dass in vielen Betrieben bei Risikosituationen (z.B. Preissenkung, Wirtschaftskrise etc.) die Wirtschaftlichkeit nicht nachhaltig gegeben ist. Diese Probleme können auf verschiedenen Wegen gelöst werden. In den Betrieben besteht ein großer Investitionsbedarf bei baulichen Anlagen und Maschinen. Daher wurden basierend auf den Befragungsergebnissen vier Investitionsmaßnahmen ausgewählt, die gute Ansatzpunkte zur Lösung der dargestellten Probleme der Betriebe sind. Wenn in den Betrieben ein solcher offensichtlicher Investiti- onsbedarf besteht, stellt sich hier die Frage, warum investieren die Betriebe dann nicht? Dazu zeigten die Ergebnisse, dass die Finanzierung von Investitionsvorhaben aufgrund von nicht ausreichendem Eigenkapital in vielen Betrieben problematisch ist, besonders in klei- nen und mittleren Betrieben. Deshalb benötigen viele Betriebe Fremdfinanzierung. Im Un- tersuchungszeitraum hat keiner der untersuchten Betriebe einen größeren Kreditbeitrag zur Finanzierung von Investitionen in bauliche Anlagen oder Maschinen aufgenommen. Des- halb stellt sich die weitere Frage, warum die Betriebe keine größeren Kreditbeträge zur Fremdfinanzierung von Investitionen bekommen. Wie die Untersuchungen zeigten, werden für Kredite hohe Zinssätze und hohe Kreditsicherheiten verlangt. Da die Viehhalter der untersuchten Betriebe bisher keine mittel- oder langfristigen Kredite mit größeren Beträgen aufgenommen haben, ist ihre Vertrauenswürdigkeit von Kreditgebern schwierig nachzu- prüfen. Es werden von Banken sowohl dinglich gesicherte Kredite als auch verstärkte Per- sonalkredite vergeben. Jedoch werden von den Banken das Tiervermögen, die Gebäude und Anlagen der Betriebe als Kreditsicherung nicht akzeptiert. Für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe stehen theoretisch auch vergünstigte Agrarkredite über staat- liche Programme zur Verfügung (NFUF 2012). Inwieweit die untersuchten Betriebe diese Agrarkredite tatsächlich nutzen können, wurde allerdings in der vorliegenden Arbeit nicht genau untersucht. In diesem Zusammenhang wurde in der vorliegenden Arbeit mit der Methode der Szenari- en-Analyse der Einfluss von Investitionstätigkeiten auf die Wirtschaftlichkeit der Wander- schafhaltungsbetriebe mit und ohne Kooperation geprüft. Dazu wurden anhand von Mo- dellbetrieben die ökonomischen Auswirkungen der Investitionen analysiert. Als Grundlage für die Szenario-Rechnungen dienen zwei Modellbetriebe (Kleinbetrieb und mittlerer Be- trieb), die typische Wanderschafhaltungsbetriebe entsprechend ihren Größenklassen in den Untersuchungsgebieten repräsentieren. Für die in dieser Arbeit ausgewählten Modellbe- triebe zeichnen sich unterschiedliche Wege der Realisierung von Investitionen ab. Abgeleitet vom Modellbetrieb A (repräsentiert die Kleinbetriebe) ist festzuhalten, dass bei Kleinbetrieben der Einfluss der individuellen Investition auf den Gewinn und die Netto- rentabilität im Vergleich zur Ist-Situation erwartungsgemäß negativ ist. Obwohl die indivi-

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duelle Investition in Gebäude auch die Ist-Situation verschlechtert, kann sich die Wirt- schaftlichkeit des Kleinbetriebs bei dieser Investitionstätigkeit immer noch in einem akzep- tablen Zustand befinden, während Investitionen in Wassertechnik, LKW und Futterlager die Rentabilität der Betriebe in den unwirtschaftlichen Bereich verändern würden. Auch anhand der Stabilitätsanalyse ist festzuhalten, dass nur die individuelle Investition in Ge- bäude unter den getroffenen Annahmen im Kapitel 9.4.1 für Kleinbetriebe zu empfehlen ist. Obwohl sich in den Betrieben mittlerer Größenklasse bei individuellen Investitionen die wirtschaftliche Situation im Vergleich zu Ist-Situation auch negativ verändert hat, können mittlere Betriebe in allen Investitionsszenarien einen akzeptablen Zustand (nach Bewer- tung mittels Gewinn und Nettorentabilität) halten. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die mittleren Betriebe in Zukunft durch verbesserte Technik und Erhöhung der Produktivi- tät mit getätigten Investitionen in einen rentablen Zustand gelangen können. Die Auswertung der Investitionsmaßnahmen mit Kooperation belegt, dass diese eine we- sentlich geringere Auswirkung auf die gegenwärtige Wirtschaftlichkeit der Betriebe haben und die Situation somit grundlegend verbessern können. Ausgehend vom Modellbetrieb A ist zu betonen, dass die Investitionsszenarien mit Kooperation für Kleinbetriebe eine grö- ßere Bedeutung größer haben, da sie ohne Kooperation unbefriedigende Ergebnisse zeigen. Dabei ist entscheidend, dass Kleinbetriebe durch Kooperation die entstehenden Anschaf- fungskosten verringern können. Daher ist herauszustellen, dass die Kleinbetriebe bei Inves- titionen mit Kooperation im Vergleich zu Maßnahmen ohne Kooperation eine sicherere Perspektive haben. Jedoch ist von den Ergebnissen ebenfalls abzuleiten, dass die Anschaf- fung gemeinsamer Lastkraftwagen oder Wasserlastkraftwagen im Rahmen von Kooperati- onen auch für mittlere Betriebe eine besondere Bedeutung hat, die ein weiteres Be- triebswachstum anstreben. Dies ergibt sich daraus, dass in einer Maschinengemeinschaft oder durch den gemeinsamen Bau eines Futterlagers zum einen der Kapitalbedarf für die Investitionen gesenkt werden kann, und zum anderen die erforderlichen Maschinenauslas- tungen gewährleistet werden können. Bei den Investitionen mit Kooperation in Maschinen sollten die Betriebe besonders auf Leistungsbedarf achten. Damit lässt sich zusammenfassend feststellen, dass Investitionen  ausgehend von Modellbetrieb A für Kleinbetriebe ohne Kooperation nicht zu emp- fehlen sind,  ausgehend von Modellbetrieb B für mittlere Betriebe ohne Kooperation realisierbar sind, aber die Betriebe befinden sich dadurch nur in einem akzeptablen wirtschaft- lichen Zustand,  durch Kooperation kleine und mittlere Betriebe Fixkosten verringern und damit auch mehr Gewinn pro Jahr erzielen können. Die Ergebnisse der Modellberechnungen führen zu der Schlussfolgerung, dass, ausgehend vom Beispiel der Modellbetriebe, kleinere und mittlere Betriebe sich bei den Investitionen mit Kooperation im Vergleich zur individuellen Investition wirtschaftlicher darstellen. Es wäre falsch, die Kooperation im Investitionsbereich direkt mit Ist-Situation zu vergleichen, weil die Investitionstätigkeiten ohne Kooperation die naheliegensten Verbesserungsmög- lichkeiten sind (LINK 1995, 1983) .

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Für eine exakte Analyse der Eignung bestimmter Investitionstätigkeiten mit Kooperation für Wanderschafhaltungsbetriebe unter Berücksichtigung lokaler Bedingungen wäre es weiterhin nötig, den Betrachtungszeitraum zu erweitern und die angesprochenen Aspekte der Fernweidewirtschaftsform, Organisationsform und Ausstattung mit Faktoren detaillier- ter zu untersuchen. Abschließend ist jedoch festzuhalten, dass die vorgestellten Szenarien nur dann realisierbar sind, wenn die getroffenen Annahmen Bezug auf Investition und Ko- operation erfüllt sind und die benötigte Fremdfinanzierung mit dem angenommenen Zins- satz und Kreditlaufzeit zur Verfügung steht.

10.6 Bewertung der Tierarztgemeinschaft Die staatliche Versorgung mit ländlichen Dienstleistungen für die mobile Tierhaltung in Aserbaidschan ist nach dem Abbruch der Sowjetzeit stark zurückgegangen. Die Wasser- und Winterfutterversorgung wurden teilweise durch Privatinitiative wiederhergestellt. Je- doch bleiben schwerwiegende Mängel in Bezug auf Züchtung und tierärztliche Betreuung der Betriebe bestehen. Die Studie zeigte, dass in vielen Betrieben die Gesundheit der Tiere nicht in einem zufrie- denstellenden Zustand ist. Einer der Gründe dafür ist die fehlende tierärztliche Betreuung, weil für viele Viehhalter diese Dienstleistung sehr teuer ist. Behandlungsversuche von Viehhaltern ohne tierärztliche Kenntnisse werden vor allem in Kleinbetrieben unternom- men um die Tierarztkosten zu vermindern, sie bringen aber häufig keine positiven Resulta- te. Daher ist die Tierarztgemeinschaft als eine Verbesserungsmöglichkeit in der Arbeit untersucht und modellhaft kalkuliert worden. Wie bereits im Kapitel 7.6.10 erwähnt, sind bei der tierärztlichen Betreuung der Wanderschafhaltungsbetriebe zahlreiche Probleme festgestellt worden. Obwohl die Tiergesundheit auch maßgeblich durch Stall- und Was- serhygiene beeinflusst ist, wurde von den Viehhaltern festgestellt, dass ihre hohen Läm- merverluste teilweise durch nicht ausreichende tierärztliche Betreuung verursacht werden. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit die Tierarztgemeinschaft von der Autorin theore- tisch als Verbesserungsmöglichkeit der Ist-Situation entwickelt. Die Verbesserung der tier- ärztlichen Betreuung wurde in einem staatlichen Programm bereits avisiert, jedoch wurden die Probleme nur teilweise gelöst (PRÄSIDENT DER REPUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2005b, 2008, 2004). Im Rahmen dieses Programms könnten in jedem Rayon modellhaft Tierarzt- gemeinschaften gegründet werden und als Beispiel für andere Viehhalter dienen. Anhand der Modellbetriebe wurde eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsberechnung zur Tierarztgemeinschaft durchgeführt. Die Ergebnisse der Berechnung zeigen, dass beide Modellbetriebe die Möglichkeit haben, ihren Gewinn durch die Tierarztgemeinschaft um 3-5 % zu erhöhen. Ausgehend vom Modellbetrieb A ist zu schlussfolgern, dass von der Tierarztgemeinschaft besonders Kleinbetriebe stark profierten können, da eine verbesserte tierärztliche Betreuung ohne Kooperation besonders bei diesen Betrieben hohe Kosten ver- ursachen würde. Die Tierarztgemeinschaft ist hier nur aus ökonomischer Sicht bewertet worden und haupt- sächlich wurden die betriebswirtschaftlichen Vorteile einer Kooperation analysiert. Es soll- ten jedoch bei Verwirklichung der Tierarztgemeinschaft neben ökonomischen auch soziale Ziele berücksichtigt werden. Die Autorin geht davon aus, dass die vorgestellte Tierarztge- 224

meinschaft nur dann realisierbar ist, wenn die Annahmen von Abschnitt 9.4.1 erfüllt wer- den. Insgesamt ist zu schlussfolgern, dass für die untersuchten Betriebe eine Kooperation im tierärztlichen Bereich im Vergleich zu Ist-Situation erfolgversprechend ist.

10.7 Weiterer Forschungsbedarf Es konnten in der vorliegenden Arbeit nicht alle Probleme der Wanderschafhaltungsbetrie- be thematisiert, untersucht und geeignete Lösungen entwickelt werden. Viele Viehhalter verfügen über nur allgemeines Wissen über Vermarktung und haben als Erzeuger eine schwache Marktposition. Die unzureichenden Kenntnisse haben negative Auswirkungen bei Entscheidungen in vielen Bereichen in Bezug auf Marketing. Die Er- gebnisse der Arbeit zeigten auch, dass die untersuchten Betriebe keine Marketingstrategie entwickelt haben. Obwohl die Vermarktung und ländliche Infrastruktur im Untersuchungs- gebiet nicht im Fokus der vorliegenden Arbeit standen, wurde im Laufe der Forschungen festgestellt, dass dieser Bereich ein wesentliches Thema für die Betriebe ist. Da bisher kaum wissenschaftliche Arbeiten zur Vermarktung in der Tierhaltung in Aserbaidschan vorliegen, sollte dieses Thema anhand einer vertieften Marktforschungsstudie genauer un- tersucht werden. Eine vertiefte Analyse des Weidezustands aus ökologischer Sicht war auch kein Gegen- stand dieser vorliegenden Arbeit. Im Rahmen des Forschungsprojektes „PUGASMOS“ wurden die Halbwüstenvegetation der Vorgebirge und die Vegetation von Hochsommer- weiden des Großen Kaukasus in Aserbaidschan untersucht. Die Sommerweiden und Dorf- weiden in der Region Gandja-Gasach wurden dagegen aus ökologischer Sicht noch nicht untersucht. Um konkrete und kontextbasierte Verbesserungsvorschläge ableiten zu können, sind weitere Vor-Ort-Analysen mit entsprechendem fachlichem Schwerpunkt notwendig. Es liegen kaum wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Ausbildung in der Landwirt- schaft vor. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigten jedoch, dass fehlendes Wissen und Kenntnisse der Landwirtschaft eines der Hindernisse bei Kooperation und auch in Bezug auf verbessertes Weidemanagement ist. Eine mögliche Untersuchung von weitergehendem Interesse wäre, Betriebe mit unterschiedlichem Bildungsstand der Betriebsleiter verglei- chend zu analysieren um festzustellen ob die Ausbildung Wirkungen auf das Betriebsma- nagement hat. An dieser Stelle empfehlen sich auch weitere Studien zur Notwendigkeit der Ausbildung in der Landwirtschaft. Es gibt viele Studien zur Fernweidewirtschaft in den Nachbarländern Aserbaidschans, die von heimischen und internationalen Forschern durgeführt wurden (BECK, 1980; EHLERS, 1975; HÜTTEROTH, 1959; SARBAZI, 1988; TAHMASEBI, 2012; TAPPER, 1979b, 1979a). Je- doch fehlt wissenschaftliche Literatur zur Fernweidewirtschaft in Aserbaidschan fast voll- ständig. In der vorliegenden Arbeit konnten anhand von Befragungen der Viehhalter zwei im Untersuchungsgebiet vorkommende Formen der Fernweidewirtschaft definiert und be- schrieben werden. Aufgrund von inhaltlichen Beschränkungen konnte in dieser Arbeit die Frage, wann und wie Übergänge zwischen Formen von Fernweidwirtschaft und Organisa- tionsformen stattfinden, nicht genau geklärt werden. Die Formen der Fernweidewirtschaft könnten wissenschaftlich auch von Interesse für weitere Untersuchungen sein.

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Aus den Ergebnissen der Arbeit ist zu erkennen, dass über 70 % der Betriebe den Schaf- und Ziegenbestand durch eigene Tiere erneuern. Jedoch bringen die eigenen Züchtungen der Viehhalter nicht immer die erwartete Leistung. Die Züchtung von verbesserten Tier- rassen, vor allem von Schafen und Ziegen, stand während der Sowjetzeit im Zentrum staatlicher Aktivitäten. Jedoch lassen seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Züch- tungsaktivitäten bei Groß- und Kleinvieh im Land zu wünschen übrig. Obwohl in jedem Rayon staatliche Züchtungsbetriebe unter Kontrolle der Rayonverwaltungen tätig sind, erbringen die dort gezüchteten Tiere nicht die gewünschte Leistung. Es entstanden auch in letzten Jahren kaum wissenschaftliche Arbeiten zur Züchtung von Rindern, Schafen und Ziegen. Die Einfuhr zahlreicher Zuchttiere in den letzten 5 Jahren zeigte, dass die ange- sprochenen Probleme bis jetzt nicht gelöst sind (STATE STATISTICAL COMMITTEE OF AZER- BAIJAN 2016b). Deshalb wären wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Züch- tung in Aserbaidschan notwendig.

10.8 Empfehlungen Aus den Ergebnissen und der Diskussion der Forschungsarbeit können detaillierte Empfeh- lungen als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Schafhaltung mit Weidenutzung in Aserbaidschan abgleitet werden. Die Empfehlungen basieren auf einem gründlichen Ver- ständnis der Ursachen für unangepasstes Betriebsmanagement, Weidemanagement, feh- lende Investitionen und Kooperation. Im Folgenden werden Empfehlungen (1) für Vieh- halter und (2) für geeignete Institutionen zur Änderung der institutionellen Rahmenbedin- gungen gegeben, die Entscheidungen zur Verbesserung des Betriebsmanagements und Weidemanagement beeinflussen können.

10.8.1 Empfehlungen an die Viehhalter Die Studie zeigt, dass zur Verbesserung der Ist-Situation verschiedene Lösungsansätze möglich sind, die im Folgenden als Empfehlungen formuliert werden. Es ist sichtbar ge- worden, dass eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Kenntnisse und des Wissens der Viehhalter notwendig ist. Jeder Viehhalter sollte über die Fütterungstechniken der Tie- re ausreichende Kenntnisse besitzen. Mit diesem Wissen können die Viehhalter die richtige Futtermittelmenge für die Wintermonate unter Berücksichtigung von Unsicherheitsfakto- ren (Witterung, Dürre, Krankheit etc.) abschätzen und rechtzeitig in den Sommermonaten Futtermittel einkaufen. Um die benötigten Kenntnisse, Wissen und Informationen zu er- werben, sollten die Viehhalter an organisierten Trainings, Seminaren und Schulungen in Bezug auf Bewirtschaftung der mobilen Tierhaltung mit Weidewirtschaft, Tiergesundheit, Züchtung etc. teilnehmen. Die verbesserten landwirtschaftlichen Kenntnisse können ent- scheidend zur Entwicklung des Betriebsmanagements und des Weidemanagements der Viehhalter beitragen. Verbesserung der Stall-und Wasserhygiene: Zur Verbesserung der betrieblichen Situati- on ist in erster Linie die Stall- und Wasserhygiene zu verbessern, was eine sofortige positi- ve Auswirkung auf die Lämmerproduktivität haben wird. Dafür sollten die alten baufälli- gen Ställe in den Betrieben renoviert oder durch neue ersetzt werden. Als Hygienemaß- nahme sollten erstens die Viehhalter mindestens zweimal im Jahr eine gründliche Desin- 226

fektion und Reinigung der Ställe durchführen und zweitens die Versorgung der Tiere mit Wasser aus der Teichen oder Regenpfützen vermeiden, um die Krankheitserreger mög- lichst zu reduzieren. Dazu sind geeignete Maschinen, vor allem Wasserlastkraftwagen und die dazugehörige Wassertechnik, anzuschaffen. Verbesserung der Tiergesundheit: Die Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten der Tiere ist durch Betreuung von Tierärzten zu verwirklichen. Die vorbeugende Schutz- impfung ist bereits jetzt amtlich angeordnet und kostenlos. Beim Einkauf und Anwendung der Medikamente sollten die Viehhalter die Tierärzte um Rat fragen um den Kauf von ver- fälschten Medikamenten und Anwendungsfehler zu vermeiden. Verbesserungspotential durch Investitionen mit und ohne Kooperation: Wenn ein Betrieb ökonomisch dazu in der Lage ist, sollte er die benötigte Investition durchführen. Dafür sollten die Viehhalter notwendige Informationen und Beratung zu Investitions- und Finanzplänen von den zuständigen Verwaltungen und Beratungszentren bekommen. Bei der Auswahl der Investitionsmaßnahmen sollte jeder Viehhalter beachten und sorgfältig prüfen lassen, welchen Einfluss eine bestimmten Maßnahme auf den Betrieb und seine weitere Entwicklung ausüben kann. Die Bewertung der Szenarien-Rechnungen der Mo- dellbetriebe hat gezeigt, dass jede Investition mit Kooperation zu einem besseren Betriebs- ergebnis führt als eine individuelle Investition. Daher ist aus der Analyse der Ist-Situation der untersuchten Kooperationsbetriebe und der Bewertung der Investitionen mit Koopera- tion in den Modellbetrieben zu schlussfolgern, dass eine Kooperation für die Schafhal- tungsbetriebe empfehlenswert ist. Jedoch ist es wichtig zu wissen, wie groß ein potenziel- ler Partnerbetrieb ist, wie die Investitionen mit Kooperation eingeführt werden kann und welche Organisations- und Fernweidewirtschaftsform dieser besitzt. Dabei sollten die Viehhalter mehr Informationen zur freiwilligen Kooperation bekommen und Erfahrungen mit Landwirten aus anderen Ländern durch Study Tours, Trainings, Seminare etc. austau- schen. Bei der Gestaltung der Kooperation sollten außer betriebswirtschaftlichen Gesichts- punkten auch soziale Aspekte wie persönliche Eigenschaften der Beteiligten stark berück- sichtigt werden. Daher ist eine schrittweise Entwicklung der Zusammenarbeit, beginnend mit unverbindlichen und relativ einfachen Formen empfehlenswert. Verbesserung der Kenntnisse zu Beweidungsmanagement: Die Viehhalter sollten die Schafhaltung nicht nur aus ökonomischen Aspekten als Investitionszweck, sondern auch aus ökologischen Aspekten betrachten. Die Viehhalter, vor allem der Besitzer von Win- terweidehöfen, sollten ausreichende Kenntnisse über die Tragfähigkeit ihrer Weide und deren Futterqualität erwerben, sowie sich über Rotationsweidesysteme informieren. Jeder Besitzer sollte darauf achten, dass der Tierbestand an die Größe der Weideflächen ange- passt ist, besonders sind dabei die mitgebrachten Hirtentiere unbedingt zu berücksichtigen. Es sollte außerdem ein Arbeitsvertrag zwischen den Hirten und Besitzern geschlossen werden. Verbesserung der Züchtung: Die Züchtung von Groß- und Kleinvieh ist in allen Betrie- ben zu verbessern. Bei der Bestandsergänzung sollten die Viehhalter nicht ausschließlich die eigenen Tiere verwenden, sondern Zuchttiere mit Nachbarn tauschen oder zukaufen. Die männlichen Zuchttiere, vor allem Schafböcke, sollten nicht länger als 2 Jahre verwen- det werden.

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10.8.2 Empfehlungen an die Agrarpolitik Die vorliegende Arbeit hat anhand der Beschreibung der Landwirtschaft in Aserbaidschan und der Struktur der Wanderschafhaltung gezeigt, dass im ländlichen Raum große Defizite bei Dienstleistungen und Finanzierung existieren. Viele Dienstleistungen wie tierärztliche Betreuung, Wasserversorgung und Züchtung werden durch Eigeninitiative von Viehhalter realisiert. Allerdings ist dies nicht ausreichend um den nachhaltigen Erfolg der Betriebe zu sichern. Eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der Landwirtschaft bzw. Tierhaltung in Aserbaidschan können neben den Wanderschafhaltungsbetrieben selbst die Institutionen spielen, vor allem das Landwirtschafts-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium mit ihren unterordneten Abteilungen, staatliche Komitees, vor allen das für Boden und Kartographie, die Rayonverwaltungen und Munizipalitäten sowie die privaten und staatliche Beratungs- zentren. Die zuständigen Institutionen und integrierten Beratungszentren sowie Komitees können die Wanderschafhaltungsbetriebe durch geeigneten Maßnahmen und Programme in ihrer Entwicklung unterstützen. Daher lassen sich aus der vorliegenden Forschungsarbeit auch Empfehlungen auf Ebene der Agrarpolitik abzuleiten. Verbesserung der Züchtung: Die Züchtung und Verteilung von verbesserten Rassen ist durch die Viehhalter selbst kaum zu leisten. Eine verbesserte Züchtung kann jedoch we- sentlich dazu beitragen, die Produktivität der Tierhaltung zu steigern. Aus diesem Grund sollte der Staat ein neues Züchtungsprogramm entwickeln und bald im Land einführen. Dabei sollten vor allem die regionalen Rassen bei der Verbesserung der Züchtung stark berücksichtigt werden, weil diese besser an die natürlichen Standortbedingungen in der Region angepasst sind. Obwohl in staatlichen Programmen Maßnahmen im Züchtungsbe- reich geplant wurden, sind die Maßnahmen nur teilweise durchgeführt worden. Aus diesem Grund ist eine Verbesserung in diesem Bereich weiterhin notwendig (PRÄSIDENT DER RE- PUBLIK VON ASERBAIDSCHAN 2004, 2008, 2003). Bei neuen Züchtungsprogrammen sind neben den zuständigen staatlichen Institutionen die Beratungs- und Informationszentren sowie Forschungszentren mit einzubeziehen. Die Betriebe, die privat an der Züchtung in der Region mitarbeiten, sollten mit unterschiedlichen Förderprogrammen, Beihilfen oder Prämien im Rahmen der Züchtungsprogramme weiter motiviert werden. Bereitstellung von Beratungsdienstleistungen: Eine zentrale Bedeutung bei der Entwick- lung der landwirtschaftlichen Betriebe in Aserbaidschan kann der landwirtschaftlichen Beratung zukommen. Als regionale Organisationen, die diese Prozesse einleiten und dau- ernd begleiten können, sollten entweder das staatliche Beratungszentrum des Landwirt- schaftsministeriums, das Vor-Ort Filialen in jedem Rayon unterhält, oder das private Bera- tungszentrum in Gandja dienen. Um die Wanderschafhaltungsbetriebe entwickeln zu kön- nen, sollen die Beratungszentren Interesse daran haben, geeignete Kommunikationsmittel zu entwickeln um die Tierhalter zu erreichen. Die Kommunikationsmittel können Informa- tionsbroschüren mit Bezug auf Vermarktung, Tierhaltung, Krankheiten, Züchtung, Koope- ration sowie Publikationen in Fachzeitschriften sein. Darüber hinaus können Seminare und Informationsveranstaltungen zum Thema Tierhaltung und Kooperation durchgeführt wer- den. Die Seminare und Trainings sollen am besten in den Betrieben vor Ort veranstaltet werden. Aber auch die aktive Anwesenheit eines Beraters sowohl auf der Winterweide als auch auf der Sommerweide ist sehr wichtig, da über direkte Kontakte die Viehhalter besser

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erreicht und motiviert werden können. Zudem kann ein Berater mit Kenntnis der Verhält- nisse vor Ort die Entwicklung der Tierhaltung sowie die möglichen zwischen- und überbe- trieblichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit besser analysieren. Mit ihren Kenntnissen können die Berater Verbesserungsmöglichkeiten der Betriebe besser identifizieren und die Betriebe bei der Umsetzung unterstützen und betreuen. Beim direkten Kontakt mit Vieh- haltern können die Berater zum optimalen Zeitpunkt, also noch vor anstehenden Ersatz- oder Neuinvestitionen fördernd eingreifen und die konkreten Vor- und Nachteile bestimm- ter Investitionsmaßnahmen mit und ohne Kooperation aufzeigen. Bei der Beratung zu In- vestitionen mit Kooperation sollten neben Kostensenkungsargumenten auch andere Vorzü- ge der Kooperation aus sozialen Aspekten angesprochen werden. Im Beratungszentrum sollten die Viehhalter darüber informiert werden, welche Investition mit bzw. ohne Koope- ration für den Betrieb optimal wäre und ob der Betrieb die Investition mit Eigenkapital realisieren kann oder ob Fremdkapital notwendig ist. Eine gute Beratung kann regional eine höhere Dynamik bei der Betriebsentwicklung herbeiführen. Fördermaßnahmen: Die zuständigen Institutionen in Aserbaidschan können in der Ent- wicklung der landwirtschaftlichen Betriebe, bei der Verbesserung des Weidemanagements sowie bei Investitionen mit und ohne Kooperation über das Setzen von Anreizen wesentli- che Änderungen herbeiführen. Daher sollte die Regierung neben der Bereitstellung von Dienstleistungen wie tierärztlicher Versorgung, Wasserversorgung, Züchtung, Beratungen etc. eine neue Strategie zur Förderung der Tierhaltungsbetriebe entwickeln. Dabei sollte es sich zunächst um die finanzielle Förderung von Investitionen und Kooperationsformen handeln. Die Regierung sollte die Tierarztgemeinschaft als Kooperation unter den Betrie- ben unterstützen und solche Gemeinschaften in staatlichen Programmen explizit vorsehen. Bei Investitionen mit Fremdkapital sollte die Regierung Kooperationen zwischen Betrie- ben besonders unterstützen. Eine Unterstützung sollte in der Anfangsphase grundsätzlich mit finanzieller Förderung erfolgen, die in Form von Zuschüssen oder der Gewährung hö- heren Fördersätzen für gemeinschaftliche Investitionen als bei individuellen Maßnahmen. Diese Förderung sollte langfristig erfolgen. Obwohl viele Viehhalter gegenüber staatlich verordneten Kooperationen kritisch eingestellt sind, wäre eine Unterstützung von Koopera- tionen durch den Staat im Finanzierungsbereich z.B. erleichterter Zugang zu Krediten für Kooperationsbetriebe, sinnvoll. Die Förderung durch vergünstigte Kredite ist sehr wichtig, weil die Investitionsmaßnahmen offensichtlich zur Rationalisierung der landwirtschaftli- chen Betriebe beitragen und ihre nachhaltige Wirtschaftlichkeit zu verbessern helfen. In dieser Richtung sollten neue Kreditprogramme für notwendige Investitionen in landwirt- schaftliche Infrastruktur entwickelt werden. In Programm müssen die Voraussetzungen für die Förderung von Kooperation geschaffen werden, um umfangreiche Investitionen über- haupt vornehmen zu können. Von Seiten der Regierung sind Programme der finanziellen Förderung der landwirtschaftlichen Investitionen mit Kooperation grundsätzlich zu befür- worten. Die Förderung der Investition mit Kooperation sollte deshalb als integraler Be- standteil der Agrarpolitik zur Entwicklung der Landwirtschaft gestaltet werden. Dabei ist es wichtig, die Bedingungen für Investitionen angepasst an jede Region zu gestalten, unter denen der Kauf von benötigter Technik mit Kooperation erleichtert wird. Unter aserbai- dschanischen Bedingungen kann es jedoch schwierig sein, die individuellen Ziele der Viehhalter zu berücksichtigen und zusammenzuführen, um die Kooperation sowohl im

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Tierarztbereich, als auch bei Investitionen zu fördern. Daher sollte der Staat Maßnahmen und rechtliche Formen einführen und dafür entsprechende Kooperationsverträge entwi- ckeln, so dass Kooperationen in einem offiziellen rechtlichen Rahmen stattfinden können. Beratung im Weidemanagement: Degradation als Folge der Überweidung ist bereits als Problem auf politischer Ebene erkannt worden. Es werden derzeit im Großen Kaukasus mehrere Projekte zur Verbesserung der Weideflächen und deren nachhaltiger Nutzung von den internationalen Organisationen UNDP und GIZ in Zusammenarbeit mit nationalen Organisationen durchgeführt (UNDP IN AZERBAIJAN 2016; GIZ 2015). Im Rahmen von staatlichen Programmen in Bezug auf Weidewirtschaft wurden die vorgenommen Maß- nahmen zur Verbesserung jedoch allgemein gehalten und keine spezifische Entwicklung diesbezüglich durchgeführt (REPUBLIK ASERBAIDSCHAN 2004; WORLD BANK 2007). Eine wichtige Herausforderung ist die Entwicklung einer professionellen Beratung im Weide- management. Die Tragfähigkeit aller Weideflächen in Aserbaidschan sollte wissenschaft- lich untersucht werden. Die Viehhalter sollten über ihre gepachtete Weide, deren Qualität und Tragfähigkeit informiert werden, sie sollten wissen, welche Konsequenzen eine Über- stockung der Weideflächen hat und wie sich dadurch der Zustand der Weide verschlech- tern kann. Es sollten im Land von den zuständigen Institutionen neue Konzepte für land- schaftspflegerische Maßnahmen entwickelt und bald verwirklicht werden. Für die Som- mer- und Winterweide sollte die Kontrolle der Rinderhaltung von zuständigen Rayonver- waltungen sowie durch lokale Munizipalitäten verstärkt werden. Es sollte den Viehhaltern erklärt werden, wie die Beweidung durch Rinder in großen Herden die Weidefläche degra- dieren kann. An dieser Stelle könnte ein Beratungszentrum neben den zuständigen Behör- den eine wesentliche Rolle spielen. Eine weitere Empfehlung ist die Verbesserung der Registrierung des Tierbestands. Es sollte ein System zur jährlichen Erfassung der tatsächlich vorhandenen Gesamttierzahl auf der Weide entwickelt werden und dies auf der lokalen und regionalen Verwaltungsebene umgesetzt werden. Erst nach der Registrierung können Strafen für Verstöße bei Kontrollen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Zusätzlich sind weitere Regeln für die nachhaltige Nutzung der Weideressourcen in- nerhalb der Pachtverträge und deren Durchsetzung zu entwickeln. Der Weidezustand wird von der jeweils zuständigen Verwaltung oft nicht überwacht. Das Wissen über den Weidezustand und das Erkennen von Problemen ist die erste und wichtigste Voraussetzung für besseres Management. Neue Vorschriften in den einzelnen Pachtverträgen sollten An- gaben zur Weidefutterqualität und -futtermenge sowie angepasste Höchst- Tierbesatzdichten unter Berücksichtigung der Variabilität der Standortbedingungen enthal- ten. Darüber hinaus ist ein angepasstes Weidemanagement von den Viehhaltern einzufor- dern. Zudem ist es nötig, neue Regeln zur Unterverpachtung der Weide zu entwickeln und diese in neuen Verträgen festzuschreiben. Die kurzfristigen einjährigen Unterpachten soll- ten dabei gänzlich verboten werden. Die neuen Vorschriften und die daraus resultierenden Anforderungen an die Viehhalter bezüglich abnehmender Besatzdichten sollten von Sensi- bilisierungsmaßnahmen über geeignetes Weidemanagement begleitet werden. Regeln für die Nutzung der Wanderwege: Ein befriedigender Zustand der Wanderwege ist eine der wichtigen Voraussetzungen für die Fortsetzung der regelmäßigen Mobilität

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zwischen Sommer- und Winterweiden in der Wanderschafhaltung. Auf den Wanderwegen sollten Barrieren und Engpässe innerhalb von Dörfern und bei Zwischenaufenthaltsstatio- nen entfernt werden und genügend Rastplätze für Schafe, Ziegen und Rinder vorgesehen werden. In einigen Dörfern sind die Wanderwege von Dörflern „privatisiert“ worden, ob- wohl die Flächen nicht zur privaten Zwecken genutzt werden dürfen. Die zuständige Be- hörde sollte die Kontrolle über die Nutzung der Wanderwege verstärken, und, wenn nötig, neue Regeln zur verbesserten Steuerung der Wanderung entwickeln und diese in den Pachtverträgen für die Weidefläche festschreiben. Hier ist nochmals zu betonen, dass neue Programme und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der landwirtschaftlichen Betriebe und sowie des Weidemanagements vom Staat dringend benötigt werden. Es sollten alte Programme daraufhin evaluiert werden, welche Maßnahmen in diesem Programm gut angenommen wurden bzw. welche Maß- nahmen bis jetzt nicht umgesetzt wurden und durch neue Lösungsansätze ersetzt werden müssen. Die gut angenommenen staatlichen Programme sollten angepasst an die regional unterschiedlichen Ausgangssituationen weiterentwickelt werden. Es ist wichtig, in die Um- setzung von staatlichen Programmen neben den zuständigen Ministerien, dem staatlichen Bodenkomitee, den Rayonverwaltungen und Munizipalitäten auch die privaten und staatli- chen Beratungszentren mit einzubeziehen. Auf diese Weise kann eine konsistente Umset- zung der eingeleiteten staatlichen Maßnahmen gewährleistet werden.

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11 Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit untersucht die Wanderschafhaltung in ausgewählten Orten Aser- baidschans. Als Motivation für die vorliegende Arbeit sind fehlende Informationen zur Wanderschafhaltung und ihrer Wirtschaftlichkeit zu nennen. In der durchgeführten Studie werden der Landwirtschaftssektor in Aserbaidschan mit Fokus auf den Transformations- prozess strukturell charakterisiert, die Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe dargestellt, die Ist-Situation der Wanderschafhaltung aus ökonomischer Sicht vertieft ana- lysiert und daraus abgeleitet Schwachstellen identifiziert. Weiterhin werden Lösungsansät- ze zur Verbesserung der Ist-Situation entwickelt. Als Untersuchungsgebiet in Aserbai- dschan wurde die Region Gandja-Gasach mit ihren vier Landbezirken/Rayons (Shamkir, Gedebey, Tovuz, Dashkesen) ausgewählt. Als Untersuchungsobjekt der vorliegenden Ar- beit wurden Betriebe ausgewählt, die sich auf Schafhaltung in einem Wanderweidewirt- schaftssystem/ Fernweidewirtschaftssystem spezialisiert haben. Die Wanderweidewirt- schaft ermöglicht es den Viehhaltern der untersuchten Betriebe, die vorhandenen Wei- deressourcen entlang eines vertikalen Gradienten an den Hängen des Kleinen Kaukasus zu nutzen. Die untersuchten Viehhalter sind in zwei Landbezirken (Shamkir und Gedebey) in der Untersuchungsregion Gandja-Gasach ansässig. Die Schafhaltung bildet eine der wich- tigsten Einkommensquellen für die Viehhalter und übernimmt für viele auch die Funktion einer Kapitalanlage. Lammfleisch ist in Aserbaidschan sehr beliebt und daher der Produk- tionsschwerpunkt der Schafhaltung. Um die Bedeutung der Schafhaltung mit Fernweide- wirtschaft herauszustellen, untersuchte diese Arbeit nicht nur einzelne Betriebe sondern allgemein die Schafhaltung in Gandja-Gasach. Daher wird in dieser Arbeit ein relativ voll- ständiges Bild der Wanderschafhaltung in der Region entwickelt. Methoden Die erhobenen Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen: Primärdaten (aus Leitfaden- gesprächen mit Experten sowie betriebsspezifische Daten der untersuchten Wanderschaf- haltungsbetriebe) und Sekundärdaten. Betriebsspezifische Daten wurden als Stichprobe bei insgesamt 120 Wanderschafhaltungsbetrieben in den Jahren 2009-2012 erhoben. Die un- tersuchten Betriebe bilden 35,1 % aller landwirtschaftlichen Betriebe in der Region Gand- ja-Gasach und 2,4 % der Betriebe auf Landesebene. Die erhobenen Primärdaten wurden in der vorliegenden Arbeit je nach Fragetyp qualitativ und/oder quantitativ ausgewertet. Die qualitative Auswertung kam schwerpunktmäßig für die Leitfadengespräche, die quantitati- ve Auswertung hingegen für die „harten“ betriebswirtschaftlichen Daten zur Anwendung. Die Inhaltsanalyse als ein qualitatives Auswertungsverfahren ist bei der Analyse offener Fragen in Leitfadengesprächen und teilweise bei betriebsspezifischen Daten zum Einsatz gekommen. Für die quantitative Auswertung der Daten wurden deskriptive Statistiken mit Hilfe von Microsoft Excel und SPSS erstellt. Zur Analyse der Wirtschaftlichkeit wurden als methodische Werkzeuge die an der Hochschule Weihenstephan, Abteilung Triesdorf, entwickelten Excel-basierten Computersysteme MAX und BEP verwendet. Dazu wurden in MAX aus den erhobenen Daten die wichtigsten Kennzahlen der Deckungsbeitragsrech- nung (Marktleistungen, variable Kosten, Umlaufvermögen und Gesamtgroßvieheinheiten etc.) zusammengestellt. Aus der Summe der Einzeldeckungsbeiträge ergibt sich multipli-

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ziert mit den jeweiligen Umfängen der Produktionsverfahren der Gesamtdeckungsbeitrag. Die in MAX berechneten Daten und Kennzahlen standen in BEP für die weitere Be- triebsanalyse zur Verfügung. Daraus wurden die erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen von Rentabilität, Stabilität und Liquidität für die Ist-Situation der Betriebe errechnet. Basierend auf der quantitativen und qualitativen betriebswirtschaftlichen Bewer- tung sowie der Identifizierung von Schwachstellen wurden Lösungsansätze zur Verbesse- rung der Ist-Situation entwickelt und anhand von zwei Modellbetrieben weiter analysiert, die Betriebe kleiner und mittlerer Größe repräsentieren. Der Landwirtschaftssektor Aserbaidschans im Transformationsprozess Eines der Ziele der vorliegenden Arbeit ist es, den Landwirtschaftssektor in Aserbaidschan mit Fokus auf den Transformationsprozess strukturell zu charakterisieren. Die vorliegende Arbeit zeigt folgendes Bild: Obwohl die Landwirtschaft in Aserbaidschan einen geringen Anteil mit 5 % am BIP hat, hat sie dennoch eine enorme Bedeutung im Arbeitsmarkt. Die Transformation des Landwirtschaftssektors nach dem Abbruch der Sowjetzeit lässt sich in unterschiedliche Etappen untergliedern. Der Anfang der Transformation von 1990-1995 war im Wesentlichen durch den Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion – sowohl im Tierhaltungsbereich als auch im Pflanzenbau – charakterisiert. Durch die Privatisierung und die Durchführung einiger staatlicher Programme hat sich der Agrarsektor im Zeitraum von 1995 bis 2000 nur schleppend entwickelt. In dieser Etappe wurden auf vielen der un- tersuchten Betriebe der Tierbestand, landwirtschaftliche Maschinen und Winterweidehöfe privatisiert. Durch die Privatisierung ist ein kontinuierlicher Rückgang der Anzahl der gro- ßen Betriebe mit einer gleichzeitigen Zunahme der Anzahl von kleinstrukturierten Betriebe zu beobachten. Die weiteren staatlichen Programme ab 2000 bis 2008 haben nicht nur die Wiederherstellung der Landwirtschaft bewirkt, sondern auch zu deren rascher Entwicklung beigetragen: Die Tierbestände haben sich in dieser Zeit sogar verdoppelt. Es wird auch gezeigt, dass neben dem kulturellen Hintergrund der Wanderweidewirtschaft die vorhan- denen kostengünstigen Weideflächen, die wachsende Nachfrage nach Schaffleisch und hohe Fleischpreise ein Anreiz zur Entwicklung dieses Bereichs waren. Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbetriebe Landwirtschaftliche Betriebe in Aserbaidschan sind drei Rechtsformen gefasst: Einzelbe- triebe privater Eigentümer (i.d.R. „Fermer“-Betriebe), Dienstleistungsgesellschaften und landwirtschaftliche Unternehmen. Es lässt sich feststellen, dass alle untersuchten Betriebe Einzelbetriebe sind und davon 87,5% von natürlichen Personen geleitet werden. Das Alter der befragten Viehhalter bzw. Betriebsleiter liegt im Durchschnitt bei 45 Jahren. Die Wanderschafhaltungsbetriebe können nach drei Merkmalen in Kategorien eingeteilt werden: Form der Fernweidewirtschaft, Organisationsform und Größenklasse. In der vor- liegenden Arbeit wurden die untersuchten Betriebe nach ihrer Form der Fernweidewirt- schaft in zwei Kategorien differenziert: Halbnomaden (n=70) und Transhumante (n=50). Die entscheidenden Unterschiede zwischen Halbnomaden und Transhumanten sind: Fern- weidewirtschaft ist für Halbnomaden eine Lebensweise und die Betriebe werden überwie- gend mit Familienarbeitskräften bewirtschaftet. Im Gegensatz dazu ist die Fernweidewirt- schaft für Transhumante vorwiegend eine Wirtschaftsweise und wird überwiegend von Lohnarbeitskräften durchgeführt. Die Organisationsform der untersuchten Betriebe wurden

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nach Merkmalen des Managements in vier Gruppen klassifiziert: Familienbetriebe (n=69), Lohnhirtenbetriebe (n=40), Kooperationsbetriebe (n=9) und Staatsbetriebe (n=2). Die un- tersuchten Betriebe wurden nach ihrem Tierbestand bzw. den Gesamt-Großvieheinheiten in 3 Gruppengrößen klassifiziert: Kleinbetriebe (n=33), mittlere Betriebe (n=78) und Großbetriebe (n=9). Nach der Kategorisierung nach Form der Fernweidewirtschaft, Be- triebsorganisation und Größenklasse kommen am häufigsten Halbnomaden- Familienbetriebe mittlerer Größe vor, die 28 % aller untersuchten Betriebe bilden. Die Studie zeigt, dass die untersuchten Wanderschafhaltungsbetriebe in verschiedenen Formen miteinander kooperieren – sowohl offiziell mit rechtlicher Basis als auch auf ein- facher, informeller und traditioneller Basis in den Bereichen Beweidung, Maschinenge- meinschaft, Hofgemeinschaft und Tauschgemeinschaft. Jedoch zeigt die Analyse auch, dass nur 9 % der untersuchten Betriebe verschiedene Formen der Kooperation betreiben. Um die Möglichkeiten zur Verbesserung der Betriebsorganisation durch Kooperationen nutzen zu können, müssen viele Betriebsleiter erst die Bedeutung und Funktion einer frei- willigen Zusammenarbeit verstehen und diese nicht mit Kolchosen und Sowchosen ver- wechseln. 72,5 % der befragten Betriebe haben Interesse an einer auf freiwilligen Prinzi- pien basierenden formellen Kooperation. Andererseits sind 27,5 % der befragten Viehhal- ter sind grundsätzlich kritisch gegenüber Kooperationen eingestellt. 22,5 % der befragten Viehhalter bevorzugen eine Zusammenarbeit mit Verwandten, 47,5 % mit Nachbarn und 35 % mit Freunden oder Bekannten. Auf den untersuchten Betrieben sind insgesamt 989 Personen beschäftigt, davon sind 33,7 % Familienarbeitskräfte und 66,3 % Fremdarbeitskräfte. Über die Hälfte der Fremdarbeitskräfte sind Hirten. Die Studie zeigt, dass die Entlohnung der Hirten von Be- trieb zu Betrieb variiert und, abhängig von den Absprachen zwischen Besitzer und Hirten, von der Anzahl der mitgebrachten Hirtentiere bestimmt wird. Die Betriebe nutzen drei Arten von Weideflächen (Sommer-, Winter- und Dorfweide), wobei alle drei Weidearten dem Staat gehören. Die Sommer- und Winterweidefläche wird von den Rayonverwaltungen und die Dorfweide von der Munizipalität des jeweiligen Ortes verwaltet und verpachtet. Die Sommerweiden der untersuchten Betriebe liegen in den Bergregionen des Kleinen Kaukasus in den Rayons Dashkesen und Gedebey, lassen auf- grund der natürlichen Standortbedingungen keine ackerbauliche Nutzung zu und sind häu- fig maschinell nicht erreichbar. Sie sind aber gut durch Nutztiere, vor allem Schafe und Ziegen, zu beweiden. Die untersuchten Winterweideflächen liegen in Cheyranchöl-Steppe des Tieflandes in den Rayons Tovuz und Shamkir. Auf den Winterweideflächen werden von den untersuchten Betrieben Schafe und Ziegen, aber auch Rinder, auf Grenzertragsbö- den gehalten, wobei sich diese für die Nutzung durch Großvieh wenig eignen. Insgesamt sind 65.244 ha Weidefläche (davon 76 % Winterweidefläche, 21 % Sommer- und 3 % Dorfweidefläche) von den untersuchten Betrieben gepachtet. Dies macht etwa 13 % der Gesamtweidefläche der Region Gandja-Gasach aus. Ein Betrieb hat durchschnittlich 414 ha Winterweide, 40 ha Dorfweide und 188 ha Sommerweide gepachtet. Die Pachtdau- er der Weidefläche in den Betrieben geht von einem bis 15 Jahre, dies ist wiederum vom Weideflächentyp abhängig. Die Studie zeigte, dass die staatlich vorgeschriebene Höchst- besatzdichte (1-4 Schafe pro Hektar Winterweide und 2-8 pro Hektar Sommer- oder Dorf-

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weide) auf der Sommer- und Dorfweidefläche bei 35 % der Betriebe und auf der Winter- weidefläche bei 43,3 % der untersuchten Betriebe überschritten ist. Die untersuchten Betriebe haben insgesamt 142 Sommerweidelager und 144 Winterweide- höfe. 87,5 % der Betriebe besitzen nur einen Hof auf der Winterweide. Dort werden als bauliche Anlagen Wohn- und Stallgebäude genutzt. Da bauliche Anlagen auf den Som- merweiden nicht erlaubt sind, verfügen die Betriebe dort als Behausung über Zelte oder Hütten. Die Studie zeigte, dass bei etwa 57 % (n=68) der Betriebe die Stallgebäude abge- schrieben sind und sich in einem maroden Zustand befinden. Zu den landwirtschaftlichen Maschinen und Anlagen der untersuchten Betriebe gehören Wasserlastkraftwagen, Wassertanks, Schlepper, Lastkraftwagen, Geländewagen und Gene- ratoren. Die Ergebnisse zeigen, dass etwa 6 % der untersuchten Betriebe alle der aufgelis- teten Maschinen, und 19 % der Betriebe keine eigenen Maschinen für den Transport besit- zen. Die Studie zeigt, dass die Wasserversorgung der Weidetiere in der Winterzeit Probleme bereitet, da Wasser ein limitierender Faktor auf der Winterweide ist. Zwar sind Wasserlei- tungen in der Steppe vorhanden und sichern die Wasserversorgung der Tiere und Men- schen bei 63% der Betriebe, sie befinden sich aber teilweise in einem technisch desolaten Zustand. 30,9 % aller untersuchten Betriebe besitzen einen eigenen Wasserlastkraftwagen, der Wasser für Tiere und Menschen zum Hof transportiert. Die Viehhalter, die keinen Wasserlastwagen und keinen Anschluss an die Wasserleitung haben, sind gezwungen, teu- res Wasser durch private Fuhrgeschäfte mit Tanklastwagen zu ihren Höfen bringen zu las- sen. Im Jahr 2011 wurden in den untersuchten Betrieben insgesamt 98.907 Schafe, 3.671 Zie- gen und 2.349 Rinder (ohne Berücksichtigung der Hirtentiere) gehalten; umgerechnet sind dies 9.182 Großvieheinheiten (GVE). Hinzu kommen noch 10-20 % GVE für die Hirten- tiere. Die Studie zeigt, dass die Mortalitätsrate der Lämmer in 42 % der Betriebe über dem ermittelten Median (28,3 %) liegt. Es wurde ermittelt, dass der hohe Lämmerverlust be- sonders durch schlechte Stall- und Wasserhygiene, unangepasste Fütterung und unzu- reichendes Managementwissen und -fähigkeiten der Viehhalter sowie durch fehlende re- gelmäßige tierärztliche Betreuung bedingt ist. Die Ergebnisse der Befragungen und Be- obachtungen zeigen, dass Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche sowie Wurmbefall sehr häufig auftreten. Analyse der Ist-Situation aus ökonomischer Sicht Die vorliegende Arbeit zeigt, dass in den Wanderschafhaltungsbetrieben neben Schafen und Ziegen einige Rinder vor allem zur Mast anzutreffen sind. Daher wurde neben der Darstellung spezifischer Angaben zum Tierbestand und produktionstechnischer Daten eine vergleichende Analyse der Muttertierhaltungsverfahren aus ökonomischer Sicht durchge- führt. Die Ergebnisse zeigt, dass die Rinderhaltung unter den Bedingungen der Wander- weidewirtschaft im Vergleich zur Schaf- und Ziegenhaltung nicht lukrativ ist. Die Ergebnisse der ökonomischen Analyse der Ist-Situation der Wanderschafhaltungsbe- triebe zeigen, dass alle Betriebe einen positiven Gewinn erzielen, davon haben jedoch 31 % einen negativen Unternehmergewinn. Nach Bewertung mittels der Nettorentabilität befinden sich von diesen Betrieben 20 % (n=24) in einem akzeptablen und 11 % (n=13) in

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einem unrentablen Zustand. Die Betriebe, die aus ökonomischer Sicht nach Nettorentabili- tät in einem unrentablen Zustand sind, gehören nahezu alle zu den Kleinbetrieben, nur ei- ner ist ein mittlerer Betrieb. Neben der Größenklasse sind die Organisationsform, höhere Futterkosten und damit verbundene Transportkosten sowie eine schlechtere Markleistung als Gründe für Unrentabilität zu nennen. Zusammenfassend lassen sich in vielen Betrieben folgende Schwachstellen identifizieren: unzureichende Stall- und Wasserhygiene, Futter- mangel, mangelnde landwirtschaftliche Maschinen und tierärztliche Betreuung. Dies be- deutet, dass in solchen Betrieben existenznotwendige Investitionen in Stallgebäude und in geeignete Maschinen unterlassen wurden. Investitionen und Kooperation als Lösungsansätze Es hat sich herausgestellt, dass alle kleinen Betriebe und etwa 77 % der mittleren Betriebe nicht in der Lage sind, Investition ohne Fremdkapital zu realisieren. Daher wurde für die Szenarien-Rechnungen angenommen, dass Investitionen mit vergünstigen Krediten fremd- finanziert werden. Die Großbetriebe wurden in den Modellrechnungen nicht betrachtet, weil die Mehrheit gut mit Maschinen ausgestattet ist und bereits Neubauställe oder teilre- novierte Ställe besitzt. Es wird gezeigt, dass die Investition für Kleinbetriebe und mittlere Betriebe mit Kooperation optimal realisierbar sind. Es werden zunächst vier Investitions- szenarien (Gebäude, Lastkraftwagen, Wasserlastkraftwagen und Wassertechnik, sowie Futterlager) ohne Kooperation berechnet. Da die Investition in Gebäude mit Kooperation unter den Viehhaltern unerwünscht ist, werden nur drei Investitionsszenarien mit Koopera- tion (Lastkraftwagen, Wasserlastkraftwagen sowie Wassertechnik und Futterlager) gebildet und aus ökonomischer Sicht bewertet. Zudem ist ein Szenario für Tierarztgemeinschaften in der vorliegenden Arbeit entwickelt und deren Wirtschaftlichkeit bewertet worden. Für die Szenarien wird angenommen, dass die Verbesserung der Stallhygiene, Wasserhygiene, Futterversorgung und tierärztlichen Betreuung den Lämmerverlust um 4 bis 6 % verringern kann. Dabei wird untersucht, welche Szenarien zum Erfolg der Betriebe beitragen können und zu welchen Betriebsgrößen sie gut passen. Die Ergebnisse der Investitionstätigkeit ohne Kooperation haben gezeigt, dass im Modell- betrieb A, der für Kleinbetriebe repräsentativ ist, die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zur Ist-Situation selbst mit vergünstigten Krediten bei Investitionen in Maschinen und Futter- lager schlechter wird. Daher sind die angenommenen Investitionstätigkeiten, ausgenom- men die in Gebäude, unter den getroffenen Annahmen für Kleinbetriebe ohne Kooperation nicht realisierbar und daher auch nicht empfehlenswert. Ausgehend vom Modellbetrieb B wird gezeigt, dass die Wirtschaftlichkeit der individuellen Investitionen in den mittleren Betrieben zwar akzeptabel bleibt, dieser Zustand sollte aber nur kurzfristig bestehen blei- ben. Als Lösungsansatz werden in dieser Arbeit Investitionen mit Kooperationen theoretisch durchgeführt. Um die untersuchten Betriebe für eine Kooperation zu motivieren, bedarf es fundierter Aussagen zu den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen auf den Gesamtbetrieb. Vor diesem Hintergrund wurden in den Szenarien betriebswirtschaftliche Erfolgsfaktoren für die Wirtschaftlichkeit einer Kooperation identifiziert und dargestellt. In 87 % der Be- triebe ist die Idee einer Kooperation mit gemeinsamer Investition in ein Stallgebäude un- erwünscht, weil dies schwer zu realisieren wäre. Die Studie zeigt jedoch, dass 35 % der

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befragten Viehhalter Interesse an gemeinsamen Investitionen in Futterlager, 52% an Ma- schinengemeinschaften und 65 % an Tierarztgemeinschaften haben. Die Analyse zeigt auch, dass die gemeinsamen Investitionstätigkeiten in Maschinen und Futterlager bei den Modellbetrieben erwartungsgemäß zu einer Verbesserung der ökonomischen Situation im Vergleich zur Investitionstätigkeit ohne Kooperation führen. Insbesondere die kleinen Be- triebe können von einer Investition mit Kooperation profitieren und bei verhältnismäßig geringen Kostensteigerungen die höchsten Leistungszuwächse im Vergleich zu individuel- len Investitionen erzielen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die hier durchgeführte Analyse auf Annahmen beruht. Die Studie zeigt, dass die Kooperation in einer Tierarztgemeinschaft die Ist-Situation mit den getroffenen Annahmen deutlich verbessern kann, wenn die Voraussetzungen der Part- ner erfüllt werden. Anhand der Ergebnisse von Gewinn- und Nettorentabilitätsberechnun- gen ist zu betonen, dass Kleinbetriebe von der Tierarztgemeinschaft im Vergleich zu mitt- leren Betrieben stärker profitieren können. Abschließend wurden in der vorliegenden Arbeit Empfehlungen an Viehhalter und an ge- eignete Institutionen zur Änderung der institutionellen Rahmenbedingungen zur Verbesse- rung der genannten Schwachstellen in der Stallhygiene, Wasserhygiene, Futterversorgung, tierärztlichen Betreuung etc. gegeben.

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Anhänge

Anhang 1: Ausgewählte endemische und Reliktpflanzenarten Gattungen (Lateinisch/Deutsch) Lateinische Namen der Arten (Beispiele) Vorkommen als

In Sommerweide-Regionen Alchemilla (Frauenmantel) Alchemilla amicta endemisch Euphrasia (Augentrost) Euphrasia kurdica endemisch Rhododendron (Rhododendren) Rhododendron caucasicum endemisch Woodsia (Wimpernfarn) Woodsia alpine relikt Rosa (Rosen) Rosa nisami endemisch Scilla (Blausterne) Scilla caucasica endemisch Tilia (Linden) Tilia caucasica endemisch Fagus (Buche) Fagus orientalis einheimisch Platanus (Platanen) Platanus orientalis relikt Taxus (Eiben) Taxus baccata relikt Juglans (Walnüsse) Juglans regia relikt Pinus (Kiefern) Pinus kochiana endemisch Quercus (Eichen) Quercus macranthera endemisch Quercus iberica endemisch In Winterweide-Regionen Pyrus (Birnen) Pyrus eldarica endemisch Pistacia (Pistazien) Pistacia mutica relikt Pinus (Kiefern) Pinus eldarica relikt Punica (Granatäpfel) Punica granatium endemisch Tamarix (Tamarisken) Tamarix ramosissima endemisch Poa (Rispengräser) Poa meyeri endemisch Astragalus (Tragant) Astragalus johannis endemisch Astragalus andreji endemisch Crepis (Pippau) Crepis alikeri endemisch Artemisia (Artemisia) Artemisia eldarica endemisch Torularia Torularia ledebouri endemisch Papaver (Mohn) Papaver schelkownikowi endemisch Galium (Labkräuter) Galium eldaricum endemisch Hieracium (Habichtskräuter) Hieracium karjaginii endemisch Gypsophila (Gipskräuter) Gypsophila stevenii, endemisch Stipa (Federgräser) Stipa szovitsiana endemisch Veronica (Ehrenpreis) Veronica amoena endemisch Iris (Schwertlilie) Iris camiliae endemisch Iris paradoxa endemisch Iris lineolata endemisch Iris iberica endemisch Dianthus (Nelken) Dianthus schmachensis endemisch Nepeta (Katzenminzen) Nepeta schischkinii endemisch Tulipa (Tulpen) Tulipa eichleri endemisch Astracantha Astracantha caspica endemisch Quelle: Zusammengestellt nach PEPER (2010) und EFENDIYEVA (1955)

Anhang 2: Differenzierung der Kredite von ausgewählten Banken in Gandja-Gasach

BANKEN KREDITBETRAG KREDITARTEN UND KREDIT LEIHFRIST FILALE IN ZINSEN MEHTODE

1. $1.000-100. 000 1. Kreditprogramme für den AGRAR- Gruppe, 3 & 7 Jahre Gandja, Gasach 2. $1.000-10.000 ländlichen Bereichen; CREDIT, individual & Produktion und Verarbei- NBCO Unternehmen tung sowie Kreditgenossen- schaften und-Gruppe 24 % /Jahr 2. Beschaffung von land- wirtschaftlichen Erzeugnis- sen, Handel und anderen Bereichen – 27 %/Jahr; 3. Nord-Ost Entwicklungs- projekt - 15% /Jahr 4. .NFUF – 7 %/Jahr

1. Mikro 0.6-3 %/Monat BANK Mikro, > $100- Gruppe, 1) 3-36 Gandja, Shamkir, 2. MSE 0.6 -2,5 % /Monat RESPUBLIKA <$10.000 individual & Monate Goranboy 3. SME 0.6-2.3 %/Monat Unternehmen Klein , >$10.000- 4. Big 0,.6-2.3 %/Monat 2) 6 -60 <$50.000 Monate Mittel , >$50.000- 3) 12-60 <$500.000 Monate Groß, $>50.000-< 4) 12-84 $60.0000 Monate

CREDAGRO $500-$120.000 Kredit für Landwirtschafts- Individual 3-60 Monate Gandja, Samukh, (ACDI/VOCA) bereiche 24 %, Handel und Shamkir, Tovuz, Business 25- Goygol 28 %, Verbraucher 30- 36 %, Leasing 25 %, Express 36 %

FINCA AZE- $50-$50.000 Solidarität Gruppenkredit Solidarität 4-24 Monate Agstafa,, Dash- RBAIJAN Darlehen: 36-39 % /Jahr Gruppenkredit kesan, Gandja, sinkend, und Individual Gasach, Gedebey, Goranboy, Sa- ländliche Kredit (42-43 % mukh, Shamkir, /Jahr sinkend Tovuz, Goygol Individual Kredit: 36% /Jahr sinkend landwirtschaftliche Kredite (Individual Farmer 40,8 %/Jahr und kommerzi- ell Farmer) -45.6 %/Jahr

TURANBANK $500-$10.000 7-30 % /Jahr Individual 12- 60 Mona- Gandja, Agstafa, OJSC 10.000 – 1.000.000 te Gasach, Samukh, Tovuz, Gədəbəy

VIATOR $100-$5.000 2.75-3 % per Monat Gruppe und 3-18 Monate Gandja, Goygol MICROCRE- individual Dashkesen, Sa- DIT AZE- mukh Goranboy, RBAIJAN Shamkir, Gedebey, Tovuz, Agstafa, Gasach, Quelle: AMFA (2011)

Anhang 3: Produktionstechnische Daten vom Modellbetrieb A Tierbestand GV/Tierart Anzahl der Tiere von GV insge- Besitzer Hirten samt Mutterkühe 12 4 9,6 Mutterschafe 280 40 25,6 Jungschaf 30 1,6 Böcke 15 0,9 Ziege 15 0,9 Großvieheinheit 33 5,6 38,6 Produktionstechnische Kennzahlen Einheit MS MK Ziege Winterweidefläche 250 ha Stück/ha 1,9 0,2 2,6 Dorfweidefläche 35ha Stück/ha 11,8 1,4 15,7 Arbeitsstunden Fam.-AK (4050 h) AKh/Stück 8,4 73,4 6,3 Fremd-AK (3375 h) AKh/Stück 7,0 61,2 5,3 Lebendgewicht Jahre 40 300 30 Bestandsergänzung % je Jahr 20 20 20 Tierverluste der Muttertiere % je Jahr 6 5 5 Zwischenablammzeit Tage 340 385 365 Anzahl geb. Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 1,07 0,95 1 Lämmer-, Kälber- und Zickleinverluste % 30 10 6 Anzahl aufgezogene Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 0,75 0,85 0,90 Mastendgewicht (Schlacht- männlich kg je Jahr/Tier 16 85 12 gewicht) weiblich kg je Jahr/Tier 15 80 10 Milchleistung für Produkte kg je Jahr/Tier 24 1.000 36 Wolle kg je Jahr/Tier 1,8 -- -- Michproduktion für Lämmer- und Kälberaufzucht* kg 20 200 20 Milchinhaltstoffe Fett % 6,3 3,5 3,5 Eiweiß % 4,5 3 3 Quelle: Eigene Berechnung

Anhang 4: Produktionstechnische Daten vom Modellbetrieb B Tierbestand GV/Tierart Anzahl der Tiere von GV insge- Besitzer Hirten samt Mutterkühe 0,70 6 6 8,9 Mutterschafe 0,09 650 130 70,2 Jungschaf 0,05 470 24,4 Böcke 0,06 30 1,7 Ziege 0,06 30 1,8 Großvieheinheit 91 16 107 Produktionstechnische Kennzahlen Einheit MS MK Ziege Winterweidefläche 256 ha Stück/ha 5,2 0,6 7,0 Sommerweidefläche 170 ha Stück/ha 7,0 0,76 8,9 Arbeitsstunden Fam.-AK (6750 h) AKh 6,0 44,2 3,8 Fremd-AK (4600 h) AKh 3,0 30,9 2,6 Lebendgewicht Jahre 45 350 30 Bestandsergänzung % je Jahr 20 20 20 Tierverluste der Muttertiere % je Jahr 8 5 5 Zwischenablammzeit Tage 355 385 325 Anzahl geb. Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 1,03 0,95 1,12 Lämmer-, Kälber- und Zickleinverluste % 30 8 10 Anzahl aufgezogene Lämmer, Kälber, Zicklein Stück/Jahr 0,72 0,87 1,01 Mastendgewicht (Schlachtgewicht) männlich kg je Jahr/Tier 16 85 10 weiblich kg je Jahr/Tier 15 80 8 Milchleistung für Produkte kg je Jahr/Tier 22 1.000 32 Wolle kg je Jahr/Tier 2 -- -- Michproduktion für Lämmer- und Kälberaufzucht* kg 20 200 20 Milchinhaltstoffe Fett % 6,3 3,5 3,5 Eiweiß % 4,5 3 3 Quelle: Eigene Berechnung

Anhang 5: Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse von individuellen Investitionsszenarien in den Modellbetrieben Kennzahlen/ Maßnahmen Modellbetrieb A Modellbetrieb B (Einheit in AZN)/ IST Sz.1 Sz.2 Sz.3 Sz.4 IST Sz.1 Sz.2 Sz.3 Sz.4 Marktleistung 30.467 31.873 30.467 31.404 30.467 91.467 94.519 91.467 93.584 91.467 – Variable Kosten 15.004 15.004 15.004 15.004 15.004 50.272 50.272 50.272 50.272 50.272 = Gesamt-DB 1.546 16.869 15.463 16.400 15.463 41.195 44.248 41.195 43.312 41.196 + Sonstige Erträge – Summe der Fest- u. Gemeinkosten (Sachkosten) 4.597 5.797 6.197 7.157 5.357 14.167 16.767 15.417 17.917 14.433 – Löhne mit Nebenkosten 1.680 1.680 1.680 1.680 1.680 6.000 6.000 6.000 6.000 6.000 – Zinsaufwand für Darlehen 477 796 939 398 1034 1.193 1492 663 + Zinsertrag aus Finanzanlagevermögen 7 % – Pachtaufwand für landw. Nutzfläche 255 255 255 255 255 461 461 461 461 461 + Pachtertrag -- = Gewinn 8.931 8.660 6.536 6.370 7.773 20.567 19.985 18.124 17.442 19.638 – Lohnansatz für nichtentlohnte Arbeitskräfte 4.050 4.050 4.050 4.050 4.050 6.750 6.750 6.750 6.750 6.750 – Zinsansatz für: Eigen. Besatzkapital 5.567 6.387 5.432 5.408 5.751 12.935 14.707 12.730 12.678 13.237 = Unternehmergewinn -688 -1.777 -2.947 -2.667 -2.027 882 -1.472 -1.356 -1.986 -349 Nettorentabilität in % 93 % 83 % 69 % 67 % 79 % 104 % 93 % 93 % 90 % 98 %  Sz. 1 : Investition in Stallgebäude  Sz. 2 : Investition in LKW  Sz. 3 : Investition in WLKW  Sz. 4. :Investition in Futterlagebau

Quelle: Eigene Berechnung

Anhang 6: Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse von Investitionsszenarien mit Kooperation in den Modellbetrieben Kennzahlen/ Maßnahmen Modellbetrieb A Modellbetrieb B (Einheit in AZN) Sz2 Sz3 S4 Sz2 Sz3 S4

Marktleistung 30.467 31.404 30.467 91.467 93.094 91.467 – Variable Kosten 15.004 15.004 15.004 50.272 50.272 50.272 = Gesamt-DB 15.463 16.400 15.463 41.196 42.822 41.195 + Sonstige Erträge – Summe der Fest- u. Gemeinkosten (Sachkosten) 5.197 5.957 4.774 14.217 16.717 14.117 – Löhne mit Nebenkosten 1.680 1.680 1.680 6.000 6.000 6.000 – Zinsaufwand für Darlehen 398 541 166 716 1.014 398 + Zinsertrag aus Finanzanlagevermögen 7% – Pachtaufwand für landw. Nutzfläche 255 255 255 461 461 461 + Pachtertrag 14217 = Gewinn 7.933 7.967 8.589 19.802 18.630 20.219 – Lohnansatz 4.050 4.050 4.050 6.750 6.750 6.750 – Zinsansatz 5.501 5.476 5.645 12.812 12.760 13.116 = Unternehmergewinn -1.617 -1.559 -1.106 240 -881 353 Nettorentabilität in % 83 % 84 % 89 % 101 % 95 % 102 %

 Sz. 2 : Investition in LKW  Sz. 3 : Investition in WLKW  Sz. 4. :Investition in Futterlagebau

Quelle: Eigene Berechnung

Anhang 7: Fragebogen

Ökologische Agrarwissenschaften

Fragebogen zur Befragung der Viehhalter in Aserbaidschan

Universität Kassel Ökologische Agrarwissenschaften Fachgebiet Betriebswirtschaft

Fragebogen zum Promotionsvorhaben

Wirtschaftliche Bewertung von Wanderschafhaltungsbetrieben in der Region Gandja-Gasach/Aserbaidschan: Status quo und Ableitung von Verbesserungspotentialen

Name des Befragten bzw. des Betriebs ______Betriebssitz______Ort und Datum der Befragung ______Telefonnummer/ E-Mail der Kontaktperson______

Dieser Fragebogen gliedert sich in zehn Teile. Das Ausfühlen des Fragebogens erfolgt entweder durch Ein- tragen bestimmter Daten in die Tabellen oder durch schriftliche Beantwortung der gestellten Fragen. Wir versichern Ihnen, dass alle Daten über Ihren Betrieb vertraulich behandelt werden. Die Daten sollen ausschließlich dem wissenschaftlichen Ziel dieses Forschungsvorhabens dienen. Daher werden sie unter keinen Umständen an Dritte und Nichtbeteiligte weitergegeben.

1. Vorstellung Name des Interviewers: ______Code: ______Date: ______/______/20___ Ziel des Projekts: ______2. Allgemein Daten GPS Punkt: Sommerweide______Winterweide______Dorf/weide______Betriebsadresse______Name des Besitzers______Land:______Region:______Rayon:______Dorf______Straße:______2.1 Wie war die Beschäftigung mit Landwirtschaft in der Sowjetzeit? ______2.2 Finden Sie die Planwirtschaft oder Marktwirtschaft besser? ______2.3 Welche Bedeutung hat die Agrarreform und Privatisierung für Sie? ______2.4 Wie finden Sie die Beschäftigung mit mobiler Tierhaltung? ______2.5 Welche Probleme haben Sie bezüglich ihres Betriebs? ______2.6 Welche Bedeutung hat die Agrarreform und Privatisierung für Sie? ______3. Angabe zum Betrieb 3.1 In welcher organisatorischen Form existiert der Betrieb? Familienbetrieb Kooperativ Lohnhirtenbetrieb Staatlicher Betrieb sonstiges

3.2 Erwerbsform □ Haupterwerb □ Nebenerwerb 2.1. Wann ist der Betrieb gegründet? Im ______Jahr 3.3 Wie war der Name des ehemaligen Kolchos oder Sowchos dieses Betriebs? ______3.4 Aus welchem Rayon kommen Sie her und der Name des Dorfs? ______3.5 Von welcher Rayonverwaltung/Munizipalität wird die Fläche verwaltet (verpachtet)? Sommerweide______Winterweide______Dorfweide (Örüs)______3.6 Ist der Hof/Yataq in Winterweide gepachtet oder eigener? Eigener Gepachtet Untergepachtet 3.7 Welche Änderungen gab es in letzten zwei- Jahren? ______3.8 Wie viele Familien wohnen auf dem Hof und auf dem Sommerlager/Yurd? Oder Personen (Kin- der/Erwachsene) ______4. Ausstattung mit Produktionsfaktoren 4.1 Fläche 4.1.1 Welche folgende Fläche haben Sie? Betriebsfläche in ha Gepachtet Preis/ha Eigene Verpachtet Bezeichnungen Ackerland Hofparzellen Wiese Weide Sommer Winter Dorf/Örüs

4.1.2 Haben Sie selber Futterfläche angebaut? □ ja □ nein 4.1.3 In welchem Ort liegt Ihre Sommer-, Dorfweide und Winterweide? ______4.1.4 Haben sie andere Winter- und Sommerweide? ______

______4.1.5 Gehen sie jedes Jahr auf den gleichen Sommerweide oder Winterweide? □ ja □ nein 4.1.6 Haben sie Weide von jemandem gepachtet? (Untergepachtet) □ ja □ nein 4.1.7 Wie finden sie den Grassgehalt von Sommerweide und Winterweide? ______4.1.8 Wie können sie darauf kommen, dass Weidezustand gut oder schlecht ist, aus welchen Kriterien? ______4.1.9 Welche Pflanzen wirken auf die Milchsteigerung oder Fleischleistung? ______4.1.10 . Wie lange bleiben Sie im Dorf und Was futtern sie die Tiere in dieser Zeit? Bezahlen Sie für diese Tage? ______4.1.11 Die Entfernung zwischen Winterweide und Dorf _____km zwischen Dorf und Sommerweide ______km zwischen Winterweide und Shamkir______km und Tovuz______km zwischen Sommerweide und Gadabay______km ? 4.1.12 Wanderungszeit Aufenthalt in Sommerweide Aufenthalt im Aufenthalt in Winterweide Von bis Ort (Name des Vonf/ bis Von bis Ort (Name des d) )

4.1.13 Wie wird vertragliche Kondition geregelt. Wie lange ist der Pachtdauer? ______4.1.14 Wie ist die Weidequalität von Winterweide nach ihrer persönlichen Einstellung? gut mittel schlecht

4.1.15 Haben sie selbst die Fläche verpachtet? □ ja □ nein Wenn JA: mit welchen Kondition? ______4.2 Arbeitskräfte

4.2.1 Wie viele Leute arbeiten auf diesem Betrieb ständig? Davon wie viele sind Fremdarbeits- kraft (als Hirten und Aushelfern) und Familienarbeitskraft

Arbeitskräfte IST ("Prod" = AKh für Produkt.-verfahren) Anzahl Person Voll-AK* AKh* gesamt Prod. Betriebsleitung Fam-AK ständig Fam-AK nicht ständig. Fremd-AK ständig Fr-AK nicht ständ. Angebundene Mitarbeiter Insgesamt *Familien AK- Arbeitskraft, 2700 h pro Jahr. Fremd-AK 2400 4.2.2 Frage zur Familienarbeitskraft Bezeichnung Fam. AK Fremd. AK Besitzer Frau Kinder/jugendlicher Frau Mann Kinder/jugendlicher Name Alt (über Rente) Ausbildung Familienzustand Zuständigkeit 4.2.3 Wer ist Betriebsleiter? ______4.2.4 Wie oft ist der Besitzer auf dem Betrieb? ______4.2.5 Bildet die landwirtschaftliche Tätigkeit die einzige Erwerbstätigkeit? □ ja □ nein Wenn nein: a. welche zusätzliche Erwerbstätigkeit wird ausgeübt ______b. welches Verhältnis ergibt sich aus den unterschiedlichen Erwerbstätigkeiten ______4.2.6 Wenn der Besitzer in diesem Betrieb nicht gearbeitet hätte, was hätte er verdienen können? ______Helfen die Kinder auch bei den Betriebsarbeiten? □ ja □ nein 4.2.7 Kann seine Frau auch den Betrieb leiten bzw. Entscheidungen treffen? □ ja □ nein

Falls nein: warum? ______4.2.8 Was für eine Arbeit ist seine Frau zuständig, und wie viele Stunden arbeitet sie am Tag? ______4.2.9 Haben Sie und Familienmitglieder früh im Kolchos gearbeitet? □ja □nein Wenn ja, wie lange und in welchen Kolchosen ______4.2.10 Entlohnung der Hirten Name Lohn AZN Mitgebrachten Sommerweide Winterweide SW WW Tieranzahl 1 2 3 … 4.2.11 Sind die Hirten hier mit ihren Familien? ______4.2.12 Arbeiten die Hirten ganzen Monat oder mit Schichten, wie wird es geregelt? ______4.2.13 Sind sie immer auf diesem Hof? Oder wechseln sie den Betrieb? Wenn ja, aus welchem Grund? ______4.2.14 Seit wann sind Sie auf diesem Betrieb? ______4.2.15 Sind die Hirten mit der Entlohnung zufrieden oder könnte es besser sein? ______3.1. Außer Lohn kriegt der Hirte zusätzlich Produkten oder sonstiges? ______4.3 Tierhaltung 4.3.1 Allgemein zur Tierhaltung a) Nach dem Abbruch der Sowjet Union haben Sie vom Kolchos Tiere bekommen? (Wenn möglich wäre die Zahl herauskriegen) □ ja ______□nein______b) Wie groß war der Tierbestand am Anfang? ______

c) Wie hat sich der Tierbestand in letzten 3 Jahre verändert?

□ vergrößert ______□ verringert ______□ stabil______d) Zahl von Tieren Tierarten Besitzer Brigadier Verwandte Hirten Andere Mitarbeiter M.Kühe Rind Färse Bulle M.Schaf Jungschaf Schaf Böcke Lämmer Ziege Pferde Esel Hund 4.3.2 Rinderhaltung 4.3.2.1 Welche Kuhrasse halten sie auf dem Betrieb? □…………………………………………………………………………………………… 4.3.2.2 Lebendgewicht und dafür der Preis? □______kg______AZN 4.3.2.3 Wie alt ist eine verkaufte Kuh? Und aus welchem Grunde wird verkauft, was kostet so eine alte Kuh? □______Jahre______AZN______4.3.2.4 . Wie lange ist die Nutzungsdauer? □______Jahre 4.3.2.5 Wie viel Prozent ist die Ausschlachtung einer Kuh? □______% 4.3.2.6 In welchen Monaten des Jahres werden die Kälber oft geboren? □______4.3.2.7 Wie lange ist die Laktationsdauer? □______Monate 4.3.2.8 In welche Monate werden die Kühe gemolken? Ab ______bis ______4.3.2.9 . Wie hoch ist die Milchleistung während der Laktation?

□ Am Anfang______l □ Mitte______l □ Ende______l 4.3.2.10 Wie schätzen Sie die Milchinhaltstoffe einer Kuh? □Fett______% □Eiweiß______% 4.3.2.11 Wie lange ist die Zwischenkälberzeit?

□______Tage 4.3.2.12 . Was kostet eine Färse mit 30 Monaten? □______AZN 4.3.2.13 . Was wird von der Kuhmilch gemacht?

□ Käse □ Butter □ Quark □ Yoghurt 4.3.2.14 Von wie vielen Milch kriegt man 1 kg Käse, 1 kg Butter, 1 kg Quark und Yoghurt? Von ______l Milch= ______kg Käse Von ______l Milch= ______kg Butter Von ______l Milch= ______kg Quark Von ______l Milch= ______kg Yoghurt 4.3.2.15 Was kostet die Milchprodukte?

□ 1 kg Käse, _____AZN □ 1 kg Butter,______AZN □ 1 kg Yoghurt______AZN, □ 1 kg Quark______AZN □ 1l Milch______AZN 4.3.2.16 Was kostet 1 kg Fleisch?

□ Alt Kuhfleisch______AZN

□ Kalbfleisch: o männlich ______AZN o weiblich______AZN 4.3.3 Schafhaltung 4.3.3.1 Welche Rasse sind die Schafe?______4.3.3.2 Woher bekommen sie die Böcke für die Züchtung? ______4.3.3.3 Was bezahlen Sie für einen Bock zur Züchtung? □______AZN 4.3.3.4 Wie oft werden die Böcke ausgetauscht?______4.3.3.5 Wie geschieht mit alten Böcken? ______4.3.3.6 Wie ist der Lebendgewichte und was kostet und von welchem Jahr werden verkauft? □______4.3.3.7 Wie lange ist der Nutzungsdauer einer Mutterschaff? □______Jahr

4.3.3.8 Wie lange sind die Weide- und Stalltage im Jahr? □______Stalltage □______Weidetage 4.3.3.9 Wie viel Schafe sind gebärfähig von 100 Mutterschafen? □______Stück 4.3.3.10 Wie viel Lämmer pro 100 Mutterschafe werden geboren? □______Stück, Davon werden überlebt □______Stück 4.3.3.11 Wie viel Zwillinge kriegt man im Jahr von 100 Mutterschafen? □______% 4.3.3.12 Wie viel Schafe kriegt zweimal Lämmer von 100 Mutterschafe im Jahr? □______% 4.3.3.13 Wie teuer ist der Fleisch

□ Altschaf______AZN □ Böcke______AZN □ Lammfleisch: o männlich ______AZN o weiblich______AZN 4.3.3.14 Melken sie Ihre Schaffe und wie lange im Jahr und in welche Monate, lassen sie übrig für die Lämmer? □______Tage, □______Monate, 4.3.3.15 Wie hoch ist die Milchleistung von Schaff □______L/Tag oder Jahr 4.3.3.16 . Werden ihre Schaffe geschoren? □ja □nein 4.3.3.17 Wie oft wird das Schaf im Jahr geschoren? □ einmal □ zweimal 4.3.3.18 Wie viel kg Wolle bekommt man pro Schaf und Jahr

□ ______kg/Mutterschaf □ ______kg/Jungschaf □ ______kg/Bock 4.3.3.19 Was kostet 1 kg Wolle, wo verkaufen sie und wann? □______AZN, □______□______4.3.3.20 Wird die Felle verkauft? □Nein □ Ja Wenn ja: Was kostet eine Felle? □______AZN 4.3.3.21 Wenn die Felle nicht verkauft wird, wozu wird sie benutzt? □______

4.3.3.22 . Wird vorher die Wolle gewaschen? □ ja □nein 4.3.3.23 Was kostet ein kg gewaschene Wolle? □______AZN 4.3.3.24 . Was kostet ein Zutrete/weibliches Jungschaf (mit 12 Monate) □______AZN 4.3.4 Ziegenhaltung 4.3.4.1 Welche Rasse ist die Ziege? □______4.3.4.2 . Wie ist Lebendgewicht und was kostet? ______kg ______AZN 4.3.4.3 Wie lange ist der Nutzungsdauer □______Jahr 4.3.4.4 Verlustzahlen von Mutterziege □______% 4.3.4.5 Wie viel Zicklein werden geboren? □______Stück Davon werden überlebt □______Stück 4.3.4.6 Wie teuer ist der Fleisch

□ Altziege ______AZN □ Männlich ______AZN □ Weiblich ______AZN 4.3.4.7 Melken sie Ihre Ziege und wie lange im Jahr und in welche Monate □______Tage, □______Monate 4.3.4.8 Wie hoch ist die Milchleistung von einer Ziege □______L/Tag oder Jahr 4.3.4.9 Was kostet eine junge weibliche Ziege? □______AZN 4.3.5 Sonstige Tiere 4.3.5.1 Was kostet ein Pferd? Und wozu wird benutzt? □______AZN 4.3.5.2 Wie lange ist Nutzungsdauer von einem Pferd? □______Jahr 4.3.5.3 . Kosten vom Futtermittel für das Pferd pro Jahr? □______AZN 4.3.5.4 Was kostet ein Esel? Und wozu wird benutzt? □______AZN 4.3.5.5 Wie lange ist Nutzungsdauer vom Esel?

□______Jahr 4.3.5.6 Futtermittelkosten für Esel pro Jahr? □______AZN 4.3.6 Fütterung 4.3.6.1 Welche Futtermittel geben Sie den Tiere? Arte der Futtermittel Einheit Nach Tierarten Rinder Schaf Ziege Pferd Hund 1.Gerste Preis/dt

2.Weizen Preis/dt 3.Heu Preis/Ball 4.Srot Preis/dt Preis/dt 5. Cimix Preis/dt 6. Mais Preis/dt

4.3.6.2 Wofür wird Dünge benutzt?

□ Als Brennstoff □ für die Ackerfläche □ wird nicht verwendet □ sonstige 4.3.6.3 Wie oft wird die Produkte verkauft?

□ 1 Mal in der Woche □ 2 Mal im Monat □ 1 Mal im Monat □ 1 Mal in 2 Monaten □ 2 Mal im Jahr □ 1 Mal im Jahr 4.4 Wasserversorgung 4.4.1 Wie ist die Wasserversorgung im Yataq? ______4.4.2 Kaufen sie Wasser? □Ja □Nein Wenn Ja : Wie oft?______4.4.3 Wie hoch ist der Kosten für Wasser? □ Trinkwasser für Menschen ______□ Trinkwasser für Tiere ______4.4.4 Haben Sie Wassertank im Yataq?

□Ja □Nein 4.4.5 Wie viel Tonne Wasserkapazität hat der Wassertank? ______Tonne

5. Betriebliche Anlagen und Maschinen 5.1 Welche betriebliche Bauanlage haben Sie? Art Baujahr (Jahr) Größe (m²) Wert (AZN) Renoviert (Jahr) Bezeichnung

Wohngebäude Kuhstall Schafstall Lämmerstall (Küze) Futterlager

5.2 Welche Maschinen und andere Geräte haben Sie? Art Anschaffungs- Größe Neuwert Gebrauchtwert Bezeichnung jahr (Tonne) Schlepper Wasserlastkraftwagen Lastkraftwagen() (LKW) Personalkraftwagen Generator() Wassertank und Tränke Mähdrescher

5.3 Wie hoch sind die jährlichen Reparaturkosten?

□ ______AZN von Schlepper □ ______AZN von LKW □ ______AZN von WLKW □ ______AZN von PKW □ ______AZN von Generator □ ______AZN von Wassertank und Tränke 5.4 Was kostet 1 l Diesel und Schmierstoff? □______AZN Diesel □______AZN Schmierstoff 5.5 Gibt es Rabatt auf Dieselpreis von dem Staat? □Ja _____% □ nein 6. Vermarktung und Transport 6.1 Verkaufen sie erzeugende Produkte selber auf dem Markt oder werden vom Händler im Hof gekauft. ______6.2 Wie weit ist der Markt von dem Ort? ______

6.3 Wie oft werden die Produkte auf dem Markt verkauft oder vom Händler gekauft? ______6.4 Wie werden die Tiere von der Winterweide zur Sommerweide transportiert? ______6.5 Wie hoch sind die Transportkosten zum Markt?

□ Jährliche______AZN □ Monatliche ______AZN 6.6 Wie hoch ist der Transportkosten für Futtermittel? ______6.7 Wie hoch ist der Transportkosten für Tiere während der Wanderung? ______6.8 Geben sie ihren Tieren Salz? Wie viel kg? Und was bezahlen sie? ______6.9 Bezahlen sie Marktgebühr? □ Nein □Ja Wenn JA: Wie hoch ist der Marktgebühr? □______AZN 6.10 Werden die Tiere gewaschen? □Ja □ Nein 6.11 Wie hoch ist der Schurkosten? □______AZN 7. Krankheiten und Pflege 7.1 Aus welchem Grund gehen die Tiere verloren?

□ Krankheit □ Futtermangel □ Kalt/Witterung □ Unhygienische Stall/schlechte Zustand □ Unhygienische Wasser □ Unfall in Sommerweide □ Sonstige 7.2 Welche Krankheiten können auftreten und welche Medikamente braucht man? □ □ □ 7.3 Was tun Sie gegen Krankheiten als Vorbeugung?

______7.4 Haben sie Tierarzt? □ ja □nein 7.5 Wie oft kommt der Tierarzt und was bezahlen Sie dafür (jährlich oder monatlich) oder kommt jedes Mal anderer Tierarzt? ______7.6 Was kostet die Vorbeugung und Behandlung der Tiere? ______7.7 Wo bekommen sie die Medikamente? Was bezahlen sie dafür? ______7.8 Kriegen Sie von dem Staat kostenlose Medikamente zur Tiergesundheit? □Nein □JA Wenn JA:(gegen welche Krankheiten? 8. Finanzierung/Investition 8.1 Haben Sie die außerbetrieblichen Einkommensquelle? Ja Nein Falls ja: in welche Bereichen: ______8.2 Die im Betrieb vorhandenen außerlandwirtschaftlichen Einkommensquelle?

□ Löhne ______AzN □ Transferzahlungen (Rente, Kindergeld u.a) __AzN □ Einkommen aus Ausland (Russland u.a) ______AzN □ Sonstiges ___AzN 8.3 Welche Fremdfinanzierungsquellen benutzen Sie?

□ Bank, andere Kreditinstitute □ Verwandte und Freunde (Naturalvereinbarungen) □ Privatkredit (Schuld mit festem Zinssatz) □ Sonstiges 8.4 Wurden in den letzten 10 Jahren wesentliche Betriebsinvestitionen vorgenommen? □ ja □ nein Wenn ja: in welchem Bereich und in welchem Umfang ______8.5 Haben Sie Investitionsplan für den Betrieb vor? □ ja □ nein Wenn ja:

in welchem Bereich und in welchem Umfang ______

8.6 Auf welche Aspekte wird in der Fortführung des Betriebes ein besonderer Wert gelegt?

□ Kapitalbeschaffung für weitere Investitionen □ Mechanisierung □ Kostensenkung □ Erschließen außerlandwirtschaftlicher Einkommensquellen □ ______8.7 Wir wird ihr Betrieb finanziert? ______8.8 Haben Sie Kredite in letzten 3 Jahre genommen? □ ja □ nein Wenn ja: in welchem Betrag und Zins sowie Laufzeit ______8.9 Von welcher Bank haben Sie Kredite genommen? ______8.10 Haben Sie Kredite von Agrarbank genommen? □ ja □ nein Wenn ja: in welchem Betrag und Zins sowie Laufzeit ______Wenn Nein: Die Gründe bitte nennen______8.11 Erhalten sie irgendeine Förderung von Regierung? □ ja □ nein Wenn ja: Welche______

9. Persönliche Daten Wie viele Leute leben in ihrem Betrieb, die mehr als 3 Monate ihre Zeit im Betrieb verbringen und bei der betrieblichen Arbeit helfen? Bezeichnung Person 1 Person 2 Person 3 Person 4 Person 5 Person 6 Name Beziehung a) Alter Familienzustand b) Gender (1. weiblich, 2. männlich) Ausbildung) Tätigkeit) b) c) I. Ledig A) Kindergarten II. Verheiratet B) Schüler a) III.Geschieden C) Abschluss von Hauptschule (8-9 Jahre) IV.Witwe D) Abschluss von Oberschule (10-11 Jahre) 1 Besitzer des Betriebs V.lebt getrennt E) Student in einer Berufsschule 2 Ehepartner/in F) Abschluss von einer Berufsschule 3 Tochter G) Student in einer Hochschule 4 Sohn H) Abschluss von einer Hochschule 5 Schwiegertochter I) Student in einem College 6 Schwiegersohn J) Andere 7 Enkelkind K) Abschluss von einem College 8 Großeltern 9 Geschwister d) 10 Andere mütterliche Verwandte a. Öffentlichkeitsarbeit

11 Andere väterliche Verwandte b. Landwirtschaftliche Tätigkeit in eigenem Betrieb c. Landwirtschaftliche Tätigkeit in anderem Betrieb d. Arbeitslos e. Pensionär f. Schüler/Student g. Andere

10. Kooperation 10.1 Führen Sie eine Zusammenarbeit mit anderen Betrieben durch? □ ja □ nein Falls ja: welche Bereiche erfasst die Zusammenarbeit und wie hat sie sich entwickelt ______Falls nein: Woran liegt das:

□ □ Sie ziehen einzelbetriebliche Lösungen vor □ □ Sie sehen kein Kooperationspotenzial in Ihrem Betrieb □ □ die Zusammenarbeit erscheint Ihnen zu riskant □ □ es gibt in der Nähe keine entsprechenden Partner □ □ sonstige______10.2 Wie finden sie die Kooperationsidee zwischen den Betrieben? ______10.3 Unter welchen Bedingungen würden Sie zusammenarbeiten? ______10.4 Wie kann man durch die Kooperation die entstehenden Kosten senken? Welche Kosten können Sie als Beispiel sagen? ______10.5 Welche positive Auswirkung hat die Kooperation auf den Betriebserfolg? ______10.6 In welchen Bereich kann man die Zusammenarbeit durchführen? ______10.7 Wo sehen sie die Probleme für die Kooperation ______10.8 Wie ist die Kooperation zu entwickeln? ______10.9 Wie beurteilen Sie die Chancen der Entwicklung der verschiedenen Formen der Zusammenarbeit in Ihrem Betrieb bzw. Ihrer Region? - Nachbarschaftshilfe ______- Maschinengemeinschaft ______

______- Weidegemeinschaft ______- Tauschgemeinschaft______Absatzgemeinschaft______Lasttiergemeinschaft______10.10 Wo sehen Sie die Hemmnisse zur Kooperation, wie kann nach Ihrer Meinung die Probleme erhoben werden? ______10.11 Wie schätzen Sie die Rolle des Staates, der Beratungsstellen und anderer betroffenen? ______10.12 Institutionen in der Förderung der Investition mit Kooperation in der Landwirtschaft ein? ______Wie könnte Ihrer Meinung nach die Förderung erfolgen? ______10.13 Würden Sie mit anderen geeigneten Betrieben zusammenarbeiten? □Ja □nein Falls Ja: Unter welchen Bedingungen ______10.14 Wie stellen Sie Ihnen eine Zusammenarbeit vor? ______10.15 Welche folgenden sozialen Beziehungen gewinnen eine Bedeutung zur Kooperation?

□ Nachbarschaft □ Freundschaft □ Verwandtschaft □ Bekanntschaft □ Sonstiges 10.16 Wie hoch schätzen Sie die Bedeutung sozialer Beziehung bei der Kooperationsgründung ein? sehr hoch hoch normal niedrig sehr niedrig 10.17 Wie schätzen Sie ihre Kenntnisse über Kooperation □sehr gut □gut □befriedigend □schlecht □sehr schlecht

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und aufgewendete Zeit!

Anhang 8: Interviewleitfaden

Der Interviewleitfaden für Interview mit Experten von Agrarbereich (Narrative Interview)

A: Allgemeine über Landwirtschaft

1. Erzählen Sie bitte über ihre Organisation und deren Funktion in der Landwirtschaft? Seit wann sind Sie tätig? Was tun Sie (als Organisation und Person) konkret in der Landwirtschaft? 2. Wie schätzen Sie die Entwicklung der Landwirtschaft im Transformationsprozess? Wie ist die Situation der Landwirtschaft? Wie entwickelt sich? Was hat in letzten 20 Jahre stark geändert? Welche positiven und negativen Merkmale in letzte 20 Jahre beobachtet wurde? Dauert noch Transformati- onsprozess im Land? 3. Welche Auswirkungen hat die Strukturwandel der Landwirtschaft auf Änderung der Betriebssitua- tion und wie schätzen Sie die Wachstumsmöglichkeit der transhumanz Betriebe in dieser Region? Privatisierung der großen staatlichen Betriebe? Familien Betrieben? Deren Rolle in der Landwirtschat und wie Sie in der Zukunft wachsen werden?

B: Kooperation: Vorteile und Nachteile

1. Existieren zusammenarbeitende Betriebe in der Region und wie läuft die Kooperation zwischen Betrieben? 2. Wie schätzen Sie die Rolle der Kooperation bei den Betrieben mit mobiler Tierhaltung (Fernweide- wirtschaft Welche Vorteile und Chance gibt 3. Welche Formen der Zusammenarbeit sind in der Region für solche Betriebe vertreten. 4. Wie schätzen Sie den Einfluss einer Kooperation auf Betriebsentwicklung welche Kooperationsfor- men sind besonders wichtig? 5. Welche Probleme treten bei der Kooperationsgründung ein? 6. Wie schätzen Sie die Kenntnisse der Landwirte über Kooperation. 7. Woran liegt nach ihrer Meinung die Motivation zur Kooperationsführung? 8. Welche Voraussetzungen sind wichtig zur Erfüllung einer erfolgreichen Kooperation 9. Wie schätzen Sie die Bedeutung der sozialen Beziehungen zwischen Betrieben und welche Auswir- kungen haben auf Kooperation.

C: Optimierungspotentiale

1. Wie hoch schätzen Sie das Investitionsrisiko in der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirt- schaftsbereiche? 2. Wie schätzen Sie die Chance eines Betriebs zur Kreditaufnahme bei der Kooperation? 3. Welche Bedrohungen und Nachteile sehen Sie bei der Kooperation in der Zukunft im Agrarbereich? 4. Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Transhumanz Betriebe und gesamten Landwirt- schaft in Aserbaidschan

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und aufgewendete Zeit!

Die Doktorarbeit untersucht die Wanderschafhaltung in ausgewähltem Unter- suchungsgebiet Gandja-Gasach in Aserbaidschan. In dieser Studie wurden der Landwirtschaftssektor in Aserbaidschan mit Fokus auf den Transformationspro- zess strukturell charakterisiert, die Eigenschaften der Wanderschafhaltungsbe- triebe dargestellt, die Ist-Situation der Wanderschafhaltung aus ökonomischer Sicht vertieft analysiert und daraus abgeleitet Schwachstellen identifiziert. Weiterhin wurden Lösungsansätze zur Verbesserung der Ist-Situation entwickelt. Die betriebsspezifischen Daten wurden von 120 Wanderschafhaltungsbetrieben in den Jahren 2009-2012 erhoben und je nach Fragetyp qualitativ und/oder quantitativ ausgewertet. Basierend auf wirtschaftlicher Bewertung sowie der Identifizierung von Schwachstellen wurden Lösungsansätze zur Verbesserung Naiba Allahverdiyeva der Ist-Situation entwickelt und Investition in Szenarien anhand von zwei Mo- dellbetrieben weiter analysiert, die Betriebe kleiner und mittlerer Größe reprä- Wirtschaftliche Bewertung von sentieren. Zudem ist ein Szenario für Tierarztgemeinschaften in der vorliegenden Arbeit entwickelt und deren Wirtschaftlichkeit bewertet worden. Wanderschafhaltungsbetrieben Die Analyse zeigt, dass die gemeinsamen Investitionstätigkeiten bei den Modell- in der Region Gandja - Gasach / betrieben erwartungsgemäß zu einer Verbesserung der ökonomischen Situation Aserbaidschan im Vergleich zur Investitionstätigkeit ohne Kooperation führen. Insbesondere die kleinen Betriebe können von einer Investition mit Kooperation profitieren und bei Status quo und Ableitung verhältnismäßig geringen Kostensteigerungen die höchsten Leistungszuwächse von Verbesserungspotentialen im Vergleich zu individuellen Investitionen erzielen. Abschließend wurden die Empfehlungen an Viehhalter und an geeignete Institu- tionen zur Änderung der institutionellen Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Schwachstellen und tierärztlichen Betreuung etc. gegeben.

ISBN 978-3-7376-0614-1

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