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Premier-League-Star Didier Drogba (im Stadion des FC Chelsea): Trophäen für die Superreichen

FUSSBALL Traumfabrik der Globalisierer Russische Oligarchen, arabische Ölmagnaten, amerikanische Selfmade-Milliardäre, britische Fonds- manager – eine beispiellose Übernahmewelle hat die englische erfasst, die glamouröseste Profiliga der Welt. Doch die wahren Motive der Investoren bleiben oft im Dunkeln.

ie trafen sich in der Lobby des Dor- Da gibt es zum Beispiel den Industriel- sind beauftragt, sämtliche Angebote zu chester in der Londoner Park Lane, len John Fredriksen, der es mit seinem prüfen und den Clubbesitzern eine Emp- Sder Scheich aus den Vereinigten Ara- Firmenimperium aus Schiffen, Bohrinseln fehlung vorzubereiten. Vor gut zwei Jahren bischen Emiraten, der jeden Sommer eine und Lachsfarmen zum reichsten Mann beispielsweise wurde die Offerte des vor Suite im Nobelhotel mietet, und der Mit- Norwegens gebracht hat. Und dann sind da kurzem durch einen Militärputsch aus dem telsmann vom FC Liverpool. Der Mittels- wohl noch zwei weitere Bieter, die ihre Amt gejagten thailändischen Ministerprä- mann sucht einen Käufer für den Club aus Millionen in den englischen Fußball inves- sidenten abgelehnt, der Premier League und der Scheich ein tieren wollen und die wie der Scheich ihre wohl auch, weil solch ein Deal in der eng- Geschenk für seinen Bruder. Identität vorerst nicht preisgeben wollen. lischen Öffentlichkeit kaum vermittelbar Es geht um etwa 200 Millionen Pfund, Dass der Club in neue Hände geraten gewesen wäre. umgerechnet 300 Millionen Euro, den Bau wird, scheint sicher. Mehrheitsaktionär Englands Fußball ist im Goldrausch, und eines neuen Stadions für etwa 270 Millio- David Moores will den Großteil seiner es sind die Glücksritter der Globalisierung, nen Euro nicht mitgerechnet. weitgehend vom Onkel übernommenen die mit aller Macht in die Chefetagen der Aber der FC Liverpool ist kein Geschenk Anteile verkaufen. Wer den Zuschlag er- Clubs drängen: Oligarchen aus Russland, wie ein Kaschmirmantel aus dem Luxus- hält, entscheidet sich auch in den Büros Magnaten aus Skandinavien und dem Na- kaufhaus Harrods in Knightsbridge. Der der Unternehmensberatung Pricewater- hen Osten, Selfmade-Milliardäre aus den FC Liverpool ist eine einmalige Ware, die houseCoopers am Mersey im Stadtzentrum Vereinigten Staaten, Polit-Bonzen aus Süd- nur der bekommt, der am meisten bietet. von Liverpool. Die Übernahmespezialisten ostasien und Fondsmanager aus der Lon-

178 der spiegel 43/2006 Clubs für die Superreichen immer noch so etwas wie Trophäen. „Früher haben sie im Dschungel indische Tiger geschossen“, sagt ein Branchenkenner, „heute jagen sie Ver- eine in der Premier League.“ Derzeit toben gleich mehrere Übernah- megefechte. Bei West Ham United, einem leicht angestaubten Traditionsverein aus dem Londoner Osten, zockt der iranische Geschäftsmann , 35, um die Macht. Um die Verhandlungen in Schwung zu bringen, lotste der frühere Au- tohändler zunächst die auf zusammen etwa 30 Millionen Pfund Transferwert geschätz- ten argentinischen Nationalspieler und ablösefrei zu dem Club – bei ihrem alten brasiliani- schen Arbeitgeber Corinthians in São Pau- lo hatte Joorabchian mit Hilfe dubioser Geldgeber vor knapp zwei Jahren die Kon- trolle übernommen. Wer hinter der Offerte für West Ham steckt, ist bislang unklar. Insider in London vermuten, dass Studienabbrecher Joorab- chian „der Laufbursche“ für den russi- schen Oligarchen Boris Beresowski sei, der in London im Exil lebt. Andere glauben, der Deal sei mit dem Eigner des FC Chel- sea, Roman Abramowitsch, abgesprochen, der neben seinem Starensemble von der Stamford Bridge ein Zweitteam in der Pre- mier League etablieren wolle. Joorabchian bestreitet dies vehement. Seinem Kaufangebot anschließen will DAVE M. BENETT / GETTY IMAGES DAVE GEOFF CADDICK / PICTURE-ALLIANCE / DPA / PICTURE-ALLIANCE GEOFF CADDICK sich der wohlhabende israelische Ge- Londoner Fußball-VIPs*: Geschichten, die sexy sind schäftsmann Eli Papouchado, Spitzname „Papo“ – ein Mann, der, so berichtet es ein doner City, die Milliardenvermögen ver- dejski, Besitzer des Erstliga-Aufsteigers Weggefährte, West Ham nicht von West walten. FC Reading und als Unterstützer des Lon- Bromwich unterscheiden und auch nicht Sie alle folgen denselben Instinkten: In doner Victoria and Albert Museums ge- auf Anhieb sagen kann, wie viele Spieler in keiner anderen Fußball-Liga wird mehr ehrt, sehen das Ende einer Epoche nahen: einer Fußballmannschaft stehen. Geld bewegt, und keine andere garantiert „Früher oder später werde ich gehen Papouchado gibt zu, dass ihn andere mehr Glamour. Die Premier League mit müssen. Innerhalb der nächsten 10, 20 Jah- Posten in der West-Ham-Bilanz interessie- ihren Stars und ihren Vereinen strahlt in re werden die meisten Clubs der Premier ren. Sein offensichtliches Kalkül: Durch alle Welt und verkauft Träume, wie sie League Ausländern gehören. Warum soll- die Olympischen Sommerspiele 2012 wird sonst nur Hollywood produziert: Dramen te das in Reading anders sein?“ auch der Osten Londons poliert, der heu- von Helden und Gedemütigten. Fuß- Die neuen Besitzer investieren, um Geld te mancherorts wie aufgegeben wirkt – was ballclubs sind wie gute Filme, sie erzäh- zu verdienen, und wenn es dann nicht auch die Grundstücks- und Immobilien- len Geschichten, die sexy sind und auf- klappt, was oft genug passiert, sind die preise an der Green Street, an der das Sta- regend. dion von West Ham United liegt, befeuern Spekulationsobjekte und Auslöser wil- würde. der Wachstumsphantasien sind englische Ähnliche Pläne hegen offensichtlich Proficlubs immer wieder gewesen, seit Tot- auch die Manager der diskret agierenden tenham Hotspur sich 1983 dem Kapital- Investmentgesellschaft Belgravia Group, markt öffnete und als erster Fußballclub die überraschend ihr Interesse am nord- Europas an die Börse strebte. Jahrelang englischen Erstligisten Newcastle United waren es jedoch britische Geschäftsleute, publik gemacht haben. Bislang jedenfalls die sich große Aktienpakete sicherten – war Fußball nicht das Business der Firma, Rennpferdebesitzer, Millionenerben, Bau- die auf der Kanalinsel Jersey ansässig ist unternehmer, Theater-Impresarios, Dia- und ein Vermögen von etwa einer Milliar- mantenhändler. de Pfund verwaltet. Einige dieser Altaktionäre haben sich Zwei weitere Vereine sind in den ver- inzwischen von ihren Anteilen getrennt – gangenen Monaten bereits unter die Kon- mit großem Profit. Sogar Standhafte wie trolle ausländischer Investoren geraten. der schwerreiche Unternehmer John Ma- Der US-amerikanische Unternehmer Ran- dy Lerner, der schon einen Club in der * Chelsea-Stürmer Andrej Schewtschenko mit Frau Kris- GPG / PIXATHLON nordamerikanischen Football-Liga besitzt, ten Pazik und Teamkollege Frank Lampard sowie dessen Partnerin Elen Rives bei einer Modeparty von Giorgio Fußball-Geschäftsmann Joorabchian stieg für 93 Millionen Euro bei Aston Vil- Armani in London. Zocken um die Macht la ein. Beim südenglischen FC Portsmouth

der spiegel 43/2006 179 Sport hingegen führt nun ein 30-jähriger Russe son an jährlich von den Pay-TV-Sendern vestmentfirmen angesiedelt, die täglich Be- das Kommando – für 70 Millionen Euro kassieren, fast viermal so viel wie die Bun- träge hin- und herschieben, die das Brut- erwarb der in Frankreich aufgewachsene desligavereine. Und mit dem Verkauf ihrer tosozialprodukt eines Staates wie Kamerun Geschäftsmann Alexandre Gaydamak die Fernsehrechte im Ausland, geschätzten 250 überschreiten. Einer der Gründe für die kompletten Anteile. Millionen Euro, fließt der Premier League derzeitige Attraktivität des Finanzplatzes Es gibt nur wenige, die in diesem Ge- demnächst mehr als das Zwölffache dessen London macht allerdings stutzig: Das Geld- schäft, das oft genug im Verborgenen ge- in die Kasse, was die Bundesliga von ihrem wäschegesetz in den USA ist nach den At- deiht, den Überblick behalten. Dan Jones Auslandsvermarkter Bwin bekommt. tentaten des 11. September 2001 drastisch ist Leiter der Sports Business Group der Dennoch kommen Finanzfachmann verschärft worden. Unternehmensberatung Deloitte in Man- Jones, ein bekennender Fan von Man- Dementsprechend alarmiert zeigt sich chester. Sehr smart und sehr eloquent ist chester United, und seine Analysten in die Politik. So gab der britische Sportmi- Mister Jones, sein Jackett hat er abgelegt, ihrem Report zu einem bemerkenswerten nister Richard Caborn eine europaweite die Ärmel seines blauen Hemdes hochge- Schluss: „Während weitere Investments aus Untersuchung in Auftrag, die brisante Fra- krempelt. dem Ausland möglich sind, erwarten wir gen wie die Transparenz bei Clubüber- Die Premier League, sagt er, habe mit im Allgemeinen, dass sie eher den Verlo- nahmen beleuchten sollte. ihrer weltweiten Vermarktung seit 1992 ckungen des Glamours und dem Prestige Die Berichtsergebnisse auf 165 Seiten eben einen „ausgezeichneten Job“ ge- des Sports zu verdanken sind als der Ge- sind ernüchternd. Der Fußball laufe Ge- macht, „was wir nun erleben, ist die nächs- legenheit, Gewinne zu erzielen.“ fahr, in kriminelle Hände zu geraten, heißt te Stufe der Globalisierung, und die engli- Verkommt die Premier League also doch es dort, die Eigentumsverhältnisse seien schen Clubs sind allen anderen in Europa zu einer Spielwiese für profilneurotische nur schwer zu durchschauen. Ausdrück- mal wieder weit voraus“. Milliardäre? Seit Roman Abramowitsch, lich spricht der Report, den der ehemalige Jones und seine Abteilung beleuchten der dem FC Chelsea in den vergangenen portugiesische Minister José Luís Arnaut seit anderthalb Jahrzehnten die wirt- drei Jahren mehr als 500 Millionen Euro Ende Mai vorstellte, von der Gefahr der schaftliche Entwicklung des europäischen spendiert hat, solch irrwitzige Summen Geldwäsche. Namen indes nennt der Poli- Clubfußballs, einmal im Jahr veröffent- in den Fußballkreislauf pumpt, mahnen tiker nicht. Zudem empfiehlt Arnaut, auf lichen sie ihre Erkenntnisse. Die neueste Funktionäre und Politiker nicht nur in Eng- europäischer Ebene Gesetze zu erlassen, die verhindern, dass dubiose Ge- schäftsleute sich in Fußballclubs einkaufen. Die Bosse der Premier League betrachten die Vorschläge jedoch als unzulässige Einmischung der Politik. Eine der Grundlagen ih- res wirtschaftlichen Erfolgs sei, ar- gumentiert Premier-League-Boss , dass sich die Clubs bereitwillig wie nirgendwo sonst dem Kapitalmarkt geöffnet hätten – anders als in der Bundes- liga, wo Anleger nur Minderheits- anteile an einem Club erwerben können und anders auch als in Spanien, wo die „socios“, die Mit- glieder, im Besitz der großen Clubs Real Madrid und FC Barce- lona sind. Eines der Zentren dieser neuen Fußballwelt ist das Restaurant Zuma im Londoner Stadtteil Knightsbridge. Hier treffen sich viele, die an und in der Premier

FLASH PRESS / PICTURE-ALLIANCE / ASA FLASH PRESS / PICTURE-ALLIANCE League Millionen verdienen. Das Club-Eigner Abramowitsch: „Verlockungen des Glamours“ In-Lokal ist jeden Abend brechend voll, ein lärmendes Gedränge sehr Ausgabe des „Annual Review of Football land, die pure Macht des Geldes könnte schöner und sehr reicher Menschen, de- Finance“ hat 68 Seiten und kostet fast 600 das Spiel zerstören. Wie soll noch Wettbe- nen es nichts ausmacht, für ein paar Häpp- Euro. Dennoch gilt sie in der Branche als werb möglich sein, wenn ein Oligarch wie chen Thunfischtatar mit Wasabi-Marina- unverzichtbar. Sie ist der Kompass der Abramowitsch in nur einer Saison 204 Mil- de, Sashimi vom Seebarsch oder Steak Kommerzialisierung. lionen Euro Verlust übernimmt, als begli- vom Wagyu-Rind mal eben so 200 Pfund Von Jones’ Büro in der Innenstadt von che er soeben mal seine Hotelrechnung? zu bezahlen. Manchester aus wirkt die deutsche Fuß- Und wer garantiert, dass die Premier Vermarkter, Berater und auch der Mit- ballszene mickrig. Bei fast allen Kennzif- League nicht zur gigantischen Geldwasch- telsmann vom FC Liverpool nippen hier fern ist die Premier League das Maß aller anlage mutiert, die nicht nur schmutzige am gutgekühlten Chablis, den Blackberry Dinge. „Zwei Beispiele nur“, sagt er und Millionen säubert, sondern obendrein auch immer im Blick, weil gleich die Bank aus verweist auf Seite 15 seines Reports, der noch den oftmals zweifelhaften Ruf ihrer Nordamerika anrufen könnte, die die die Fernseheinnahmen von vier großen Großanleger? Übernahme des Clubs mitfinanzieren soll. europäischen Fußball-Ligen dokumentiert. Die Londoner City jedenfalls quillt der- Am Nebentisch sitzt Fredrik Ljungberg, 842 Millionen Euro werden die Clubs der zeit über vor Geld, das investiert werden einer der besten Mittelfeldspieler der Pre- Premier League von der kommenden Sai- will. Im Stadtteil Mayfair haben sich In- mier League, umgeben von einer Clique

180 der spiegel 43/2006 Sport von Frauen wie aus einem Hochglanz- magazin. Wie kaum ein anderer Spieler verkörpert er den Wandel des Fußballs in DOPING England. Seit sich der schwedische Natio- nalspieler in Calvin-Klein-Unterwäsche fotografieren ließ, gilt er weltweit als Sex- „Diskussion ist aufgeheizt“ symbol. Auch der FC Arsenal, sein Verein, ist DOSB-Generaldirektor Michael Vesper über eine Perle. Das 60000 Zuschauer fassende Emirates-Stadion, in dem die Mannschaft den Streit um staatliche Hilfe im Kampf gegen Betrüger seit dieser Saison spielt, gilt in der Premier League derzeit als „state of the art“. Wer die effektiven Mittel, um Doper unmittel- etwa im Diamond Club über der Direkto- bar und international zu sperren – und das renloge zwei der roten Ledersessel mietet, ohne die Unschuldsvermutung, die im zahlt für drei Jahre 100000 Pfund. Bis Som- staatlichen Verfahren gelten würde. mer 2009 sind alle 168 Plätze vergeben. SPIEGEL: Aber Erfolge im Kampf gegen Do- Fast die Hälfte der Arsenal-Anteile ping sind zuletzt fast ausschließlich durch besitzen seit Jahren die Geschäftsleute staatliche Nachforschungen erzielt worden. Danny Fiszman und David Dein. Der fran- Bevor Doping überhaupt ermittelt wird, zösische Trainer Arsène Wenger, der den können auch die Sportgerichte nicht be- Club seit mehr als zehn Jahren prägt, hält strafen. Kontinuität auf der Ebene der Gesell- Vesper: Der Fall Fuentes in Spanien wurde schafter für unverzichtbar: „Die Eigner vor Inkrafttreten eines Anti-Doping-Geset- sind Leute, die für die Werte eines Clubs zes aufgedeckt, die Machenschaften des La- stehen. Für mich ist englischer Fußball et- bors Balco in den USA wurden durch einen was sehr Spezielles. Die Besitzer setzen Steuerfahnder enttarnt. Auch bei uns könn- die Standards, die Manager und Trainer ten etwa die Möglichkeiten des Arzneimit- folgen ihnen.“ telrechts besser ausgeschöpft werden. Fiszman und Dein dementieren jegliche SPIEGEL: Eine Doping-Anhörung im Bun- Verkaufsabsichten. Dennoch gilt der destags-Sportausschuss hat der DOSB zu- FC Arsenal, neben Chelsea und Man- letzt in einer sogenannten Dokumentation chester United einer der großen drei des so tendenziös zusammengefasst, dass dabei englischen Fußballs, als heißester Über- fast ausnahmslos Befürworter der Bach- nahmekandidat in der Premier League Linie zitiert wurden, kritische Beiträge

überhaupt. Hartnäckig halten sich die TIM WEGNER kaum. Ist Ihnen solches Vorgehen nicht Gerüchte, der russische Oligarch Oleg De- peinlich? ripaska, 38, geschätzte sechs Milliarden Vesper, 54, war von 1995 an zehn Jahre Vesper: Das war keine Dokumentation, Euro schwer, plane den Einstieg bei dem Minister für Städtebau und Wohnen in sondern ein wertender Bericht, in der Tat. Club – was auch als Kampfansage an Nordrhein-Westfalen, von 2000 bis 2005 Aber muss man da gleich von „totalitären Abramowitsch zu verstehen wäre. auch für Kultur und Sport. Gemeinsam Maßnahmen“ sprechen, wie es Helmut Di- Erst kürzlich wurde die Unruhe am mit der Umweltministerin Bärbel Höhn gel, der Vizepräsident des Internationalen Markt wieder spürbar. So wechselten in- bildete er die Doppelspitze der NRW- Leichtathletik-Verbands, in einem Brief an nerhalb einer Woche mehr als 700 Arsenal- Grünen. Seit 1. Oktober ist er hauptamt- mich getan hat? Vielleicht sollten wir das Aktien den Besitzer. Normalerweise wer- licher Generaldirektor des Deutschen etwas niedrigerhängen. Ich habe sicher- den die Papiere, die rund 5000 Pfund kos- Olympischen Sportbundes (DOSB). gestellt, dass künftig Dokumentation drin ten und ihren Wert in den vergangenen ist, wenn es draufsteht. zwei Jahren mehr als verdreifacht haben, SPIEGEL: Herr Vesper, Sie haben Ihre be- SPIEGEL: Die Sportler vor staatlichen Er- allenfalls stückweise gehandelt. rufliche Veränderung einen „Seitenwech- mittlungen zu schützen, das ist auch das Welcher der Gesellschafter das Paket sel“ genannt – von der Politik in die Welt Anliegen des Internationalen Olympischen veräußert hat, wurde nicht bekannt. Doch der Sportfunktionäre. Ist damit auch ein Komitees. Helfen Sie Bach, eines Tages einer der Anteilseigner bereitet den Arse- Wechsel Ihres Standpunktes in der Do- IOC-Präsident zu werden? nal-Anhängern schon seit einiger Zeit Sor- pingfrage einhergegangen? Vesper: Unsinn. Dieser Vorwurf zeigt nur, gen: der Hedgefonds Lansdowne Partners, Vesper: Nein. Ich bin seit langem davon wie aufgeheizt die Diskussion ist. Ansons- der in der Londoner Davies Street ansässig überzeugt, dass wir einen Mix aus staatli- ten ganz liberale Menschen rufen im Fall ist. Am Haus mit der Nummer 15, dem cher Ermittlung – bei den Hintermännern von Doping plötzlich nach dem Staat, wol- Sitz der Finanzjongleure, ist an der Fassa- – und Bestrafung der Dopingsünder durch len am besten gleich Telefone abhören und de ein Spruch des französischen Revolu- die Sportgerichte brauchen. eine Videoüberwachung starten. tionärs Saint-Just in Stein gemeißelt: „Too SPIEGEL: Sie sind also gegen ein Anti-Do- SPIEGEL: Muss der Staat, wenn er – wie Sie many laws / too few examples“ – zu viele ping-Gesetz, das die betrügenden Sport- es fordern – die Netzwerke hinter dem Gesetze, zu wenige Vorbilder. ler ins Visier nimmt. Damit vertreten Sie Doping angreifen soll, nicht den dopen- Nach welchen Strategien sie vorgehen, die Position des DOSB-Präsidenten Tho- den Sportler ausspähen? haben die Investoren aus dem Stadtteil mas Bach, der Sie beauftragt hat, eine Vesper: Wir müssen mehr kontrollieren, Mayfair im Herbst vor drei Jahren schon eigene Gesetzesinitiative vorzubereiten. das ist die Hauptsache. Wenn wir einen einmal gezeigt. Damals verkauften sie ei- Müssen Sie seine Meinung teilen? Jan Ullrich sperren, und er würde zwei nen Teil ihrer Aktien von Manchester Uni- Vesper: Das ist ja nicht nur seine Privat- Jahre später vor einem staatlichen Gericht ted an Malcolm Glazer. meinung, sondern die Haltung des gesam- aus Mangel an Beweisen freigesprochen, Es war die Zeit, als der amerikanische ten Präsidiums. Ob am Ende ein neues Ge- würde das die Legitimation der Sportge- Milliardär die feindliche Übernahme des setz als Vorschlag dabei herauskommt, richtsbarkeit schwächen. Clubs vorbereitete. Michael Wulzinger wird man sehen. Der Sport jedenfalls hat Interview: Christoph Biermann

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