HISTORISCHER ATLAS 6, 5

VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen

Beiwort zur Karte 6,5

Territoriale Entwicklung von Hohenzollern

von JOSEPH KERKHOFF

I. Historischer Überblick Trotzdem sind über den Territorialbesitz der Zollern für diese Zeit so wenig Besitznachrichten überliefert, 1. Territoriale Entwicklung von Hohenzollern bis daß die Kartierung eines flächenhaften Territoriums 1803 nicht möglich ist. Die einzige Aussage, die sich Die erste Nachricht über das Geschlecht der Grafen machen läßt, ist die mit Besitznennungen anläßlich von Zollern überliefert Berthold von Reichenau in von Schenkungen (1095 Höfendorf bei Haigerloch, seiner Chronik zum Jahr 1061: Burchardus et Wezil de 1134 Beuren bei Schlatt; Stetten, Engstlatt, Hart, Zolorin occiduntur. Alle Versuche der Forschung, den Streichen und Thanheim) sichtbar werdende weite Ursprung des Hauses Hohenzollern weiter zurückzu- Streuung über das Gebiet der später genauer faßbaren verfolgen, sind gescheitert. In welchem Verwandt- Herrschaften. schaftsverhältnis Burchard und Wezil von Zollern zu- Schon in dieser frühen Zeit spalten sich Seitenlinien einander standen – etwa zwei Brüder, Vater und Sohn ab, eine Erscheinung, die auch später kennzeichnend oder entferntere Verwandte – ist unbekannt; ebenso- ist für die Geschichte des Hauses und die Besitz- wenig können die beiden genannten Personen an die entwicklung beeinträchtigt. Um 1170 teilt sich wahr- späteren, besser faßbaren Generationen genealogisch scheinlich eine Nebenlinie ab: die Grafen von Hohen- angeschlossen werden. Die Nachricht von 1061 erlaubt berg. Damit geht ein westlicher Teil der Besitzungen aber die wichtige Aussage, daß die Zollern schon sehr verloren, denn der spätere Besitz der Grafen von Ho- früh, als eines der ersten schwäbischen Adelsge- henberg um Haigerloch und Rottenburg dürfte wenig- schlechter, nach einer Stammburg benannt werden, die stens zu einem Teil auf zollerische Herkunft zurück- dazu eine Höhenburg ist. Sie erlaubt ferner den Schluß, gehen. Graf Friedrich III. von Zollern erwirbt durch daß die Familie zu dieser Zeit bereits mit der Burg über Heirat die Grafschaft Raabs und die Burggrafschaft einen Mittelpunkt eines verhältnismäßig konsolidierten Nürnberg, doch der weit abgelegene fränkische Besitz Herrschaftsgebietes verfügt. Hiermit stimmt überein, führt schon um 1214 unter den Söhnen Friedrichs III. daß wenig später ein Adalbert von Zollern gemeinsam zur Teilung, die zwar dem schwäbischen Stammbesitz mit Graf Alwig von Sulz und Rutmann von Hausen keine Einbußen einträgt. Der fränkische Besitz geht (Neckarhausen) an der Gründung des Klosters Alpirs- aber nun eigene Wege, die über Markgrafschaft und bach mitwirkt. Als Vogt wird ein Verwandter, Graf Kurfürstentum Brandenburg zum preußischen König- Friedrich von Zollern gewählt. Die Familie unterhielt tum und schließlich zum deutschen Kaisertum führen. damit Beziehungen zu einem bedeutenden Hauskloster, Die schwäbische Stammlinie, vor allem Graf Fried- wie es den mächtigen schwäbischen Adelsge- rich V. (der Erlauchte), bemüht sich um Ausbau der schlechtern entspricht. Für den hohen Stand der Herrschaft. Unterhalb der Stammburg wird Hechin- Familie im 12. Jahrhundert sprechen auch die Ehever- gen zur Stadt erhoben und das Kloster Stetten als bindungen mit anderen mächtigen Adelsfamilien Hauskloster und Familiengrablege gegründet. Stadt- (Grafen von Urach, Pfalzgrafen von Tübingen, Grafen gründungen erfolgen ferner in Balingen und Binsdorf von Heiligenberg, Burggrafen von Nürnberg) und, in der Herrschaft Schalksburg und in Mühlheim an der neben Alpirsbach, Beziehungen zu anderen bedeu- Donau in der gleichnamigen Herrschaft Mühlheim. tenden Klöstern wie Reichenau und Zwiefalten.

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a) Der Besitzstand vor 1391 nisweiler (G. Mössingen), Boll, Semdach (G. Boll), Zell (G. Boll) und anteilige Rechte an Hechingen. Der Es liegt in der Eigenart der zollerischen Territorial- Bruder Graf Eitelfriedrich erhält: Schlatt, Weiler ob geschichte, daß erst mit dem Verlust nahezu des ge- Schlatt, Killer, Hausen, Burladingen, Maigingen (G. samten territorialen Besitzes Ende des 14. und Anfang Burladingen) sowie Spechtshart (G. Beuren). des 15. Jahrhunderts ein einigermaßen geschlossenes Diese Besitzungen dürften im wesentlichen dem Territorium erkennbar wird. Diese Verluste hängen Anteil der Straßburger Linie an der Teilung von 1344 ursächlich zusammen mit den häufigen verhängnis- entsprechen. Der Anteil der Schwarzgräflichen Linie vollen Erbteilungen in der Familie. wird dagegen nicht genannt. Als ihr Anteil aus der Tei- Kurz vor seinem Tod teilt Graf Friedrich der Er- lung von 1344 werden die Dörfer Wessingen, Zim- lauchte († 1289) seinen Besitz. Der ältere Sohn Fried- mern, Weiler unter Zollern (G. Zimmern) und Than- rich, der Ritter, erhält die Grafschaft Zollern mit der heim angenommen. Hinzu kommt 1362 aus dem Erbe Stammburg; der jüngere Sohn Friedrich, genannt der des Grafen Ostertag (wie oben erwähnt) der Besitz in Junge, erhält die Herrschaften Balingen-Schalksburg Stetten b. Haigerloch, Owingen, Grosselfingen mit und Mühlheim. Damit sind beträchtliche Gebiete vom Haimburg. zollerischen Besitz abgetrennt, wenn auch durch Ver- Nach dem Tod des letzten Schwarzgrafen (Friedrich einbarungen wie den Senioratsvertrag von 1342 ein Zu- X.) wurde auch dessen Besitz 1412 unter die Brüder sammenhalten des Besitzes angestrebt wird; doch bleibt Graf Friedrich d. Öttinger und Graf Eitelfriedrich die Linie Schalksburg mit den Herrschaften Schalksburg aufgeteilt, ohne daß allerdings im Vertrag oder ander- und Mühlheim getrennt, und ihr Besitz geht dem Hause wärts die Aufteilung namentlich bezeichnet wird. Zollern für immer verloren. 1391 Sept. 28 verkauft Graf Damit ist der größte Teil des zollerischen Besitzes Fritz, genannt Mülli, als letzter Graf der Schalksburger vor 1391 umschrieben. Weiterer Besitz scheint noch Linie an Conrad von Weitingen die Herrschaft Mühl- auf in der bewegten Geschichte des Hauses Zollern bis heim. Nach der Verkaufsurkunde gehören zu dieser 1466. Herrschaft: die Stadt Mühlheim, die Burg Bronnen, Rechte zu Kolbingen, , Irndorf, Buchheim und Worndorf, die Vogtei über das Kloster Beuron sowie die b) Verluste und Erwerbungen bis 1466 Dörfer Königsheim, Böttingen, Mahlstetten und Stetten Dieser Abschnitt ist bestimmt durch den unversöhn- am kalten Markt. lichen Gegensatz zwischen den Brüdern Friedrich d. 1403 Nov. 3 verkauft derselbe Graf auch seine Herr- Öttinger und Eitelfriedrich, in dessen Folge ein Teil schaft Schalksburg an den Grafen Eberhard von Würt- des Besitzes für immer und der übrige Besitz nahezu temberg, zu der nach der Verkaufsurkunde folgende Be- vollständig vorübergehend verloren geht. sitzungen gehören: Die Feste Schalksburg, die Stadt 1415 verpfändet der Öttinger nahezu seinen ge- Balingen, die Dörfer Onstmettingen, Erzingen, En- samten Besitz an Graf Eberhard III. von Württemberg. dingen, Engstlatt, Burgfelden, Frommern, Oberdigis- Genannt werden: Mössingen, Belsen, Öschingen, heim, der Kirchsatz zu Roßwangen, Tailfingen, Truch- Weilheim, Hausen, Bisingen zur Hälfte, Thanheim, telfingen, Pfeffingen, Zillhausen, Streichen, Hesel- Wessingen, Semdach. Ausgenommen bleiben seine wangen, Dürrwangen, Laufen, Weilheim, Waldstetten, Anteile an Hechingen und der Burg Zollern. Zins zu Thieringen, Stockhausen und Wannental. Bereits 1413 hatte er den weiter abgelegenen Besitz Auch der verbleibende Besitz der Grafschaft Zollern Wilflingen ausgegeben. wird vornehmlich bei Teilungen erkennbar. Diese infolge wirtschaftlicher Notlage vollzogenen 1344 erfolgt eine Teilung zwischen den Brüdern Verpfändungen verwendet der abenteuerliche Öttinger Friedrich Ostertag II., Friedrich dem alten Schwarzgraf allerdings nicht zur Befriedigung seiner Gläubiger, die und Graf Friedrich dem Straßburger. Bei dieser Teilung darauf vor dem Hofgericht in klagen. Das wird namentlich allerdings nur der Besitz des Grafen Gericht in Rottweil spricht die Acht über den Öttinger Ostertag genannt: Stetten bei Haigerloch, Owingen, aus. Grosselfingen (mit Haimburg), Weilheim und Hausen In dieser Lage sind Hechingen und die Burg Zollern bei Weilheim. Dieser Besitz geht – ohne Weilheim und selbst gefährdet, da der Öttinger über diesen Besitz Hausen – 1362 an den Schwarzgrafen über. 1416/18 Verpfändungsverhandlungen mit dem Pfalz- Der Besitz der Straßburger Linie kann erst aus der grafen bei Rhein, Otto von Mosbach, führt, an denen Teilung 1402 erschlossen werden, die zwischen den mitzuwirken der ebenfalls in wirtschaftliche Be- Erben dieser Linie stattfindet. Nach diesem Teilungs- drängnis geratene Bruder Eitelfriedrich genötigt ist. vertrag erhält Graf Friedrich, genannt Öttinger: Mös- Das Hofgericht in Rottweil erneuert 1418 die Acht singen, Belsen (G. Mössingen), Stainshofen (G. Mös- gegen den Grafen Öttinger und spricht dessen gesam- singen), Öschingen, Stetten bei Hechingen, St. Johan- ten Besitz dem Bruder Eitelfriedrich zu, der sich der Burg Zollern bemächtigen und seinen Bruder Öttinger vertreiben kann. Zur Vermittlung im Bruderstreit

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wird Kurfürst Friedrich von Brandenburg angerufen. die z. T. erst später erreicht wird. Verhandlungen über Seine Bemühungen im Jahre 1418 auf den Tagen in die Auslösung der Pfänder Boll, Stetten b. Hechingen, Ellwangen und dann in Schorndorf müssen jedoch er- Wessingen und Zimmern mit Henriette von Würt- folglos bleiben, da sich der Öttinger mit dem streit- temberg sind für 1429 überliefert; Beuren, Spechtshart, baren Markgrafen Bernhard von Baden verbündet und Schlatt und Weiler ob Schlatt werden 1435 eingelöst. die kriegerische Entscheidung sucht. Das Hofgericht Über Pfandrechte des Pfalzgrafen bei Rhein, Otto v. in Rottweil erneuert 1420 die Acht und ruft gegen den Mosbach, an Hechingen werden 1432 Verhandlungen Öttinger die Städte des schwäbischen Bundes zu Hilfe. geführt. Seit 1434 jedenfalls ist Eitelfriedrich wieder 1422 wird die Burg Zollern von den schwäbischen im Besitz von Hechingen nachzuweisen. Der bereits Reichsstädten belagert und nach 10 Monaten erobert 1430 eingeleitete Versuch, die zerstörte Burg Zollern und radikal zerstört, ihr Wiederaufbau vom Kaiser aufzubauen, scheitert am Einspruch der schwäbischen verboten. Städte. Der Öttinger stirbt – nach vorübergehender würt- Um 1432 schließt Eitelfriedrich, schon im vorge- tembergischer Gefangenschaft – erst 1443 auf einer rückten Alter von fast 50 Jahren, die Ehe mit Ursula Reise ins heilige Land, doch hat er in der Territorial- von Rhäzüns, aus der sein tatkräftiger Nachfolger Graf politik nicht mehr gestaltend mitgewirkt. Jos Niklas I. hervorgeht. Eitelfriedrich stirbt 1439. Aus Zwar ist nach diesen entscheidenden Ereignissen dem Erbe seiner Gemahlin gelangt die Herrschaft der Bruder Eitelfriedrich formal alleiniger Herr des Rhäzüns in zollerischen Besitz, die später gegen die Besitzes, doch ist nun auch er gezwungen, zumindest Herrschaft Haigerloch eingetauscht werden kann. den überwiegenden Teil seines Besitzes zu verpfän- Der noch junge Graf Jos Niklas wird zunächst vom den. Aus Verträgen mit der Gräfin Henriette von Oheim Albrecht von Brandenburg in Obhut genom- Württemberg 1424 ergeben sich Verpfändungen von men, der 1445 die Ehe des Jos Niklas mit der Gräfin Rechten an Hechingen, Mössingen, Burladingen, Kil- Agnes von Werdenberg stiftet. ler, Hausen, Bisingen, Steinhofen, Zimmern, Schlatt, Nach Erreichen der Volljährigkeit bemüht sich Jos Beuren, Spechtshart und Weiler ob Schlatt; 1429 an Niklas tatkräftig um den Wiederaufbau der Burg Zol- Boll, Stetten bei Hechingen und Wessingen. Vorüber- lern. Mit Unterstützung Albrechts von Brandenburg gehend scheint sich Eitelfriedrich außer Landes auf gelingt es ihm, gegen den Widerstand des schwäbi- markgräflich Brandenburgischem Besitz aufgehalten schen Städtebundes von Friedrich III. die kaiserliche zu haben. Spätestens seit 1426 ist er aber wieder im Erlaubnis für den Aufbau der Burg zu erlangen. Der Land und bestrebt, den verlorenen oder verpfändeten Grundstein wird 1454 gelegt. 1456/57 kann er, wieder Besitz zurückzugewinnen. unter Mitwirkung Albrechts von Brandenburg, in Seine Bemühungen gipfeln im Gröninger Vertrag Vereinbarungen mit Württemberg sich vom verhäng- 1429 mit Württemberg, der aber den Wiederaufbau der nisvollen Gröninger Erbvertrag aus dem Jahr 1429 Herrschaft nur mit starken Einschränkungen einleiten lösen. Seine bedeutenden territorialen Erwerbungen kann. In diesem Vertrag werden an Württemberg fallen in die Zeit nach 1466. endgültig die Rechte an Mössingen, Belsen (G. Mös- singen) und Öschingen abgetreten. Ferner geht der Besitz, den der Bruder Öttinger an Württemberg c) Erwerbungen 1467-1516 (1519) verkauft hat, endgültig an das Haus Württemberg über. Jos Niklas I. kann nicht nur vorher verloren gegan- Gefährlicher ist die Anerkennung der württem- genen Besitz zurückgewinnen, sondern auch neuen bergischen Erbfolge für den Fall des Aussterbens der Besitz hinzu erwerben. Zollern im Mannesstamm, zumal zu diesem Zeitpunkt 1467 erwirbt er von der Erzherzogin Mechthild von keine Nachkommen vorhanden sind. Wegen dieser Österreich die Dörfer Rangendingen und Steinhofen Anwartschaft Württembergs muß sich Eitelfriedrich (G. Bisingen), die sich im Norden und Süden unmit- außerdem verpflichten, keinen Besitz zu veräußern. telbar an den bereits vorhandenen Besitz anschließen. Auf dieser wenig gefestigten Grundlage muß Eitel- 1472 kauft er von Württemberg die östlich von Ran- friedrich nun daran gehen, den Besitz seines Hauses gendingen gelegenen Orte Bechtoldsweiler, Sickingen zurückzuerwerben und zu konsolidieren. Zeugnis hier- und Stein (mit Schönrain). Im Osten erfolgen Rück- für ist das 1435 angelegte sogenannte Bickelspergsche erwerbungen (1473 Hausen im Killertal, Killer, Bur- Lagerbuch. Danach hat er zu dieser Zeit wieder Ge- ladingen und Starzeln). Wahrscheinlich um die gleiche richtsrechte in Hechingen, Beuren, Schlatt, Weiler ob Zeit, jedenfalls vor 1482 wird von den Familien Last Schlatt, Stetten, Semdach, Boll, Wessingen, Zimmern, und Hölnstein der sich im Osten unmittelbar anschlie- Bisingen, Thanheim, Weilheim, Hausen, Burladingen, ßende Ort Gauselfingen erworben. 1474 kauft Jos Nik- Maigingen, Killer mit Hausen, und Rangendingen. Es las aus dem Erbe der Herren von Hölnstein die Orts- ist nicht durchgehend überliefert, wann er diese Rechte herrschaft Hörschwag vollständig sowie einen Anteil zurück gewann. Die Nennungen sind auch noch kein an der Ortsherrschaft Stetten unter Holstein. Vor 1488 Hinweis für uneingeschränkte Landeshoheit,

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wird aus württembergischem Besitz die Herrschaft über der Karte dargestellt – kann schon von relativ voll- den Ort Jungingen erworben, womit die Verbindung des ständiger Landeshoheit gesprochen werden. Mit der östlichen Besitzkomplexes mit dem vorhandenen Besitz Grafschaft sind die Vogteirechte über die um die Burg Zollern hergestellt ist. Jos Niklas I. stirbt Klöster Habsthal, Heiligkreuztal und Wald verbunden, 1488. mit z. T. größeren Gebieten. Während die Vogtei über Der Sohn Graf Eitelfriedrich II., mit einer Markgräfin das Kloster Habsthal bis zum Ende des alten Reiches von Brandenburg verheiratet, tauscht mit König Maxi- bei Zollern verbleibt, gehen die Vogteien über Heilig- milian 1497 die weit abgelegene Herrschaft Rhäzüns in kreuztal (endgültig 1719) und Kloster Wald (1783) Graubünden gegen die Herrschaft Haigerloch ein, die dem Hause wieder verloren. sich unmittelbar im Westen an den vorhandenen Besitz Von politischer Bedeutung ist die Tatsache, daß es anschließt. Damit werden folgende Orte zollerisch: die sich bei beiden Grafschaften nur um Lehenbesitz han- untere und obere Stadt Haigerloch und die Orte delt. Die Grafschaft Veringen war unbestritten öster- Hospach, Bietenhausen, Bittelbronn, Gruol, Hart, Heili- reichisches Lehen; die Grafschaft Sigmaringen nach genzimmern, Höfendorf, Trillfingen, Weildorf sowie dem Reichskammergerichtsurteil von 1588 zwar Oberowingen. Reichlehen, doch wurde faktisch vom Hause Öster- Der Sohn Graf Eitelfriedrich III. kauft 1516 von den reich der Anspruch der Lehenshoheit über die Graf- Herren von Weitingen das Dorf Imnau. Der lehens- schaft Sigmaringen nicht aufgegeben. Diese lehens- rechtliche Teil dieses Rechtsgeschäfts mit Württemberg rechtlichen Verhältnisse sind später von Einfluß auf kommt 1519 zum Abschluß. die Wahl des Residenzorts (Haigerloch). Außerdem wird noch einzelner Besitz in diesem e) Erwerbungen 1539-1552 (1555) und 1584-1595 Zeitabschnitt erworben, der dem Hause Zollern nicht verbleibt, sondern wieder verloren geht (1516 Detten- Graf Jos Niklas II. kann mit der Herrschaft Haim- see, 1477 Burg Ensisheim bei Bärenthal). burg nochmals alten zollerischen Besitz zurückgewin- nen. 1539 kauft er von den Herren von Annweil Un- d) Erwerbungen 1535 terowingen mit der Haimburg, 1542 aus dem Erbe des Hans von Weitingen die Orte Grosselfingen und Stet- Mit der Erwerbung der Grafschaften Sigmaringen und Veringen bringt das Jahr 1535 wohl die folgen- ten bei Haigerloch. Mit dieser Herrschaft Haimburg reichste Ausweitung des Besitzes, bei dem es sich aller- wird also alter schwarzgräflicher Besitz (s. o.) zurück- dings um Lehenbesitz handelt. erworben. 1534 war der Vorbesitzer, das Haus Werdenberg, im 1552 erwirbt Graf Jos Niklas II. die Herrschaft Mannesstamm erloschen. Damit fielen die Grafschaft Wehrstein mit den Orten Betra, Empfingen und Fi- Veringen an das Haus Österreich und die Grafschaft schingen. Ihre lehensrechtliche Verleihung durch das Sigmaringen als Reichslehen an das Reich heim. Die Haus Österreich erfolgt 1555 an Graf Karl I. von Ho- Hauptanwartschaft konnte Graf Friedrich von Fürsten- henzollern-Sigmaringen. berg beanspruchen, der mit der einzigen Tochter des Im Bereich der Grafschaft Sigmaringen wird 1540 letzten Werdenbergers, Christoph von Werdenberg von den Grafen von Fürstenberg erworben. verheiratet war. Doch war dessen Frau Johanna von 1584 gelangt Stetten unter Holstein (seit 1474 be- Börseln, in erster Ehe mit dem Zollern Eitelfriedrich II reits Teilbesitz) durch Kauf aus verschiedenen Händen († 1525) vermählt gewesen, aus welcher Ehe Söhne vor- in Zollerischen Alleinbesitz. handen waren. Bereits 1532 hatten die Grafen von Zol- 1595 kauft Graf Karl II. von Hohenzollern-Sigma- lern daher eine Anwartschaft auf die beiden Grafschaf- ringen , das später bevorzugter Auf- ten von König Ferdinand erlangen können. Diese An- enthaltsort der Sigmaringer Linie wird. sprüche dürften von der politischen Überlegung des Damit sind, abgesehen von einzelnen geringfügigen Hauses Österreich begünstigt worden sein, nicht den Käufen im 18. Jahrhundert, die territorialen Erwer- gesamten Werdenberger Besitz an die Grafen von Fürs- bungen in Schwaben abgeschlossen. In diese Zeit fal- tenberg gelangen zu lassen, die aus dem Werdenberger len die wichtigen Teilungen und Bildungen der ver- Erbe die Allodialherrschaften Trochtelfingen und Jung- schiedenen dynastischen Linien, wie sie im wesent- nau und die Reichsgrafschaft Heiligenberg erhielten. lichen bis ins 19. Jahrhundert bestanden. Die Grafschaften waren auch 1535 noch kein zur f) Die Teilungen im 16. und 17. Jahrhundert vollen Landeshoheit ausgestaltetes Territorium. Erst Mit der Erwerbung der Grafschaften Sigmaringen 1459/60 bei der Verleihung an das Haus Werdenberg und Veringen durch Karl I. wird Sigmaringen Sitz war der Forstbezirk Sigmaringen in eine Grafschaft einer eigenen Linie des Hauses Zollern. Nach dem Tod umgewandelt worden, wobei Forstbezirk und Hoch- von Jos Niklas II. 1558 erbt Karl I. auch den Stamm- gerichtsbezirk im wesentlichen übereinstimmen. Inner- besitz und besitzt damit ein großes Territorium in halb dieser Grenzen war die Intensität herrschaftlicher Schwaben, das ungeteilt die Möglichkeit größerer po- Rechte unterschiedlich. Nur in einem Teil – wie auf

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litischer Entfaltung wohl in sich getragen hätte. 1575 Veringen auch ungleich geringer, so hat Haigerloch verfügt jedoch Graf Karl († 1576) die Aufteilung des doch den Vorteil des Allodialbesitzes. Als sich unter Besitzes unter seine Söhne. Damit entstehen 1576 die Maria Theresia und Josef II. der Zugriff der österrei- drei Linien Sigmaringen, Hechingen und Haigerloch chischen Politik auf die Landeshoheit der abhängigen mit glanzvoller Hofkultur vor allem in den Residenzen Adelsherrschaften verstärkt, verlegt Fürst Josef (1702 Sigmaringen und Hechingen. bis 1769) die Residenz in das allodiale Haigerloch. Sie Schon früher hatten sich Grafen von Zollern in der wird von seinem Sohn Fürst Karl Friedrich († 1785) Reichspolitik und im Dienste des Hauses Habsburg wieder aufgelöst. hervorgetan. Eitelfriedrich II. etwa hatte Hof- und Vorübergehend gehörte übrigens von 1606-1623 Reichsämter inne und war Vertrauter Kaiser Maxi- Krauchenwies und die Grafschaft Veringen – als ei- milians. Karl I. von Sigmaringen war Reichserbkäm- gene zollerische Nebenlinie – dem Grafen Ernst Georg merer und Berater Kaiser Karls V. Viele Söhne des (1585-1625). Der Besitz fiel danach an die Linie Sig- Hauses starben in Kriegsdiensten der Österreicher. Be- maringen zurück. sonders stark jedoch wirken die Zollern in der großen Politik in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit. g) Erwerbungen im 18. Jahrhundert Angehörige sowohl der Linie Sigmaringen als auch der Die Linie Sigmaringen kann durch Kauf der Herr- Linie Hechingen sind tatkräftige Bundesgenossen in schaft Bittelschieß 1786 und der Herrschaft Hornstein der Katholischen Liga. Aufgrund dieser Verdienste mit Bingen 1787 ihren Besitz noch geringfügig er- werden 1623 Johann von Hohenzollern-Sigmaringen weitern. und der Vetter Johann Georg von Hohenzollern-He- Wichtiger für die weitere Geschichte des Hauses im chingen durch Kaiser Ferdinand II. in den Reichs- 19. Jahrhundert ist aber die Erwerbung der weit ab- fürstenstand erhoben. gelegenen niederländischen Besitzungen, auf denen 1634 erlischt die Linie Hohenzollern-Haigerloch. sich zunächst eine eigene Linie Hohenzollern- (Sig- Der Besitz fällt an die Sigmaringer Linie. Fürst Johann maringen-)Berg bildet. Nach deren Aussterben 1781 von Sigmaringen verfügt damit auch über die Herr- fällt der Besitz an die Linie Hohenzollern-Sigmarin- schaften Haigerloch und Wehrstein. Ist dieser Besitz gen zurück und gibt 1803 die Begründung für be- gegenüber den Grafschaften Sigmaringen und trächtliche Gebietserweiterungen im Stammland.

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2. Die territoriale Entwicklung Hohenzollerns seit veräne Staaten blieben und als solche 1806 dem 1803 Rheinbund beitreten konnten, war der Unterstützung des verwandten Hauses Preußen aber auch persönli- Während im deutschen Südwesten im Zuge der na- cher Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine zu poleonischen Neugliederung alle anderen kleinen Herr- Josephine de Beauharnais, der Gemahlin Napoleons schaften mediatisiert wurden und entweder im König- zu verdanken. 1813 traten die Fürsten von Hohenzol- reich Württemberg oder im Großherzogtum Baden auf- lern dem Deutschen Bund bei. gingen (vgl. Karten 7, 1 u. 2), blieben als einzige die In der folgenden Zeit sind die Fürsten beider Linien beiden Hohenzollerischen Fürstentümer Hechingen und nicht ohne Erfolg um Ausgestaltung einer zeitge- Sigmaringen als souveräne Staaten bestehen. Sie konn- mäßen Staatsorganisation bemüht, wobei sich für Sig- ten ihr Territorium vergrößern. maringen wegen der zahlreichen neuen Gebietsteile Die Erwerbungen Hechingens sind allerdings gering. vor allem das Problem der Integration zu einem ein- Im Reichsdeputationshauptschluß wird 1803 dem Fürs- heitlichen Staatswesen stellt. Diese Bemühungen fin- ten von Hohenzollern-Hechingen für seine linksrheini- den ihren objektiven Niederschlag in den Änderungen schen Feudalrechte in der Grafschaft Geulle und in den der Verwaltungsorganisation, die in diesem Atlas auf Herrschaften Mouffrin und Baillonville (im Lütticher eigenen Blättern (7, 4 u. 5) dargestellt werden. Lande), die Herrschaft Hirschlatt und das Kloster Trotzdem erwies sich der Umfang dieser Fürsten- Stetten zugesprochen. Hirschlatt stammt aus dem Besitz tümer als zu klein für die staatlichen Bedürfnisse des des Klosters Kreuzlingen. Es wird 1813 an Württem- 19. Jahrhunderts. Als Zeichen hierfür wurden die re- berg verkauft. volutionären Regungen der Jahre 1848/49 gewertet. Beträchtlich sind dagegen die Erwerbungen Sigma- Die Fürsten zogen die Konsequenzen. ringens. Dem Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen Durch Vertrag vom 7. Dezember 1849 übertrugen werden im Reichsdeputationshauptschluß als Entschädi- Fürst Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen und gung für seine linksrheinischen Feudalrechte in den Fürst Konstantin von Hohenzollern-Hechingen alle Herrschaften Boxmer, Dixmünde, Berg, Gendringen, Souveränitäts- und Regierungsrechte der Krone von Etten, Visch, Pannenerden und Mühlingen und für seine Preußen. König Friedrich Wilhelm von Preußen nahm Domänen in Belgien folgender Besitz zugesprochen: die mit Patent vom 12. März 1850 von beiden Fürsten- Herrschaft Glatt aus dem Besitz des Benediktinerklos- tümern Besitz. Damit wurden sie als Hohenzollernsche ters Muri in der Schweiz, die Herrschaft Beuron des gleichnamigen Chorherrenstiftes, die Herrschaft Holzen Lande Bestandteil des Königreichs Preußen. (Holzheim) des gleichnamigen Benediktinerinnenklos- ters im Bistum Augsburg, die 1813 an die Grafen von Fischler-Treuberg abgetreten wird und das Augusti- II. Erläuterungen zu den Karten nerinnenkloster Inzigkofen, das allerdings über kein Territorium verfügte. Grundsätzlich geht die Darstellung von der vollen In den Verhandlungen des Rheinbundes (Rhein- Ortsherrschaft aus. Kriterien sind in der Regel der Be- bundakte) erhält Sigmaringen 1806 weiteren Besitz. In sitz der hohen und der niederen Gerichtbarkeit. Damit das Eigentum des Hauses gelangen: die Herrschaften sind sicher nicht alle hoheitlichen Rechte der Zollern Achberg und Hohenfels aus dem Besitz der Kommende dargestellt, doch kann mit dieser Methode die Ent- Altshausen des deutschen Ordens, die Herrschaft Habs- wicklung aufgezeigt werden, die zur vollen Landes- thal des gleichnamigen Augustinerinnenklosters und die hoheit im Sinne der Neuzeit führt. Herrschaft Wald des gleichnamigen Zisterzienserinnen- Diese Problematik wird bei der Grafschaft Sigma- klosters. ringen durch Einzeichnung der Hochgerichtsgrenze Unter die Souveränität des Fürsten von Hohenzollern- verdeutlicht. 1460 wurde dieser bisher nur als Forst- Sigmaringen werden gestellt: die Herrschaften Trochtel- bezirk bestehende Herrschaftsbereich in eine Graf- fingen und Jungnau aus dem Besitz der Fürsten von schaft umgewandelt: die Forstgrenze wird Grafschafts- Fürstenberg, die Herrschaften und Het- grenze und umschließt den Hochgerichtsbezirk. Inner- tingen aus dem Besitz der Freiherren von Speth sowie halb dieser Grenze besitzt der Inhaber der Grafschaft die Herrschaften und Straßberg aus dem Besitz aber nur in einem Teil der Orte hohe und niedere Ge- der Fürsten von Thurn und Taxis. Ostrach gehörte bis richtbarkeit. Daneben gibt es sehr unterschiedliche 1803 dem Zisterzienserkloster Salem, der zur Herrschaft Rechtsverhältnisse mit Anteilen fremder Besitzer an Ostrach gehörende anteilige Besitz an Burgau wird als der hohen und niederen Gerichtbarkeit. Man muß daher Kondominat mit Württemberg verwaltet. Straßberg ge- bei den späteren Erwerbungen (1539-18. Jahrhundert) hörte bis 1803 dem Stift Buchau. 1812 wird noch von innerhalb der Grafschaft berücksichtigen, daß auch Baden im Tausch gegen Rast erworben. vorher bereits an diesen Orten Teilrechte der Graf- Daß die verhältnismäßig kleinen Fürstentümer sou- schaft vorhanden waren. Außerdem gibt es innerhalb des Hochgerichtsbezirks auch Gebiete mit fremdem Hoch- und Niedergericht, wie die Herrschaft

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Meßkirch, die auf demselben Atlasblatt als fürsten- Kartenrahmens (Rhäzüns, linksrheinischer Besitz) sei- bergisches Territorium dargestellt ist, ferner Mengen- en hier noch genannt die Herrschaft Türkheim- Scheer, Wilflingen und Hornstein; letzteres kam erst Schwabegg in Bayerisch Schwaben (von 1628 bis im 18. Jahrhundert an Hohenzollern. Besondere Pro- 1666 in pfandschaftlichem Besitz der Linie Hohen- bleme der Darstellung bieten die Rechtsverhältnisse in zollern-Sigmaringen) und Mauenheim (südl. Tutt- Rast, wo die Grafschaft Sigmaringen die Hohe Ge- lingen, 1609 an die Grafen von Fürstenberg verkauft). richtsbarkeit innehatte und in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts vom Kloster Wald Anteile des Nie- dergerichts erhielt. Am Ende des alten Reiches besaß III. Literatur Kloster Petershausen in Rast Niedergericht, Steuer- und Waffenrecht. Diese Rechte kamen 1803 an Baden. Monumenta Zollerana. Hg. R. STILLFRIED u. T. MAERCKER. 1. Trotzdem konnte Sigmaringen die Landeshoheit weiter 1852. behaupten; 1806 kam mit dem Kloster Wald weiterer STILLFRIED, R. u. MAERCKER, T.: Hohenzollerische Forschun- Besitz hinzu. 1812 wurde Rast im Tausch gegen gen I. 1847. Ablach an Baden abgetreten. SEIGEL, R.: Die schwäbischen Hohenzollern. In: Schloß Sig- Die zur Grafschaft Sigmaringen gehörenden Vogtei- maringen und das Fürstl. Haus Hohenzollern. 1966. bezirke der Klöster Wald, Heiligkreuztal und Habsthal EISELE, K. F.: Studien zur Geschichte der Grafschaft Zollern wurden besonders gekennzeichnet. Die Vogteirechte und ihrer Nachbarn (Arbeiten zum Historischen Atlas von konnten allerdings von der Grafschaft nur unterschied- Südwestdeutschland 2) 1956. lich durchgesetzt werden. Während ihre Durchsetzung über den kleinen Bezirk des Klosters Habsthal keine HODLER, F. X.: Geschichte des Oberamts Haigerloch. 1928. Schwierigkeiten bereitete, konnte sich das Kloster MAYER, D. W.: Die Grafschaft Sigmaringen und ihre Grenzen Heiligkreuztal – dank der Angrenzung an österrei- im 16. Jahrhundert (Arbeiten zur Landeskunde Hohen- chisches Gebiet – größere Freiheiten bewahren. Die zollerns 4) 1959. Vogteirechte über das Kloster Wald konnten erst in der HERBERHOLD, F.: Die österreichischen Grafschaften Sigmarin- 2 zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durchgesetzt wer- gen und Veringen. In: Vorderösterreich, hg. F. METZ. 1967. den und wurden seitdem, bis zum Verlust 1783, als NATALE, H.: Die Grafen von Hohenzollern und die Herrschaft Pertinenz der Grafschaft betrachtet. Die Grafschafts- Rhäzüns. In: Zeitschrift f. Hohenzollerische Geschichte 2. rechte über das dem Kloster Salem gehörende Amt 1966. Ostrach gingen 1611 durch Verpfändung verloren. REHFUS, M.: Das Zisterzienserinnenkloster Wald (Arbeiten zur Die zahlreichen Teilungen des hohenzollerischen Landeskunde Hohenzollerns 9) 1971. Besitzes konnten auf der Hauptkarte nicht kenntlich GÖNNER, E.: Die Revolution von 1848/49 in den hohenzolle- gemacht werden. Die Nebenkarte zeigt die Aufteilung rischen Fürstentümern und deren Anschluß an Preußen des Besitzes auf die Linien Hohenzollern-Sigmaringen (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 2) 1952. und Hohenzollern-Hechingen wie sie im wesentlichen GROSSMANN, J. – BERNER, E. – SCHUSTER, G. – ZINGELER, K. bis zum 19. Jahrhundert fortbestand. Einen Überblick TH. : Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern. 1905. über die anderen Teilungen vermitteln die Stamm- DECKER-HAUFF, H.: Die Genealogia Reuthinensis. Neue Quel- tafeln. len zur Geschichte des Hauses Zollern-Hohenberg. In: Zeit- Nicht eingezeichnet wurden die von Fürstenberg schrift f. Hohenzollerische Geschichte 9. 1973. 1405 nur kurzfristig in zollerischem Besitz gelangten Weitere Literatur in der umfassenden Bibliographie: Orte Deißlingen und Dauchingen (südl. Rottweil); BERNHARDT, W. – SEIGEL, R.: Bibliographie der Hohenzolleri- neben dem bereits erwähnten Besitz außerhalb des schen Geschichte (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 12) 1975.

Auszüge aus dem Reichsdeputationshauptschluß vgl. Anhang zu Beiwort 7,1; aus dem Preßburger Frieden und der Rheinbundakte vgl. Anhang zu Beiwort 7,2

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Territoriale Entwicklung von Fürstenberg VON WALTER PETSCHAN

I. Historischer Überblick fischen Lande im Innern Schwabens und im Elsaß be- standen und denen der zähringische Machtbereich Von den ehemaligen, schwerpunktmäßig auf dem hemmend entgegengestanden war – diese Ziele wurden Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg später von den Habsburgern übernommen –, und die gelegenen Territorien war das der Fürsten von Fürsten- bischöflich-straßburgischen Pläne, die auf eine weit- berg am Ende des alten Reiches das fünftgrößte. Es gehende Erfassung des straßburgischen Vorfeldes, der findet daher mit Recht Aufnahme in die territorial- Ortenau, des Kinzig- und des Renchtales, abzielten. geschichtlichen Karten dieses Atlasses. Von einer Ge- Der Stauferkönig Friedrich II. zog nun die Kloster- schlossenheit des Gebietes kann freilich, wie ein erster vogteien und die Reichslehen (u. a. Haslach im Kin- Blick auf die Karte zeigt, nicht die Rede sein. Schon zigtal) sowie das eigentlich allodiale Villingen an sich, daraus wird deutlich, daß das Territorium nicht durch um das verkehrspolitisch hochbedeutsame Kinzig-Gut- systematische Raumerfassung zustande gekommen sein ach-Tal in die Hand zu bekommen, und wußte auch das kann; es verdankt seinen Umfang vielmehr einer klugen untere Kinzigtal mit Gengenbach, Ortenberg und Heiratspolitik mit günstigen Erbgängen. Offenburg zu erwerben. Damit waren die Uracher im Schon die Grundlegung des fürstenbergischen Herr- Kinzigtal auf Hausach beschränkt. Bald nach 1245 schaftsgebietes ist das Ergebnis eines solchen Erbgan- dürften sie sich jedoch Villingen wieder angeeignet ges. Als 1218 mit Bertold V. die herzogliche Linie der haben, während das staufische und urachische Kinzig- Zähringer im Mannesstamm ausstarb, fiel deren Hin- tal damals vom Straßburger Bischof erobert wurde. terlassenschaft nördlich des Hochrheins an Bertolds 1248 schwächten die Uracher ihre Stellung noch Schwager Egino IV. von Urach. Die Grafen von Urach, weiter durch eine Landesteilung: der ältere Konrad deren einer Zweig sich später von Fürstenberg nannte, erhielt die Besitzungen im Breisgau, der jüngere Hein- gehörten zum ältesten schwäbischen Adel: ihre Ab- rich die auf der Baar und das Gebiet östlich des Knie- stammung wird auf einen Grafen Unruoch zur Zeit Karls bis, wogegen man das Kinzig- und Renchtal aufteilte. des Großen zurückgeführt. Grundbesitz und Herrschafts- Graf Heinrich von Urach- nahm nun seinen rechte besaßen sie hauptsächlich im Ermstal, wo auch Wohnsitz auf dem Fürstenberg, d. h. dem »fürdersten« ihre namengebende Burg lag, und im Gebiet um Nür- Berg des Höhenzuges im Süden der Baar, und nannte tingen. Wie das spätere Schicksal dieser Stammlande sich nach ihm (der Name beinhaltet demnach keinen zeigt, hätten sie dem Geschlecht keine ausreichende Anspruch auf den Fürstentitel). Basis zu einem größeren herrschaftlichen Aufstieg ge- Während die Freiburger Linie ihre Herrschaft noch boten; die Konkurrenz der benachbarten Grafen von vor ihrem Aussterben (1459) fast ganz an Habsburg Württemberg war übermächtig. Mit dem Zähringererbe und die Markgrafen verlor, konnten die Fürstenberger fiel den Urachern jedoch ein Gebiet zu, in dem die ihren Anteil weitgehend halten und schließlich in der Herzoge eine neuartige und weitgehend gefestigte Form Neuzeit stark vermehren. Den Besitz um Haslach der Herrschaft aufgebaut und die konkurrierenden sicherte sich Graf Heinrich I. gegenüber dem Hochstift Gewalten schon ausgeschaltet hatten. Der zähringische Straßburg durch Verzicht auf das untere Kinzigtal; Machtbereich nördlich des Hochrheins reichte auf doch versuchten die Bischöfe auch später immer beiden Seiten des Schwarzwaldes bis zum Renchtal und wieder, weiter ins Kinzigtal vorzudringen. Das Baarer Kniebis hin. Die neuen Herren dieses Landes nannten Gebiet wurde in den wenigen Jahren bis 1250 mit ei- sich nun Grafen von Freiburg. nem Netz von Burgstädten überzogen, um die Herr- Diese Erbschaft übernahmen die Uracher jedoch schaft zu festigen. Bemerkenswert ist, daß die Für- nicht ungeschmälert. Eine Reihe anderer Interessenten stenberger nach 1250 bis 1806 keine Städte mehr erhob Ansprüche auf Teile des Erbes. In dem daraus gründeten; die bestehenden blieben Zwergstädte und entstandenen zähringischen Erbfolgekrieg zeigten sich spielten innerhalb des Territoriums keine Rolle. Das bereits diejenigen gegnerischen Territorialinteressen, gute Verhältnis Graf Heinrichs zu König Rudolf brach- mit denen Fürstenberg während des ganzen Spätmittel- te ihm die Anerkennung des Besitzes von Haslach und alters zu kämpfen haben sollte: die staufischen Inter- Villingen als Reichslehen und die Übertragung der essen, die in einer territorialen Verbindung der stau- »Grafschaft in der Baar«, die bisher die Grafen von

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Sulz innegehabt hatten (1283). Die Zähringer hatten des Kniebis an die Herren von Geroldseck. Eine wei- einst auf der Baar auch die alte karolingische Graf- tere Teilung der Baarer Linie führte zu wirtschaft- schaft mit dem Zentrum Neidingen am Fuße des Für- lichem Notstand und dadurch zum Verkauf des Har- stenberges erworben und sich das dazugehörige Kö- mersbachs (an das Hochstift Straßburg, 1363) und Ba- nigsgut mit den Grafenrechten angeeignet (das Zen- denweilers (an die Stadt Freiburg, 1368). trum verlagerte sich hierbei nach Aasen). In welcher Der zweite große Erfolg der habsburgischen Ter- Beziehung die Grafschaft des 13. Jahrhunderts dazu ritorialpolitik ging zu Lasten der Haslacher Linie. In steht, ist ungeklärt. Bald nahmen die Fürstenberger einer Auseinandersetzung zwischen den Grafen und auch den Titel eines Landgrafen an, den bisher die ihrer aufstrebenden Stadt Villingen nahmen die Habs- benachbarten Herren von Wartenberg geführt hatten. burger die Bürger unter ihren Schutz und zwangen so Im Laufe der Zeit vermischte sich die Grafschaft in der die Fürstenberger zur Abtretung der Stadt und der Baar mit dem Landgrafentitel zur »Landgrafschaft ganzen umliegenden Herrschaft Warenburg (1326). Baar«, die immer reichslehnbar blieb. Im 15. Jahrhun- Der Verlust der einzigen Stadt, die diesen Namen dert waren mit ihr folgende Rechte verbunden: Hoch- wirklich verdiente, war einer der größten Rückschläge gericht, Landgericht, Wild- und Forstbann, Marktrecht, in der Entwicklung des fürstenbergischen Territoriums. Maße und Gewichte, Geleit und Zoll sowie Rechte an Ein baldiges Ende erlebte der Versuch der Haslacher den unehelich Geborenen. Diese Rechte bezogen sich Linie, die verbliebenen Herrschaftsbezirke auf der auf ein Gebiet, das über die Herrschaft Fürstenberg im Baar und im Kinzigtal durch den pfandschaftlichen engeren Sinn hinausgriff und auch andere Herrschaften Erwerb der Herrschaft Triberg zu verbinden; auch hier einschloß, eine Quelle zahlreicher Streitigkeiten. Doch erwies sich Habsburg als mächtiger (vor 1362). Das auch das unmittelbare Baarer Herrschaftsgebiet war wiedergewonnene Bräunlingen (1358) wurde als Hei- keine geschlossene Fläche; von der lehnsabhängigen ratsgut bald wieder ausgetan. Mit dem vorüber- Herrschaft Blumberg wurde es in zwei Teile gespalten. gehenden Erwerb des Prechtales griff Fürstenberg Erst im Laufe der Jahrhunderte und stufenweise konn- erstmals ins Elztal hinüber (vor 1362). ten die Grafen die Zerfallsprodukte dieser Herrschaft Als 1386 die Haslacher Linie ausstarb, nahm Graf ihrem Besitz eingliedern. Heinrich IV. von der Baarer Linie die Hinterlassen- Die zahlreichen einzelnen Erwerbungen, Verluste schaft gegen die Ansprüche der erbberechtigten Zol- und Wiedererwerbungen der nächsten fünf Jahrhun- lern an sich. Doch zog der König das Reichslehen Has- derte ausführlich darzulegen, ist hier nicht möglich. Im lach ein und belehnte damit das Hochstift Straßburg, folgenden werden nur die wichtigsten genannt, die das das die Herrschaft aber als Kunkellehen an den Grafen Bild des fürstenbergischen Territoriums deutlich wieder ausgab. Schließlich verzichteten auch die veränderten. Zollern auf ihre Ansprüche gegen Abtretung von 1286, nach dem Tode des Grafen Heinrich I., kam Dauchingen und Deißlingen. So war das mittlere Kin- es erstmals zur Teilung des Hauses in zwei Linien. Die zigtal für Fürstenberg gerettet. Haslacher Linie hatte außer dem Kinzigtaler Besitz Nach dem Tode des Grafen Heinrich IV. († ca. 1408) auch die nördliche Baar mit Villingen inne, die Baarer erfolgte die zweite große Landesteilung, wobei nun Linie neben der südlichen Baar auch das Renchtal und eine Linie das Kinzigtal als Ganzes innehatte, während das Land östlich des Kniebis. Fast alle Erwerbungen die Baar immer neu aufgeteilt wurde. Das wiederge- der Baarer Linie gehen auf Heiraten mit Erbtöchtern wonnene Prechtal mußte nach kriegerischen Auseinan- zurück. So fiel die Herrschaft Wolfach und damit das dersetzungen mit den Markgrafen geteilt werden ganze obere Kinzigtal an Fürstenberg (1291), so der (1409), so daß es bis 1806 badisch-fürstenbergisches Westteil der Herrschaft Wartenberg (1302/04), so die Kondominat blieb. Die Einziehung der Lande des ge- Herrschaften Hausach im Kinzigtal (ca. 1328) und ächteten Herzogs Friedrich von Österreich brachte den Badenweiler im Markgräflerland (ca. 1364). Mit dem Fürstenbergern die Wiederbelehnung mit Villingen Erwerb der Herrschaft Wartenberg endete auch der (1418), die aber nicht in die Tat umgesetzt werden lähmende Konkurrenzkampf der beiden mächtigsten konnte. Dagegen war ein pfandschaftlicher, vorüberge- Geschlechter auf der Baar. Als Reichspfandschaft hend sogar eigentümlicher Wiedererwerb Bräunlingens erhielt die Baarer Linie das Reichstal Harmersbach von längerer Dauer (1444-92). Auf der Baar wurde (1330). Geldnot zwang zum endgültigen Rückzug aus 1488 von den Herren von Habsberg das Dorf Donau- dem Renchtal zugunsten des Hochstifts Straßburg. eschingen angekauft, das später fürstliche Residenz Nach einer kriegerischen Auseinandersetzung mit werden sollte; damit war eine Verbindung zwischen König Albrecht mußte die Stadt Bräunlingen mit ihrer den beiden Baarer Gebietsteilen hergestellt. großen Mark an die Habsburger abgetreten werden, die Aus dem 15. Jahrhundert liegen zahlreiche Nach- dadurch mitten im fürstenbergischen Gebiet festen Fuß richten vor über Auseinandersetzungen zwischen Für- faßten (1305). Als Heiratsgut fielen 1303 ein Teil der stenberg und den innerhalb der Landgrafschaft Baar Herrschaft Wolfach (die spätere Herrschaft Romberg) gelegenen Herrschaften, die die Kompetenz des Land- und das Gebiet östlich gerichtes nicht mehr anerkennen und die Grafenrechte

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– allmählich hatte sich hierfür die Bezeichnung »hohe Familie und des Besitzes die einzelnen Graf- und Obrigkeit« herausgebildet – in ihren Territorien selbst aus- Herrschaften je nach Bedürfnis verschieden zusam- üben wollten. Oft mußte Fürstenberg einer Exemtion mengelegt. Doch wahrte man nun den Zusammenhalt vertraglich oder stillschweigend zustimmen. Lange Grenz- aller Besitzungen des Hauses, indem seit 1491 immer streitigkeiten mit der benachbarten Landgrafschaft Nellen- wieder Familienverträge ein gegenseitiges Erbrecht burg führten schließlich zur Einrichtung eines sogenannten der Linien und die Zustimmung der Agnaten zu allen Kompromißbezirks, innerhalb dessen das Präventivprinzip Veräußerungen festlegten. Außerdem wurde durch die galt. Einführung der Primogenitur in allen Linien (1699) 1490 starb auch die zweite Kinzigtaler Linie aus; dies- der weiteren Zersplitterung des Besitzes ein Ende be- mal fiel der Besitz unangefochten an die Baarer Linie. reitet. Dieser gelang eine beträchtliche Vergrößerung durch An- Die Hauptzweige waren nun die Kinzigtaler und kauf der Herrschaft Lenzkirch im Hochschwarzwald, mit die Heiligenberger Linie. Beide verwalteten zeitweise der die st. blasische Vogtei Schluchsee verbunden war auch die Baar gemeinsam; in dieser Zeit wurden die (1491); letztere ging aber in der Neuzeit wieder verloren. ritterschaftlichen Orte derer von Schellenberg, u. a. Im Bereich des Kinzigtales brachte die Geldnot der Herren Hüfingen, erworben. 1620 teilten die beiden Linien von Geroldseck den Fürstenbergern innerhalb kurzer Zeit die Baar unter sich auf. Die Kinzigtaler Linie spaltete (1490-98) die Herrschaften Romberg, Loßburg und Schen- sich erneut in zwei Zweige, die beide durch Heiraten kenzell ein; damit war das obere Kinzigtal wieder ganz in neue Herrschaften gewinnen konnten. Der ältere fürstenbergischer Hand. Die Herrschaft Loßburg wurde je- Zweig erwarb die den Grafen von Helfenstein doch schon 1501 an das Kloster Alpirsbach verkauft. 1493 gehörigen Herrschaften Meßkirch (1627), Gundel- gelang zum zweitenmal ein kurzer Erwerb der Reichs- fingen, und Wiesensteig (1636), letzteres zu pfandschaft Triberg. 1499 war erstmals seit Heinrich I. einem Drittel (zwei Drittel besaß Bayern), außerdem die ganze fürstenbergische Ländermasse in der Hand eines die kleine Herrschaft Waldsberg (1656). Der jüngere Grafen, Wolfgang, vereinigt. Ihm glückte es, 1504 den im Zweig erheiratete von den Erbmarschällen von Pap- Landshuter Erbfolgekrieg der Pfalz entrissenen Halbteil penheim die Herrschaft Hewen und die Land- der Reichslandvogtei Ortenau mit den drei Reichsstädten grafschaft Stühlingen (1639), die alte Grafschaft des Offenburg, Gengenbach und Zell a. H., also altes zähringi- Albgaus, die aber ihre übergreifenden Rechte damals sches Herrschaftsgebiet, zu erlangen. schon an fast alle Herrschaften abgetreten hatte. Nach Nach dem Tode des Grafen Wolfgang (1509) kam es längerem Rechtsstreit mußte sie als österreichisches erneut zu einer Trennung von Baar und Kinzigtal. Graf Afterlehen anerkannt werden. Friedrich II. von der Baarer Linie vermehrte den Besitz auf Die Heiligenberger Linie, die sich auch noch mehr- der Baar u.a. durch die Herrschaften Blumberg und Möh- mals teilte, erwarb – ebenfalls durch Heiraten – die ringen. Von großer Bedeutung war seine Eheschließung Herrschaften Weitra (in Niederösterreich, 1606), We- mit einer Gräfin von Werdenberg, die dem Haus Fürsten- renwag (1629) und Mauersmünster (im Elsaß, 1664) berg ein weites Ausgreifen nach Osten durch Erbanfall der sowie 1612 die Besitzungen des kaiserlichen Feld- Grafschaft Heiligenberg und der Herrschaften Jungnau hauptmanns Lazarus von Schwendi: die Herrschaften und Trochtelfingen einbrachte (1534). Die Grafschaft Hohenlandsberg (im Elsaß), Burkheim und Triberg – Heiligenberg, aus dem alten hervorgegangen, war diese war nun zum drittenmal fürstenbergisch – und wie die Baarer Landgrafschaft ein Gebiet herrschaftsüber- die Reichsvogtei Kaysersberg (im Elsaß); doch wahrte greifender Rechte, wogegen das unmittelbare Herrschafts- Habsburg über Burkheim und Triberg die Landesho- gebiet verhältnismäßig klein war. Im Gebiet zwischen heit. Diese Neuerwerbungen gingen, außer Weitra, in Rothach und Schussen waren die Grafenrechte zu dieser der Folgezeit wieder verloren. Die Bedeutung der Hei- Zeit faktisch schon der Landvogtei Schwaben anheimge- ligenberger Linie lag jedoch in der Erhebung in den fallen, ansonsten waren nur Überlingen, Meersburg und Reichsfürstenstand unter Graf Hermann Egon (1664). Markdorf »innerhalb Etters« exemt. Im Kinzigtal, das Als 1716 diese Linie ausstarb, fielen ihre Herrschaften allmählich den Namen »Herrschaft Hausen« (nach an die beiden Zweige der Kinzigtaler Linie, was die Hausach) annahm, führte Graf Wilhelm den Kalvinismus Erhebung des Gesamthauses in den Fürstenstand zur ein (1543), doch wurde nach dem Anfall an die Baarer Folge hatte. Linie (1547) sofort die Gegenreformation durchgeführt. 1744 erlosch auch der Meßkircher Zweig, so daß Damals waren letztmals bis 1744 alle fürstenbergischen nun Fürst Joseph Wilhelm Ernst vom Stühlinger Lande in einer Hand vereinigt. 1551 löste der Kaiser die Zweig alle fürstenbergischen Lande vereinigte. Erst Landvogtei Ortenau wieder aus. jetzt war der Aufbau einer Gesamtverwaltung und Seit 1559 wurden bei den vielfachen Teilungen der eines modernen Staatswesens möglich. Zur zentralen Residenz wählte der Fürst das kleine Donaueschingen auf der Baar, nicht weit vom Fürstenberg entfernt. Nun kam die Bezeichnung »Fürstentum Fürstenberg« für die vereinigten Lande auf, die aber auch jetzt staatsrechtlich

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keine Einheit bildeten. Die einzelnen Graf- und Herr- Andererseits lagen große Teile des fürstenbergi- schaften blieben auf Reichs- und Kreistagen selb- schen Territoriums in Grafschaften anderer Herren: ständig vertreten. Teile der Herrschaft Hewen in der Landgrafschaft Nel- Auch im 18. Jahrhundert wurden noch einzelne lenburg, die Herrschaft Meßkirch in der Grafschaft kleine Erwerbungen gemacht. Auf der Baar wurden die Sigmaringen (wobei aber die Stadt Meßkirch und 6 Lücken im Territorium geschlossen durch Ankauf der Dörfer innerhalb Etters exemt waren und Fürstenberg restlichen ritterschaftlichen Dörfer. Das Drittel an das Geleit in der ganzen Herrschaft faktisch ausübte), Wiesensteig überließ man 1752 an Bayern. In der die Herrschaft Jungnau in den Grafschaften Sigma- Grafschaft Heiligenberg war Fürstenberg bestrebt, die ringen und Hohenberg (wieder mit einzelnen Exem- Grafenrechte den Herrschaften gegen Abtretung meh- tionen), die Herrschaft Waldsberg in den Grafschaften rerer Orte zu überlassen oder diese Rechte einfach zu Nellenburg und Sigmaringen, die Herrschaft Weren- verkaufen. So erweiterte sich das Heiligenberger Ter- wag in der Grafschaft Hohenberg. In diesen Herr- ritorium, jedoch war die hohe Obrigkeit um 1800 auf schaften besaß also Fürstenberg im allgemeinen nicht nur noch wenige Ortschaften beschränkt. Im Rahmen die hohe Obrigkeit, meist jedoch Niedergericht, der Säkularisierung zog Fürstenberg 1802/3 auf seinem Steuer- und Waffenrecht und damit die Landeshoheit. Territorium 18 Klöster an sich. 1806 wurden schließ- In den Herrschaften Trochtelfingen und Gundel- lich die fürstenbergischen Lande, besonders wegen der fingen standen Fürstenberg alle Rechte zu außer dem österreichfreundlichen Haltung, ein Opfer der Mediati- Forstbann, der württembergisch war. Nach Reichsge- sierung und fielen zum größten Teil an Baden. setz mußten in allen ritterschaftlichen Orten, die nach 1620 ihren Besitzer wechselten, die Steuer- und Mili- II. Erläuterungen zur Karte tärhoheit bei der Reichsritterschaft als Korporation verbleiben. Da die Fürstenberger eine Reihe solcher Beim Anfertigen der Karte wurde wie bei der Würt- Ortschaften erwarben, besaßen sie darin entweder nur temberg- und Pfalzkarte die Landeshoheit im neuzeit- das Niedergericht, sofern ein Ort nämlich in einer lichen Sinn, also Steuer- und Waffenrecht, der Flä- fremden Grafschaft lag, oder Nieder- und Hochgericht, chenfärbung zugrundegelegt. Da für die frühe Zeit wenn er zu einer der eigenen Grafschaften gehörte. Die diese Rechte in den Quellen entweder nicht auftauchen Landeshoheit stand in diesen Orten den Fürsten- oder noch gar nicht in dieser Form ausgeprägt waren, bergern nur in ihrer Eigenschaft als Mitglied der mußte hier der Erwerb der Ortsherrschaft (Nie- Reichsritterschaft zu. Diese Orte sind in der Karte dergericht, Gebot und Verbot, Zwing und Bann) als durch ein quergelegtes Kreuz gekennzeichnet. Kriterium gewählt werden, was insofern berechtigt ist, Die restlichen Varianten (nur Steuer- und Waffen- als alle so erfaßten Orte im neuzeitlichen Territorium recht allein oder mit Hochgericht, aber ohne Nieder- aufgingen. Fürstenberg besaß also in allen flä- gericht) waren wenige Einzelfälle. Am einfachsten ge- chengefärbten Teilen der Karte Niedergericht, Steuer - stalteten sich die Verhältnisse im Kinzigtal, wo es den und Militärhoheit. Unterschied zwischen hoher Obrigkeit und Landes- Darüber hinaus waren die Herrschaftsverhältnisse in hoheit nicht gab. In den Herrschaften Burkheim und den fürstenbergischen Landen sehr mannigfaltig. Die Triberg (beim dritten Erwerb) lag die Landeshoheit bei fürstenbergische Verwaltung selbst unterschied, da sie der Landgrafschaft Breisgau. Ein Sonderfall war die die Gerichtsbarkeit als das wichtigste Recht ansah, nur Landvogtei Ortenau, die deshalb eine eigene Farb- Gebiete mit ausschließlich niedergerichtlicher oder gebung erhielt. Die urachischen Stammlande konnten hochgerichtlicher sowie mit »alliglicher« Jurisdiktion. nicht flächig gefärbt werden, da ihr genauer Umfang Berücksichtigt man jedoch auch Steuer- und Waffen- nicht feststellbar ist und die Herrschaftsstruktur sicher recht, so ergeben sich für das fürstenbergische Gebiet noch weit von der Territorialherrschaft entfernt war. sieben Varianten der Herrschaft. Wie aus den fürstenbergischen Akten hervorgeht, Die meisten Rechte besaß Fürstenberg in den Teilen waren bei dieser Fülle der Rechtskombinationen den seines Territoriums, die innerhalb der drei eigenen Herrschern selbst ihre Kompetenzen im jeweiligen (Land)grafschaften lagen, da hier die hohe Obrigkeit Fall oftmals unklar, und sie mußten sich auf die und damit die Hochgerichtsbarkeit hinzukam. Von der Kenntnisse ihrer Amtsleute verlassen. hohen Obrigkeit in den nichtfürstenbergischen Ter- Nicht auf der Karte verzeichnet sind die Besitzun- ritorien dieser drei Grafschaften war oben schon die gen außerhalb des heutigen Bundeslandes. Diese wa- Rede. Der Umfang zweier Grafschaften wurde in die ren im Elsaß die Herrschaften Mauersmünster und Karte eingetragen; am Ende des alten Reiches waren Hohenlandsberg sowie die Reichsvogtei Kaysersberg, sie freilich durch die vielen Exemtionen schon fast in Niederösterreich die Herrschaft Weitra, in Böhmen ganz ausgehöhlt. Bei der Landgrafschaft Stühlingen und Mähren zahlreiche Adelsherrschaften unter- erübrigte sich die Angabe der Grenzen, da die hohe schiedlicher Größe; sie alle besaßen freilich keine Obrigkeit sich auf das Territorium beschränkte. Landeshoheit. Wie in den anderen Territorialkarten dieses Atlasses wurde der herrschaftliche Besitz von Burgen

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oder Burganteilen ohne zugehörige Gemarkung sowie Mitteilungen aus dem Fürstlich Fürstenbergischen Archive, die Rechtsqualität des Besitzes (Allod, Lehen, Pfand) Quellen zur Geschichte des fürstlichen Hauses Fürstenberg nicht berücksichtigt. und seines ehedem reichsunmittelbaren Gebietes 1510-1617, Die Zeitstufen der territorialen Entwicklung sind den 1-2. 1894-1902. dynastischen Gegebenheiten angepaßt. Die erste Stufe BADER, K. S.: Zur politischen und rechtlichen Entwicklung der zeigt den Besitzstand vor der ersten Landesteilung, die Baar in vorfürstenbergischer Zeit. 1937. zweite reicht bis zum Aussterben der ersten Kinzigtaler Linie. Die dritte und vierte enden jeweils mit dem Tode BAUMANN, F. L.: Die Territorien des Seekreises 1800 (Ba- der beiden Grafen, die alle Lande in ihrer Hand ver- dische Neujahrsblätter 4) 1894. einigten, worauf dann neue Teilungen folgten. Nur die BÜTTNER, H.: Egino von Urach-Freiburg, Erbe der Zähringer, fünfte Stufe ist mehr schematisch begrenzt. Die sechste Ahnherr des Hauses Fürstenberg (Veröffentlichungen aus Stufe schließt mit der endgültigen Zusammenfassung dem Fürstlich Fürstenbergischen Archiv 6) 1939. aller Herrschaften unter Fürst Joseph Wilhelm Ernst, die siebte endet mit der Mediatisierung. LEIBER, G.: Das Landgericht der Baar, Verfassung und Ver- fahren zwischen Reichs- und Landesrecht (1283-1632), (Veröffentlichungen aus dem Fürstenbergischen Archiv 18) III. Literatur 1964.

Fürstenbergisches Urkundenbuch, Sammlung der Quellen zur RIEZLER, S.: Geschichte des fürstlichen Hauses Fürstenberg Geschichte des Hauses Fürstenberg und seiner Lande in und seiner Ahnen. 1883. Schwaben. 1-7 (bis 1509 reichend). 1877-91. TUMBÜLT, G.: Das Fürstentum Fürstenberg von seinen An- fängen bis zur Mediatisierung im Jahre 1806. 1908.

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Historischer Atlas von Baden-Württemberg: Erläuterungen Herausgegeben von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Zeichnung der Abbildungen: Graphisches Atelier Inge Hermanns, Leonberg 4. Lieferung 1975 Druck der Erläuterungen: Offizin Chr. Scheufele,