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Um der Metrik willen Einige Beobachtungen zu den trochäischen Versübersetzungen des

Von Marja Järventausta (Köln)

1. Einleitung

Das finnische Nationalepos Kalevala ist mehrmals ins Deutsche über- setzt worden. Die meisten Übersetzungen – angefangen von Anton Schief- ner (1852) bis Lore und Hans Fromm (1967)1 – sind traditionskonforme Versübersetzungen, die sich wegen metrischer Treue bemüht haben, das Kalevala in vierhebigen Trochäen zu verdeutschen. Aber es gibt auch eine weniger bekannte trochäisch-daktylische Verdeutschung von Hermann Paul (1885/1886) sowie eine neuere Übersetzung in freien Versen von Gis- bert Jänicke (2004). Die Schiefnersche Übersetzung ist mehrmals über- arbeitet worden (Buber 1914 u. 1921/1922, Welding 1948 u. 1964, Steinitz 1968), und es gibt eine ganze Anzahl von Teilübersetzungen einzelner Ge- sänge und Gesangzyklen sowie Nacherzählungen in Prosa. Die deutschen Kalevala-Übersetzungen, die alle auf der erweiterten zweiten Auflage aus dem Jahr 1849, dem sogenannten Neuen Kalevala, ba- sieren, sind in der Forschung aus unterschiedlichen Perspektiven behandelt worden. In eingehenden Besprechungen einzelner Übersetzungen werden mitunter prinzipielle Probleme des metrischen Übersetzens diskutiert (z.B. Ahlqvist 1853, Schellbach 1969a), in Arbeiten mit Überblickscharakter werden meist in chronologischer Abfolge die Übersetzungen, ihre Entste- hungsgeschichte und ihr Verhältnis zueinander erläutert (z.B. Setälä 1910, Jänicke 1991, 20–32, Voßschmidt 2012). Mit der deutschen Kalevala-Re- zeption haben sich viele Forscher auseinandergesetzt, u.a. Fromm (1980) und Schellbach-Kopra (2002), vor allem aber Liisa Voßschmidt, die meh-

1 Im Folgenden wird auf die Übersetzung mit „Fromm & Fromm“ verwiesen, auch wenn es naheliegend ist, dass Lore Fromm den wesentlichen Beitrag zu ihrer Entstehung geleistet hat. Dafür spräche nicht nur die Reihenfolge der Namen auf dem Titelblatt, son- dern auch eine Formulierung in einem Verlagsdokument: „[…] daß sich die Übersetzerin [!] dann und wann an den Text der Schiefner-Buberschen Ausgabe gehalten habe“ (zitiert nach Voßschmidt 2001, 242). Das Nachwort der Übersetzung wird Hans Fromm allein zu- geschrieben.

UAJb N. F. 26 (2016) 2 Marja Järventausta rere Arbeiten zur Rezeptionsgeschichte des Kalevala verfasst hat (Voß- schmidt 1989, 2001, 2004a, 2012 sowie Laukkanen 2015). Laurila (2012, s. auch Voßschmidt 2008) hat Paratexte der deutschen Übersetzungen unter- sucht, die nicht nur rezeptionsgeschichtlich interessant sind, sondern oft auch aufschlussreiche Informationen über die Intentionen und Vorgehens- weisen der Übersetzer enthalten. Die Probleme des Kalevalametrums und seiner Wiedergabe im Deutschen sind am ausführlichsten von Jänicke (1991, 132–146) besprochen worden, einen guten Überblick über das Met- rum und die beiden wichtigen Stilmittel des Kalevala, Alliteration und Pa- rallelismus, gibt Schellbach-Kopra (1991). In diesem Beitrag werden die trochäischen Versübersetzungen von Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967) miteinander verglichen. Ausgehend von den Prinzipien des Kalevalametrums und seiner Sprach- spezifik im Abschnitt 2 wird im Abschnitt 3 ein Überblick über die deut- sche Übersetzungsgeschichte des Kalevala gegeben. Im 4. Abschnitt erfolgt die vergleichende Darstellung, wobei der Schwerpunkt auf den unter- schiedlichen Realisierungsmöglichkeiten der Achtsilbigkeit in beiden Über- setzungen liegt. Das Ziel ist nicht eine übersetzungswissenschaftliche Posi- tionierung zur Wiedergabe metrischer Formen oder zum Übersetzen von Nationalepen (s. Kelletat 2015), auch nicht eine systematische Überset- zungskritik, sondern der Schwerpunkt liegt auf der Erörterung sprachen- paarspezifischer Übersetzungsprobleme bei der Wiedergabe des Metrums in den beiden trochäischen Verdeutschungen des Kalevala. Die Analyse beschränkt sich auf die Gesänge XXXI–XXXVI des Neuen Kalevala (1849), die den sog. -Zyklus bilden.

2. Das Kalevalametrum

2. 1 Grundprinzipien des metrischen Schemas

Bereits Henrik Gabriel Porthan hat in seiner Abhandlung über die finni- sche Volkspoesie (1766–1778) bemerkt, dass die Verse aus vier Trochäen bestehen. Allerdings weist dieses urtypische Versmaß Besonderheiten auf, die schon in den Anfangsversen der ersten Auflage des Kalevala, des soge- nannten Alten Kalevala (1835/1836), ersichtlich sind (hauptakzentuierte Silben in Versalien, Hebungssilben unterstrichen):

Altes Kalevala 1 MIEleni MInun TEkevi, 2 AIvoni Ajattelevi, 3 MIEli RUveta RUnoille,

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4 LAAtiua LAUlamahan. 5 VEli KULta VEIKkoseni, 6 KAUnis KIEliKUMPpalini! Im Neuen Kalevala (1849) lauten die entsprechenden Verse wie folgt (Übersetzung nach Fromm & Fromm2):

Neues Kalevala Fromm & Fromm 1 MIEleni MInun TEkevi, Mich verlangt in meinem Sinne, 2 AIvoni Ajattelevi, mich bewegen die Gedanken, 3 LÄHteäni LAUlamahan, an das Singen mich zu machen, 4 SAA’ani SAnelemahan. mich zum Sprechen anzuschicken. 11 VEli KULta VEIKkoSEni, Lieber Freund, du mein Gefährte, 12 KAUnis KASvinKUMPpalini! schöner Jugendspielgenosse!

Schon beim ersten Blick fällt auf, dass der Wort- und Versakzent in den ersten drei Versen nicht zusammenfallen. Betrachtet man aber die Verse genauer, zeigt sich, dass in der Hebung – abgesehen vom ersten Versfuß – nur lange hauptakzentuierte Silben vorkommen. Die Grammatiker des frü- hen 19. Jahrhunderts haben den Einfluss von Akzent und Quantität auf das Versmaß noch unterschiedlich bewertet: Renvall (1819, 173–176) ging vom Akzent aus, von Becker (1824, 265–267) dagegen von der Silben- länge. Elias Lönnrot widmete im Vorwort des Alten Kalevala mehrere Seiten der Erläuterung dieses Versmaßes, das später als Kalevalaversmaß oder Ka- levalametrum bezeichnet wurde. Für Lönnrots Beobachtungen (1835/1836 [1999, 14–18]) war die Unterscheidung zwischen langen und kurzen Silben grundlegend. So ermittelt er 30 unterschiedliche Wortstrukturen je nach- dem, wie viele Silben sie enthalten, wie lang die Silben sind und was die Reihenfolge kurzer und langer Silben ist. Für die Charakterisierung des Ka- levala-Verses sind diese Wortstrukturen allerdings nicht besonders aussage- kräftig. Um die metrischen Besonderheiten des Kalevalaversmaßes zu ver- stehen, ist eine andere von Lönnrot vorgenommene Klassifizierung wesentlich wichtiger, nämlich „die Einteilung nach der Anzahl der Wörter in den Versen und nach der Reihenfolge der Wörter von verschiedener Länge“ (Sadeniemi 1951, 15). Lönnrot listet über zwanzig verschiedene

2 Den sechs Anfangsversen des Alten Kalevala entsprechen im Neuen Kalevala die Verse 1–4 und 11–12. Die Verse 1–2 sind in beiden Versionen identisch, die Verse 3–4 wurden für das Neue Kalevala modifiziert; der Vers 5 im Alten und der Vers 11 im Neuen Kalevala sind identisch, der Vers 12 im Neuen ist wiederum eine geringfügig modifizierte Version vom Vers 6 des Alten Kalevala.

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Kombinationsmöglichkeiten auf, z.B. 2222 (= ein Vers bestehend aus vier Zweisilbern), 323 (= ein Vers bestehend aus einem Drei-, einem Zwei- und einem Dreisilber) usw. Die Hälfte der von ihm angeführten Kombinatio- nen sind sog. Tonhebungsverse, in denen eine hauptakzentuierte Silbe in der Senkung steht (z.B. 323). Für Lönnrot war klar, dass diese Verse ein wichtiges stilistisches Mittel der finnischen Volkspoesie sind, und er meinte, dass der ausnahmslose Zusammenfall von Vers- und Wortakzent zu einem „weniger schönen“ Ergebnis führe ( Lönnrot 1835/1836 [1999, 22]). Welche Bedeutung die Silbenlänge für die Bildung von Tonhebungs- versen hat, streift Lönnrot nur kurz, deutet aber auf das Zusammenspiel zwischen Akzent und Silbenlänge hin. Erst die Grammatiker des späten 19. Jahrhunderts (Ahlqvist 1877, 133–140, Genetz 1881, 76) stellen einver- nehmlich fest, dass für das Kalevalaversmaß sowohl der Akzent als auch die Silbenlänge – die im Finnischen voneinander unabhängig sind – von Bedeutung sind. Matti Sadeniemi (1951) hat Lönnrots Ansatz weiterentwickelt und eine genaue metrisch-linguistische und statistische Analyse des Kalevalaversma- ßes am Beispiel authentischer Volkslieder aus Archangelsk und Ingerman- land durchgeführt. Er teilt die Kalevala-Verse in drei verschiedene Typen mit 15 Untertypen ein (S. 16–17). Sein A-Typ umfasst die Verse, „in denen die Takte3 und Versfüsse einander decken“ (z.B. 2222, 224); zu diesem Ty- pus gehören ungefähr die Hälfte der von ihm untersuchten Verse. Als B- Typ bezeichnet er die Verse, die zwei- und dreisilbige Wörter enthalten (z.B. 233, 323), und den C-Typ bilden schließlich die Verse, die aus ein-, zwei- und dreisilbigen Wörtern bestehen (z.B. 2213, 2132). Hierzu einige Beispiele (Sadeniemi 1951, 17; Silbengrenzen hinzugefügt):

A 2222 Lu.van an.toi suu.ri Luo.ja 224 As.tu, les.ki, ai.tas.ta.si

B 233 Kul.ki .sis.sa ha.ko.na. 332 Verk.ko.ja ve.ne.hen täy.si.

C 2213 Sa.nan virk.koi, noin ni.me.si. 2132 Al.la päin, pa.hoil.la mie.lin.

Pentti Leino hat in seinen metrischen Untersuchungen einen weiteren, wesentlichen Beitrag zur systematischen, regelgeleiteten Beschreibung des

3 Ein Takt wird nach Sadeniemi (1951 16, Anm. 2) „von einer betonten Silbe und den ihr möglicherweise folgenden unbetonten gebildet“.

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Kalevalaversmaßes geleistet (Leino 1974, 1982, 1986). Bevor auf seine For- schung näher eingegangen wird, seien die grundlegenden Prinzipien des Kalevalametrums noch kurz zusammengefasst (hier nach Leino 1974, 243, s. aber auch Schellbach-Kopra 1991, 135–137): 1. eine lange hauptakzentuierte Silbe tritt nur in der Hebung auf, 2. eine kurze hauptakzentuierte Silbe tritt nur in der Senkung auf, 3. der erste Versfuß erlaubt Ausnahmen von diesen beiden Regeln und lässt darüber hinaus drei, sogar vier Silben zu. Während das erste Prinzip den metrisch prototypischen Fall bezeichnet und somit keiner Erklärung bedarf, wirft das zweite Prinzip Fragen auf, für die es unterschiedliche Erklärungsversuche gibt. Paavo Ravila (1935) hat vermutet, dass die Quantitätsopposition des Finnischen (vgl. tuli ‘Feuer’, tuuli ‘Wind’) zu dieser Einschränkung geführt hat. Die finnische Volkspoe- sie, ob lyrisch oder episch, wurde traditionell singend vorgetragen, und die Melodien waren einfache Pentachorde in auf Achtsilbigkeit beruhendem Vierviertel- oder Fünfvierteltakt. Wenn eine kurze hauptakzentuierte Silbe in der Hebung bzw. am Taktanfang stehen würde, wäre sie in einer Posi- tion, in der sie zwangsläufig etwas länger realisiert würde. Dies würde bei der Rezeption die Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen erschweren, was wiederum in den Fällen, in denen die Quantitätsopposi- tion als distinktives Merkmal fungiert (z.B. tuli – tuuli), zur semantischen Instabilität führen könnte. Um die optimale Rezipierbarkeit der Quanti- tätsopposition zu gewährleisten, hat das Kalevalaversmaß dieses besondere metrische Prinzip entwickelt. Soweit Ravilas Erläuterungen, die lange als die Standarderklärung für die metrische Positionierung der hauptakzentu- ierten Silben galten. Leino (1974, 253) bezweifelt jedoch diesen Erklä- rungsansatz und vertritt die Meinung, dass sich alle Besonderheiten des Kalevalaversmaßes am besten von allgemeinen metrischen Regelmäßigkei- ten herleiten lassen. Zum Ausgangspunkt nimmt er ein Zitat von Edward Sapir (1921, 243): Study carefully the phonetic system of a language, above all its dynamic features, and you can tell what kind of a verse it has developed – or, if history has played pranks with its phychology [!], what kind of verse it should have developed and some day will. Hierzu bemerkt Leino (1974, 252–253) allerdings zweierlei: Zum einen muss man einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Versmaß und dem Vortragen der Verse machen. Zum anderen kann die Prosodie das metrische System nicht festschreiben, sondern lediglich Grenzen für die Verwirklichung eines metrischen Systems setzen. Quantitätsopposition und Initialakzent sind im Finnischen die prosodischen Faktoren, die die Konturen des Kalevalaversmaßes festlegen, aber seine Besonderheiten kön-

UAJb N. F. 26 (2016) 6 Marja Järventausta nen sie nicht hinreichend erklären. Dafür bedarf es nach Leino (1974, 263–265) einer Dreiteilung der Silben in metrisch starke, neutrale und schwache Silben. Metrisch stark sind lange hauptakzentuierte Silben, met- risch schwach kurze hauptakzentuierte Silben und metrisch neutral alle nicht hauptakzentuierten, d.h. auch nebenakzentuierte Silben. Metrisch starke Silben stehen in der Hebung, metrisch schwache in der Senkung und metrisch neutrale können sowohl in der Hebung als auch in der Sen- kung vorkommen. Abweichungen von diesem „klassischen“ Kalevalavers- maß, die in der finnischen Volkspoesie vielfach belegt sind (Sadeniemi 1951, 49), weisen jedoch darauf hin, dass nicht allein die Regeln des abs- trakten Versmaßes – im Falle des Kalevalaversmaßes des vierhebigen Tro- chäus – und das metrische Gewicht der Silben das Versmaß bestimmen können, sondern wichtig sind auch die Normen, die für die Verwendung der Regeln zuständig sind (Leino 1974, 267). Dass das Versmaß, das Lönnrot im Alten und Neuen Kalevala schriftlich festgehalten hat, kaum von dem „klassischen“ Kalevalametrum abweicht – der Anteil der „fehlerhaften“ Verse ist verschwindend klein4 – hängt nach Jänicke (1991, 33–34) damit zusammen, dass Lönnrot konsequent versucht [hat], die in den Volkspoesie-Aufzeich- nungen vorkommenden, oft recht zahlreichen ‘Abweichungen vom Metrum’ auszumerzen. Sein Ideal war das althergebrachte vierfüßige trö- chäische [!] Metrum der stabreimenden finnischen Volkspoesie […]. Das Kalevalametrum sei somit, so Jänicke weiter, „eigentlich ein künstli- ches Idealmetrum, welches aus dem Wunsche nach einem, den antiken Versmaßen gleichwertigen, poetischen Werkzeug geschaffen wurde“. Jäni- ckes „Idealmetrum“ und Leinos „abstraktes Versmaß“ weisen gewisse Ähn- lichkeiten auf. Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschied: Jänicke (1991, 33) räumt dem Rhythmus eine übergeordnete Rolle ein, indem er Versbau und Metrum dem Rhythmus unterordnet. Leino (1982, 290) da- gegen ist der Meinung, dass das abstrakte Versmaß die Grenzen setzt, in- nerhalb derer sich die rhythmische Variation verwirklichen kann. In An- lehnung an Roman Jakobson (1960, 364–366) unterscheidet Leino (1982, 288–290) zwischen dem metrischen Grundriss (Jakobsons „verse design“) und der rhythmischen Variation innerhalb des konkreten Einzelverses (Ja- kobsons „verse instance“). Im klassischen Kalevalametrum bildet der vier- hebige Trochäus den metrischen Grundriss („verse design“), während die Regeln für die Belegung der Hebungssilben unter Jakobsons „verse in- stance“ fallen. Auf Jakobsons Kategorien Vortragstyp („delivery design“)

4 Nach Perälä (2010), beträgt der Anteil fehlerhafter Verse im Neuen Kalevala nur etwa 0,5 %.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 7 und Einzelvortrag („delivery instance“) geht Leino nicht ein, aber das tradi- tionelle Vortragen der Kalevala-Verse (hierzu z.B. Fromm & Fromm 1967, 369–374) entspricht eigentlich dem, was Jakobson unter dem Vortragstyp versteht. Als Quintessenz seiner metrischen Forschungen entwirft Leino (1986, 132–133, vgl. auch 1982, 331–333) eine Art metrische Grammatik für das Kalevalaversmaß:5 Die metrischen Strukturregeln besagen, dass die Anzahl der Verse nicht näher bestimmt ist und dass die Verse aus einer vierfachen Folge von einer Hebung und einer Senkung bestehen. Die Korrespondenz- regeln legen fest, dass in der Hebung nur starke und neutrale Silben und in der Senkung nur schwache und neutrale Silben möglich sind und dass die Versgrenze durch eine Pause markiert ist. Die Silbenstrukturregeln formu- lieren schließlich die Kriterien, nach denen eine Silbe als stark, schwach oder neutral gilt; anders als noch in Leino (1974, 265–266) werden neben- akzentuierte Silben jetzt nicht mehr als neutral, sondern als schwach ange- sehen.

2.2 Weitere metrische und stilistische Eigenschaften

Eines der grundlegenden Prinzipien des Kalevalaversmaßes ist, dass die metrischen Regeln nicht für den ersten Versfuß gelten. Deswegen kann in der ersten Hebung eine kurze hauptakzentuierte Silbe vorkommen (z.B. VAka vanha Väinämöinen), und der erste Versfuß kann mehr als eine Silbe in der Senkung haben (z.B. LÄhe nyt kanssa laulamahan)6. Alle an- deren Versfüße sind regelmäßig gebaut, auch der letzte, der allerdings einer wichtigen Einschränkung unterliegt: Ein Kalevala-Vers darf nicht mit einem Einsilber schließen. Da aber einsilbige Wörter im Finnischen eher selten sind, ist diese Einschränkung kein allzu großes Hindernis für den Versaufbau. Typisch für das Kalevalametrum ist weiterhin, dass in den sog. Normal- versen (Kongruenz zwischen Vers- und Wortakzent) zwischen dem zweiten und dritten Versfuß eine Zäsur liegt. Dieser metrische Einschnitt ist aller- dings nicht zwingend notwendig und entfällt in den Tonhebungsversen (Inkongruenz zwischen Vers- und Wortakzent) systematisch (z.B. MIEleni MI || nun TEkevi ). Das Enjambement unterliegt strikten syntaktischen Re-

5 Die deutschen Termini sind Schellbach-Kopra (1991, 137–138) entnommen. 6 Nach Perälä (2010) sind im Neuen Kalevala nur 3,5% aller Verse 9-silbig (d.h. mit einem dreisilbigen ersten Versfuß) und nur 0,1% 10-silbig (d.h. mit einem viersilbigen ers- ten Versfuß) (s. 4.2).

UAJb N. F. 26 (2016) 8 Marja Järventausta geln, so dass z.B. Nominalphrasen nicht auf zwei Verszeilen gestreckt wer- den dürfen (genauer hierzu Kuusi 1963). Nach dem Gesetz der wachsen- den Glieder tendieren lange Wörter gegen Versende; dies hat auch schon Lönnrot (1835/1836 [1999, 25–26]) bemerkt, der z.B. den Vers Sai sanalli- seksi neiti als „nicht gut“ bezeichnet und ihn mit Sai neiti sanalliseksi er- setzt. Neben den metrischen Eigenheiten sind es zwei stilistische Merkmale, die für die Kalevala-Verse kennzeichnend sind: Alliteration und Parallelis- mus. Herkömmlicherweise wird zwischen zwei Arten der Alliteration unterschieden (z.B. Sadeniemi 1951, 79–132): Die Alliteration gilt als stark (oder „vollständig“), wenn Anfangskonsonanten und -vokale (1a) oder An- fangsvokale (1b) identisch sind; in der schwachen (oder „einfachen“) Alli- teration folgen auf identische Konsonanten verschiedene Vokale (2a) oder die Anfangsvokale sind verschieden (2b):7

1) Starke Alliteration a) C1V1 : C1V1 Mieleni minun tekevi, b) ØV1 : ØV1 aivoni ajattelevi

2) Schwache Alliteration a) C1V1 : C1V2 Kullervo Kalervon poika b) ØV1 : ØV2 itse ennätti kysyä

Im Neuen Kalevala weisen mehr als die Hälfte aller Verse starke Allitera- tion und etwas mehr als ein Viertel schwache Alliteration auf.8 Anders als Alliteration ist „Parallelismus als Stilmittel […] relativ kom- plex“ (Schellbach-Kopra 1991, 134). In der finnischen Volkspoesie kom- men sehr unterschiedliche Arten von Parallelismus vor (ausführlich hierzu Steinitz 1934). Charakteristisch für Lönnrots Kalevala ist, dass zu (fast) jedem Grundvers systematisch-manierlich ein Variationsvers auftritt, der „die Aussage des Grundverses nur durch ein Synonym wiederholt (Syno- nymwiederholung) oder durch Abwandlung weiterführt (Analogievaria- tion)“ (Fromm & Fromm 1967, 377).

2.3 Sprachspezifik des Kalevalametrums

Auf die Frage, warum das Kalevalametrum eine so omnipräsente Stel- lung in der finnischen Volkspoesie haben kann, gibt es keine einfache Ant-

7 Zur Notation vgl. Krikmann (2015, 13). 8 Nach Perälä (2010 ) beträgt der Anteil von stark alliterierenden Versen 56,2% und der von schwach alliterierenden 26,7%.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 9 wort. Es ist das Ergebnis eines langen historischen Prozesses und komple- xen Zusammenspiels zwischen sprachlichen und metrischen Strukturen, das nach Leino (1994, 70) zwar synchron beschrieben, aber nur diachron verstanden werden kann (zur Entwicklung des Kalevalametrums s. auch Leino 1986, 140–142, 1994, Korhonen 1994). Einen Einblick in dieses Zusammenspiel bieten verschiedene phonologi- sche und metrische Typologien. Im Rahmen der inzwischen auch vielfach kritisierten Unterscheidung zwischen silben- und akzentzählenden Spra- chen ist das Finnische oft als Beispiel für die silbenzählenden und das Deutsche als Beispiel für die akzentzählenden Sprachen erwähnt worden. Betrachtet man aber die Eigenschaften, die in der einschlägigen Literatur als konstitutiv für silben- bzw. akzentzählende Sprachen angeführt werden (z.B. Auer & Uhmann 1988, 253 sowie Auer 2001), so stellt sich heraus, dass das Finnische zwar einige zentrale Eigenschaften der silbenzählenden Sprachen aufweist (z.B. Initialakzent), sich aber keineswegs eindeutig ein- ordnen lässt (z.B. Wiik 1991). Aufgrund seines Akzentsystems wird das Finnische auch zu den trochäischen Sprachen gezählt (s. Goedemans & van der Hulst 2013), aber wie Suomi (2005, 223–224) bemerkt, treten auch hier Einordnungsprobleme auf (s. auch Hayes 1995, 315). In Anlehnung an Hayes (1995) sollten nämlich in Sprachen mit trochäischer Akzent- struktur (der Fuß bzw. Takt besteht aus zwei Silben, wobei die erste Silbe stark ist) zumindest in prototypischen Fällen weder die Silbenlänge noch die Quantitätsopposition eine Rolle spielen; falls jedoch eine (vor allem vokalische) Quantitätsopposition besteht, kann der Akzent nicht auf kurze bzw. leichte Silben fallen. Im Finnischen aber sind Akzent und Quantität voneinander unabhängig. Das Verhältnis zwischen Akzent und Quantität verkompliziert die Ein- ordnung des Finnischen auch in metrischen Typologien. Leino (1974, 268) bezeichnet das Kalevalametrum als ein prosodisch-syllabisches Versmaß, weil die metrischen Maxime und die Silbenzahl festgelegt sind, weist aber darauf hin, dass seine Einordnung in die gängige metrische Typologie von John Lotz (1960) nicht unproblematisch ist. Lotz (1960, 1972) unterschei- det in seiner universalen metrischen Typologie grundsätzlich zwischen ein- fachen, silbischen Metren, in denen nur die Anzahl der Silben von Rele- vanz ist (z.B. mordwinische und ungarische Volkspoesie), und komplexen, silbisch-prosodischen Metren, die in tonale, dynamische und durationale Metren einzuteilen sind. Die tonalen Metren basieren auf dem Unter- schied zwischen ebenen und konturierten Silben (z.B. klassische chinesi- sche Verse), die dynamischen Metren auf dem Silbengewicht (Dichotomie schwer–leicht; z.B. englische und deutsche Verse) und die durationalen (quantifizierenden) Metren auf der Silbenlänge (Dichotomie lang–kurz, z.B. klassische griechische und lateinische Verse). Lotz’ binäre Oppositio-

UAJb N. F. 26 (2016) 10 Marja Järventausta nen eignen sich aber nicht für die adäquate Beschreibung des Kalevalamet- rums, weil sie das Zusammenspiel von Silbengewicht und Silbenlänge, das für das Kalevalametrum ausschlaggebend ist, nicht vorsehen.

3. Deutsche Kalevala-Übersetzungen und die Frage nach dem Metrum

Die ersten Übersetzungen des Kalevala waren die ins Schwedische. Schon bevor der erste Teil des Alten Kalevala aus dem Druck kam, er- schien in Helsingfors Morgonblad eine Kostprobe9, übersetzt von Elias Lönnrot selbst. Nach Setälä (1910, 3) erhebt Lönnrots Übersetzung „natür- lich keinen anspruch auf künstlerischen wert“, ist aber „durch ihr versmass, das metrum von vier trochäen, für den grössten teil der rhythmischen übersetzungen, die vom Kalevala existieren, massgebend geworden“. Be- merkenswert ist, dass Lönnrot in seiner in vierhebigen Trochäen verfassten Übersetzung ab und zu – nach Prinzipien des Kalevalametrums – eine kurze hauptakzentuierte Silbe in der Senkung platziert (z.B. NEdanom MAnalas BOning, XI, 89) und eine unbetonte Silbe in der Hebung (z.B. MEN kring STRÄNderna sprang RACkan, XXI, 124, LItet GÄCkades jag ENdast XI,145). Im Juli 1836 wurde in Helsingfors Morgonblad eine weitere Kostprobe10 gedruckt. Der Übersetzer bleibt unerwähnt, aber es war kein Geringerer als Johan Ludvig Runeberg (Setälä 1910, 4). Aus seiner Feder stammt auch eine im April 1837 veröffentlichte Übersetzung der ersten 72 Verse des I. Gesangs.11 Ähnlich wie Lönnrot hat auch Runeberg seine trochäischen Übersetzungen mit einigen wenigen „Regelverstößen“ versehen, z.B. ÄDle SPRÅK-kamrat ej OFta (I, 6) oder FRÅN det INnersta af POHja (I,25). Im Sommer 1836 soll auch Frans Mikael Franzén angefangen haben, das Kale- vala ins Schwedische zu übersetzen, wie aus einem Brief an seinen Bruder Carl Niklas Keckman bekannt ist (Setälä 1910, 5). Die Übersetzung ist wohl nie fertig geworden, und erhalten geblieben sind nur zwei Proben, die er seinem Brief beigefügt hatte. Bemerkenswert ist aber seine Feststel- lung, dass man, um dem „rege[n] wechsel des finnischen liedes“ Rechnung

9 Die Kostprobe ist in zwei Teilen erschienen: am 23. November 32 Verse aus dem III. Gesang und die Verse 1–77 des XI. Gesangs, am 27. November die Verse 78–259 des XI. Gesangs. 10 Auch diese Kostprobe erschien in zwei Teilen: am 1. Juli die Verse 1–172 des XV. Gesangs und am 4. Juli die Verse 173–332. 11 Inzwischen war in Helsingfors Morgonblad (21. und 24.10.1836) auch eine Überset- zung des V. Gesangs erschienen; der Übersetzer war Erik Alexander Ingman.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 11 zu tragen, nicht Trochäen, sondern „andere versformen“ benutzen sollte (zitiert nach Setälä 1910, 5). Mathias Alexander Castrén, der erste Übersetzer des gesamten Alten Ka- levala, hat sich nicht von der poetischen Diktion der schwedischen Ro- mantik leiten lassen, sondern seine Übersetzung treu in vierhebigen Tro- chäen abgefasst. Setälä (1910, 8) bezeichnet Castréns Übersetzung als „schlicht“ und „schmucklos“. Diese schlichte, schmucklose Übersetzung war maßgeblich für die erste deutsche Kalevala-Übersetzung, die von dem aus Estland stammenden und in St. Petersburg ansässigen Orientalisten, Sprachforscher und Ethnologen Anton Schiefner angefertigt wurde.12 Al- lerdings übersetzte Schiefner nicht das Alte Kalevala, sondern das Neue Kalevala, die um über 10000 Verse erweiterte zweite Auflage aus dem Jahr 1849. Schiefners Übersetzung, die 1852 aus dem Druck kam, war die erste Übersetzung des Neuen Kalevala überhaupt. Die erste kritische Besprechung von Schiefners Übersetzung erschien in der schwedischsprachigen Zeitschrift Suomi im Jahr 1853 und stammte von August Ahlqvist. Vielleicht aus Respekt vor dem renommierten Wissen- schaftler – Schiefner war seit 1852 Adjunkt für Tibetisch an der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg – begann Ahlqvist seine Rezension et- was vorsichtig, indem er ganz allgemein Probleme bespricht, die das Über- setzen alter finnischer Volksdichtung in eine germanische Sprache mit sich bringt, wobei er vor allem die schwedische Übersetzung Castréns im Visier hat. Erst nach den prinzipiellen Überlegungen wendet er sich Schiefners Übersetzung zu, und sein Urteil ist vernichtend. Er listet über achtzig Übersetzungsfehler auf, die er mit Korrekturvorschlägen versieht (S. 55– 88), und stellt zusammenfassend fest, dass nicht nur die poetische Bega- bung von Herrn Schiefner, sondern auch seine Sprachkenntnisse zu wün- schen übrig lassen. Ahlqvist vertritt die Meinung, dass eine gute Übersetzung soweit wie möglich auch die äußere Form des Originals, seinen Rhythmus und sein Metrum, wiedergeben sollte, vor allem dann, wenn die Form nicht etwas Zufälliges ist, sondern Träger der dem Original zugrunde liegenden Idee. Allerdings rät er von einer sklavischen Befolgung metrischer Regeln ab und empfiehlt den bewährten Mittelweg, denn eine poetische Form, die zu einer bestimmten Zeit bei einem bestimmten Volk als schön erachtet wird, kann zu einer anderen Zeit bei einem anderen Volk als unschön empfun- den werden. Mit Nachdruck weist er darauf hin, dass das Kalevalametrum wegen des spannungsvollen Wechsels zwischen Akzent, Quantität und Zä-

12 Zu früheren deutschen (Teil-)Übersetzungen von einzelnen Gesängen des Alten Kale- vala s. Setälä (1910, 17–21) und Jänicke (1991, 20–25).

UAJb N. F. 26 (2016) 12 Marja Järventausta sur so vielseitig und abwechslungsreich ist, dass seine Reduzierung auf einen bloßen vierhebigen Trochäus dem Original einfach nicht gerecht werden kann. Wenn man finnische Volkspoesie in eine germanische Spra- che übersetzt, sollte man nach Ahlqvist (S. 49–52) Folgendes beachten: Man sollte, falls man unbedingt am Trochäus festhalten will, diesen dann und wann durch Daktylen auflockern, um der Monotonie, die mit diesem Versmaß im Schwedischen nicht zu vermeiden ist, entgegenzuwirken und der Dynamik des Kalevalametrums Rechnung zu tragen. Ab und zu sollten männliche Kadenzen zugelassen werden; dies hätte auch den Vorteil, dass am Versende die vielen Einsilber, die im reinen Trochäus (ohne künstliche Erweiterung) nicht möglich sind, Verwendung fänden. Dadurch könnten auch Reime entstehen, die einen möglichen Ersatz für die musikalischen Elemente des originalen Kalevalametrums anböten. Schließlich sollte man auf Parallelverse verzichten, wenn sich in der Zielsprache keine passenden Synonyme für die Wiederholung des Versinhaltes finden. Zum besseren Verständnis seiner übersetzerischen Ideen schließt Ahlqvist die Bespre- chung mit einer schwedischen Übersetzung des XXXVI. Gesangs des Neuen Kalevala, des letzten Gesangs des Kullervo-Zyklus. Schiefner schreibt im Juni 1854 eine Antwort auf Ahlqvists Kritik und begründet einige seiner übersetzerischen Entscheidungen einfach dadurch, dass sie „nur aus metrischen Rücksichten“ entstanden sind (S. 437). Die von Ahlqvist aufgelisteten Übersetzungsfehler akzeptiert er zum großen Teil und liefert jeweils auch eine neue, korrigierte Übersetzung; wenn er mit Ahlqvists Vorschlägen nicht einverstanden ist, liefert er eine kundige Begründung (Schiefner 1855, 438–460). Er geht auch auf Ahlqvists metri- sche Vorschläge ein und stellt fest, dass es schwer sei, „den übrigen von Hrn. Ahlqvist gestellten Anforderungen zu entsprechen“, da hier „viel dem Uebersetzer nicht Erreichbares“ liege (S. 460–461). Die Übersetzungsprobe von Ahlqvist mag er nicht beurteilen, sondern „muss ein solches Urtheil einem schwedischen Ohre anheimstellen“ (S. 461). Ein solches Urteil fin- det er später (31.8.1854) in der Helsinkier Zeitung Morgonbladet und fügt daraus einige Absätze als „Nachträgliche Bemerkung“ seiner eigenen Stel- lungnahme bei. Nach dem unbekannten Rezensenten ist Ahlqvists Über- setzung des XXXVI. Gesangs im Vergleich zu Carl Gustav Borgs Überset- zung13 „lebendiger, kräftiger, rascher“ und „hat einen freieren Schwung“. Er fragt sich aber – und man kann davon ausgehen, dass dies auch Schief- ners Auffassung entsprach –, ob dadurch „wirklich viel gewonnen“ sei, und

13 Borg hatte 1850 eine schwedische Übersetzung des Kullervo-Zyklus (die Gesänge XXXI–XXXVI) veröffentlicht; 1852 erschien seine Übersetzung des Lemminkäinen-Zyklus (die Gesänge XI–XV und XXVI–XXX).

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 13 stellt abschließend fest: „Die Form ist eine wichtige Sache; verändert man dieselbe, so wird zugleich der Charakter der Dichtung verändert.“ (Zitiert nach Schiefner 1855, 462–463.) Wilhelm Schott, der für seine Abhandlung Ueber die finnische Sage von Kullervo (1852) weit über 300 Verse des Kullervo-Zyklus übersetzt hatte und auch Interesse daran gehabt hätte, das ganze Neue Kalevala ins Deut- sche zu übersetzen, berichtete 1857 ausführlich über Schiefners Überset- zung, wobei er sich weitgehend auf Ahlqvists „langen und lehrreichen Ar- tikel“ bezog. Er wies auf die von Ahlqvist bemerkten „Irrthümer Herrn Schiefners“ in „seiner sonst rühmenswerthen Uebertragung“ hin und wollte dem deutschsprachigen Publikum „Proben dieser Fehler zum Besten geben“ (Schott 1857, 115). Er beließ es aber nicht bei der Wiedergabe von Ahlqvists Kritikpunkten, sondern fügte auch spitze Bemerkungen hinzu, z.B. wenn er eine Stelle als „bis zum Ekel unpoetisch“ (S. 117) bezeich- nete.14 Insgesamt maß er der Übersetzung „geringen ästhetischen Werth“ bei und empfahl, dass Schiefner „über kurz oder lang eine zweite sehr ver- besserte Auflage publiciren“ möge (S. 120). Ganz anders Julius Altmann, der in der Einleitung seiner Sammlung und Übersetzung finnischer Volks- poesie bemerkte, allerdings nur in einer Fußnote, dass Schiefner „einen meisterhaften deutschen Text“ geliefert habe (Altmann 1856, V). Etwa 30 Jahre später stellte Gustav Meyer (1887, XII) in der Einleitung der Finnischen Märchen in der Übersetzung von Emmy Schreck fest, dass Schiefners Kalevala-Übersetzung der finnischen Volkspoesie in Deutsch- land nicht „viel Freunde geworben“ hätte, da „weniger von aesthetischen als von philologischen Gesichtspunkten geleitet“. Die 1885–1886 erschie- nene Kalevala-Übersetzung von Hermann Paul lobte er dagegen in höchs- ten Tönen (Meyer 1887, XIII): Sie sei „eine treffliche Leistung deutscher Uebersetzerkunst, in fliessender und geschmackvoller Sprache […], und wird wahrscheinlich viel dazu beitragen einer hochbedeutsamen Dichtung der Weltliteratur auch bei uns in etwas weiterem Kreise Eingang zu ver- schaffen“. Der Eindruck, die Sprache der Übersetzung sei „fließend“, hängt sicherlich damit zusammen, dass Paul Ahlqvists Kritik an der Schief- nerschen Übersetzung beherzigte und auf reine vierfüßige Trochäen ver- zichtete. Diese Entscheidung begründete er damit, „daß selbst der achtsil- bige Originalvers nur selten aus reinen Trochäen besteht“, weshalb eine Übersetzung in reinen trochäischen Versen „mit dem Original freilich in der Anzahl der Silben, aber keinesfalls im Metrum vollständig überein- stimmt“. Aus diesem Grunde „wagte“ er „nach Ahlqvists Vorbild […]

14 Schott geht es hier lediglich um die Verse 474–478 des VIII. Gesangs, nicht um die ganze Übersetzung, wie man aus Jänicke (1991, 28) vermuten könnte.

UAJb N. F. 26 (2016) 14 Marja Järventausta einen Dactylus, in einigen Fällen auch zwei einzuschieben, jedoch ohne die reinen Trochäen gänzlich zu vermeiden“. (Paul 1885, IX.) In seiner Übersetzung von Lönnrots Kanteletar (1841) aus dem Jahr 1882 verwen- dete er dagegen reine Trochäen, weil diese zwar für ein Epos „allzu einför- mig“, für „gedichte von geringerem Umfang“ aber geeignet seien (Paul 1885, IX). Nach Setälä (1910, 24) ist die Paulsche Übersetzung „vom ästhe- tischen standpunkt“ zweifelsohne „beträchtlich höher zu stellen als die Schiefnersche“. Trotzdem bezweifelt er, „ob sich dieses versmass für die epik eignet“, er findet sie „zu tänzelnd“. Zu Schiefners Übersetzung stellt Setälä (1910, 23) fest, dass sie trotz mancher Ungenauigkeiten und Missverständnisse „mit ausserordentlicher sorgfalt und gewissenhaftigkeit“ angefertigt sei. Die reinen Trochäen kriti- siert er, weil sie „eine eintönige, ermüdende wirkung“ hervorbringen, „zu- mal da der übersetzer nicht über eigentliche dichterische begabung ver- fügte“. Setälä spricht auch von „ästhetischen mängel[n] der Schiefnerschen übersetzung“, ohne jedoch konkrete Beispiele zu nennen. Das große Ver- dienst Schiefners ist und bleibt jedoch, dass seine Übersetzung das Kale- vala „im grossen und ganzen in zuverlässiger weise im ausland bekannt ge- macht“ hat (Setälä 1910, 23). In Deutschland war es in der Tat nicht die „fließende“ Paulsche, sondern die „eintönige“ Schiefnersche Übersetzung, die das Kalevala bekannt machte, allerdings nicht in der Originalfassung,15 sondern in einer Bearbeitung von Martin Buber (Steinitz 1968, 403, Jäni- cke 1991, 30). Auch nach Buber gab es mehrere „Ansätze zu einer Neu- übersetzung auf der Grundlage der Schiefnerschen“ (Kunze 1986b, 68). Heinz Flügels 1939 veröffentlichte Neubearbeitung des Kullervo-Zyklus hält Kunze (1968, 68) für „höchst bemerkenswert“ und „versprechend“, während Dagmar Weldings Überarbeitung des ganzen Kalevala (1964) von ihm kein Lob bekommt. Im Jahr 1968 erschien ferner in Rostock Wolf- gang Steinitz’ stark gekürzte Version des Kalevala, die er auf Basis der Schiefner-Buberschen Übersetzung angefertigt hatte. Schon ein Jahr vor Steinitz’ Kalevala-Ausgabe brachte der Münchner Hanser-Verlag die neue Kalevala-Übersetzung von Lore und Hans Fromm heraus. Im Klappentext wird diese Übersetzung als die erste deutsche Übersetzung bezeichnet, „die ohne Vermittlung des Schwedischen aus- kommt“. Diese Formulierung ist insofern irreführend, als schon Schiefner große Teile des Neuen Kalevala ohne Rückgriff auf seine schwedische Vor- lage meistern musste (s. hierzu Schiefer 1969, Schellbach 1969b sowie Jäni-

15 Ein wesentlicher Grund dafür, dass die beiden ersten Verdeutschungen keinen Ein- gang „in etwas weiterem Kreise“ gefunden hatten, ist darin zu sehen, dass sie beide in Hel- sinki verlegt wurden (Kunze 1986b, 68).

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 15 cke 1991, 27). Auf dem Titelblatt ist zu lesen, dass die Übersetzung „[a]us dem Urtext“ übertragen wurde. Aber auch diese Formulierung ist proble- matisch. Denn zum einen ist nicht klar, was hier unter „Urtext“ gemeint ist, und zum anderen weist die neue Übersetzung erstaunlich viele Ähn- lichkeiten mit der Schiefnerschen bzw. der Schiefner-Buberschen Überset- zung auf (Jänicke 1991, 30, s. auch Schellbach 1969a, Voßschmidt 2004a, 404–405). Die Rezeption war – nicht zuletzt wegen der gezielten Verlags- arbeit – in der Regel positiv (s. Voßschmidt 2004a, 405), und so konnte die Frommsche Übersetzung relativ bald den Status einer Standardüberset- zung für sich beanspruchen, wohl teilweise auch wegen des von Hans Fromm verfassten umfangreichen Nachworts und vielfach gelobten Kom- mentarteils. Im Nachwort der Übersetzung (Fromm & Fromm 1967, 341–386), das viele Hintergrundinformationen zur finnischen Volkspoesie im Allgemei- nen und zum Kalevala im Besonderen bietet, werden auch übersetzerische Fragen gestreift. Das leitende Übersetzungsprinzip wird allerdings schon im Klappentext formuliert, indem festgestellt wird, dass die Übersetzung sich auf der einen Seite „bewußt von der deutschen poetischen Diktion des letzten Jahrhunderts“ löst und auf der anderen Seite „strenger noch die Stilmerkmale des finnischen Originals und damit den Anhauch des Archaischen“ bewahrt. Die Übersetzung „unterwirft sich genau dem tro- chäischen Maß“, macht von den Freiheiten im ersten Versfuß keinen Ge- brauch und lässt auch die Quantitätsregeln des Originals außer acht (S. 376). Somit entstehen gleichmäßige trochäische Verse, die der abwechs- lungsreichen Dynamik des Originals nicht voll Rechnung tragen können. Neben den Versübersetzungen sind in Deutschland auch eine ganze An- zahl von gekürzten Prosaversionen des Kalevala erschienen, die ersten be- reits in den 1930er Jahren (Steup & Hobrecker 1936, Luther 1936) und die (vorerst) letzte 2014 pünktlich zum Ehrengast-Auftritt Finnlands auf der Frankfurter Buchmesse (Spreckelsen 2014; zu den Prosaversionen und ihren Prätexten s. Laukkanen 2015). Eine völlige Neuorientierung fand al- lerdings schon 2004 statt, als Gisbert Jänickes Übersetzung Kalewala er- schien. Jänicke brach mit der metrisch gebundenen Übersetzungstradition und lieferte als Ergebnis seiner jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit der Übertragung des Kalevalametrums eine Übersetzung in freien Versen. Die neue Übersetzung wurde durchweg positiv aufgenommen, obwohl der Verzicht auf das metrische Gebilde auch durchaus kritisch besprochen wurde (so z.B. Plöger 2004, Voßschmidt 2004b). Nach Stefan Moster (2004, 235) führt der Verzicht auf das originalsprachliche Metrum „auto- matisch dazu, daß die Übersetzung an philologischer Repräsentativität ver- liert“, macht aber zugleich „den Blick auf Aspekte frei[…], die zuvor met- risch überschattet waren“.

UAJb N. F. 26 (2016) 16 Marja Järventausta

Jänickes Übersetzung wird von einem umfangreichen Nachwort (S. 471– 486) begleitet, in der allerdings keine sprachlichen, metrischen oder über- setzerischen Fragen mehr diskutiert werden, denn diese hat Jänicke ander- weitig ausführlich behandelt. Schon im Nachwort seiner Kullervo-Überset- zung (1964) stellt er fest, dass brauchbare Übersetzungen des Kalevala eine Seltenheit sind (S. 81) und dass bis dato alle deutschen Kalevala-Überset- zungen an der strengen Achtsilbigkeit des Kalevalametrums gescheitert sind (S. 88). In der Monographie Kalewaland (1991) setzt er sich gründlich mit den übersetzerischen Herausforderungen des Kalevala im Allgemeinen und des Kalevalametrums im Besonderen auseinander. Ein grundlegendes Problem sieht er darin, dass das Metrum, das zwar melodisch-rhythmisch gut vortragbar ist, sich nicht zum Lesen eignet. Das Kalevala ist aber – und hier zitiert Jänicke Fromm & Fromm (1967, 375) – „ein Lesewerk“ und muss dahingehend übersetzt werden. Erst die Befreiung von den metri- schen Fesseln des Originals hat es ihm ermöglicht, eine genaue Überset- zung zu liefern, die nicht nur der „Urwüchsigkeit der finnischen Sprache“ und dem „inneren Rhythmus“ des Originals gerecht wurde, sondern „so- wohl der [!] Kalevala als auch der deutschen Sprache“ (Jänicke 1964, 88). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Verdeutschungen des Kalevala ein breites Spektrum von metrisch treuen (Schiefner, alle Schiefner-Bearbeitungen sowie Fromm & Fromm) und metrisch untreuen (Paul) Übersetzungen bis hin zu Nacherzählungen in Prosa reichen. Eine Zwischenposition nimmt die Neuübersetzung von Jänicke ein,16 die sich in freien Versen vom Metrum des Originals löst, um dessen Rhythmus ange- messen wiedergeben zu können.

4. Trochäische Verdeutschungen im Vergleich: Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967)

Jänicke (1991, 92–105) hat am Beispiel des XXX. Gesangs (Verse 1–122) die deutschen trochäischen Übersetzungen einem kritischen Vergleich unterzogen. Bubers Bearbeitung hält er für „eine korrigierende Überprü- fung seiner Vorlage“ und die von Buber vorgenommenen Veränderungen nur selten für eine Verbesserung; Bubers poetische Diktion sei „voll und ganz die Schiefners und zumindest aus heutiger Sicht veraltet“. Auch Wel- dings Überarbeitung weiche in der poetischen Diktion nicht von Schiefner

16 Voßschmidt (2004b, 239) spricht von einer „prosanahen Nacherzählung“, was aber der dichterischen Form in freien Versen und der genauen inhaltlichen Wiedergabe nicht ganz entspricht.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 17 ab, obwohl sie die Vorlage etwas häufiger als Buber bearbeitet und um- formt – „leider in den seltensten Fällen zum Vorteil des deutschen Textes“. Steinitz gibt als Vorlage seiner gekürzten Kalevala-Version die Schiefner- Bubersche Übersetzung an, greift aber an manchen Stellen auch auf Wel- dings Formulierungen zurück; Steinitz’ eigene Formulierungen sind nach Jänicke „mehr oder weniger kosmetischer Art; einzelne Verse sind flüssiger geworden“. (Jänicke 1991, 103.) Die Übersetzung von Lore und Hans Fromm entpuppt sich nach Jänicke bei näherem Betrachten auch als „eine Schiefnerkompilation“,17 aber Jänicke weist auch auf die „Frommschen Anleihen bei Welding“ hin (S. 104). Alle Übersetzungen bzw. Überarbei- tungen leiden nach Jänicke (1991, 104–105) unter stilistischer Unsicher- heit, sklavenhaftem Kleben am Original, irreführender Verwendung ziel- sprachiger Ausdrücke, unsensiblem Umgang mit Konnotationen, artifiziellen Wortkonstruktionen. Die folgenden vergleichenden Beobachtungen zielen nicht auf eine um- fassende Übersetzungskritik ab (z.B. im Sinne von Gerzymsich-Arbogast o.J.), sondern im Visier stehen metrische Aspekte der trochäischen, an der Achtsilbigkeit festhaltenden Kalevala-Übersetzungen von Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967). Zuerst werden sprachliche Mittel bespro- chen, die zur Realisierung der Achtsilbigkeit dienen, danach die Variatio- nen der Achtsilbigkeit sowie die Frage nach der Monotonie der achtsilbi- gen Trochäen. Die Vergleiche basieren auf einer genaueren Analyse des Kullervo-Zyklus, d.h. der Gesänge XXXI–XXXVI des Neuen Kalevala in den beiden Übersetzungen und im Original.

4.1 Auf Biegen oder Brechen

Nach Jänicke (1991, 33) „funktioniert“ ein Epos nur, wenn es durch sei- nen sprachlichen Rhythmus die Rezeption stimulieren kann. Versbau und Metrum betrachtet er zwar als dem Rhythmus untergeordnet, aber weil sie eine zentrale Rolle bei der Entstehung der rhythmischen Wirkung spielen, ist die Wahl „des rechten Metrums“ ausschlaggebend für eine funktionie- rende Übersetzung. Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967) haben sich für das Versmaß des Originals entschieden, was wegen der genetisch und typologisch bedingten strukturellen Unterschiede zwischen dem Fin-

17 Schon die ersten Rezensenten der Frommschen Übersetzung haben auf die auffallen- den Übereinstimmungen mit der Schiefner-Buberschen Ausgabe hingewiesen. Dies wurde im Verlag „mit einer gewissen Beunruhigung zur Kenntnis genommen“ (Voßschmidt 2001, 242).

UAJb N. F. 26 (2016) 18 Marja Järventausta nischen und dem Deutschen nicht unproblematisch ist. Dies veranlasst Jä- nicke (1991, 33) zu fragen, „[o]b dabei auf Biegen oder Brechen der Bau und das Metrum des Originals nachgebildet werden müsse“. Im Folgenden werden einige sprachliche Mittel diskutiert, die den Eindruck erwecken, dass sie eingesetzt wurden, um „auf Biegen oder Brechen“ die Verse in eine enge trochäische Achtsilbigkeit zu zwängen.

4.1.1 Kürzung und Erweiterung von Silben

Metrisch passende lexikalische Formen werden in beiden Übersetzungen häufig durch Tilgung eines unbetonten Vokals erzeugt. Der augenfälligste Unterschied zwischen Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967) be- trifft die Verwendung des Apostrophs: Schiefner markiert fast jede Tilgung mit einem Apostroph, Fromm & Fromm dagegen lassen ihn oft weg. Am häufigsten wird in beiden Übersetzungen ein unbetonter Vokal am Wort- ende weggelassen (Apokope), aber die Tilgung kann auch das Wortinnere (Synkope) und den Wortanfang (Prokope) betreffen:

Schiefner (1852) Nähr’ sie mit der Honigspeise (XXXII, 131) Tränk’ sie mit dem Honigtranke (XXXII, 132) In der Mitt’ mit einem Steine (XXXII, 24) Doch die übermüth’ge Wirthin (XXXII, 19) Schmiert das Brot mit flüß’ger Butter (XXXII, 25) Sätt’ge meine lieben Rinder (XXXII, 130) Giebt’s als Nahrung ihrem Hirten (XXXII, 28)

Fromm & Fromm (1967) Darauf schickt’ die Frau des Schmiedes (XXXII, 33) Sorg für sie auch ohne Schutzdach (XXXII, 58) auf die Schwend die Milchbescherer (XXXII, 38) Dann nimm deine beßren Hüter (XXXII, 75) Der für Geld erworbne Diener (XXXII, 169 Dir stehn Mägde viel zu Diensten (XXXII, 79) Viele gibt’s von solchen Bösen (XXXII, 159)

Silben können auch erweitert werden, um neue Silbengrenzen und so- mit die erwünschte, metrisch notwendige Silbenzahl zu erreichen. Am häufigsten kommt in beiden Übersetzungen das Dativ-e vor, vereinzelt sind aber auch andere Erweiterungen anzutreffen, z.B.:

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Schiefner (1852) Giebt dem Brote große Dicke (XXXII, 22) In der Mitt’ mit einem Steine (XXXII, 24) Von der Erde aufgeführet (XXXI, 331) Bald der Bock herabgestürzet (XXXVI, 20)

Fromm & Fromm (1967) Als die Herde ist im Walde! (XXXII, 32) Tränke sie mit süßem Tranke! (XXXII, 132)

4.1.2 Variable Silbengrenzen

Ahlqvist (1853, 54) wies in seiner Kritik an Schiefners Übersetzung da- rauf hin, dass dieser die Wörter ‘Totenreich’ und Suomi ‘Finnland’ entweder als zwei- oder dreisilbig benutzte, je nach den metrischen Anfor- derungen. Schiefner (1855, 437) gibt zu, dass er die beiden Namen, „ob- wohl sie ursprünglich nur zweisilbig sind, hin und wieder dreisilbig ge- braucht“, und zwar aus Rücksicht auf das Versmaß. Für Suomi gibt es im Kullervo-Zyklus nur einen einzigen Beleg, und der ist in beiden Überset- zungen zweisilbig. Tuoni wird in Schiefners Kullervo-Zyklus nur einmal zweisilbig gebraucht, und zwar im ersten Versfuß (XXXIV, 121); sonst sind alle Vorkommen dreisilbig:

Schiefner (1852) Kommen aus dem Reich Tu.o.ni’s (XXXII, 175) An dem Strome von Tu.o.ni (XXXII, 380) Tuo.ni steig’ in deinen Schlitten (XXXIV, 121) Fand im Reich Tu.o.ni’s Ruhe (XXXV, 265) Bist, als kämst du von Tu.o.ni (XXXV, 319)

Fromm & Fromm (1967) Aus der Unterwelt des Tuo.ni (XXXII, 176) Tuo.ni steig in deinen Schlitten (XXXIV, 121) Fand bei Tuo.ni ihre Zuflucht (XXXV, 265)

4.1.3 Lexikalische Mittel und Wortbildung

Die Wahl und Auswahl von Wörtern dienen zur Erfüllung metrischer Anforderungen, und die zur Verwendung kommenden lexikalischen Mittel leisten aufgrund ihrer morphophonologischen Struktur einen wesentlichen

UAJb N. F. 26 (2016) 20 Marja Järventausta

Beitrag zur Verwirklichung des rhythmischen Gebildes. Schon Schiefner (1855, 437) hat eingeräumt, dass er das finnische Wort kypäri mit Mütze wiedergegeben hat und nicht mit Hut, weil „mit diesem Worte grössere metrische Schwierigkeiten verknüpft sind als mit Mütze“. Für das trochäi- sche Versmaß eignen sich im Deutschen besonders gut zweisilbige Wörter mit Initialakzent (Mütze, Hirte etc.), dreisilbige Wörter bzw. Wortformen mit einer nichtakzentuierten Vorsilbe (bestanden, verloren, Verlangen etc.) und viersilbige Wörter, vor allem Partizipien und Infinitive (eingefallen, fortzufahren) sowie Komposita (Lederschuhe, Eberesche, schwindelreich etc.). Sowohl Schiefner als auch Fromm & Fromm schöpfen auch die Möglich- keiten der deutschen Wortbildung aus und kreieren neue Komposita, die sich meist im Verskontext erschließen, z.B. Milchverleiher (S), manchmal aber etwas rätselhaft bleiben,18 z.B. Faltenschuhe (F). Was die Anzahl der viersilbigen Wörter im Kullervo-Zyklus betrifft, gibt es keinen großen Unterschied zwischen den beiden Übersetzungen. Die Schiefnersche Übersetzung enthält 370 Viersilber, die Frommsche 417, so dass in Schiefner (1852) durchschnittlich ein viersilbiges Wort pro 5,9 Verszeilen vorkommt, in Fromm & Fromm (1967) eines pro 5,2 Verszei- len.19 Die Aufteilung der Viersilber ist allerdings sehr ungleichmäßig. Es gibt vereinzelt Verse mit zwei Viersilbern, es können aber auch über zwanzig aufeinander folgende Verse ohne einen einzigen Viersilber vorkommen, und stellenweise gibt es mehrere aufeinander folgende Verse mit (mindes- tens) einem Viersilber. Zwischen den Übersetzungen gibt es gewisse Schnittmengen, was die Dichte und das Vorkommen der Viersilber be- trifft, beispielsweise in den Herdensprüchen im XXXII. Gesang (Verse 43– 47):

Schiefner (1852) […] von dem weiten Land im Haine, aus den hohen Birkenhainen

18 Jänicke (1991, 35) macht darauf aufmerksam, dass schon Lönnrot vorgeworfen wurde, sein Wunsch nach Lautmalerei verleite „zu einer großen Zahl von Wortbildungen […], für die sich keine Vorbilder in der Normalsprache finden“. Zur Wortwahl der deut- schen Übersetzungen konstatiert Jänicke (1991, 105): „In den Übersetzungen wimmelt es von artifiziellen Wortkonstruktionen, die sich nicht als bewußt geschaffene Neologismen erklären und sich auch schwerlich von den finnischen Originalkonstruktionen herleiten lassen.“ 19 Zum Vergleich: Die vier ersten Lieder in Longfellows bestehen aus insge- samt 834 Versen, die in Freiligraths deutscher Übersetzung 161 Viersilber enthalten, d.h. einen Viersilber pro 5,2 Verszeilen.

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aus den niedern Espenbüschen, aus den goldnen Fichtenwäldern aus dem silberreichen Dickicht.

Fromm & Fromm (1967) […] in den weiten, lichten Wäldern, in dem hohen Birkenholze in dem niedern Espenlaube unter goldbeglänzten Fichten, in dem silberhellen Ödwald.

Solche Übereinstimmungen lassen sich teilweise anhand des Originals erklären. So enthalten z.B. die Verse 219–224 im XXXII. Gesang des Origi- nals vier- bis sechssilbige (Bindestrich-)Komposita; durch die Flexion ent- stehen sogar Achtsilber:

Kalevala (1849) […] mairehista maaemistä, metisistä mättähistä, nurmelta mesinukalta, maalta marjanvartiselta, kanervan-kukattarilta, heinän-helpehettäriltä, pilven piimätyttäriltä, taivahan-navattarilta

In Schiefners Übersetzung enthält diese Stelle eine Häufung von Viersil- bern, und in der Frommschen Übersetzung kommen sogar sechssilbige Komposita vor:

Schiefner (1852) […] aus der frischen Muttererde, aus den honigreichen Wiesen, von dem süßbetropften Rasen, von dem beerenreichen Boden, Durch der Heide Blumenjungfraun, durch die zarten Grasesjungfraun, durch der Wolke Milchverleih’rin, durch des Himmels Nabeljungfrau […]

UAJb N. F. 26 (2016) 22 Marja Järventausta

Fromm & Fromm (1967) […] aus der milden Muttererde, aus den honigsüßen Hügeln, honiggrasbewachsnen Wiesen, aus dem Beerenkräuterboden, von der Heideblumenherrin, von der Fee der Gräserspitzen, von der Milchjungfrau der Wolke, von der Fee des Himmelsnabels […]

Insgesamt sind aber Fünf- und Sechssilber in beiden Übersetzungen sel- ten: bei Schiefner sind es im Kullervo-Zyklus insgesamt nur 12 (darunter 7 Substantivkomposita, z.B. Ebereschentochter, Wachholderjungfrau), bei Fromm & Fromm 8 (darunter 5 Substantivkomposita). Die Viersilber können in allen Verspositionen auftreten, wie der folgen- den tabellarischen Übersicht zu entnehmen ist:20

Versanfang Versmitte Versende Insg. n % n % n % n % Schiefner 61 16,5 82 22,2 227 61,3 370 100,0 Fromm & Fromm 80 19,2 66 15,8 271 65,0 417 100,0

Tab. 1: Versposition viersilbiger Wörter bei Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967).

Sowohl Schiefner als auch Fromm & Fromm platzieren viersilbige Wör- ter meistens ans Versende nach dem Gesetz der wachsenden Glieder, das ein wichtiges Stilprinzip auch des Originals ist. In der Frommschen Über- setzung erscheinen die Viersilber etwas seltener in der Versmitte als in der Schiefnerschen, dafür aber dann häufiger am Versanfang und -ende. Wei- tere Unterschiede kommen zum Vorschein, wenn man die Art der Viersil- ber etwas genauer betrachtet:

20 Zum Vergleich: In den ersten vier Liedern von Longfellows Hiawatha in Freiligraths deutscher Übersetzung stehen von den insgesamt 161 Viersilbern 9,9% am Versanfang, 11,8% in der Versmitte und 78,2% am Versende.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 23

Schiefner Fromm & Fromm n % n % Namen 52 14,0 57 13,7 Substantivkomposita 134 36,2 197 47,2 Substantivierte Adjektive und Partizipien 25 6,8 24 5,8 Verbalsubstantive – – 7 1,7 Adjektivkomposita 41 11,1 45 10,8 Partizipien und Infinitive21 107 28,9 71 17,0 Andere22 11 3,0 16 3,8 370 100,0 417 100,0

Tab. 2: Art der viersilbigen Wörter bei Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967).

In beiden Übersetzungen ist der Anteil von Substantivkomposita und Partizipien bzw. Infinitiven relativ hoch; bei Fromm & Fromm ist der An- teil der Substantivkomposita um einiges höher als bei Schiefner, bei Schiefner dagegen der Anteil der Partizipien bzw. Infinitive. Der höhere Anteil von Partizipien bei Schiefner hängt damit zusammen, dass er häufi- ger als Fromm periphrastische Verbformen verwendet. Auffallend ist, dass Schiefner die infiniten Formen tendenziell am Versende platziert, während Fromm & Fromm ihre Position etwas mehr variiert, wie z.B. die Verse 115–122 im XXXIV. Gesang zeigen:23

Schiefner (1852) Ist mir in den Sinn gekommen, meinem Hirne eingefallen, In die Fremde fortzuziehen, Nach Untamo’s Dorf zu gehen, Um des Vaters Tod zu rächen, Seinen Tod, das Blut der Mutter, Um die Stube zu zerstören, Sie zu Asche zu verbrennen.

21 Unter Partizipien werden alle verbal und adjektivisch verwendeten Partizipien zusam- mengefasst; bei den verhältnismäßig wenigen Infinitiven handelt es sich meist um Infini- tive in um zu-Konstruktionen. 22 Unter „Andere“ sind verschiedene Adverbiale, finite Verbformen und nicht zusam- mengesetzte Substantive subsumiert. 23 Es kommen auch bei Fromm & Fromm vereinzelt Passagen vor, in denen sich infi- nite Verbformen am Versende häufen, z.B. XXXI, 43–46.

UAJb N. F. 26 (2016) 24 Marja Järventausta

Fromm & Fromm (1967) In den Sinn kam mir der Einfall, schoß durchs Hirn mir der Gedanke, Fortzugehen in die Ferne, hinzuziehn zur Heimat Untos, Meiner Sippe Mord zu rächen, Vaters Unbill, Mutters Tränen, Abzubrennen die Gebäude, Feuerfunken draus zu fachen.

Bei den viersilbigen Substantivkomposita fällt auf, dass beide Überset- zungen neben den usuellen Komposita nicht selten auf kontextbezogene Augenblickskomposita zurückgreifen, z.B.:

Schiefner (1852)24 Rede selbst zu meinem Viehe, sprich du zu den Hörnerträgern: Nun nach Hause, Hörnerträger, Milchbegabte, eilt nach Hause! (XXXII, 275–278) Hast Verlangen du nach Nahrung […] Friß du Schwämme in dem Walde […] Honigbissen von Metsola, Nicht das Gras zu meinem Futter, Nicht das Heu für meine Theuren! (XXXII, 399–406)

Fromm & Fromm (1967) Sage selbst zu meinen Rindern, red zu meiner Hörnerreihe: Auf, nach Hause, Krummgehörnte, Milchbescherer, heim zur Herberg! (XXXII, 275–278) Hast du aber Nahrung nötig […] so friß Pilze in dem Walde […]

24 In den Versen 399–406 kommt bei Schiefner nur ein Kompositum vor, nämlich Ho- nigbissen (V. 404, Leckerbissen bei Fromm & Fromm); in Bubers Überarbeitung (1921/1922) sind aber Nahrungskräuter (V. 405, Nahrungsgräser bei Fromm & Fromm) und Lebensgräser (V. 406, Lebenshalme bei Fromm & Fromm) zu finden.

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Leckerbissen von Metsola, nur nicht meine Nahrungsgräser, nur nicht meine Lebenshalme (XXXII, 399–406)

Unter den Viersilbern kommen in beiden Übersetzungen auch zusam- mengesetzte Adjektive mit einem substantivischen Erstglied vor. Während Schiefner eine gewisse Vorliebe für Adjektivbildungen auf -reich hat (z.B. kupfer-, silber-, sprudel-, honig-, beeren-, unglück-, knochen-, butter-, schwindel-, perlen-, flecken-, wallungsreich), weisen die Zweitglieder bei Fromm & Fromm mehr Variation auf, z.B. honigsüß, silbergrau, silberhell, kupferbunt. Eine besondere Gruppe von Viersilbern bilden Substantivierungen von (zusammengesetzten) Partizipien und Adjektiven, z.B. der Arggesinnte (S), der Bösgesinnte (S), der Gutgesinnte (F), der Fortgeführte (S, F), der Heimge- kehrte (F), der Vaterlose (S, F), die in beiden Übersetzungen auffallend häu- fig als Personenbezeichnungen vorkommen. Auch viele Bahuvrihikompo- sita des Originals haben in den Übersetzungen ähnliche Entsprechungen, z.B. hivus kulta (= kultahivus, die Goldgelockte in Fromm & Fromm XXXV, 86), kautokenkä (die Schönbeschuhte in beiden Übersetzungen XXXV, 120) oder tinarinta (die Zinngeschmückte in beiden Übersetzungen XXXV, 186).

4.1.4 Namen

Ahlqvist (1853, 54) warf Schiefner vor, dass dieser bei Nomina Propria oft die erste Silbe, die im Finnischen hauptakzentuiert ist, in der Thesis und die zweite, nicht akzentuierte Silbe in der Aris setzt, was zu einer „sprachwidrigen Aussprache“ führt, z.B. Karjála, Wellámo, Luotóla, Poh- jóla, Ainíkki, Kyllíkki. Anders als im Finnischen, das einen festen Initialak- zent hat, tendiert das Deutsche zur Betonung des Pänultima, so dass die Platzierung der zweiten Silbe in der Aris dem deutschen Leser gar nicht so „sprachwidrig“ vorkommen dürfte, zumal es sich um fremde, finnische Namen handelt. Im strengen achtsilbigen Trochäus kann es aber zur Irrita- tion führen, wenn die Position der fremdsprachlichen Namen im Hinblick auf den Versakzent variiert. Aber gerade dies geschieht sowohl in der Schiefnerschen als auch in der Frommschen Übersetzung, wie am Beispiel der Namen Kullervo, Kalervo und Karjala im ersten Gesang des Kullervo- Zyklus gezeigt werden kann. Der Name Kullervo kommt im XXXI. Gesang im finnischen Original neun Mal vor, wobei die erste Silbe immer in der Hebung steht, weil es eine lange hauptakzentuierte Silbe ist; für die längere, viersilbige Form Kul- lervoinen gibt es zwei Belege. In Schiefners Übersetzung kommt Kullervo

UAJb N. F. 26 (2016) 26 Marja Järventausta im XXXI. Gesang acht Mal vor: Sechs Mal steht die erste Silbe in der Hebung, z.B. Kullervo nannt’ ihn die Mutter (V. 80), musste Kullerwo erzie- hen (V. 201), Kullerwo, der Sohn Kalerwo’s (V. 237), und vier Mal in der Senkung, z.B. Ob Kullerwo schon verkommen (V. 181), über diesen Zaun Kullerwo’s (V. 324). In der Frommschen Übersetzung steht die erste Silbe in der Hebung, bis auf eine Ausnahme: Ob Kullervo umgekommen (V. 181). Für Kalervo gibt es im XXXI. Gesang des Originals 18 Belege, von denen in 16 Fällen die erste Silbe, weil eine kurze hauptakzentuierte Silbe, in der Senkung steht, z.B: SÖI KAlervon kaurakylvön (XXXI, 38), KULlervo, KA- lervon poika (XXXI, 237), TÄStä KASvavi KAlervo (XXXI, 116); die zwei weiteren Belege, in denen die erste Silbe in der Hebung steht, kommen im ersten Versfuß vor, die auch diese Ausnahme erlaubt: KAlervon kalavete- hen (XXXI, 20), KAlervolle, veljellensä (XXXI, 42). Die längere, viersilbige Form Kalervoinen kommt im Original vier Mal vor. Schiefner verwendet die längere Form etwas häufiger als das Original (6 Mal); unter den insge- samt 15 Kalerwo-Belegen ist nur ein einziger zu finden, in dem die erste Silbe in der Hebung steht (Kalerwo’s Geschlecht zu tödten XXXI, 43). Ähn- lich sieht es auch in der Frommschen Übersetzung aus: Nur in zwei der insgesamt 17 Belege steht die erste Silbe in der Hebung (Kalervo besah die Netze XXXI, 21, Kalervos gereitzter Köter XXXI, 39). Inwiefern sich die Übersetzer hier von den Tonhebungsversen des Originals haben leiten las- sen, kann nicht beantwortet werden. Die allgemein starke Tendenz, die erste Silbe von Kullervo in die Hebung und die von Kalervo in die Sen- kung zu setzen, hängt aber sicherlich mit dem Vers Kullervo, Kalervon poika zusammen, der in beiden Übersetzungen (mit etwas abweichender Orthographie) Kullervo, der Sohn Kalervos lautet. Dieser Vers kommt im Kullervo-Zyklus mehr als 50 Mal vor und ist somit für die Lesart der bei- den Namen so prägend, dass Verspositionen, die eine andere Akzentstruk- tur implizieren würden, eher vermieden worden sind. Der Name Karjala taucht im XXXI. Gesang des Originals vier Mal auf, jedes Mal in der viersilbigen Illativform Karjalahan, wobei der Vers- und Wortakzent miteinander korrelieren. Schiefner verwendet das Wort Kar- jala in unterschiedlichen Verspositionen dicht nebeneinander: einen trägt er nach Karjala (XXXI, 8) – Der nach Karjala Getragne (XXXI, 13) und Ihn nach Karjala verkaufen (XXXI, 360) – Und verhandelt nach Karjala (XXXI, 364). Fromm & Fromm ersetzen die finnische Ortsbezeichnung Karjala in drei Fällen mit Karelien und benutzen das Wort wie einen Dreisilber:25

25 Weil Fromm & Fromm sonst nicht von der Achtsilbigkeit abweichen, ist diese Inter- pretation wahrscheinlicher als die, dass die Verse mit dem Wort Karelien Neunsilber wä- ren.

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Einen trug er nach Karelien (XXXI, 9), nach Karelien ihn verkaufte (XXXI, 360), Und verschachert’ nach Karelien (XXXI, 364), wobei die zweite, haupt- akzentuierte Silbe erwartungsgemäß in die Hebung kommt.

4.1.5 Füllwörter

Im finnischen Original erscheint gelegentlich das Füllwort on (eigentlich 3. P. Sg. des Verbs olla ‘sein’), das keine syntaktische Funktion hat und se- mantisch leer ist (s. Jussila 2009, s.v. on). Dafür gibt es auch im Kullervo- Zyklus ein Beispiel (Übersetzung nach Fromm & Fromm):

Kalevala (1849) […] päät on päättele lujasti, Dann verniete gut die Enden, kotkoa kovasti kiinni (XXXII, 525–6) sichre sie mit starken Nägeln

In den deutschen Übersetzungen sind kaum inhaltsleere Lückenbüßer zu finden, und auch der Anteil von Interjektionen ist in beiden Überset- zungen sehr gering. Einige Beispiele lassen sich jedoch finden:

Schiefner (1852) Aus dem Quell a mildes Mädchen (XXXII, 231) Nenn’ mir dein Geschlecht, o Kecke (XXXV, 208)

Fromm & Fromm (1967) O du meine milde Mutter (XXXVI, 278)

4.2 Achtsilbig ist nicht gleich achtsilbig

Der Kalevala-Vers erlaubt im Rahmen der Achtsilbigkeit eine große Va- riation. Eine wichtige Variable ist die relativ freie Gestaltung des ersten Versfußes (bis zu drei Silben in der Senkung). Im Neuen Kalevala wird von dieser Möglichkeit allerdings nur wenig Gebrauch gemacht; 9-silbig (zwei Silben in der ersten Senkung) sind ca. 3,5% der Verse, 10-silbige Verse gibt es weniger als 0,1%.26 In Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967) findet sich in den Gesängen XXXI–XXXVI keine einzige Abwei- chung von der Achtsilbigkeit.

26 Alle Angaben, die sich auf das ganze Kalevala beziehen, stammen von Perälä (2010) oder von der Webseite des Vereins der Kalevalischen Sprache (Kalevalaisen runokielen seura).

UAJb N. F. 26 (2016) 28 Marja Järventausta

Die Ausdehnung des ersten Versfußes spielt keine besonders große Rolle bei der rhythmischen Gestaltung der Verse, anders als die Anzahl der Wörter in Versen. Theoretisch wären im Finnischen achtsilbige Verse mit 1–8 Wörtern möglich; im Neuen Kalevala kommen allerdings nur Verse mit 1–6 Wörtern vor, im Kullervo-Zyklus sogar nur Verse mit 1–5 Wör- tern. Mehr als die Hälfte aller Verse des Kullervo-Zyklus (56,4%) bestehen aus drei Wörtern, fast ein Viertel (24,2%) aus zwei Wörtern und 17,8% aus vier Wörtern; Verse mit fünf Wörtern kommen nur vereinzelt vor (1,5%) und für achtsilbige Wörter gibt es nur drei Beispiele (0,1%). In den einzelnen Gesängen des Kullervo-Zyklus ist das Wörter-Vers-Verhältnis rela tiv stabil. Größere Abweichungen gibt es lediglich im XXXII. und XXXIV. Gesang. Im XXXII. Gesang bestehen viele Verse aus nur zwei Wörtern (33,6%), was auf den hohen Anteil der rituellen Sprache der Her- den- und Bärensprüche mit ihren rhythmischen Clustern zurückzuführen ist, wie z.B. in den Versen 147–152 (Übersetzung nach Fromm & Fromm):

Kalevala (1849) […] saisi suonet soutamahan, So daß ihre Adern schwellen, maitojoet juoksemahan, daß die Milch in Strömen fließe, maitopurot purkemahan, Sie in Bächen sich ergieße, maitokosket kuohumahan, Milch in Stürzen mächtig schäume, puhumahan maitoputket, Daß die Milchgeäder walle, maitohormit huokumahan […] alle Gänge überfließen […]

Im XXXIV. Gesang gibt es dagegen relativ viele Verse, die vier Wörter enthalten (24,4%); sie kommen vorwiegend in Dialogpassagen des Gesan- ges vor, wie z.B. in den Versen 123–128 (Übersetzung nach Fromm & Fromm):

Kalevala (1849) Akka tuo sanoiksi virkki, Antwort gab darauf die Alte, itse lausui, noin nimesi: sagte selber so und meinte: „Ei ole surmattu sukusi, „Dein Geschlecht ist nicht erschlagen, viel’ ei kaatunut Kalervo. Kalervo noch nicht gefallen; On sulla iso elossa, Dir lebt immer noch ein Vater, maammo maille tervehenä.“ wohl und munter ist die Mutter.“

Die Wortgrenzen, die zur rhythmischen Variation des Textes beitragen, lassen sich so gut wie nie in der gleichen rhythmischen Gestalt von einer Sprache in eine andere übertragen. Im Finnischen und im Deutschen fal- len die Wortgrenzen schon allein wegen ihrer grundlegenden genetisch-ty- pologischen Diskrepanz sehr unterschiedlich aus. Das Finnische als eine

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 29 eher synthetische Sprache tendiert zu längeren Wörtern, das Deutsche als eine analytischere Sprache muss dagegen viel Grammatisches mit Hilfe von Einsilbern regeln. Dies spiegelt sich auch in den trochäischen Ver- deutschungen des Kalevala wider. In der Übersetzung von Schiefner (1852) ist der Anteil der Verse mit fünf Wörtern am höchsten (39,4%), ge- folgt von Versen mit sechs (29,6%) und vier (24,1%) Wörtern. Drei und sieben Wörter in einem Vers sind selten (3,0% bzw. 3,2%), zwei und acht Wörter sehr selten (0,6% bzw. 0,1%), und Verse, die aus einem einzigen Wort bestünden, gibt es keine.27 Die Frommsche Übersetzung weist sehr ähnliche Tendenzen auf. Am häufigsten kommen auch hier Verse mit fünf Wörtern vor (34,9%), dann Verse mit sechs (31,0%) und vier (22,3%) Wörtern. Der Anteil von Drei- und Sieben-Wort-Versen ist etwas höher als bei Schiefner (5,5% bzw. 5,2%), Zwei- und Acht-Wort-Verse sind auch eher eine Ausnahme (0,7% bzw. 0,2%), und Ein-Wort-Verse kommen gar nicht vor. In beiden Übersetzungen variieren die prozentuellen Anteile zwischen den einzelnen Gesängen nur geringfügig. Das Profil der beiden Übersetzungen, was die Anzahl der Wörter in den einzelnen Versen be- trifft, weist eine große Ähnlichkeit auf, auch wenn bei Fromm & Fromm (1967) etwas mehr Variation vorkommt. Im Vergleich zum finnischen Ori- ginal ist der Unterschied sehr deutlich, wie die folgende Übersicht zeigt:

––– Original —— Schiefner ······ Fromm

Abb. 1: Prozentueller Anteil von Versen mit ein bis acht Wörtern im Kullervo-Zyklus: ein Vergleich zwischen dem Original und den Verdeutschungen von Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967).

27 Um die Anzahl und Positionierung der Wörter in den einzelnen Versen zu ermitteln, sind die deutschen Übersetzungen in einem ersten Schritt mit Hilfe des Computerpro- gramms „Trokeemankeli“ (,Trochäus-Mangel’) analysiert worden. Da aber das Programm für die Analyse finnischer Texte vorgesehen ist, war die Fehlerquote erwartungsgemäß hoch und der Anteil manueller Korrekturen entsprechend hoch.

UAJb N. F. 26 (2016) 30 Marja Järventausta

Für das rhythmische Gebilde des Textes ist zwar die Anzahl der Wörter (und Wortgrenzen) pro Vers ein wichtiges Parameter, aber noch wichtiger ist die Anordnung der Wortgrenzen innerhalb des Verses, d.h. wie lang die einzelnen Wörter sind (wie viele Silben sie haben) und in welcher Rei- henfolge sie vorkommen (vgl. hierzu auch schon die Untersuchungen von Lönnrot 1835/1836 [1999] sowie Sadeniemi 1951, s. auch Fromm & Fromm 1967, 376). Perälä (2010) hat im Neuen Kalevala insgesamt 110 ver- schiedene Verstypen mit unterschiedlich vielen verschieden langen Wör- tern in unterschiedlichen Kombinationen ermittelt; im Deutschen liegt die Anzahl der theoretisch möglichen Kombinationen noch wesentlich höher. Allerdings kommen bei weitem nicht alle Kombinationen besonders häu- fig vor. Nach Perälä (2010) decken die zehn häufigsten Verstypen fast 80% aller Verstypen, die fünf häufigsten immerhin fast 65%. Im Kullervo-Zyk- lus beträgt der Anteil der zehn häufigsten Verstypen 81,1%28 und der fünf häufigsten 66,1%. Auch die Verteilung der häufigsten Verstypen weist im Neuen Kalevala und im Kullervo-Zyklus eine große Ähnlichkeit auf:

Kalevala (1849) Kullervo-Zyklus, Kalevala (1849) n = 22 795 n = 2 196

Verstyp % Rang % Rang 224 22,9 1. 22,0 1. 233 16,7 2. 17,0 2. 44 13,2 3. 13,4 3. 35 7,9 4. 6,8 5. 2222 4,1 5. 4,3 6. 332 3,9 6. 6,9 4. 323 3,8 7. 3,7 7. 1124 2,3 8. (1,7) (14.) 26 2,3 9. (2,1) (11.) 2213 2,0 10. 2,5 9. 422 (nicht ermittelt) - 2,7 8. 1232 (nicht ermittelt) - 2,3 10.

Tab. 3: Prozentueller Anteil von verschiedenen Verstypen im Neuen Kalevala (ganzer Text) und im Kullervo-Zyklus des Neuen Kalevala.

Der auffälligste Unterschied betrifft den Verstyp 332, der im Neuen Kalevala der sechsthäufigste, im Kullervo-Zyklus aber der vierthäufigste ist.

28 Zwei auf dem 10. Platz mit jeweils 1,3%.

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Dies erklärt sich dadurch, dass allein der Vers Kullervo, Kalervon poika ‘Kullervo, der Sohn Kalervos’ mehr als ein Drittel aller 332-Verse aus- macht. Zur Häufigkeit der 422-Verse tragen im Kullervo-Zyklus die häufige Verwendung der Namen Untamoinen, Kalervoinen und Kullervoinen am Versanfang bei. Von den häufigsten Versen im Neuen Kalevala und im Kullervo-Zyklus gehören drei (224, 44, 2222) zu Sadeniemis A-Typ, in dem Wort- und Versakzent zusammenfallen, und drei sind typische Ton- hebungsverse (Sadeniemis B-Typ, d.h. 233, 332 und 323); auch der Verstyp 35 gehört zu den Tonhebungsversen. Nach Fromm & Fromm (1967, 376) ist das Kalevalametrum durch eine „außerordentliche rhythmische Vielfalt und Bewegung“ gekennzeichnet, was in einer deutschen Übersetzung nicht annähernd so hörbar“ gemacht werden kann. Der Grund dafür sei, dass die rhythmische Segmentierung im Finnischen „durch den suffigierend-synthetischen Sprachtypus […] und die dadurch bedingte weit geringere Zahl der Wörter und größere Länge des Einzelwortes“ stärker sei als im Deutschen. Vergleicht man die häufigsten Verstypen im finnischen Original und in den deutschen Über- setzungen des Kullervo-Zyklus, wird der Unterschied deutlich:

Kullervo-Zyklus Kullervo-Zyklus Schiefner (1852) Fromm & Fromm (1967) n = 2 196 n = 2 196 Verstyp % Rang % Rang 112112 11,2 1. 10,8 1. 11222 9,2 2. 6,9 4. 111122 9,0 3. 9,8 2. 21122 7,6 4. 8,9 3. 11213 6,6 5. 3,2 9. 211112 5,6 6. 5,8 5. 1124 4,8 7. 3,0 10. 22112 4,5 8. 4,4 7. 2222 4,0 9. 3,9 8. 1111112 3,0 10. 4,5 6. 21113 2,9 11. 1,7 (18.) 1142 2,7 12 1,9 (16.) 11114 1,8 (15.) 2,8 11. 224 0,4 – 2,4 12.

Tab. 4: Prozentueller Anteil von verschiedenen Verstypen im Kullervo-Zyklus: ein Ver- gleich zwischen den deutschen Übersetzungen von Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967).

UAJb N. F. 26 (2016) 32 Marja Järventausta

In beiden Übersetzungen bestehen die sechs (Schiefner) bzw. sieben (Fromm & Fromm) häufigsten Verstypen aus fünf oder sechs Wörtern, während der Anteil der gängigsten Vier-Wort-Verse weniger als 5% be- trägt. Im finnischen Original sind die Verhältnisse diametral anders: Zwar macht der am häufigsten vorkommende Verstyp mit vier Wörtern auch im finnischen Material weniger als 5% aller Verse aus, aber die gängigsten Verstypen bestehen aus nur drei oder zwei Wörtern. Der höhere Anteil von Einsilbern im Deutschen bietet prinzipiell mehr Möglichkeiten für die Verteilung der Zwei- bzw. Mehrsilber im Raum des Verses und für das „Durchspielen“ (Fromm & Fromm 1967, 376) verschiedener rhythmischer Variationen, auch wenn die Positionierung vieler Einsilber in der Linear- struktur des Satzes strikt festgelegt ist (u.a. Artikel und Präpositionen). In Anbetracht der vielen Variationsmöglichkeiten fragt man sich, warum die trochäischen Übersetzungen durchweg als „eintönig“ oder „monoton“ be- zeichnet werden. Ein möglicher Grund ist, dass die Verteilungsmöglich- keiten nicht ausgeschöpft werden. Betrachtet man die häufigsten Verstypen in den beiden Übersetzungen, fällt auf, dass die Wortgrenzen fast ohne Ausnahme mit den Versfußgrenzen zusammenfallen. Die Dynamik des Kalevalametrums liegt aber gerade darin, dass in etwa der Hälfte aller Verse die Wort- und Versfußgrenze und somit auch der Wort- und Vers-akzent auseinanderfallen. Unter den zehn häufigsten Verstypen des Kullervo- Zyklus sind es im Neuen Kalevala die Verstypen 233, 35, 332, 323 und 123 (evtl. auch 26), die zusammen über 40% aller Verse ausmachen. In den deutschen Übersetzungen dagegen gibt es unter den häufigsten Verstypen nur zwei, in denen die Wort- und Versfußgrenze nicht miteinander korrelieren; zusammen machen sie knapp 10% (Schiefner) bzw. knapp 5% (Fromm & Fromm) aller Verse aus. Der erste dieser Verstypen ist 11213, in dem die Grenze zwischen dem dritten und vierten Versfuß innerhalb eines Dreisilbers verläuft. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass in beiden Übersetzungen versabschließend entweder nur Dreisilber mit einem un- betonten Präfix oder aber dreisilbige finnische Namen vorkommen. Bei den präfigierten Dreisilbern fallen zwar die Wort- und Versfußgrenze nicht zusammen, dafür aber der Wort- und Versakzent, z.B. Er, der Schwarze, schon verSPEIset (S XXXIII, 55), Wo der Bunte sich geSÄTtigt (S XXXIII, 56). Bei den finnischen Namen – Syötikki, Juotikki, Hermikki, Tuoni, , in Schiefner (1852), Untamo, Metsola in Fromm & Fromm (1967) – tendiert der Akzent in der deutschen Aussprache auf die Pänultima (s. oben), so dass auch hier von einer Korrelation zwischen Wort- und Versakzent auszugehen ist. In dem Verstyp 1142 erstreckt sich ein Viersilber über den zweiten und dritten Versfuß. Alle Viersilber in dieser Position sind allerdings in beiden Übersetzungen entweder

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Komposita aus zwei Zweisilbern,29 z.B. Auf den THRÄnenFLUThen schwimmen (S XXXVI, 153), Weh mir JAMmerVOLlem Jungen (F XXXVI, 213) oder aber Präfixbildungen mit einer Morphemgrenze zwischen der zweiten und dritten Silbe, z.B. Nordlands WEITgeDEHNte Heiden (S XXXV, 313), Eis zu AUFgeTAUter Erde (F XXXVI, 146), so dass es auch hier trotz fehlender Wortgrenze eine deutliche Morphemgrenze und einen Zusammenfall des Wort- und Versakzents gibt. Wegen des Initialakzents fungiert die Wortgrenze im Finnischen als starkes metrisches Segmentierungssignal. Im Deutschen dagegen als einer Akzentsprache mit beweglichem Wortakzent spielt die Wortgrenze in der rhythmischen Ordnung des Verses eine dem Wortakzent untergeordnete Rolle. Darum soll bei der Betrachtung der deutschen Übersetzungen das Augenmerk noch auf den Wortakzent gerichtet werden. Da die meisten deutschen Zweisilber einen Initialakzent tragen, sind hier diejenigen Verstypen von besonderem Interesse, die Kombinationen von Ein- und Mehrsilbern (12, 13, 14) oder Kombinationen mit Dreisilbern (31, 32, 33) enthalten. In beiden Übersetzungen fangen die meisten Verse mit zwei Einsilbern an (s. Tab. 4). Verseinleitende Einsilber in Kombination mit einem Mehr- silber sind dagegen eher selten. In Schiefner beträgt ihr Anteil 6,1%, in Fromm & Fromm 8,3%. Etwa ein Viertel dieser Verse beginnt in beiden Übersetzungen mit einem finiten Verb (Haupt- oder Hilfsverb), z.B. KRIECHT heraus auf seine Decke (S XXXI, 94), WUCHS heran und wurde Kaufmann (F XXXI, 12), WARD gesetzet in ein Fäßlein (S XXXI, 121), IST gebaut bis in die Wolken (F XXXI, 332), d.h. mit einer „schweren“ Silbe. Nach der von Wagenknecht (1999, 31–32) skizzierten Skala für die Er- mittlung des Schweregrads von Silben vertreten diese Silben den Schwere- grad 4 (Vollverben) oder 3 (Hilfsverben).30 Nominale Einsilber, auch Schweregrad 4, kommen in beiden Übersetzungen dagegen nur vereinzelt vor, z.B. FETT erhalten dort die magern (S XXXII, 485), RAT geholt in andrem Hause (F XXXI, 169). Im Hinblick auf Inkongruenzen zwischen Wort- und Versakzent sind diese Verse nicht weiter interessant, anders als Verse, die mit einem „leichten“ Einsilber beginnen. Gut ein Drittel aller verseinleitenden Einsilber in der Kombination Einsilber-Mehrsilber sind in beiden Übersetzungen Silben des Schweregrades 2, d.h. Artikel, Pro-

29 Im Prinzip verhalten sich solche Komposita metrisch genau so wie zwei Zweisilber. 30 Schweregrad 4 = Tonsilben mit lexikalischen Mehrsilbern und lexikalischen Einsil- bern; Schweregrad 3 = Tonsilben mit nichtlexikalischen Mehrsilbern, nebentonige Silben in Komposita sowie Einsilbern; Schweregrad 2 = Präfixe, präpositionale und pronominale Einsilber; Schweregrad 1 = andere (s. hierzu http://www.li-go.de/definitionsansicht/met- rik/silbenprominenz.html).

UAJb N. F. 26 (2016) 34 Marja Järventausta nomina, Präpositionen und Konjunktionen. Schiefner hat eine gewisse Vorliebe für Präpositionen und die Konjunktion und (15% der Fälle), während die Frommsche Übersetzung die Erstposition häufiger mit Pro- nomen und Artikel besetzt. In beiden Übersetzungen beginnen die nach- folgenden Mehrsilber ausnahmslos mit einem Präfix, d.h. ebenfalls mit einer „leichten“ Silbe, z.B. DEM geschickten Schmiedemeister (F XXXI, 366), ER verhunzt den guten Hochwald (F XXXI, 303), IM Verstecke in dem Dunkeln (S XXXII, 178), UND beschaute ihre Rinder (S XXXIII, 200). Eine Ausnahme – wenn man sich nach dem finnischen Wortakzent orientiert – bilden die dreisilbigen finnischen Namen, z.B. NACH Untamos Dorf zu gehen (S XXXIV, 97), DES Kalervosohns Gehege (F XXXI, 143). Die Kombinationen von Ein- und Mehrsilbern sind im zweiten Versfuß noch seltener als im ersten; zusammen mit Dreisilbern machen sie bei Schiefner 6,6% und bei Fromm & Fromm 8,2% der Verse aus. Die Ein- und Mehrsilber-Kombinationen sowie Dreisilber im zweiten Versfuß führen zwingenderweise zu einer Überschreitung der Grenze zwischen dem zweiten und dritten Versfuß, die in den regulären Kalevala-Versen eine Zäsur bildet. Zäsurüberschreitungen, die im Kalevalametrum zur In- kongruenz zwischen Wort- und Versakzent führen,31 kommen im Original sehr häufig vor. In den beiden Übersetzungen dagegen sind Grenzüber- schreitungen zwischen dem zweiten und dritten Versfuß selten, und es gibt in beiden Übersetzungen nur eine Handvoll Verse, in denen der Wort- und Versfußakzent nicht zusammenfallen. Ignoriert man noch alle Fälle mit dreisilbigen finnischen Namen – z.B. Mußte Kullervo erziehen (S XXXI, 201), Der nach Karjala Gebrachte (F XXXI, 13) – bleiben bei Schiefner 20 und bei Fromm & Fromm 10 Verse übrig. In beiden Übersetzungen treten in der Senkung des zweiten und in der Hebung des dritten Versfußes nur Silben des Schweregrades 2 oder 1 auf, so dass es entweder keinen Unter- schied im Silbengewicht gibt, z.B. Früher redete die Mutter (S XXXIV, 189), Vor den schwankenden Morasten (F XXXII, 109), oder der Unterschied nur gering ist, z.B. Ist als Arbeiter nicht tauglich (S XXXI, 355), Auch die eigene Mißhandlung (F XXXIV, 100). An der Grenze des dritten und vierten Versfußes sind die Verhältnisse sehr ähnlich wie an der Grenze des zweiten und dritten. Der Anteil der Dreisilber am Versende32 beträgt bei Schiefner 14,6% und bei Fromm &

31 Eine Ausnahme bilden viersilbige Komposita im Verstyp 242, die aus zwei Zweisil- bern bestehen. 32 Endet der Vers mit einem Viersilber, korreliert die Versfußgrenze mit einer Wort- oder zumindest mit einer Morphemgrenze, z.B. Gab drei halbe Eisen|haken (S XXXI, 369), Dafür ist er unge|eignet (F XXXI,302).

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Fromm 9,8%.33 Fast ausnahmslos sind die Dreisilber Präfixbildungen, so dass im letzten Versfuß der Wort- und Versakzent wieder zusammenfallen. Dies ist auch der Fall bei den wenigen Komposita mit einem eingliedrigen Erstglied (Wanderst immer nach Nord|westen (F XXXIV, 147) oder Drei- silbern mit Pänultimabetonung, z.B. Aus dem molkigen Mo|raste (F XXXII, 135). Einsilber am Versende sind in beiden Übersetzungen äußerst selten. Bei Schiefner enden weniger als 1% aller Verse mit einem Einsilber, in der Regel mit Pronomina (Schweregrad 2) oder Hilfsverben (Schweregrad 3); Einsilber des Schweregrads 4 sind eine Ausnahme, z.B. Seiner Mutter Spindel gleich kam (S XXXIV, 188). Bei Fromm & Fromm kommen Ein- silber etwas häufiger vor (2,0%), was dadurch bedingt ist, dass in den Dialogpassagen des XXXVI. Gesanges die folgenden Verse mehrmals wiederholt werden (alle enden mit einem Einsilber des Schweregrads 3): Wenn du hörst daß ich dahin bin (7 Mal), Wenn ich hör daß du dahin bist (4 Mal), Ist er tot so laß ihn tot sein (3 Mal).

5. Abschließende Bemerkungen

Als Anton Schiefner in der Mitte des 19. Jahrhunderts an seiner Kalevala-Übersetzung arbeitete, diente ihm Castréns schwedische Über- setzung als eine wichtige Vorlage. Aber genauso vertraut war er wahr- scheinlich auch mit den vierfüßigen, sogenannten spanischen Trochäen, dem „Versmass des ernsten Epos“ (Minor 1902, 222), die beispielsweise Johann Gottfried Herder in seiner Nachdichtung des spanischen National- epos Der Cid (1803 [1827]) und August von Platen in seinem Gedicht Die Gründung Karthagos (1832 [1839]) verwendet hatten. Was Schiefners Über- setzung von dieser trochäischen Tradition unterscheidet, ist vor allem die Tatsache, dass seine Verse nie katalektisch enden, während z.B. in den ersten zwei Liedern von Herders Der Cid ganze 16 von den insgesamt 96 Verszeilen (d.h. durchschnittlich jeder 6. Vers) katalektisch mit einem Ein- silber schließen, teilweise auch mit Einsilbern des Schweregrades 4, z.B. Nur an seines Hauses Schmach (1,4), Traf er seinen stolzen Feind (2,44). Der Wechsel der akatalektischen und katalektischen Verse, die keinem festen Schema folgen, verleiht dem Epos eine abwechslungsreiche Rhythmik. Schiefner dagegen hält sich treu an das finnische Kalevalametrum, das keine Katalexe und keine versabschließenden Einsilber erlaubt. Dies mag

33 Nicht berücksichtigt sind Verse, die mit einem dreisilbigen finnischen Namen enden; ihr Anteil beträgt bei Schiefner 3,8% aller Verse und bei Fromm & Fromm 3,1%, am häu- figsten tritt der Vers Kullervo, der Sohn Kalervos auf.

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Castréns Einfluss gewesen sein, kann aber auch auf „das Prinzip des ‘sprachmimetischen’, die Sprach- und Versformen nachahmenden Über- setzens“ (Kitzbichler u.a. 2009, 71) zurückgehen, das noch Mitte des 19. Jahrhunderts ein durchaus gängiges Ideal in der Übersetzung antiker Literatur war (s. Kitzbichler u.a. 2009, 106–109). Schiefner, der bis 1852 als „Oberlehrer der alten Sprachen an einem der petersburger Gymnasien“ ge- wirkt hatte (Walravens & Stache-Weiske 2015, 436), war dieses Ideal sicher- lich nicht unbekannt. Die Besonderheiten des vierhebigen Trochäus, die Schiefner als erster in seiner Kalevala-Übersetzung verwendet hat, haben Jacob Minor veranlasst, in der zweiten Auflage seiner Neuhochdeutschen Metrik (1902) neben den vierfüßigen spanischen Trochäen die „finnischen Trochäen“ zu erwähnen. Diese zeichnen sich nach Minor (1902, 222) durch folgende Merkmale aus: „durchaus weiblicher Ausgang und anstatt der Assonanz oder des Reimes gelegentlich die Alliteration“. Wahrscheinlich diente Minor als Beispiel für die „finnischen Trochäen“ allerdings nicht die Schiefnersche Kalevala-Übersetzung, sondern Ferdinand Freiligraths deutsche Über- tragung von H. W. Longfellows Epos The Song of Hiawatha (1855)34 aus dem Jahr 1857, in der übrigens katalektische Verse zwar nicht sehr häufig, aber immerhin häufiger als bei Schiefner vorkommen (in den vier ersten Liedern mit 834 Verszeilen sind es 64, d.h. durchschnittlich jeder 13. Vers). Zu Longfellows und Freiligraths „finnische Trochäen“ stellt Kunze (1986c, 152) fest, dass der von ihnen „benutzte ‘finnische Trochäus’ und das echte Kalevalametrum […] nicht kongruent“ sind. Dies betrifft auch Schiefners trochäische Übersetzung, die Ahlqvist schon 1853 stark kritisierte und später noch „das echte gegen das vermeintliche Kalevala- metrum“ – gemeint waren Schiefners (und Castréns) trochäische Verse – abgrenzte (Kunze 1986c, 151). Das echte Kalevalametrum wirkt wegen der häufigen Inkongruenz zwischen Wort- und Versakzent dynamisch und rhythmisch abwechslungsreich, während das vermeintliche Kalevala- metrum von Schiefner „auf die Dauer unerträglich monoton wird“, so dass

34 In der einschlägigen Literatur ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass Longfellow den entscheidenden Anstoß für die vierhebigen Trochäen in seiner „indischen Edda“ von Schiefners Kalevala-Übersetzung bekommen hätte, so z.B. Moyne (1963, 62): „The reading of Schiefner’s translation of the Finnish epic opened the way; in it he found the measure which he may have been looking for and which he thought the right and only one for his subject.“ Kunze (1986c, 145–152) hat aber nachgewiesen, dass Longfel- lows Inspiration nicht die Schiefnersche Übersetzung war, sondern Hans Rudolph von Schröters Finnische Runen vom Jahr 1819, evtl. auch Castréns schwedische Kalevala-Über- setzung.

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 37 die „deutschen Verszeilen durch ihre einschläfernde Einförmigkeit er- müden“ (Ahlqvist 1883; zitiert nach Kunze 1986c, 151). Auch die Übersetzung von Lore und Hans Fromm (1967) hätte von Ahlqvist sicherlich ein ähnliches Urteil bekommen. Im Nachwort der Frommschen Übersetzung wird das übersetzerische Vorgehen wie folgt be- schrieben: „Unsere Übersetzung unterwirft sich genau dem trochäischen Maß, läßt aber sowohl die größere Füllungsfreiheit im 1. Takt als auch, dem unterschiedlichen Charakter des Deutschen entsprechend, die Quantitätsregel außer acht“; eine Inkongruenz zwischen dem Wort- und Versakzent, was dem Kalevalametrum seine Beweglichkeit verleiht, lehnen sie ab, weil „der starke deutsche Druckakzent den Kontrast zwischen Wort- und Versakzent als Vergröberung empfinden lässt“ (Fromm & Fromm 1967, 376). Somit erlauben sie sich, ähnlich wie Schiefner, so gut wie keine Ausnahmen von dem abstrakten, akzentbasierten metrischen Schema und laufen Gefahr, ähnlich wie Schiefner, in der einschläfernden Monotonie zu landen, zumal sie, ähnlich wie Schiefner, nach den Regeln des Kalevala- metrums die in der deutschen trochäischen Tradition gängigen Katalexen und männlichen Kadenzen nur ganz selten verwenden. Aber Abwechslung im Rahmen eines metrischen Schemas kann mit unterschiedlichen sprach- lichen Mitteln erreicht werden. Trotz metrischer Gemeinsamkeiten weisen die Übersetzungen von Schiefner (1852) und Fromm (1967) auch Unterschiede auf, die am Bei- spiel des folgenden Textabschnitts aus dem XXXIV. Gesang (V. 211–218) noch kurz besprochen werden sollen:

Schiefner (1852) 211 Dahin ist sie hingerathen, 212 Dort die Schwester fortgekommen: 213 Ging nach Beeren in die Waldung, 214 An des Berges Fuß nach Himbeern’n 215 Dorten ging das Huhn verloren, 216 starb das Vöglein jähen Todes, 217 Eines Todes ohne Kunde, 218 Eines unbenannten Todes.

Fromm & Fromm (1967) 211 Dorthin nahm den Weg mein Mädchen, 212 dort verschwand einst deine Schwester: 213 In den Busch ging sie nach Beeren, 214 Himbeern sammeln unterm Hügel; 215 Dort verschwand das schwache Hühnchen, 216 starb das Vöglein allzu frühe

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217 Eines Todes ohne Nachricht, 218 eines Endes ohne Namen.

Das Metrum ist das gleiche, und dennoch unterscheiden sich nicht nur die beiden Übersetzungen, sondern auch die einzelnen Verszeilen ein und derselben Übersetzung rhythmisch voneinander. Das abstrakte metrische Schema der beiden Übersetzungen ist der vierhebige Trochäus, und beide vertreten denselben metrischen Typ (Jakobsons „verse design“), indem sie weder eine Erweiterung des ersten Versfußes (anders als das Kalevala- metrum) noch eine Reduzierung des letzten Versfußes (ähnlich wie das Kalevalametrum) erlauben. Erst auf der Ebene des konkreten Einzelverses (Jakobsons „verse instance“) treten Unterschiede auf, die auch die unter- schiedliche rhythmische Gestalt der Übersetzungen prägen. Der Rhythmus als versmetrischer Begriff ist schwer operationalisierbar, und die Meinungen über das Verhältnis zwischen Metrum und Rhythmus gehen auseinander (s. z.B. Schneider 2009, 332–343). Mit Hilfe einiger lin guis - tischer Parameter ist es jedoch möglich, zumindest einige Aspekte der rhythmischen Variation zu beschreiben. Schon die Anzahl der Wörter im Vers trägt zum rhythmischen Gebilde bei, indem Wortgrenzen auch Pausen prädestinieren; ein Beispiel dafür sind die unterschiedlichen Über- setzungen vom Vers 211 im obigen Textabschnitt. Pausen gelten auch neben Silbe, Silbenprominenz und lautlichen Übereinstimmungen als eine der grundsätzlichen Verskonstitutive (Donat 2010, 66–78). Ein weiterer Faktor, der den Rhythmus im Vers beeinflusst, ist die Ordnung der Wörter innerhalb der Versgrenzen. Für das Kalevalametrum ist das Gesetz der wachsenden Glieder ein wichtiges rhythmisches Prinzip, und auch in beiden Übersetzungen tendieren lange Wörter gegen Versende. Darüber hinaus wirken Abweichungen von der unmarkierten Wortabfolge rhyth- musbildend auf den Vers; ein gutes Beispiel dafür sind die Verse 211 und 212 in der Frommschen Übersetzung, in denen das nominale Subjekt von seiner angestammten satzinitialen Position ans Versende gerückt ist, sowie die Verse 213 und 214, in denen das Objekt im Grundvers in seiner Normalposition am Satzende auftritt und im Wiederholungsvers die Erst- position übernimmt. Der Wortakzent bzw. die Silbenprominenz leistet neben dem abstrakten metrischen Schema wohl den wichtigsten Beitrag zum Versrhythmus, zu- mindest in den akzentzählenden Sprachen. Die Abfolge von prominenten und nicht-prominenten Silben verleiht dem Vers eine rhythmische Gliederung, die mit dem Versakzent kongruieren kann, aber keineswegs kongruieren muss. Die Inkongruenz zwischen Vers- und Wortakzent kann dem Vers rhythmische Dynamik verleihen, dies ist der Fall im Kalevala- metrum, oder aber sie wird als Vergröberung empfunden, wie im Falle des

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 39 deutschen Knittelverses (Fromm & Fromm 1967, 376). Im obigen Textab- schnitt findet sich – erwartungsgemäß – kein eindeutiges Beispiel für die Inkongruenz, aber erwähnenswert ist der Vers 212 in der Frommschen Übersetzung: Das Wort einst in der Senkung des zweiten Versfußes ist zwar nicht prominenter als die Hebungssilbe, aber immerhin prominenter als die anderen Senkungssilben. Anders als die Silbenprominenz, die eine relationale Größe ist, ist die phonologische Struktur der Silbe eine Konstante. Mit Hilfe verschiedener Beschreibungsmodelle, z.B. des Onset-Reim-Modells (z.B. Hall 2011, 244–264) kann veranschaulicht werden, wie unterschiedliche Silben- strukturen sich in einem achtsilbigen Vers verbergen können. Zum Ver- gleich bietet sich der Vers 215 des obigen Textabschnitts an. In der Schiefnerschen Übersetzung ist die silbenstrukturelle Variation im Vers Dorten ging das Huhn verloren bzw. [dɔʁ.tən gɪŋ das hu:n fəɐ.lo:.ʁən] mit nur drei vergleichsweise einfachen Silbenstrukturen eher gering. Die meisten, d.h. insgesamt fünf Silben ([dɔʁ, tən, gɪŋ, das, ʁən]), weisen die folgende Struktur auf (im Baumdiagramm sind beide Silben des ersten Wortes abgebildet):

a) •

σ σ

Onset Reim Onset Reim

Nukleus Koda Nukleus Koda

C V C C V C

[d ɔ ʁ t ə n]

In der Frommschen Übersetzung variieren die Silbenstrukturen im Vers Dort verschwand das schwache Hühnchen bzw. [dɔʁt fəɐʃvant das ʃvaχə hy:nçən] wesentlich mehr, denn insgesamt kommen sechs verschiedene Silbenstrukturen vor, die auch gut veranschaulichen, wie eine einfache Dichotomie in leichte und schwere Silben der möglichen strukturellen Komplexität der Silben nicht voll Rechnung tragen. Generell werden Silben, die einen verzweigenden Reim haben, als schwer bezeichnet (Hall 2011, 265), aber die Reimstruktur kann noch z.B. durch die Verzweigung der Koda erweitert werden, wie das Beispiel [dɔʁt] zeigt:

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b) σ

O R

N K

C V C C

[d ɔ ʁ t]

Durch die gleichzeitige Verzweigung von Onset und Reim entstehen die komplexesten Silbenstrukturen, wie z.B. [ʃvant]:

c) σ

O R

N K

C C V C C

[ʃ v a n t]

Schon diese kurzen Ausführungen haben gezeigt, wie unterschiedlich metrisch gebundene Verse variiert werden können. Durch das Zusammen- spiel verschiedener Parameter, angefangen mit der Anzahl der Wörter und ihrer Ordnung im Vers über Silbenprominenz bis zur Silbenstruktur, ent- stehen unterschiedliche rhythmische Gebilde, die auch in vierhebigen Trochäen eingesetzt werden können, um der Monotonie entgegenzu- wirken. Nach Jänicke (1991, 38) liegt dem gelesenen Kalevalametrum „genau be- sehen, gar kein einheitliches Versmaß zugrunde – es ist eher eine unregel- mäßige Mischung aus Daktülen [!] und Trochäen“. Was aber beim ersten Blick als eine unregelmäßige Mischung verschiedener Versmaße wirkt, ist die rhythmische Variation des metrischen Grundrisses: lange hauptbetonte Silben in der Hebung, kurze hauptbetonte in der Senkung und unbetonte entweder in der Hebung oder in der Senkung. Probleme bei der Über- setzung entstehen dadurch, dass die rhythmische Variation des metrischen Grundrisses wegen der unterschiedlichen Wort-, Silben- und Akzent- strukturen von Sprache zu Sprache nicht Eins-zu-Eins wiedergegeben werden kann. Für die Lösung des Problems gibt es unterschiedliche über- setzerische Vorgehensweisen: Will man den Inhalt möglichst genau

UAJb N. F. 26 (2016) Um der Metrik willen 41 wiedergeben, ist wohl eine prosaische Übersetzung vorzuziehen. Wird der Form eine wichtige oder gar bedeutungstragende Rolle beigemessen, wird das zugrunde liegende Versmaß beibehalten. Man kann sich aber auch für ein anderes, in der Zielsprache gängiges Versmaß entscheiden oder sich einer Mischung von verschiedenen Versmaßen bedienen oder auf freie Verse ausweichen. Entscheidet man sich, so wie Schiefner (1852) und Fromm & Fromm (1967) in ihren Kalevala-Übersetzungen, für eine metrisch möglichst treue Übersetzung, muss damit gerechnet werden, dass die Wirkung des Versmaßes in der Zielsprache eine ganz andere ist als in der Ausgangssprache.

LITERATUR

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