Karl Heinrich Rau Ein Beitrag Zur Sozialgeschichte Der Professorenschaft Im 19
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Karl Heinrich Rau ein beitrag zur sozialgeschichte der professorenschaft im 19. jahrhundert Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Dr. phil. an der Fakultät für Verhaltens-und empirische Kulturwissenschaften der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg vorgelegt von Gabriele Haupt · Heidelberg 2004 Meiner Familie Inhaltsverzeichnis vorwort 03 1. kindheit und jugend 04 1.1. Herkunft und Familie 04 1.2. Kinderjahre und erste Schulzeit 09 1.3. Ausbildung bis zum Abitur 14 1.4. Studienjahre 31 1.5. Eine Zwischenbilanz 43 2. lehr-und wanderjahre 45 2.1. Privatdozent und Gymnasiallehrer in Erlangen 45 2.2. Reise durch Deutschland 50 2.3. Anstellung als Professor 64 3. professor in heidelberg 68 3.1. Zur Professionalisierung des Hochschullehrerberufs 68 3.1.1. Vom Gelehrtenstand zur Hochschullehrerschaft 68 3.1.2. Die Reformuniversität Humboldt’scher Prägung 72 und ihre Professoren 3.1.3. Fritz Ringer und die „Deutschen Mandarine“ 76 3.2. Zur Institutionalisierung der Nationalökonomie 81 3.2.1. Von der Kameralistik zur Nationalökonomie 81 3.2.2. Von der „Kameral Hohen Schule zu Lautern“ 86 zum ökonomischen Lehrfach in Heidelberg 3.3. Die Situation an der Universität Heidelberg um 1820 91 3.4. Der Professor Karl Heinrich Rau 95 3.5. Rau als Prinzenerzieher 109 Seite 1 4. rau als Prorektor 115 4.1. Das Prorektorat 1831/32 116 4.2. Das Prorektorat 1847/48 131 5. vertreter der universität heidelberg in der 1. kammer des badischen landtages 142 5.1. Die badische Verfassung von 1818 142 5.2. Rau in der 1. Kammer des Landtages 146 6. revolution 1848/49 165 7. reisen 189 Das Beispiel England 1851 189 8. weitere aktivitäten – jubiläen – ehrungen – tod 215 8.1. Mirarbeit in Universitätsgremien 215 8.2. Mitarbeit in kirchlichen Gremien 217 8.3. Arbeit für die Astor-Stiftung 220 8.4. Jubiläen und Ehrungen, Tod 225 9. ist rau der typische professor des 19. jahrhunderts? 238 literaturverzeichnis 243 Seite 2 Vorwort Karl Daniel Heinrich Rau (1792–1870) galt als einer der bedeutendsten Nationalökonomen seiner Zeit. Geboren und aufgewachsen in Erlangen, begann er auch seine wissenschaftliche Laufbahn an der Universität seiner Vaterstadt. 1822 erhielt er einen Ruf an die Universität Heidelberg, den er annahm. Nahezu fünfzig Jahre lang lehrte und wirkte er hier. Sein „Lehrbuch der politischen Ökonomie“, erstmals 1826 erschienen, erlebte zahlreiche Neuauflagen und galt als Standard- werk. Er war aber nicht nur Gelehrter, sondern trat 1833 als gewählter Abgeordneter der Universität in die erste Kammer der badischen Ständeversammlung ein, später wurde er vom Großherzog dahin berufen. 1848 war er Mitglied des Frankfurter Vorparlamentes. Nachdem nahezu 130 Jahre nach seinem Tode 1999 sein Tagebuch der Badischen Revolution in Heidelberg 1 erschienen ist, soll nun der Versuch unternommen werden, sein Leben darzustellen. Die Quellen dafür finden sich in seinem Nachlaß, der in Privatbesitz ist. Das Archiv der Uni- versität Heidelberg hat diesen Nachlaß geordnet und in 111 Archivnummern verzeichnet sowie auf Mikrofilm genommen, so daß er der Öffentlichkeit zugänglich ist. In der Folge wird bei Zitaten auf diese Archivnummern Bezug genommen. Es können allerdings keine Seitenzahlen angegeben werden, da keine verzeichnet sind. Dieser umfangreiche Nachlaß umfaßt persönliche Zeugnisse, Notizen, Zeichnungen, Tagebuch- aufzeichnungen, Landtagspapiere, Reisetagebücher, Protokolle sowie eine mannigfaltige Korres- pondenz mit Fachkollegen und anderen Persönlichkeiten seiner Zeit. Kurz nach dem Tode Raus wurde auf Bitten der Familie vom Neffen Rudolf Köhler eine Lebens- geschichte Raus und seines Vaters, Johann Wilhelm Rau, aufgezeichnet. Auch diese befindet sich beim Universitätsarchiv Heidelberg. Hinweise darauf werden hier unter „Köhler Rau“ gegeben. Auch hier können keine Seitenzahlen angegeben werden. Im Rahmen des Promotionsaufbaustudiums wurde 1999 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg von der Verfasserin eine wissenschaftliche Hausarbeit mit dem Titel: Karl Daniel Heinrich Rau. Ein Leben zwischen Aufklärung und beginnendem Industriezeitalter - Kindheit und Jugend - vorgelegt. Diese Arbeit findet in veränderter und gekürzter Form auch hier Eingang. 1 Karl Heinrich Rau: Die vierzig Tage in Heidelberg. Ubstadt-Weiher 1999 Seite 3 1. Kindheit und Jugend 1.1. herkunft und familie Karl Daniel Heinrich Rau wurde am 23. November 1792 in Erlangen geboren. Sein Vater war der Doktor der Theologie Johann Wilhelm Rau, ordentlicher Professor und Pfarrer an der Altstädter Kirche in Erlangen, geboren am 9. März 1745 in Rentweinsdorf in Franken, wo sein Vater Freiherrlich v. Rotenhan’scher Hausverwalter war. Da Johann Wilhelm Rau nicht nur als Vater für den Sohn wichtig und bedeutsam war, sondern auch an seiner Ausbildung wesentlichen Anteil hatte, soll hier der Bildungsgang und das berufliche Wirken des Vaters kurz dargestellt werden. Johann Wilhelm Rau besuchte schon als vierjähriger Knabe 1749 die Dorfschule in Bonnland in Franken. Nach verschiedenen Stationen, die durch beruflich bedingten Ortswechsel des Vaters notwendig wurden, kam er auf das Gymnasium Casimirianum in Coburg. Offenbar hat er damals schon theologische Studien betrieben, denn es ist das Konzept einer Predigt überliefert, die wohl auch vor einer Gemeinde gehalten wurde und „allgemeinen Beifall“2 fand. Nachdem die Bewer- bung um ein Familienstipendium insofern erfolgreich war, als Johann Wilhelm die Hälfte der aus- gesetzten Summe bekam, bezog der theologisch vorgebildete junge Mann im April 1766 die Universität Göttingen. Göttingen war damals nicht ausdrücklich theologisch ausgerichtet, sondern galt als eine Univer- sität, an der man eine moderne weltmännische Bildung erwerben konnte. Ihren Ruf verdankte die Universität vorwiegend den staatswissenschaftlichen und historisch-politischen Fächern (Schlözer, Gatterer, Heeren), auch Naturwissenschaften und Mathematik (Haller, Lichtenberg, Kästner) und Philologie, letztere vertreten durch Gesner, Heyne und Michaelis.3 Folgerichtig erstreckten sich Raus Studien nicht allein auf theologische Kollegien, er hörte auch reine und angewandte Mathematik, Philologie und Physik. Dazu kamen Sprachstudien in Eng- lisch, Arabisch, Syrisch, Chaldäisch und Rabbinisch.4 Daneben übernahm er auch eine Haus- lehrerstelle. Heyne nahm ihn in sein Philologisches Seminar auf. Ein Jahr später erhielt er als Mitglied des theologischen Repetentencollegiums seine erste amtliche Stelle. Mit 28 Jahren erhielt er auf Heynes Empfehlung einen Ruf als Rektor in der Stadt Peine, damals im Hildes- heimischen. Der Theologe wurde also, ganz seiner klassisch-humanistischen Ausbildung gemäß, erst einmal Lehrer. 2 Köhler/Rau; Zeugnis des Pfarrers Wolfhart 3 vgl. Friedrich Paulsen: Geschichte des gelehrten Unterrichts. Leipzig 1885, s. 441 ff. 4 vgl. Köhler/Rau Seite 4 Für seinen Familienstand wurde Peine eine wichtige Station: Im April 1776 heiratete er Caroline Henriette Hedwig Hübener, Tochter des Syndicus Christoph Gottlieb Hübener, geboren am 28. August 1755 in Peine. Von Caroline ist nur überliefert, daß sie musikalisch war und aus einer angesehenen Familie stammte, über ihre schulische oder sonstige Bildung ist nichts bekannt, was für die Mädchenbildung ihrer Zeit typisch ist. 1776 trat Johann Wilhelm Rau sein neues Amt als Gymnasiarch und Professor der Theologie in Dortmund an. 1777 wurde ihm das Prorektorat und der größte Teil vom Lehramt der Philosophie am Archigymnasium übertragen. Zu den öffentlichen Prüfungen dort im September 1778 lud er durch ein Programm ein: „Etwas über die neuere gelehrte Erziehung“, worin er gründlichen Jugendunterricht und keine spielende Lehre fordert, die zur Verzärtelung und Hohlheit führe. 1779 nahm er den Ruf auf die zweite, also am schlechtesten bezahlte theologische Professur in Erlangen an. Seine lateinische Antrittsrede hielt er über das Thema: „Wie der Theologieunterricht dem Geiste unserer Zeit anzubequemen sei.“ 1783 wurde er 3. Professor und Pfarrer an der Altstädter Kirche. 1788 rückte er in die zweite Professur auf. Viermal war er Prorektor, und 1807 wurden ihm die Arbeiten der Superintendentur übertragen. Am 1. Juli 1807 starb Johann Wilhelm Rau im Alter von 62 Jahren. Er hinterließ eine kränkliche Witwe mit drei Söhnen, zwei Töchtern und vier Enkeln. Bei der Mutter lebten noch die einund- zwanzigjährige Tochter Johanna und der vierzehnjährige Sohn Carl Daniel Heinrich. Die wirt- schaftliche Situation war äußerst schwierig, lange Zeit verging, bis eine Witwenpension gezahlt wurde. Johann Wilhelm und Caroline Rau hatten insgesamt acht Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten. Sie seien hier aufgeführt, da die Geschwister im Leben Carl Daniel Heinrichs eine nicht unwichtige Rolle spielten: 1. Sophie, geboren 1777 in Dortmund, verheiratet mit dem Professor für Kameralistik Carl Daniel Heinrich Bensen, der 1805 in Würzburg starb; Sophie starb 1828. 2. Gottlieb, geboren 1779 in Erlangen, der 1840 in Gießen als Professor der Medizin und Physicus (Arzt) starb. 3. Johanna, geboren 1786 in Erlangen, starb unverheiratet in Erlangen 1856. 4. Heinrich Hermann, geboren 1787 in Erlangen, der 1852 als Professor der französischen Sprache in Heidelberg starb. 5. Carl Daniel Heinrich, geboren 23. 11. 1792 in Erlangen. Seite 5 Bei der Geburt des Jüngsten stellt sich die Familiensitiuation wie folgt dar: Der Vater war 47 Jahre alt, beruflich saturiert und erfolgreich. Finanziell war man nicht üppig ausgestattet, hatte aber genug, um ein bürgerlich-bescheidenes Leben zu führen. Seine beiden Berufe als Theologie- professor und Pfarrer füllten