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Bundesländern, aber auch in den Parteien selbst. die Fachpflege eine starke Stimme – auch gegen- Fragt man auf Bundesebene nach, sieht das Stim- über anderen, bereits verkammerten Berufen im mungsbild etwas einheitlicher aus. Die pflege- und Gesundheitswesen – erhält, wie beispielsweise gesundheitspolitischen Sprecher der Bundes- Ärzte- und Apothekerschaft. Je mehr Pflegekam- parteien äußern sich auf Nachfrage überwiegend mern es in den Bundesländern gibt, umso lauter positiv. wird diese Stimme.“

CDU/CSU: FDP: , gesundheitspolitische Sprecherin der , pflegepolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält Pflegekam- FDP, steht Pflegekammern generell positiv gegen- mern persönlich „für eine gute Sache“, betont über. „Als größte Berufsgruppe in Deutschland aber, dass sie sich nicht in die Entscheidungen haben die Pflegenden bislang keine organisier- auf Länderebene einmischen möchte. Sie begrüßt te Interessenvertretung ihres Berufsstandes. So auch die Gründung der Bundespflegekammer. konnte es dazu kommen, dass über die Ausbil- „Schließlich brauchen wir eine starke Stimme dungs- und Prüfungsordnung zur neuen Pflege- dieser wichtigen Berufsgruppe. Eine Bundespfle- ausbildung der Deutsche und nicht gekammer ist sowohl für die Wahrnehmung des etwa diejenigen entschieden haben, die allein für 2021 Berufsstandes in der Öffentlichkeit als auch für die beruflich Pflegenden sprechen“, sagt sie. Eine BUNDESTAGSWAHL die Expertise der Pflege in den gesundheits- und Pflegekammer könne helfen, der professionellen pflegepolitischen Debatten förderlich“, sagt Maag. Pflege mehr Gewicht innerhalb der Gesundheits- Sie sieht in Kammern die Chance, das öffentliche berufe zu verschaffen. Bevor eine Pflegekammer Ansehen von Pflegefachkräften noch weiter zu errichtet werde, müsse jedoch immer ein klares verbessern. Bekenntnis der Pflegenden dazu eingeholt wer- den, sagt sie. Die FDP werde keine Etablierung SPD: einer Pflegekammer gegen den Willen der Pfle- Die Pflegebeauftragte der SPD, Heike Baehrens, genden unterstützen. BUNDESTAGSWAHL 2021 sieht bei der Entscheidung für oder gegen Pflege- kammern ebenfalls die Länder in der Pflicht. Da DIE LINKE: die Länderverbände der SPD sehr unterschiedli- Kritisch gegenüber Pflegekammern äußert sich Pflege first? che Ansichten vertreten, möchte sie für ihre Par- auf Bundesebene DIE LINKE. Die großen Baustel- tei keine pauschale Aussage zum Thema Pflege- len in der professionellen Pflege wie schlechte Die nächste Bundestagswahl kommt und mit ihr kammern treffen. Auch sie begrüßt sehr, dass es Arbeitsbedingungen und eine deutlich zu gerin- die Frage: Wie stehen die Bundesparteien zur inzwischen eine Bundespflegekammer gibt. „Wir ge Entlohnung könnten von einer Berufekammer Pflegekammer? Denn Land und Bund sind ja werden uns dafür einsetzen, dass sie an Einfluss nicht gelöst werden, sagt , Spre- bekanntermaßen nicht immer einer Meinung, gewinnt in den Entscheidungsgremien der Selbst- cherin für Pflegepolitik. Hier seien Gewerkschaf- auch nicht beim Thema Pflegekammer. verwaltung wie zum Beispiel dem Gemeinsamen ten und Berufsverbände maßgeblich. Eine berufs- Bundesausschuss.“ Baehrens hält Pflegekammern ständische Kammer sei nicht geeignet, die Kräfte für wichtig, weil sie diese Expertise und Anliegen der Beschäftigten in der Pflege zu bündeln und sie Wie erfolgreich eine Pflegekammer arbeiten kann, schlagen, wie sich an Niedersachsen zeigt. Hier der Pflege in politischen Prozessen vertreten. „Die zu einem schlagkräftigen Akteur im Politikbetrieb hängt auch vom Rückhalt der Politik ab. Rhein- wurde die Gründung der Pflegekammer durch Pflege muss mitbestimmen, wenn es um ihre Be- zu machen. Um allerdings eine gute Pflege zu ge- land-Pfalz ist dafür ein gutes Beispiel. Die Minis- eine rot-grüne Landesregierung beschlossen, die lange geht – so wie gerade auch die Ärzteschaft währleisten, brauche es Organisationen, die einzig terpräsidentin Malu Dreyer gehörte sehr früh zu 2017 durch eine große Koalition aus CDU und SPD das ganz selbstverständlich tut“, sagt sie. Auch und allein für die Interessen der Pflegenden ein- den Befürworterinnen und hat es geschafft, in ih- abgelöst wurde. Die CDU in Niedersachsen stand für ein selbstbestimmtes Berufsprofil könne eine stehen. Das Wichtigste bleibe dabei die Selbstor- rem Bundesland erfolgreich die erste Pflegekam- der Kammer von vornherein sehr kritisch gegen- Kammer in enger Kooperation mit den Berufsver- ganisation der Pflegekräfte. mer auf den Weg zu bringen. Die SPD-Politikerin über: Auch Oppositionsparteien wie die arbeit- bänden der Pflege viel beitragen. „Hier kommen ist überzeugt: Es braucht eine starke berufsstän- gebernahe FDP befeuerten die angeheizte Stim- Wissen über die Berufspraxis und Grundethos des AfD: dische Stimme, damit die Pflegenden ihre Interes- mung gegen die Kammer. Als Konsequenz kam es Berufes zusammen.“ Die AfD spricht sich ebenfalls gegen Pflegekam- sen gleichberechtigt mit anderen Berufsgruppen im Sommer 2020 zu einer Mitgliederbefragung, mern aus. Die Fraktion sei grundsätzlich gegen im Gesundheitswesen vertreten können. Und das bei der rund 71 Prozent gegen den Fortbestand Bündnis 90/Die Grünen: jede Art von Pflichtmitgliedschaft, heißt es hierzu geht nur mit einer Kammer. In Rheinland-Pfalz hat der Kammer votierten. An der Online-Abstim- Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflegepoli- vonseiten des gesundheitspolitischen Sprechers ein fraktionenübergreifendes Bündnis aus SPD, mung nahmen nur knapp 20 Prozent der Mitglie- tik von Bündnis 90/Die Grünen, ist eine klare Be- . Um die Frage hinsichtlich Grünen, FDP und CDU die Einrichtung einer Pfle- der teil. Die Kammer wird nach dieser Entschei- fürworterin von Pflegekammern. „Einige grüne der Etablierung von Pflegekammern zustimmend gekammer beschlossen und sieht sich in der er- dung nun aufgelöst. Parteiprogramme enthalten die explizite Forde- oder ablehnend bewerten zu können, bedürfe es folgreichen Arbeit der Pflegekammer für den Be- rung, eine Pflegekammer aufzubauen“, sagt sie. aus Sicht seiner Partei zunächst einer repräsenta- rufsstand Pflege in dieser Entscheidung bestätigt. Wer ist für eine Kammer, wer dagegen? Die Bundestagsfraktion begrüße auch die Grün- tiven Umfrage unter den Pflegenden. (bt) Ob CDU, SPD, Die Grünen oder FDP: Die Mei- dung der Bundespflegekammer, „weil damit in Anderswo kann der politische Rückhalt kann bei nungen über die Notwendigkeit von Pflegekam- der Gesetzgebung und in Entscheidungsgremien

Illustration: artinspiring / stock.adobe.com Illustration: einem Regierungswechsel aber in Gegenwind um- mern gehen weit auseinander – in den einzelnen

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BUNDESPARTEIEN IN DER ÜBERSICHT

Pro? / Contra? Warum? Wie finanzieren?

Karin Maag, „Ich persönlich halte Pfle- Mitgliederbeiträge CDU/CSU gekammern für eine gute Sache! Wir brauchen eine Gesundheitspolitische Sprecherin starke Stimme dieser wich- tigen Berufsgruppe.“

Heike Baehrens, „Die Pflege muss mitbe- Kombination aus niedrigen SPD stimmen, wenn es um ihre Pflichtbeiträgen und öffent- Pflegebeauftragte Belange geht – so wie gera- licher Förderung de auch die Ärzteschaft das ganz selbstverständlich tut.“

Kordula Schulz- „Von einem zukunftsfähigen Eine von anderen Interes- Asche, Bündnis 90/ und attraktiven Pflegeberuf sen unabhängige Finanzie- Die Grünen profitieren die Pflegefach- rung; evtl. Bundeszuschuss Sprecherin für Pflegepolitik kräfte und die ganze Gesell- für Bundespflegekammer schaft.“

Nicole Westig, FDP „Eine Pflegekammer kann Mitgliederbeiträge plus An- Pflegepolitische Sprecherin helfen, der professionellen schubfinanzierung Pflege mehr Gewicht inner- halb der Gesundheitsberufe zu verschaffen und der Pfle- ge eine politische Stimme gerade auch in den Gremien des Gesundheitswesens zu geben.“

Pia Zimmermann, „Eine berufsständische Kam‑ Vollumfängliche Finanzie- DIE LINKE mer ist nicht geeignet, die rung von Pflegekammern Sprecherin für Pflegepolitik Kräfte der Beschäftigten in über Landesregierung der Pflege zu bündeln und sie zu einem schlagkräftigen Akteur im Politikbetrieb zu machen.“

Detlev Spangenberg, „Unsere Fraktion ist grund- Mitgliederbeiträge AfD sätzlich gegen jede Art von Gesundheitspolitischer Pflichtmitgliedschaft.“ Sprecher

Für diesen Überblick wurden die pflege- und gesundheitspolitischen Sprecher der Bundestagsparteien angefragt. Die Antworten spiegeln vorrangig die persönliche Meinung der angefragten Personen wider. Nicht immer liegt ein parteiinterner Konsens vor.

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