Orang Cina in Indonesien Als Fallstudie
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Georg-August-Universität Göttingen Seminar für Politikwissenschaft Abteilung für Internationale Beziehungen Hauptseminar: Die Türkei und Europa Sommersemester 1999 Leitung: Prof. Dr. Bassam Tibi DDiiee KKoonnssttrruukkttiioonn vvoonn EEtthhnniizziittäätt Die gesellschaftliche Ausgliederung der „Orang Cina“ in Indonesien als Fall- studie vorgelegt von Christian Franz Politikwissenschaft, Mittlere und neuere Geschichte, Publizistik u. Kommunikationswissenschaft M.A. (7./6./7. Semester) Inhaltsverzeichnis Seite 1 EINLEITUNG ................................................................................................................... 1—1 2 DEFINITIONEN ............................................................................................................. 2—3 2.1 ETHNIZITÄT ..................................................................................................................................... 2—3 2.2 ETHNOZENTRISMUS UND ETHNISCHER KONFLIKT ................................................................. 2—5 2.3 ETHNISCHE MINDERHEIT ............................................................................................................. 2—5 3 DIE MEHRHEIT: ISLAM ALS NATIONALE IDENTITÄT ........................................ 3—6 4 DIE ETHNISCHE MINDERHEIT: „ORANG CINA“ ................................................. 4—8 4.1 HISTORISCHE ENTWICKLUNG: SIEDLUNGSGESCHICHTE ....................................................... 4—8 4.2 DIE CHINESISCHE GEMEINSCHAFT INDONESIENS ................................................................ 4—10 4.2.1 Zusammensetzung............................................................................................................... 4—10 4.2.2 Heterogenität ...................................................................................................................... 4—10 5 ANTICHINESISCHE VORURTEILE UND STEREOTYPEN ................................... 5—12 5.1 GESELLSCHAFTLICHER EXKLUSIVISMUS .................................................................................. 5—13 5.2 WIRTSCHAFTLICHE AUSBEUTUNG ............................................................................................. 5—13 5.3 POLITISCHER OPPORTUNISMUS ................................................................................................. 5—13 6 URSACHEN UND FAKTOREN DES ANTISINISMUS .............................................. 6—14 6.1 AUSBEUTUNG UND EXKLUSIVISMUS: DIE CHINESEN UNTER DEN NIEDERLÄNDERN . 6—14 6.2 ILLOYALITÄT ZUR REPUBLIK INDONESIEN: DIE UNGEKLÄRTE STAATSBÜRGERSCHAFT6—16 6.3 ANTINATIONALISMUS: DER REVOLUTIONÄRE WEG IN DIE UNABHÄNGIGKEIT ........... 6—18 6.4 WIRTSCHAFTLICHE KONKURRENZ: MAßNAHMEN DER INDONESISCHEN REGIERUNG UNTER SUKARNO ............................................................................................................................... 6—20 6.5 POLITISCHER SPIELBALL: DIE „NEUE ORDNUNG“ UND DIE CHINESEN ......................... 6—21 6.5.1 Sündenböcke: Der Putsch 1965 und die Auswirkungen auf die Chinesen ........................... 6—21 6.5.2 Machtnähe durch Cukongismus: Indonesische Wirtschaft ab 1967 ...................................... 6—23 6.6 SETZEN AUF DAS FALSCHE PFERD: KOLLABORATEURE DER NEUEN ORDNUNG IN DER NEUESTEN ORDNUNG. DIE AKTUELLE ÖKONOMISCHE SITUATION DER CHINESISCHEN MINDERHEIT IN DER POST-SUHARTO-ÄRA ................................................................... 6—26 7 „ORANG CINA“ ALS TYPISCHE MIDDLEMAN MINORITY: FAZIT .................... 7—29 8 AUSBLICK ........................................................................................................................ 8—31 9 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................ 9—33 9.1 ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUR LANDESKUNDE .......................................................... 9—33 9.2 MONOGRAPHIEN UND AUFSÄTZE ............................................................................................. 9—34 9.3 ZEITUNGS- UND ZEITSCHRIFTENARTIKEL .............................................................................. 9—36 9.4 INTERNET ....................................................................................................................................... 9—37 . Ethnizität: Die chinesische Minderheit Indonesiens Kapitel 1— 1.Seite von 39 Seiten . „... the Menadonese have their island in Sulawesi, Padang people theirs in Sumatra. Now, where is Baba from? Is there a Peking island in Indonesia?“1 1 Einleitung „The core of ethnicity resides in the socially produced and ever-changing quartet of common myths, memories, values and symbols“, so Anthony SMITH.2 Ethnizität ist demnach also ein Produkt der Gesellschaft, konstruiert und weder statisch noch objektiv. Sicherlich beruht sie auf realen Differenzen zwischen in einem Staat lebenden Gruppen. Aber Un- terschiede alleine wären belanglos. Doch Ethnizität ist alles andere als belanglos: Es handelt sich hierbei um einen der Hauptkonfliktherde in der heutigen Welt.3 Was ethnische Kategorien für das Studium der internationalen Beziehungen so wichtig und interessant macht, ist der Umstand, daβ ethnische Gruppen in eine gesellschaftliche Hierarchie eingeordnet werden, in der es dominierende und untergeordnete Ethnien gibt, und die daraus folgenden Konsequenzen. Es geht um die Hege- monie im politischen, kulturellen oder ökonomischen Raum. Diese Auseinandersetzung spielt sich zwischen Gruppen ab, die sich aufgrund vermeintlich gemeinsamer Mythen, Erinnerungen, Werte und Symbole zusammensetzen.4 Gerade, weil letztgenannte Attribute einer Ethnie von auβen bzw. von einer Ethnie sich selbst oftmals relativ willkürlich zugeschrieben werden, kann man davon sprechen, daβ ethnische Minder- heiten hergestellt werden, ohne sich automatisch, gleichsam natürlich in einer untergebenen gesell- schaftlichen Postition befinden zu müssen. Die Entstehung von ethnischen Mehr- und Minderheiten ist irrational, aber nicht ungewollt. Der Ausschluβ einer Minderheit aus der „imagined community“ (Ben ANDERSON) kann der Mehrheit viel nutzen: Leicht lassen sich Minderheiten als Sündenböcke gebrauchen. Doch wie kann eine „imagined minority“ entstehen? Welchen Vorurteilen ist eine ethnische Min- derheit ausgesetzt, und wo liegen die Beweggründe für negative Stereotypen? Was sind die Auswir- kungen auf das Leben der Minoritäts-Angehörigen, welchen Diskriminierungen und Ausschreitungen sind sie ausgesetzt? Ethnische Konflikte sind vielseitig: Es seien nur die Beispiele Ruanda, Nord-Irland, USA oder Südafrika genannt. Mit einer Fallstudie lassen sich sicherlich wenig verallgemeinerbare Schlüsse zie- hen. Dennoch sollen hier anhand einer Untersuchung des ethnischen Konfliktes zwischen den Pribu- mis, den autochthonen Indonesiern, und der chinesischen Minderheit Indonesiens5 einige Mechanis- 1 Aus dem antichinesischen Comic „Ali und Baba“, wobei Ali die „eingeborenen“ Indonesier und Baba die Chine- sen verkörpert. Zit.n. COPPEL, Charles: Indonesian Chinese in Crisis, Oxford University Press, Kuala Lumpur 1983, S. 71. Von dort (S. 55) stammt auch die Karikatur auf der Titelseite. 2 SMITH, Anthony D.: The ethnic origins of nations, B.Blackwell, Oxford/New York 1986, S. 15. 3 TIBI, Bassam: The challenge of fundamentalism: political Islam and the new world disorder, University of Cali- fornia Press, Berkley 1998, S. 124. 4 Vgl. SMITH: a.a.O., S. 15. 5 Die Begriffe „Chinesen“, „chinesische Minderheit“, „Überseechinesen“ und „ethnische Chinesen“ werden in die- ser Arbeit trotz ihrer teilweise unterschiedlichen Bedeutung (vgl. SURYADINATA, Leo: „Ethnic Chinese in . Ethnizität: Die chinesische Minderheit Indonesiens Kapitel 1— 2.Seite von 39 Seiten . men der Ausgrenzung aufgezeigt werden. Es soll im folgenden dargelegt werden, wie und mit wel- chen Konsequenzen Ethnizität konstruiert wird. Das im Mittelpunkt dieser Arbeit stehende Land Indonesien ist ein Staat mit vielen Ethnien. Java- ner6, Sundanesen, Maduresen oder Balinesen sind nur einige wenige der über 300 verschiedenen Völ- ker7, die den 13677 Inseln8 umfassenden Staat bewohnen. Mit dem Motto Bhinekka tunggal i- ka/Einheit durch Vielfalt9 versucht die indonesische Regierung, das unter holländischer Kolonial- herrschaft geschaffene Land, in dem inzwischen schon über 209 Millionen Einwohner10 leben, durch eine Politik des kulturellen Pluralismus zu einen. Nur für die ca. 5.4 Millionen11 teilweise schon seit vielen Generationen eingewanderten Chinesen scheint dieses nicht zu gelten: Im Gegensatz zu anderen Ethnien, die ihre kulturellen Besonderheiten behalten dürfen12, haben sich die Überseechinesen zu assimilieren. Die indonesische Wirtschaftspolitik besteht aus vielen gegen die Chinesen gerichteten Regelungen und Gesetzen, die den chinesischen Einfluß auf die Ökonomie unterbinden sollen. Die indonesische Regierung spricht vom „Chinesenproblem“13 und versucht, diesem administativ und legislativ zu be- gegnen.14 Ausschreitungen gegen Angehörige der chinesischen Minderheit, im Volksmund pejorativ „Orang Cina“ oder nur „Cina“ genannt, geschehen häufig; in Krisenzeiten eskalieren sie und spitzen sich zu regelrechten Pogromen zu.15 Einer Gruppe innerhalb der indonesischen Vielfalt scheint also eine Sonderrolle zuzukommen. Wie es dazu kommen konnte, weshalb sich der Antisinismus bis in die heutige Zeit halten kann, wo- rüber kürzlich – bei den Ausschreitungen vom Mai 1998 – selbst die bundesdeutschen Medien be- richteten, soll mit dieser Arbeit untersucht werden. Nachdem in Kapitel 3 und 4 die Hauptakteure