Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

TO1 Vorschlag zur Tagesordnung

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 22.07.2019 Tagesordnungspunkt: 1 Eröffnung & Formalia

Antragstext

1 Samstag, 19. Oktober

2 11.00 - 11.30 3 TOP 1 Eröffnung & Formalia

4 11.30 - 14.15 5 TOP 2 Politische Aussprache

6 14.15 - 15.30 7 TOP 3 Kommunalwahl 2020

8 15.30 - 16.30 9 TOP 4 Sozialer Zusammenhalt

10 16.30 - 17.00 11 TOP 5 Satzung & Statuten

12 17.00 - 18.30 13 TOP 6 Finanzen

14 Sonntag, 20. Oktober

15 9.00 - 9.15 16 TOP 7 Bericht des Landesausschuss

17 9.15 - 10.30 18 TOP 8 Anträge

19 10.30 - 14.30 20 TOP 9 Gremienwahlen

Seite 1 / 2 TO1 Vorschlag zur Tagesordnung

21 14.30 - 15.00 22 Fortsetzung TOP 8 Anträge

23 15.00 24 TOP 10 Verabschiedung & Schluss

25 * Zeitangaben sind ungefähre Werte zur Orientierung Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

KW1 Kommunalpolitische Erklärung: Weil wir hier leben

Gremium: Landesvorstand und Landesausschuss Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 3 Kommunalwahl 2020

Antragstext

1 Grüne gestalten Kommunen: nachhaltig – gerecht – 2 vielfältig

3 Vor Ort, in der Stadt und der Gemeinde gestalten wir unser Zusammenleben. Dort, 4 wo die Menschen in Bayern zuhause sind, legen wir den Grundstein, um gut zu 5 leben – in einer intakten Umwelt und in einem guten sozialen Miteinander. Unsere 6 Kommunalpolitik blickt dabei nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern 7 ermöglicht eine gute Zukunft für alle. 8 Bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 in Bayern kommt es auf jede einzelne 9 Stimme an: für den Schutz des Klimas, für eine gesunde Natur, dafür dass unsere 10 Kinder gut aufwachsen und alle gut miteinander leben können – ob Frau oder Mann, 11 jung oder alt, alteingesessen oder neuangekommen. 12 Dafür brauchen wir in unseren bayerischen Landkreisen, Städten und Gemeinden 13 starke GRÜNE Politiker*innen, die im Bewusstsein unserer globalen Verantwortung 14 lokal gute Entscheidungen auf den Weg bringen, und die mit Engagement, Mut und 15 Kreativität für eine weltoffene, sozial gerechte und ökologische Politik 16 einstehen. Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft und die Zukunft unseres 17 Planeten entscheiden sich auch vor Ort.

18 Volle Energie fürs Klima 19 Klimaschutz hat für uns GRÜNE absolute Priorität. Vor Ort, in unseren Städten 20 und Gemeinden, sind wir jetzt gefordert, alles dafür zu tun, damit die Pariser 21 Klimaziele noch erreichbar sind. Unser Ziel ist die klimaneutrale Kommune mit 22 100 Prozent sauberem Strom aus erneuerbaren Energien, einer klimaneutralen 23 Wärmeversorgung und umweltfreundlichen Mobilität. Wir werden darauf hinwirken, 24 dass in allen Städten und Gemeinden in Bayern kommunale Klimaschutzkonzepte und 25 Klimaanpassungsstrategien erstellt und umgesetzt werden. Wir wollen mehr Energie 26 in Bürger*innenhand – Energie aus Wind und Sonne, die von 27 Bürgerenergiegenossenschaften betrieben werden. Für all das braucht es große 28 Anstrengungen. Wir GRÜNE sind bereit, uns dieser Herausforderung zu stellen. Den 29 Interessen zukünftiger Generationen werden wir mehr Gehör schenken.

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30 Lokaler Artenschutz wirkt 31 Wir GRÜNE stehen für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, für den 32 Schutz der Natur und unserer Artenvielfalt. Wir wollen den Flächenverbrauch 33 begrenzen, die Lebensräume von lokalen Tier- und Pflanzenarten schützen und dazu 34 Natur- und Landschaftsschutzgebiete weiterentwickeln und Biotope besser 35 vernetzen. Kommunale Flächen, Wälder und Gewässer sollen umweltverträglich und 36 nachhaltig bewirtschaftet werden. Wir setzen uns für eine ökologische 37 Landwirtschaft ein und arbeiten dazu partnerschaftlich mit den Landwirtinnen und 38 Landwirten zusammen. Wir wollen mehr Dach- und Fassadenbegrünung ermöglichen, um 39 auch hier Lebensräume zu öffnen. Mit kommunalen Biodiversitätsstrategien und 40 Freiflächenkonzepten zum Schutz der Arten werden wir vor Ort neue Lebensräume 41 schaffen.

42 Grüne Mobilität für mehr Lebensqualität 43 Wir wollen in unseren Städten, Gemeinden und Landkreisen ein klimafreundliches, 44 attraktives und bedarfsgerechtes Mobilitätsangebot schaffen, mit dem alle bequem 45 und stressfrei zum Ziel kommen, das die Umwelt schützt und für mehr 46 Lebensqualität in unseren Ortschaften sorgt. Dafür brauchen wir vor allem ein 47 besseres und attraktiveres Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel, sichere und 48 komfortable Infrastruktur für Fahrräder und Pedelecs, CarSharing- Angebote und 49 eine gute Vernetzung aller Verkehrsmittel. 50 Wir GRÜNE machen Bayern zum Fahrradland. Dafür wollen wir in den Städten und 51 Landkreisen mehr in Sicherheit, Qualität und Attraktivität des Radverkehrs 52 investieren. Mit Radwegekonzepten und Radverkehrsbeauftragten in unseren 53 Kommunen werden wir dem Thema einen höheren Stellenwert geben.

54 Lieblingsorte schaffen 55 Mit einer sozialen und ökologischen Stadt- und Ortsentwicklung stärken wir den 56 Zusammenhalt. Wir wollen Nachbarschaften, Stadtviertel und Dörfer so gestalten, 57 dass Alt und Jung gut und selbstbestimmt zusammenleben. Wir wollen lebendige 58 Stadtquartiere, belebte Plätze, kurze Wege und räumen der Barrierefreiheit einen 59 hohen Stellewert ein. Den ausufernden Flächenverbrauch werden wir auf ein 60 verträgliches Maß zurückführen, so dass die Stadt- und Ortskerne lebendig 61 bleiben, die schöne Kulturlandschaft Bayerns erhalten und trotzdem genug Raum 62 für den Bau von Wohnungen und Gewerbe bleibt. Mit qualitätvollem Bauen und 63 zukunftsweisenden Ideen sorgen wir für die Wahrung der Identität unserer 64 Ortschaften, für Nachverdichtung mit Augenmaß und für Baukultur und schöne Orte. 65 Wir wollen, dass Bayern Heimat bleibt – weil wir hier leben.

66 Bezahlbares Wohnen für alle 67 Wohnen muss bezahlbar sein. Besonders in den Regionen Bayerns mit wachsender 68 Bevölkerung brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum. Deshalb sollen Kommunen beim 69 Wohnungsbau einen relevanten Anteil mietpreisgebundener Wohnungen vorgeben und 70 selbst in den sozialen Mietwohnungsbau investieren. Dafür werden wir kommunale 71 Wohnungsbaugesellschaften stärken, eine sozial gerechte Bodennutzung 72 vorantreiben und in Bebauungsplänen eine verbindliche Quote für sozialen

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73 Wohnungsbau festschreiben. Wir GRÜNE unterstützen Bauherrengemeinschaften, 74 Genossenschaften und alternative, gemeinschaftliche Wohnformen, die preiswert 75 Wohnraum schaffen.

76 Alle gehören dazu 77 Wir GRÜNE setzen uns für eine glaubwürdige kommunale Sozialpolitik ein, die 78 Teilhabe für alle ermöglicht, Armut bekämpft und dazu beiträgt, dass das Zuhause 79 bezahlbar bleibt. Wir fördern ein gutes Miteinander der Menschen, die schon 80 länger hier leben und derer, die neu zugewandert sind. Auch vor Ort ist für uns 81 die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern wichtig. Nur eine 82 familienfreundliche Gemeinde ist auch eine zukunftsfähige Gemeinde. Wir wollen 83 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass im alltäglichen Zusammenleben vor Ort 84 die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Selbstverständlichkeit ist. 85 Ausreichend und qualitativ gute Kinderbetreuung, flexible Angebote und 86 familienfreundliche Öffnungszeiten gehören dazu. Gleiche Bildungschancen für 87 alle und gut ausgestattete Schulen, die eine attraktive Umgebung für gutes 88 Lernen bieten, haben für uns Priorität. 89 Wir GRÜNE setzen uns ein für eine freie, eine weltoffene und vielfältige 90 Gesellschaft und wir stehen an der Seite der zivilgesellschaftlichen Initiativen 91 im Kampf gegen Rassismus und rechte Gewalt. Bei der Kommunalwahl 2020 kommt es 92 auch entscheidend darauf an, dass unsere Landkreise, Städte und Gemeinden nicht 93 nach rechts abdriften. Menschenfeindlichkeit und rechte Hetze haben bei uns 94 nichts zu suchen.

95 Starke Kommunen beteiligen - Mitreden, Mitentscheiden, Mitmachen 96 Demokratie lebt vom aktiven Einmischen. Wir GRÜNE leben Bürgerbeteiligung und 97 wollen die Politik des Gehörtwerdens etablieren. Die Öffentlichkeit soll über 98 anstehende Projekte frühzeitig informiert und Bürger*innen zu wichtigen 99 Planungen angehört werden. Wir wollen die Möglichkeiten zur Beteiligung der 100 Bürgerinnen und Bürger ausweiten, wenn es um Entscheidungen vor Ort geht. Denn 101 eine lebendige Kommune lebt davon, dass sich die Menschen einmischen, mitreden 102 und mitgestalten.

103 Weil wir hier leben 104 Am 15. März 2020 wählen die Bayerinnen und Bayern, wer sie in den Stadträten, 105 Gemeinderäten und Kreistagen vertritt. Wir GRÜNE bewerben uns um ihr Vertrauen, 106 weil wir gute Ideen haben und diese gemeinsam anpacken wollen. Wir GRÜNE haben 107 ein politisches Angebot für das ganze Land. Denn die Regionen, Städte und 108 Gemeinden in Bayern sind so vielfältig wie die Menschen, die dort leben. In 109 dieser Vielfalt liegt Bayerns Stärke. 110 Seit fast 40 Jahren engagieren sich überall in Bayern kompetente und erfahrene 111 GRÜNE Kommunalpolitiker*innen für die Umsetzung unserer Ideen - in den 112 Stadträten, Gemeinderäten, Kreistagen, als Bürgermeister*innen und seit 2014 als 113 Landräte. Mit uns ist Bayern auf Zukunftskurs. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und 114 Bürgern, wollen wir unsere bayerischen Kommunen nach vorne bringen. Für 115 lebendige und lebenswerte Städte und Gemeinden in Bayern.

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116 Weil wir hier leben. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

KW2 Kommunaler Klimaschutz – der Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele

Antragsteller*in: Landesvorstand, Martin Stümpfig MdL (KV Ansbach) Tagesordnungspunkt: 3 Kommunalwahl 2020

Antragstext

1 Kommunen sind der Motor der Energiewende

2 Den Kommunen kommt beim Klimaschutz eine Schlüsselfunktion zu. Wohnen, Gewerbe, 3 Industrie, Verkehr und Freizeit – hier wird ein großer Teil der klimaschädlichen 4 Gase ausgestoßen. Dieses große Potential für CO2-Einsparungen muss genutzt 5 werden.

6 Kommunen entscheiden maßgeblich mit, ob es attraktive Alternativen zum Auto 7 gibt, ob saubere Energie erzeugt und angeboten werden, welche Hilfestellungen 8 und Beratungen die Bürgerinnen und Bürger bekommen. Die Infrastruktur für Strom, 9 Wärme und Mobilität, welche ein ganz entscheidender Faktor der 10 Treibhausgasvermeidung ist, gehört zu den ureigenen Aufgabengebieten der 11 Kommunen. Ob und in welchem Maße sich die Bürgerinnen und Bürger klimafreundlich 12 verhalten, hängt von der Infrastruktur, der Attraktivität und der jeweiligen 13 Bereitschaft ab.

14 Die Kommunen haben auch den kürzesten Draht zu den Bürger*innen, beraten und 15 motivieren sie, sind für deren Versorgung zuständig und können gleichzeitig bei 16 den eigenen Liegenschaften, Versorgungsanlagen und Bauwerken eigenverantwortlich 17 handeln und mit guten Beispielen vorangehen.

18 Wirksame Klimaschutzmaßnahmen müssen jetzt in allen Kommunen Priorität haben, 19 denn die Zeit zur Einhaltung der Pariser Klimaziele drängt. Das verbleibende 20 Budget zur Einhaltung der Ziele der Umweltkonferenz von Paris ist eng begrenzt. 21 Gerade einmal 1000 Mio. t Treibhausgasemissionen dürfen in Bayern noch 22 verursacht werden. Die derzeitigen Emissionen betragen jedoch 100 Mio. Tonnen – 23 Jahr für Jahr.

24 Unterstützung von Landesebene

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25 Derzeit schleppt im Durchschnitt jede und jeder von uns einen acht Tonnen 26 schweren CO2-Rucksack mit sich herum. Damit dieser Rucksack von Jahr zu Jahr 27 leichter wird, müssen alle politischen Ebenen handeln.

28 Die Staatsregierung muss den Kommunen den Klimaschutz so leicht wie möglich 29 machen. Durch Finanzhilfen, Beratung, Beseitigung rechtlicher Hürden und das 30 Abschaffen schädlicher Anreize. Die Raumplanung muss die Folgen für das Klima 31 berücksichtigen. Die Kommunen brauchen bessere rechtliche Rahmenbedingungen für 32 Erneuerbare Energien und für die Stadtplanung. Den gesetzlichen Rahmen gibt ein 33 bayerisches Klimaschutzgesetz vor. Kernpunkte dieses Gesetzes sollen u.a. 34 kommunale Handlungskonzepte, kommunale Klimaschutzkonzepte, kommunale 35 Wärmeplanung und kommunale Klima-Verkehrspläne sein. Der Klimaschutz- 36 Gesetzentwurf der grünen Landtagsfraktion dient hier als Grundlage.

37 Kommunale Leitziele und Strukturen festlegen

38 Neben den mittel- und langfristigen Plänen beim Klimaschutz wie eine CO2- 39 Bepreisung, den schnelleren Ausbau der sauberen Energien aus Sonne und Wind und 40 einen schnelleren Ausstieg aus den alten Energien Kohle und Atom, können 41 insbesondere in den Kommunen schon jetzt entscheidende Weichenstellungen 42 eingeleitet werden:

43 Leitziele festlegen – Eckpunkte für die Energiewend

44 Auf kommunaler Ebene sollten bayernweit in allen Kommunen noch im Jahr 2020 45 Leitziele zum Klimaschutz verabschiedet werden. Diese Leitziele sollten klare 46 Zielsetzungen zur Einsparung von Treibhausgasemissionen in den einzelnen 47 Bereichen und für den Umstieg auf erneuerbare Energien, Festlegungen in der 48 Stadtplanung nach den Grundsätzen „innen vor außen“ und „Klimaschutz durch kurze 49 Wege“ und Zielsetzungen für den Anteil an umweltfreundlichen Verkehrsmittel 50 enthalten.

51 Erstellen eines Klimaschutzkonzepts - Klimaschutzmanager ist Kümmerer*in

52 Ein umfassendes Klimaschutzkonzept ist die Grundlage für eine kommunale Klima- 53 Offensive. Maßnahmen der Kommune werden gemeinsam erarbeitet und so von breiter 54 Schicht getragen. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei der Erarbeitung 55 dieses Konzeptes für die eigene Stadt/die eigene Gemeinde, bietet einen großen 56 Erfahrungsgewinn. Es sollen dabei möglichst viele gesellschaftliche Gruppen 57 einbezogen werden (Vereine, Verbände, Bürgerinnen und Bürger, Behörden, 58 Stadtwerke, Unternehmen, Landwirte, Energieerzeuger, Multiplikatoren, NGOs, 59 Fridays for Future). So werden übergreifende Netzwerke für späteres gemeinsames 60 Handeln geknüpft.

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61 Die Grundlage für die umfassenden Klimaschutzanstrengungen ist eine 62 Bestandsaufnahme für die Bereiche Wärme, Strom, Verkehr und Landwirtschaft. Die 63 Potenziale für die Erzeugung von Erneuerbaren Energien werden anschließend 64 erhoben und gleichzeitig die Einspar- und Effizienzpotenziale in den einzelnen 65 Bereichen ermittelt. Letztendlich werden geeignete Maßnahmen erarbeitet. 66 67 Die finanzielle Förderung seitens des Freistaats muss großzügig bereitgestellt 68 werden.

69 Dreh- und Angelpunkt, ob auch wirklich etwas umgesetzt wird, ist die Stelle 70 einer Klimaschutzmanager*in. für jede bayerische Kommune über 5000 71 Einwohner*innen.

72 Dort, wo bereits Klimaschutzkonzepte oder Energieeinsparkonzepte erstellt 73 wurden, gilt es, diese auch umzusetzen. Nach zehn Jahren steht eine grundlegende 74 Aktualisierung an.

75 Zehn Klima-Sofortmaßnahmen in den Kommunen für 2020

76 Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, müssen sofort wirksame Maßnahmen 77 ergriffen werden. Diese gilt es jetzt einzubringen, zu diskutieren und 2020 zu 78 beschließen.

79 1. Kommunale Klimaverkehrsplanung einleiten: Mobilitätsgarantie auf dem Land, 80 Ausbau der Rad- und Fußwege und der Infrastruktur für Elektroautos

81 Dazu gehört: Die Art der Verkehrsverteilung (Modal Split) erheben, neue 82 Möglichkeiten mit Bedarfsverkehren nutzen, Mobilitätsstationen mit Car-Sharing, 83 Radverleih und Bus/Bahnanbindung einrichten. Der Umstieg auf umweltfreundliche 84 Alternativen zum Auto muss erleichtert werden, die Bus- Anbindungen fallen in 85 die Zuständigkeit der Kommunen, flächendeckend ist der Aufbau von stündlichen 86 Anbindungen mit Bus und Bahn an jedem Werktag von 05 bis 24 Uhr zu erreichen.Auf 87 der Grundlage eines Radverkehrskonzept soll für alle verkehrswesentlichen 88 innerörtlichen Relationen sichere Radverkehrsverbindungen geplant und umgesetzt 89 werden, als Sofortmaßnahmen wird der Lückenschluss bestehender Radwege in 90 Angriff genommen. Für den Erfolg der Elektromobilität sind öffentliche 91 Stromladestellen und das Laden am Arbeitsplatz entscheidend. Die Kommunen können 92 diese auf ihren Parkflächen sowohl für die Beschäftigten als auch für die 93 Öffentlichkeit bereitstellen.

94 2. Solaroffensive starten

95 Solarkataster erstellen, Potenziale erheben, PV-Anlagen auf allen geeigneten 96 kommunalen Liegenschaften, Förderprogramm Solarthermie auflegen, Solaranlagen

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97 werden bei Neubauten Pflicht

98 3. Rückenwind für die Windkraft

99 Die Analyse möglicher Standorte wird eingeleitet, Informationsveranstaltungen 100 durchgeführt, Zielsetzung festgelegt. Transparentes Vorgehen und 101 Bürgerbeteiligung erhöhen die Akzeptanz.

102 4. Strom: Regional, öko, weniger Verbrauch

103 Gibt es bereits regionale Energieversorgungsunternehmen (EVUs) wie Stadt- bzw. 104 Gemeinde-Werke ist eine wichtige Infrastruktur der Gemeinde vorhanden. Falls 105 nicht, ist eine Regionalisierung anzustreben. Die EVUs vor Ort versorgen die 106 Kommunen und Bürger*innen mit Regionalstrom, errichten Erneuerbare- 107 Energieanlagen mit Bürgerbeteiligungund führen Contracting durch. 108 Darüber hinaus gehört der Bezug von echtem Ökostrom zu den klimaschutzpolitisch 109 wirkungsvollsten und am einfachsten umsetzbaren Maßnahmen. Über eine 110 Neuanlagenquote wird hierbei sichergestellt, dass ein Zubau erfolgt. Kernpunkt 111 ist die Ausschreibung. Auch über die Bündelausschreibungen des Gemeindetags kann 112 nun echter Ökostrom bezogen werden. 113 Eine einfache Sofortmaßnahme zur Reduzierung des kommunalen Stromverbrauchs ist 114 der Einsatz von LED-Leuchten bei öffentlichen Gebäuden und bei der 115 Straßenbeleuchtung. So kann der Stromverbrauch in den Kommunen um bis zu 50% 116 reduziert werden. Eine Kommune kann den Ersatz selbst vornehmen oder durch 117 Contracting umsetzen.

118 5. Energieagenturen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten

119 Die Energieagenturen beraten Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen direkt. 120 Sie leisten Bildungsarbeit und initiieren und begleiten Projekte. Sie 121 vermitteln, begleiten und bauen Netzwerke auf und sind schließlich maßgebliche 122 Wegbereiter für das Erreichen der Klimaziele.

123 6. Klimaneutrale Wärmeversorgung, energetische Gebäudesanierung fördern

124 Der Wärmebereich trägt mit 35 % den größten Anteil an den bayerischen 125 Treibhausgasemissionen. Einsparungen werden erreicht über eine klimaneutrale 126 Wärmeversorgung, einer Dämmung der Gebäudehülle, einer Erhöhung der Effizienz 127 und dem Aufbau von Wärmenetzen. Mit den Vorbereitungen dazu soll sofort begonnen 128 werden. 129 Ein kommunaler Wärmeatlas mit Maßnahmenvorschlägen wird erarbeitet, Wärmesenken 130 und – quellen werden lokalisiert. Auf dieser Grundlage wird mit der Planung von 131 Wärmenetzen begonnen. Darüber hinaus können neu aufgelegt kommunale 132 Förderprogramme für energetische Gebäudesanierung das bestehende Förderangebot

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133 von Bund und Land gezielt ergänzen. Die Kommune wird zur Anlaufstelle und 134 gleichzeitig Vermittlungsstelle für die Beratung.

135 7. Kommunales Energiemanagement und Umweltmanagement

136 Alle kommunalen Maßnahmen werden auf ihre Vereinbarkeit mit Klimaschutz- 137 Grundsätzen geprüft, die kommunalen Liegenschaften und das Beschaffungswesen 138 sind ebenso wie die Leitziele für energieeffizientes, wirtschaftliches und 139 nachhaltiges Bauen und Sanierenvorbildlich. Ein Mehrjahresinvestitionsprogramm 140 für Sanierungsmaßnahmen wird aufgestellt. Eine Klimaallianz wird als breite 141 Kampagnen zur Umwelt- und Bewusstseinsbildung gegründet. Sie ist ein 142 Zusammenschluss von Aktiven aus der Kommune. Die Stelle des Klimaschutzmanagers 143 fungiert als Geschäftsführer, Hauptaufgabe ist es die Aktivitäten zur 144 Bewusstseinsbildung zu entwickeln, zu bündeln und zu koordinieren – in 145 Zusammenarbeit mit Bildungsträgern, der Energieagentur und weiteren lokalen 146 Akteuren.

147 8. Bauen und Sanieren mit Weitsicht

148 - Energieeffiziente und nachhaltige Bauleitplanung für Städte und Gemeinden 149 Die Gemeinden haben über die Bauleitplanung maßgeblichen Einfluss auf die 150 Energieeffizienz neuer Siedlungsgebiete. Besonders in einem frühen Stadium der 151 Aufstellung von Bauleitplänen können steuernde Maßnahmen festgeschrieben werden. 152 Auch der Aspekt „Klimaschutz durch kurze Wege“ wird beachtet. Bauen mit Holz und 153 nachwachsenden Rohstoffen bei kommunalen GebäudenKohlenstoffsenke durch 154 gebundenes CO2: Bauen mit Holz gilt als die wirtschaftlichste 155 Vermeidungsstrategie für Treibhausgase. Damit kommt dem Baustoff Holz eine 156 Schlüsselrolle für den Klimaschutz zu. Die Kommunen sind hier Vorbild.

157 - Sanierungsfahrpläne für Stadtviertel oder Ortsteile 158 Ebenso wie jedes Haus einen Sanierungsfahrplan haben sollte, sind Pläne für 159 Stadtviertel und Quartiere sinnvoll. So können die effizientesten Maßnahmen 160 lokalisiert und über zentrale Effizienzmaßnahmen, wie z.B. Nahwärmenetze, 161 modularen Sanierungen, umgesetzt werden.

162 9. Innerstädtisches Grün erhalten und ausbauen

163 In Zeiten immer höherer Sommertemperaturen sind großkronige Laubbäume Schatten- 164 und Kühlspender Nummer 1. Wichtig sind der Erhalt, ihr Schutz und die Neuanlage 165 von Grünzonen. Fassaden- und Dachbegrünungen ergänzen diese Maßnahmen.

166 10. Klimafolgen – Kommune fit machen

167 In Zusammenarbeit mit den Fachämtern erstellt die Kommune eine

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168 Anpassungsstrategie an die unvermeidbaren Auswirkungen der Erdüberhitzung. Diese 169 beinhalten den Schutz der Gesundheit einschließlich Schutz vor Hitzebelastung in 170 Städten, Konzepte für den Erhalt und Stärkung des Waldes, Erhalt der 171 Frischluftschneisen, nachhaltiger Hochwasserschutz, Wasserversorgung uvm.

172 Garant für mehr kommunalen Klimaschutz ist eine laute grüne Stimme in möglichst 173 vielen Kommunalparlamenten

174 Wir wollen, dass in den Städten, Gemeinden und Landkreisen der Klimaschutz in 175 das Zentrum der Entscheidungen rückt und aktiv CO2 eingespart wird. Wir wollen, 176 dass die Weichen für echten und effektiven Klimaschutz jetzt gestellt werden. 177 Dabei können sowohl die heimische Wirtschaft als auch die Bürgerinnen und Bürger 178 profitieren. Für die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen ist Überzeugung und 179 Entschlossenheit notwendig. Die Zugpferde sind und werden die Grünen 180 Kommunalpolitiker*innen sein. Deshalb ist es wichtig für einen erfolgreichen 181 Klimaschutz, dass die Kommunalparlamente noch weiter ergrünen. Die grüne Stimme 182 in den Kommunalparlamenten muss laut sein!

183 Auf in eine klimaneutrale Zukunft – mit Zuversicht und Mut! Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

SZ1 Das Miteinander stärken: Grundpfeiler einer sozialen Politik für Bayern

Gremium: Landesvorstand, Landesausschuss, Kerstin Celina MdL (KV Würzburg-Land) Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 4 Sozialer Zusammenhalt

Antragstext

1 Wir wollen unsere Gesellschaft so gestalten, dass niemand durch die 2 Veränderungen, die wir in unserer Zeit erleben, abgehängt wird, sondern vielmehr 3 alle Menschen gleichermaßen in den Genuss des Fortschritts kommen. Dazu gehört, 4 Verschiedenheiten zu respektieren und unabhängig davon jedem Menschen die 5 gleichen Freiheiten, Sicherheit und Chancen zu garantieren. Unser Versprechen 6 von gesellschaftlicher Teilhabe schließt alle ein. Jeder Mensch muss unabhängig 7 von Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Aussehen, sexueller 8 Identität, von Behinderung oder Glauben an der Gesellschaft teilhaben können.

9 Wir rücken Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt 10 der Politik. Dafür setzen wir die richtigen Rahmenbedingungen und machen 11 Zusammenhalt und soziale Teilhabe zur Handlungsgrundlage für alle politischen 12 Bereiche. Denn: Eine solche Politik der Gerechtigkeit kann nicht nur ein 13 einzelnes Politikfeld betreffen. Wir wollen einen Staat, der Teilhabe allen 14 gleichermaßen bietet, der Sicherheit gewährleistet und öffentliche Räume, 15 Infrastrukturen und Institutionen schafft, die dem glücklichen und 16 selbstbestimmten Leben aller dienen und es allen ermöglicht, ihre Freiheit und 17 Würde zu gewinnen und zu bewahren.

18 Wenn wir von Teilhabegerechtigkeit sprechen, dann meinen wir explizit auch 19 Geschlechtergerechtigkeit, internationale Gerechtigkeit und 20 Generationengerechtigkeit. Und letztere schließt auch zukünftige Generationen 21 ein. Wir müssen ihnen einen Planeten hinterlassen, in dem auch für sie 22 selbstbestimmte Teilhabe möglich ist. Diese Dimensionen von Gerechtigkeit dürfen 23 trotz praktischer Konflikte nicht gegeneinander ausgespielt werden. 24 Gerechtigkeit verlangt vielmehr Solidarität im politischen und persönlichen 25 Handeln.

26 MIT EINEM AKTIVEN STAAT EIN SELBSTBESTIMMTES LEBEN ERMÖGLICHEN

27 Im föderalen Aufbau Deutschlands sind wir als Land Bayern dafür zuständig, das

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28 Versprechen der Teilhabe für alle konkret umzusetzen. Wir als Freistaat sind – 29 oft in Zusammenarbeit mit den Kommunen – zuständig für viele Institutionen und 30 die konkrete Gestaltung unseres Zusammenlebens. Deshalb stärken wir unsere 31 öffentlichen Institutionen und unsere öffentlichen Güter, denn sie sind ein 32 Schlüssel für mehr Gerechtigkeit. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass die 33 öffentliche Infrastruktur gut erhalten bleibt und ausgebaut wird. Starke 34 öffentliche Institutionen sind materielle Grundlage unsere Demokratie, sorgen 35 für Teilhabe und stellen die faire Verteilung von Chancen und Ressourcen und die 36 Einhaltung der Rechte sicher.

37 GUTE BILDUNG FÜR ALLE

38 Bildung eröffnet Perspektiven und Möglichkeiten für alle Menschen, die in 39 Deutschland leben, ob jung oder alt. Gute Bildung für alle ist deshalb 40 Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, Teilhabe am Arbeitsmarkt, 41 Teilhabe an (digitaler) Kommunikation sowie politische Teilhabe. Wir Grüne 42 stehen für Bildungsgerechtigkeit. Die soziale Herkunft darf nicht über den 43 Erfolg im Bildungssystem entscheiden. In Bayern sind die Chancen, das eigene 44 Leben gestalten zu können, immer noch ungleich verteilt.

45 Unser Ziel ist es, kein Kind zurückzulassen, Kinder schon früh zu fördern und 46 die zahlreichen Hürden zu beseitigen, die insbesondere Kindern aus finanziell 47 schwächer gestellten Familien, aus bildungsfernen Elternhäusern, aus Familien 48 mit Migrationshintergrund und Kindern mit Behinderungen in den Weg gestellt 49 werden.

50 Lernen für ein selbstbestimmtes Leben und für gesellschaftlichen Zusammenhalt 51 fängt in Kindertagesstätten und Schulen an und setzt sich im lebenslangen Lernen 52 fort. Deswegen werden wir die frühkindliche Bildung und Betreuung als Schlüssel 53 für die Zukunft ausbauen.

54 Maßnahmen:

55 Überarbeitung der Betreuungskonzepte, um echte Chancengerechtigkeit zu 56 ermöglichen. Es braucht Zeit für Spaß und Spiel, konsequentes Handeln für 57 Inklusion und Integration. Die Kindertagesstätte ist der Ausgangspunkt für 58 ein grundlegendes Verständnis für Selbstwirksamkeit, Mitbestimmung und 59 Demokratie.

60 Mehr Personal, bessere Bezahlung, mehr Zeit für Fortbildungen und 61 Elterngespräche

62 Soziale Staffelung jeglicher Fördergelder, damit die 63 Unterstützungsleistungen wirklich dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

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64 Wir gestalten die Bildungswege durchlässiger und werden Schulen so ausstatten, 65 dass sie allen Kindern und Jugendlichen gerecht werden, gleich welcher Herkunft 66 sie sind. Unser Ziel ist „Empowerment“ - also alle so zu bilden, dass sie ihr 67 Leben selbstständig gestalten können. Dazu verbessern wir die individuelle 68 Förderung und stärken die Persönlichkeitsbildung. Da Schulen die Orte sind, an 69 denen gesellschaftlicher Zusammenhalt erfahren und gelernt werden kann, werden 70 wir Schulen zu positiven Lern- und Lebensorten weiterentwickeln.

71 Maßnahmen:

72 Schulen besser aufstellen durch multiprofessionelle Teams, zweite 73 Lehrkräfte, durchgängige Sprachförderung

74 Bedarfsgerechter Ausbau gebundener Ganztagsschulen

75 Politische Bildungsangebote ausweiten, damit Schulen zu Werkstätten für 76 Demokratie und Mitbestimmung werden

77 Der Verbesserungsbedarf bei Bildungschancen von Erwachsen ist ebenfalls sehr 78 hoch. Digitaler Wandel und längere Lebensarbeitszeiten verstärken die 79 Notwendigkeit, gezielte Angebote beim lebenslangen Lernen zu schaffen.

80 Maßnahmen:

81 Stärkung der rechtlichen Grundlage zur Fortbildung mit einem 82 Bildungsfreistellungsgesetz

83 Bessere Förderung der Angebote zur Erwachsenenbildung

84 Entwicklung von Programmen und Förderkonzepten, die den kulturellen 85 Austausch und die Teilhabe in Europa nicht nur für junge Menschen, sondern 86 für alle fördern.

87 ARBEIT SCHAFFEN, VON DER MAN LEBEN KANN

88 Der beste Schutz vor Armut ist eine gute und existenzsichernde Arbeit für alle. 89 Wir setzen uns deshalb ein für die Eindämmung des Niedriglohnsektors, das 90 Zurückdrängen prekärer und atypischer Beschäftigungsverhältnisse und bessere 91 Unterstützung für Menschen, die aktuell schwer Anschluss an den Arbeitsmarkt 92 finden. Nur noch gut die Hälfte der Beschäftigten in Bayern unterliegt der 93 Tarifbindung.

94 Maßnahmen:

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95 Ausweitung der Tarifbindung durch ein Landesvergabegesetz und bessere 96 Möglichkeiten, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären.

97 Flexibilität ermöglichen: Förderung der Wahlfreiheit, ob eine Ausbildung 98 in Teilzeit oder Vollzeit gemacht werden kann

99 Der öffentliche Dienst in Bayern und der Freistaat als Auftraggeber gehen 100 als Vorbild voran mit der Einführung eines bayerischen Mindestlohns bei 101 öffentlichen Aufträgen

102 FRAUEN STÄRKEN: FAMILIE UND BERUF IN EINKLANG BRINGEN

103 Die Wirtschaft in Bayern floriert. Doch längst nicht alle profitieren von dem 104 anhaltenden Boom. Das Aufstiegsversprechen – wer sich nur genug anstrengt, wird 105 belohnt – gilt längst nicht mehr, die soziale Mobilität ist gering. Dies gilt 106 insbesondere für Frauen. Die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen muss 107 beendet werden. Ein wichtiger Schritt zu mehr Lohngerechtigkeit ist, Berufe, die 108 überdurchschnittlich von Frauen ausgeübt werden, aufzuwerten. Hierzu zählt u.a. 109 die Arbeit im Care-Sektor, beispielsweise in der Pflege oder in der Kita.

110 Damit tatsächlich alle Menschen, insbesondere auch Frauen und Alleinerziehende, 111 einer auskömmlichen, sozialversicherungspflichtigen Erwerbsarbeit nachgehen 112 können, müssen Familie und Beruf besser vereinbar sein. Wir wollen eine 113 partnerschaftliche Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit ermöglichen. Dies 114 erfordert einen grundlegenden Wandel in der Familienpolitik. Wir brauchen auch 115 eine Familienförderung, die Kinder aus der Armut herausholt, denn Kinderarmut 116 hat in einer gerechten Gesellschaft keinen Platz.

117 Maßnahmen:

118 Abschaffen des unzeitgemäßen Ehegattensplittings für neu geschlossene Ehen 119 und Ersetzen durch eine sozial gerechte individuelle Besteuerung

120 Gleichstellung der Kindererziehungs- und Pflegezeiten bei der 121 Rentenanrechnung

122 Ausbau von qualitativ hochwertigen Angeboten zur Kinderbetreuung, die sich 123 zeitlich flexibel am Bedarf berufstätiger Eltern ausrichten

124 Wir wollen familienfreundliche flexible Arbeitszeitmodelle sowohl in der 125 privaten Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst. Wer seine Arbeitszeit 126 aufgrund der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen 127 vorübergehend reduzieren muss, braucht einen gesetzlichen Anspruch auf 128 Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung.

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129 Flächendeckender Ausbau von Kurzzeit- und Tagespflegeangeboten zur 130 Entlastung pflegender Angehöriger

131 IN WÜRDE ALT WERDEN

132 Eine deutlich gestiegene Lebenserwartung bietet heute vielen Menschen die 133 Möglichkeit, bis ins hohe Alter aktiv zu leben. Durch den Wandel in der 134 Arbeitswelt nehmen zugleich Normalarbeitsverhältnisse ab und prekäre 135 Beschäftigung zu mit der Folge, dass das Rentenniveau viele Bürger*innen nicht 136 mehr vor Altersarmut schützt. Wir wollen ein selbstbestimmtes Leben in der 137 späten Lebensphase ermöglichen und stellen dafür die Weichen. Das ist eine 138 zentrale Frage der Gerechtigkeit.

139 Eine weitere Folge der gestiegenen Lebenserwartung ist die steigende Zahl der 140 Pflegebedürftigen und Demenzerkrankten. Für uns ist Menschlichkeit der Dreh- und 141 Angelpunkt für gute Pflege in Bayern. Deshalb darf Pflege nicht allein auf die 142 körperliche Fürsorge begrenzt bleiben, es muss die Teilhabe der 143 Pflegebedürftigen am gesellschaftlichen Leben im Mittelpunkt stehen. Wir wollen 144 die Pflege in Bayern zukunftssicher machen.

145 Maßnahmen:

146 Einführung einer Garantierente, die einen auskömmlichen Lebensstandard 147 absichert

148 Bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen und eine 149 gesetzlich festgelegte Personalbemessung mit höherem Personalschlüssel

150 Entwicklung von Quartierskonzepten, damit gute Pflege in Zukunft noch 151 stärker aus einem bedarfsgerechten Mix aus bürgerschaftlichem Engagement, 152 Nachbarschaftshilfe, niedrigschwelligen Angeboten und professionellen 153 Dienstleistungen bestehen kann

154 Förderung von präventiven Beratungsangeboten, inklusiven und 155 generationsübergreifenden Wohnkonzepten und digitalen Assistenzen

156 WOHNEN ALS GRUNDRECHT ANERKENNEN

157 Wohnen ist ein Grundrecht für alle und darf nicht zur existenziellen Frage für 158 den Einzelnen werden. Tatsächlich aber steigen die Mieten vor allem in den 159 wirtschaftlich boomenden Regionen Bayerns so rasant, dass weder Gehälter und 160 Löhne noch Renten und Grundsicherung damit Schritt halten können. Wohnen wird 161 für immer mehr Menschen kaum mehr bezahlbar. Schutz vor Armut bedeutet daher 162 auch: Wohnraum schaffen für alle Menschen im Freistaat – schnell, nachhaltig und

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163 bezahlbar. Wir zeigen einen Ausweg aus den vielfach vorhandenen prekären 164 Wohnsituationen bedürftiger Menschen.

165 Maßnahmen:

166 Ausweitungsoffensive des sozialen Wohnungsbaus

167 Unterbindung von Mietwucher und Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt

168 Stärkung gemeinnütziger Akteure wie kommunale Wohnungsbaugesellschaften, 169 Genossenschaften und Baugemeinschaften

170 INKLUSIVE GESELLSCHAFT VORANTREIBEN

171 Inklusion ist für uns Grüne ein Menschenrecht. Es ist Aufgabe des Staats, dass 172 Menschen mit Behinderung gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können. 173 Dabei haben wir sowohl Menschen mit körperlichen und psychischen 174 Beeinträchtigungen im Blick, wie auch ihre Angehörigen. Der Abbau von Barrieren 175 und die Umsetzung der Inklusion ist ein Gewinn für alle Bürger*innen, 176 insbesondere im Hinblick auf unsere alternde Gesellschaft.

177 Maßnahmen:

178 Reformierung des „Aktionsplan Inklusion“ mit mess- und überprüfbaren 179 Zielen, verbindlichen Zeitvorgaben für die Umsetzung, genauen 180 Zuständigkeiten für jede einzelnen Maßnahme und konkreten Projekten zur 181 Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

182 Umfangreiche finanzielle Mittelaufstockung des Sonderinvestitionsprogramms 183 „Bayern Barrierefrei 2023“, damit es zumindest zu einer schrittweisen 184 Beseitigung von Barrieren in allen Lebensbereichen kommt

185 Grundsätzliche Bereitstellung von Informationen der Verwaltung in Leichter 186 Sprache

187 KLIMASCHUTZ GERECHT GESTALTEN

188 Klimaschutz ist ein zutiefst soziales Anliegen. Die Klimakrise trifft schon 189 heute zum Beispiel diejenigen härter, die in schlecht isolierten Wohnungen 190 leben, die sich in heißen Sommern aufheizen, während sie im Winter hohe 191 Heizkosten erfordern. Sie trifft diejenigen härter, die auch in der größten 192 Hitze draußen körperlich arbeiten müssen oder jene, die an vierspurigen 193 Zufahrtsstraßen wohnen und dort gesundheitsschädliche Abgase einatmen müssen.

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194 Zugleich kann eine wirksame Klimapolitik aber nur gemeinsam mit den Menschen 195 gelingen. Deshalb muss sie sozial gerecht ausgestaltet werden und darf nicht 196 selbst zu mehr Ungleichheit führen. Unsere Klimapolitik ist ökologisch undsozial 197 gestaltet, um beim Klimaschutz alle mitzunehmen.

198 Maßnahmen:

199 Mit den Einnahmen eines neu eingeführten CO2-Preises wird ein Energiegeld 200 für alle Bürgerinnen und Bürger finanziert. So wird verhindert, dass 201 Klimaschutz durch höhere Preise zu neuen sozialen Problemen führt. Da 202 Menschen mit geringem Einkommen in der Regel weniger CO2 produzieren, 203 profitieren sie davon besonders.

204 Die Einführung einer passgenauen Wohnraumförderung ermöglicht für 205 einkommensschwache Mieter*innen warmmiet-neutrale Sanierungen.

206 Einführung einer Mobilitätsgarantie für Bayern, mit der zwischen 5 und 24 207 Uhr eine flächendeckende Nahverkehr-Grundversorgung geschaffen wird und 208 damit für Pendler*innen und für die gesamte Bevölkerung eine attraktive 209 Alternative zum Auto besteht.

210 Anschub von passgenauen Weiterbildungs- und Förderprogrammen, um die 211 ökologische Transformation unserer Wirtschaft zu unterstützen und so die 212 Chancen des Strukturwandels für tausende neue Arbeitsplätze zu nutzen.

213 Unterstützung von Social Entrepreneurs, denn sozial-ökologisches 214 Unternehmertum fördert gesellschaftliche Innovationen und darf keine 215 Randerscheinung bleiben

216 LEBENSWERTE STÄDTE, ATTRAKTIVES LAND

217 Die große Mehrheit der Bevölkerung fürchtet ein weiteres Auseinanderdriften der 218 Gesellschaft. Diese Sorge gibt es in wachsenden Städten genauso wie im 219 ländlichen Raum. Die Menschen wünschen sich stattdessen eine sozialere 220 Gesellschaft und mehr Lebensqualität bei sich vor Ort. Damit wir auch vor 221 unserer Haustüre Lebensqualität genießen können, rücken wir Grüne den 222 öffentlichen Raum ins Blickfeld der Politik. Lebenswerte öffentliche Räume 223 führen Menschen jedweder Herkunft, Geschlecht, sozialer Schicht und Alter 224 zueinander und stiften Raum für Kommunikation, Austausch, Teilhabe und 225 Zusammenhalt der Gesellschaft.

226 Maßnahmen:

227 Umgestaltung öffentlicher Räume mit dem Konzept der „Begegnungszone“, um

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228 Orte und Wohnquartiere wiederzubeleben

229 Förderung von bürgerschaftlichem Engagement durch Bürokratieabbau und 230 Erleichterung von Freistellungen während der Arbeitszeit

231 Erhöhung der staatlichen Förderung für Kulturangebote, denn kulturelle 232 Teilhabe fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Besonders jene 233 Menschen, die derzeit kulturellen Einrichtungen fernbleiben, sollen z.B. 234 über freie Eintrittsmöglichkeiten stärker eingebunden werden.

235 Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt droht aber nicht nur durch 236 unzureichende Lebensqualität im sozialen Nahraum sondern auch durch wachsende 237 Ungleichgewichte zwischen den Regionen Bayerns. Der Verfassungsauftrag der 238 Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen ist für uns 239 Grüne Handlungsverpflichtung. Gerade in peripheren Regionen wollen wir dem 240 Gefühl des „Abgehängtseins“ mit klaren Standards bei den unternehmensnahen, 241 sozialen und kulturellen Infrastrukturen sorgen. Dazu zählt die flächendeckende 242 Versorgung mit einem Glasfaseranschluss ebenso wie eine verlässliche 243 Gesundheitsversorgung, funktionierende Nahversorgung und die Sicherstellung der 244 Mobilität auch ohne Auto, aber auch moderne Kulturangebote und 245 Freizeiteinrichtungen für junge Menschen.

246 Für uns Grüne heißt das aber auch, dass wir allerorts leistungsstarke Kommunen 247 brauchen. Denn nur wenn die Kommunen finanzielle Gestaltungskraft haben, lassen 248 sich vor Ort Ideen zur verbesserten sozialen Teilhabe entwickeln und umsetzen 249 und die Kommune zum lebenswerten Ort für alle machen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

SZ2 Bezahlbar Wohnen für alle – Sozialen Wohnungsbau stärken

Gremium: Landesvorstand, Landesausschuss, Jürgen Mistol MdL (KV Regensburg-Stadt) Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 4 Sozialer Zusammenhalt

Antragstext

1 „Jeder Bewohner [und jede Bewohnerin] Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene 2 Wohnung. Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates 3 und der Gemeinden.“

4 Diesem in Art. 106 der Bayerischen Verfassung formulierten Grundsatz fühlen wir 5 Grüne uns verpflichtet.

6 Wir begreifen Wohnen als eine der drängendsten Gerechtigkeitsfragen unserer 7 Zeit, auf die wir sozial und ökologisch adäquate Antworten geben müssen. Gerade 8 weil das Dach über dem Kopf ein knappes und wertvolles Gut ist, darf es nicht 9 allein den Kräften des Marktes überlassen werden. Die Ursachen für die 10 Wohnungskrise sind vielschichtig und müssen durch zielgerichtete Maßnahmen 11 bekämpft werden. Bund, Länder und Kommunen brauchen einen umfassenden 12 Werkzeugkasten voller wohnungspolitischer Instrumente, um den sozialen 13 Zusammenhalt und bezahlbares Wohnen zu ermöglichen.

14 Das Recht auf Wohnen muss in den Städten und im ländlichen Raum wieder 15 garantiert werden. Ob in der Stadt oder auf dem Land – Menschen sollen da leben 16 können, wo sie wollen. Dafür setzen wir auf bedarfsgerechten und nachhaltigen 17 Neubau und Bestandsmodernisierung. Wir wollen eine nachhaltige, 18 gemeinwohlorientierte Bodenpolitik und eine Stärkung der gemeinwohlorientierten 19 Wohnungsbauakteure. Elementar sind für uns Grüne echter Mieter*innenschutz und 20 eine wirksame Mietenbegrenzung.

21 Einen wichtigen wohnungspolitischen Rahmen geben bundesrechtliche Regelungen. 22 Bündnis 90/Die Grünen fordern hier eine stärkere Orientierung an dem Ziel, dass 23 jeder Mensch Anspruch auf eine angemessene Wohnung hat. So sollten die Mittel 24 für das Baukindergeld gestrichen und den Ländern für die Wohnraumförderung zu 25 Gute kommen. Wir wollen die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten beim 26 Mietwohnungsbau auf angespannten Wohnungsmärkten verbessern. Nicht zuletzt 27 wollen wir Spekulationen mit Grund und Boden im Rahmen der Grund- und

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28 Grunderwerbssteuer entgegenwirken.

29 Auch die Einrichtung revolvierender Bodenfonds und insgesamt ein verstärkter 30 Erwerb von Baugrund durch Bund, Land und Kommunen kann den Anstieg der 31 Bodenpreise dämpfen. Wir Grüne fordern auch eine Stärkung und Ausweitung des 32 Vorkaufsrechts für Kommunen. Mit einer Quote von 30 bis 50 Prozent für Sozialen 33 Wohnungsbau bei jedem Neubau oder Bau im unbeplanten Innenbereich können 34 Kommunen für mehr bedarfsgerechten Wohnraum sorgen. Im Steuerrecht wollen wir 35 Steuerhindernisse bei der Vermietung von Werkswohnungen abzubauen sowie faire 36 Vermieter*innen steuerlich begünstigen und nicht wie bisher bestrafen.

37 Im Mietrecht brauchen wir eine Reform der Modernisierungsmieterhöhung, um 38 sozialverträgliche energetische Modernisierungen zu ermöglichen und Verdrängung 39 durch Luxussanierungen zu beenden. Den Mietenanstieg auf angespannten 40 Wohnungsmärkten wollen wir im Rahmen der Kappungsgrenzenverordnung weiter 41 einschränken. Außerdem wollen wir Mietwucher bekämpfen, indem wir § 5 des 42 Wirtschaftsstrafgesetzes – Mietwucher – wieder zu einem praxistauglichen 43 Instrument gegen Mietpreisüberhöhung machen. Zudem wollen wir die 44 Mietpreisbremse verlängern und verschärfen sowie den Mietspiegel 45 mieter*innenfreundlicher ausgestalten, indem bei der Berechnung auch ältere 46 Mietverträge als sechs Jahre sowie öffentlich geförderte Wohnungen 47 berücksichtigen.

48 Auch die bayerische Wohnungspolitik schöpft die landespolitischen Möglichkeiten 49 nicht ansatzweise aus.

50 Während in Ballungsräumen Wohnungen fehlen und der Kampf um bezahlbaren Wohnraum 51 auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird, werden in ländlichen Regionen 52 weit mehr Wohnhäuser – vor allem Einfamilienhäuser und große Wohnungen – gebaut 53 als nötig. Ist der Baubedarf in München gerade mal zu 67 % gedeckt, ist er 54 beispielsweise im Landkreis Hof zu 357 % laut einer Studie des Instituts der 55 Deutschen Wirtschaft übererfüllt. Diese Entwicklung befeuert gerade in Regionen 56 mit sinkender Bevölkerungszahl die Zersiedlung und Verödung der Ortskerne. 57 Folgen sind neue Leerstände und der damit einhergehende Verfall der 58 Immobilien(preise).

59 Seit der Föderalismusreform 2006 tragen die Bundesländer die Verantwortung für 60 die soziale Wohnraumförderung. Doch auf die Staatsregierung können die 61 Mieter*innen schon lange nicht mehr hoffen. Die Landesmittel für die soziale 62 Wohnraumförderung stagnieren seit Jahren auf niedrigem Niveau. Wurden Mitte der 63 1990er noch jährlich 348 Mio. € für die Wohnraumförderung bereitgestellt, waren 64 die Mittel 2017 sogar auf 87 Mio. € gekürzt worden – der niedrigste Stand an 65 Wohnraumförderung denn je. Mit momentan 365 Mio. € aus dem Staatshaushalt ist 66 die Wohnraumförderung weiterhin unterfinanziert.

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67 Befeuert wird die Situation durch die Folgen der geringen Tätigkeit im sozialen 68 Wohnungsbau. Denn während das Mietniveau in vielen bayerischen Städten 69 unaufhaltsam steigt, ist der Bestand an Sozialwohnungen erheblich geschmolzen. 70 Gab es im Jahr 1988 noch 495.240 Sozialwohnungen im Freistaat, ist ihr Bestand 71 bis 2016 auf 138.000 gesunken. Auch wenn die Zugänge bei den gebundenen 72 Mietwohnungen 2018 mit 5.260 erstmals größer als die der Abgänge mit 3.975 sind, 73 hinkt der Freistaat den Zielen weiterhin hinterher. Bis Ende 2019 sollten im 74 Rahmen des Wohnungspakts Bayern 28.000 neue staatlich finanzierte oder 75 geförderte Mietwohnungen entstehen. Das entspricht jährlich 7.000 Mietwohnungen. 76 Weder 2016, 2017 noch 2018 konnte diese Zielmarke erreicht werden. Gleichzeitig 77 zielen die Instrumente des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu sehr auf 78 Wirtschafts-förderung mit „sozialer Zwischennutzung“ ab. Nach Ablauf und Tilgung 79 der öffentlichen Darlehen verwandeln sich Sozial- in ganz normale Mietwohnungen. 80 Deshalb fallen jährlich mehr dieser Wohnungen aus der Bindung als neue 81 hinzukommen.

82 Zudem legt die Staatsregierung den Fokus bei der Wohnraumförderung mit dem 83 Baukindergeld Plus sowie der Eigenheimzulage immer noch zu sehr auf den 84 Eigentumserwerb und das geht am Bedarf vorbei. Beide Fördermaßnahmen sollen 85 Familien helfen, Wohneigentum zu finanzieren. Gleichzeitig soll mit der 86 Förderung fehlender Wohnraum entstehen. Doch erste Zahlen belegen, dass dadurch 87 kaum Neubauten entstehen. Schaut man sich die regionale Verteilung an, bestätigt 88 sich zudem, dass die Förderung vor allem im ländlichen Raum lukrativ ist. In 89 Städten, wo die Immobilienpreise hoch sind, werden verhältnismäßig weniger 90 Anträge gestellt.

91 Mit der Privatisierung der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft GBW hat die 92 Staatsregierung einen starken und verlässlichen Partner beim sozialen 93 Wohnungsbau und damit 33.000 günstige Wohnungen unnötigerweise aus der Hand 94 gegeben. Die Gründung der BayernHeim kann diesen Verlust nicht kompensieren. Im 95 Gegenteil, denn das Söder-Prestigeprojekt bringt den sozialen Wohnungsbau im 96 Freistaat keinen Millimeter voran. Stattdessen schränkt es den finanziellen 97 Spielraum anderer Wohnungsunternehmen erheblich ein. Ohne eigene, zusätzliche 98 Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau speist sich die BayernHeim aus Mitteln 99 der regulären Wohnraumförderung. De facto werden dadurch die Fördergelder für 100 dringend benötigte Bauprojekte anderer Wohnungsunternehmen, vor allem der 101 Genossenschaften und kommunalen Unternehmen, gekürzt.

102 Einen schlanken Fuß macht sich die Staatsregierung auch, wenn es um die 103 Interessen der bayerischen Mieterinnen und Mieter geht. Die Mietpreisbremse 104 wurde auf Bundesebene von der CSU verzögert und dann handwerklich auf 105 Landesebene so schlecht umgesetzt, dass sie vor Gericht scheiterte und keine 106 Wirkung entfalten konnte. Und jetzt wundern sich Söder & Co. über immer 107 radikalere Forderungen, wie bezahlbares Wohnen für Menschen mit kleinen und 108 mittleren Einkommen garantiert werden kann.

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109 Deshalb stellen die Grünen Bayern diesen 10-Punkte-Katalog an Forderungen an die 110 Staatsregierung:

111 Der Schwerpunkt der Wohnraumförderung liegt dauerhaft auf dem 112 Mietwohnungsbau. Dafür werden jährlich 1 Milliarde Euro an investitions- 113 und Fördervolumen bereitgestellt.

114 Die Bindungsdauer für Sozialwohnungen wird verbindlich auf 40 Jahre 115 festgelegt.

116 Erwerb von Belegungsrechten im Wohnungsbestand ermöglichen.

117 Verbilligte Abgabe von Landesgrundstücken für den sozialen Wohnungsbau.

118 Ein Flächen- bzw. Baulückenkatasters für staatliche und kommunale 119 Liegenschaften wird im kommenden Jahr eingeführt.

120 Gemeinschaftliches Wohnen im Rahmen der Wohnraumförderung wird gestärkt, 121 indem die Gründung von Wohnungsgenossenschaften oder Baugruppen durch 122 zinslose Darlehen oder Zuschüsse für die Eigenkapitaleinlage sowie der 123 Erwerb von Genossenschaftsanteilen gefördert wird.

124 Das Bayerische Baukindergeld Plus und die Eigenheimzulage wird gestrichen 125 und die Gelder stattdessen im Rahmen der Wohnraumförderung bereitgestellt.

126 Eine amtliche Wohnungslosenstatistik sowie den Ausbau der präventiven 127 Fachstellen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und weiterer 128 Beratungsangebote werden im kommenden Jahr eingeführt.

129 Beratungsangebote für gemeinschaftliche Wohnprojekte wie Alten-WG, 130 Mehrgenerationenhaus oder Wohnen für Hilfe werden ausgeweitet.

131 Leitlinien für sozialgerechte Bodennutzung erlassen.

Begründung

Wohnungsknappheit und explodierende Mieten sind für immer mehr Menschen vor allem in Bayerns wachsenden Ballungsräumen der blanke Horror. Dazu tragen nicht nur Megatrends wie die „Renaissance der Städte“ sowie die Spekulationswelle mit Immobilien als neuem „Betongold“, sondern auch die verfehlten und unzureichenden wohnungspolitischen Weichenstellungen der Vergangenheit und Gegenwart sowie ein massives Stadt-Land-Gefälle bei der Bautätigkeit bei. Wohnraummangel in Städten und Ballungsräumen, Leerstand auf dem Land. Der Wohnungsmarkt im Freistaat ist in den letzten Jahren komplett aus der Balance

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geraten.

Wohn- und Mietfragen beschäftigen laut jüngstem Bayerntrend jede*n sechste*n Bayer*in und werden landesweit als drittwichtigstes Problem gesehen. Immer mehr Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen können sich ihre Miete nicht mehr leisten, müssen aus ihrer angestammten Nachbarschaft wegziehen oder in ihrer nicht mehr zweckmäßigen Wohnung verbleiben, weil Alternativen fehlen oder zu teuer sind. Ein neues, bezahlbares Zuhause zu finden ist für viele kaum schaffbar. Die soziale Spaltung in den Städten schreitet voran. Auch die Wohnungslosigkeit ist in den letzten Jahren massiv angestiegen. Einzelne Zahlen aus bayerischen Großstädten wie München, Würzburg oder Nürnberg lassen jedoch befürchten, dass die Wohnungslosigkeit im Freistaat in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist. Beispielsweise hat sich die Zahl der Wohnungslosen in der Landeshauptstadt München im Zeitraum von 2012 bis 2017 von 3.676 auf 6.158 Personen erhöht und damit nahezu verdoppelt. Grund für den Anstieg der Wohnungslosigkeit sind die steigenden Mietpreise sowie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – darunter vor allem die rückläufige Zahl an Sozialwohnungen.

In Bayern ist zudem der Erwerb von Boden so teuer wie noch nie. Gerade in den bayerischen Ballungsräumen haben die Bodenpreise teils astronomische Höhen erklommen. Teurer Baugrund gilt als eine der Hauptursachen für die exorbitanten Steigerungen der Immobilien- und Mietpreise. Die Staatsregierung hat bisher keine Strategie erkennen lassen, wie Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden können, wie es in Art. 161 der Bayerischen Verfassung formuliert ist. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

SZ3 Lebenswerte Städte – attraktives Land: Den öffentlichen Raum zurückerobern

Gremium: Landesvorstand, Landesausschuss, Dr. Markus Büchler MdL (KV München-Land) Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 4 Sozialer Zusammenhalt

Antragstext

1 Wir wollen den öffentlichen Raum in unseren Dörfern, Städten und Gemeinden 2 wiederbeleben, in ganz Bayern. Damit schaffen wir Orte der Begegnung, in denen 3 sich alle Menschen auch außerhalb der eigenen vier Wände wohlfühlen, 4 zusammenkommen, kommunizieren, Gemeinschaft erleben und Gesellschaft kultivieren 5 können.

6 Wir wollen den öffentlichen Raum wieder so gestalten, dass Kontakte zwischen 7 Nachbarn wieder zunehmen. Wir wollen öffentliche Räume schaffen, die Menschen 8 einladen, wieder vermehrt herauszukommen aus der Anonymität im Eigenheim oder 9 der Wohnung. Wir wollen Ortszentren stärken, die Geschäfte, Praxen, Kitas, 10 Arbeitsplätze kompakt in wohnortnaher Entfernung bieten, sodass auch viele 11 Autofahrten überflüssig werden. Wir wollen Leben statt Lärm auf die Straße 12 bringen.

13 Wir wollen im öffentlichen Raum eine hohe Aufenthaltsqualität für alle schaffen: 14 mit Grün und Wasser, einladenden Sitzmöglichkeiten, Spielplätzen, 15 Veranstaltungsflächen, Sportplätzen, Fitnessanlagen für Jung und Alt, 16 Marktständen, lokalem Gewerbe und Gastronomie, WLAN, Kunst, Trinkbrunnen, 17 Toiletten, Ausstellungen, Bücherschränken, Fahrradstellplätzen usw. Damit 18 fördern wir Beisammensein, Teilhabe und Zusammenhalt in der Gesellschaft.

19 Öffentlicher Raum: Das Wohnzimmer unserer Gesellschaft

20 Der öffentliche Raum hat in Städten genauso wie in Dörfern seit je her eine 21 große Bandbreite an Aufgaben und Funktionen für das Zusammenleben in der 22 Gesellschaft. Der öffentliche Raum, das heißt die Fläche zwischen unseren 23 Häusern oder Gartenzäunen, aber auch öffentlich verfügbare Räume in Gebäuden ist 24 der Ort, wo sich Menschen begegnen und damit soziale Teilhabe erleben. Vom 25 Dorfanger bis zum Stadtplatz, von der Gasse bis zur Promenade dient der

Seite 1 / 4 SZ3 Lebenswerte Städte – attraktives Land: Den öffentlichen Raum zurückerobern

26 öffentliche Raum seit Jahrhunderten der Kommunikation, der Begegnung, dem 27 Austausch. Im Gegensatz zum privaten Raum, der jemandem gehört, der das 28 Hausrecht ausübt, dient der öffentliche Raum allen Menschen: offen, inklusiv, 29 demokratisch. Egal ob alt oder jung, reich oder arm, alteingesessen oder neu 30 zugezogen. Er ist das Angebot, die Einladung an alle Menschen, zusammenzukommen, 31 sich kennenzulernen, zu kommunizieren, Kontakte zu pflegen, aber auch draußen zu 32 verweilen, zu spielen, zu flanieren, zu genießen, zu handeln, zu konsumieren, zu 33 demonstrieren – kurz: am öffentlichen Leben teilzuhaben. Der öffentliche Raum 34 ist damit für jede*n ein zweites Wohnzimmer im Freien. Und er ist für uns alle 35 das Wohnzimmer der Gesellschaft. Nicht zuletzt ist der öffentliche Raum ein 36 wichtiger Ort des politischen Diskurses der Gesellschaft: Wahlkämpfe, 37 Demonstrationen, Kundgebungen und Revolutionen finden im öffentlichen Raum 38 statt. Der öffentliche Raum ist zutiefst demokratisch, denn er ist für alle da!

39 Den öffentlichen Raum zurückerobern – für alle!

40 Besonders auf dem Land sind Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Menschen, 41 die kein Auto fahren oder finanzieren können, darauf angewiesen, die nötige 42 soziale und ökonomische Infrastruktur für das tägliche Leben in erreichbarer 43 Entfernung zu haben, um nicht auf autofahrende Hilfe angewiesen zu sein. Wir 44 wollen in unseren Dörfern und Städten aber allen Menschen attraktiven Aufenthalt 45 im öffentlichen Raum bieten, auch denjenigen, die sich keinen Kaffee in einer 46 Gaststätte leisten können oder wollen. Angebote zum kostenlosen und angenehmen 47 Aufenthalt in der Öffentlichkeit sind eine Investition in eine lebendige und 48 gerechte Gemeinschaft, ein wichtiger Beitrag zu Inklusion und Teilhabe.

49 Wir Grüne schaffen Lebensqualität vor der Haustüre

50 Öffentliche Räume bringen Menschen jedweder Herkunft, Geschlecht, sozialer 51 Schicht und Alter zueinander und stiften Raum für Kommunikation, Austausch, 52 Teilhabe und Zusammenhalt der Gesellschaft. Diese Kommunikation der Menschen ist 53 das Lebenselixier für Demokratie und friedliches Zusammenleben.

54 Um das zu erreichen, ist es wichtig, dass sich die Politik der Entwicklung des 55 öffentlichen Raums annimmt. Kommunen spielen dabei eine zentrale Rolle. Mit 56 unserem 10-Punkte-Plan für den Öffentlichen Raum zeigen wir im Kommunalwahlkampf 57 vor Ort mit konkreten Verbesserungsvorschlägen auf, wie hochwertige öffentliche 58 Räume der Gesellschaft nützen und den Ort bereichern. Damit leisten wir einen 59 Beitrag zur Entwicklung von mehr Lebensqualität in unseren Kommunen – sowohl im 60 ländlichen Raum wie auch in unseren wachsenden Städten.

61 Wir wollen den Platz im öffentlichen Raum neu verteilen. Das bedeutet 62 konkret: Mehr Platz für Fuß- und Radverkehr, mehr Platz für schöne und 63 artenreiche Grünflächen, saubere Luft, Verkehrssicherheit und Lärmschutz. 64 Die Dominanz des motorisierten Verkehrs und der Parkplätze wollen wir

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65 zugunsten einer gerechteren und menschenfreundlicheren Aufteilung des 66 öffentlichen Raumes zurückdrängen.

67 Das Leitbild „Dorf bzw. Stadt der kurzen Wege“ ist unsere Maxime in der 68 Siedlungsentwicklung. Wir wollen die Innenentwicklung stärken, statt immer 69 mehr auf der „grünen Wiese“ bauen. Bei Bauprojekten müssen die Chancen 70 ausgelotet werden, zugleich den öffentlichen Raum aufzuwerten.

71 Die bayerische Städtebauförderung und das Dorferneuerungsprogramm wollen 72 wir um ein Sonderprogramm zur Entwicklung des Öffentlichen Raums in 73 Städten und Gemeinden von 5 Millionen Euro pro Jahr ergänzen und die 74 Mittel beim Straßenbau einsparen.

75 Mit einem Bundesprogramm „Bauflächenoffensive – 100.000 Dächer und Häuser 76 Programm“ fördern wir die Aktivierung leerstehender Gebäude, um damit die 77 Lebendigkeit der Ortskerne zu stärken. Künftig sollen grundsätzlich 78 fehlende Innenentwicklungspotentiale vor der Ausweisung neuer Baugebiete 79 nachgewiesen werden müssen. So reduzieren wir den Flächenverbrauch.

80 Wir wollen unsere oftmals verwaisten und heruntergekommenen Bahnhöfe 81 wieder zu lebendigen Treffpunkten entwickeln, die die Gemeinde oder den 82 Stadtteil mit Kiosk oder Cafe, Warteraum und weiteren Dienstleistungen und 83 Mobilitätsangeboten bereichern. Auch das stützt die Gemeinschaft vor Ort, 84 dient dem Austausch der Menschen und bietet Mehrwert für die 85 Lebensqualität.

86 Wir begrüßen die Initiativen zur Wiedereröffnung von Dorfläden als Zentrum 87 für Kommunikation, Austausch und Nahversorgung im Dorf und wollen diese 88 mit einer staatlichen Förderung anschieben.

89 Wir wollen mehr Kunst und Kultur im öffentlichen Raum. Straßen- und 90 Dorffeste, traditionsreiche kulturelle Umzüge, Prozessionen und 91 Veranstaltungen prägen die Identität eines Ortes und stärken die 92 Gemeinschaft. Wir wollen aber auch mehr Kunstprojekte, Denkmäler, 93 Gestaltungen von Kindern und Jugendlichen in ganz Bayern, um dadurch den 94 öffentlichen Raum bunter und lebendiger zu machen.

95 Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien und viele andere Länder 96 verwandeln Straßen und Plätze in „Begegnungszonen“ (Shared Space). 97 Gehsteige und Fahrbahnen werden zusammengelegt, die Fläche gestalterisch 98 aufgewertet. Autos, Fahrräder und Fußgänger*innen bewegen sich langsam und 99 gleichberechtigt. Damit werden nicht nur vielfältige städtebauliche, 100 sondern auch soziale (Kommunikation, Sicherheit, Wiederbelebung) und 101 wirtschaftliche Ziele (Erhaltung mittelständischer Betriebe und 102

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103 Gastronomie, Tourismusförderung) verwirklicht. Deshalb wollen wir die 104 Möglichkeit von Begegnungszonen für unsere Kommunen in der Straßenverkehrsordnung schaffen.

105 Um auch in den immer heißeren Sommermonaten allen Menschen einen 106 angenehmen Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und lokale 107 Extremtemperaturen zu vermeiden, wollen wir mehr Fassadenbegrünung, 108 Ortsdurchgrünung, Schatten spendende Bäume und Wasser im öffentlichen 109 Raum. Viele im Zuge des Straßenbaus verrohrte Bäche können wieder geöffnet 110 und zum Vorteil von Natur und Mensch kleine grüne Oasen im Wohnumfeld 111 werden.

112 Wir wollen die Barrierefreiheit für den gesamten öffentlichen Raum in 113 Bayern. Alle Menschen, auch Seniorinnen und Senioren, Kinder und Menschen 114 mit Behinderungen sollen sich sicher und selbständig bewegen können. Ein 115 barrierefreier öffentlicher Raum mit Nahversorgung im Wohnumfeld gibt 116 Seniorinnen und Senioren die Möglichkeit, sich lange selbstbestimmt zu 117 versorgen und zugleich am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Begründung

Die Bayerische Verfassung schreibt das Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern vor. Das ist ein richtiges Ziel, das wir Grüne sehr ernst nehmen. In den letzten Jahren hat sich Bayern von diesem Ziel aber immer weiter entfernt. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land wachsen. Die Gesellschaft driftet weiter auseinander.

Der öffentliche Raum in Bayern wird, trotz manch hübsch gestalteter Dorfzentren oder Fußgängerzonen, meist vernachlässigt. Vor der Haustüre finden wir allzuoft eine graue Monotonie aus asphaltierter Fahrbahn und Parkplatzstreifen mit Restflächen für vielerorts gefährdete Fußgänger*innen und Radfahrende. Damit geht der öffentliche Raum für die Gesellschaft verloren, entwertet und zu Fahrbahn oder Parkplatz degradiert. Verschärft wird die Situation durch den Flächenfraß am Ortsrand, wenn dort die Discounter sprießen und das lokale Gewerbe, die Arztpraxis, das Wirtshaus oder die Läden als soziale Treffpunkte in zentraler Lage schließen. Dies erschwert Teilhabe und hemmt den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Öffentliche Räume müssen lebendig und attraktiv sein, um Identität zu stiften, Anonymisierung zu vermeiden und dem Gefühl des "Abgehängt-Seins" entgegenzuwirken. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

S1 Satzungsreform zur geschlechtlichen Vielfalt

Gremium: Landesvorstand und Landesausschuss Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 1. Satzung und Frauenstatut (durchgängig)

2 Ersetze "Mindestparität" durch "Mindestquotierung"

3 2. Satzung, Präambel, Absatz 3

4 Ersetze (alte Fassung):

5 Ein wesentliches Ziel ist die Verwirklichung der Rechte und Interessen von 6 Frauen. Frauen und Männer bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen, dass sich eine 7 Veränderung durch das bloße Hoffen auf gute Vorsätze nicht erreichen lässt. 8 Veränderungen müssen auf vielen Ebenen ansetzen. Ein Ansatz ist das Grüne 9 Frauenstatut mit der darin verankerten Quotierung der Ämter und Mandate. Diese 10 Maßnahmen sind ein Weg, die Interessen von Frauen zu verwirklichen. Das Ziel von 11 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, dass Frauen und Männer in allen Lebensbereichen über 12 ihre Interessen selbst bestimmen.

13 durch (neue Fassung):

14 Ein wesentliches Ziel ist die Verwirklichung der Rechte und Interessen von 15 Frauen. Frauen sind Personen, die sich als solche definieren. Frauen und alle 16 Mitglieder bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen, dass sich eine Veränderung durch 17 das bloße Hoffen auf gute Vorsätze nicht erreichen lässt. Veränderungen müssen 18 auf vielen Ebenen ansetzen. Ein Ansatz ist das Grüne Frauenstatut mit der darin 19 verankerten Quotierung der Ämter und Mandate. Wir unterscheiden für 20 Gremienbesetzungen, Redelisten und Wahllisten generell in Frauenplätze (für 21 alle, die sich als Frauen definieren) und offene Plätze, die allen Menschen 22 unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität offenstehen, also auch trans*-, inter- 23 und non-binären Personen. Diese Maßnahmen sind ein Weg, die Interessen von 24 Frauen zu verwirklichen und gleichzeitig die geschlechtliche Vielfalt 25 abzubilden. Das Ziel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, dass alle Mitglieder in

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26 allen Lebensbereichen über ihre Interessen selbst bestimmen.

27 3. Satzung, §27 (8)

28 Ersetze (alte Fassung):

29 Wahllisten sind grundsätzlich alternierend mit Frauen und Männern zu besetzen, 30 wobei den Frauen die ungeraden Plätze zur Verfügung stehen (Mindestparität). 31 Frauen können auch auf den geraden Plätzen kandidieren. Reine Frauenlisten sind 32 möglich.

33 durch (neue Fassung):

34 Wahllisten sind grundsätzlich alternierend mit Frauen und allen Kandidierenden 35 zu besetzen, wobei den Frauen die ungeraden Plätze zur Verfügung stehen 36 (Mindestquotierung). Frauen können wie alle Kandidierende auf den geraden 37 Plätzen kandidieren. Reine Frauenlisten sind möglich.

38 4. Satzung, §27 (14)

39 Ersetze (alte Fassung):

40 Präsidien von Versammlungen werden paritätisch besetzt. Die Versammlungsleitung 41 übernehmen Frauen und Männer abwechselnd. Redelisten werden getrennt geführt, 42 Frauen und Männer reden abwechselnd.

43 durch (neue Fassung):

44 Präsidien von Versammlungen werden mindestquotiert besetzt. Die 45 Versammlungsleitung übernehmen Frauen und alle Präsidiumsmitglieder abwechselnd. 46 Redelisten werden getrennt geführt, Frauen und alle Mitglieder reden 47 abwechselnd.

48 5. Frauenstatut, Präambel, 1. Absatz, 4. Satz

49 Ersetze (alte Fassung):

50 Wir stellen fest, dass innerhalb der Arbeitsstrukturen von BÜNDNIS 90/DIE 51 GRÜNEN, die einen Teil des öffentlichen Lebens darstellen und spiegeln sowie 52 innerhalb der Parteigremien Parität und gleichberechtigte Arbeitsbedingungen 53 keinesfalls durchgängig gewährleistet sind.

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54 durch (neue Fassung):

55 Wir stellen fest, dass innerhalb der Arbeitsstrukturen von BÜNDNIS 90/DIE 56 GRÜNEN, die einen Teil des öffentlichen Lebens darstellen und spiegeln sowie 57 innerhalb der Parteigremien gleichberechtigte Repräsentanz und 58 Arbeitsbedingungen keinesfalls durchgängig gewährleistet sind.

59 6. Frauenstatut, Präambel, 3. Absatz, 1. Satz

60 Ersetze (alte Fassung):

61 Frauen und Männer bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen, dass sich eine Veränderung 62 durch das bloße Hoffen auf gute Vorsätze nicht erreichen lässt.

63 durch (neue Fassung):

64 Frauen, Männer und alle Mitglieder bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen, dass sich 65 eine Veränderung durch das bloße Hoffen auf gute Vorsätze nicht erreichen 66 lässt.

67 7. Frauenstatut, Präambel, 4. Absatz

68 Ersetze (alte Fassung):

69 Das Frauenstatut benennt verbindliche Korrektivmaßnahmen, die den gewöhnlichen 70 Strukturen entgegenwirken und neue Entwicklungen und Erfahrungen möglich machen. 71 Wesentliche Elemente darin sind die Schaffung paritätischer Bedingungen und die 72 Garantie der Sichtbarkeit von Frauen nach innen und außen. Für die Sichtbarkeit 73 spielt Sprache eine wesentliche Rolle. Geschlechtergerechte Sprache ist deshalb 74 ein Grundsatz Grüner Politik. Die Parität in den auf Landesebene zu besetzenden 75 Organen und Gremien ist nicht etwa ein Zugeständnis auf Zeit, sondern ein 76 Grundgedanke grüner Utopie und ein echter Teil der Verwirklichung der Rechte und 77 Interessen von Frauen. Parität beschränkt sich dabei nicht nur auf die 78 numerische Repräsentanz von Frauen, Parität heißt vielmehr, dass eine 79 Gleichverteilung sämtlicher Aufgabenfelder innerhalb der Gremien vorgenommen 80 werden muss. Unser Ziel ist, dass Frauen nicht nur ihre formalen Rechte 81 einfordern, sondern dass sie in allen Lebensbereichen über ihre Interessen 82 selbst bestimmen.

83 durch (neue Fassung):

84 Das Frauenstatut benennt verbindliche Korrektivmaßnahmen, die den gewöhnlichen 85 Strukturen entgegenwirken und neue Entwicklungen und Erfahrungen möglich machen.

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86 Dazu gehört auch, die geschlechtliche Vielfalt mitzudenken und abzubilden. 87 Wesentliche Elemente sind die Schaffung gleichberechtigter Bedingungen und die 88 Garantie der Sichtbarkeit von Frauen - also Personen, die sich als Frauen 89 definieren - nach innen und außen. Für die Sichtbarkeit spielt Sprache eine 90 wesentliche Rolle. Geschlechtergerechte Sprache ist deshalb ein Grundsatz Grüner 91 Politik. Die Mindestquotierung in den auf Landesebene zu besetzenden Organen 92 und Gremien ist nicht etwa ein Zugeständnis auf Zeit, sondern ein Grundgedanke 93 grüner Utopie und ein echter Teil der Verwirklichung der Rechte und Interessen 94 von Frauen. Die Mindestquotierung beschränkt sich dabei nicht nur auf die 95 numerische Repräsentanz von Frauen sondern heißt vielmehr, dass eine gerechte 96 Verteilung sämtlicher Aufgabenfelder innerhalb der Gremien vorgenommen werden 97 muss. Unser Ziel ist, dass Frauen nicht nur ihre formalen Rechte einfordern, 98 sondern dass sie in allen Lebensbereichen über ihre Interessen selbst bestimmen.

99 8. Frauenstatut, §1, 1. Absatz

100 Ersetze (alte Fassung):

101 Wahllisten sind grundsätzlich alternierend mit Frauen und Männern zu besetzen, 102 wobei den Frauen die ungeraden Plätze zur Verfügung stehen (Mindestparität). 103 Frauen können auch auf den geraden Plätzen kandidieren. Reine Frauenlisten sind 104 möglich. 105 106 durch (neue Fassung):

107 Wahllisten sind grundsätzlich alternierend mit Frauen und allen Kandidierenden 108 zu besetzen, wobei den Frauen die ungeraden Plätze zur Verfügung stehen 109 (Mindestquotierung). Frauen können wie alle Kandidierende auf den geraden 110 Plätzen (offene Plätze) kandidieren. Reine Frauenlisten sind möglich.

111 9. Frauenstatut, §2, 3. Satz

112 Ersetze (alte Fassung):

113 Redelisten werden getrennt geführt, Frauen und Männer reden abwechselnd.

114 durch (neue Fassung):

115 Redelisten werden getrennt geführt, Frauen und alle Mitglieder reden 116 abwechselnd.

117 10. Frauenstatut, §5

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118 Ersetze (alte Fassung):

119 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden als Arbeitgeberin auf die Gleichstellung der 120 Aufgaben unter Frauen und Männern achten. Daher werden alle Stellen auf allen 121 Qualifikationsebenen mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt. 122 123 In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden sie bei gleicher 124 formaler Qualifikation solange bevorzugt eingestellt, bis die Parität erreicht 125 ist.

126 durch (neue Fassung):

127 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden als Arbeitgeberin auf die Gleichstellung der 128 Aufgaben unter Frauen und allen Mitarbeitenden achten. Daher werden alle Stellen 129 auf allen Qualifikationsebenen mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt.

130 In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden sie bei gleicher 131 formaler Qualifikation solange bevorzugt eingestellt, bis die Mindestquote 132 erreicht ist.

Begründung

Unser Grünes Frauenstatut ist in der deutschen Parteienlandschaft einzigartig und eine echte feministische Erfolgsgeschichte: Seit über 30 Jahren trägt es dazu bei, dass wir Grüne einen sehr hohen Frauenanteil sowohl bei den Mitgliedern als auch in allen Fraktionen, Vorständen und anderen Gremien haben. Wir machen damit deutlich: Frauen sind die Hälfte der Bevölkerung, sie sollen auch die Hälfte der Macht bekommen. Und auch heute sind die Instrumente des Frauenstatus wie Frauenquote, Frauengremien und quotierte Redelisten leider noch notwendig, um die gleichberechtigte politische Teilhabe und Sichtbarkeit von Frauen zu sichern.

Was in unserer bisherigen Satzung fehlt, ist die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt. Grünes Selbstverständnis ist, dass trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen ein Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung haben – frei von politischen, medizinischen oder rechtlichen Pathologisierungsversuchen und Menschenrechtsverletzungen. Damit gehen wir über die Novellierung im Personenstandsrecht (Geschlechtseintrag „divers“ als 3. Option) hinaus. Für dieses Prinzip der Selbstbestimmung kämpfen wir seit vielen Jahren in Solidarität mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Aktivist*innen.

Mit dem Änderungsantrag für unsere Satzung gehen wir nun einen ersten Schritt, um der geschlechtlichen Vielfalt in den Statuten unserer Partei Rechnung zu tragen, und bekräftigen zugleich das Prinzip der Mindestquotierung für Frauen. Anschließend an die Satzungsänderung wollen wir weiter diskutieren, wie geschlechtliche Vielfalt noch stärker in der Satzung verankert und in der Partei gelebt werden kann.

Die Änderungen umfassen:

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1. Wir machen geschlechtliche Vielfalt sichtbar, indem wir die binären Konstrukte („Frauen und Männer“, „Parität“) ersetzen durch Formulierungen, die alle Geschlechter einbeziehen.

2. Wir machen klar, dass mit dem Begriff Frauen alle erfasst werden, die sich selbst so definieren. Damit kann eine Trans*frau, die im - aus grüner Sicht diskriminierenden - Personenstandsrecht noch als Mann gilt, selbstverständlich auf einem Frauenplatz kandidieren.

Unterstützer*innen Doro Sührig (KV Weilheim-Schongau), Sarah Wetzel (KV München-Stadt), Doris Wagner (KV München-Stadt), Barbara Poneleit (KV Forchheim) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A35 Solidarität unter den Geschlechtern: Geschlechtliche Vielfalt innerhalb der Partei - gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen

Antragsteller*in: Tessa Ganserer MdL (KV Nürnberg-Stadt), Landesvorstand Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Das Recht auf Gleichbehandlung unabhängig vom Geschlecht ist elementarer 2 Bestandteil Grüner Programmatik. Wir Grünen wollen allen Menschen unabhängig von 3 ihrem Geschlecht eine gleichberechtigte Teilhabe sowohl in der Gesellschaft als 4 auch in unserer Partei ermöglichen. Dazu wollen wir alte patriarchale Denkmuster 5 durchbrechen.

6 Der Landesvorstand wird zusammen mit den Frauen- und Queergremien einen zwei 7 jährigen offenen Diskussionsprozess starten. Dabei ist auch der Austausch mit 8 Trans-, Inter- und Frauenverbänden sowie der Wissenschaft und juristischen 9 Expert*innen zu suchen. Bei dem Prozess sollen Vorschläge entwickelt werden, wie 10 wir geschlechtliche Vielfalt in unserer Partei angemessen sichtbar machen und 11 berücksichtigen wollen. Die erarbeiteten Vorschläge werden am Ende des Prozesses 12 der LDK vorgelegt.

Begründung

Um das Recht auf Gleichbehandlung unabhängig vom Geschlecht in allen Gesellschaftlichen Bereichen um zu setzen, ist trotz der gleichstellungspolitischen Erfolge der letzten Jahrzehnte noch viel zu tun. Das Frauenstatut sichert seit über dreißig Jahren gleichberechtigte politische Teilhabe und Sichtbarkeit von Frauen in unserer Partei und ist auch weiterhin notwendig.

In der bisher gültigen Form des Frauenstatuts ist von einer "paritätischen Besetzung" (50/50) durch "Männer" und "Frauen" die Rede. Es folgt einem streng binären und wissenschaftlich nicht mehr haltbaren Geschlechterbild und führt dazu, dass Menschen mit 3. Geschlechtseintrag de facto gar keine Möglichkeit finden, in diesem System unterzukommen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Oktober 2017 festgestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Am 22. 12. 2018 ist das geänderte Personenstandsrecht in Kraft getreten, womit die Möglichkeit geschaffen wurde den Geschlechtseintrag „Divers“ zu wählen. Damit wurde der wissenschaftliche Fakt, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, auch rechtlich anerkannt. Dies wird weitreichende Auswirkungen in vielen Bereichen des

Seite 1 / 2 A35 Solidarität unter den Geschlechtern: Geschlechtliche Vielfalt innerhalb der Partei - gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen

gesellschaftlichen Zusammenlebens haben. Auch wir Grünen müssen in unseren Parteistauten die Realität geschlechtlicher Vielfalt abbilden.

Über das Geschlecht und die Geschlechtszugehörigkeit kann nur jeder Mensch selbst Auskunft geben. Als Menschenrechtspartei machen wir Grüne uns stark für das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung frei von medizinischen oder rechtlichen Pathologisierung und Stigmatisierung. Mit der jetzigen Reform des Frauenstatuts machen wir das deutlich, in dem wir klarstellen, dass dieses für alle Frauen gilt. Das heißt, dass trans Frauen selbstverständlich auch auf Frauenplätzen kandidieren dürfen, unabhängig vom derzeitigen amtlichen Personenstand der jeweiligen Person. Dies ist ein erster Schritt zur Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt.

Inwieweit die Regelung, dass Transmänner, non-binary und inter Personen zusammen mit Männern auf den offenen Plätzen kandidieren, der Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt gerecht wird, ist zu klären.

Geschlechtliche Vielfalt ist für viele ein sehr neues und komplexes Thema. Wir wollen dabei Frauen, trans, inter, und non-binary Personen nicht gegeneinander ausspielen oder auseinander dividieren. Allein zur Aufklärung und zur Förderung von Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt lohnt es sich diesen Diskussionsprozess zu führen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO1 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt A

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ersetze (alte Fassung):

2 1.1 3 Der/die Landesschatzmeister/in sorgt für die Vorlage des Rechenschaftsberichts 4 des Landesverbands inkl. aller Untergliederungen gemäß dem sechsten Abschnitt 5 des Parteiengesetzes und der Beschlüsse der Bundespartei spätestens bis zum 31. 6 Mai eines jeden Jahres.

7 durch (neue Fassung):

8 1.1 9 Der/die Landesschatzmeister/in sorgt für die rechtzeitige Abgabe des 10 Rechenschaftsberichts des Landesverbands inkl. aller Untergliederungen gemäß den 11 Regelungen des Parteiengesetzes und der Beschlüsse der Bundespartei.

12 Ersetze (alte Fassung):

13 1.2

14 Zu diesem Zweck legen die Kreiskassierer/innen ihr/ihm bis spätestens zum 31. 15 März eines jeden Jahres die Jahreskassenberichte der Kreisverbände inkl. deren 16 Untergliederungen vor. Bei verspäteter Abgabe fallen Säumnisgebühren an.

17 durch (neue Fassung):

18 1.2 19 Zu diesem Zweck legen alle Gliederungen, angegliederte Teilorganisationen und 20 Arbeitsgemeinschaften ihr/ihm bis spätestens zum 31. März eines jeden Jahres 21 ihre Rechenschaftsberichte, bei Kreisverbänden inklusive deren 22 Untergliederungen, vor. Bei verspäteter Abgabe fallen Säumnisgebühren an. Die 23 Höhe legt der Finanzausschuss fest.

Seite 1 / 2 FO1 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt A

24 Ersetze (alte Fassung):

25 1.3 26 Bestandteile der Jahreskassenberichte sind

27 eine Übersicht über die Einnahmen, die Ausgaben, die Summen- und 28 Saldenliste, die Aktivposten und die Passivposten in der Form, dass die 29 Erstellung des Rechenschaftsberichts entsprechend den Bestimmungen des 30 Parteiengesetzes ermöglicht wird. Die/der Landesschatzmeister/in stellt

31 hierfür ein entsprechendes Formblatt zur Verfügung.

32 Durchschläge der für das Berichtsjahr ausgestellten 33 Zuwendungsbescheinigungen und eine lückenlose Aufstellung aller 34 Zuwendungen je ZuwenderIn mit Namen und Anschrift gemäß § 24 Abs.1 35 Parteiengesetz.

36 eine Liste der Mitglieder zum Stand des 31. Dezember des Berichtsjahres.

37 eine Übersicht über den Stand und die Beschlusslage zu den ausgewiesenen 38 internen Rücklagen (siehe auch Abschn. F, Abs. 6.3).

39 durch (neue Fassung):

40 1.3 41 Für den Rechenschaftsbericht stellt der Bundesverband ein Formular für die laut 42 Statuten und Parteiengesetz benötigten Angaben zur Verfügung. 43 Zudem ist dem Rechenschaftsbericht eine Übersicht über den Stand und die 44 Beschlusslage zu den ausgewiesenen internen Rücklagen (siehe auch Abschn. F, 45 Abs. 6.3) beizulegen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO2 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt B

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ergänze:

2 2.5 3 Der Landesverband bietet den Kreisverbänden die Möglichkeit an, den Einzug der 4 Mitgliedsbeiträge zentral vorzunehmen. Die Modalitäten sowie Kostenträgerfragen 5 hierfür werden einheitlich und einzelvertraglich geregelt. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO3 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt C

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ersetze (alte Fassung):

2 3.2 3 Die Festsetzung der Beiträge obliegt den Kreisverbänden. Diese sollen jedoch 4 5,50 € pro Monat für nicht lohn- oder einkommenssteuerveranlagte Mitglieder und 5 11,- € für lohn- oder einkommenssteuerveranlagte Mitglieder nicht 6 unterschreiten. Im Übrigen sollte sich der Beitrag für lohn- oder 7 einkommenssteuerveranlagte Erwerbstätige bei 1% des Nettoeinkommens orientieren.

8 durch (neue Fassung):

9 3.2 10 Die Erhebung der Beiträge obliegt den Kreisverbänden. Für die Höhe der 11 Mitgliedsbeiträge gelten die Regelungen in der Bundeskassenordnung. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO4 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt D

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ersetze (alte Fassung):

2 4.1 3 Landes-, Kreis- und Ortsverbände, alle übrigen in der Satzung erfassten 4 Parteigliederungen und -gremien und die angegliederten Vereinigungen, die über 5 eine eigenständige Kassenführung verfügen und damit zur Vorlage eines 6 Jahreskassenberichts verpflichtet sind, sind berechtigt, Spenden anzunehmen. 7 Ausgenommen sind Spenden, die nach Parteiengesetz unzulässig sind (z.B.

8 anonyme Spenden von mehr als 500 Euro [Stand 01.07.2002] ). Solche Spenden sind 9 über den Landesverband und den Bundesverband unverzüglich an das Präsidium des 10 Deutschen Bundestags weiterzuleiten.

11 Im Übrigen stehen jeder Ebene die bei ihr eingegangenen Spenden ungeteilt zu.

12 durch (neue Fassung):

13 4.1 14 Alle in der Satzung erfassten Parteigliederungen und Vereinigungen, die über 15 eine eigenständige Kassenführung verfügen und somit zur Vorlage eines 16 finanziellen Rechenschaftsberichts verpflichtet sind, sind berechtigt, Spenden 17 anzunehmen. Ausgenommen sind Spenden, die nach Parteiengesetz unzulässig sind. 18 Solche Spenden sind umgehend zurück zu überweisen oder über den Landes- und 19 Bundesverband an das Präsidium des Deutschen Bundestags weiterzuleiten. Weiteres 20 regelt der Spendenkodex von Bündnis 90/Die Grünen.

21 Im Übrigen stehen jeder Ebene die bei ihr eingegangenen Spenden ungeteilt zu. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO5 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt F

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ersetze (alte Fassung):

2 6.4 3 Der jedes Jahr zur Verfügung stehende Finanzrahmen errechnet sich aus dem nach 4 Absatz 5.6 ausgezahlten und nach Absatz 6.1 Satz 1 festgelegten Teil der 5 staatlichen Zuschüsse, den zur Auflösung vorgesehenen ´internen Rücklagen´, den 6 nach Absatz 5.6 ausbezahlten Rücklagen sowie möglichst realistischen Schätzungen 7 der zu erwartenden übrigen Einnahmen (Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zinsen usw.).

8 durch (neue Fassung):

9 6.4 10 Der jedes Jahr zur Verfügung stehende Finanzrahmen errechnet sich aus dem nach 11 Absatz 5.6 ausgezahlten und nach Absatz 6.1 Satz 1 festgelegten Teil der 12 staatlichen Zuschüsse, den zur Auflösung vorgesehenen ´internen Rücklagen´, den 13 nach Absatz 5.6 ausbezahlten Rücklagen sowie möglichst realistischen Schätzungen 14 der zu erwartenden übrigen Einnahmen (Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zinsen usw.). 15 Ein entsprechender Haushaltsplan ist einer Mitglieder- oder 16 Delegiertenversammlung vorzulegen und dort zu genehmigen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

FO6 Anpassung der Finanzordnung - Abschnitt H

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 5 Satzung und Statuten

Antragstext

1 Ersetze (alte Fassung):

2 8.2 3 Der Finanzausschuss erstellt einmal jährlich einen Bericht über die Situation 4 der Finanzen des Landesverbandes entsprechend § 20 Abs. 2 der Landessatzung. 5 Nach Möglichkeit soll hierbei auch die finanzielle Lage der Untergliederungen 6 Berücksichtigung finden. Der Finanzausschuss nimmt zum Haushaltsentwurf und zu 7 allen finanzwirksamen Anträgen bei Landesversammlungen Stellung. Nach 8 Möglichkeit sollte vor oder am Rande von Landesversammlungen der Finanzausschuss 9 mitgliederöffentlich tagen.

10 durch (neue Fassung):

11 8.2 12 Der Finanzausschuss nimmt zum Haushaltsentwurf und zu allen finanzwirksamen 13 Anträgen bei Landesversammlungen Stellung. Nach Möglichkeit sollte vor oder am 14 Rande von Landesversammlungen der Finanzausschuss mitgliederöffentlich tagen.

15 Ersetze (alte Fassung):

16 8.3 17 Kreis- und Ortsverbände können entsprechend § 6 Abs. 3 der Satzung (Autonomie) 18 eigene Finanzordnungen erlassen. Die in dieser Finanzordnung das einzelne 19 Mitglied oder Kreisverbände betreffenden Bestimmungen dürfen hierdurch jedoch 20 nicht aufgehoben werden.

21 durch (neue Fassung):

22 8.3 23 Bezirks-, Kreis- und Ortsverbände können entsprechend § 6 Abs. 4 der Satzung 24 (Autonomie) eigene Finanzordnungen erlassen, die den Regelungen dieser

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25 Finanzordnung nicht widersprechen dürfen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

F1 Ausgleich des negativen Reinvermögens

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 6 Finanzen

Antragstext

1 Die LDK möge beschließen:

2 1. Im Haushalt des Landesverbandes ist mindestens ein Betrag von 70.000 pro 3 Jahr zur Auffüllung des negativen Reinvermögens einzustellen.

4 2. Der Personaletat für den Landesvorstand ist stets so zu kalkulieren, dass 5 alle fünf Mitglieder des Landesvorstandes nicht mandatiert sind. 6 Eingesparte Personalkosten für den Landesvorstand, beispielsweise durch 7 mandatierte Landesvorstandsmitglieder, sind zur Auffüllung des negativen 8 Reinvermögens zu verwenden.

9 3. Diese Maßnahmen gelten, bis das negative Reinvermögen wieder vollständig 10 ausgeglichen ist.

Begründung

Nach dem Wahljahr 2018 beträgt das Reinvermögen des Landesverbandes gemäß der auf der LDK Regensburg 1989 beschlossenen Darstellungsweise (sogenannte „Regensburger Bilanz“) -340.439,97 Euro (-255.873,04 Euro durch das Volksbegehren Flächenfraß und dem Landtagswahlkampf sowie -84.566,93 Euro durch das Defizit aus dem laufenden Haushalt).

Gemäß der Darstellungsweise in der „Regensburger Bilanz“ wird die dem Landesverband im laufenden Jahr zustehende Staatliche Parteienfinanzierung (2018: 1.044.740,88 Euro) als Rücklage ausgewiesen und erst im Folgejahr in den Haushalt eingestellt. Die Liquidität des Landesverbandes ist dadurch stets gewährleistet.

Dennoch verpflichtet uns unsere Finanzordnung gemäß Ziffer 6.5, Maßnahmen zum Ausgleich des negativen Reinvermögens in der „Regensburger Bilanz“ zu ergreifen. Mit den beantragten Maßnahmen soll das negative Reinvermögen bis spätestens zur nächsten Landtagswahl wieder ausgeglichen werden. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

F2 Haushalt 2020

Gremium: Landesvorstand Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 6 Finanzen

Antragstext

1 Den Finanzantrag "Haushalt 2020" könnt ihr hier herunterladen:

2 http://www.gruene-bayern.de/f2-hh-plan-2020/ Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A2 Kennzeichnungspflicht tierischer Produkte

Gremium: Kreisverband Nürnberg Beschlussdatum: 25.07.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Die Landesdelegiertenkonferenz spricht sich für eine Kennzeichnungspflicht aller 2 tierischen Lebensmittel aus. Sie setzt sich auf Bundesebene für ein Modell mit 3 folgenden Merkmalen ein:

4 Erfassung aller Lebensmittel mit tierischen Bestandteilen oberhalb einer 5 Bagatellgrenze.

6 Verpflichtender Charakter

7 Vierstufig:

8 Stufe 1: Gesetzlicher Mindeststandard Stufe 2: Mittlerer Tierschutzstandard mit deutlich über die Stufe 1 9 hinausgehenden Anforderungen (u.a. deutlich erhöhtes Platzangebot) 10 Stufe 3: Erhöhter Tierschutzstandard, angelehnt an die Anforderungen des EU-Bio-Siegels 11 Stufe 4: Höchster Tierschutzstandard mit deutlich über das EU-Bio- 12 Siegel hinausgehenden Anforderungen bzgl. tierschutzrelevanter Kriterien 13

14 16 Einbeziehung des gesamten Tierlebens von der Geburt bis zum Tod, inkl. der 15 17 Schlachtung

18 Höhere Anforderungen und zusätzliche Kriterien für die Stufen 2-4 als bei 19 der bestehenden Haltungskennzeichnung des Handels und dem geplanten 20 staatlichen Tierwohllabel von Julia Klöckner.

21 Farbliche und schematische Visualisierung der jeweiligen Tierhaltung

22 Verwendung neutraler und aussagekräftiger Begrifflichkeiten anstelle von 23 Verschleierung („Stallhaltung plus“, „Außenklima“) und Schönfärberei

Seite 1 / 4 A2 Kennzeichnungspflicht tierischer Produkte

24 („Tierwohl“, „Premiumstufe“ usw.) wie beim Kennzeichnungssystem des 25 Handels und dem geplanten staatlichen Tierwohllabel.

26 Sofortige Verschärfung der rechtlichen Anforderungen insbesondere bei der 27 Schlachtung, perspektivisch auch in sämtlichen anderen Bereichen der 28 Tierhaltung. Bereits bestehende europäische Vorgaben wie zum intakten 29 Ringelschwanz sind einzuhalten.

30 Importtiere, die der Lebensmittelkette zugeführt werden, müssen im Rahmen 31 der Haltungskennzeichnungskriterien diese Standards ebenfalls erfüllen.

32 Eine Länderkennzeichnung, analog zur Geflügel-Kennzeichnung, 4XD (geboren, 33 aufgezogen, gemästet und geschlachtet in Deutschland) sollte die 34 Haltungskennzeichnung begleiten.

35 Die Einhaltung der jeweiligen Vorgaben ist durch deutlich verstärkte staatliche 36 Kontrollen zu gewährleisten.

Begründung

Eine effektive Haltungskennzeichnung hilft den Verbraucher*innen und reduziert Tierleid. Im Zuge der verpflichtenden Kennzeichnung von Hühnereiern wurde die besonders tierquälerische Käfig- bzw. Kleingruppenhaltung zurückgedrängt und anteilig durch weniger schlechte Haltungsformen ersetzt.

Seit 01.04. dieses Jahres kennzeichnen die wichtigsten Unternehmen des Einzelhandels abgepackte Fleisch- und Wurstartikel nach einem Stufensystem entsprechend der Tierhaltung, wobei 1 für den gesetzlichen Mindeststandard, d.h. das niedrigste, und 4 für das höchste Tierschutzniveau steht. Auch wenn dieser Vorstoß zu begrüßen ist, kann er kaum als ausreichend bewertet werden. Der Kennzeichnungspflicht unterliegen nur Fleisch- und Wurstartikel im Kühlregal, weder Produkte aus der Frischetheke noch Milch und verarbeitete Produkte werden erfasst (Bei Edeka Südwest wird die Frischware in der Theke gekennzeichnet). Insbesondere die Kriterien für die Stufe 2 sind mit gerade einmal 10% mehr Platzbedarf (bei einem Schwein 0,825m² ggü. 0,75 m²) und etwas mehr Beschäftigungsmaterial völlig unzureichend. Die Bezeichnungen „Stallhaltung Plus“, „Außenklima“ und „Premium“ sind beschönigend und irreführend. Das geplante staatliche Tierwohllabel integriert demgegenüber deutlich mehr Kriterien wie z.B. zur Strukturierung der Ställe, zu schmerzhaften Eingriffen (Amputation der Schwänze, Ferkelkastration) und zur Schlachtung. Neben fehlenden weiteren Kriterien (z.B. zur Überzüchtung) und teilweise zu wenig ambitionierten Anforderungen ist vor allem die Freiwilligkeit zu bemängeln. Das geplante staatliche Tierwohllabel soll zudem vorerst nur für Schweinefleisch eingeführt werden. Auf eine Visualisierung der Tierhaltung wird wie auch beim Kennzeichnungssystem des Handels verzichtet, obwohl diese ein wichtiger Hebel für die Sensibilisierung der Verbraucher wäre.

Die von uns geforderte Haltungskennzeichnung sollte ergänzt werden um sofortige Anhebungen des gesetzlichen Mindeststandards (=gleichzeitig Stufe 1 unseres Vorschlags), damit jedem in Deutschland

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gehaltenen und/oder geschlachteten Tier zumindest die schlimmsten Leiden erspart bleiben. Folgende Punkte Einhaltungmüssen unabhängig der verpflichtenden von der Kennzeichnung Betäubungs- und für alleEntblutungskontrolle tierischen Produkte bei gelten: der Schlachtung mit vorheriger Schulung. Dokumentation der Fehlbetäubungsrate und entsprechender Gegenmaßnahmen.Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln. Keine Zulassung von nicht tiergerechten Alternativen wie der lokalen Betäubung. Jegliche chirurgischen Eingriffe müssen von Tierärzten vorgenommenVerzicht auf routinemäßige werden. nicht kurative Eingriffe am Tier (Enthornen, Ringelschwanzamputieren,Rückbesinnung auf robuste Schnabelkürzenund gesunde Rassen bei Puten). zur Vermeidung von Qualzucht wie bei Masthühnern, Legehennen, hochfruchtbaren Sauen, Hochleistungsmilchkühen oder Kreuzungstieren aus weißblauen Belgiern.

Perspektivisch ist der gesetzliche Mindeststandard in vielen weiteren Aspekten anzuheben. Vor diesem Hintergrund muss die Stufe 2 deutliche Verbesserungen gegenüber dem aktuellen gesetzlichen Mindeststandard aufweisen, um sich auch mittelfristig von der ersten Stufe abzusetzen. Orientierung für die Stufe 2 bietet beispielsweise das Bündnis für Tierschutzpolitik mit seinen Forderungen für die Einstiegsstufe des Tierwohllabels (https://files.albert-schweitzer-stiftung.de/1/ASS_-_Positionspapier_-_Kernforderungen-an-das- staatliche-Tierwohlkennzeichen.pdf). Diese beinhalten beispielsweise ein um mind. 40% gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard erhöhtes Platzangebot im Stall. Zu gewährleisten ist ein ständiger Zugang zu geeignetem Nestbaumaterial für Sauen (z.B. Langstroh) in ausreichender Menge in den Tagen vor, während und nach der Geburt. Bequeme, weiche Liegeflächen (eingestreut oder weiche, dicke Gummimatte) müssen ebenso bereitgestellt werden wie Raufutter und Beschäftigungsmaterial zum Wühlen in bester Qualität zur ständigen freien Verfügung. Die Fixierung von Sauen im Deckbereich ist einzuschränken. Transportzeiten zum Schlachthof sind deutlich zu begrenzen.

Die Bio-Tierhaltung geht zwar hinsichtlich mancher Kriterien wie beim Platzangebot und Auslauf merklich über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus, weist aber auch etliche Lücken auf. Beispielsweise enthält die EU-Öko-Verordnung keine zusätzlichen Anforderungen für die Schlachtung mit Ausnahme des Verbots der Verwendung elektrischer Treibhilfen. Obwohl zahlreiche Berichte über Missstände in deutschen Schlachthöfen kursieren (wie beispielsweise in der ARD-Doku „Ethik oder Etikettenschwindel“), werden Biotiere in genau denselben Einrichtungen getötet wie ihre konventionellen Artgenossen. Nach Expertenschätzungen wird jedes achte Schwein und fast jedes zehnte Rind nicht ordnungsgemäß betäubt (Quelle: https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGF-nZSBfIGRva3VtZ W50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuLzhlY2Y2ZGRhLWZlODItNGRjMy05YWE0LWVlN- mQ2OWQ2OTQxOQ/ethik-oder-etikettenschwindel, ab 33:50). Auch eine Weidepflicht besteht nicht. Tiertransporte finden uneingeschränkt statt. Die kombinierte Anbindehaltung und Kastenstände sind erlaubt. Die betäubungslose Kastration ist aktuell genauso wenig verboten wie das Ausbrennen oder Ätzen der Hörner von Kälbern. Die dennoch bestehenden Vorteile der Bio-Haltung erkennen wir dadurch an, dass Bio-zertifizierte Produkte die zweitbeste Stufe (Stufe 3) erhalten, sofern sie zusätzliche Anforderungen zum Tiertransport, zur Schlachtung und zur Abferkelung (Einschränkung von Kastenständen) einhalten, wenn diese nicht durch die angestrebten verschärften gesetzlichen Anforderungen ohnehin gewährleistet werden. Ein Verweis auf eine Anhebung der Anforderungen für Bio-Produkte hilft nur bedingt weiter, da diese nur im Verbund mit allen 28 Mitgliedsstaaten der EU geändert werden können. Insbesondere in Osteuropa ist das Bewusstsein für Tierschutz aber noch wenig ausgeprägt.

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Wir wollen daher mit einer deutlich über die Tierschutzanforderungen des EU-Bio-Siegels hinausgehenden vierten Stufe Perspektiven für eine substanziell verbesserte Tierhaltung aufzeigen und Landwirt*innen Anreize für die Umstellung liefern. Ansatzpunkte hierfür sind beispielsweise eine Weidehaltung, ein größeres Platzangebot im Stall, ein vollständiges Verbot von Amputationen und Kastenständen sowie weiter verkürzte Transportzeiten zum Schlachthof. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A3 Fluchtwege freimachen und Menschenleben sichern

Antragsteller*in: Gülseren Demirel (MdL, KV München) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Menschen auf der Flucht können auf legalen Wegen kaum noch den europäischen 2 Kontinent und Sicherheit erreichen: Die Europäische Union begrenzt bewusst 3 massiv den Zugang für Schutzsuchende über “legale Fluchtrouten” auf 4 Resettlement-Programme oder Humanitarian Admission Programmes. Gleichzeitig 5 schottet die EU ihre Außengrenzen systematisch und kaum durchlässig ab. Dazu 6 schreckt sie auch nicht vor der Zusammenarbeit mit Drittstaaten zurück, die 7 Diktaturen sind oder in denen inhumane Zustände herrschen. Die Folgen sind 8 dramatisch: Die Schutzsuchenden stecken in Kriegs- und Krisengebieten fest, 9 verelenden in (Internierungs-) Lagern, geraten in extreme 10 Abhängigkeitsverhältnisse, ertrinken im Mittelmeer oder verdursten in der Wüste. 11 12 Dabei ist das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit universell und endet 13 nicht an den Grenzen Europas. Auch unsere Pflicht für diese Menschenrechte 14 einzustehen endet nicht an der europäischen Außengrenze. Es steht uns nicht zu 15 in (lebensbedrohlichen) Notsituationen die Fluchtgründe der Schutzsuchenden zu 16 bewerten. Und erst Recht dürfen wir nicht über den Schutzanspruch der Menschen 17 an den europäischen Außengrenzen entscheiden. In menschenunwürdigen Lagern wie 18 Moria auf Lesbos zeigt sich deutlich, dass an den Außengrenzen weder faire und 19 rechtsstaatliche Asylverfahren möglich, noch eine adäquate Unterbringung und 20 Versorgung von Schutzsuchenden gewährleistet werden können. Das Hotspots-System 21 funktioniert nicht und darf daher nicht fortgeführt werden – auch nicht in Form 22 von „Ausschiffungs- oderAnlandungsplattformen“.

23 Zu unserer Pflicht gehört auch, dass wir die Staaten an den EU-Außengrenzen 24 nicht mit der Verantwortung allein lassen. Die Regierungen der Länder mit 25 Außengrenzen zum Mittelmeer, wie Italien und Malta, die meist Ziel der 26 Überfahrten sind, reagieren mit der Schließung ihrer Häfen für aus Seenot 27 gerettete Geflüchtete. Gleichzeitig versuchen sie die zivile Seenotrettung zu 28 verhindern, indem sie Schiffen die Ausfahrt verwehren. Notwendig ist daher eine 29 umgehende Verteilung aller Menschen, die Asyl beantragen wollen, auf die 30 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Auf die Aufnahme und Verteilung müssen 31 sich möglichst viele Mitgliedstaaten solidarisch verständigen. Um die Blockade 32 der Reform des GEAS zu überwinden, müssen aufnahmebereite Staaten auf 33 freiwilliger Basis vorangehen.

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34 Sichere Fluchtwege schaffen und unbedingter Vorrang der Seenotrettung!

35 Das Mittelmeer ist bereits zu einem Massengrab für tausende Menschen geworden. 36 Allein 2018 ertranken auf dem Mittelmeer laut UNHCR mehr als 2.275 Geflüchtete 37 bei der Überfahrt nach Europa. Damit ist das Mittelmeer die tödlichste Grenze 38 der Welt. Europa darf nicht länger zulassen, dass Menschen im Mittelmeer 39 ertrinken und zivile Seenotrettungsschiffe tagelang im Mittelmeer auf die 40 Einfahrt in einen Hafen warten. Doch auch für Menschen, die bei der Überfahrt 41 gerettet werden, nimmt die Gefahr für Leib und Leben kein Ende. Seit dem Sommer 42 2018 spitzt sich die „Ausschiffungskrise“ im zentralen Mittelmeerraum weiter zu, 43 besonders durch andauernden Widerstand Italiens und Maltas und anderer Staaten 44 gegen die Rettung und Ausschiffung von Geretteten – sowohl durch NGOs, wie auch 45 durch Handelsschiffe. Zur Verhinderung der Seenotrettung werden zudem Schiffe 46 festgesetzt oder gar unter dubiosen Vorwänden beschlagnahmt.

47 Wir fordern

48 1. Sichere Fluchtwege zu schaffen und eine menschenwürdige Aufnahme von 49 Schutzsuchenden zu gewährleisten.

50 2. Die Schaffung von Möglichkeiten, bereits im Ausland ein humanitäres Visum 51 zu erhalten und somit legal nach Detuschland einreisen zu können.

52 3. Jeden Menschen aus Seenot zu retten und gemäß internationalem Recht in 53 Sicherheit zu bringen. Ein sicherer Hafen, wie ihn das Völkerrecht 54 vorsieht, kann für im Mittelmeer Gerettete nur in der Europäischen Union 55 liegen.

56 4. Eine menschenrechtsorientierte staatliche Seenotrettung. Bis diese 57 einsatzbereit ist, muss die zivile Seenotrettung die uneingeschränkte 58 Möglichkeit zur unabhängigen Lagebeobachtung bekommen und in 59 internationalen Gewässern ungehindert Menschenleben retten können. Wir 60 lehnen den alleinigen Einsatz von der Grenzschutzagentur FRONTEX mit 61 seiner fragwüdrigen und zum Teil menschrechtswiedrige Einsätze ab (siehe 62 zuletzt die Berichterstattung dazu und die interne Berichte von FROTEX 63 selbst).

64 5. Die Garantie für zivile Seenotretter*innen uneingeschränkt Leben retten zu 65 dürfen. Sie und ihre Arbeit dürfen nicht länger behindert und 66 kriminalisiert werden. Die humanitäre Hilfe auf dem Mittelmeer muss 67 innerhalb der Europäischen Union mit einer eigenen, unionsweit 68 verbindlichen Rechtsgrundlage im Sinne der Erklärung der Vereinten 69 Nationen zu den Menschenrechtsverteidiger*innen und Artikel 8, Abschnitt 70 a) des Globalen Pakts für sichere, geordnete und reguläre Migration 71

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geschützt werden.

72 6. Einen festen europäischen Mechanismus zur Aufnahme von Menschen, die aus 73 Seenot gerettet wurden, um wochenlange Hängepartien zu verhindern. 74 Aufnahmebereite Mitgliedstaaten müssen aus Seenot gerettete und in EU- 75 Mittelmeeranrainerstaaten gestrandete Schutzsuchende solidarisch 76 aufnehmen. Der Europäische Flüchtlingsrat ECRE hat dazu einen praktikablen 77 Vorschlag ausgearbeitet, der im Rahmen des geltenden Europarechts sofort 78 umgesetzt werden kann und muss.

79 Keine Deals mit undemokratischen Regierungen auf Kosten der Menschenrechte

80 Mit Abkommen, wie z.B. dem EU-Türkei-Deal, wird die Verantwortung Europas 81 ausgelagert und die Abschottung Europas vorangetrieben. Menschen, die Europa 82 dennoch erreichen, werden in die Türkei zurückgeführt oder mit Gewalt über die 83 Landesgrenzen beispielsweise nach Serbien zurückgedrängt. Und selbst auf den 84 griechischen Inseln ist die Lage in den Unterkünften katastrophal und der Zugang 85 zu fairen Asylverfahren versperrt.

86 Die libysche Küstenwache wird von der EU und ihren Mitgliedstaaten immer noch 87 unterstützt und mit aufgebaut. Seit Beginn der Einsätze in 2017 wurden etwa 88 29.000 Menschen von Libyens Küstenwache zurück nach Libyen gebracht. Dort kommen 89 sie in eines von insgesamt 30 Internierungslagern, welche die Regierung 90 betreibt. Aus diesen Lagern kommen immer wieder schreckliche Bilder und 91 Beschreibungen größten Leids: Menschen müssen dort mit Gewalt, Vergewaltigung 92 und Versklavung rechnen. Es gibt keinen Zugang zu sanitären Anlagen und keine 93 medizinische Versorgung. So schreibt die Unterstützungsmission der Vereinten 94 Nationen in Libyen (UNSMIL) in einem Bericht, dass Libyen für Geflüchtete ein 95 Ort „unvorstellbaren Horrors“ sei. Viele der Lager befinden sich zudem in 96 Gebieten, in denen es ständig Kämpfe zwischen libyschen Milizen gibt – viele 97 Flüchtlinge sind so zusätzlich im libyschen Kreuzfeuer eingesperrt. Daher dürfen 98 die katastrophalen humanitären Zustände in Libyen und anderen Staaten nicht 99 länger ignoriert werden.

100 Wir forden:

101 1. Kooperationen der EU und deren Mitgliedstaaten mit Drittstaaten müssen 102 stets nach der Maßgabe der Grund- und Menschenrechte erfolgen.

103 2. Die Unterstützung der libyschen Küstenwache durch die EU muss sofort 104 beendet werden. Sie ist beschämend für die Europäische Union und das 105 europäische Projekt. Die völkerrechtswidrigen Rückführungen von 106 Schutzsuchenden in das Bürgerkriegsland müssen sofort aufhören. Wer 107 verhindern will, dass sich Schlepper an der Not von Geflüchteten 108

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109 bereichern, die angesichts von Verfolgung, Krieg und Gewalt ihr Leben bei 110 der Flucht über das Mittelmeer aufs Spiel setzen, muss sichere und legale Fluchtalternativen schaffen.

111 3. Massenlager in der EU und europäische Außenlager in Drittstaaten sowie 112 Abschottungs-Abkommen, mit denen Menschen in Drittstaaten zurückgeschickt 113 werden, die die Menschenrechte und internationales Recht mit Füßen treten, 114 müssen sofort ein Ende haben.

115 4. Schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen sofort nach Europa zu evakuieren 116 und humanitäre Korridore nach Europa zu öffnen. Die Evakuierungen müssen 117 sich an den tatsächlichen Bedarfszahlen orientieren – eine Verbringung in 118 Transitstaaten wie derzeit den Niger lehnen wir ab. Es ist an der Zeit und 119 dringend geboten, dass Deutschland seine Bemühungen verstärkt, Menschen, 120 deren Leben unmittelbar bedroht ist, direkt aus der Gefahrenzone zu 121 retten. Damit wird verhindert, dass noch mehr Flüchtlinge aus Libyen 122 versuchen aus Verzweiflung in einem überfüllten, kaum schwimmtauglichen 123 Schlauchboot über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen. Dabei darf 124 Deutschland die Menschen nicht im Niger stranden lassen - einem Land, das 125 selbst mit 300.000 aufgenommenen geflüchteten Menschen und schwelenden 126 Konflikten an seine Kapazitätsgrenzen kommt.

127 Sicherer Hafen – zusätzliche kommunale Aufnahmeplätze schaffen und 128 Landesaufnahmeprogramm auflegen

129 Wir begrüßen ausdrücklich die Initiative Seebrücke und solidarisieren uns mit 130 allen Kommunen, die sich zu sicheren Häfen erklären. Wir unterstützen Kommunen, 131 die sich freiwillig bereit erklärt haben, zusätzlich zur Verteilungsquote aus 132 Seenot gerettete Schutzsuchende aufzunehmen, und ermutigen weitere Kommunen sich 133 dieser Initiative anzuschließen.

134 Wir fordern:

135 1. Das Resettlement-Programm des Bundes muss erweitert und die Anzahl der 136 Aufnahmeplätze an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Das 137 Resettlement muss dabei ein Schutzinstrument bleiben und darf kein Ersatz 138 für reguläre Asylverfahren, sondern soll eine Ergänzung zum Schutz 139 besonders vulnerabler Schutzsuchender sein.

140 2. Das Recht auf Asyl bzw. auf internationalen Schutz von Flüchtlingen, die 141 über andere Wege als Resettlement in einen Mitgliedstaat der EU gelangen, 142 darf durch den Neuansiedlungsrahmen nicht angetastet werden.

143 3. Zusätzliche kommunale Aufnahmeplätze im UNHCR-Resettlementprogramm zu

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144 schaffen. Dies kann durch die Aufstockung der Länderkontingents (§ 23 I 145 AufenthG) erfolgen und/oder durch die Einführung einer neuen 146 Gesetzesgrundlage (§ 23 X AufenthG) speziell zur Aufnahme durch Kommunen 147 und entsprechend der Regelung zur Landesaufnahme nach § 23 I AufenthG.

148 4. Kommunen müssen die Möglichkeit bekommen sich dem Bundes- 149 Resettlementprogramm nach § 23 IV AufenthG über zusätzliche Aufnahmeplätze 150 anzuschließen.

151 5. Die Staatsregierung auf, sich zum sicheren Hafen zu erklären und dem Bund 152 zusätzlich zur Quote Plätze für aus Seenot Gerettete anzubieten.

153 6. Die Staatsregierung auf, ein eigenes Landesprogramm aufzulegen. Darüber 154 hinaus soll sie sie sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass Aufnahmen 155 neben der Bundesprogramme (beispielsweise über nationalstaatliche 156 humanitäre Aufnahmeprogramme sowie über Aufnahmeprogramme der 157 Bundesländer, die eine unkomplizierte und kurzfristige Aufnahme von 158 größeren Kontingenten aus dem Ausland erlauben) auch ohne Zustimmung des 159 Bundesinnenministeriums aufgelegt werden können.

160 7. Kommunen müssen bei der Flüchtlingsaufnahme finanziell und personell 161 unterstützt werden. Städte und Kommunen, die sich innerhalb des neuen 162 Relocationprogramms freiwillig melden, um Schutzsuchende aufzunehmen, 163 sollen die Kosten für die Integration aus einem gemeinsamen EU-Fonds 164 (bspw. AMIF) erstattet bekommen. Denn die Kommunen sind ohnehin die Orte, 165 an denen Inklusion, Teilhabe und Partizipation in erster Linie stattfinden 166 und sie haben den besten Überblick darüber, was möglich ist.

Begründung

erfolgt mündlich

Unterstützer*innen Thomas Gehring (KV Oberallgäu), Markus Büchler (KV München-Land), Sanne Kurz (KV München-Stadt), Hep Monatzeder (KV München-Stadt), Andreas Voßeler (KV München- Stadt), Astrid Poppenwimmer (KV Garmisch-Partenkirchen), Franziska Büchl (KV München-Stadt), Stephanie Schuhknecht (KV Augsburg-Stadt), Theresa Eberlein (KV Regensburg-Stadt), Gabriele Triebel (KV Landsberg-Lech) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A4 Klimaschutz statt gekauftes Wachstum

Antragsteller*in: Beate Walter-Rosenheimer (KV Fürstenfeldbruck), Helga Stieglmeier (KV Erding) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern die sofortige Einstellung aller Förderprogramme 2 der Flughafen München GmbH (FMG) sowie aller bayerischen Flughäfen für 3 Flugverbindungen.

Begründung

Fliegen ist die klimaschädlichste Form der Fortbewegung. Wer Klimaschutz ernst nimmt, muss beim Flugverkehr ansetzen und diesen wirksam eindämmen. Dazu gehören Inlandsflüge konsequent auf die Bahn verlagert, ein Nachtflugverbot, das den Namen auch verdient und die Einstellung sämtlicher Subventionen für den Flugverkehr.

Der Münchner Flughafen hat in den vergangenen 25 Jahren mindestens 295 Millionen Euro Subventionen bezahlt, um neue Airlines am Münchner Flughafen zu stationieren. Dazu kommen noch 89 Millionen an Kerosinzuschuss.

Da der Flughafen im Eigentum der öffentlichen Hand ist, hätte dieses Geld an die Eigentümer abgeführt werden müssen und nicht als Extra-Subventionen an die Fluggesellschaften ausgereicht werden.

Im Jahr 2018 wurden am Münchner Flughafen 32 Airlines und rund 15.000 Flugbewegungen zu 118 Zielen mit 24 Millionen Euro gefördert. 90 Prozent dieser Ziele wurden bereits in der Vergangenheit angeflogen.

Flughäfen bezahlen die Airlines etwa dafür, dass sie bestimmte Strecken bedienen, manche erlassen ihnen die Landegebühren, andere garantieren Mindestumsätze.

München ist nicht der einzige Airport, der so vorgeht. Auch am Flughafen Nürnberg flossen Subventionen: In den Jahren 2017 und 2018 waren es zusammen 8,7 Millionen Euro, im aktuellen bayerischen Doppelhaushalt sind 4 Millionen für den Allgäu Airport Memmingen vorgesehen.

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Unterstützer*innen Tessa Ganserer (KV Nürnberg), Dr. Christian Magerl (KV Freising), (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), Eva Lettenbauer (KV Donau-Ries), Ekin Deligöz (KV Neu-Ulm), (KV München), Dr. (KV Bad Kissingen), Christian Hierneis (KV München), Dr. Markus Büchler (KV München-Land), Johannes Becher (KV Freising), Martin Heilig (KV Würzburg), Melanie Melitta Hippke (KV Augsburg), Beppo Brem (KV München), Martina Neubauer (KV Starnberg), Sebastian Weißenburger (KV München), Barbara Poneleit (KV Forchheim), Dr. Anton Speierl (KV Dachau), Luca Rosenheimer (KV Bamberg-Stadt), Barbara Fuchs (KV Fürth), Gina Merkl (KV Fürstenfeldbruck), Lena Satzger (KV Fürstenfeldbruck), Gudrun Lux (KV München), Doris Kraeker (KV Erding), Mücahit Tunca (KV München), Andreas Voßeler (KV München), Sigi Hagl (KV Landshut-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A5 Chancengerechtigkeit und Inklusion braucht Schulsozialarbeit

Antragsteller*in: Frank Dürsch (KV München-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Inklusion im weitergefassten Sinne bezieht sich nicht nur auf die in der UN- 2 Behindertenrechts-konvention besonders angesprochene Gruppe der Behinderten, 3 sondern bedeutet gemeinsame Beschulung von Behinderten und Nichtbehinderten, 4 Schüler mit und ohne Migrationshintergrund, Schüler der unterschiedlichen 5 Milieus, unabhängig davon, ob sie vorübergehend in schwierigen familiären 6 Situationen leben oder nicht. Dafür benötigen die Schulen multiprofessionelle 7 Teams (Schulsozialarbeiter, Psychologen, Sonderpädagogen, Heilpraktiker, 8 Erzieher etc.).

9 Der neugegündet AK Chancengerechtigkeit des Bezirksverband Obb. hat sich auf 10 diesen Inklusionsbegriff verständigt und möchte das folgendet Problerm angehen:

11 Schulsozialarbeit trägt durch ihre zusätzlichen Unterstützungsmöglichkeiten dazu 12 bei, chancengerechte Bildung und Erziehung zu ermöglichen, insbesondere dann, 13 wenn Lehrkräfte allein dies nicht schaffen könnten. Alle Schularten werden nach 14 wie vor nicht im ausreichenden Maße und ihren Bedarf entsprechend mit 15 Schulsozialarbeit versorgt. Nachhaltige Qualität kann sich nur entfalten, wenn 16 sie unabhängig von der Finanzkraft der einzelnen Kommunen flächendeckend und 17 kontinuierlich sichergestellt wird.

18 Es gibt unterschiedliche Finanzierungsmodelle: Seit die ersten Stellen für 19 Schulsozialarbeiter in Bayern geschaffen wurden. Münchner Hauptschulen waren die 20 Vorreiter, die zusätzliches sozialpädagogisches Personal forderten. Kommunale 21 bzw. von Landratsämtern finanzierte Stellen sind teilweise direkt an Jugendamt 22 verankert, teilweise an Träger vergeben.

23 Das bayerische Modell Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) holt die Leistung der 24 Jugendhilfe an Schulen, bezieht sich allerdings vornehmlich nur auf stark 25 benachteiligte Schüler bzw. Schulen mit entsprechend schwierigem Einzugsgebiet. 26 Erreicht werden zudem nach wie vor nur bestimmte Schultypen vornehmlich 27 Mittelschulen und Förderschulen. Präventiv zu arbeiten ist bei diesem Konzept 28 nichtwirklich vorgesehen. Die Jugendhilfe grenzt sich bewusst von der Schule ab, 29 nicht immer zum Vorteil der Schüler.

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30 Gymnasien (auch andere Schularten wie Berufsfachschulen, Wirtschaftsschulen…) 31 sind davon ausgeschlossen bzw. können nach wie vor ausschließlich und äußerst 32 begrenzt auf 10,5 Monate befristetet Personal aus dem dafür bei weitem nicht 33 ausreichenden Etat zur eigenen Bewirtschaftung einstellen. Es sei denn sie 34 ergattern einige der wenigen von Söder versprochenen Stellen für 35 multiprofessionelle Teams auf die die Schulpsychologen auch spechten. Das Forum 36 Bildungspolitik forderte schon 2004 langfristigen Konzepte für eine 37 kontinuierliche, auf Vertrauensbasis stattfindende pädagogische Arbeit für 38 langfristige Planungen oder gar kontinuierliche Prozesse, um Problemsituationen 39 im Sinne einer präventiven Arbeit im Vorfeld zu erkennen und rechtzeitig zu 40 verhindern.

41 Inklusion ist Aufgabe und damit Herausforderung für alle Schularten und die 42 dafür Verantwortlichen.

43 Wir fordern:

44  Im Zuge der Umsetzung der Inklusion in Bayern sind ausreichend Planstellen für 45 alle Schularten verbindlich zur Verfügung stellen. Bei Bedarf auch mehrere 46 Planstellen orientiert an den Schülerzahlen

47  Schulsozialarbeit sollte in Verantwortung des Kultusministeriums integriert 48 und langfristig abgesichert sein. Im Kultusministerium wäre eine Fachstelle mit 49 dafür qualifizierten Fachkräften nötig, um die Schulsoziarbeit vor Ort zu 50 unterstützen (z.B. bezüglich Fortbildung, Supervision, Schulentwicklung usw.) 51 und um die Kooperation auf ministerialer Ebene mit dem Sozialministerium zu 52 sichern.

53  Die Stundentafeln der Schulen enthalten wöchentlich eingeplanten Stunden für 54 soziales Lernen und zeitliche Freiräume für Kooperation zwischen Schülerinnen, 55 Schülern, Lehrkräften und Schulsozialarbeit vorhanden sein.

56  Die Rolle und der rechtlichen Status der Schulsozialarbeit bezüglich 57 Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Schulleitung wird unter Einbeziehung der in 58 diesen Berufsfeld Tätigen definiert

59  Schulsozialarbeiter nehmen an Konferenzen und Schulentwicklungsprozessen teil 60 und haben dort Stimmrecht.

61  Für alle Schularten ist eine stabile, finanzielle Basis für Schulsozialarbeit 62 sicherzustellen. Verzichtet werden sollte auf Projekte sowie 63 Finanzierungsmodelle, die keine100% Finanzierung sicherstellen, sowie auf 64 befristete Budgetierung gebundene Finanzierungen.

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65  Die tarifliche Eingruppierung ist entsprechend dem Aufgabenprofil und der 66 qualitativ hochwertigen Arbeit ist zu überarbeiten und mit den Gewerkschaften 67 adäquat zu verhandeln. Im Zuge der Inklusion kommen zusätzliche Aufgaben und 68 Verantwortungen hinzu die von enormem gesellschaftlichem Wert sind.

69  Schulsozialarbeit wird in Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und 70 Unterrichtswesen (Bay EUG) verankert.

Begründung

Seit der Unterzeichnung des Artikel 24 der UN-Konvention und dem ist zum 1. August 2011in Kraft getreten Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) zur Umsetzung der Inklusion in Bayern ist mit Art. 2 Inklusion Aufgabe aller Schularten. Damit erweitern sich die Begründungsmuster für Schulsozialarbeit insbesondere um die inklusionstheoretische Perspektive.

Dabei ist von einem Inklusionsbegriff auszugehen, der alle Schüler miteinschließt und nicht in „Norm“ale bzw. in Benachteiligte und Beeinträchtigte einteilt. „Wenn wir innerhalb des Regelschulsystems wirksame Lernsituationen für behinderte Menschen schaffen können, so bereiten wir auch für eine für alle Schüler ideale Lernsituation.“ (UNESCO Konsultation 1988 „Getting there“).

Zielgruppe von Schulsozialarbeit sind somit alle Schüler, nicht nur die sogenannten Benachteiligten in Berufung auf §13 SGBVIII. Auch die Paragraphen §§ 1, 11, und 81 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII können als gesetzliche Grundlage hinzugezogen werden. Eine Ergänzung im BayEUG, die die Rolle der Schulsozialarbeit insbesondere in Rahmen der Inklusion für Bayern klärt, fehlt noch.

Dabei kann die spezifische Profession der Schulsozialarbeit eine erweiterte Professionalität zur inklusiven Schule beitragen weil sie - auf Partizipation und Teilhabe ausgerichtet- Schulsozialarbeit den gegenseitigen psychosozialen Annäherungs- und Lernprozess unterstützt, um eine solidarische Kultur des Miteinanders für alle zu verwirklichen.

Weil sie ressourcenorientiert mit den Stärken, die Schüler/innen in sich tragen arbeitet und durch den präventiven Ansatz die Schüler/innen von Anfang an in Blick hat reagiert sie nicht nur als „nachgereichte Spezialhilfe“. Schulsozialarbeit hat neben der Schule auch die Lebenswelt der Schüler im Blick ist örtlich vernetzt und unterstützt ganzheitlich. Zusammen mit dem sozialpädagogischen Personal, integriert im Ganztagsschulkonzepte trägt sie zum Gelingen von Ganztagskonzepten bei. Durch einen weiteren professionellen Blickwinkel gibt Schulsozialarbeit wichtige Impulse zum Schulentwicklungsprozess.

Die Lösung des Problems sehen wir daher darin, endlich den Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten (vom Sozial- zum Kultusministerium, vom Land Bayern auf die Kommunen bzw. Landkreise und umgekehrt) zu beenden und eine tragfähige und zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten, die zeitnah umzusetzen ist. Nur so wird es gelingen, die spezifische Professionalität der Schulsozialarbeit so einzusetzen, dass sie ihren Beitrag adäquat erbringen kann, um vorhandene Inklusionsbarrieren abzubauenund inklusive sowie chancengerechte Schulen zu ermöglichen.

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Seit der Unterzeichnung des Artikel 24 der UN-Konvention und dem ist zum 1. August 2011in Kraft getreten Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) zur Umsetzung der Inklusion in Bayern ist mit Art. 2 Inklusion Aufgabe aller Schularten. Damit erweitern sich die Begründungsmuster für Schulsozialarbeit insbesondere um die inklusionstheoretische Perspektive.

Dabei ist von einem Inklusionsbegriff auszugehen, der alle Schüler miteinschließt und nicht in „Norm“ale bzw. in Benachteiligte und Beeinträchtigte einteilt. „Wenn wir innerhalb des Regelschulsystems wirksame Lernsituationen für behinderte Menschen schaffen können, so bereiten wir auch für eine für alle Schüler ideale Lernsituation.“ (UNESCO Konsultation 1988 „Getting there“).

Zielgruppe von Schulsozialarbeit sind somit alle Schüler, nicht nur die sogenannten Benachteiligten in Berufung auf §13 SGBVIII. Auch die Paragraphen §§ 1, 11, und 81 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII können als gesetzliche Grundlage hinzugezogen werden. Eine Ergänzung im BayEUG, die die Rolle der Schulsozialarbeit insbesondere in Rahmen der Inklusion für Bayern klärt, fehlt noch.

Dabei kann die spezifische Profession der Schulsozialarbeit eine erweiterte Professionalität zur inklusiven Schule beitragen weil sie - auf Partizipation und Teilhabe ausgerichtet- Schulsozialarbeit den gegenseitigen psychosozialen Annäherungs- und Lernprozess unterstützt, um eine solidarische Kultur des Miteinanders für alle zu verwirklichen.

Weil sie ressourcenorientiert mit den Stärken, die Schüler/innen in sich tragen arbeitet und durch den präventiven Ansatz die Schüler/innen von Anfang an in Blick hat reagiert sie nicht nur als „nachgereichte Spezialhilfe“. Schulsozialarbeit hat neben der Schule auch die Lebenswelt der Schüler im Blick ist örtlich vernetzt und unterstützt ganzheitlich. Zusammen mit dem sozialpädagogischen Personal, integriert im Ganztagsschulkonzepte trägt sie zum Gelingen von Ganztagskonzepten bei. Durch einen weiteren professionellen Blickwinkel gibt Schulsozialarbeit wichtige Impulse zum Schulentwicklungsprozess.

Die Lösung des Problems sehen wir daher darin, endlich den Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten (vom Sozial- zum Kultusministerium, vom Land Bayern auf die Kommunen bzw. Landkreise und umgekehrt) zu beenden und eine tragfähige und zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten, die zeitnah umzusetzen ist. Nur so wird es gelingen, die spezifische Professionalität der Schulsozialarbeit so einzusetzen, dass sie ihren Beitrag adäquat erbringen kann, um vorhandene Inklusionsbarrieren abzubauenund inklusive sowie chancengerechte Schulen zu ermöglichen.

Seit der Unterzeichnung des Artikel 24 der UN-Konvention und dem ist zum 1. August 2011in Kraft getreten Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) zur Umsetzung der Inklusion in Bayern ist mit Art. 2 Inklusion Aufgabe aller Schularten. Damit erweitern sich die Begründungsmuster für Schulsozialarbeit insbesondere um die inklusionstheoretische Perspektive.

Dabei ist von einem Inklusionsbegriff auszugehen, der alle Schüler miteinschließt und nicht in „Norm“ale bzw. in Benachteiligte und Beeinträchtigte einteilt. „Wenn wir innerhalb des Regelschulsystems wirksame Lernsituationen für behinderte Menschen schaffen können, so bereiten wir auch für eine für alle Schüler ideale Lernsituation.“ (UNESCO Konsultation 1988 „Getting there“).

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Zielgruppe von Schulsozialarbeit sind somit alle Schüler, nicht nur die sogenannten Benachteiligten in Berufung auf §13 SGBVIII. Auch die Paragraphen §§ 1, 11, und 81 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII können als gesetzliche Grundlage hinzugezogen werden. Eine Ergänzung im BayEUG, die die Rolle der Schulsozialarbeit insbesondere in Rahmen der Inklusion für Bayern klärt, fehlt noch.

Dabei kann die spezifische Profession der Schulsozialarbeit eine erweiterte Professionalität zur inklusiven Schule beitragen weil sie - auf Partizipation und Teilhabe ausgerichtet- Schulsozialarbeit den gegenseitigen psychosozialen Annäherungs- und Lernprozess unterstützt, um eine solidarische Kultur des Miteinanders für alle zu verwirklichen.

Weil sie ressourcenorientiert mit den Stärken, die Schüler/innen in sich tragen arbeitet und durch den präventiven Ansatz die Schüler/innen von Anfang an in Blick hat reagiert sie nicht nur als „nachgereichte Spezialhilfe“. Schulsozialarbeit hat neben der Schule auch die Lebenswelt der Schüler im Blick ist örtlich vernetzt und unterstützt ganzheitlich. Zusammen mit dem sozialpädagogischen Personal, integriert im Ganztagsschulkonzepte trägt sie zum Gelingen von Ganztagskonzepten bei. Durch einen weiteren professionellen Blickwinkel gibt Schulsozialarbeit wichtige Impulse zum Schulentwicklungsprozess.

Die Lösung des Problems sehen wir daher darin, endlich den Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten (vom Sozial- zum Kultusministerium, vom Land Bayern auf die Kommunen bzw. Landkreise und umgekehrt) zu beenden und eine tragfähige und zukunftsfähige Lösung zu erarbeiten, die zeitnah umzusetzen ist. Nur so wird es gelingen, die spezifische Professionalität der Schulsozialarbeit so einzusetzen, dass sie ihren Beitrag adäquat erbringen kann, um vorhandene Inklusionsbarrieren abzubauenund inklusive sowie chancengerechte Schulen zu ermöglichen.

Unterstützer*innen Markus Büchler, Linda Summer-Schlecht, Saskia Kiehling, Kerstin Celina Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A6 Mut und Unterstützung für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Mehr Sichtbarkeit für „Schattenkinder“ aus psychisch kranken Familien.

Antragsteller*in: Beate Walter-Rosenheimer (KV Fürstenfeldbruck) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 In Bayern gibt es viele Kinder und Jugendliche, die psychisch krank sind, von 2 psychischer Erkrankung bedroht sind oder die in einer Familie mit psychisch 3 kranken Angehörigen leben.

4 Laut Kassenärztlicher Vereinigung Bayerns (KVB) liegt für fast 470 000 Kinder 5 und Jugendliche die Diagnose einer psychischen Störung beziehungsweise einer 6 Entwicklungsstörung vor. Erfasst wurden hier nur Kassenpatient*innen.

7 Angesichts solcher Zahlen ist es allerdings wichtig, genauer zu differenzieren 8 und zu hinterfragen: Nicht jedes Kind, das sich nicht „normgerecht“ verhält, 9 nicht stillsitzen kann oder nicht gerne lernt, ist psychisch krank oder in 10 seiner Entwicklung verzögert. Keinesfalls sollte Kindern und Jugendlichen 11 vorschnell das Etikett einer Störung aufgedrückt werden. Hier gilt für alle 12 Fachleute, genau hinzusehen und nicht überhastet zu diagnostizieren.

13 Betroffene Kinder und Jugendliche sind in allen Altersstufen zu finden, denn 14 bereits im ersten Lebensjahr können Störungen auftreten. Nach wie vor ist Suizid 15 die zweithäufigste Todesursache (nach Unfällen) von jungen Menschen im Alter 16 zwischen 15 und 20 Jahren.

17 Diese Kinder und Jugendlichen brauchen Hilfe und Unterstützung, ebenso wie ihre 18 Familien. Der Umgang mit psychisch kranken Kindern ist eine Herausforderung für 19 das gesamte Umfeld. Gerade innerhalb der Familie sind alle Beteiligten (Eltern, 20 Geschwister) stark belastet, dies kann für die gesamte Familie zu Problemen 21 führen. Es gibt viel zu wenige Therapieplätze, die Wartezeiten, besonders auf 22 dem Land, sind zu lang. Monate sind in einem Kinderleben mit rascher Entwicklung 23 eine gefühlte Ewigkeit. In dieser Zeit können sich viele Probleme verschärfen 24 und sich weiter ausprägen. Zudem werden psychische Erkrankungen oftmals zu spät 25 erkannt und diagnostiziert.

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26 Zu den Kindern, die selbst an psychischen Störungen leiden, kommen noch die so 27 genannten „Schattenkinder“, die in Familien mit mindestens einem psychisch 28 kranken Elternteil leben. Ca. 30% der Erwachsenen leiden an einer psychischen 29 Störung oder Suchterkrankung. Und viele von ihnen haben Kinder. Diese werden 30 bisher oft vergessen. Dabei sind sie stark von der Erkrankung ihrer Eltern 31 betroffen. Bundesweit geht man von ca. drei bis vier Millionen betroffenen 32 Kindern aus, die einen vorübergehend, wiederholt oder dauerhaft psychisch 33 erkrankten Elternteil haben.

34 Wenn Eltern an einer psychischen Erkrankung leiden, sind die Kinder bereits im 35 Kindes- und Jugendalter besonderen Belastungen ausgesetzt. Sie kümmern sich 36 häufig um ihre Eltern und Geschwister, versuchen die Familie zusammen zu halten 37 und übernehmen so innerhalb des Familiensystems eine Rolle, die nicht 38 altersgerecht ist.

39 Auch noch als Erwachsene haben viele dieser Kinder Probleme, die psychische 40 Erkrankung eines Elternteils positiv zu verarbeiten. Sie fühlen sich um eine 41 unbeschwerte Kindheit und Jugend betrogen und geben oft dem erkrankten Vater 42 oder der Mutter die Schuld daran. Häufig erfahren die betroffenen Kinder nur 43 unzureichende emotionale Unterstützung und Fürsorge. Zudem können sie 44 elterlichem Verhalten ausgesetzt sein, das sich kritisch auf ihre Entwicklung 45 auswirken kann. Sie müssen früh zu viel Verantwortung übernehmen.

46 Neben diesen unmittelbaren Auswirkungen der psychischen Erkrankung der Eltern 47 auf die Kinder, haben sie darüber hinaus statistisch gesehen eine drei- bis 48 vierfache höhere Disposition – je nach Erkrankung - ebenfalls zu erkranken.

49 Gerade mit Blick auf die steigende Zahl von psychischen Erkrankungen ist der 50 dringende Handlungsbedarf offensichtlich. Es braucht eine umfassende 51 Unterstützung der ganzen Familie.

52 Kinder psychisch kranker Eltern sind ganz besonders auf ein unterstützendes 53 soziales Umfeld sowie auf fachlich qualifizierte Hilfe und Versorgung 54 angewiesen. Sie und ihre Familien benötigen gegebenenfalls sowohl 55 alltagspraktische Unterstützung als auch klinische bzw. psychotherapeutische 56 Versorgung. Ihr Hilfsbedarf umfasst ein breites Spektrum, das von 57 niedrigschwelliger und gegebenenfalls punktueller Unterstützung über 58 familienunterstützende Maßnahmen reicht.

59 Psychische Erkrankungen werden immer noch stigmatisiert und das 60 gesellschaftliche Bewusstsein und das Wissen darüber sind nach wie vor gering. 61 Die Scham über die eigene Erkrankung oder die Erkrankung eines Familienmitglieds 62 verschärft die Belastungen zusätzlich. Und lässt Menschen zu lange warten, bis 63 sie sich jemandem anvertrauen.

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64 Bis Hilfe aufgesucht wird, vergeht deswegen oftmals wertvolle Zeit, die gerade 65 bei Kindern und Jugendlichen so wichtig ist. Dazu kommt dann die chronische 66 Unterversorgung mit ambulanten psychologischen und/oder psychiatrischen 67 Einrichtungen.

68 Verschiedene Studien und Verbände bestätigen die hohe Aktualität des Themas und 69 den dringenden Handlungsbedarf. Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages 70 befasste sich bereits Anfang 2013 intensiv mit der Situation von Kindern 71 psychisch kranker Eltern. In ihrer Stellungnahme vom 4. Juni 2013 weist sie 72 ausdrücklich auf die Bedeutung einer flächendeckenden Versorgung mit vernetzten 73 Hilfen hin.

74 Wir fordern:

75 1) Eine verbindliche interdisziplinäre Kooperation der beteiligten 76 professionellen Akteur*innen und Hilfesysteme wie Gesundheitswesen, 77 Kindertagesbetreuung, Schule und Jugendhilfe.

78 2) Verbindliche Standards der Versorgung, um Verantwortlichkeit und 79 Zuständigkeit in der fallbezogenen interdisziplinären Zusammenarbeit zu 80 vereinbaren. Dies muss immer unter Einbeziehung der Eltern und Kindern 81 geschehen.

82 3) Eine Aufklärungskampagne, mit der die Bevölkerung über psychische 83 Erkrankungen sowie über Beratungsangebote und Therapiemöglichkeiten informiert 84 wird und die der Stigmatisierung psychisch Erkrankter* entgegengewirkt und eine 85 Enttabuisierung in Gang setzt. Die klar macht, dass auch Kinder und Jugendliche 86 betroffen sind. Es kann jede*n treffen, das muss den Menschen klar werden 87 (Aufklärung analog „Bündnis gegen Depression). Auch Kinder psychisch kranker 88 Eltern sollen explizit angesprochen werden und Materialen entwickelt und 89 verbreitet werden, die diese Kinder altersgemäß aufklären.

90 4) In der Aus- und Weiterbildung von Professionen, die an der Versorgung von 91 Kindern mit psychischer Erkrankung oder mit Kindern psychisch kranker Eltern 92 beteiligt sind, verbindliche Aufklärung und Sensibilisierung für das Thema als 93 festen Bestandteil zu integrieren; Früherkennung von psychischen Problemen zu 94 fördern und Anleitung zum adäquaten Handeln zu geben.

95 5) Mehr Therapieplätze für Kinder und Jugendliche, vor allem auf dem Land, für 96 stationäre und ambulante Versorgung von psychisch kranken Kindern und 97 Jugendlichen.

98 6) Transparente, leitlinien- und bedarfsgerechte Behandlung von Kindern und 99 Jugendlichen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Transparenz muss durch

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100 Monitoring sichergestellt werden. Zwangsmaßnahmen sind schwere 101 Grundrechtseingriffe und dürfen nur im Sinne einer „ultima ratio“ angewendet 102 werden, wenn alle milderen Maßnahmen ausgeschöpft wurden.

103 7) Anschlusstherapien nach einem stationären Aufenthalt, um erreichte Ziele zu 104 stabilisieren.

105 8) Niedrigschwellige Unterstützungsangebote und Netzwerke, nicht nur für 106 Betroffene, sondern auch für Angehörige und Freund*innen.

107 9) Mehr wissenschaftliche Studien, die spezifische Belastungen von Betroffenen 108 und ihren Familien über einen längeren Zeitraum beobachten, um sie besser 109 einschätzen und angemessen darauf reagieren zu können.

110 10) Flächendeckend mehr niederschwellige psychiatrische Krisendienste für Kinder 111 und Jugendliche.

112 Ziel muss sein: Psychische Erkrankungen und Belastungen bei Kindern und 113 Jugendlichen früh zu erkennen, schnell zu therapieren und eine 114 Entstigmatisierung in der Gesellschaft voran zu treiben. Niemand soll sich mehr 115 wegen einer psychischen Erkrankung schämen, sich zurückziehen und zu lange ohne 116 Hilfe bleiben müssen.

Unterstützer*innen GJ Bayern, GJ München, Doro Sührig (KV Weilheim-Schongau), Uwe Kekeritz (KV Neustadt/Aisch), Andreas Krahl (KV Garmisch-Partenkirchen), Sanne Kurz (KV München- Stadt), Sigi Hagl (KV Landshut-Stadt), Maxi Deisenhofer (KV Günzburg), Kerstin Celina (KV Würzburg-Land), Ami Lanzinger (KV Erding), Christoph Sticha (KV Erding), Stefan Schmidt (KV Neumarkt), Thomas Gehring (KV Oberallgäu), (KV Forchheim), Ulrike Taukert (KV Neustadt/Aisch), Johannes Becher (KV Freising), Christina Haubrich (KV Aichach/Friedberg), Linda Summer-Schlecht (KV München-Stadt), Manuela Rottmann (KV Bad Kissingen), Ekin Deligöz (KV Neu-Ulm), Claudia Köhler (KV München-Land), Petra Tuttas (KV München-Stadt), Barbara Fuchs (KV Fürth-Stadt), Pierrette Herberger- Fofana (KV Erlangen) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A7 Gleiche Startchancen für alle Kinder - für eine verlässliche und bedarfsgerechte Kindergrundsicherung

Antragsteller*in: Ekin Deligöz (KV Neu-Ulm) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Ob Vater-Mutter-Kind-Familien, Alleinerziehende, Patchwork- oder 2 Regenbogenfamilien, Adoptiv- oder Pflegefamilien: Wir GRÜNE schaffen die 3 Voraussetzungen, um alle Familien stark zu machen – von der Geburt bis zum 4 Lebensabend. Wir wollen Familien mit geringem Einkommen besser unterstützen. Wir 5 fordern deshalb eine Kindergrundsicherung, die den tatsächlichen Bedarf jedes 6 Kindes abdeckt und das Nebeneinander vieler familienpolitischer Maßnahmen 7 beendet. Daher fordern wir die Bayerische Staatsregierung dazu auf, eine 8 Bundesratsinitiative Kindergrundsicherung zu starten.

9 Kinderarmut anhaltend hoch

10 Seit Jahren verharrt die Armut von Kindern in Deutschland auf hohem Niveau. Ein 11 Fünftel der Kinder ist arm und in seinen Teilhabechancen eingeschränkt. Das sind 12 rund zwei Millionen Kinder, für die viele normale Dinge aus dem Alltag anderer 13 Kinder kaum noch erschwinglich sind. Können die Klamotten noch aus dem Second- 14 Hand-Laden sein, wird es bei Kino, Schwimmbad oder gar einem Restaurantbesuch 15 schon eng. Es ist keine Selbstverständlichkeit für diese Kinder, den Sportverein 16 oder Musikunterricht besuchen zu können.

17 Besonders drastisch ist die Lage von Alleinerziehenden und deren Kindern – hier 18 liegt die Armutsquote bei über einem Drittel. Viele von ihnen arbeiten, 19 jonglieren sich die Vereinbarkeit irgendwie zurecht und müssen gleichzeitig 20 mitansehen, wie knapp es am Monatsende wieder mit der Haushaltskasse geworden 21 ist. Und dann gibt es auch noch viele Familien, die aus Überlastung, aus 22 Unwissenheit oder auch aus Stolz manche ihnen zustehende Leistungen gar nicht in 23 Anspruch nehmen. Diese verdeckte Armut wollen wir mit unserer 24 Kindergrundsicherung eindämmen.

25 Fördersysteme brauchen ein Update

26 Eine Reihe kleinteiliger Verbesserungen des Transfer- und Fördersystems führten 27

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28 in den letzten, Jahren zu keiner Trendwende. Hier eine Antragserleichterung beim 29 Teilhabepaket, dort an den Stellschrauben vom Kinderzuschlag gedreht: Die Große 30 Koalition hat auch nach Jahren nicht die entscheidende Trendwende bei der 31 Kinderarmut hinbekommen. Diese ‚gezielten‘ Leistungen erreichen nicht genügend 32 Kinder zielgenau. Zudem decken sie nicht die Bedarfe, die fair und gut für die Kinder wären.

33 Gleichzeitig leistet sich die Bundesregierung andere, teure Maßnahmen wie das 34 Baukindergeld oder Freibetragserhöhungen, die aber von vornherein faktisch 35 keinen Beitrag zur Armutsbekämpfung leisten. Im Gegenteil, hier werden vielfach 36 Familien entlastet, die in Bezug auf ihre Kinder vom geltenden Steuersystem 37 ohnehin schon besser gestellt werden als kleine und mittlere Einkommen.

38 Gleiche Startchancen für alle Kinder ermöglichen

39 Abertausende von Kindern drohen dauerhaft abgehängt zu werden, weil sie 40 unzureichende Startchancen haben. Weil Zugang zu Kultur eben auch Geld kostet, 41 weil das Wohnumfeld entwicklungsbelastend sein kann oder einfach weil man bei 42 normalen Unternehmungen anderer Kinder nicht dabei sein kann. Diese und ähnliche 43 Faktoren prägen die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

44 Dieser Mangel an Fairness ist den Kindern gegenüber nicht in Ordnung. Und es ist 45 für die Gesellschaft als Ganze eine schwere Bürde. Die Bundesregierung hat es 46 jahrelang versäumt, einen großen Reformschritt bei der Förderung von Kindern zu 47 machen. Eine Politik der kleinen Schritte kann erfolgreich sein. Wir haben aber 48 gelernt, dass sie zur Bekämpfung von Kinderarmut nur wenig taugt: zum einen sind 49 die Fallstricke der Fördersysteme zu vielfältig, zum anderen wählte die 50 Bundesregierung stets vergleichsweise kostengünstige Reformvarianten. Wir 51 hingegen sind fest überzeugt, dass an den Kindern sparen heißt, definitiv an der 52 falschen Stelle zu sparen. Mit der Einführung einer grünen, eigenständigen 53 Kindergrundsicherung wollen wir eine Verschiebung der Prioritäten zu mehr 54 Gerechtigkeit und mehr Zukunftschancen für Kinder. Es braucht großen Einsatz, um 55 den gordischen Knoten Kinderarmut endlich zu durchschlagen.

56 Kindergrundsicherung: verlässlich und bedarfsgerecht

57 Wir wollen eine Kindergrundsicherung, die Familien das Leben leichter macht und 58 allen Kindern das garantiert, was sie zum Leben brauchen. Sie soll automatisch 59 und ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt werden. Die grüne 60 Kindergrundsicherung besteht aus einem Garantie-Betrag für jedes Kind in Höhe 61 von 280 Euro und einem ergänzenden und variablen GarantiePlus-Betrag für 62 Bedürftige oder nur über geringes Einkommen verfügende Familien. Der 63 GarantiePlus-Betrag geht mit einer Neubestimmung der Kinderregelsätze einher und 64 soll – nach Altersstufen gestaffelt - bis zu 223 Euro betragen. Zusammengenommen 65 ergibt das eine auskömmliche Kindergrundsicherungsleistung von bis zu 503 Euro

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66 pro Kind und Monat. Bislang wird der Kinderregelsatz schlicht von – 67 kleingerechneten - Erwachsenenbedarfen abgeleitet. Maßstab ist dabei das 68 Einkommensende.

69 Wir wollen das ändern und uns dazu stärker an den Bedarfen ‚durchschnittlicher‘ 70 Familien orientieren. Das bildet realitätsgerechter ab, was Kinder für ein gutes 71 Aufwachsen in unserem Land brauchen. Außerdem soll für jedes Kind ein 72 eigenständiger Anspruch auf diese Leistung bestehen, der nicht durch 73 ‚Verrechnungen‘ mit der Grundsicherung geschmälert wird. Der GarantiePlus-Betrag 74 schmilzt langsam ab, sodass sich (mehr) Arbeit für die Eltern rechnet. Denn 75 natürlich gilt weiterhin, dass gute Erwerbstätigkeit Armut verhindert und vor 76 Ausgrenzung schützt.

77 Bündelung von Leistungen

78 Kinder, die den GarantiePlus-Betrag bekommen, sollen zudem spezifische 79 Mehrbedarfe gewährt bekommen wie zum Beispiel ein Schulstarterpaket oder Kosten 80 von Klassenreisen und -ausflügen. Insgesamt gehen in der Kindergrundsicherung 81 das Sozialgeld für Kinder (im sog. Hartz IV), der Kinderzuschlag, Teile des 82 Bildungs- und Teilhabepakets, das Kindergeld und die Kinderfreibeträge auf. Hohe 83 Wohnkosten werden durch einen Zuschlag oder den Bezug von Wohngeld abgefedert. 84 Das Ganze ist mit einem einmaligen, gradlinigen Leistungszugang für jede Familie 85 verknüpft, um verdeckte Armut vollständig zu eliminieren: Zur Geburt des Kindes 86 wird die Kindergrundsicherung einmalig beantragt. Dabei können die Eltern 87 einwilligen, dass für sie automatisch geprüft wird, ob und in welcher Höhe ihnen 88 neben dem Garantie-Betrag, der GarantiePlus-Betrag der Kindergrundsicherung 89 zusteht.

90 Der Kosten dieser Kindergrundsicherung sind mit jährlich zusätzlich 10 91 Milliarden Euro erheblich. Wir sind aber bereit, diese Herausforderung zu 92 stemmen. Wir wollen im Kern die heutige Familienförderung vom Kopf auf die Füße 93 stellen. Wir wollen und können so endlich Kinderarmut wirksam verhindern und 94 gleichzeitig alle Familien fair unterstützen. Den Willen dazu haben die letzten 95 Koalitionen im Bund nicht aufgebracht; gleichwohl haben sie in vergleichbarem 96 Milliardenumfang Mittel für die sog. Mütterrente oder das Baukindergeld 97 bereitgestellt.

98 Bundesratsinitiative Kindergrundsicherung auf den Weg bringen

99 Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, eine Bundesratsinitiative 100 Kindergrundsicherung mit den oben skizzierten Eckpunkten auf den Weg zu bringen. 101 Verschiedene Bundesländer hatten schon sehr reserviert auf das sogenannte 102 Familienstärkungsgesetz der Bundesregierung reagiert und ihrerseits für eine 103 Kindergrundsicherung plädiert. Bayern sollte sich ihnen anschließen um endlich 104 einen Durchbruch beim Kampf gegen Kinderarmut und für eine faire

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105 Familienförderung zu schaffen. Damit jedes Kind in Deutschland gerecht teilhaben 106 kann, unabhängig von den individuellen Startchancen und Möglichkeiten.

Unterstützer*innen (KV München-Stadt), Eva Lettenbauer (KV Donau-Ries), Maximilian Deisenhofer (KV Günzburg), Manuela Rottmann (KV Bad Kissingen), Melanie Melitta Hippke (KV Augsburg), Heidi Terpoorten (KV Donau-Ries), (KV Straubing- Bogen), Stefan Schmidt (KV Regensburg), (KV München-Stadt), Beate Walter-Rosenheimer (KV Dachau), Mechthild Destruelle (KV Neu-Ulm), Bernhard Thrul (KV Memmingen), Peter Rauscher (KV Augsburg-Stadt), Daniel Pflügl (KV Memmingen), Christina Mader (KV Oberallgäu), Helmut Meisel (KV Neu-Ulm), Holger Greif (KV Neu- Ulm), Daniel Schipfel (KV Neu-Ulm), Uwe Kekeritz (KV Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim), (KV Augsburg-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A8 Die Bahn zurück in die Fläche holen – Reaktivierung und Ausbau von Bahnstrecken als Chance für die Verkehrswende in Bayern nutzen

Antragsteller*in: Manuela Rottmann (KV Bad Kissingen) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Keine Verkehrswende ohne Bahninfrastruktur

2 In Bayern wurden in den letzten Jahren nur wenige Bahnstrecken ausgebaut und 3 fast keine brachliegenden Strecken reaktiviert. Die zweite Hälfte des 20. 4 Jahrhunderts gehörte- gerade bei uns- dem Auto. Doch wir brauchen eine neue Form 5 der Mobilität: Eine, die uns klimaschonend, sicher und bezahlbar dorthin bringt, 6 wo wir wollen. Auch wenn wir sehr alt sind oder zu jung für den Führerschein.

7 Das kann das Auto, dem in den vergangenen Jahrzehnten viel Fläche geopfert 8 worden ist, nicht mehr alleine leisten. Die Verkehrswende bedeutet mehr, als 9 Verbrennungsmotoren durch andere Antriebe zu ersetzen. Das Verkehrsangebot der 10 Zukunft muss eine Antwort auf die Zunahme hochbetagter Menschen geben, muss für 11 gleichwertige Lebensverhältnisse für Kinder, Jugendliche, Pendlerinnen und 12 Pendler in der Stadt und auf dem Land sorgen, muss für alle bezahlbar sein und 13 mehr Verkehrssicherheit mit weniger Treibhausgasemissionen verbinden.

14 Das Auto wird auf dem Land auch in Zukunft eine Rolle spielen. Neue 15 Mobilitätsangebote wie Leihsysteme für Auto, Rad, Mitfahrangebote und Rufsysteme 16 müssen ausgebaut werden. Aber das Rückgrat dieser Verkehrswende wird die Bahn 17 sein. Nur ein Ausbau der Bahn in der Fläche kann den öffentlichen Nahverkehr 18 insgesamt so beschleunigen, dass er zur attraktiven Alternative zum Auto wird.

19 Die Reaktivierung und der Ausbau vorhandener Bahnstrecken ist gegenüber jeder 20 Neuplanung deutlich schneller zu realisieren. Jede frühere Bahnstrecke in 21 Bayern, die noch nicht entwidmet oder noch nicht wieder bebaut ist, birgt 22 grundsätzlich eine Chance für eine schnelle Verbesserung des Verkehrsangebots in 23 der Fläche, ebenso die Elektrifizierung und die Kapazitätserweiterung 24 vorhandener Strecken. Bahnstrecken weiterhin zu entwidmen und die Grundstücke zu 25 verkaufen wie in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts 26 zerschlägt für viele Jahre diese Chance auf eine moderne Mobilität, und damit 27 Zukunftschancen des ländlichen Raums.

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28 Das haben andere Bundesländer wie Hessen, Baden-Württemberg und Niedersachsen 29 längst erkannt. Dort wird seit mehreren Jahren erfolgreich eine aktive 30 Reaktivierungs- und Ausbaupolitik in der Fläche betrieben. Die deutlich bessere 31 Erschließung des ländlichen Raums durch den Öffentlichen Personennahverkehr ist 32 nicht zuletzt auf diese aktive Bahnpolitik zurück zu führen. Die Unterschiede 33 beginnen schon bei der Bewertung des Reaktivierungspotenzials: Während die 34 Kriterien der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) in erster Linie aus der 35 Auslastung der konkreten Streck bis zum Endpunkt – und zweitrangig aus dem 36 Anschlusspotential bestehen - legt das Land Hessen seiner Einschätzung eine 37 Kriterienmatrix zu Grunde, die die Effekte einer neuen Zubringerstrecke für die 38 Auslastung vorhandener Strecken deutlich stärker berücksichtigt. Hessen ist 39 damit erfolgreich. Sämtliche Reaktivierungen der vergangenen Jahre haben die 40 Erwartungen übertroffen, die Nachfrage war überall größer als im Voraus 41 angenommen. In Baden-Württemberg hat das Land 41 Strecken zur potentiellen 42 Reaktivierung identifiziert, die bis 2020 geprüft werden. Zwischen 1994 und 2019 43 wurden in Baden-Württemberg 144 km Strecke reaktiviert, in Bayern waren es im 44 selben Zeitraum nur 80 km. Beide Länder finanzieren nicht nur die Planung von 45 Reaktivierungen, sondern beteiligen sich auch an den erforderlichen baulichen 46 Investitionen, an der Verbesserung der Attraktivität der Bahnhöfe und an der 47 Entwicklung von Angeboten vom Bahnhof nach Hause, sei es über den Bus oder über 48 andere Formen der Mobilität.

49 Auch in Bayern liegen stillgelegte, grundsätzlich nutzbare und teils nicht 50 entwidmete Strecken brach, alte Linienführungen können wieder aufgegriffen 51 werden. Wir brauchen jetzt eine schnelle und sorgfältige Prüfung von 52 Reaktivierungsmöglichkeiten als Startpunkt für die Verkehrswende. Zur Stärkung 53 der Mobilität im ländlichen Raum bedarf es nach einer erfolgreichen 54 Reaktivierung zudem ergänzender Angebote für "die letzte Meile" Car- bzw 55 Bikesharing-Angebote, Rufsysteme und, eine systematische Vernetzung mit dem 56 Busverkehr und eine Ausweitung der Kapazitäten bei der Fahrradmitnahme.

57 So reduzieren wir den Bedarf an individuellem Kraftwagenverkehr und ermöglichen 58 den Bürgerinnen und Bürgern eigenständige Mobilität unabhängig von der 59 individuellen Lebenssituation und den finanziellen Möglichkeiten, von Haustür zu 60 Haustür, schaffen gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land und entlasten 61 so auch die Ballungsräume von weiterem Zuzug.

62 Deswegen ist es jetzt höchste Zeit, das Potenzial der Bahn in Bayern neu zu 63 bewerten und zu heben. Wer dabei alleine aus den Erfahrungen des zwanzigsten 64 Jahrhunderts auf die Chancen der Bahn in der Zukunft schließen will, der springt 65 zu kurz. Denn es hat sich viel verändert, was dafür spricht, in Bayern auch in 66 der Fläche auf die Bahn zu setzen:

67 Mit der Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Nürnberg-Erfurt ist die 68 Fernverkehrsanbindung von Nordbayern nach Süden und Norden deutlich besser

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69 geworden. Städte wie Bamberg, Coburg und das benachbarte Erfurt bieten 70 jetzt schnelle Verbindungen nach Nürnberg, München und Berlin. Wer also in 71 den Nahverkehrszug steigt, kommt heute viel schneller viel weiter als vor 72 wenigen Jahren.

73 Die Digitalisierung ermöglicht die einfache Verknüpfung von 74 unterschiedlichen Verkehrsträgern zu einem durchgängigen Angebot von 75 Haustür zu Haustür, wie es bisher nur das Auto bieten konnte.

76 Neue Antriebstechnologien wie Wasserstoffzüge ermöglichen 77 klimafreundlichen Verkehr auf Nebenstrecken auch ohne Elektrifzierung. 78 Moderne Bahnen können verschiedene Strecken nutzen und die 79 Verkehrsbedürfnisse auch innerhalb von kleinen Städten genauso gut 80 erfüllen wie die Anbindung von Regionen. Sie sind deutlich leiser als die 81 Bahn des vergangenen Jahrhunderts, flexibler und raumverträglicher, weil 82 die Schienenwege die Ortschaften nicht mehr durchschneiden, sondern sich 83 in den Straßenraum integrieren lassen.

84 Doppelverdienerehen, die Qualifizierung der Arbeitsplätze und ein Rückzug 85 der gesundheitlichen Grundversorgung und vieler sozialer und 86 Bildungsangebote aus der Fläche lassen den Bedarf nach Mobilität überall 87 steigen, gerade aber auf dem Land.

88 Bahnanschlüsse sind ein Standortvorteil: Damit das Land im Wettbewerb um 89 Arbeitskräfte und Innovation nicht abgehängt wird, muss die Bahn in die 90 Fläche zurück.

91 Jetzt die Verkehrswende einzuleiten, ist schon alleine aufgrund der drohenden 92 Klimakatastrophe eine Aufgabe, die wir nicht mehr aufschieben können. Vor diesem 93 Hintergrund ist es fahrlässig, die noch vorhandenen Bahnlinien in Bayern zu 94 vernachlässigen oder zu verscherbeln. Im Gegenteil: Jetzt brauchen wir sie 95 wieder. Jetzt können sie zum Grundnetz der Verkehrswende werden.

96 Doch die Bayerische Staatsregierung bleibt passiv. Anstatt, wie Hessen oder 97 Baden-Württemberg von Landesseite aktiv die Potenziale noch vorhandener Strecken 98 zu ermitteln und Planungen – auch auf Vorrat - voranzutreiben, wird diese 99 Aufgabe allein den Kommunen überlassen. Dabei sind aufwändige, Kreis- und 100 Bezirksgrenzen überschreitende Gutachten gerade für Kommunen in 101 strukturschwachen Räumen schwer zu stemmen. Auch für Investitionen zur 102 Wiederinbetriebnahme von Eisenbahninfrastruktur fühlt sich das Land nicht 103 zuständig. Dafür will die Koalition aus CSU und Freien Wählern keinen Cent 104 ausgeben. Die Verkehrswende in Bayern wird von der Staatsregierung als Do-it- 105 yourself-Projekt behandelt, in dem die Kommunen und ehrenamtliche Fördervereine 106 leisten und finanzieren sollen, was im Bereich des Straßenbaus allein Sache der 107 Steuerzahler und der staatlichen Bauverwaltung ist. Das kann nicht

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108 funktionieren. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen im ländlichen Raum, 109 die einen Verfassungsanspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse auch im 110 Bereich der Mobilität haben. Auch der Ausbau vorhandener Strecken kommt in 111 Bayern nicht voran. Von der Elektrifizierungsstrategie des Freistaats hat man 112 seit April 2018 nichts mehr gehört. Die sichtbare Aktivität der Staatsregierung 113 beschränkt sich darauf, Strecken zur Elektrifizierung an das 114 Bundesverkehrsministerium für das im Bund angekündigte Programm zu melden. Da 115 das ebenfalls CSU-geführte Verkehrsministerium im Bund genauso wie das in Bayern 116 nach wie vor dem Straßenbau den Vorrang einräumt, kommt das der Verlegung vom 117 Landesablagestapel auf den Ablagestapel im Bund gleich. Richtiger wäre es, nicht 118 auf den Bund zu warten, sondern – wie es Bayern seit langem im Straßenbau tut – 119 auch bei der Bahninfrastruktur endlich „auf Vorrat“ zu planen, um so mit 120 fertigen Konzepten erfolgreich um Bundesmittel werben zu können.

121 Reaktivierungspotentiale prüfen, laufende 122 Entwidmungsverfahren stoppen, ganzheitliche 123 Mobilitätskonzepte fördern

124 Wir Grüne fordern eine aktive Bahninfrastrukturpolitik in Bayern. Dazu gehört:

125 Systematisch und flächendeckend alle potenziellen Reaktivierungen und 126 Verbesserungen (Elektrifizierung, Schaffung von Überholmöglichkeiten) der 127 noch vorhandenen Nahverkehrsstrecken und auch bereits entwidmeter 128 Strecken, die noch nicht bebaut sind (zum Beispiel Bahnradwege) in Bayern 129 unter Berücksichtigung ihres Fahrgastpotenzials, der Möglichkeit eines 130 wirtschaftlichen Betriebs, ihrer Auswirkungen auf die regionale 131 wirtschaftliche Entwicklung und ihres Potenzials zur Reduktion des 132 Treibhausgasausstoßes durch unabhängige, vom Land finanzierte Gutachten zu 133 prüfen. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen auf die Nachfrage im 134 Gesamtnetz bei Wiederinbetriebnahme einzelner Strecken einzubeziehen,

135 auf Grundlage dieser Gutachten eine langfristige 136 Bahninfrastrukturstrategie für ganz Bayern zu entwickeln, die die 137 Investitionen in den Ausbau und die Reaktivierung von Nahverkehrsstrecken 138 mindestens für die nächsten zehn Jahre verbindlich priorisiert (Masterplan 139 Bahninfrastruktur Bayern 2030) und damit das langfristige 140 Verkehrsinteresse des Freistaats an Bahninfrastruktur neu bewertet,

141 die weitere Entwidmung von Bahnstrecken in Bayern bis zur Vorlage der 142 genannten Gutachten zurück zu stellen,

143 den weiteren Verkauf von Bahngrundstücken und -immobilien im bayerischen 144 Bahnnetz bis zur Vorlage der genannten Gutachten über alle vorhandenen 145 Strecken und damit über das Bahnnetz der nächsten Zukunft zu stoppen,

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146 gemeinsam mit den Kommunen und den Infrastrukturbetreibern auf 147 Bezirksebene detailliert kleine Maßnahmen zur Verbesserung der 148 Infrastruktur zu prüfen und zu planen, etwa Elektrifizierungen, Schaffung 149 von Ausweichgleisen und Durchrutschwegen, Weichenbau etc.,

150 gemeinsam mit den Kommunen ein Bahnhofs- und Haltestellensanierungskonzept 151 vorzulegen, um die Attraktivität von Bahnhöfen und Haltepunkte zu fördern 152 und Barrierefreiheit im Schienenverkehr zu verbessern,

153 Anschlussoptionen an Ballungsräume und den Fernverkehr zu fördern,

154 die Einstellung ausreichender Haushaltsmittel zur Finanzierung von 155 notwendigen Planungen und Investitionen für die Reaktivierung und den 156 Ausbau von Strecken sowie attraktive Bahnhöfe und Haltestellen. Hierfür 157 müssen Mittel aus den Straßenbauetats von Bund und Freistaat zugunsten der 158 Schiene umgeschichtet werden,

159 die Landkreise deutlich besser mit Nahverkehrsmitteln auszustatten, um 160 zügig in allen Landkreisen ein klimaschonendes und bezahlbares, 161 verknüpftes Angebot zwischen Schiene, Bus und anderen Mobilitätsangeboten 162 herzustellen und so ganzheitliche Mobilitätskonzepte vom Schienenverkehr 163 bis hin zur Überwindung der „letzten Meile“ zu entwickeln.

Unterstützer*innen Markus Büchler MdL (KV München Land), Beate Walter-Rosenheimer MdB (KV Fürstenfeldbruck), Kerstin Celina MdL (KV Würzburg Land), Stefan Schmidt MdB (KV Regensburg Stadt), Uwe Kekeritz MdB (KV Fürth Land), Ekin Delogöz MdB (KV Neu-Ulm), Paul Knoblach MdL (KV Schweinfurt), Patrick Friedl MdL (KV Würzburg), Johannes Weiß (KV Schweinfurt), Christian Hierneis MdL (KV München), Anne Franke MdL (KV Weilheim- Schongau), Stephanie Schuhknecht MdL (KV Augsburg), Cemal Bozoglu MdL (KV Augsburg), Dieter Janecek MdB (KV München), Barbara Fuchs MdL (KV Fürth), Claudia Köhler MdL (KV München), Andreas Krahl MdL (KV GRÜNE WEILHEIM-SCHONGAU), Tim Pargent MdL (KV Bayreuth Stadt), Martin Stümpfig MdL (KV Ansbach), Oliver Rühl (KV Ansbach), Eva Lettenbauer MdL (KV Donau-Ries), Beate Kubiza-Lun (KV Schweinfurt), Christa Drescher (KV Schweinfurt), Angelika Sprafke (KV Schweinfurt), Bernhard Sprafke (KV Schweinfurt), Elmar Rachle (KV Schweinfurt), Margret Osterloh (KV Schweinfurt), Birgid Röder (KV Schweinfurt), Ingrid Turenne (KV Schweinfurt), Reginhard von Hirschhausen (KV Schweinfurt), Stephan Breitenbach (KV Schweinfurt), Jürgen Dorsch (KV Schweinfurt), Heiko Kuschel (KV Schweinfurt), Florian Tully (KV Schweinfurt), Holger Laschka (KV Schweinfurt), Benjamin Knoblach (KV Schweinfurt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A9 Sichere Unterkünfte für queere Geflüchtete

Antragsteller*in: Tessa Ganserer (KV Nürnberg-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Ungeachtet der am 17. Juni 2011 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in 2 Genf verabschiedeten Resolution 17/19 über „Menschenrechte, sexuelle 3 Orientierung und Geschlechteridentität“ ist Homosexualität in vielen Ländern 4 noch verboten. Auch wenn nach jahrzehntelangem Engagement der Lesben- und 5 Schwulenbewegung in vielen Ländern in Sachen rechtlicher Gleichstellung von 6 gleichgeschlechtlichen Lebensweisen große Erfolge erzielt werden konnten, werden 7 Schwule und Lesben in vielen Ländern dieser Erde gesellschaftlich stigmatisiert.

8 Die Vertragsstaaten und somit auch Deutschland haben sich dazu verpflichtet, die 9 Menschenrechte von LSBTIQ* zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Viele 10 Menschen, die aus ihrer Heimat, vor der Gesellschaft und der Polizei, aber oft 11 auch vor ihren Freund*innen und Familien fliehen, weil sie lesbisch, schwul, 12 bisexuell, inter- oder trans* Personen sind, kommen daher in der Hoffnung auf 13 ein sicheres Leben nach Deutschland. Queere Geflüchtete brauchen deshalb unsere 14 volle Unterstützung.

15 AnkER-Einrichtungen und andere Gemeinschaftsunterkünften sind jedoch keine 16 sicheren Orte. Hier treffen diese Personen fast immer auf homo- und trans*phobe 17 Menschen, deretwegen sie einst aus ihrer Heimat geflohen sind. Sie verstecken 18 sich, versuchen ihre Persönlichkeit zu verheimlichen, um psychischer und 19 physischer Gewalt zu entgehen. Oft ist dieses Versteckspiel aber hinderlich im 20 Asylprozess, wie Jusrist*innen bestätigen: wer versteckt lebt, kann das auch in 21 seiner Heimat tun – so argumentieren BAMF-Entscheider*innen und Richter*innen 22 mitunter. Damit ist die sexuelle Orientierung oder Identität eine Zwickmühle für 23 queere Geflüchtete: wer sich outet, riskiert als ohnehin meist schwer 24 traumatisierter Mensch weitere Repressalien, Drohungen, Mobbing und Gewalt zu 25 erfahren. Wer sich versteckt, riskiert eine Ablehnung des Asylantrags.

26 Dieser Umstand ist für uns als menschenrechtspolitische Partei nicht tragbar. 27 Wir kämpfen auf vielen politischen Ebenen gegen Regierungen, die die besondere 28 Schutzbedürftigkeit queerer Geflüchteter ignorieren, obwohl diese in den EU- 29 Asyl-Richtlinien explizit genannt ist.

Seite 1 / 3 A9 Sichere Unterkünfte für queere Geflüchtete

30 Aktuell können in Fällen von psychischer und physischer Gewalt nur 31 Einzelfallentscheidungen getroffen werden, und in der Regel nicht präventiv. Die 32 Umverteilung erfolgt in andere Gemeinschaftsunterkünfte, wo das „Spiel“ 33 potentiell von vorne beginnt.

34 Dieser Umstand macht es diesen Menschen nicht möglich, zur Ruhe zu kommen, zu 35 schlafen, sich mit der Bewältigung des Erlebten auseinander zu setzen, und sich 36 auf ihr Asylverfahren zu konzentrieren. Dieser Umstand macht es, je nach 37 Örtlichkeit, unmöglich, wichtige Kontakte zu queeren Beratungsstellen zu knüpfen 38 und zu halten, sich mit anderen Queers auszutauschen und für die Integration 39 wichtige Freundschaften zu bilden.

40 Wir fordern daher:

41 1. In allen sieben bayerischen Regierungsbezirken müssen in den jeweils 42 größten Städten mit der mutmaßlich besten LGBTIQ*-Infrastruktur zentrale 43 und/oder dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden für 44 queere Geflüchtete. Diese müssen in ausreichender Zahl eingerichtet 45 werden, bei Bedarf aufgestockt und ausschließlich queeren Geflüchteten 46 vorbehalten bleiben, um eine sofortige Umverteilung aus 47 Gemeinschaftsunterkünften so schnell wie möglich zu gewährleisten, wenn 48 Bedarf besteht.

49 2. In Beratungsbüros des BAMF und der Einrichtungen muss deutlich sichtbar 50 und mehrsprachig als Aushang, aber auch im Gespräch darauf hingewiesen 51 werden, dass sich Geflüchtete gegenüber ihren Berater*innen und den 52 Behörden in Bayern nicht verstecken müssen und ihre sexuelle Orientierung 53 oder Identität als Fluchtgrund ohne Bedenken äußern können, dass diese 54 Information früh bekannt sein muss, um den Asylprozess nicht zu gefährden 55 und dass diese Informationen streng vertraulich behandelt werden und nur 56 mit dem Einverständnis und im Sinne der betreffenden Personen 57 weitergeleitet werden.

58 3. Queere Geflüchtete, die sich gegenüber Berater*innen oder dem BAMF als 59 solche zu erkennen geben, müssen umgehend über die Möglichkeit einer 60 Umverteilung informiert werden, bzw. in die oben genannten Einrichtungen 61 proaktiv umverteilt werden.

62 4. Die Einrichtungen sollen kooperativ mit queeren zivilgesellschaftlichen 63 Einrichtungen betrieben werden, beziehungsweise eine Zusammenarbeit mit 64 diesen grundsätzlich ermöglichen. Die Einrichtungen sollen grundsätzlich 65 Zugang zu psychosozialer Beratung ermöglichen und die Untergebrachten 66 ermutigen, diese anzunehmen.

Seite 2 / 3 A9 Sichere Unterkünfte für queere Geflüchtete

67 5. Die Bezirksregierungen werden über Belegung und Auslastung der 68 Einrichtungen informiert und leiten diese Daten ihrerseits an das 69 Bayerische Innenministerium weiter.

Begründung

Wir sehen diese Maßnahmen als unabdinglich für einen fairen Asylbewerbungsprozess, die Stabilisierung der Gesundheit der betreffenden Personen und als Basis für eine gelingende Integration.

Kommunen können hier nur proaktiv mit gutem Beispiel voran gehen. Wir betrachten es als vorrangig, Menschen zu helfen. Wir brauchen Kommunen und Bezirke, die mit gutem Beispiel voran gehen, die den von der Bayerischen Regierung ignorierten Bedarf, die missachtete Notwendigkeit belegen und so Druck auf andere Kommunen, Bezirke und die Staatsregierung aufbauen und diese zum Handeln drängen, die Finanzierung zu übernehmen und bis dahin entstandene Kosten zu erstatten.

Unterstützer*innen Gülseren Demirel (KV München), Sanne Kurz (KV München), Arne Brach (KV München), Sarah Wetzel (KV München), Lydia Dietrich (KV München), Benoit Blaser (KV München), Meike Thyssen (KV München), René Oltmanns (KV München), Jeanne Riedel (KV München), Beppo Brem (KV München), Kathrin Düdder (KV München), Florian Schönemann (KV München), Kati Engelhardt (KV München), Marcel Rohrlack (KV München), Barbara Hauter (KV München), Norman Schulz (KV München), Ludwig Sporrer (KV München), Max Döring (KV München), Andreas Gregor (KV München), Constantin Jahn (KV München), René Kaiser (KV München), David Rygiel (KV München), Cemal Bozoglu (KV Augsburg), Serdar Akin (KV Augsburg), Beate Walter-Rosenheimer (KV Fürstenfeldbruck), Doro Sührig (KV Weilheim-Schongau) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A10 Fleischfreies Catering auf LDKs

Gremium: LAG Ökologie T.U.N. (Tiere – Umwelt – Natur) Beschlussdatum: 27.07.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Auf Landesdelegiertenkonferenzen des Landesverbandes Bayern wird ab 2020 nur 2 noch vegetarisches und veganes Catering angeboten, tierische Produkte 3 ausnahmslos, pflanzliche nach Möglichkeit aus ökologischem Landbau. Zu den 4 vegetarischen Angeboten soll es vegane Alternativen geben.

5 Des Weiteren wirkt der Landesvorstand darauf hin, diese Regelung zum Catering 6 auch auf Bezirksversammlungen in Bayern und BDKs zur Anwendung zu bringen. Zudem 7 wirbt er dafür, auch auf Kreisversammlungen auf Fleischkonsum zu verzichten.

Begründung

Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch liegt in Deutschland aktuell bei 88 kg/Jahr, der Konsum bei 60 kg/Jahr. Nachweislich hat die Produktion tierischer Erzeugnisse einen enormen Anteil am weltweiten Klimaschaden. Der Agrarflächenverbrauch für den Futtermittelanbau liegt weltweit bei über 30%. Wir versorgen und konsumieren global 60 Milliarden Tiere jährlich, während eine knappe Milliarde Menschen Hunger leidet, viele weitere Hundert Millionen mangelernährt sind.

Die konventionelle, tierhaltende Landwirtschaft ist der Hauptgrund für die Bildung multiresistenter Keime, die in unsere Gewässer gelangen.

Seit geraumer Zeit fordern wir mehr Radikalität in Sachen Umwelt- und Klimaschutz, daher ist ein Verzicht auf Fleisch und eine Erhöhung des Anteils rein pflanzlicher Lebensmittel bei Parteiveranstaltungen eine Frage von Glaubwürdigkeit. Mehrere Studien und Berechnungen, auch aktuelle aus 2018, legen eindeutig dar, dass Einschränkungen und Verzicht beim Konsum tierischer Lebensmittel einen enormen und quasi sofortigen Effekt auf die Klimabilanz haben. Im Beisein von Presse und Rundfunkmedien sollten wir diesen wichtigen Schritt machen und das vorleben, was wir uns von der Gesellschaft wünschen: Bewusstsein im Konsum.

Wir wollen Vorbild sein, statt in Klimafragen immer nur auf Verkehr und Energie zu verweisen. Unsere Ernährung ist die dritte Säule im Kampf gegen den Klimawandel.

Seite 1 / 2 A10 Fleischfreies Catering auf LDKs

Bei der kommenden BDK in Bielefeld wird das Catering ausschließlich vegetarisch und vegan sein. Bereits in acht Bundesländer bieten Grüne bei ihren Parteiveranstaltungen ausschließlich vegetarisch und vegan an. Die Grüne Jugend becatert auf ihren Bundeskongressen vegan. Der Kreisverband Nürnberg finanziert seit 2009 nur noch vegetarisch/veganes Catering auf seinen Versammlungen, der KV München hat 2018 beschlossen, künftig auf Fleisch bei seinen Stadtparteitagen zu verzichten. Diese und andere Beispiele sind wertvolle Schritte in Sachen Glaubwürdigkeit beim Klima-, Wasser-, Boden- und Tierschutz. Die Parteiversammlungen in Bayern sollten diesem Beispiel folgen. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A11 Für nachhaltigen Sport in den Kommunen - sportpolitisches Positionspapier zur Kommunalwahl 2020

Gremium: LAG Sport Beschlussdatum: 17.09.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wer über gesellschaftlichen Zusammenhalt, Identität und Teilhabe spricht, muss 2 auch über Sport sprechen. Sport hält nicht nur fit und gesund, ermöglicht 3 Wettkampf und schafft Rekorde, er bringt vor allem Menschen zusammen, schafft 4 Gemeinsamkeiten und begründet Gemeinschaften. Beim Sport ist es nebensächlich, 5 was wir verdienen, woher wir kommen, welche Sprache wir sprechen, welches 6 Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung wir haben. „Was zählt, ist auf dem 7 Platz“, heißt es im Fußballjargon und dort geschieht das meiste spielerisch – 8 auch ohne Worte. Gerade zum Gelingen von Integration und Inklusion kann der 9 Sport einen wichtigen Beitrag leisten, nicht zuletzt dank seiner hohen Relevanz 10 mit mehr als fünf Millionen Sporttreibenden alleine in Bayern.

11 Damit dies gelingen kann, muss aber die Politik auch die Rahmenbedingungen dafür 12 schaffen, dass Sportangebote auch in kleinen Kommunen erhalten bleiben und nicht 13 nur wenige profitieren. Durch unseren 10-Punkte Plan setzen wir daher die 14 Rahmenbedingungen für eine faire und nachhaltige Gestaltung von Sportangeboten 15 in Kommunen, an denen alle teilhaben können. Wir Grüne wollen Sport für alle 16 statt reine Spitzensportförderung.

17 1. Sport für alle statt reine Spitzensportförderung

18 Wir wollen Sportangebote für alle, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft 19 und Einkommen. Wer Sport treiben möchte, sollte das tun. Daher sollen Kommunen 20 günstige Angebote finanzieren, die es auch einkommensschwachen Personen 21 ermöglichen, an sportlichen Aktivitäten teilzunehmen.

22 Leistung darf nicht das Kriterium sein, das ausschlaggebend ist, ob Sport 23 betrieben wird. Daher wollen wir diversifizierte Breitensportangebote. Der 24 Spitzensport sollte allen exemplarisch zeigen, wie es richtig geht. Er muss 25 transparent sein, muss Doping und Betrug verurteilen und für einen fairen Umgang 26 miteinander werben. Fairplay beginnt bereits im Sportverein vor Ort! Bei den 27 Vergaberichtlinien für Großveranstaltungen schauen wir Grüne weiter genau hin

Seite 1 / 5 A11 Für nachhaltigen Sport in den Kommunen - sportpolitisches Positionspapier zur Kommunalwahl 2020

28 und wollen beweisen, dass auch ökologisch nachhaltige Sportgroßveranstaltungen 29 möglich sind. Gleichzeitig muss der Fokus kommunaler Sportpolitik auf dem 30 Breiten- und Amateursport liegen. Die Ausrichtung der Nachwuchsförderung mit 31 erhöhtem Leistungsdruck auf Kinder und Jugendliche im Vereinssport lehnen wir 32 ab.

33 2. Integration durch Sport erleichtern

34 Sport schweißt Menschen zusammen – egal woher sie kommen und kann deswegen ein 35 entscheidender Faktor für gelungene Integration sein. Zugezogenen oder 36 geflüchteten Menschen möchten wir daher noch leichteren Zugang zum organisierten 37 (Vereins-)Sport ermöglichen. Deswegen unterstützen wir Vereine und Verbände 38 darin, dass Sportlerinnen und Sportler aus dem Ausland schnell und 39 unbürokratisch ihr Spielrecht erhalten. Übungsleiter*innen und Trainer*innen 40 sollen gezielt im interkulturellen Bereich gefördert werden. Daneben wollen wir 41 Projekte für interkulturelles Training im organisierten Sport mit möglichst 42 vielen teilnehmenden Vereinen und in Kooperation mit den Sportverbänden starten.

43 3. Barrierefreiheit schaffen

44 Bewegung und die Freude an Bewegung sind etwas sehr Positives, das allen 45 Menschen offenstehen sollte. Oftmals scheitert dieser Ansatz jedoch an baulichen 46 Rahmenbedingungen wie etwa fehlenden Toilettenanlagen und Aufzügen für 47 Rollstuhlfahrer*innen, zu steilen Rampen oder fehlenden Leitsystemen. Wir wollen 48 die Liste der Hindernisse für sportbegeisterte Menschen mit Behinderung 49 systematisch und nachhaltig beheben. Grundsätzlich braucht der Handicap-Sport 50 eine größere Bühne. Wir machen uns stark für Wettkämpfe an prominenten 51 öffentlichen Plätzen, damit Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung die 52 Anerkennung erhalten, die sie verdienen.

53 4. Sportförderung gendersensibel gestalten

54 Wir wollen gendergerechte Sportanlagen! Sport wird von allen Menschen ausgeübt, 55 egal ob jung oder alt, und egal welchen Geschlechts. Grüne Sportpolitik stellt 56 sicher, dass Sportangebote Anforderungen der unterschiedlichen Nutzergruppen 57 ausreichend berücksichtigt. Gelder für Sportangebote sollen so verteilt werden, 58 dass insbesondere auch Angebote, die sich dezidiert an Frauen* richten, 59 besonders gefördert werden. Sportanlagen sollen so gestaltet werden, dass sich 60 Frauen* darin gut und sicher fühlen und Angsträume vermieden werden. Das beginnt 61 bei der Situierung der Umkleideräume und endet bei der Gestaltung der 62 Gaststätte.

63 5. Null Toleranz für Diskriminierung

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64 Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass der Sport ein Ort für Toleranz und 65 Gleichstellung sind. Wir treten jeder Form von Diskriminierung, sei es 66 Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Rassismus, Diskriminierung von Menschen mit 67 Behinderungen oder andere Erscheinungsformen von Diskriminierung entschieden 68 entgegen. In der kommunalen Sportpolitik machen wir zur Leitlinie für 69 Förderrichtlinien, dass sich alle Sportvereine, Fanorganisationen und 70 Sporttreibenden als Vorbilder gelebter Toleranz und Integration verhalten. Ziel 71 muss es sein, Vorurteile, wie beispielsweise gegen queere Menschen im Sport und 72 Geflüchtete, in der Breite weiter abzubauen.

73 6. Sport im Bildungsbereich neu denken

74 Die Schule kann ein wichtiger Baustein sein, um Kindern Spaß am Sport zu 75 vermitteln, was ein wichtiger Faktor für ein gesundes Leben ist. Im Zentrum des 76 Sportangebots in der Schule soll dabei die Freude an der Bewegung stehen und die 77 Wertschätzung aller Körper, nicht die Bewertung von Leistung. Schulhöfe sollen 78 daher so gestaltet werden, dass sie zur Bewegung einladen. Ergänzend zum Angebot 79 durch das Lehrpersonal der Ausbildungseinrichtungen sollen enge Kooperationen 80 mit außerschulischen Sportvereinen gepflegt werden.

81 7. Ausreichend Infrastruktur schaffen und Bewegung im öffentlichen Raum 82 verankern

83 Basis des Sports in den Kommunen sind die Sportvereine genauso wie die nicht 84 organisierten Sportmöglichkeiten. Beide Säulen sind wichtig für ein vielfältiges 85 und umfassendes Angebot.

86 Die Sportinfrastruktur mit ausreichend Sportstätten hinkt in vielen Kommunen der 87 wachsenden Nachfrage hinterher. Das wollen wir ändern. Wir sprechen uns für 88 kommunale Sportstätten-Investitionsprogramme aus und bringen 89 Sportentwicklungsplanungen für alle sportinteressierten Bürger*innen in den 90 Kommunen auf den Weg. Wir werden mehr öffentliche Sportplätze und Sportangebote 91 wie Bolzplätze, Tischtennisanlagen oder Fitnessparcours schaffen. Eine 92 nachhaltige Sportpolitik, wie wir Grüne sie wollen, plant dabei die 93 Sportinfrastruktur so, dass Sporteinrichtungen bequem per Rad, zu Fuß oder mit 94 öffentlichen Nahverkehrsmitteln erreicht werden können und über ausreichend 95 überdachte Möglichkeiten zum Abstellen von Fahrrädern verfügen.

96 Wir setzen uns neben dem Bau klassischer Sportanlagen dafür ein, dass 97 niedrigschwellige, nicht kommerzielle Angebote im öffentlichen Raum geschaffen 98 werden, die zu Bewegung einladen. So können abends ungenützte Pausenhöfe 99 geöffnet und begrünte Plätze genutzt werden, um wohnortnahe, konsumzwangfreie 100 Orte zu schaffen, an denen niedrigschwellige Anreize zur Bewegung stattfinden 101 können. Bei der Stadtteilentwicklung soll die Sportflächenentwicklungsplanung 102 bereits immer mitgedacht werden und integriert sein.

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103 Immer muss unser Augenmerk auch auf neue – oder zumindest bei uns neue – 104 Sportentwicklungen gerichtet sein. Ob Parcouring oder Isarsurfen, Slackline oder 105 Bouldern – gerade junge Menschen suchen neue Formen Sport zu treiben und 106 brauchen dafür ausreichend Platz im öffentlichen Raum. Auch sollten wir Vereine 107 ermuntern ihre Anlagen auch jenseits der traditionellen Angebote zu öffnen.

108 Kommunale Sportpolitik wird sich in vielerlei Hinsicht, u. a. bei 109 Sportinfrastruktur und Bildung auch mit der Entwicklung virtueller eSport- 110 Angebote auseinandersetzen und dafür Antworten finden müssen.

111 8. Schwimmoffensive starten

112 Schwimmen ist nicht nur eine Form des Sports, sondern Basis für weitere 113 vielfältige Freizeitmöglichkeiten im und am Wasser. Wer nicht schwimmen kann, 114 ist nicht nur außen vor, sondern vor allem akut durch Badeunfälle gefährdet. 115 Eine ausreichende Anzahl von Schwimmstätten und flächendeckender 116 Schwimmunterricht in Bayern Leben retten. Wir wollen die Kommunen beim Bau, 117 Erhalt und Unterhalt ihrer Bäder und Seen unkomplizierter, umfangreicher und 118 nachhaltiger unterstützen. Kommunen brauchen außerdem mehr Mittel zur 119 Finanzierung von Aufsichtspersonal. Nur ausreichend viele und gut qualifizierte 120 Bademeisterinnen und Bademeistern ermöglichen einen sicheren Badebetrieb sowie 121 ein attraktives Angebot an Schwimmkursen.

122 In Zusammenhang mit dem Schulsport setzen wir uns dafür ein, dass tatsächlich 123 alle Schülerinnen und Schüler in der Grundschule schwimmen lernen. Dies soll 124 durch die verbindliche Vorgabe, dass alle Kinder das „Jugendschwimmabzeichen in 125 Bronze“ erwerben müssen, erreicht werden. Insbesondere an Grundschulen muss der 126 Freistaat entsprechend geschultes Lehrpersonal in ausreichender Zahl zur 127 Verfügung stellen. Die Inhalte der Lehreraus- und -fortbildung für das Fach 128 Sport als Didaktikfach, Unterrichtsfach und vertieftes Fach für die Sportart 129 Schwimmen sind dementsprechend anzupassen sowie ausreichend Mittel für 130 Nachqualifizierungsmaßnahmen bereitzustellen.

131 9. Ehrenamtliche fördern

132 Klebstoff unseres Breitensports ist das Ehrenamt. Ohne Helfer*innen, die meist 133 ohne jegliche finanzielle Entschädigung Mannschaften trainieren, Hallen 134 reinigen, Rasen mähen, Trikots waschen oder den Klub organisieren, gäbe es kaum 135 mehr lebendigen Vereinssport. Diese Arbeit verdient mehr Anerkennung. Wir wollen 136 daher attraktive Ehrenamtskarten, die beispielsweise ein vergünstigtes Nutzen 137 des ÖPNVs erlauben.

138 10. Nachhaltigere Sportstätten schaffen

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139 Grüne Sportpolitik in den Kommunen ist vor allem nachhaltig. Die Kommunen sollen 140 durch geeignete Programme Energieeffizienz, Wassermanagement und Grünflächen an 141 Sportanlagen in allen öffentlichen und privaten Sportstätten fördern. Die 142 Kommunen sollen alle bisher installierten Kunstrasenplätze auf deren genaue 143 Zusammensetzung und auf mögliche Umweltrisiken hin überprüfen und gegebenenfalls 144 ersetzen. Wir fordern zudem ein nachhaltiges Konzept für den alpinen Sport, das 145 gemeinsam mit dem BUND und Deutschem Alpenverein für die Zuständigkeit der 146 Kommunen entwickelt werden sollte.

Begründung

erfolgt mündlich Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A12 Verkehrswende schafft Arbeitsplätze: Bayerns Fahrzeugindustrie zukunftssicher machen

Antragsteller*in: Lisa Badum, MdB (KV Forchheim), Markus Büchler, MdL (KV München-Land), Barbara Fuchs, MdL (KV Fürth-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wir starten eine wirksame, grüne Verkehrswende, weg vom Auto, hin zum 2 Umweltverbund aus Bus, Bahn, Rad, Fuß und emissionsfreien Fahrzeugen. Denn ein 3 großer Teil aller klimaschädlichen Emissionen in unseren Städten entstehen durch 4 den Verkehr. Gleichzeitig sichern wir die Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie 5 die wirtschaftliche Wertschöpfung und die Steuerkraft der bayerischen 6 Fahrzeugindustrie, indem wir einen klaren politischen Rahmen setzen und bei der 7 Transformation zur Herstellung sauberer Autos, LKW, Schienenfahrzeugen, 8 Elektrobussen oder E-Bikes sowie Schiffsantrieben unterstützen. Damit machen wir 9 Bayerns Fahrzeugindustrie zukunftssicher. Grüne Wirtschaftspolitik steht für 10 klare Zielvorgaben, die richtigen finanziellen Anreize und deutliche rechtliche 11 Leitplanken. Damit geben wir den bayerischen Unternehmen Planungssicherheit.

12 Grüne Verkehrswende notwendig und erwünscht

13 Wirksamer Klimaschutz muss rasch umgesetzt werden. Dazu gehört wesentlich die 14 grüne Verkehrswende. Nirgends verfehlen Deutschland und damit der Freistaat 15 Bayern ihre Klimaschutzverpflichtungen so krachend wie beim Verkehr. So kann und 16 darf es nicht weitergehen. Nicht zuletzt zumal die EU die CO2-Flottengrenzwerte 17 für Auto- und LKW-Hersteller verschärft hat. Ab 2020 muss die Bundesregierung 18 und damit anteilig auch Bayern schon Verschmutzungsrechte für 300 Millionen Euro 19 zukaufen, weil sie die europäischen Klimaziele verfehlen. 2022 bis 2030 können 20 es dann bis zu 60 Milliarden werden. Das ist nicht nur ökonomisch unsinnig, 21 sondern eine Hypothek auf die Zukunft unserer Kinder.

22 Zudem ist die bayerische Automobilindustrie stark exportabhängig. Und der 23 Weltmarkt hat entschieden: gegen den fossilen Verbrenner. Bereits 2040 will 24 Frankreich keine neuen Verbrennungsmotoren zulassen. In den Niederlanden wird 25 2035 Ende der Neuzulassungen sein. Norwegen hat im Parlament ein Gesetz 26 verabschiedete, das die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2025 27 verbietet und Großbritannien und Dänemark planen in den 2030iger Jahren das Ende

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28 der fossilen Antriebsformen. Nicht nur der Europäische Markt wandelt sich, auch 29 die globale Nachfrage nach E-Mobilität steigt. In China und den USA – als die 30 größten Absatzmärkte – wurden allein 2018 knapp 1,5 Millionen E-Autos verkauft. 31 Tendenz steigend.

32 Ferner sind die Menschen mit der Luftqualität und der Verkehrssituation in den 33 Städten sowie dem mangelnden ÖPNV-Angebot auf dem Land nicht zufrieden. Die 34 Mehrzahl wünscht sich Alternativen zum wachsenden Straßenverkehr: fuß- und 35 fahrradgerechte Orte sowie attraktive und bezahlbare Busse und Bahnen. Das 36 belegen die erfolgreichen Radentscheide in Bamberg und München, denen weitere 37 Städte folgen wollen. Immer mehr Menschen steigen um auf Bus, Bahn und Fahrrad. 38 Der öffentliche Nahverkehr erreicht neue Fahrgastrekorde trotz komplizierter 39 Tarife und oftmals unzuverlässigem Angebot. Fahrradfahren und der Verkauf von E- 40 Bikes boomen. Carsharing meldet immer höhere Nutzer*innenzahlen. Die Menschen 41 stimmen „mit den Füßen“ ab und trotzen den oft noch widrigen Zuständen.

42 Schlüsselindustrie unter Druck

43 Bayern ist ein wichtiger Automobilstandort. Jedes vierte in Deutschland 44 hergestellte Auto stammt aus Bayern. Über 400.000 Beschäftige sind in der 45 bayerischen Automobilindustrie tätig. In Bayern sind sowohl Produktionsanlagen 46 in Südbayern (BMW-Werk Dingolfing, BMW-Werk München, BMW-Werk Regensburg, Audi- 47 Werk Ingolstadt) als auch in Franken zahlreiche Zulieferer zuhause wie etwa 48 Schaeffler in Herzogenaurach, Bosch in Bamberg, Brose in Coburg, die Leoni AG in 49 Nürnberg oder SKF in Schweinfurt. Dazu kommen unzählige viele kleine und 50 mittelständische Unternehmen. Sie sind wesentlicher Teil der Produktions- und 51 Wertschöpfungskette. Ferner ist Bayern ein traditionsreicher und wichtiger 52 Standort der Nutzfahrzeugfertigung zum Beispiel die beiden MAN-Werke in München 53 und Nürnberg oder dem Lokomotivenwerk von Siemens in München. Bayerns 54 Fahrzeugwirtschaft ist eine wichtige industriepolitische Schlüsselindustrie.

55 In jüngster Zeit sind die Beschäftigten völlig zurecht verunsichert. Denn wegen 56 der absichtlichen Betrügereien der Automobilkonzerne ist die Nachfrage nach 57 Diesel-Autos zurückgegangen. Bei Bosch in Bamberg zum Beispiel ist die 58 zurückgegangene Auslastung bereits spürbar. Bei den kleinen und 59 mittelständischen Unternehmen zeichnet sich ein deutlich spürbarer 60 Umsatzrückgang ab. Sie sind die ersten, die aufgrund des zurückgehenden Absatzes 61 keine oder nur noch reduzierte Aufträge erhalten. Dies ist besonders 62 problematisch, weil diese Unternehmen oft nur über geringe Rücklagen verfügen, 63 nachdem die Automobilkonzerne seit Jahren die Preise und vor allem die Margen 64 diktieren. Dementsprechend brauchen vor allem die kleinen und mittelständischen 65 Unternehmen in Zeiten des Wandels Unterstützung und Aufmerksamkeit, zumal sie 66 überdurchschnittlich ausbilden und oft familienfreundliche Arbeitsbedingungen 67 bieten. Auch im Nutzfahrzeugbereich macht sich Verunsicherung breit. Vorgaben 68 der EU für LKW-Flottengrenzwerte können nur eingehalten werden, wenn Anreize für 69

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70 den Absatz neuer, emissionsfreier LKW geschaffen werden. Gleichzeitig schreitet 71 die technische Entwicklung bei Mitbewerbern aus Asien rasant voran. Die 72 Schienenfahrzeugindustrie wurde in den letzten Jahrzehnten abgebaut anstatt 73 unterstützt. Nun fehlen nötige Kapazitäten infolge der dauernd aufgeschobenen 74 Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene, aufgrund der fehlenden Elektrifizierung, Digitalisierung und Modernisierung des Schienenverkehrs.

75 Verkehrswende anpacken

76 Wir packen die Verkehrswende an, indem wir ein zukunftsfähiges und vielfältiges 77 Mobilitätsangebot schaffen. Dieses besteht aus einem intelligent aufeinander 78 abgestimmten Mix aus elektromobilen Bahnen und Bussen, Rad- und Fußverkehr sowie 79 emissionsfreien Autos. Wir beenden die einseitige Orientierung auf den 80 Straßenbau und leiten das dafür vorgesehene Geld in den Umweltverbund aus Bus, 81 Bahn, Rad und Fußverkehr um. Unser Ziel sind flächendeckende Verkehrsverbünde in 82 ganz Bayern mit attraktiven Tarifen sowie ein deutlich verbessertes Angebot an 83 Bussen und Bahnen. Auf dem Land wollen wir die Mobilitätsgarantie: ÖPNV im 84 Stundentakt von 5 bis 24 Uhr täglich. Bahnstrecken sollen elektrifiziert und 85 stillgelegte Strecken weitgehend reaktiviert werden. In den Ballungsräumen wird 86 der massive Ausbau von Radschnellwegen, Expressbussen, in einzelnen Fällen 87 Seilbahnen beziehungsweise S-, U- und Straßenbahnen dazu führen, dass immer mehr 88 Menschen sich für den ÖPNV entscheiden. Das macht die Straßen frei für den 89 Wirtschaftsverkehr und für Menschen, die tatsächlich auf ein Kraftfahrzeug 90 angewiesen sind, und schafft saubere Luft, Ruhe und Lebensqualität für alle.

91 Wir sorgen für Planungssicherheit, indem wir festlegen, dass bis spätestens 2030 92 nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden. Eine CO2-Abgabe schafft zudem 93 Wettbewerbsgleichheit zwischen fossilen und erneuerbaren Treibstoffen. Außerdem 94 beenden wir bis 2025 schrittweise den Bundesfernstraßenneubau und stellen die 95 finanziellen Mittel zur Verfügung, um den „Deutschland-Takt“ zu realisieren und 96 das Bahnnetz zu modernisieren. Wir legen ein Programm für Radschnellwege sowie 97 neue Programme für Fahrradparkhäuser und Lastenräder auf. Wir führen einen 98 MobilPass ein. Mit diesem können alle Angebote des öffentlichen Verkehrs, wie 99 Busse, Bahnen sowie Car- und Bike-Sharing mit einer einzigen App oder Karte 100 schnell, einfach und bequem genutzt werden.

101 Bei einer sinnvollen Einbindung in den Mobilitätsmix und der richtigen 102 Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln können Elektrokleinstfahrzeuge, wie E- 103 Scooter, gerade für Pendler*innen ein interessantes Fahrzeug für die „letzte 104 Meile“ sein.

105 Wandel gestalten, ökologisch und sozial

106 Bei einer konsequenten Verkehrswende werden der motorisierte Individualverkehr 107 sowie der Gütertransport auf der Straße an Bedeutung verlieren. Aber sie werden

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108 nicht überflüssig. Wir wollen die Transformation nachhaltig, ökologisch und 109 sozial gestalten und uns an die Spitze der weltweiten Entwicklung 110 klimafreundlicher Technologien wie Elektromobilität, Brennstoffzelle und andere 111 saubere Antriebe setzen, die neue Jobs schaffen. Bei der emissionsfreien 112 Mobilität setzten wir auf Technologieoffenheit. Klar ist für uns: Das saubere, 113 emissionsfreie Fahrzeug von morgen soll auch aus Bayern kommen!

114 Dass der Wandel gestaltbar ist und gelingen kann, zeigt das Beispiel des 115 Automobilzulieferers Mahle aus Stuttgart. Dieser war vor Jahren noch zu 80 116 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig, jetzt ist er es nur noch zu 40 Prozent. 117 Bosch als großer Elektronik-Zulieferer beispielsweise könnte zum Gewinner der 118 Transformation des Verkehrssektors werden. Auch die Entwicklung sauberer 119 Lastkraftwagen macht große Fortschritte. Und so gibt es viele positive Beispiele 120 aus der Wirtschaft, dass die Transformation der Fahrzeugindustrie gelingen kann, 121 ökologisch und sozial.

122 Gemeinsam können wir den Wandel gestalten. Wir wollen, dass Bayerns Wirtschaft 123 innovativ bleibt. Wir wollen zusammen mit Arbeitgeber*innen, Gewerkschaften und 124 mit den Beschäftigten eine Zukunftsvision für den Fahrzeugbau in Bayern 125 entwickeln. Gewerkschaften und Beschäftigte müssen Träger*innen der Entwicklung 126 sein.

127 Gleichzeitig mit der Verkehrswende reagieren wir auf die zu erwartenden Folgen 128 der Digitalisierung. Diese wird viele Helfer*innen- und Fachkraftberufe durch 129 Maschinen ersetzen. Daher fördern wir Aus- und Weiterbildung, um die 130 Mitarbeiter*innen adäquat zu qualifizieren. Um Beschäftigten frühzeitig Angebote 131 zu machen, noch bevor es zur Arbeitslosigkeit kommt, entwickeln wir die 132 Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung. Eine solche Versicherung 133 für Arbeit beinhaltet Qualifizierung, Weiterbildungen und Umschulungsangebote. 134 Wir stehen für das Recht auf Weiterbildung für alle. Auch die bestehenden 135 Ausbildungsberufsbilder müssen modernisiert und für neue Technologien erweitert 136 und angepasst werden.

137 Darüber hinaus sind wir offen für erleichterte Bedingungen für Kurzarbeit für 138 einen begrenzten Zeitraum wie in der Krise 2008/2009, damit die kleinen und 139 mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit haben, ihr Personal zu halten und 140 gemeinsam die Transformation und Entwicklung in neue Produkte und Märkte zu 141 schaffen. Wir begleiten den Mittelstand professionell und effektiv. Die Hände 142 jetzt in den Schoß zu legen, wird keinen einzigen Arbeitsplatz retten. Deshalb 143 nehmen wir die großen Herausforderungen an, die auf uns zukommen.

144 Innovationen fördern

145 Damit Bayern ein Vorzeigeland für die passenden Komponenten für das 146 emissionsfreie Auto wird fördern wir Firmen, die jetzt schon auf erneuerbare

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147 Technologien setzen. Zwar werden für die Herstellung von Motor und Getriebe 148 eines Autos weniger Arbeitsschritte anfallen. Aber Elektrifizierung, 149 Digitalisierung und Automatisierung bieten neben den Herausforderungen große 150 Chancen. So könnten laut einer Studie der European Climate Foundation bis 2030 151 in der Mobilitätsindustrie sogar insgesamt mehr Arbeitsplätze entstehen als 152 wegfallen.

153 Insbesondere kleine, mittelständische und stark spezialisierte Unternehmen 154 brauchen dabei Anschubhilfe. Deshalb verbessern wir den Zugang zu 155 Förderprogrammen und bauen bürokratische Hürden ab, zum Beispiel durch ein 156 „Lotsensystem“, das zeigt, wofür welche Förderung bei welcher Stelle beantragt 157 werden kann. So profitieren auch kleine Betriebe, die sonst weder über die 158 Kapazitäten noch das Wissen für die Bearbeitung der notwendigen Unterlagen 159 verfügen.

160 Momentan ist die Batterietechnik die am weitesten ausgereifte und 161 aussichtsreichste Antriebstechnik für Autos und leichte Nutzfahrzeuge. Damit 162 diese Fahrzeuge auch gekauft werden, braucht es die nötige Infrastruktur. 163 Deshalb wollen wir den Aufbau einer zuverlässigen und einfach zu bedienenden 164 Ladeinfrastruktur. Um die Herausforderungen bei der Produktion und Entsorgung 165 der Batterien zu lösen, setzen wir uns auf Bundesebene für ein 166 Lieferkettengesetz ein, das ökologische, soziale und menschenrechtliche 167 Standards besonders beim Rohstoffabbau garantiert. Außerdem fördern wir 168 Recycling- und Kreislauflösungen. Für andere alternative Antriebe wie 169 Wasserstoff und dessen erneuerbare Erzeugung wollen wir Forschung und 170 Entwicklung stimulieren, damit unsere Unternehmen in Bayern international 171 mithalten und führende Positionen einnehmen können.

172 Die Entwicklung sauberer Lastkraftwagen macht große Fortschritte. Um diese zu 173 forcieren, preisen wir externe Kosten fossil betriebener LKW stärker ein, heben 174 die LKW-Maut an und weiten sie aus. Zufahrtsbeschränkungen für laute LKW mit 175 Verbrennungsmotoren im nächtlichen Lieferverkehr in Städten können leisen, 176 emissionsfreien Fahrzeugen einen Absatzvorteil schaffen.

177 Für den Schienenfahrzeugbau schaffen wir durch die Ausweitung, Elektrifizierung 178 und Digitalisierung des Schienenverkehrs neue Perspektiven. Bei 179 Schienenfahrzeugen fordern und fördern wir die Einführung von Hybrid- 180 beziehungsweise Wasserstoff-Zügen bei nicht beziehungsweise teil- 181 elektrifizierten Strecken, um den dortigen massiven Investitionsstau 182 abzumildern. Als Beitrag zu Klimaschutz und emissionsfreier Mobilität, begleitet 183 vom raschen Ausbau der erneuerbaren Energiequellen, geben wir dem vorhandenen 184 Cluster „Bahntechnik Bayern“ neue Impulse und eröffnen ihm neue Möglichkeiten. 185 Darüber hinaus fördern wir saubere Schiffsmotoren, die auch in Bayern entwickelt 186 und hergestellt werden.

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187 Die Mobilität von morgen verlangt den Dreiklang „Verkehr vermeiden, verlagern 188 und vernetzen. Der ÖPNV wird ebenso wie Sharing-Systeme und das automatisierte 189 Fahren ein Wachstumssektor der Zukunft mit großer Nachfrage an innovativen, 190 leisen, energieeffizienten und digital vernetzten Fahrzeugen werden. Dies und 191 der damit verbundene Ausbau der physischen und digitalen Infrastruktur werden 192 zukunftsträchtige, interessante Arbeitsplätze erhalten und schaffen. Neue Start- 193 Ups entstehen, die als Pionier für grüne Mobilität voranschreiten, sei es für 194 Carsharing-Konzepte oder für den Radverkehr. Eine neue Stadt- und 195 Verkehrsplanung schafft Raum für Visionäre. Der „Green Startup Monitor“ zeigt, 196 dass in Bayern bei den grünen Betriebsgründungen noch viel Potenzial nach oben 197 besteht.

198 Schließlich streben wir einen umfassenden bayerischen Fahrzeuggipfel an. Das 199 aktuelle „Zukunftsforum Automobil“ der bayerischen Staatsregierung muss 200 weiterentwickelt werden. Wir gehen weiter und wollen einen bayerischen 201 Mobilitätsgipfel, mit allen Beteiligten. Hier muss der Startschuss für eine 202 strategische Industriepolitik in Bayern fallen, indem ein Fahrplan für die 203 ökologische und soziale Transformation der bayerischen Fahrzeugindustrie 204 erarbeitet wird.

205 Wir wollen, dass klimafreundliche Produkte aus Bayern auch in Zukunft auf dem 206 Weltmarkt bestehen können und somit Arbeitsplätze bei uns sichern. Für eine 207 innovative, ökologische, wettbewerbsfähige und zukunftssichere Fahrzeugindustrie 208 in Bayern.

209 Wir GRÜNE in Bayern sehen die Notwendigkeit des Klimaschutzes, die 210 wirtschaftliche Bedeutung der Fahrzeugindustrie und den Wunsch nach Alternativen 211 zum Straßenverkehr. Deshalb werden wir:

212 die Verkehrswende hin zum Umweltverbund (Bahn, Bus, Rad, Fuß) starten und 213 attraktive Alternativen zum motorisierten Individualverkehr 214 (Straßenverkehr) schaffen.

215 die Arbeitsplätze in der Fahrzeugindustrie und ihrer Zulieferer sichern 216 und weiterentwickeln.

217 die Transformation der Fahrzeugindustrie und Zulieferer begleiten, sodass 218 in Zukunft in Bayern emissionsfreie und weltmarktfähige Fahrzeuge 219 produziert werden.

220 mit der grünen Verkehrswende, der Transformation in der Fahrzeugproduktion 221 und der Digitalisierung der Mobilität neue Jobs schaffen.

222 mit einem umfassenden Mobilitätsgipfel eine zielgerichtete, strategische

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223 Industriepolitik für Bayern in Zeiten der Verkehrswende gestalten.

Unterstützer*innen Dieter Janecek MdB (KV München), Dr. Manuela Rottmann MdB (KV Bad Kissingen), Ekin Deligöz MdB (KV Neu-Ulm), Uwe Kekeritz MdB (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), Tim Pargent MdL (KV Bayreuth-Stadt), Stephanie Schuhknecht MdL (KV Augsburg-Stadt), Beate Walter-Rosenheimer MdB (KV Fürstenfeldbruck), Stefan Schmidt MdB (KV Regensburg-Stadt), Werner Schmidt (KV Fürth-Land), Bastian Raithel (KV Bayreuth- Stadt), Kerstin Celina MdL (KV Würzburg-Land), Anne Franke MdL (KV Starnberg), Toni Schuberl MdL (KV Passau-Land), Claudia Köhler MdL (KV München-Land), Christian Zwanziger MdL (KV Erlangen-Stadt), Hep Monatzeder MdL (KV München) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A13 Energiewende mit System

Antragsteller*in: Jens Backert (KV Lichtenfels) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Es ist höchste Zeit, dass nicht nur über Wasserstoff gesprochen wird, sondern 2 die politischen Rahmenbedingungen den Aufbruch in die nächste Phase der 3 Energiewende ermöglichen und anschieben.

4 Eine nachhaltige und volkswirtschaftlich auch international tragbare 5 Energiewende muss den Mobilitäts-, Wärme- und Stromsektor als ein 6 integriertes Ganzes betrachten.

7 Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, verknüpft 8 Stromwelt und Kraftstoffwelt – die Voraussetzung für die Erreichung der 9 Klimaziele und die wirtschaftlich effiziente Umsetzung der Energiewende.

10 Die Klimaschutzziele im Mobilitätssektor können nur auf Basis von 11 Elektromobilität (Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge) erreicht 12 werden. Der Großteil des Verkehrswesens wird früher oder später auf einen 13 Wasserstoffantrieb angewiesen sein.

14 Nur grüner Wasserstoff als strombasierter Kraftstoff ermöglicht den 15 Übergang in eine hocheffiziente Brennstoffzellenmobilität und das bei 16 gleichen Kosten für den gefahrenen Kilometer ohne Feinstaub-, CO2- und 17 Geräuschemission.

18 Dazu fordern wir zur Umsetzung der Energiewende mit System folgende politische 19 Weichenstellungen:

20 Regenerative Energien nutzen statt abschalten

21 Bei einem hohen Anteil fluktuierender Stromerzeugung aus Solar- und 22 Windenergieanlagen fallen große Mengen an erneuerbarem Strom an, die vom 23 Stromnetz nicht aufgenommen und transportiert werden können. Bereits heute 24 werden in Norddeutschland zunehmend erneuerbare Energienanlagen abgeschaltet. 25 Ein weiterer Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung wird gebremst. Zielführender

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26 wäre es, die Anlagen nicht abzuschalten und den Strom für die Produktion von 27 Wasserstoff zu nutzen. Wir wollen, dass dieser grüne Strom den Betreibern von 28 Wasserstoff-Anlagen kostengünstig zur Verfügung gestellt wird, anstatt ihn gar 29 nicht zu produzieren.

30 Ausbau der Erneuerbaren Energien

31 Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine zentrale Säule der 32 Energiewende. Deshalb muss es u.a. eine Aufhebung der Deckelung für 33 Photovoltaikanlagen und eine Zahlung einer vorhersehbaren und auskömmlichen 34 Marktprämie für Windprojekte geben.

35 Insbesondere die Errichtung zusätzlicher Kapazitäten für die 36 Wasserstoffherstellung ist ein wichtiger Beitrag. Dabei könnten Solar- 37 Freiflächen in Kombination mit Wasserstoff eine interessante Rolle spielen, da 38 durch die hohen Erzeugungsspitzen und Gleichzeitigkeit von Solarproduktion 39 Speicherbarkeit hier besonders zentral ist.

40 Förderprogramm zum Ausbau der Elektrolysetechnik

41 Es ist notwendig „schon heute" ein Förderprogramm zum Ausbau der 42 Elektrolysetechnik einzuführen, um die notwendigen Kosten- und Effizienzziele zu 43 erreichen. So wird die grüne Wasserstofferzeugung wirtschaftlich und 44 konkurrenzfähig.

45 Ausbau der H2-Infrastruktur

46 Wasserstoff lässt sich wie Benzin oder Diesel an der Zapfsäule tanken. Für die 47 nötige Infrastruktur müssen zügig H2-Tankstellen in Deutschland entstehen. Nur 48 so ist ein flächendeckender Einsatz der mobilen Wasserstofftechnik möglich.

49 Langfristspeicher Gasinfrastruktur

50 In einer vollständig regenerativen Stromwirtschaft werden bei hohen Anteilen 51 variabler Erzeuger wie Wind- und Solarstrom zusätzliche Langfristspeicher zum 52 Ausgleich benötigt. Wir wollen dass die bestehende Erdgasinfrastruktur für die 53 energieeffiziente und kostengünstige Speicherung und Verteilung des grünen 54 Wasserstoffes genutzt wird, wo dies technisch möglich ist.

55 EEG Regelung

56 Energiewandler-/ Energiespeicheranlagen, die ausschließlich erneuerbaren Strom 57 zur Umwandlung von Wasser zu Wasserstoff aufnehmen und damit die Voraussetzung

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58 für eine zeitlich verzögerte energetische Nutzung wieder zur Verfügung stellen, 59 sind durch das EEG speziell zu fördern.

60 Wasserstoffzüge

61 Auf der Schiene sollte Strom direkt genutzt werden, wo immer dies möglich ist. 62 Aber überall dort wo heute noch klimaschädliche Dieselloks fahren müssen diese 63 durch Wasserstoffzüge ersetzt werden.

64 Emissionsfreie häusliche Wärmeerzeugung

65 Bei der häuslichen Wärmeerzeugung wird der grüne Wasserstoff ebenfalls mittels 66 Brennstoffzelle einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wir wollen der 67 Brennstoffzellentechnik in diesem Bereich zum Durchbruch verhelfen.

68 Dekarbonisierung der Industrie

69 Großes Potenzial für die Nutzung von grünem Wasserstoff besteht vor allem auch 70 in der Industrie. Der in verschiedenen Industrieprozessen benötigte Wasserstoff 71 wird derzeit oft aus Erdgas gewonnen. Mit dem aus Ökostrom hergestelltem 72 Wasserstoff gäbe es auch hier eine klimafreundliche Alternative.

73 Für uns Grüne ermöglicht Wasserstoff die intelligente Vernetzung der Bereiche 74 Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr. Synergieeffekte machen ihn zum 75 wertvollen Energieträger eines energieeffizienten Gesamtsystems – ganz ohne 76 fossile Energiequellen.

Begründung

erfolgt mündlich

Unterstützer*innen Ursula Sowa (MdL, KV Bamberg-Stadt), Dr. Andreas von Heßberg (KV-Bayreuth-Land), KV Lichtenfels (KV Lichtenfels) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A14 Kein Zentimeter den Rechtsextremisten und Rassisten - Entschiedenes Vorgehen gegen Rechtsextremismus und breite Bündnisse gegen Rechtspopulismus.

Antragsteller*in: Katharina Schulze, MdL (KV München), Cemal Bozo?lu, MdL (KV Augsburg) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019 ist eine 2 Zäsur für unser Land. Erstmals seit 1945 wurde ein amtierender Politiker durch 3 einen Rechtsradikalen umgebracht. Förmlich reflexartig wurde durch einige Kreise 4 infolgedessen auch die These verfochten, dass es sich um die Tat eines 5 Einzeltäters oder einer isolierten Zelle handeln könnte. Dass dieser 6 Gedankengang realitätsfern ist, wissen wir seit dem NSU. Die 7 nationalsozialistische Terrorgruppe hatte deutlich gemacht, mit welchem braunen 8 Sumpf wir konfrontiert sind und wie gefährlich die rechte Szene ist. Fünf der 9 zehn NSU-Mordopfer kamen aus Bayern. Rechtsextreme Straf- und Gewalttaten 10 steigen seit Jahren an.

11 Mittlerweile sitzt eine rassistische und in erheblichen Teilen rechtsextreme 12 Partei im Deutschen Bundestag und auch im Bayerischen Landtag. Bei den jüngsten 13 Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg ist sie sogar jeweils auf dem zweiten 14 Platz gelandet. Im Vergleich zur Europawahl hat sie in beiden Bundesländern 15 zugelegt. Wenn mehr als ein Viertel der Bevölkerung nun eine solche Partei 16 wählen kann, zeigt uns diese Entwicklung die Brisanz dieses Themas. Die Gefahr 17 von rechts wird größer. Die AfD fungiert als parlamentarischer Arm der 18 rechtsextremistischen Szene und schafft zusammen mit unseriösen Pseudomedien ein 19 brandgefährliches Klima. Es hat darüber hinaus eine Diskursverschiebung nach 20 rechts in unserer Gesellschaft stattgefunden. Auch online wird gehetzt – und 21 irgendwann kommt es dann von den Worten zur Tat. Wir sehen nur zu genau: Die 22 Personen in den diversen rechten Strukturen kennen sich, tauschen sich aus, 23 stacheln sich an und bejubeln sich nach ihren widerwertigen Taten. Unser Land 24 steht vor einer großen Herausforderung, welche wir GRÜNE sehr ernst nehmen. Die 25 Verharmlosung des Rechtsradikalismus ist eine Gefahr, der wir entschieden 26 begegnen werden. 27 28 Die Grüne Landtagsfraktion macht jedes Jahr ein Lagebild Rechtsextremismus in 29 Bayern. Das aktuelle von 2018 gibt erneut Anlass zur Sorge. Im vergangenen Jahr

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30 ereigneten sich jeden Tag statistisch gesehen durchschnittlich fünf 31 rechtsextremistisch motivierte Straftaten in Bayern, die fremdenfeindliche 32 Kriminalität hat sich auf einem viel zu hohen Niveau stabilisiert und die Anzahl 33 der antisemitischen Straftaten und die Hasskriminalität im Internet sind sogar 34 sprunghaft angestiegen. Die rechtsextreme und die sogenannte Reichsbürger*innen- 35 Szene in Bayern agieren heute zunehmend vernetzter und radikaler und haben 36 Anschluss an eine breite rechte Bewegung.

37 In Bayern gibt es laut Auskunft des Innenministeriums rund 1.200 gewaltbereite 38 Rechtsextreme. Zahlreiche mit Haftbefehl gesuchte bayerische Neonazis sind 39 untergetaucht. Neonazis fahren regelmäßig zu Schießtrainings ins Ausland, 40 organisieren Kampfsportevents und Konzerte für die militante Szene. Diese 41 Tendenzen zeigen, dass nach wie vor ein erhebliches Gefährdungspotenzial von der 42 rechtsextremen Szene ausgeht. 43 44 Der Umgang mit dem NSU-Terrorismus hat uns weiterhin gezeigt, dass die 45 staatlichen Sicherheitsapparate große Schwächen bei der Bekämpfung der 46 rechtsextremistischen Gewalt hatten. Diese Defizite sind bis heute nicht 47 vollständig behoben - eine tiefgehende Verbesserung muss endlich erfolgen!

48 Die Asylpolitik der Staatsregierung verschärft die Situation zusätzlich. Sie 49 nimmt Menschen Perspektiven, erschwert ihre Integration und sorgt bei 50 Betroffenen für seelische Belastungen. Ein solches Agieren ist Wasser auf den 51 Mühlen der Rechtspopulist*innen, die hilfesuchende Menschen als Belastung oder 52 Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen wollen.

53 All dem muss von Anfang an Einhalt geboten werden. Rechter Hetze, Rassismus und 54 Gewalt muss mit allen geeigneten rechtsstaatlichen und gesellschaftspolitischen 55 Mitteln entgegengetreten werden. Es geht darum, Demokratie und 56 Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu verteidigen, Toleranz und Solidarität zu 57 verstärken, gewalttätige Neonazis hinter Gitter zu bringen und die geistigen 58 Brandstifter*innen der AfD als Stichwortgeber für den brauen Terror zu 59 entlarven.

60 Auch der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit aus Teilen der migrantischen 61 Communities sagt Grüne Politik entschieden die rote Karte. Re-Ethnisierung, 62 religiöse Radikalisierung, gesellschaftliche Segregation, Feindlichkeit 63 gegenüber Minderheitengruppen, antisemitische Tendenzen und auch die Propaganda 64 antidemokratischer Staatsführer wie Erdoğan oder Putin auf Kosten des 65 harmonischen Zusammenlebens in Deutschland sind nicht hinnehmbar. Unser Grünes 66 Bayern ist auch der Kontrast hierzu.

67 Insbesondere Internet und soziale Netzwerke sind vielfach von Hass und Hetze 68 geprägt. Dort werden immer öfter Personen, soziale Gruppen oder ganze 69 Berufsstände wie Journalist*innen beleidigt und bedroht, wenn sie sich für

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70 Toleranz und Demokratie einsetzen oder Rechtspopulismus und Rechtsextremismus 71 als Bedrohung benennen. Wir GRÜNE stellen uns mit aller Entschiedenheit gegen 72 jede Form und Androhung rechtsextrem bzw. rassistisch motivierter Gewalt. Wir 73 sprechen all jenen Personen, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres 74 Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, aufgrund ihrer sexuellen 75 Identität oder ihres politischen bzw. humanitären Engagements von rechtsextremer 76 bzw. rassistischer Gewalt bedroht werden, unsere volle Solidarität aus.

77 Die Bekämpfung des wachsenden Rechtsextremismus und des rechten Terrors hat bei 78 uns hohe Priorität. Wir verurteilen die rechtsextreme und rassistische Hetze 79 aufs Schärfste. Dass rechtsextreme Gruppierungen zudem an historisch besetzten 80 Orten wie dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg Fackelmärsche inszenieren 81 können ist ein Unding. Ebenso, dass sich die Bayerische Staatsregierung nicht 82 eindeutig für ein Verbot der rechtsterroristischen Vereinigung ‚Combat 18‘ 83 einsetzt oder Menschen, deren Namen auf sogenannten „Feindeslisten“ rechter 84 Gruppierungen auftauchen, hierüber nicht informiert. Menschen und Institutionen 85 haben das Recht es zu erfahren, wenn sie im Visier von rechtem Terror sind. 86 87 Es erfordert unser gemeinsames, entschiedenes Engagement, damit es niemand 88 schafft, das friedliche Zusammenleben in Bayern zu sabotieren. Das ist unsere 89 Grüne Grundüberzeugung. Bayern ist und bleibt bunt. Unsere Vielfalt ist unsere 90 Stärke. 91 92 Vielerorts stellen sich zivilgesellschaftliche Initiativen, viele engagierte 93 Menschen in Kommunen, Behörden, Parteien, Vereinen, Verbänden, Religions- und 94 Weltanschauungsgemeinschaften, Jugendverbänden oder 95 Migrant*innenselbstorganisationen dem Hass entgegen und leisten unschätzbar 96 wertvolle Arbeit für unsere Demokratie. Ihren Einsatz zur Stärkung unserer 97 Demokratie unterstützen wir ausdrücklich und sagen Danke. Dieser Einsatz muss 98 auch strukturell gefördert werden. Diesen Einsatz für eine offene und tolerante 99 Gesellschaft gilt es gemeinsam zu unterstützen, um damit unsere Demokratie zu 100 stärken. Wir wissen, die beste Antwort auf die rechte und rassistische Gesinnung 101 ist eine weltoffene Grundeinstellung und ein Umgang, bei dem jedem Menschen 102 vorurteilsfrei und solidarisch begegnet wird. Humanität statt Hass; das ist 103 integraler Bestandteil Grüner Politik. 104

105

106 Wir Grüne fordern deswegen:

107 die CSU-FW-Regierung auf, alle ihr möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um 108 ein Verbot der militanten neonazistischen Gruppierungen „Die Rechte“, „Der 109 III. Weg“, Combat 18 und Ku-Klux-Klan durchzusetzen;

110 die Schaffung einer landesweiten Antidiskriminierungsstelle, wie sie 111 bereits in mehreren Bundesländern Realität ist. Diese soll kommunale 112 Initiativen in Bayern vernetzen und unterstützen;

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113 die Einrichtung einer landesweit zentralen Beratungsstruktur für Opfer 114 rechtsextremer, antisemitischer und rassistischer Gewalt in Bayern;

115 die Bekämpfung des wachsenden Rechtsextremismus mit zur obersten Priorität 116 der bayerischen Sicherheitsbehörden zu machen;

117 eine bessere länderübergreifende Zusammenarbeit der Bundes- und 118 Landeskriminalämter sowie der Verfassungsschutzbehörden, um Aktivitäten 119 von rechtsextremistischen Gruppierungen besser und früher erkennen und 120 verhindern zu können; im Rahmen einer Aufgabenkritik die Ressourcen der 121 Polizei neu zu verteilen, um den Fahndung- und Ermittlungsdruck auf die 122 rechte Szene zu verstärken, um damit die bereits begangenen Taten 123 schneller aufzuklären und potenzielle Nachahmer*innen abzuschrecken;

124 den Verfassungsschutz zu reformieren und umzustrukturieren: Die 125 nachrichtendienstlichen Tätigkeiten wollen wir auf ein Minimum reduzieren 126 und die neue Behörde wird enger mit Wissenschaft sowie der 127 Zivilgesellschaft zusammenarbeiten;

128 wachsam bzgl. rechtsradikal motivierter Personen innerhalb der staatlichen 129 Sicherheitsapparate zu sein und mehr demokratiefördernde und 130 rassismuskritische Inhalte in der Polizeiausbildung zu verankern;

131 Konsequenzen aus der NSU-Aufklärung beim Verfassungsschutz und den 132 Ermittlungsbehörden zu ziehen: Einsetzung einer NSU-Kommission im 133 Bayerischen Landtag zur Implementierung der Konsequenzen aus dem NSU- 134 Untersuchungsausschuss;

135 den wirksamen Schutz von bedrohten Einrichtungen, wie 136 Flüchtlingsunterkünften, Synagogen oder Moscheen;

137 eine strenge Kontrolle des Einsatzes privater Sicherheitsdienste in 138 Geflüchtetenunterkünften, um zu verhindern, dass dort Personen aus der 139 rechten Szene eingesetzt werden, sowie klare Vorgaben zur Qualifizierung 140 des Personals und zur Einhaltung von umfangreichen Qualitätsstandards;

141 eine Bildungsoffensive gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie für die 142 interkulturelle Bildung. Demokratische und politische Bildung muss früh 143 beginnen: In den Stundentafeln des bayerischen Schulsystems, aber auch im 144 Bereich von Kitas und Kindergärten besteht erheblicher Nachholbedarf, 145 ebenso in der Ausbildung der Lehrer*innen, Erzieher*innen und weiterer 146 pädagogischer Fachkräfte;

147 Prävention und politische Bildung sind nicht Aufgabe des

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148 Verfassungsschutzes, weswegen wir ihm diese Zuständigkeiten entziehen 149 wollen;

150 ein enges Unterstützungs- und Beratungsangebot zum Umgang mit Rassismus 151 und rechter Ideologie in Bildungseinrichtungen, staatlichen Behörden und 152 Verwaltungen sowie im breiten Verbands- und Vereinsleben;

153 dass Anbieter von Internetforen und sozialen Netzwerken strafbaren „Hate 154 Speech“ schnell prüfen und unverzüglich löschen müssen. Urheber*innen 155 müssen stärker als bislang ermittelt und ihre Kommentare zur Anzeige 156 gebracht und geahndet werden können;

157 Eine virtuelle Polizeiwache für Bayern, bei der Menschen ‚Hate-Speech‘ im 158 Netz schnell und unkompliziert anzeigen können;

159 das bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus – unter 160 Einbeziehung von Wissenschaft und Zivilgesellschaft – zu evaluieren und 161 weiterzuentwickeln;

162 ein bayerisches Förder- und Aktionsprogramm zur Unterstützung 163 zivilgesellschaftlicher Initiativen aufzulegen, die sich gegen 164 Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus oder andere Formen 165 Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit engagieren.

Unterstützer*innen Claudia Roth, MdB (KV Augsburg), Ekin Deligöz, MdB (KV Neu-Ulm), Andreas Krahl, MdL (KV Weilheim), Hep Monatzeder, MdL (KV München), Barbara Fuchs, MdL (KV Fürth), Ursula Sowa, MdL (KV Bamberg), , MdL (KV Nürnberg), Tim Pargent, MdL (KV Bayreuth-Stadt), Gabriele Triebel, MdL (KV Landsberg am Lech), Thomas Gehring, MdL (KV Oberallgäu), Sebastian Hansen (KV Würzburg-Land), Axel Kuckelkorn (KV Fürstenfeldbruck), Matthias Lorentzen (KV Augsburg), Helga Stieglmeier (KV Erding), Sophie Harper (KV München-Stadt), Heidi Terpoorten (KV Dillingen), Melanie Melitta Hippke (KV Augsburg), Franziska Büchl (KV München), Gülseren Karaca (KV Augsburg), Wolfgang Urban (KV Augsburg), Fiona Strauß (KV Augsburg), Markus Schnitzler (KV Augsburg), Reiner Erben (KV Augsburg), Florian Kraus (KV München-Stadt), Serdar Akin (KV Augsburg), Patrick Friedl, MdL (KV Würzburg) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A15 Unterstützung von Anträgen nach deren Einreichung in Antragsgrün ermöglichen

Antragsteller*in: Jens Backert (KV Lichtenfels) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Die LDK spricht sich dafür aus, die Unterstützung von Anträgen auch nach deren 2 Einreichung in Antragsgrün zu ermöglichen.

Begründung

Im Moment ist es nicht möglich Anträge nach deren Einreichung in Antragsgrün zu unterstützen.

Dies sollte geändert werden, damit eine breitere Unterstützerbasis gefunden werden kann. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A16 Eine Gesundheitsversorgung, auf die man sich überall verlassen kann, braucht einen Systemwechsel

Antragsteller*in: Manuela Rottmann (KV Bad Kissingen) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 In Deutschland sind alle Bürger*innen verpflichtet, Mitglied in einer 2 Krankenkasse zu sein. Der Pflicht sich zu versichern, steht jedoch keine 3 verlässlich geregelte, einklagbare Gegenleistung gegenüber und der Träger dieser 4 Pflicht ist als Ansprechpartner weder sichtbar noch erreichbar. Um die 5 Gesundheitsversorgung in der Fläche – insbesondere auf dem Land - verlässlich zu 6 gestalten, fordern wir einen Systemwechsel im Gesundheitswesen.

7 Die medizinische Versorgung auf dem Land ist auf dem Rückzug. Das gilt für die 8 ambulante und für die stationäre Versorgung. Das hat zwei Gründe: Der eine Grund 9 liegt in der demografischen Auseinanderentwicklung der Räume in Deutschland. 10 Während die Ballungsräume stark wachsen und sich verjüngen, geht die Bevölkerung 11 auf dem Land überdurchschnittlich stark zurück, bei steigendem 12 Altersdurchschnitt. Dadurch nimmt vielerorts auch das Angebot an öffentlich 13 bereit gestellter Mobilität ab. Entfernungen werden größer und sind ohne eigenes 14 Auto schwerer zu überwinden.

15 Diese demografische Entwicklung trifft auf eine Finanzierung im 16 Gesundheitswesen, die heute vor allem von der Menge der Leistungen abhängt: Das 17 gilt für die Apotheken, deren Einnahmen ganz überwiegend von der Menge der 18 abgegebenen Medikamente abhängen. Das gilt auch für Krankenhäuser, die darauf 19 angewiesen sind, viele Fallpauschalen mit möglichst hohem Schweregrad 20 abzurechnen und so ein im Voraus mit den Kassen vereinbartes Budget möglichst 21 genau zu treffen. Technisch aufwändige Komplexmedizin wird besser vergütet als 22 die Grund- und Notfallversorgung. Haus- und Fachärzte profitieren überdies 23 davon, möglichst viele Privatpatienten in ihrem Patientenstamm zu halten. 24 Allerdings finden sich Privatpatienten vor allem in den Ballungsräumen. Auf dem 25 Land ist der ältere, das heißt behandlungsintensive, gesetzlich Versicherte der 26 Normalpatient.

27 Wo das Krankenhaus schließt oder sich als privatisiertes Haus auf gut vergütete 28 Medizin beschränkt und aus der Grundversorgung zurück zieht, hat das auch Folgen 29 für die weitere Versorgung: Die Abdeckung des notärztlichen Dienstes wird

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30 schwieriger. Vor- und Nachsorgehebammen, die vorher Teilzeit in der 31 Geburtsklinik gearbeitet haben, verschwinden aus der Region. Die Rekrutierung 32 von Praxisnachfolgerinnen und -nachfolgern aus den Krankenhausärztinnen und - 33 ärzten ist nicht mehr möglich. Wenn die Hausarztpraxen schließen, folgen die 34 Apotheken. Vor allem aber: Die Fahrtzeiten zur Akut- und Notfallversorgung 35 werden immer länger, die Kosten und die Belastung der Patientinnen und Patienten 36 durch den Transport steigen.

37 Die fallzahlunabhängige Vorhaltung von Leistungen, d. h. die Tatsache, dass eine 38 Einrichtung einfach vorhanden ist und geöffnet hat, etwa eine Notfallambulanz im 39 Krankenhaus mit der erforderlichen Personalausstattung und Technik, wird nicht 40 vergütet. Ebenso wenig das, was medizinisch überall sinnvoll sein kann, nämlich 41 Gespräche ohne Verordnung. Auch die Überwindung von Entfernungen wird nicht 42 ausreichend finanziert. Hausbesuche sind schlecht vergütet und werden daher 43 immer weniger angeboten. Über die räumliche Lage anderer Angebote, etwa die 44 Verteilung des Bereitschaftsdienstes der Apotheken oder Ort von zentralisierten 45 Bereitschaftspraxen entscheiden die Selbstverwaltungen, also die 46 Apothekerkammern oder die Kassenärztliche Vereinigung. Gesetzlich definiert ist 47 sie nicht.

48 Die aktuelle Gesundheitspolitik im Bund und in Bayern scheitert daran, den 49 Pflichtversicherten auf dem Land ein verlässliches Grundangebot zu 50 gewährleisten. Wenn der Hausarzt keinen Nachfolger findet, wenn die 51 Geburtsklinik schließt, bleiben die Patientinnen und Patienten mit ihren Sorgen 52 alleine. Die nunmehr benannten bundesweit 120 Krankenhäuser, die vom Gemeinsamen 53 Bundesausschuss als bedarfsnotwendige ländliche Krankenhäuser identifiziert 54 wurden, erhalten zukünftig aus dem Topf der Krankenkassen einen 55 Sicherstellungszuschlag von 400.000 Euro pro Jahr. Angesichts der 56 Millionendefizite in den meisten Kliniken in Bayern ist klar, dass solche 57 Pauschalbeträge die Standorte nicht langfristig sichern werden. Die bayerische 58 Staatsregierung hat einen sogenannten Rettungsschirm für kleine Krankenhäuser 59 angekündigt: Dort sollen begrenzt auf fünf Jahre bis zu 85 Prozent des Defizits 60 von Kliniken aus Steuermitteln übernommen werden (maximal jedoch eine Million 61 Euro, bei Kooperationen zwei Millionen Euro), unter der Voraussetzung, dass die 62 Krankenhäuser in dieser Zeit ein Konzept entwickeln, wie sie in Zukunft 63 wirtschaftlich werden. Beide Programme stellen jedoch nicht die Systematik der 64 Leistungsfinanzierung durch Fallpauschalen in Frage und auch nicht die 65 unzureichende Investitionsfinanzierung durch den Freistaat, und damit die 66 Ursachen dafür, dass seit Jahren knapp die Hälfte aller bayerischen 67 Krankenhäuser Defizite erwirtschaftet. Gleichzeitig steht mit der Reform der 68 Vergütung der Notfallambulanzen ein weiterer unsystematischer Abbau in der 69 stationären Akutversorgung bevor, vor allem auf dem Land. Denn kleine Häuser 70 werden die nötigen Investitionen in Personal und Ausstattung nicht leisten und 71 auch mit den (zum Glück) wenigen Notfällen in ihrem Einzugsbereich nicht 72 refinanzieren können. Auch die Zahl der Krankenhäuser, die 73 Schlaganfallkomplexbehandlungen abrechnen können, wird drastisch sinken, obwohl

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74 die dafür vorgeschriebene Ausstattung nur für eine Minderheit der 75 Schlaganfallpatientinnen und -patienten erforderlich ist, um sie rechtzeitig gut 76 zu versorgen. All diese Menschen werden auf weiter entfernte Zentren mit höherer 77 Ausstattung verwiesen werden. Für die Frage, ob die Rettungsdienste solche 78 weiter entfernt liegenden Zentren dann werden erreichen können, fühlt sich 79 niemand zuständig. Die von Bund und Land verteilten Mittel bekämpfen also 80 allenfalls auf Zeit Symptome. Gleichzeitig schreitet der Abbau von 81 Versorgungskapazität auf dem Land mit großen Schritten voran.

82 Wir Grüne sind der Auffassung, dass wir die Art und Weise der Finanzierung und 83 der Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen grundlegend reformieren müssen. 84 Dass die Politik ihre Verantwortung für ein verlässliches Grundangebot für alle 85 Versicherten in Bayern, egal wo sie leben, endlich wahrnehmen muss, anstatt 86 Placebos zu verteilen.

87 Für eine verlässliche Gesundheitsversorgung vor Ort braucht Bayern eine 88 brauchbare planerische Grundlage – eine Krankenhausplanung, die Erreichbarkeit, 89 Qualität und Effizienz etwa durch verbindliche Vorgaben für die Ausstattung und 90 die Öffnungszeiten von Notfallambulanzen räumlich definiert und durchsetzt und 91 die regionale Versorgung nicht dem Zufall der Leistungsfähigkeit und 92 Leistungsbereitschaft des jeweiligen Krankenhausträgers überlässt. Die Frage, 93 wie Patientinnen und Patienten zu ihrer Versorgung kommen, darf nicht länger ihr 94 Privatproblem bleiben – gerade in Bayern, wo das Nahverkehrsangebot gerade in 95 der Fläche bundesweit besonders schlecht ist.

96 Für eine verlässliche Gesundheitsversorgung vor Ort muss die 97 Leistungsfinanzierung umgestellt werden. Planerisch definierte 98 Vorhalteleistungen müssen ausreichend aus dem Budget der Krankenkassen 99 finanziert werden. Es kann nicht sein, dass bundesweit kaum eine Kinderklinik 100 kostendeckend arbeiten kann. Es kann nicht sein, dass Krankenhäuser dazu 101 gedrängt werden, unnötige, aber gut finanzierte Operationen durchzuführen, um 102 aus den Erträgen die Geburtsklinik oder die Öffnungszeiten der Notaufnahme 103 finanzieren zu können. Und es kann nicht sein, dass die wohnortnahe Versorgung 104 davon abhängt, wie das Steueraufkommen vor Ort ist, obwohl die Versicherten 105 überall dieselben Beitragspflichten haben. Gerade in strukturschwachen Regionen 106 ist das örtliche Steueraufkommen oft so niedrig, dass Kommunen besonders große 107 Schwierigkeiten haben, die Defizite aus der Aufrechterhaltung der schlecht 108 vergüteten Grund- und Akutversorgung zu tragen. Gerade dort, wo niedergelassene 109 Ärztinnen und Ärzte fehlen, fällt es den Kommunen oft besonders schwer, mit 110 eigenen Investitionen in Ärztehäuser diese Lücke zu füllen.

111 Um den ländlichen Raum nicht in den absehbaren Ärtzemangel laufen zu lassen, 112 müssen jetzt durch den Bund realistische Bedarfszahlen festgesetzt werden, die 113 das Alter der noch praktizierenden Ärztinnen und Ärzte bei der Zulassung neuer 114 Arztsitze und die tatsächlichen Bedarfe durch eine vor allem auf dem Land älter

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115 werdende Bevölkerung und den gestiegenen Untersuchungs-, Impf- und 116 Behandlungsbedarf von Kindern berücksichtigen.

117 Schließlich wollen wir die organisierte Unverantwortlichkeit im 118 Gesundheitssystem beenden, indem wir die Entscheidungen über die Grundversorgung 119 in einer Region wieder zu den Menschen und zu den von ihnen gewählten kommunalen 120 Vertretern bringen. Wir wollen die Landkreise aus der Rolle der faktisch 121 hilflosen Träger der Gewährleistungsverantwortung für die stationäre Versorgung 122 befreien: Heute sind die Landkreise entweder dazu verdammt, die durch 123 Entscheidungen auf Bundesebene entstehenden Defizite auszugleichen, um die 124 Grund- und Akutversorgung in ihrem Landkreis zu retten, oder – wo die 125 Krankenhäuser privatisiert sind – haben sie überhaupt keine 126 Handlungsmöglichkeiten mehr. Wir wollen Gesundheitsregionen schaffen, in denen 127 Selbstverwaltung, Krankenkassen und zuständige Kommunen an einem Tisch sitzen 128 und gemeinsam die Grundversorgung gestalten und dafür auch Mittel von den Kassen 129 erhalten. Vor Ort, nah bei den Menschen können demokratisch legitimierte 130 Vertreter der Bevölkerung die Verantwortung für die Gestaltung der 131 Grundversorgung innerhalb des bundes- und landesplanerisch vorgegebenen Rahmens 132 am besten wahrnehmen. Vor Ort ist klar, wo die Nahverkehrsverbindungen 133 ausreichend sind und wo die Mobilität der Patientinnen und Patienten zum Arzt 134 auf andere Weise sichergestellt werden muss. Vor Ort ist auch die nötige 135 Verzahnung mit den Rettungsdiensten und anderen Mobilitätsangeboten möglich, für 136 die Bund und Land derzeit keine Verantwortung übernehmen.

137 1. Die Versorgung wollen wir aus der Sicht der Patientinnen und Patienten 138 planen: Dazu wollen wir bundesgesetzlich festschreiben, welche 139 Maximalentfernungen vom Wohnort für die Grund- und Akutversorgung in der 140 Regel und im ganzen Land einzuhalten sind. Jeder Versicherte muss sich 141 darauf verlassen können, dass eine Schlaganfallversorgung für ihn oder sie 142 rechtzeitig erreichbar ist, egal ob er im Ballungsraum wohnt oder auf dem 143 Land.

144 2. Die wohnortnahe Bereitstellung von stationärer Grund- und Akutversorgung 145 ist im System der Fallpauschalen nicht kostendeckend möglich. Gleichzeitig 146 setzt dieses System zu viele Fehlanreize und führt so zu 147 Mittelverschwendung. Es unterstützt die weitere Privatisierung des 148 Gesundheitswesens und benachteiligt öffentliche Träger, die sich der 149 Daseinsvorsorge für die Bevölkerung verpflichtet fühlen. Wir wollen 150 stattdessen eine Finanzierung der Leistungen durch die Krankenkassen, die 151 auch die Vorhaltung der stationären Grund- und Akutversorgung in der 152 Fläche auskömmlich finanziert und Budgetgrenzen überwindet. Die 153 systematische Unterfinanzierung von Notfallambulanzen, Geburtskliniken und 154 Grundversorgungsabteilungen und der Zwang zur Quersubventionierung durch 155 hochtechnisierte, elektive Medizin müssen beendet werden. Wir wollen eine 156 Leistungsfinanzierung, die es wieder erlaubt, das medizinisch Notwendige 157 zu verordnen, und nicht vorwiegend das Abrechenbare. Der ländliche Raum

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158 soll dabei eine Vorreiterrolle für eine neue Abrechnungssystematik und 159 eine finanzielle Verknüpfung von ambulanter und stationärer Versorgung 160 übernehmen.

161 3. Wir wollen eine verbindliche Krankenhausplanung durch den Freistaat 162 Bayern, die die nach dem bundesgesetzlichen Mindestversorgungsstandard 163 notwendigen Kapazitäten für die Grund- und Akutversorgung in der Fläche 164 definiert. Der Krankenhausplan muss das verbindliche Versorgungsprogramm 165 enthalten, auf das sich die Versicherten überall in Bayern verlassen 166 können.

167 4. Wir wollen, dass der Freistaat Bayern die Investitionsbedarfe der im 168 Krankenhausplan vorgesehenen Krankenhäuser vollständig aus Steuermitteln 169 finanziert. Nach jahrelangen Kürzungen ist der Investitionsstau enorm. Die 170 hierfür vorgesehenen Mittelerhöhungen sind nicht ausreichend. Wenn ein 171 erheblicher Teil der bayerischen Krankenhäuser dauerhaft Defizite 172 schreibt, so liegt dies auch daran, dass die Krankenhäuser gezwungen sind, 173 Eigenmittel zu investieren, die eigentlich für die Versorgung der 174 Patientinnen und Patienten vorgesehen sind. Investitionsmittel sind heute 175 in Bayern zu gering, und sie werden nicht nach planerischen Kriterien, 176 sondern mit der Gießkanne verteilt.

177 5. Die Schließung von Krankenhäusern oder einzelnen Abteilungen darf nicht 178 mehr allein davon abhängig gemacht werden, ob der zuständige Träger weiter 179 finanziell in der Lage und willens ist, das Angebot aufrecht zu erhalten. 180 Wir wollen, dass das Land am Maßstab der verbindlichen Krankenhausplanung 181 vorab prüft, ob das zur Disposition stehende Angebot aus Sicht der 182 Patientinnen und Patienten verzichtbar oder ersetzbar ist durch ein 183 Angebot an anderer Stelle oder in einer anderen Versorgungsstufe. Dabei 184 ist auch zu prüfen, ob die Kapazitäten in anderen, erreichbaren 185 Krankenhäusern ausreichen, um die von der Schließung betroffene 186 Bevölkerung mitzuversorgen.

187 6. Im niedergelassenen Bereich wollen wir, dass der Bund zügig die 188 Bedarfsermittlung für Haus- und Kinderärztinnen und -ärzte an die 189 Wirklichkeit anpasst. Die reale Bevölkerungszusammensetzung und - 190 entwicklung sowie das tatsächliche Alter der bereits niedergelassenen 191 Ärztinnen und Ärzte müssen dabei berücksichtigt werden. So wollen wir 192 verhindern, dass Regionen weiterhin für Neuzulassungen gesperrt werden, in 193 denen ein Versorgungsmangel tatsächlich bereits besteht oder absehbar ist.

194 7. Wir wollen die unterschiedliche Vergütung von Leistungen für privat und 195 gesetzlich Versicherte durch den Wechsel zu einer Bürgerversicherung für 196 alle beenden. Denn die unterschiedliche Vergütung fördert die Abwanderung 197 des Angebots aus der Fläche.

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198 8. Wir wollen, dass verlässliche Vorgaben für die Versorgungsstandards und 199 eine ausreichende Finanzierung durch Bund und Land einhergehen mit einer 200 Stärkung der Rolle der Kommunen für die Umsetzung der verlässlichen 201 Versorgung für ihre Bevölkerung vor Ort. Mittelfristig wollen wir die 202 flächendeckende Gründung von echten Gesundheitsregionen, in denen die 203 zuständige kommunale Ebene, die Krankenkassen und die Selbstverwaltung der 204 Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker sowie weiterer 205 medizinischer Berufe in enger Verzahnung mit weiteren Akteuren wie den 206 Rettungszweckverbänden die regionale Sicherstellung des 207 Mindestversorgungsstandards gemeinsam verabreden. Dazu muss die zuständige 208 kommunale Ebene die erforderliche dauerhafte Ausstattung mit kompetentem 209 Personal erhalten. Aus den Versicherungsbeiträgen müssen insbesondere 210 ländlichen Gesundheitsregionen Mittel zur selbständigen Schließung von 211 Versorgungslücken zur Verfügung gestellt werden. Wenn die 212 Sicherstellungsverantwortung für die ambulante Versorgung von den heute 213 zuständigen Selbstverwaltungen nicht wahrgenommen wird, muss die 214 Zuständigkeit auf die Gesundheitsregionen übergehen.

215 9. Qualitätsmessungen auf Bundesebene für Krankenhäuser, die nur die 216 Versorgungsqualität ab der Krankenhausschwelle einbeziehen, ignorieren die 217 Risiken, die für Patientinnen und Patienten durch immer weitere Wege 218 entstehen. Eine top ausgestattete Abteilung, die oft nur für einen 219 geringen Teil der Fälle erforderlich ist, nützt den Patientinnen und 220 Patienten nichts, wenn sie diese nicht mehr rechtzeitig erreichen können. 221 Wir fordern, dass die Nachteile aus schlechterer Erreichbarkeit und 222 Aufwand und Belastung aus Transport und Verlegung von Patientinnen und 223 Patienten mit in die Qualitätsbewertung einbezogen werden. 224 Versorgungsstandards, die nur für einen geringen Anteil der Menschen einer 225 bestimmten Diagnose erforderlich sind, dürfen nicht zur Voraussetzung für 226 die Vergütung sämtlicher Diagnosen für Menschen mit dieser Diagnose 227 definiert werden.

Unterstützer*innen Ekin Deligöz MdB (KV Neu-Ulm), Stefan Wagener (KV Aschaffenburg), Beate Walter- Rosenheimer MdB (Kreisverband Fürstenfeldbruck), Erhard Grundl MdB (KV Passau Land), Matthias Lewin (KV Haßberge), Christina Haubrich MdL (KV Aichach-Friedberg), Stefan Schmidt MdB (Kreisverband Regensburg-Stadt), Claudia Köhler MdL (KV München), Barbara Fuchs MdL (KV Fürth), Andreas Krahl MdL (KV Altötting), Matthias Mittag (KV Regensburg), Katharina Wittig (KV München), Harald Lenz (KV Günzburg), Thomas Gehring MdL (KV Oberallgäu), Fabian Hamak (KV Bad Kissingen), Tobias Eichelbrönner (KV Bad Kissingen), Stefan Lada-Themann (KV Kelheim), Bettina Hauser (KV Fürstenfeldbruck), Nicolas Kahl (KV Nürnberg), Mike Bock (KV Nürnberg), Doris Kubista (KV München), Markus Kubista (KV München), Constantin Jahn (KV München),

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Dagmar Günther (KV Kelheim), Felix Groß (KV Garmisch-Partenkirchen), Christoph Braun (KV München), Marcel Kunz (KV Fürstenfeldbruck), Norbert Waibel (KV München), Markus Heurung (KV Bad Kissingen), Birgit Reder-Zirkelbach (KV Rhön-Grabfeld), Christoph Appel (KV Haßberge), Petra Winter (KV Bad Kissingen), Martin Mühleck (KV Bad Kissingen), Monika Horcher (KV Bad Kissingen), Hans-Jürgen Traussneck (KV Haßberge), Johannes Jessenberger (KV Rhön-Grabfeld), Martin Eisenmann (KV Bad Kissingen), Claudia Dünninger (KV Haßberge) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A17 5G als Chance für die digitale Zukunft in Stadt und Land

Antragsteller*in: Landesvorstand, Benjamin Adjei MdL (KV München-Land) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wir GRÜNE in Bayern setzen uns dafür ein, dass technischer Fortschritt gefördert 2 wird. Wir wollen den digitalen Wandel gestalten, die Chancen der Digitalisierung 3 nutzen und gleichzeitig die Risiken minimieren. Ein schneller und 4 flächendeckender Ausbau der digitalen Infrastruktur ist dabei entscheidend für 5 die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Bayerns und bringt neue 6 Lösungen und Möglichkeiten zur Bewältigung der Klimakrise. Dafür wollen wir die 7 Rahmenbedingungen setzen.

8 5G ist Mobilfunk der nächsten – der fünften – Generation und ein entscheidender 9 Baustein für eine erfolgreiche Digitalisierung. Mit ihm lassen sich deutlich 10 schneller und mit reduzierter Latenz Daten übertragen, sozusagen in Echtzeit. 11 Diese Echtzeitdaten brauchen etwa vernetzte Mobilität und intelligente 12 Stromnetze und auch telemedizinische Angebote auf dem Land. Gerade im ländlichen 13 Raum setzen wir uns für ein flächendeckendes Mobilfunknetz ein, damit die 14 Potentiale für Innovation, wirtschaftliche Entwicklung und eine vernetzte 15 Gesellschaft genutzt und gleichwertige Lebensverhältnisse gefördert werden. Nur 16 mit modernster Infrastruktur können wir verhindern, dass ganze Landstriche 17 abgehängt werden, und unseren Lebenswandel von einem immer weiter steigenden 18 Ressourcenverbrauch entkoppeln.

19 Wir setzen uns für einen flächendeckenden Ausbau von LTE und 5G ein. Denn nur 20 mit Mobilfunkempfang an jeder Milchkanne wird kein Ort abgehängt und bleiben 21 Lebensqualität und Wirtschaftskraft überall erhalten. Statt die Milliardenerlöse 22 der Frequenzversteigerung in bislang ungenutzte Breitbandfördertöpfe zu stecken, 23 müssen die Gelder direkt in den Ausbau des Mobilfunknetzes in ländlichen und 24 schlecht ausgebauten Bereichen investiert werden. Nur so gelingt es, den 25 schleppenden Ausbau voranzutreiben. Darüber hinaus wollen wir, die bisher für 26 die Industrie reservierten Frequenzbereiche, schnellstmöglich für Unternehmen, 27 die ihre Werksgelände mit 5G ausstatten wollen, nutzbar machen. Die bayerische 28 Industrie braucht 5G und soll als Partnerin für den zügigen Ausbau gewonnen 29 werden.

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30 Um ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen, brauchen wir zudem eine 31 flächendeckende Glasfaserinfrastruktur bis zu jedem Gebäude (FTTB), denn 32 schneller Mobilfunk funktioniert nur, wenn die Daten genauso schnell 33 weiterlaufen. Wir stellen uns dabei gegen einen Ausbau mit Vectoring, der nur 34 Tuning von veralteten Kupferkabeln ist. Zudem darf ein funktionierendes 5G-Netz 35 kein Ersatz für den Anschluss von Ortschaften ans Glasfasernetz sein.

36 Gleichzeitig wollen wir den Ausbau von Mobilfunk auch kritisch begleiten, 37 politisch gestalten und für soziale und ökologische Ziele nutzen. Auch wenn 38 bisherige Forschungsergebnisse in großer Mehrheit die medizinische 39 Unbedenklichkeit von Mobilfunk allgemein und 5G im Speziellen bestätigen, werden 40 wir uns weiter für die wissenschaftliche Begleitung des Ausbaus einsetzen. Viele 41 Erfahrungen aus den bisherigen Mobilfunkstandards lassen sich auf 5G übertragen, 42 gleichzeitig muss 5G auch speziell Gegenstand der Forschung sein. Die 43 Langzeitfolgen von 5G müssen aufmerksam beobachtet werden. Gleichermaßen müssen 44 auch die Auswirkungen auf Natur und Umwelt geprüft und durch umsichtigen Ausbau 45 reduziert werden. Statt immer neue freistehende Mobilfunkmasten zu bauen und 46 hierbei Flächen zu versiegeln und Rohstoffe zu verbrauchen, wollen wir 47 bestehende Infrastruktur, also etwa bereits errichtete Mobilfunkmasten, Gebäude, 48 Ampeln oder Laternen, nutzen, um möglichst ressourcen- und flächensparend 49 vorzugehen.

50 Darüber hinaus muss 5G höchste Sicherheitsstandards erfüllen. Gerade wenn 51 kritische Infrastruktur wie Verkehr und Energie auf das 5G-Netz zurückgreift, 52 muss der höchste Sicherheitsstandard gelten. Wir setzen uns darum für eine 53 umfangreiche und fortwährende Überprüfung möglicher Technologieanbieter und 54 Betreiber durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) 55 ein.

56 Um eine Mehrbelastung der Bevölkerung mit Mobilfunkstrahlung zu vermeiden, 57 setzen wir uns für verpflichtende Roaming-Regelungen und Infrastruktursharing 58 ein. Durch die Förderung der Zusammenlegung oder gemeinsamen Nutzung der Netze 59 wollen wir die Strahlungsbelastung und die Sendemastdichte reduzieren. Ebenso 60 wollen wir moderne Sendetechnologien wie das Beamforming, also effizienten 61 Richtfunk im Mobilfunk, nutzen, um die Leistungsfähigkeit des 5G-Netzes zu 62 steigern und die Strahlenbelastung zu senken.

63 Wir fordern deshalb:

64 Eine Strategie für das Land Bayern zu einem flächendeckenden Ausbau des 65 5G- und des LTE-Netzes. Diese Strategie soll auch den Glasfaserausbau als 66 Grundlage für schnellen Mobilfunk sowie die Förderung von 5G-Campusnetzen 67 umfassen.

68 Der Freistaat Bayern soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, die

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69 Einnahmen der Frequenzversteigerung in den Ausbau des Mobilfunknetzes und 70 die Schließung von Funklöchern zu investieren.

71 Der Ausbau der Netze muss ökologisch verträglich stattfinden und darf nur 72 ein Minimum an Ressourcen und Fläche verbrauchen.

73 Dafür soll ein System zur Optimierung von Sendemastendichte und 74 Strahlungsleistung erstellt werden. Soweit möglich soll vorhandene Infrastruktur (wie Strommasten, 75 Windkraftanlagen, Laternen usw.) genutzt werden. Unterstützend 76 sollen bürokratische Hemmnisse, die eine solche Mitnutzung 77 erschweren, gelockert werden. 78

79 Der Ausbau des 5G-Netzes muss fortlaufend wissenschaftlich begleitet 80 werden. Neben gesundheitlichen Aspekten müssen auch Auswirkungen auf Natur 81 und Umwelt umfassend geprüft und sicherheitsrelevante Fragestellungen 82 betrachtet werden.

Begründung

Der digitale Wandel bietet großes Potential für den ländlichen Raum und den ökologischen Umbau der Gesellschaft. Die fortschreitende Vernetzung der Gesellschaft ermöglicht es zunehmend von jedem Ort aus arbeiten zu können. Nicht mehr die Nähe und Anbindung zu einem Zentrum, sondern die Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Internetverbindung werden immer entscheidender für den wirtschaftlichen Erfolg von insbesondere unserer mittelständischen bayerischen Wirtschaft. Niedrigere Immobilienpreise und ein naturnahes Umfeld sind echte Standortvorteile, die wir für den ländlichen Raum nutzbar machen wollen. Gleichzeitig können wir durch die Vernetzung von Prozessen unsere Umwelt besser verstehen und Abläufe ressourcenoptimiert gestalten. Ein intelligent gesteuertes Rufbussystem ist zum Beispiel in der Lage, das Mobilitätsbedürfnis der Menschen im ländlichen Raum passgenau zu bedienen und sowohl weniger energieintensiv als auch kostengünstiger zu sein als Linienverkehr oder Individualverkehr. Durch die Vernetzung kleiner Erzeugereinheiten für Solar- oder Windstrom können wir die Stromeinspeisung als auch

den -verbrauch optimieren und unser Energiesystem fitmachen für die dezentrale CO2-neutrale Erzeugung.

Eine vernetzte und digitale Welt braucht jedoch ein gut ausgebautes und schnelles Mobilfunknetz. Hier hinken Bayern und Deutschland den meisten Ländern noch meilenweit hinterher. Statt Skype-Telefonat im Zug ist Funkloch-Hopping angesagt und von einer vernetzten und intelligenten Verkehrssteuerung kann noch lange nicht die Rede sein. Um die ökologischen und gesellschaftlichen Chancen der Digitalisierung voll nutzen zu können brauchen wir endlich ein leistungsfähiges und modernes Mobilfunknetz mit LTE und 5G. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A18 Steigerung der akademisierten Pflege in Bayern

Antragsteller*in: Andreas Krahl (MdL, KV Garmisch- Partenkirchen) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Die drei großen gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit sind: wie werden wir in 2 Zukunft arbeiten, wo werden wir in Zukunft wohnen und wer wird uns in Zukunft 3 wie pflegen? 4 Wir alle wollen in Krankheit, Alter und Beeinträchtigung bestens gepflegt werden 5 und wünschen uns das auch für unsere An- und Zugehörigen. Qualitativ hochwertige 6 professionelle Pflege richtet sich heute nach neuesten pflegewissenschaftlichen 7 Erkenntnissen, hat den Erhalt und die Wiedererlangung der 8 Selbstpflegekompetenzen zum Ziel und geht individuell auf die Bedürfnisse von 9 Multimorbidität und Menschen mit mehrfachen Einschränkungen ein: professionelle 10 Pflege steht also in den Diensten unserer Selbstbestimmtheit. Mit unseren 11 individuellen Ansprüchen und dem medizinisch Machbaren wachsen auch die 12 Herausforderungen an moderne und evidenzbasierte Pflege: das Beste für die 13 Patient*innen, Bewohner*innen und Klient*innen. 14 15 Dabei steuern wir längst nicht mehr auf einen Pflegemangel zu, wir befinden uns 16 bereits mitten in einem Pflegenotstand. Die Berufsbilder in der professionellen 17 Pflege sind unattraktiv (besonders für Menschen mit höherer Bildung), die 18 Arbeitsbedingungen mehr als verbesserungswürdig und zudem ist die Bezahlung 19 schlecht. 20 21 Daher muss professionelle Pflege auch in Bayern zusätzlich zu den bestehenden 22 dreijährigen Ausbildungssystem attraktiver werden und sich als eigenständige 23 Profession behaupten. Mehr berufliche Perspektiven steigern die Attraktivität 24 der professionellen Pflege und holen sie aus dem Assistenz-Image der Ärzteschaft 25 heraus. Professionelle Pflege nach neuesten pflegewissenschaftlichen 26 Erkenntnissen ist essenziell für unser spezialisiertes Gesundheitssystem. Neben 27 der Verbesserung und Aufwertung der 2- und 3-jährigen Fachausbildung ist das 28 Etablieren eines Hochschulstudiums unerlässlich. 29 Die „Konzertrierte Aktion Pflege“ hat daher eine Steigerung der 30 Akademisierungsquote in der professionellen Pflege auf 10% beschlossen. Der 31 momentane Akademisierungsgrad liegt bei 0,5%. Damit gehören wir auch in Bayern 32 zu den Schlusslichtern im gesamten europäischen Vergleich. 33 Studienergebnisse belegen den Zusammenhang von Qualifikation und Pflegequalität,

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34 der Wissenschaftsrat empfiehlt sogar einen Akademisierungsgrad von bis zu 20% in 35 der Patientenversorgung, nicht in der Verwaltung. Dies wäre ein erster Schritt 36 in die Richtung einer weltweiten Vergleichbarkeit hinsichtlich des 37 Stellungswertes der professionellen Pflege und der Qualität der Ausbildung. 38 39 Bei der Steigerung der Attraktivität durch eine Erhöhung der 40 Akademisierungsquote, wollen wir vor allem die Menschen mitnehmen, die in den 41 Berufsbildern der professionellen Pflege ganz überwiegend arbeiten. Vor allem 42 die Frauen in der Pflege müssen an den angestrebten Verbesserungen partizipieren 43 und zu den Nutznießerinnen der Neuregelungen gehören. Ihre Belange müssen wir 44 durch gezielte Förderung in den Fokus nehmen, um den Bereich der 45 „Besserverdienenden“ nicht wie so oft zur Männerdomäne zu machen. 46 47 Zur Verbesserung der Qualität der Pflege, zur Steigerung der Attraktivität der 48 Pflegeberufe für alle professionell Pflegenden und für die Konkurrenzfähigkeit 49 der Pflege in Bayern im europäischen Vergleich fordern wir deshalb:

50 1. Drei universitäre Fakultäten für Pflegewissenschaften in Bayern, deren 51 Standorte möglichst breit über den Freistaat verteilt sind, um vielen 52 Studierenden den Zugang zu ermöglichen.

53 2. Eine auskömmliche finanzielle Unterfütterung der Universitätskliniken, um 54 den Studierenden der Pflegewissenschaften ebenso herausragende 55 Ausbildungsbedingungen zu bieten, wie unseren angehenden Ärzt*innen.

56 3. Drei universitäre Fakultäten mit angeschlossenen Praxisbereichen 57 (Universitätskliniken) für Pflegepädagogik, um den Ausbildungsstandard in 58 allen Berufsbildern der professionellen Pflege zu erhöhen oder 59 gleichbleibend qualitativ hochwertig zu erhalten.

60 4. Ein Sofortprogramm zur Schaffung von 1000 Studienplätzen für die Bereiche 61 Pflegewissenschaft und Pflegepädagogik.

62 5. Ein Förderprogramm für Pflegewissenschaft an allen Bayerischen Fakultäten 63 für Pflegestudiengänge aller Ausrichtungen

64 6. Alle Lehrkrankenhäuser der Medizin in Bayern sollen verpflichtend mit 65 Stabsstellen der angewandten Pflegewissenschaft ausgestattet werden. Auch 66 dies dient der Qualität der Ausbildung und stärkt die Profession Pflege 67 auf allen Ebenen und in allen Berufsbildern.

68 7. Zur besseren Vernetzung aller professionell Pflegenden in Bayern fordern 69 wir ein Austauschprogramm für Studierende der Pflegewissenschaften mit den 70 Fakultäten der Universitäten im Raum der Europäischen Union.

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71 8. Um professionell Pflegenden, die heute bereits auf unseren Stationen 72 arbeiten, eine Partizipation zu erleichtern fordern wir eine gezielte 73 Förderung dualer Studienmöglichkeiten, die es auch beispielsweise 74 Alleinerziehenden ermöglicht, ihre Karriere voran zu treiben.

75 9. Wir wollen in Bayern interessierten Menschen die Möglichkeit bieten, einen 76 Master-Abschluss in Advanced-Practice-Nursing zu erringen. Absolvent*innen 77 dieses Studienganges sind als hochqualifizierte Fachkräfte in der Lage der 78 Schlüssel zur Linderung des Pflegenotstandes zu werden: als gemeindliche 79 Gesundheits- und Krankenpflegerinnen können sie Menschen in nahezu allen 80 Notlagen unterstützen und sind zudem die Fachleute für 81 Gesundheitsprävention und ganzheitliche Unterstützung vor Ort.

Unterstützer*innen Vorstand der GJ Bayern, Martina Neubauer (KV Starnberg), Susanne Kurz (MdL, KV München), Beate Walter-Rosenheimer (MdB, KV Fürstenfeldbruck), Elisabeth Scharfenberg (KV Hof), Gabriele Triebel (MdL, KV Landsberg), Florian Questel (KV Bayreuth-Land), Cemal Bozoglu (MdL, KV Augsburg), Uwe Kekeritz (MdB, KV Neustadt Aisch), Andrea Leitermann (KV Cham), Marcel Rohrlack (KV München), Helga Stieglmeier (KV Erding), Sarah Wetzel (KV München), Annette Daiber (KV Weilheim), Florian Bentenrieder (KV Weilheim), Doro Sührig (KV Weilheim), Karl-Heinz Grehl (KV Weilheim), Manuel Neulinger (KV Weilheim), Dr. med Heike Dietrich (KV Weilheim), Monika Ott (KV Mühldorf), Hubert Lingweiler (KV Rosenheim), Dr. Eckart Stüber (KV Weilheim), Gunda Kraus (KV München), Beppo Brem (KV München), Malte Gallée (KV Bayreut-Stadt), Lucas Kripp (KV München), Andreas Morr (KV Bad Tölz), Judith Bogner (KV Mühldorf), Steffi König (KV Rosenheim), Johanna Sührig (KV Weilheim), Astrid Poppenwimmer (KV Garmisch-Partenkirchen), Veronika Jones (KV Garmisch-Partenkirchen), Tina Winklmann (KV Schwandorf), Thorsten Kellermann (KV München), Heidi Terpoorten (KV Dillingen), Martin Adler (KV Weilheim), Marion Lüttig (KV München), Dr. Günther Franz (KV Weilheim), Bernd Schreyer (KV München), Lisa Badum (MdB, KV Forchheim), Claudia Köhler (MdL, KV München-Land), Katharina von Platen (KV Weilheim), Doris Wagner (KV München), Bernhard Spitz (KV Garmisch-Partenkirchen), Gisela Sengl (MdL, KV Traunstein), Christian Hierneis (MdL, KV München), Barbara Fuchs (MdL, KV Fürth), Manuela Rottmann (MdB, KV Bad Kissingen) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A19 Einrichtung von Rechtsberatungsstellen für Menschen mit geringem Einkommen an allen bayerischen Amtsgerichten

Antragsteller*in: Katharina von Platen (KV Weilheim- Schongau) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Bündnis 90 / DIE GRÜNEN fordern die Einrichtung von Rechtsberatungsstellen für 2 Menschen mit geringem Einkommen an allen bayerischen Amtsgerichten. Gleichzeitig 3 muss dieses Angebot durch eine Informationskampagne allen Betroffenen zugänglich 4 gemacht werden.

Begründung

Viele Menschen fühlen sich, auch in Bayern, „abgehängt“ und nicht als Teil der Gesellschaft. Einer der Gründe ist der fehlende flächendeckende Zugang zu unserem Rechtssystem.

Armut ist auch in Bayern vor allem ein weibliches Problem. Gerade alleinerziehende Mütter haben oft nur ein geringes Einkommen zur Verfügung und sind daher oft Bezieherinnen von Sozialleistungen. Sei es ein Miet- oder Heizkostenzuschuss, Zuschüsse für Mittagessen in der KiTa oder für Musikunterricht. Nicht immer werden die berechtigten Sozialleistungen reibungslos und in der richtigen Höhe ausbezahlt. Hinzu kommen Probleme mit Arbeitgeber*innen und Vermieter*innen. Care-Arbeit wird nach wie vor nicht honoriert mit der Folge, dass auch vor allem Frauen, die lebenslang wegen der Pflege von Angehörigen nur in Teilzeit berufstätig waren, von einer geringen Rente leben müssen. Gerade dann entsteht aber ein erhöhter Beratungsbedarf rund um die Themen Pflege, Vorsorge und Betreuung.

Geld für eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten einer anwaltlichen Beratung oder Vertretung tragen würde, fehlt. Auch das Instrument der Beratungshilfe führt in der Praxis nicht dazu, dass diese Menschen auch qualifizierten Rechtsrat erhalten. Rechtsmittel gegen fehlerhafte Bescheide, Kündigungen oder Sonstiges sind immer fristgebunden. Gleichzeitig ist es schwierig, eine* passende*n Rechtsbeistand vor Ort zu finden, die / der wirtschaftlich nicht rentable Beratungshilfemandate auch annehmen kann und will.

Hier sind wir gefordert, diese Menschen zur ermächtigen, sich um die Angelegenheiten des täglichen Lebens zu kümmern und ihnen und ihren Familien die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Vereinzelt gibt es in Bayern in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Anwaltverein e.V. bzw. den örtlichen

Seite 1 / 2 A19 Einrichtung von Rechtsberatungsstellen für Menschen mit geringem Einkommen an allen bayerischen Amtsgerichten

Anwaltvereinen bereits feste wöchentliche Beratungssprechstunden in den Amtsgerichten Augsburg, Dachau, Ebersberg, München und Wolfratshausen.

Die Ausweitung dieses Angebots ist unbedingt voranzutreiben, um zu gewährleisten, dass in ganz Bayern, in der Stadt und auf dem Land, alle Bürger*innen, unabhängig von ihrem Wohnort, Bildungsgrad und Einkommen Zugang zu unserem Rechtssystem erhalten. Gleichwertiger Lebensverhältnisse gehören verstärkt in den Fokus unserer politischen Arbeit. Sie herzustellen fördert das Vertrauen in einen gerechten Rechtsstaat und die Demokratie.

Wir fordern:

1. Einrichtung von Rechtsberatungsstellen an allen Bayerischen Amtsgerichten mit juristisch ausgebildeten Beratungspersonen

2. Groß angelegte Informationskampagne in Ämtern, Beratungsstellen, KiTas, Schulen, (Sport-)Vereinen, öffentlichen Plätzen, sozialen Medien

3. Vernetzung mit den Anwaltvereinen und bereits bestehenden Beratungsstellen wie z.B. Pflegestützpunkte, Schuldnerberatungsstellen der caritativen Träger, Asylsozialberatungsstellen, Frauenhäusern

Unterstützer*innen Beate Walter-Rosenheimer (MdB, KV Fürstenfeldbruck), Andreas Krahl (MdL, KV Garmisch-Partenkirchen), Judith Bogner (KV Mühldorf), Doro Sührig (KV Weilheim- Schongau), Barbara Schwendner (KV Bad Tölz - Wolfratshausen), Manuel Neulinger (KV Weilheim-Schongau) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A20 Europa leben - Bodenseeregion grenzüberschreitend gestalten

Antragsteller*in: Florian Siekmann MdL (KV München-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Europa und die Europäische Union sind ein Versprechen auf Frieden, Freiheit, 2 Demokratie, soziale Gerechtigkeit und den Schutz unserer natürlichen 3 Lebensgrundlagen. Damit Europa dieses Versprechen nach innen wie außen einhalten 4 kann, müssen seine Mitgliedsstaaten und Regionen stärker als bisher 5 zusammenwachsen. Grenzregionen können als Katalysator für das Zusammenwachsen 6 Europas dienen. Hier leben Menschen in unterschiedlichen Staaten und Regionen, 7 teilweise über Sprachbarrieren hinweg, seit Jahrzehnten neben- und miteinander. 8 Aus diesem Miteinander hat sich auf lokaler Ebene von persönlichen 9 Freundschaften bis hin zu Städtepartnerschaften ein vielfältiger Zusammenhalt 10 über Grenzen hinweg gebildet.

11 Die Bodenseeregion ist eine dieser Grenzregionen, die seit Jahren von einem 12 starken Miteinander der Menschen geprägt ist. Europa muss dieses Potential 13 nutzen und zeigen, dass es auch über den Binnenmarkt hinaus das Leben der 14 Menschen grenzüberschreitend gestalten kann. Nicht nur Waren, sondern vor allem 15 Menschen passieren die Grenze zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz. 16 Sie pendeln zur Arbeit, studieren oder absolvieren ihre Ausbildung im 17 Nachbarland oder pflegen grenzüberschreitende Beziehungen. Sie alle sind dabei 18 auf grenzüberschreitende Mobilität, gesundheitliche Versorgung und soziale 19 Einrichtungen wie KiTas und Schulen angewiesen. Hier kann und muss Europa seine 20 Stärken ausspielen und auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren.

21 Ziel der europäischen Integration muss es sein, dass Grenzen nicht als 22 Hindernis, sondern als Chance für eine intensivere europäische Zusammenarbeit 23 zum Wohl der Bürger*innen gesehen werden. Die Grenzregionen bieten die Chance 24 neue Formen der Zusammenarbeit zu erproben und Europa so langfristig 25 weiterzuentwickeln. Hier ist sind nicht nur die europäische Ebene und die 26 beteiligten Staaten, sondern insbesondere der Freistaat Bayern als angrenzende 27 Region gefordert.

28 Grenzenlose Mobilität

29 Vom Schlagbaum bis zur Reisefreiheit hat Europa einen weiten Weg zurückgelegt.

Seite 1 / 3 A20 Europa leben - Bodenseeregion grenzüberschreitend gestalten

30 Während das Auto die meisten Grenzen innerhalb Europas unbemerkt passieren kann, 31 sind sie im öffentlichen Verkehr nach wie vor spürbar. Die seit langem 32 geforderte und viel zu spät umgesetzte Elektrifizierung der Strecke zwischen 33 München und Lindau ist ein Beispiel für den zaghaften Umgang der CSU geführten 34 Staatsregierungen mit den Chancen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

35 Wir wollen dichtere ÖPNV und Fernverkehrsverbindungen in der Bodenseeregion 36 etablieren. Als Alternative zum Flugverkehr streben wir einen Anschluss der 37 wichtigen Fernverkehrsverbindungen an ein europäisches Nachtzugnetz an. Auch im 38 Güterverkehr wollen wir eine deutliche Verlagerung zugunsten der Schiene 39 erreichen. Das bereits bestehende Bodenseeticket sehen wir als guten 40 Ausgangspunkt, um den Übergang zwischen unterschiedlichen Verkehrsverbünden und 41 Tarifsystemen weiter zu verbessern, insbesondere für Pendler*innen und 42 Vielfahrer*innen.

43 Gesundheit grenzüberschreitend denken

44 Bereits bestehende Kooperationen im Rettungswesen nehmen wir zum Anlass, die 45 Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich zu intensivieren. Hierzu zählen 46 insbesondere verbesserte Abkommen zwischen den Krankenkassen und 47 Versicherungsträgern der unterschiedlichen Staaten, damit Patient*innen 48 möglichst unkompliziert Hilfe zukommt. Unser Ziel ist eine durchgehende 49 Mobilität von Gesundheitsdienstleistungen, die sich an den Bedürfnissen der 50 Patient*innen und nicht an den Gebietsgrenzen der Staaten orientiert.

51 Klimaschutz gemeinsam voranbringen

52 Die Klimakrise kennt keine Grenzen. Am Bodensee wird dies besonders deutlich, 53 hier hat die oberflächennahe Wassertemperatur in den letzten 50 Jahren im Mittel 54 um rund 1°C zugelegt mit Folgen für das gesamte Ökosystem. Wir müssen die 55 Klimakrise deshalb in der Bodenseeregion gemeinsam eindämmen. Einen wichtigen 56 Beitrag liefert ein attraktiver ÖPNV als Alternative zum Auto im 57 grenzüberschreitenden Verkehr. Darüber hinaus müssen lokale und nachthaltige 58 Wirtschaftskreisläufe auch grenzüberschreitend Wirkung entfalten. Im Bereich der 59 Wirtschaftsförderung und Innovation muss der Erhalt unserer natürlichen 60 Lebensgrundlagen zum Kernziel werden.

61 Territoriale Zusammenarbeit stärken

62 Damit grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelingt, braucht es eine rege 63 Beteiligung und Bereitschaft aller Akteure. Wir werden uns aktiv in die 64 Gestaltung der Bodenseeregion einbringen und als zweitstärkste Kraft im 65 Freistaat Bayern Verantwortung für deren nachhaltige Entwicklung zum Wohl der 66 Bürger*innen übernehmen. Ein zentrales Instrument ist für uns die Zusammenarbeit 67

Seite 2 / 3 A20 Europa leben - Bodenseeregion grenzüberschreitend gestalten

in der Internationalen Parlamentarischen Bodenseekonferenz (IPBK).

68 Im Rahmen der kommenden Förderperiode der EU-Regionalpolitik setzen wir uns für 69 eine Aufstockung des Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und insbesondere des 70 Förderbereichs der territorialen Zusammenarbeit ein. Die Ziele der Förderung 71 sollen noch stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Menschen und den Erhalt 72 unserer natürlichen Lebensgrundlagen ausgerichtet werden.

Unterstützer*innen Henrike Hahn MdEP (KV München-Stadt), Thomas Gehring MdL (KV Oberallgäu) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A21 Gemeinsam gegen den Hass

Gremium: LAG Demokratie und Recht, LAG Gesundheit und Soziales Beschlussdatum: 18.05.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Die LDK bittet den Landesvorstand:

2 1. in der Landesgeschäftsstelle eine Stelle zu schaffen zur Beratung und 3 Betreuung von (ehrenamtlichen) GRÜNEN, die von Shitstorms, Bedrohung, Sexismus 4 und/oder Rassismus angegriffen sind und

5 2. sich in den Gremien des Bundesverbandes dafür einzusetzen, dass in der 6 Bundesgeschäftsstelle ebenfalls eine derartige Stelle geschaffen wird und den 7 entsprechenden hessischen Antrag zu unterstützen.

Begründung

Die Landesmitgliederversammlung des Landesverbandes BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN Hessen hat am 19. Juni 2018 den Beschluss „Gemeinsam gegen den Hass“ gefasst. Hier heißt es: „Unsere Grüne Politik ist ein Bollwerk gegen den Faschismus. Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung entgegnen wir Solidarität, Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit. Unser Engagement in den Parlamenten, auf der Straße und den sozialen Netzwerken macht uns zum Lieblingsfeind rechtsextremer Bewegungen. Immer wieder schlägt uns, Ehrenamtlichen wie Hauptamtlichen, deswegen der geballte Hass entgegen. Immer wieder sind wir konfrontiert mit rechter Gewalt, Drohungen, Beleidigungen und Verleumdungen. So sehr diese Angriffe ein erbärmliches Armutszeugnis für die Täter*innen und ihre menschenverachtende Ideologie sind, so sehr es beweist, dass unser leidenschaftlicher Einsatz wirkt, so sehr gehen mit den Angriffen extreme psychische und physische Belastungen für die Betroffenen einher. Mit allen Betroffenen erklären wir uns solidarisch. Wir stehen gemeinsam gegen den Hass. Die Hetze zerschellt an unserem Zusammenhalt.

Warme Worte allein reichen nicht. Wir wollen Betroffenen in Notlagen noch besser helfen. Darum setzt sich der Landesverband beim Bundesverband dafür ein, dass eine hauptamtliche Stelle in der Bundesgeschäftsstelle fürpsychologische und juristische Unterstützung für Opfer rechter Gewalt geschaffen wird. Diese Stelle soll dazu dienen, dass Betroffene in Akutsituationen schnelle Hilfe bekommen, um sich selbst und ihre Familie zu schützen und alle notwendigen rechtlichen und sonstigen Schrittegegen rechte Gewalt und Hass im Netz und im realen Leben vornehmen zukönnen.“

Seite 1 / 2 A21 Gemeinsam gegen den Hass

(Quelle:https://www.gruene-hessen.de/partei/beschluss/gemeinsam-gegen-den-hass/)

Wir wollen diese Initiative auf Bundesebene unterstützen. Doch reicht das nicht aus, daher schaffen wir auch auf Landesebene eine solche Stelle. 2018 ist unser Landesverband Bayern um mehr als 24 % gewachsen. Im Februar 2019 haben wir die 12.000 Mitglieder-Marke geknackt und gehören zu den größten Landesverbänden unserer Partei. Gleichzeitig wächst aber auch der Hass, der uns entgegenschlägt. So heißt es im Lagebild Rechtsextremismus der Grünen Landtagsfraktion: „Im vergangenen Jahr ereigneten sich jeden Tag statistisch gesehen fünf rechtsextremistisch motivierte Straftaten in Bayern. (...) In der Untergruppe der Straftaten der so genannten Hasskriminalität, bei denen das Motiv konkret der rechtsradikale Hass gegen andere Menschen ist, haben die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.“ (Quelle:https://www.gruene-fraktion-bayern.de/themen/gegen-rechtsextremismus/2019/lagebild- rechtsextremismus/).

Wir erleben jeden Tag Hasskommentare, Beleidigungen und Fake News. In besonders schlimmen Fällen richtet sich der Shitstorm gegen einzelne Personen, die sich für unsere Demokratie und für Grüne Politik einsetzen. Einige Mitglieder unseres Landesverbandes, insbesondere junge Frauen, mussten diese Erfahrung im letzten Landtagswahlkampf machen. Die Angst vor Angriffen im Netz und im realen Leben hält Menschen davon ab, sich offen gegen rechts zu positionieren und sich politisch zu engagieren.Dieser Angst lässt sich dadurch entgegentreten, dass engagierte Mitglieder unserer Partei eine Stelle haben, an die sie sich wenden können, sollte der Notfall eintreten. Sie werden von ihrem Landesverband, für den sie sich engagieren, nicht im Stich gelassen.Die Stelle soll zum einen für akute Notfälle, insbesondere für vom Shitstorm betroffene Einzelpersonen, da sein und koordinierend eingreifen können, aber auch juristisch und psychologisch unterstützen. Zum anderen soll diese Stelle aber auch aktuelle Strategien entwickeln und Workshops zu häufig vorkommenden Problemen und auftretenden Fragestellungen entwickeln, die dann in einer Art Schneeball- System gerade auch in kleinere Kreisverbände weitergetragen werden können.Themen für solche Workshops könnten beispielsweise sein: „Wie stoppen wir Fake News, die unseren Kreisverband betreffen, effektiv?“, „Was tun bei Störer*innen auf Veranstaltungen?“. Außerdem wäre die Erstellung eines regelmäßigen Newsletters zu neuen Strategien, Erkenntnissen sowie aktuell auftretenden Angriffen wünschenswert, um einen direkten Kommunikationsweg zwischen dem Landesverband und den Kreisverbänden zu schaffen, der sich explizit diesem Themenkomplex widmet.

Wir stellen uns gemeinsam gegen den Hass. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A22 Das unerträgliche Leid der Tiere bei Transporten beenden

Antragsteller*in: Marie-Luise Thierauf (KV Berchtesgadener Land) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wir Grüne fordern, das Leid der Tiere bei Tiertransporten zu beenden. Die 2 derzeitigen tierschutzwidrigen Umstände bei Tiertransporten im In- und Ausland 3 und insbesondere bei Langstreckentransporten in Drittstaaten sind nicht weiter 4 hinnehmbar.

5 In jüngster Zeit hat sich daher eine zunehmende Anzahl an Amtsveterinär*innen 6 geweigert, Transportgenehmigungen bzw. Vorzeugnisse für Tiertransporte in 7 Drittstaaten auszustellen, da sie die begründete Befürchtung sahen, dass die 8 Vorgaben der EU-Tiertransportverordnung nicht während des gesamten Transports 9 eingehalten oder die Tiere im Drittstaat unter tierschutzwidrigen Bedingungen 10 geschlachtet werden.

11 Um den Tierschutz beim Transport zu verbessern, bedarf es wirkungsvoller 12 konkreter Maßnahmen. Auf Landesebene setzen wir uns ein für:

13 1. einen Erlass des bayerischen Landwirtschaftsministeriums (nach 14 dem Vorbild Sachsen-Anhalts), der die Veterinärbehörden anweist, eine Art. 15 14 Genehmigung zum Transport oder ein Vorzeugnis dazu nur dann zu 16 erteilen, wenn bei Langstreckentransporten die Existenz und Ausstattung 17 der angegebenen Versorgungsstellen bzw. der nach Unionsrecht 18 gleichwertigen Stellen nachgewiesen worden sind und zwar durch eine in 19 englischer Sprache abgefasste Bescheinigung der am Ort der 20 Versorgungsstelle zuständigen Behörde. Dieser Erlass muss auch konkret 21 regeln, wie der Nachweis auszusehen hat bzw. wie genau die Prüfung des 22 Transports durch die Amtsveterinärin oder den Amtsveterinär zu erfolgen 23 hat (in Form einer Arbeitsanweisung)

24 2. die Förderung der mobilen Schlachtung

25 3. die Einrichtung einer zentralen staatlichen bayerischen

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26 Prüfbehörde zur Plausibilitätsprüfung nach Art. 14 VO (EG) 1/2005

27 4. Die Einrichtung mehrerer dezentraler Notversorgungsstellen in Bayern, wo 28 Tiere bei Feststellung von Verstößen erforderlichenfalls 29 untergebracht werden können und eine entsprechende Abstimmung von Bayern 30 mit umliegenden Bundesländern

31 5. eine strenge Überprüfung der Einhaltung der VO (EG) 561/2006 („Lenk- und 32 RuhezeitenVO“)

33 6. eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Veterinärämter

34 7. Gemeinsame Schulungen von Amtsveterinären, Polizei und zuständigen 35 Staatsanwälten im Bereich Tiertransporte (sog. Taskforces)

36 Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, die Situation der Tiere beim Transport zu 37 verbessern. Ferner brauchen wir weitere tiefgreifender Maßnahmen auf Bundes- und 38 europäischer Ebene. Langfristig ist es erforderlich, die Agrarwende einzuleiten 39 und regionale landwirtschaftliche Strukturen zu fördern, um die Zahl der 40 Tiertransporte insgesamt deutlich zu reduzieren.

Begründung

Begründung

Täglich werden allein in Deutschland im Schnitt 3,6 Millionen Tiere transportiert. Die Transportzahlen sind steigend. Im Jahr 2016 exportierte Deutschland rund 350 Millionen lebende Tiere in andere EU-Länder und importierte 216 Millionen Tiere aus anderen EU-Mitgliedsstaaten. Innerhalb der Europäischen Union werden jährlich 1,4 Milliarden Tiere transportiert.

Bei Tiertransporten in wirtschaftlicher Absicht innerhalb der EU und (laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-424/13) auch bei Transporten aus der Europäischen Union bis zum ersten Entladeort im Bestimmungsdrittland ist die Tiertransport-Verordnung (VO (EG) Nr. 1/2005) anwendbar, die einen gewissen, wenn auch unzureichenden, Tierschutzstandard bietet. Für Deutschland werden diese EU- Vorgaben in der Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) konkretisiert. Die Vorgaben der EU- Tiertransportverordnung sind an vielen Stellen ungenügend und bieten oft einigen Auslegungsspielraum. So gibt es beispielsweise keine absolute Höchstgrenze für die Transportdauer und Tiere können unter bestimmten Bedingungen endlos lange transportiert werden.

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Wir fordern daher auf Bundesebene die Überarbeitung der TierSchTrV und eine Begrenzung der innerdeutschen Transporte auf max. 4 Stunden (zzgl. 2 Stunden Ver- und Entladezeit) sowie die Aufnahme von Bußgeldvorschriften in die TierSchTrV, um Verstöße effektiver ahnden zu können.

Auf europäischer Ebene fordern wir die Überarbeitung der VO (EG) Nr. 1/2005. Es müssen strengere Regelungen insbesondere hinsichtlich der zulässigen Ladedichten, Transportdauer, Temperatur sowie hinsichtlich der Zulassung und Ausstattung der Transportmittel geschaffen werden. Die VO (EG) Nr. 1/2005 muss durchgehend präzise und vollstreckbare Regelungen enthalten, die keinen Auslegungsspielraum lassen. Des Weiteren muss die maximale Transportdauer auf 8 Stunden (incl. Ver- und Entladezeit) begrenzt werden.

Auch der Transport nicht entwöhnter Tiere ist ein großes Problem.Oft werden wenige Wochen alte Kälber transportiert, die zuvor am Euter der Mutterkuh oder am Gumminippel einer Kübeltränke gesaugt haben. Im LKW finden sie Nippel aus Metall vor. Diese werden von den meisten Kälbern nicht als Tränke erkannt, an denen sie saugen können. Zudem wird daraus nur kaltes Wasser, aber keine Milch oder Milchersatz („Austauscher“) angeboten. In der Folge leiden die Kälber Durst, einige sterben sogar an Austrocknung. Deshalb muss der Transport nicht entwöhnter Tiere verboten werden.

Ein großer Teil aller männlichen Kälber wird exportiert (Baden-Württemberg exportiert z. B. 75 Prozent). Grund hierfür ist die Milchviehwirtschaft. Ein männliches Kalb ist für einen Milchviehbetrieb nicht mehr als ein Abfallprodukt, das Geld kostet. Das Kalb einer Milchviehrasse ist nicht so kräftig wie das einer Kuh, die zur Fleischproduktion gezüchtet wurde, und ist zur Mast daher weniger geeignet. Da die Aufzucht eines Kalbes für den Bauern mehr Geld kostet als das Tier einbringen würde, werden die Kälber in der Regel verkauft, meist ins Ausland.

Weiterhin besteht ein Vollzugsdefizit im Bereich der Tiertransportregelungen. Es wird zu wenig und nicht effektiv genug kontrolliert. Daneben reichen die zu erwartenden Strafen bei Weitem nicht aus, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten.

Es bedarf daher auf Bundesebene der Implementierung eines bundeseinheitlichen, systematischen Kontrollsystems mit wirksamen bundeseinheitlichen Sanktionen.

Auch auf europäischer Ebene muss ein für alle Mitgliedstaaten obligates und wirksames risikobasiertes Kontrollsystem (für Transporte auf dem Land- sowie dem Seeweg) erarbeitet werden, das ein vergleichbares Niveau innerhalb der EU hinsichtlich Kontrolldichte und Sanktionen gewährleistet.

Wird bei einer Kontrolle ein Verstoß festgestellt, darf der LKW in der Regel weiterfahren, da häufig keine Möglichkeit besteht, die Tiere in der Nähe abzuladen. Daher muß deutschland- und europaweit eine ausreichende Anzahl an Notversorgungsstellen eingerichtet werden, wo die Tiere, sofern eine Behandlung oder Futter- und Tränkeversorgung notwendig ist, untergebracht werden können. Diese Notversorgungsstellen könnten in leerstehenden Stallungen entlang von Autobahnen eingerichtet werden.

Besonders erschreckend sind die Zustände bei Transporten über die EU-Grenzen hinweg.

Die EU-Mitgliedsstaaten transportieren jährlich 238 Millionen lebende Tiere in Drittstaaten. Die Tiere werden

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oft tausende Kilometer weit tagelang über die Straße oder den Seeweg transportiert, oft ohne Pause und ausreichende Wasserversorgung. Gerade in den Sommermonaten versterben zahlreiche Tiere bereits beim Transport. Da es auf den Routen oft keine oder unzureichend ausgestattete und (amtlich) zugelassene Versorgungsstationen („Kontrollstellen“) gibt, werden die nach europäischen Recht vorgeschriebenen 24-stündigen Ruhepausen häufig nicht eingehalten und die Tiere verbleiben während der Zeit auf dem LKW, wo ein Tränken und Füttern meist nicht möglich ist.

Wir fordern deshalb, dass Deutschland die bestehenden bilateralen Abkommen zu Lebendtiertransporten in Drittstaaten auflöst und keine neuen Abkommen schließt. Ein entsprechendes Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten brauchen wir auch auf EU-Ebene.

Der Export ins EU-Ausland erfolgt zum Teil zur Weitermast oder zur Schlachtung, zum Teil auch zur Zucht, mit dem Ziel, eine Tierpopulation in dem Drittstaat aufzubauen. Aus Deutschland werden ca. 81.000als Zuchtrinder deklarierte Tiere in Drittstaaten außerhalb Europas transportiert. Diese Zuchttiertransporte sind kritisch zu hinterfragen. Oft werden über Jahre hinweg Tiere angeblich zum Zwecke der Zucht in die Empfängerländer transportiert, ohne, dass dort ein Herdenaufbau nachgewiesen wird. Zudem sind die hiesigen sogenannten „Nutztierrassen“ Hochleistungszüchtungen, die aufgrund klimatischer und anderer Umstände überhaupt nicht für den Aufbau einer Herde in diesen Ländern geeignet sind.

Bei einem Transport aus der EU in einen Drittstaat muss der Amtsveterinär des jeweiligen exportierenden EU- Landes prüfen, ob die Vorschriften der EU-Transportverordnung auf dem gesamten Transport eingehalten werden. Ist dies nicht gewährleistet, darf keine Transportgenehmigung bzw. auch kein Vorzeugnis dazu ausgestellt werden. Vor diesem Hintergrund haben sich in letzter Zeit Amtsveterinär*innen in vielen Bundesländern zunehmend geweigert, Genehmigungen bzw. Vorzeugnisse für Langstreckentransporte in Drittländer auszustellen. Zum einen sahen sie es als nicht gewährleistet, dass während des Transports die Vorgaben der EU-Tiertransportverordnung eingehalten werden. Zum anderen sahen die Veterinär*innen die begründete Befürchtung, dass die Tiere in den Drittstaaten unter tierschutzwidrigen Bedingungen geschlachtet werden. Nach Berichten von Journalisten, Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen sind in vielen Ländern erschreckende Praktiken wie Durchtrennen der Achillessehnen und Ausstechen der Augen vor der Schlachtung an der Tagesordnung. In zahlreichen Ländern ist das Schächten ohne Betäubung des Tieres die gängige Schlachtmethode. Stellt eine Amtsveterinärin oder ein Amtsveterinär die Genehmigung bzw. ein Vorzeugnis für einen Tiertransport in einen Drittstaat aus, obwohl nicht gewährleistet ist, dass während des gesamten Transports sowie bei der Schlachtung bzw. den Vorbereitungshandlungen dazu geltende Tierschutzvorschriften der Europäischen Union eingehalten werden, können die Veterinär*innen straf- sowie beamtenrechtliche Sanktionen erwarten. Um die Situation der zuständigen Amtstierärzt*innen auf rechtssicheren Boden zu stellen, müssen die Bundesländer entsprechende Erlasse mit ermessensleitenden Vorgaben für die Veterinärbehörden herausgeben, wie dies beispielsweise schon in Sachsen-Anhalt (Runderlass des sachsen-anhaltischen Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) vom 22. 5. 2019, Az. 75.3-42500/2.1.13) geschehen ist. Wir halten auch in Bayern einen solchen Erlass für notwendig.

Unterstützer*innen Rupert Ebner (KV Ingolstadt), Arne Brach (KV München), Christian Hierneis (KV München), Winfried Köpnick (KV Berchtesgadener Land), Monika Köpnick (KV Berchtesgadener Land), Irmgard Lichtinger (KV München), Lukas Feldmeier (KV

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Nürnberg), Gabriele Pohl (KV München), Thomas Becher (KV Fürstenfeldbruck), Ursula Harper (KV München), René Hanschke (KV München), Bettina Goldner (KV Ebersberg), Mirjam Kühne (KV Hof), Olav Dornberg (KV Aschaffenburg), Sabine Dornberg (KV Aschaffenburg), Sylvia van Eesbeeck (KV Nürnberg), Christoph Braun (KV München), Andrea Schulte-Krauss (KV Starnberg), Charlotte E. K. Maier (KV München), Birgit Wellmann (KV Rosenheim), Joachim Hien (KV Dillingen), Alexander Merkouris (KV Ingolstadt), Oliver Löschner (KV Fürth-Land), Isabell Löschner (KV Fürth-Land), Amelie Buhl (KV München), Florian Dietmann (KV München), Rosemarie Will (KV Berchtesgadener Land), Gabriele Fischer (KV Traunstein), Helga Mandl (KV Traunstein), Lena Fiedler (KV München), Alexandra Boneff (KV München), Christine Rustler (KV München), Gerd Endres (KV Fürth), Andrea Rauch (KV Kitzingen), Eckard Huber (KV Dillingen) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A23 Kultur ins Grüne Grundsatzprogramm

Antragsteller*in: Erhard Grundl (KV Straubing-Bogen), Susanne Kurz (KV München-Stadt), Claudia Roth (KV Augsburg-Stadt), Sarah Hegenbart (KV München-Stadt), Paul Bauernschmid (KV München-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Kultur ist die Grundlage menschlichen Zusammenlebens und elementarer Bestandteil 2 der grünen politischen Idee.

3 Wir GRÜNE in Bayern fordern darum: Kultur muss im neuen grünen Grundsatzprogramm 4 einen gebührenden Stellenwert einnehmen. Die umfassende Bedeutung von Kultur als 5 Teil der grünen Identifikation gehört in die Präambel und in den Werteteil des 6 Grundsatzprogramms.

7 Kultur ist frei.

8 Kultur ist ein gemeinsames Gut und kulturelle Teilhabe ein Menschenrecht.

9 Kultur ist innovativ und vielfältig.

10 Kultur fördert nachhaltige Entwicklungen.

11 Kultur ist durch ihren kreativen und experimentellen Charakter Teil der 12 Demokratie.

13 Kultur wirkt auf regionaler und globaler Ebene identitätsstiftend und erneuernd.

14 Kultur baut Brücken.

15 Kultur überwindet Grenzen.

16 Kulturschaffende und Künstler*innen müssen angemessen entlohnt werden.

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Begründung

Kultur als Menschenrecht

Kultur ist gemeinsames Gut und kulturelle Teilhabe ein allgemeines Menschenrecht. Um dieses Gut zu bewahren und neu zu bereichern, bedarf es der Aktivitäten öffentlicher Institutionen genauso wie des privaten Engagements. Kulturelle Bildung soll alle Menschen in unserer Gesellschaft erreichen. Kulturelle Teilhabe muss niedrigschwellig zugänglich sein und sich an der Frage orientieren, was ein Individuum benötigt, um kulturell teilhaben zu können. Kulturelle Teilhabe kann zukünftig auch mit der fortschreitenden Digitalisierung ermöglicht werden.

Vielfalt der Kulturen

Unsere Kulturpolitik präsentiert sich zentral und dezentral, partizipatorisch und transparent. Widersprüche sind in der Kultur kein störendes, sondern ein belebendes Element. Wir stehen für eine vielfältige Kultur. Um sie zu stärken, empfehlen wir eine Kulturförderung, die sich auf Innovation, Teilhabe und Qualität konzentriert. Doch muss Kultur keinen Zweck erfüllen, denn Kunst und Kreativität sind frei.

Sparzwänge führen im kulturellen Bereich auch zu falschen Konzentrationsprozessen. Kultur muss in der Fläche erhalten bleiben. Regionale oder soziale Gefälle bezüglich der kulturellen Teilhabe dürfen keinen Bestand haben.

Kultur und Nachhaltigkeit

Kultur und Kreativität sind erneuerbare Ressourcen der Gesellschaft. Kulturarbeit kann dazu beitragen, nachhaltige Wirtschaftsformen kreativ zu entwickeln - Kunst ist nachhaltige Wissenschaft und Forschung. Grüne Kulturpolitik ist eine Politik der Nachhaltigkeit.

Kultur, Demokratie und Werte

Kultur hat mit ihrem kreativen Potenzial eine demokratische Funktion. Dazu muss sie riskant und experimentell sein dürfen. Kultur ist ein empathischer Begegnungsraum, der Grenzen sprengt bzw. keine Grenzen kennt. Politik verödet, wenn sie nicht konfrontiert wird mit dem, was über die vermeintlichen Grenzen hinausweist, innerhalb derer sie sich bewegt. Politik braucht die Erfahrung von Grenzüberschreitung, die Kultur schaffen kann. Kulturpolitik muss gerade auch das stärken, was scheitern kann und darf.

Kultureller Wandel ist immer auch ein Wertewandel. Kultur ist identitätsstiftend für Regionen und das Globale. Die kulturelle Vielfalt hat die Kraft, die Erneuerung beispielsweise der europäischen Gemeinschaft zu bewirken. Gleiches gilt für die internationale Gemeinschaft. Kultur schafft Brücken zwischen den Generationen, unterschiedlichen Gesellschaften und sozialen Gruppen. Sie setzt auf Produktionen und Interaktionen, die in der Lage sind, bestehende Distanzen und Fremdheiten aufzugreifen, diese in vielfältigen, kommunikativen Ausformungen zu bearbeiten und neue Blickweisen aufscheinen zu lassen.

Seite 2 / 3 A23 Kultur ins Grüne Grundsatzprogramm

Grüne Kulturpolitik

Unsere Kulturpolitik will den einzelnen Menschen in die Lage versetzen, seine Zukunft und die der Gesellschaft aktiv und kreativ mitgestalten zu können. Dafür wollen wir eine vielfältige Kulturlandschaft mit angemessenen Rahmenbedingungen zukunftssicher aufstellen. Sie soll dazu anregen, Menschen, Situationen und Objekte aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleben und auf Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Zivilgesellschaftliche Strukturen müssen dabei gefördert werden.

Diese Kulturpolitik lässt sich von den Ideen des Humanismus, der Freiheit und der Nachhaltigkeit leiten. Unsere Kulturangebote fördern mehrdimensionales Wahrnehmen, Erkennen, Analysieren, Hinterfragen und die eigene Kreativität. Damit können sie die Verbesserung unserer Lebensqualität erreichen und durch sinnlich- ästhetische Erfahrungen die emotionale Verankerung geistig-wissenschaftlicher Erkenntnisse ermöglichen. Eine werteorientierte Kulturpolitik unterstützt uns bei der Bewältigung der vielen großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie führt zu einer Stärkung unseres demokratischen Zusammenlebens und sie ist Teil der aktuell notwendigen Fortschreibung der Aufklärung. Gegenwärtig, im Zeitalter des Anthropozäns, hat der Mensch mit seiner Kultur, als die Natur maßgeblich beeinflussender Faktor, eine besondere Verantwortung.

Unterstützer*innen Lisa Badum (KV Forchheim), Uwe Kekeritz (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), Ekin Deligöz (KV Neu-Ulm), Beate Walter-Rosenheimer (KV Fürstenfeldbruck), Marlene Schönberger (KV Landshut-Land), Feride Niedermeier (KV Straubing-Bogen), Hedwig Borgmann (KV Landshut-Stadt), Matthias Ernst (KV Straubing-Bogen), Stefan Christoph (KV Regensburg-Stadt), Anita Karl (KV Straubing-Bogen), Frank Steinberger (KV Landshut-Land), Rosi Steinberger (KV Landshut-Land), Theresa Eberlein (KV Regensburg- Stadt), Martin Blankemeyer (KV München-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A24 FRAUEN*.WAHL.KAMPF.

Gremium: OV Fürstenfeldbruck Beschlussdatum: 19.09.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Für mehr Frauen* und Diversität in kommunalpolitischen Ämtern.

2 Für mehr Sichtbarkeit und Solidarität.

3 Für die Umsetzung unserer Verfassungsrechte.

4 Weil alle Frauen* von Diskriminierung betroffen sind, brauchen wir ein klares 5 Zeichen für die Solidarisierung mit und unter allen Frauen*. Wir müssen für 6 Sichtbarkeit sorgen und die Probleme öffentlichkeitswirksam thematisieren. 7 Bestehende Hürden können nur abgebaut werden, wenn die Bevölkerung sich dieser 8 bewusst wird.

9 Lasst uns daher unsere Stimme erheben. Laut und bestimmt. Nachdrücklich und 10 leidenschaftlich. Lasst uns mit gemeinsamen Aktionen auf die Straße gehen - in 11 ganz Bayern - und für die faktische Umsetzung unserer Rechte kämpfen.

12 Zu diesem Zweck rufen wir auf:

13 Zum bayernweiten Aktionstag „Frauen*.Wahl.Kampf.“

14 am 8. März 2020

15 ************************************************************

16 Frauen*.Wahl.Kampf.

17 Wofür kämpfen wir?

18 Längst ist Feminismus als Haltung im politischen Mainstream angekommen und doch

Seite 1 / 6 A24 FRAUEN*.WAHL.KAMPF.

19 erleben wir gleichzeitig einen hochgefährlichen Backlash.

20 Die Anteile von Frauen* in politischen Ämtern sind erschreckend gering. Vor 21 allem in unseren Kommunen und deren Gremien haben Frauen bislang nur rein 22 theoretisch die Hälfte der Macht. Faktisch sind hundert Jahre nach der 23 Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland die Anteile von Frauen in 24 politischen Ämtern wieder sinkend. Die Quote liegt nun weit unter dem 25 Bundesdurchschnitt. Nicht einmal jedes zehnte Rathaus wird von einer Frau 26 geleitet. 8,5 Prozent der berufsmäßigen und 10 Prozent der ehrenamtlichen 27 Bürgermeister*innenämter besetzen Frauen. Noch weniger Frauen haben auf 28 Landkreisebene das Sagen. Es gibt gerade einmal fünf Landrätinnen, hingegen 66 29 Landräte. (Stand Juli 2018, Quelle:BR)

30 Die kommunalen Gremien sind damit kein Abbild unserer Gesellschaft, hier 31 herrscht faktisch Männerpolitik. Diese geringe Frauen*beteiligung bringt eine 32 Ungleichheit, die die gesamte politische Landschaft der Kommunen prägt. Sie geht 33 in männlich dominierte Vorschriften über und mündet in einer diversitätsarmen 34 Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders. Schlussendlich gehen die Frauen* 35 und ihre Rechte unter. Es gilt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Wir dürfen 36 nicht weiter zurückfallen und bereits Erreichtes aufs Spiel setzen.

37 Wir GRÜNE fordern daher:

38 einen Stopp der strukturellen Benachteiligung und Diskriminierung von 39 Frauen* in der Politik

40 kommunalpolitische Vertretungen,die die ganze Gesellschaft abbilden

41 Hürden erkennen und sichtbar machen.

42 Selbstredend ist das Interesse an Politik bei Frauen* wie Männern gleich hoch. 43 Doch selbst wir GRÜNEN, die wir den Einsatz für Frauen*rechte und 44 Gleichberechtigung in unserer DNA tragen, tun uns nicht immer leicht darin, die 45 aussichtsreichen Listenplätze paritätisch voll besetzen zu können. Denn auch wir 46 merken, dass Frauen* zögerlicher zu Listenplätzen Ja sagen und um diese kämpfen 47 und das Frauenstatut nicht immer eingehalten wird.

48 Wir müssen uns daher diesem faktisch bestehenden demokratischen Missstand 49 annehmen, die Gründe beleuchten und ausmerzen. Wenn nicht wir, wer dann? Wann 50 wenn nicht jetzt?

51 Empowerment und Solidarität.

52 Wir müssen die Frauen* auf den Listen ebenso unterstützen, wie diejenigen, die

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53 den Wahlkampf im Hintergrund gestalten – und vor allem diejenigen, diegerade 54 noch am Anfang stehen.

55 Hierfür fordern wir:

56 mehr Unterstützung an der Basis und gezielte Förderprogramme

57 intensiveren und überregionalen Austausch von (ehrenamtlichen) 58 Mandatsträger*innen

59 gezieltere Vernetzung mit allen Frauen*

60 Gleicher Zugang für alle.

61 Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist immer auch eine soziale Frage. 62 Frauen verdienen im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer. Sie sind stärker von 63 Altersarmut betroffen, arbeiten häufig in unterbezahlten sozialen Berufen wie 64 der Pflege und leisten unbezahlte familiäre Sorgearbeit. Damit wir das ändern 65 können, brauchen wir die Perspektiven und diese müssen bereits auf kommunaler 66 Ebene geschaffen werden. Gleichsam stellen diese Ausgangslagen Hindernisse für 67 den Zugang zu politischen Ämtern dar. Frauen* nehmen immer noch mehr 68 Verantwortung in der Familie wahr als Männer. Die Versorgung mit 69 Kinderbetreuungen bspw. sind jedoch häufig schlecht. Frauen* werden damit 70 stärker daran gehindert, sich etwa bei politischen Stammtischen oder 71 Gemeinderatssitzungen einzubringen.

72 Das muss sich ändern! Familie und Mandat müssen für alle gleichermaßen vereinbar 73 sein. Sie darf ebenso wenig wie Herkunft oder Bildung ein Grund für Bevorzugung 74 oder Benachteiligung sein. Denn das Private ist politisch und das Politische ist 75 privat.

76 Wir fordern:

77 Die Ausgestaltung der politischen Arbeit muss flexibler werden, um den Zugang 78 allen gleichermaßen zu gewähren.

79 Gleichwertige Politik.

80 Immer wieder erleben wir, dass Frauen*beiträge in der Politik verfälscht, 81 abgeschwächt oder reduziert wahrgenommen und wiedergegeben werden. Themen, mit 82 denen Frauen häufig zu tun haben, werden in der männerdominierten Politik häufig 83 als unwichtiger erachtet.

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84 Wir brauchen folgende Veränderung:

85 Zum einen muss die Unterscheidung politischer Inhalte zwischen angeblichen 86 Frauen*- und Männerthemen endlich aufhören. Zum anderen muss die hierarchisch 87 bewertende Unterscheidung zwischen „harten“ Themen wie Straßenbau und „weichen“ 88 sozialen Themenstark hinterfragt werden. Es bedarf beider, egal von wem, ob von 89 Frau* oder Mann.

90 Sachorientierte Debattenkultur.

91 Schluss mit Sexismus, Machoismus und verbaler Gewalt! Persönliche Angriffe, 92 Reduzierung auf Klischees und sexistischer Umgang, wie wir sie allzu häufig in 93 wie außerhalb von Kommunalparlamenten vorfinden, betreffen besonders häufig 94 Frauen*.

95 Wir fordern:

96 das muss aufhören!

97 eine breite und laute innerparteiliche wie öffentliche Debatte über diese 98 strukturellen Probleme

99 konkrete, effektive Maßnahmen dagegen und die Verbreitung dieser bis an 100 die unterste Basis

101 eine Politik der Themen, Inhalte und eine sachorientierte Debattenkultur

102 Wir müssen erkennen, dass Frauen* gerade auch als Folge von Sexismuserfahrungen 103 immer noch häufiger Unsicherheiten in Bezug auf Auftreten oder der Sprache 104 verspüren als Männer. Das hindert sie erheblichstärker daran, sich auf 105 Machtpositionen wählen zu lassen.

106 Wir sagen:

107 Schluss mit einer Politik, die von Frauen* fordert, die besseren Männer sein zu 108 müssen. Jede Frau* muss politischer Betätigung ungehindert und ohne Angst 109 nachkommen können. Jede Frau muss sich selbst treu bleiben dürfen.

110 Wir sind der Meinung:

111 verbindlichen Quoten sind auch kommunal denkbar

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112 ein friedliches Miteinander kann nur aus einer gleichberechtigten 113 Gesellschaft wachsen

114 eine demokratische Gesellschaft bedarf der Gleichwertigkeit aller in der 115 Politik

116 Wir fordern:

117 auch den Landesvorstand auf, sich diesen bestehenden Problemen weiterhin 118 und noch intensiver anzunehmen und die Entwicklung landesweit 119 übergreifender Konzepte und Maßnahmen hiergegen bis in die unterste Basis 120 hinein weiter zu fördern und auszubauen

121 ALLE GRÜNEN auf, das Frauenstatut konsequenter zu leben

122 Antragsverfasserin: Johanna Mellentin (Rückfragen an: [email protected])

123 Unterstützer*innenliste:

124 Nele Utermöhlen, KV München

125 Christine Ganzhorn, KV Fürstenfeldbruck

126 Karin Frank, KV Fürstenfeldbruck

127 Jutta Beuke, KV Landsberg am Lech

128 Barbara Helmers, KV Fürstenfeldbruck

129 Martina Neubauer, KV Starnberg

130 Ilse Baumgarten, KV Landsberg am Lech

131 Franziska Emmerling, KV Landsberg am Lech

132 Judith Bogner, KV Mühldorf

133 Gina Merkl, KV Fürstenfeldbruck

134 Heike v. Dahlern, KV Landsberg am Lech

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135 Heidi Reiser, KV Landsberg am Lech

136 Daniela Groß, KV Landsberg am Lech

137 Kathrin Durach, KV Fürstenfeldbruck

138 Karin Geißler, KV Fürstenfeldbruck

139 Judith Schacherl, KV Fürstenfeldbruck

140 Sigrid Hofmann, KV Fürstenfeldbruck

141 Jan Halbauer, KV Fürstenfeldbruck

142 Thomas Schöttker-Königer, KV Fürstenfeldbruck

143 Andreas Birzele, KV Fürstenfeldbruck

144 Richard Olma, KV Fürstenfeldbruck

145 Matthias Weiss, KV Fürstenfeldbruck

146 Oliver Haas, KV München

147 Rolf Bakels, KV Fürstenfeldbruck

148 Dirk Spingler, KV Aschaffenburg Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A26 Hinweisgeber*innen besser schützen

Antragsteller*in: Gerhard Schmid (KV Bamberg-Land) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Parteien leben von dem in sie gesetzte Vertrauen und damit von ihrer 2 Glaubwürdigkeit. 3 4 Einen sehr sensiblen Bereich stellt in diesem Zusammenhang die 5 Parteienfinanzierung dar, und damit verbunden der grundsätzliche Umgang mit den 6 Partei-Finanzen. Unregelmäßigkeiten führen zu starkem öffentlichen Interesse und 7 zu Vertrauensverlusten bei Wähler*innen und Mitgliedern. 8 9 Wir sind deshalb als Bündnis 90/Die Grünen Bayern im Rahmen des 10 Wachstumsprozesses und der Professionalisierung gut beraten Strukturen zu 11 schaffen, die es unseren Mitgliedern und Mitarbeiter*innen ermöglicht 12 Verdachtsmomente von finanziellen Unregelmäßigkeiten einfach und schnell zu 13 melden. 14 15 Eine Partei mit ihren Freiwilligen-Strukturen ist darauf angewiesen, dass ihre 16 Mitglieder rechtzeitig Ungereimtheiten erkennen und diese auch melden. Wir sind 17 den Hinweisgeber*innen, aber auch den beschuldigten Personen verpflichtet, dass 18 mit diesen Fragestellungen diskret, neutral und gewissenhaft umgegangen wird. 19 20 Bündnis 90/Die Grünen ist hierbei in einer Fürsorgepflicht gegenüber ihren 21 Mitgliedern und Mitarbeiter*innen, einen adäquaten Aufklärungs-Prozess 22 bereitzustellen. 23 24 Verdachtsmomente 25

26 Für die Hinweisgeber*innen selbst stellt eine Verdachtsäußerung eine nicht zu 27 unterschätzende Belastung dar: Zum einen hinterfragt man sich selbst, ob die 28 gemachten Beobachtungen wirklich den Tatsachen entsprechen. Zum anderen 29 verdächtigt man gegenüber Dritten einen Menschen, mit dem man vertrauensvoll 30 zusammenarbeiten wollte und der zumeist ein Parteiamt bekleidet.

31 Darüber hinaus wird durch die Formulierung von Anschuldigungen die/der 32 Hinweisgeber*in selbst zum Objekt von Fragestellungen. Die/der Hinweisgeber*in 33 muss damit rechnen, dass ihre/seine eigene Integrität hinterfragt wird.

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34 35 Hinweisgeber*innen sind somit besonderen Belastungen ausgesetzt, insbesondere, 36 wenn die Zusammenarbeit mit der verdächtigten Person im weiteren Verlauf der 37 Untersuchungen fortgesetzt werden muss.

38 Es ist für alle involvierten Personen daher äußerst bedeutsam, dass sensibel mit 39 dem Untersuchungsgegenstand und den beteiligten Personen umgegangen wird, bis 40 der Sachverhalt aufgeklärt ist.

41 Fürsorgepflicht

42 Da solche Verdachtsmomente die absolute Ausnahme- und nicht der Regelfall sind, 43 wissen Kassierer*innen, Rechnungsprüfer*innen aber auch Vorstände nicht, wie 44 diese Verdachtsmomente bestmöglich aufgeklärt und gesteuert werden können. Es 45 gibt meist kein historisches Wissen, wie man damit verantwortungsvoll umgehen 46 kann.

47 Somit kann erheblicher Schaden für einzelne Personen aber auch für die Partei 48 entstehen. Dem sollten wir als Bündnis 90/Die Grünen durch wirksame Maßnahmen 49 entgegenwirken. 50 51 Aufklärungsinteresse

52 Da es sich um Verdachtsmomente handelt, die zunächst einmal genauer untersucht 53 und validiert werden müssen, ist es ein Drahtseilakt die notwendige Transparenz 54 gegenüber den betroffenen Partei-Gliederungen aber auch gegebenenfalls gegenüber 55 der Öffentlichkeit walten zu lassen.

56 Um in diesem Umfeld ein entsprechendes Vertrauen in den Aufklärungswillen einer 57 Partei entgegen bringen zu können, ist es für Hinweisgeber*innen von besonderer 58 Wichtigkeit, dass durch entsprechende Strukturen sichergestellt ist, dass dem 59 Verdachtsmoment unverzüglich, ohne ansehen der Person, politischen Interessen 60 und verfügbaren Kapazitäten in der Landesgeschäftsstelle, gewissenhaft 61 nachgegangen wird. 62 63 Dauerhafte Strukturen schaffen – Ombudsstelle Finanzen

64 Die Grüne Bundestagsfraktion macht sich für die Ausweitung des Whistleblower- 65 Schutzes in unserer Gesellschaft stark. Machen wir uns auf, Hinweisgeber*innen 66 in unserer Partei ebenfalls die notwendige Unterstützung in dieser für sie 67 schwierigen Situation zukommen zu lassen. Gewähren wir ihnen, wie bereits den 68 Menschen, die selbst Opfer von sexuellen Belästigungen geworden sind und jenen, 69 die dies bei anderen beobachtet haben, eine der Situation angemessene spezielle 70 Unterstützung.

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71 Grüne Mitglieder und Mitarbeiter*innen brauchen eine Anlaufstelle außerhalb der 72 Partei, an die sie gegebenenfalls beobachtete Unstimmigkeiten im Finanzgebaren 73 melden können. Es braucht eine Ombudsstelle-Finanzen. 74 75 Zusammensetzung und Berufung der Ombudsstelle-Finanzen:

76 Die Ombudsstelle-Finanzen soll aus einer/einem Wirtschaftsprüfer*in und 77 einer/einem Jurist*in (quotiert nach Geschlecht) bestehen, welche nicht 78 Parteimitglieder sind.

79 Die Ombudspersonen werden für jeweils zwei Jahre vom Landesausschuss 80 beauftragt. Eine Zusammenarbeit bei der Einrichtung einer Ombudsstelle- 81 Finanzen mit anderen Landesverbänden und/oder dem Bundesverband ist 82 möglich.

83 Aufgaben der Ombudsstelle Finanzen:

84 Aufklärung

85 Die Ombudsstelle nimmt Hinweise zu Finanz-Unregelmäßigkeiten von 86 Parteimitgliedern und Mitarbeiter*innen entgegen. So soll ein Raum 87 geschaffen werden, in dem Parteimitglieder und Mitarbeiter*innen 88 geschützt persönliche, strukturelle oder institutionelle 89 Schwachstellen im Umgang mit Parteifinanzen ansprechen können. Sie untersucht die Verdachtsmomente unmittelbar und selbständig. 90 Hierzu sind Parteimitglieder und Gremien gegenüber der Ombudsstelle 91 auskunftspflichtig. 92 Sie unterrichtet den betroffenen Personenkreis und die betroffenen Gremien regelmäßig über den Untersuchungsgegenstand und - 93 fortschritt. 94 Hinweisgeber*innen und betroffene Gremien (Vorstandsmitglieder o.ä.) 95 erhalten einen vollumfänglichen schriftlichen Abschlussbericht zum Untersuchungsgegenstand. Der Abschlussbericht informiert über 96 Ergebnisse und getroffene Maßnahmen. 97 Straftaten werden von der Ombudsstelle angezeigt. 98

99 101 Unterstützung von Hinweisgeber*innen und Zeugen:

100 102 Hinweisgeber*innen und Zeug*innen werden im Fall von notwendigen 103 Aussagen gegenüber Behörden - zum Beispiel Polizeibeamten oder vor 104 Gericht - durch die Ombudsstelle unterstützt. Darüber hinaus sollte die Stelle Coaches zur Begleitung der 105 betroffenen Personen während der Untersuchung benennen können. 106

107 Erarbeitung von Empfehlungen zur Prophylaxe

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108 Die Ombudsstelle-Finanzen erfasst die Verdachtsfälle und 109 unterrichtet den Landesvorstand und Finanzausschuss regelmäßig sowie 110 vertraulich über Verdachtsfälle und bringt Vorschläge zur Vermeidung 111 ein. Basierend auf den Berichten erarbeiten Landesfinanzausschuss und 112 Landesvorstand wirksame Gegenstrategien in den Parteistrukturen. 113

114 Bekanntmachung der Ombudsstelle:

115 Damit die Ombudsstelle-Finanzen ihre volle Wirkung entfalten kann, ist es 116 zwingend notwendig für einen entsprechenden Bekanntheitsgrad bei den Mitgliedern 117 und für einen niedrigschwelligen Zugang zu sorgen. Hierfür werden folgende 118 Maßnahmen ergriffen:

119 Eine eigene Rufnummer und eine eigene Email-Adresse sind die Schnittstelle 120 zwischen Hinweisgeber*in und der Ombudsstelle-Finanzen.

121 Ihre Bekanntmachung erfolgt durch entsprechende Hinweise auf Briefpapier, 122 parteiinternen Publikationen sowie auf der Homepage und im Newsletter.

123 Verankerung der Ombudsstelle-Finanzen in der Landessatzung.

124 Nicht zuletzt verbleibt bei der Partei die Aufgabe, nach der Aufklärung von 125 Verdachtsmomenten zu unrecht beschuldigte Personen bestmöglich zu 126 rehabilitieren.

127 Wir machen uns auf den Weg, um unsere Strukturen zu verbessern und durch 128 verschiedene Maßnahmen dauerhaft Hinweisgeber*innen zu schützen und zu 129 unterstützen. Wir setzen die entsprechenden Maßnahmen ab Bechluss innerhalb von 130 12 Monaten um. Eine Validierung der Maßnahmen erfolgt spätestens nach 5 Jahren.

Unterstützer*innen Susanne Bauer (KV Bayreuth-Land), Manuela Rottmann (KV Bad-Kissingen), Barbara Poneleit (KV Forchheim), Martin Heilig (KV Würzburg), Philipp Brammer (KV Hof), Sebastian Auer (KV Hof), Maria Kalin (KV Passau-Stadt), Luca Rosenheimer (KV Bamberg-Stadt), Peter Herold (KV Hof), Elisabeth Scharfenberg (KV Hof), Melanie Hippke (KV Augsburg), Andrey Novak (KV Forchheim), Benni Adjei (KV München-Stadt), Christian Sauter (KV Erlangen-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A27 EU-Mercosur-Abkommen stoppen – Fairhandel geht vor Freihandel!

Antragsteller*in: Uwe Kekeritz, MdB (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Bündnis 90/ Die GRÜNEN in Bayern lehnen das aktuelle Freihandelsabkommen mit den 2 Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay (Mercosur) ab. Wir brauchen 3 eine Umkehr im Denken: fairer Handel muss zentraler Bestandteil internationaler 4 Handelsabkommen werden. Der sozial-ökologisch Anspruch muss gerade heute in 5 internationalen Verträgen im Fokus stehen. Menschenrechte und Klimaziele lassen 6 keinen Verhandlungsspielraum zu.

7 Mitte September hat das österreichische Parlament gegen das geplante 8 Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten 9 gestimmt, andere Mitgliedsländer drohen mit einem Veto. Bäuerinnen und Bauern 10 demonstrieren dagegen, nur die Bundesregierung hält an dem Abkommen fest.

11 Ziel eines Freihandelsabkommen ist die Senkung von Handelsschranken zu Gunsten 12 eines freien Warenaustausches. Verbindliche Umwelt- und Sozialstandards sucht 13 man in diesen Abkommen allerdings oftmals vergebens. Wir GRÜNE wollen jedoch 14 ökologische, soziale und menschenrechtliche Standards erhalten und in 15 internationalen Verträgen Geltung verschaffen. Es geht um gerechte 16 Handelsbeziehungen. Das Primat muss der faire Handel sein und nicht der freie 17 Handel. Es darf Europa nicht egal sein, wie Export, Wachstum und Konsum anderswo 18 zu Armut, Raubbau an der Natur und Zukunftslosigkeit beiträgt.

19 In dem nun vorliegenden EU-Mercosur-Abkommen - dem größten Freihandelsabkommen, 20 das die EU jemals ausgehandelt hat - werden aber keine verbindlichen 21 Vereinbarungen zu Klima- und Umweltschutz, keine belastbaren Aussagen zu den 22 Pariser Klimazielen und auch keine verpflichtende Aussagen zu Arbeits- und 23 Sozialstandards getroffen. Auch für den Schutz der Indigenen werden keine 24 bindenden Vereinbarungen festgeschrieben. Gut gemeinte Bekenntnisse im 25 Nachhaltigkeitskapitel bleiben ohne weitere Ausführungen, Bestimmungen oder 26 Sanktionen im Falle ihrer Missachtung wirkungslos. Wir machen eine Rolle 27 rückwärts, wenn wir Freihandelsverträge abschließen, die nicht einmal die 28 Mindeststandards erfüllen.

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29 Wir sollen Gen-Soja und Rindfleisch aus fragwürdigem Anbau importieren, um dafür 30 Autos und Maschinen exportieren zu können. Letztlich zahlen sowohl die 31 europäischen Landwirte wie auch südamerikanische Kleinbauern den Preis. Nur die 32 industrielle Agrarproduktion wird sich in solch einem Wettbewerb behaupten 33 können. Dieser Vertrag würde eine bitter notwendige deutsche und europäische 34 Agrarwende kaum noch möglich machen. Dazu ignorieren wir die zahlreichen 35 sozialen und ökologischen Ziele, für die wir in Europa hart ringen und die für 36 den Erhalt unseres Planeten unverzichtbar sind! Es ist zynisch, das Pariser 37 Klimaabkommen und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu 38 unterschreiben und gleichzeitig auf Handelsabkommen wie das zu Mercosur zu 39 setzen, welche den Raubbau an der Natur billigend in Kauf nehmen.

40 Brauchen wir noch mehr Gen-Soja, mehr Hühner- und Rindfleisch oder Billig- 41 Zucker, mehr Ethanol-Kraftstoff aus Zuckerrohr? Warum sollen wir Milch und Käse 42 aus Europa gegen Milch und Käse aus Südamerika tauschen? Wollen wir zusätzliche 43 Anreize für eine Agrarindustrie, die Raubbau an Umwelt und Ressourcen betreibt? 44 Sowohl in Argentinien wie auch in Paraguay und Brasilien wird durch das 45 Handelsabkommen die agrarindustrielle Umwandlung der für die Menschheit 46 überlebenswichtigen Regen- und Trockenwälder nachdrücklich forciert. Die dortige 47 Agrarindustrie überzieht im ganzen südamerikanischen Raum gewaltige Flächen mit 48 Monokulturen. Das macht den massiven Einsatz von Pestiziden in der sechs- bis 49 zehnfachen Menge im Vergleich zu Europa notwendig. Umwelt und Menschen vor Ort 50 leiden darunter extrem. Hinzukommt, dass viele dieser Pestizide in Europa 51 verboten sind, aber durch den Import wieder vermehrt auf unserem Teller landen 52 würden.

53 Zudem darf die EU nicht die Politik eines Rechtsextremisten wie Jair Bolsonaro 54 in Brasilien mit solch einem Abkommen unterstützen. Ein Präsident, der die 55 Aneignung von Flächen für die Agrarindustrie zum obersten Ziel erklärt hat. 56 Riesige Waldflächen werden aktuell legal und illegal gerodet. Und die indigenen 57 Einwohner*innen Brasiliens Stück für Stück entrechtet. Wir Europäer*innen dürfen 58 keine politischen Systeme stärken, in denen homophobes und rassistisches 59 Verhalten verherrlicht und eine öko-vandalistische Politik begünstigt wird, die 60 zugleich das lokale gesellschaftliche Klima und das Weltklima bedroht.

61 Die Europäische Landwirtschaft steht trotz Subventionen unter enormem Druck, da 62 sie exportorientiert und an Weltmarktpreisen ausgerichtet ist. Das EU-Mercosur- 63 Abkommen setzt besonders den europäischen Rindfleischmarkt unter Druck und das 64 wirkt sich auch auf Bayern aus. Wir GRÜNE in Bayern sind ständig bemüht, 65 flächenangepasste Weidehaltung in Bayern zu fördern und auszubauen, denn sie 66 gilt als nachhaltigste Form der Nutztierhaltung, mit einer sehr positiven 67 Wirkung auf Klimaschutz und die Artenvielfalt. Durch das EU-Mercosur-Abkommen 68 könnte diese Form der Weidehaltung komplett unrentabel werden und über kurz oder 69 lang verschwinden.

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70 Wir GRÜNE stehen für fairen Handel und sehen ökologisch-soziale Standards nicht 71 als Handelshemmnisse. Wir sollten bei internationalen Handelsabkommen Vorgaben 72 und Regeln der regionalen Ernährungssysteme ernst nehmen, wobei das „Recht auf 73 Nahrung und Wasser“ dabei maßgeblich ist. Nahrungsmittel sind Güter von 74 besonderem Wert: Eine Bevölkerung kann im Zweifel auf Autos verzichten, aber 75 nicht auf Nahrungsmittel oder eine intakte Umwelt. Die Folgen der 76 südamerikanischen Landwirtschaft müssen uns daher auch vor dem Recht auf Leben 77 und Nahrung interessieren. Wenn Menschen durch agrarindustrielle Anlagen die 78 Lebensgrundlagen wie der Zugang zu Wasser oder eine giftfreie Umgebung genommen 79 werden, wenn indigene Bevölkerungsteile entrechtet werden oder massive 80 Umweltzerstörung betrieben wird, dann sind das Folgen, die Europa nicht 81 hinnehmen kann. Ein Handelsabkommen, das verkürzt Autos gegen Gen-Soja und 82 Rindfleisch tauscht, muss die Folgen dieser Geschäfte für Umwelt und Klima sowie 83 für die Bevölkerung in der Partnerregion berücksichtigen. Das ist bei diesem 84 Abkommen aktuell nicht der Fall. Wir wollen die notwendige Transformation für 85 eine klimagerechte Zukunft nicht durch den globalen Wettbewerb um niedrige 86 Standards untergraben lassen sondern den Raubbau an der Natur weltweit beenden.

87 Bündnis 90/ Die GRÜNEN in Bayern lehnen das EU-Mercosur-Abkommen aus den oben 88 genannten Gründen ab und fordern die Bayerische Staatsregierung auf im Bundesrat 89 gegen eine Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommen zu stimmen.

Begründung

In Brasilien werden aktuell pro Minute etwa drei Hektar Fläche gerodet. Allein im Juni 2019 wurden 920 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt und damit doppelt so viel wie im Juni 2018. Die Werte der brasilianischen Raufahrtbehörde (Inpe) für Juli sind noch alarmierender, sie geben eine Steigerung von 278 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an (https://www.sueddeutsche.de/politik/brasilien-bolsonaro-amazonas-1.4550598, Stand 16. Aug 2019). Meist war bisher von illegalen Bandrodungen die Rede (https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/brasilien-abholzung-des-regenwalds-erreicht-hoechsten-stand- seit-10-jahren-a-1240226.html, Stand 16. Aug 2019). Doch aktuell legalisiert der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro persönlich das kriminelle Vorgehen. Und feuert eher den Vorsitzenden der Raumfahrtbehörde, als auf die Zahlen mit politisch klugen Ideen zu reagieren (https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/brasilien-abholzung-des-regenwalds-erreicht-hoechsten-stand- seit-10-jahren-a-1240226.html, Stand 16. Aug 2019).

Seit Amtsantritt hat Bolsonaro den Hunger der Agrarindustrie nach Landfläche mit allen Mitteln bedient. Die Lobby der agrarindustriellen Landwirtschaft ist extrem mächtig in Brasilien und gehört neben den Militärs und den Evangelikalen zu den stärksten Unterstützern Bolsonaros. Sie ist die treibende Kraft bei Waldrodungen mittels gefälschter Flächeninbesitznahme. Auf riesigen Plantagen über tausende Quadratkilometer bauen Großgrundbesitzer Gen-Soja, Mais, Eukalyptus und Gen-Baumwolle an. Dafür wird aktuell der Cerrado, ein Trockenwald, der sich vom mittleren bis in den Nord-Osten Brasiliens zieht, systematisch erschlossen. Die Regenwälder im Amazonasgebiet geraten auch wieder zunehmend unter Druck. Mit der Waldvernichtung werden die dort seit langem Wohnenden und indigenen Einwohner mit Scheinbesitzurkunden vertrieben.

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Wasserkreisläufe werden zerstört, kostbare Naturräume und Artenvielfalt massiv vernichtet. Doch das Gen- Soja wird nicht nur exportiert, es wird auch mehr und mehr vor Ort „veredelt“. Die Fleischindustrie zählt allein in Mato Grosso, ein Bundesstaat im Cerrado und etwa 2,5 so groß wie Deutschland, aktuell mehr als 21 Millionen Rinder – bei circa 3,5 Millionen Einwohnern.

Die Folgen für Menschen, Umwelt und Klima spielen für Brasiliens Präsidenten keine Rolle. Wichtig ist nur, das wachsende Geschäft mit Agrargütern wie Gen-Soja, Rindfleisch und Co. Umweltstandards existieren in Brasilien durchaus, doch kontrolliert wird kaum. Seit dem Amtsantritt Bolsonaros wurden zudem viele Umweltstandards ausgesetzt. Laut der brasilianischen Gesellschaft für Agrarökologie sind knapp die Hälfte der 50 hauptsächlich in Brasilien eingesetzten Pestizide in den USA, Kanada oder Europa verboten. Fehlende Tierschutzstandards, die ungenügende Kontrolle der Umweltgesetze bzw. der völlige Freibrief, den Bolsonaro der ungebremsten Agrarproduktion einräumt, zeigen, dass die Behauptung der EU Kommission, Brasilien und Südamerika könnten oder wollten nach europäischem Standard liefern, letztlich blauäugig und naiv ist oder schlicht keine Rolle spielt, wenn es um die eigenen Exporte von Autos geht.

Insgesamt zeigt der brasilianische Präsident keinerlei Willen, bisher in Brasilien erreichtes Recht und Gesetz einzuhalten. So ignoriert Bolsonaro die Rechte der indigenen Bevölkerung nicht nur völlig was die Reservate und Schutzrechte angeht. Bolsonaro ruft öffentlich auf diese zu ignorieren, weil die indigenen Völker bereits zu viele Privilegien genössen. Und meint damit vor allem die ausgewiesenen Reservate. Circa 13 Prozent bislang meist unerschlossener Urwälder wurden den indigenen Völkern vom brasilianischen Staat zugesprochen. Bolsonaro ist das jedoch ein Dorn im Auge. Er will „In-Wert-Setzung“ um jeden Preis. Mit aggressiven Parolen heizt er die Stimmung gegen indigene Einwohner an. Goldgräber, Bauern und Holzarbeiter nutzen den Aufruf des Präsidenten um - legal oder illegal – das Land in Besitz zu nehmen und seine Ressourcen auf Kosten der indigenen, von Umwelt und Natur auszubeuten. Dabei werden lebensnotwendige Ressourcen der indigenen Einwohner vor Ort vernichtet und im weiteren Umland auch vergiftet. Dies halten wir für ein systematisches Vergehen gegen die Rechte der indigenen Bevölkerung.

Noch im Wahlkampf 2017 warnte die Wochenzeitung „Die Zeit“ vor einem möglichen Präsidenten Jair Bolsonaro: Er sei „ein Mann der äußersten Rechten, der mit übertriebenen polemischen Aussagen gerne die Rolle eines Politikclowns à la Donald Trump spiele. Rassismus, Homophobie, Sympathien für die Militärdiktatur und Folterknechte, offen vorgetragenes faschistisches Gedankengut: Bei Bolsonaro ist alles zu finden.“ (https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-07/brasilien-lula-da-silva-jair-bolsonaro-petrobras-sergio-moro/seite-3 , Stand 16. Aug 2019) Heute muss man feststellen, dass dieser Mann eine gefährliche Bedrohung darstellt: in Brasilien für Schwule und Lesben ebenso wie für indigene Völker. Weltweit für Klima und Umwelt. Für Bolsonaro zählt ausschließlich Profit. Diplomatische Verwerfungen sind ihm dabei egal, ähnlich wie Trump.

Allein aus diesen Gründen ist das Freihandelsabkommen in der Form abzulehnen.

Unterstützer*innen Christian Zwanziger, MdL (KV Erlangen), Florian Siekmann, MdL (KV München), Gisela Sengl, MdL (KV Traunstein) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A28 Kommunale Familienpolitik - Mehr Raum für Eltern und Kinder

Antragsteller*in: Stefan Schmidt, MdB (KV Regensburg- Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Das Bild der Familie hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte verändert. Neben 2 der klassischen "Kernfamilie", die zwar nach wie vor die Lebensform der meisten 3 Familien darstellt, haben andere Konstellationen, wie z.B. Patchworkfamilien, 4 bei der sich Kinder und Eltern aus unterschiedlichen Familienphasen jeweils neu 5 mischen, zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Alleinerziehendenhaushalte machen 6 mittlerweile ca. 20% der Familienhaushalte aus. Das unterstreicht: Familien sind 7 bunt und vielfältig und häufig an zeitliche und räumliche Erfordernisse der 8 heutigen Arbeitswelt angepasst. Veränderte gesellschaftliche und ökonomische 9 Rahmenbedingungen stellen familiäre und kommunale Strukturen vor neue 10 Herausforderungen. Die Gründung einer Familie geht häufig mit verringertem 11 finanziellen Spielraum, Schwierigkeiten und Engpässen bei der Kinderbetreuung, 12 sowie beruflichen Einschnitten einher. Im Bereich der Stadtplanung, der 13 Vermietung von Wohnungen sowie im ÖPNV, werden Familien mit Kindern noch zu 14 selten mitbedacht, zum Teil sogar benachteiligt. Die von Arbeitgebern zunehmend 15 geforderte Flexibilität und Mobilität ist für ArbeitnehmerInnen mit Kindern 16 deutlich schwerer zu erfüllen, als für Kinderlose. Die Vereinbarkeit von Familie 17 und Beruf wird meist noch immer ausschließlich als Frauenthema begriffen. Eine 18 wirkliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist erst erreicht, wenn den 19 Männern wie den Frauen eine Erwerbstätigkeit möglich ist, mit der sie ihren 20 beruflichen wie ihren familialen Verpflichtungen nachkommen können.

21 Aufgabenstellung der Kommunen muss es daher sein, möglichst ganzheitlich und 22 leicht zugängliche Unterstützungsmöglichkeiten für Familien zu schaffen.

23 Eine moderne kommunale Familienpolitik muss Angebote für verschiedene 24 Lebensentwürfe- und -situationen bereithalten, gerecht sein und Teilhabe für 25 alle ermöglichen. Die Ansatzpunkte und Lösungen sind dabei so differenziert und 26 vielfältig, wie die Lebensentwürfe und die Familien selbst.

27 Wir Grüne wollen, dass die Kommunen in Bayern Kinder und Familien in das Zentrum 28 ihres politischen und planerischen Handelns rücken und diese in ihrem 29 Wirkungskreis gezielt unterstützen. Denn eine familienfreundliche Kommune ist

Seite 1 / 6 A28 Kommunale Familienpolitik - Mehr Raum für Eltern und Kinder

30 auch eine lebenswerte Kommune mit funktionierender Infrastruktur, reichem 31 Sozialleben und Weitblick für künftige Herausforderungen. Die 32 Entwicklungspotentiale von Kommunen sind mit familienfreundlichen 33 Lebensumständen verzahnt und im besten Eigeninteresse der Kommunen.

34 Nicht für, sondern mit Familien planen

35 Wir Grüne wollen Familien in besonderem Maße fördern. Durch eine bürgernahe 36 Politik begegnen wir den Herausforderungen des demographischen Wandels, der 37 Strukturschwäche oder den Problemen von Ballungsräumen wie Wohnungsknappheit und 38 hohen Lebenshaltungskosten. Familienpolitik in Kommunen soll Strukturen 39 schaffen, die Menschen dazu ermutigen, Familien zu gründen sowie ein 40 integriertes und umfassendes Maßnahmenpaket für alle Familienbelange etablieren, 41 um Familien mit ihren Kindern in den verschiedenen Lebenslagen unterstützend zu 42 begleiten. Im Zentrum sollten hierbei die Familien vor Ort stehen, die bereits 43 in den Kommunen leben und nicht das Buhlen um Familien anderer Kommunen.

44 Familiale Infrastruktur schaffen

45 Jede Kommune braucht ein zeitlich flexibles und qualitativ überzeugendes Kita- 46 und Kindergartenangebot. Deswegen ist es unser Anliegen, die Kinderbetreuung 47 wohnortnah auszubauen, qualitativ zu verbessern und Flexibilität zu 48 gewährleisten. Dabei sollte vor allem die Betreuung der unter dreijährigen 49 Kinder im Fokus stehen. Die Betreuungsquote ist in Bayern im Vergleich zu 50 anderen Bundesländern noch immer eher niedrig. Ein engagierter Ausbau mit 51 staatlicher Unterstützung der Kommunen ist daher geboten. Die Qualität der 52 Betreuung hängt maßgeblich vom Personal ab, daher fordern wir die Kommunen auf, 53 ausreichend und qualifiziertes Personal gemäß einem ambitionierten 54 Betreuungsschlüssel für die Einrichtungen zu generieren. Schlüssel hierfür ist 55 neben gesellschaftlicher Anerkennung eine ordentliche Bezahlung. Wir möchten 56 Familien die Möglichkeit geben, neben den klassischen Kita-Öffnungszeiten auch 57 Betreuungsangebote von qualifizierten Babysittern oder anderen 58 Betreuungsangeboten in Form von Abend-, Nacht- und Wochenendbetreuung 59 wahrzunehmen. Die Kommune soll hier unterstützend in der Vermittlung tätig 60 werden.

61 Darüber hinaus wollen wir neben dem Angebot der Ganztagsschulen ein 62 flächendeckendes und attraktives Angebot der Nachmittagsbetreuung für 63 Schulkinder. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass dabei gesellschaftliche 64 Netzwerke zur Betreuung und Unterstützung als ergänzendes Angebot zu den 65 Ganztagesleistungen von den Kommunen, z.B. durch Bereitstellung von 66 Räumlichkeiten, gefördert werden. Davon profitieren sowohl Eltern, da sie 67 Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen können, als auch die Kinder, 68 durch einen besseren Zugang zu einem umfassenden und vielfältigen 69 Bildungsangebot. Natürlich muss hier die Kommune als Arbeitgeberin mit gutem

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70 Vorbild voran gehen. Ziel muss sein, dass Eltern nicht auf das passende Angebot 71 hoffen müssen, sondern eine Wahlmöglichkeit haben.

72 Eine weitere Erleichterung im Berufsalltag von Familien stellt die Schaffung von 73 "Co-Working-Spaces" in Kombination mit Kinderbetreuungsmöglichkeiten dar. Sie 74 bieten den Eltern die Option in der Nähe des (noch kleinen) Kindes zu arbeiten, 75 und gleichzeitig dem Beruf nachzugehen. Dafür braucht es Räumlichkeiten, aber 76 auch den Dialog mit den Unternehmen vor Ort, um diese auf die Thematik 77 aufmerksam zu machen und ggf. zu sensibilisieren.

78 Familien werden immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen Hilfe von 79 außen einen unschätzbaren Wert hat, vor allem für sozial schwächere oder neu 80 zugezogene Familien. Unser Ziel ist es, hier steuernd einzugreifen und Angebot 81 und Nachfrage zusammen zu bringen, beispielsweise im Rahmen von 82 Familienpatenschaften: Engagierte Bürger*innen können sich bei Stadt oder 83 Gemeinde in Hilfslisten eintragen lassen, wobei sie selbst den Rahmen ihrer 84 Hilfeleistung bestimmen können – sei diese ganz praktischer Natur wie 85 Besorgungen machen, oder finanzieller Natur, beispielsweise das Sponsoring einer 86 Teilnahme am städtischen Ferienprogramm. Ebenso verhält es sich mit der 87 Freiwilligenarbeit und Nachbarschaftshilfe. Wir möchten dieses Angebot durch die 88 Finanzierung der Weiterbildung der Freiwilligen verbessern, aber auch qualitativ 89 steuern, indem beispielsweise kleinere Schulungen durch örtliche Fachkräfte 90 (SozialarbeiterInnen, ErzieherInnen, etc.) organisiert werden.

91 Vier von zehn Alleinerziehenden mit kleinen Kindern sind in unserem Land arm. 92 Dabei arbeiten alleinerziehende Frauen im Schnitt sogar fünf Stunden mehr als 93 Frauen in Paarfamilien. Deswegen dürfen vor allem Alleinerziehende nicht alleine 94 gelassen werden. Aus diesem Grund werden wir GRÜNE dafür sorgen, dass die 95 Leistungen Alleinerziehender anerkannt werden und die Bekämpfung von Kinderarmut 96 vorangetrieben wird: Wir machen uns stark für Familien – egal in welcher Form. 97 Für Investitionen in gute und wohnortnahe Kitas und Schulen, für die 98 Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Angebote zu Inklusion und 99 Integration und die Einführung einer Kindergrundsicherung.

100 Schaffung familienfreundlicher und -gerechter Wohn- und Lebensräume

101 Familiengerechtes Wohnen braucht Sicherheit und Entfaltungsmöglichkeiten im 102 Wohnumfeld, aber auch nahe Versorgungseinrichtungen. Das unbeaufsichtige Spielen 103 der Kinder im häuslichen Umfeld, wie Garten oder Nachbarschaft, stellt für 104 Eltern meist eine Entlastung und eine wichtige Entwicklungsmöglichkeit der 105 Kinder dar. Eine große Rolle spielen kind- und altersgerechte Freizeitangebote 106 wie Krabbelgruppen, Sportvereine, Musikschulen, Theatergruppen, Kunstschulen und 107 Ähnliches. 108 Auch ein verbesserter ÖPNV, kann Eltern im Alltag ungemein entlasten. So können 109 z.B. die sog. Fahrten der "Eltern-Taxis" verringert werden. Deshalb werden wir

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110 dafür sorgen, dass ein entsprechend familienfreundliches Angebot der 111 öffentlichen Verkehrsmittel, bis hin zu gut ausgebauten und sicheren 112 Fahrradwegen, z.B. in Form von ticketfreien ÖPNV für Eltern oder Großeltern mit 113 Kinderwagen und in Begleitung von Kleinkinder/n, ins Leben gerufen wird.

114 Wir wollen, dass die Kommunen durch die Ausweisung von verkehrsberuhigenden 115 Maßnahmen, Investitionen in moderne und sichere Spielplätze und mehr 116 Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum die Familien aktiv unterstützen.

117 Bisher werden Wohnsituationen von Familien häufig in Form finanzieller 118 Geschenke, wie dem „Baukindergeld Plus“ oder einer „ProKind-Zulage“, bedacht. 119 Oft wird das in Kommunen mit der Ausweisung eines neuen Baugebiets kombiniert. 120 Was auf den ersten Blick wie eine Wohltat für Familien aussieht, entpuppt sich 121 bei genaueren Hinsehen als nicht nachhaltige Investition der öffentlichen Hand. 122 Für Familien in Ballungsräumen ist die staatliche Subvention anhand der zu 123 bezahlenden Preise marginal und für Familien in ländlichen Regionen ebenfalls 124 keine nennenswerte Unterstützung. Einen substantiellen Beitrag zur Schaffung von 125 mehr Wohneigentum stellen diese Maßnahmen aus unserer Sicht nicht dar.

126 Wir Grüne erachten die Schaffung eines lebenswerten Umfelds als wichtiges Ziel. 127 Faktoren wie kurze Wege zu Gegenständen des täglichen Bedarfs samt verlässlicher 128 Mobilitätsangebote sowie eine sozial durchmischte Nachbarschaft mit 129 unterschiedlichen Generationen machen ein Wohnquartier attraktiv. Darauf 130 aufbauend wollen wir daher auf neue Modelle setzen, wie z.B. dem Verkauf von 131 Immobilien mit Nießbrauchrecht, um Familien im Ort zu halten und einem Ausbluten 132 der Ortskerne entgegenzuwirken.

133 Kommunale Verwaltung

134 Familienpolitik soll als übergreifende Querschnittspolitik in den Städten und 135 Gemeinden etabliert und institutionalisiert werden. Kommunen dürfen Kinder und 136 Familien nicht nur als Querschnittsthema entlang verschiedener Ressorts und 137 deren fachspezifischer Blickwinkel begreifen, sondern ganzheitlich betrachten. 138 Wir Grüne setzen uns für die Erarbeitung eines familienpolitischen Leitbilds 139 ein. So können jegliche politische Entscheidungen auf ihre Familientauglichkeit 140 in der Kommune überprüft und mitgestaltet werden. Wir sind überzeugt, dass eine 141 zentrale Anlaufstelle (z.B. das Landratsamt) der Schlüssel für eine 142 zielgerichtete Familienpolitik ist, daher wollen wir ein kommunales Management 143 für Familien in der Verwaltungsebene zusammen mit einer familienpolitischen 144 Gesamtstrategie etablieren, um die Förderung kinder- und familienfreundlicher 145 Strukturen entwicklungsorientiert in die kommunale Regelpraxis zu integrieren. 146 Dazu gehört auch ein regelmäßiges Monitoring, in welchem Informationen zu den 147 Familien und deren Problemlagen in der Form einer dauerhaften 148 Familienberichterstattung erfasst werden.

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149 Weiter finden wir die Einrichtung eines regelmäßigen zusammentretenden 150 Familienausschusses mit Vertretern relevanter Ämter und Stellen essentiell, 151 damit Politik das Thema Familie nicht aus den Augen verliert.

152 Um den Alltag von berufstätigen Eltern zu erleichtern, müssen die Öffnungszeiten 153 der kommunalen Institutionen familienfreundlich sein. Wir wollen monatliche bis 154 wöchentliche Sonderöffnungszeiten in den kommunalen Verwaltungen etablieren, die 155 speziell auf Familien zugeschnitten sind. Grundsätzlich sollten die 156 Öffnungszeiten von Behörden und Ämtern, Kultureinrichtungen wie Museen, 157 Bibliotheken usw., Sportangeboten, Einkaufsmöglichkeiten sowie medizinischen 158 Einrichtungen noch stärker die Alltagsrealität von Familien widerspiegeln.

159 Freiwillige kommunale Angebote

160 Bürgerinnen und Bürger sollen sich mit ihrer Kommune identifizieren und 161 wohlfühlen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es neben Strukturen und 162 Anpassungen für den familialen Lebensalltag auch ein entsprechendes 163 Freizeitangebot. Dies können z.B. familiengerechte Gebühren oder Vergünstigungen 164 in Form eines Familienpasses sein, der als Ermäßigung bei öffentlichen 165 Einrichtungen und Angeboten, wie der Stadtbibliothek, Schwimmbäder, 166 Veranstaltungen, ÖPNV oder VHS Kursen für Familien und Kindern dient. Unser Ziel 167 ist es Begegnungsstätten zu schaffen, von modernen und sicheren Spielplätzen bis 168 zu barrierefreien Mehrgenerationenhäusern.

169 Vor allem Jugendlichen müssen Rückzugsräume zur freien Entfaltung bereitgestellt 170 werden. Wir Grüne stehen für eine lebendige Jugendkultur, deswegen setzen wir 171 uns für die Einrichtung/ Erhalt von Jugendfreizeitheimen oder anderen 172 selbstverwaltende Formen ein.

173 Aber auch die Ferienbetreuung ist ein wichtiger Punkt. Kommunen und Vereine 174 erstellen bereits oftmals ein Ferienprogramm. Wir wollen, dass die 175 unterschiedlichen Angebote gebündelt werden und möglichst allen Familien 176 offenstehen.

177 Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Projekte der Familienstärkung ist 178 die Bildung lokaler Kompetenznetzwerke, welche eine Kooperation zwischen Eltern 179 sowie der Bürgergemeinschaft, also engagierten Einzelpersonen, Teams, 180 Kindertagesstätten, Schulen, Jugend- und Gesundheitsämtern oder Sportvereinen, 181 ermöglicht.

Begründung

erfolgt mündlich

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Unterstützer*innen Manuela Rottmann, MdB (KV Bad Kissingen), Beate Walter-Rosenheimer, MdB (KV Fürstenfeldbruck), Tina Winklmann (KV Schwandorf), Gisela Helgath (KV Weiden), Heidrun Schelzke-Deubzer (KV Tirschenreuth), Eva Borke-Thoma (KV Neumarkt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A30 Lebenslanges Lernen – Bildung ist so viel mehr als Schule!

Antragsteller*in: Thomas Gehring MdL (KV Oberallgäu), Martin Blankemeyer (KV München-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 In einer sich in atemberaubendem Tempo verändernden Welt, deren Komplexität 2 viele Menschen fordert, in Anbetracht von Digitalisierung, Globalisierung und 3 Fakenews gibt es kein Lebensalter, das ohne Dazulernen auskommt. Kultur- und 4 Weiterbildungsangebote sind gleichermaßen soziale Absicherung, Integration von 5 Benachteiligten und Sicherung unserer Demokratie. Die dafür nötige Infrastruktur 6 zu stärken und auszubauen ist für uns eine Überlebensaufgabe.

7 Mit dem Wandel unserer Gesellschaft verändern sich auch die Anforderungen, die 8 Beruf und Alltag an jeden Einzelnen stellen. Bildung ist der entscheidende 9 Schlüssel, mit dem wir unsere individuelle Zukunftsfähigkeit und damit auch die 10 Zukunft unserer Gesellschaft sichern. Diese ist jedoch keinesfalls mit der 11 Ausbildung, des Studiums oder dem Einstieg in das Berufsleben abgeschlossen. 12 Weiterbildung ist eine Investition in die Zukunft – mit hoher Rendite und der 13 Chance auf gerechte Teilhabe. Weiterbildung steht aber nicht allein im Dienst 14 von Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Bedeutung für die 15 Persönlichkeitsentwicklung, die Mündigkeit Erwachsener und die selbstbestimmte 16 Lebensführung kann nicht überschätzt werden.

17 Daher brauchen wir eine neue Weiterbildungskultur. Der Erwerb neuer 18 Qualifikationen und Kompetenzen darf nicht länger dem Zufall überlassen werden, 19 den Fähigkeiten der oder des Einzelnen, sich auf einem weitgehend chaotischen 20 Anbietermarkt das passende Angebot herauszusuchen, den höchst unterschiedlichen 21 regionalen und betrieblichen Gegebenheiten. Statt dessen gehört Weiterbildung in 22 öffentliche Verantwortung. Weil sie der Erstausbildung in puncto Relevanz 23 künftig nicht nachstehen wird, muß sie neben Schule, Ausbildung und Studium eine 24 vierte gleichberechtigte Säule unseres Bildungssystems werden.

25 Wir fordern

26 ein allgemeines Recht auf Weiterbildung und die Verankerung von 27 Weiterbildung als gleichberechtigte vierte Säule des Bildungssystems

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28 Bildungsurlaub auch in Bayern durch ein Bayerisches 29 Bildungsfreistellungsgesetz, das Arbeitnehmer*innen zur Weiterbildung 30 motiviert – dies ist auch für Arbeitgeber*innen ein unverzichtbarer Wert

31 Unterstützung beim Lebensunterhalt und bei den Weiterbildungskosten für 32 alle, die nicht in den Genuß von Bildungsurlaub kommen – damit auch die 33 weiterlernen können, denen das bisher niemand zutraut und bezahlt

34 die ausreichende finanzielle Förderung der bestehenden 35 Weiterbildungsinfrastruktur wie insb. der Volkshochschulen und 36 öffentlichen Bibliotheken, damit wohnortnahe Weiterbildungsangebote 37 bezahlbar sind und auf diese Weise allen Bürger*innen offenstehen

38 die gleichberechtige finanzielle Förderung auch kleinerer freier Träger 39 z.B. der Friedens-, Umweltschutz-, Nachhaltigkeits-, Demokratie-, 40 Integrations-, Inklusions-, Entwicklungshilfe-, Kultur-, LBGTIQ- und 41 Frauenbildung

Unterstützer*innen Wolfgang Hillenbrand (KV München-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A31 Für eine ökologische Steuerreform

Gremium: LAG Wirtschaft und Finanzen Beschlussdatum: 20.09.2019 Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wenn wir so weiter wirtschaften wie bisher, werden wir den Planeten unbewohnbar 2 machen. Die Klimakatastrophe ist längst da, wie uns immer neue Hitzerekorde, 3 Dürre und Trockenheit in Mitteleuropa, das Auftauen der Permafrostböden oder 4 massive Brände in der Arktis verdeutlichen.

5 Die Klimakatastrophe ist dabei aber nicht die einzige ökologische Großkrise, vor 6 der wir stehen: Der rasante Verlust an Biodiversität, die Vermüllung der Meere 7 mit Plastik, die globale Überdüngung mit Stickstoff, der Verlust an fruchtbaren 8 Böden: Wir stoßen derzeit mit rasender Geschwindigkeit an die Grenzen des 9 Planeten. Wenn wir ungebremst so weiter wirtschaften wie bisher, sind nicht nur 10 die ökologischen Folgen katastrophal, sondern auch die ökonomischen und 11 sozialen. Wir sind gerade dabei, uns selbst, unseren Kindern und Enkelkindern 12 die Lebensgrundlagen zu entziehen.

13 Es ist allerhöchste Zeit zu handeln, im Bund und in Bayern!

14 Die schwarz-rote Koalition im Bund und die CSU-geführte Staatsregierung in 15 Bayern haben viel zu lange alle Warnungen und Empfehlungen von 16 Wissenschaftler*innen ignoriert, sei es in der Agrarpolitik, in der Energie- 17 oder der Verkehrspolitik. Nun ist höchste Zeit, radikal umzusteuern. Wir müssen 18 in allen Sektoren und Bereichen und mit allen zur Verfügung stehenden 19 politischen Hebeln an der Erreichung der Klimaziele arbeiten. Ein zentrales 20 Element muss eine ambitionierte ökologisch-soziale Finanzreform sein. Preise 21 müssen endlich die ökologische Wahrheit sagen, müssen Kosten für Umwelt- und 22 Naturverbrauch, für die Emission klimaschädlicher Substanzen konsequent 23 eingepreist sein.

24 Viele Unternehmen haben diese Notwendigkeit längst erkannt und treiben die 25 Politik vor sich her, wie z.B. die Bewegung der #EntrepreneursForFuture 26 eindrucksvoll demonstriert: Über 3.000 Unternehmen, die über 180.000 27 Arbeitsplätze und mehr als 30 Mrd. EUR Umsatz repräsentieren, haben den Appell 28 unterzeichnet. Der Mittelstand hat zum Klimastreik aufgerufen, und Zehntausende

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29 sind dem Aufruf am 20. September nachgekommen. Hier müssen klare und für alle 30 verbindliche politische Rahmenbedingungen für Unternehmen gesetzt werden, die 31 deren Investitionen in den Klimaschutz planbar machen. Denn es darf nicht sein, 32 dass Vorreiter für den Klimaschutz im Kostenwettbewerb Nachteile haben.

33 Das Instrument der Wahl ist zumindest kurzfristig die CO2-Bepreisung in Form 34 eines Aufschlags auf die vorhandenen Energiesteuern. Der viel diskutierte 35 Zertifikatehandel ist ein brauchbares Instrument für die mittlere Frist, denn er 36 benötigt 3 bis 5 Jahre zur Einführung und funktioniert nur auf EU-Ebene gut. 37 Zunächst muss die genaue Ausgestaltung mit den europäischen Partnern 38 ausverhandelt werden, damit die "Zertifikatebörse" funktioniert. Bisher ist dies 39 aber nicht der Fall, denn der Preis ist viel zu niedrig. Für die Zukunft wäre 40 ein solches System, das neben Umweltsteuern funktioniert, zu begrüßen.

41 Eine CO2-Steuer hat dagegen den großen Vorteil, dass sie schnell wirkt, und das 42 brauchen wir, da das Klimageschehen gerade außer Kontrolle zu geraten droht.

43 Umweltbezogene Steuern auf EU-Durchschnitt anheben & Fehllenkungen korrigieren

44 Laut Umweltbundesamt ist der Anteil umweltbezogener Steuern in Deutschland auf 45 dem niedrigsten Wert seit 1995 und beträgt gegenwärtig nur noch rund 7,7 Prozent 46 (2005 lag der Anteil umweltbezogener Steuern am Steueraufkommen noch bei 12,5 47 Prozent), während Steuern und Abgaben auf den Faktor Arbeit nahezu zwei Drittel [1] 48 der staatlichen Einnahmen ausmachen (Studie FÖS, 2017 ). Auch im Vergleich mit 49 anderen europäischen Ländern fällt der geringe Anteil umweltbezogener Steuern in 50 Deutschland auf - bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag der Anteil der 51 umweltbezogenen Steuern in Deutschland 2017 mit 1,8 Prozent unter dem EU- [2] 52 Durchschnitt von 2,4 Prozent. Das ist auch der Grund dafür, dass die 53 Ökosteuer auf Benzin nicht die notwendige Lenkungswirkung entfaltet hat – sie 54 wurde leider nicht fortentwickelt.

55 Gleichzeitig steckt der deutsche Staat nach Auskunft des Umweltbundesamt 56 jährlich mehr als 50 Milliarden Euro in Subventionen mit umweltschädlicher 57 Wirkung (z.B. Steuerbefreiung für Kerosin, kostenfreie Zuteilung von CO2- 58 Emissionsrechten, Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge, steuerliche 59 Förderung von Dienstwagen, Exportkreditgarantien für Kohle- und Atomkraftwerke [3] 60 uvm ).

61 Mit anderen Worten: Das deutsche Steuer- und Abgabensystem fördert mit 62 Milliardenaufwand klima- und umweltschädliches Wirtschaften.

63 Für umweltgerechte Steuern!

64 Die Einführung eines wirksamen CO2-Preises für die Sektoren Wärme und Verkehr

Seite 2 / 4 A31 Für eine ökologische Steuerreform

65 und eines CO2-Mindestpreises für alle Kraftwerke, die unter den europäischen 66 Emissionshandel fallen, wie bereits von der Bundestagsfraktion von Bündnis 67 90/Die Grünen vorgeschlagen, ist ein ganz wesentlicher Grundpfeiler einer 68 ökologischen und sozialen Steuer- und Abgabenreform.

69 Dazu gehört auch der soziale Ausgleich aus den Mehreinnahmen durch Pro-Kopf- 70 Auszahlungen für Geringverdienende.

71 Es sind aber weitere Maßnahmen notwendig, auf Bundes- wie auf Landesebene, 72 darunter:

73 Bereich Verkehr:

74 Begünstigte Dieselbesteuerung aufheben

75 Einführung von City-Mauts bei Großstädten prüfen, um Anzahl der PKW- 76 Pendler*innen in Städten zu verringern; die Gelder sollten in die Stärkung 77 des ÖPNV fließen

78 Steuerbegünstigungen für Strom für Elektrofahrzeuge für Unternehmen, die 79 Ladestrom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen.

80 Bereich Wärme:

81 Befristete Investitionszulagen für Unternehmen und Privathaushalte für die 82 Ersatzinvestition bzgl. des Abbaus von Kohle- und Ölheizungen

83 Wärmedämmende Maßnahmen als Erhaltungsaufwand definieren, damit sie 84 ertragsteuerlich leichter absetzbar sind – alternativ als 85 Sonderabschreibung bei Eigennutzung (ähnlich wie bei Denkmalschutz (§ 10f 86 EStG)

87 Mittelfristig Erhöhung der Strom- und Energiesteuern für Privathaushalte 88 und energieintensive Unternehmen, um damit energiesparende Maßnahmen auch 89 ohne Subventionen und Zulagen zu erreichen.

90 Bereich Transport und Flugverkehr:

91 Zeitnah die Luftverkehrsabgabe deutlich erhöhen und ökologisch 92 ausgestalten, Frachtflüge sollten gesondert belastet werden

93 Europäische – notfalls nationale - Lösung für eine spürbare 94 Kerosinbesteuerung

Seite 3 / 4 A31 Für eine ökologische Steuerreform

95 Konsequenter und zeitnaher Abbau ökologisch schädlicher Subventionen für 96 Regionalflughäfen, mittelfristig deren Schließung und Verlagerung von 97 Anschlussflügen bis 350 km auf die Bahn

98 Beendigung von klima- und umweltschädlichen Zuschüssen durch Unternehmen 99 im Besitz von Land und Bund. Die Praxis der Flughafen München GmbH, [4] 100 Fluglinien Airlines mit Fördermittel zu locken, muss beendet werden

101 Senkung des Mehrwertsteuersatz für Fahrscheine im Fernverkehr der 102 Deutschen Bahn auf sieben Prozent

103 Ertragsteuerliche Maßnahmen zur Verminderung des Speditionsaufkommens 104 zwischen Produktionsstandorten und zu Versandhandelszwecken. Retouren 105 sollen explizit bepreist werden.

[1] 106 http://www.foes.de/pdf/2017-06-Hintergrundpapier-Steuerstruktur.pdf

[2] 107 https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/umweltbezogene- 108 steuern-gebuehren#textpart-2

[3] 109 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/- 110 2_tab_umweltschaedl-subventionen_2017-02-03.pdf

[4] 111 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/flughafen-muenchen-subventionen- 112 petition-1.4451447

Begründung

Erfolgt mündlich. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A32 Ohne Wald kein Klimaschutz – Ohne Klimaschutz keine Zukunft. Waldumbau als Anpassungsstrategie an die Klimakrise

Antragsteller*in: Lisa Badum MdB (KV Forchheim), Patrick Friedl MdL (KV Würzburg-Stadt), Hans Urban MdL (KV Bad Tölz-Wolfratshausen) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Wir stehen vor einem Baumsterben, wie es Bayern noch nie zuvor erlebt hat. Die 2 Fichte und die Kiefer machten bis vor kurzem noch mehr als die Hälfte des 3 Baumbestandes in Bayern aus und galten lange als Symbol für einen ertragreichen 4 Wald. Doch nun können die Plantagen den Folgen der Klimakrise nicht standhalten. 5 Besonders die nicht standortheimischen Nadelholzreinbestände leiden unter der 6 Klimaerwärmung. Daher stehen wir in Bayern vor einem nie dagewesenen Kiefern- 7 und Fichtensterben, was die rund 600.000 Privatwaldbesitzer*innen in Bayern vor 8 eine große Herausforderung stellt.

9 Wo Buchen- und Eichenwälder heimisch wären, dominieren schnellwachsende, 10 gewinnbringende Nadelhölzerplantagen. Die intensive Waldwirtschaft, die 11 nadelholzdominierte Bewirtschaftung, hat unsere Wälder anfällig gemacht. Die 12 Klimakrise zeigt uns mit aller Drastik, dass die bisherige Art des 13 Waldwirtschaftens weder nachhaltig noch zukunftsfähig ist. Bäume sollen in 14 Forstmonokulturen schnell und gerade wachsen. Dann werden sie lange vor ihrem 15 natürlichen Ende abgeholzt und mit einer schweren Harvester-Maschine aus dem 16 Wald geholt, die den Boden verdichtet und weniger sauerstoff- und 17 wasserdurchlässig macht. Diese Art der Bewirtschaftung als Norm hat keine 18 Zukunft.

19 Wir müssen die Zeichen der Klimakrise nutzen, um den Umbruch anzugehen. Wir 20 müssen die Chance ergreifen, um unseren Wäldern eine Zukunft und damit auch den 21 nächsten Generationen eine Zukunft zu ermöglichen. Wir müssen uns jetzt an die 22 Folgen in der Zukunft anpassen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Umbau 23 ein schwieriges Unterfangen wird, da Setzlinge für klimaresistente Bäume fehlen 24 und die Trockenheit und andere Rahmenbedingungen die Aufzucht schwierig machen.

25 Klimawende bedeutet Waldwende

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26 Unsere Wälder sind keine Holzfabriken. Sie sind Wasser- und CO2-Speicher, Horte 27 für Artenvielfalt, Schattenspender, Erholungs- und Lebensräume und sie schaffen 28 Kühlung. Sie sind damit unsere stärksten Verbündeten im Kampf gegen die 29 Klimakrise. Und so müssen wir sie auch behandeln. Nur wenn unsere Wälder die 30 Chance bekommen als selbstregulierende Ökosysteme zu funktionieren, werden wir 31 die Waldkrise angehen und damit auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten 32 können. Denn je reichhaltiger an Arten ein Wald ist, desto stabiler und 33 widerstandsfähiger wird er sich gegen die Folgen der Klimakrise zeigen.

34 Dafür muss der Umbau jetzt forciert werden. Neben flächigem Naturschutz an 35 mehreren Standorten in Bayern – wie dem Steigerwald, den Donau-Auen oder dem 36 Spessart – müssen wir auch in Zukunft auf Holz als wertvolle Ressource setzen. 37 Doch wir müssen der Übernutzung der Wälder endlich ein Ende setzen und die 38 ökologischen Belange des Waldes wieder mehr in den Vordergrund stellen. Wir 39 wissen heute: Das Prinzip von Carl von Carlowitz, nur so viel Holz einzuschlagen 40 wie nachwächst, reicht heute allein nicht mehr aus, um eine dauerhaft 41 nachhaltige und zukunftsfeste Waldwirtschaft zu gewährleisten. Um einen 42 klimafreundlichen Beitrag leisten zu können, fordern wir einen verpflichtenden 43 Zuwachs auf Staats- und Kommunalwaldflächen.

44 Ökologische Bewirtschaftung

45 Für die Forstwirtschaft der Zukunft müssen standortgerechte Ökowälder mit 46 ökologischer Bewirtschaftung Standard werden. Wir fordern eine naturnahe 47 Bewirtschaftung, die auf einen natürlichen, langfristig angelegten Waldbau und 48 behutsame Nutzung setzt, statt einer schnelllebigen und gewinnbringenden 49 Forstwirtschaft. Dafür braucht es eine Verpflichtung zur standortgerechten, 50 ökologischen Bewirtschaftung und einer bodenschonenden Holzgewinnung. Zudem muss 51 Arten- und Naturschutz finanziell abgesichert werden, um dem Wald Zeit und den 52 Waldbäuerinnen und -bauern Planungssicherheit zu geben

53 Waldbauern helfen – Ökologischen Umbau zusammen vorantreiben

54 Die zwei trockenen Sommer in Folge haben dem Wald so zugesetzt, dass viele 55 private Waldbäuerinnen und -bauern nicht mehr wissen, wie sie die Mengen an 56 Schadholz aus dem Wald schaffen, geschweige denn verkaufen können. Regional - 57 z.B. in Unter- und Mittelfranken - sind sogar Rotbuchen und andere Laubbäume von 58 Hitze und Trockenheit derart betroffen, dass sie in bestimmten Waldbereichen 59 nicht mehr klar kommen und ebenfalls vertrocknen.

60 Wir wollen sie hierbei unterstützen, aber auch den Augenblick der Krise nutzen, 61 um lange angemahnte Leitlinien für eine ökologische Bewirtschaftung im 62 öffentlichen Waldbesitz nun vorbildhaft umzusetzen. Auch sollten nicht alle 63 Bäume aus befallenen Wäldern entfernt werden: Tote Nadelbäume sollten im Wald 64 als wertvolle Ausgangsbasis für neuen Humus bleiben, der viel Wasser speichert.

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65 Zudem werfen auch tote Bäume Schatten für nachwachsende Jungbäume. Lediglich 66 frisch befallene, lebende Fichten und Kiefern sollten entnommen werden, um eine 67 weitere Ausbreitung der Borkenkäfer zu verhindern (diese gehen nämlich nicht in 68 abgestorbene Bäume).

69 Außerdem brauchen die privaten Waldbesitzer*innen dringend Empfehlungen für 70 klimaresistente Bäume und die Möglichkeit entsprechende Setzlinge zu bekommen. 71 Neben der Buche kann die Eiche, die Hainbuche oder auch der Feldahorn gut mit 72 wärmerem Wetter zurechtkommen. Die Waldkrise dieses und des vergangenen Jahres 73 hat aber auch aufgezeigt, dass die Forschung und noch viel mehr die praktische 74 Umsetzung zum Thema Klimaanpassung des Waldes und klimatolerante Baumarten noch 75 in den Kinderschuhen steckt, so dass gerade die privaten Waldbesitzer*innen kaum 76 eine Möglichkeit haben, sich ausreichend zu informieren und ihre eigenen 77 Strategien anzupassen. Das muss sich ändern. Die beste Garantie für einen 78 gesunden Wald ist jedoch eine gesunde Waldbewirtschaftung.

79 Wildverbiss auf verträgliches Maß senken – Jagd professionalisieren

80 Wir unterstützen die Forderung von Naturschutzverbänden, wie dem BUND 81 Naturschutz, die seit langem fordern, den Wildverbiss auf ein waldverträgliches 82 Maß zu senken. Denn wenn Schalenwild in zu hoher Dichte im Wald vorkommt, 83 entstehen meist wirtschaftliche und auch ökologische Schäden. Diese bestehen vor 84 allem aus dem selektiven Verbiss von Baumarten, wie etwa der Tanne, die aber 85 gerade jetzt eine zentrale Rolle im Waldumbau einnehmen soll und auch muss. Um 86 die Störung von Wald und Wild durch die Jagd so gering wie möglich zu halten, 87 sollen effektive Jagdmethoden, wie etwa die Bewegungsjagd zur Anwendung kommen. 88 Derzeit verhindern nicht synchronisierte Jagdzeiten und andere Hemmnisse eine 89 effektive Wildstandsregulierung.

90 Wir brauchen hierzu eine Professionalisierung der Jagd. Weg von einer auf 91 Trophäen ausgerichteten Jagd hin zu einem modernen Schalenwildmanagement , das 92 besonders die Belange des Tier- und Artenschutz, der Gesellschaft und des 93 Eigentums in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen endlich synchronisierte und wenn 94 möglich auch kürzere Jagdzeiten für unsere Wildarten.

95 Staatswald als Vorbild

96 Gerade in Zeiten des Umbaus müssen dabei die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) 97 ihrer Rolle als Vorbild endlich gerecht werden. Die BaySF muss ihren Wald 98 klimagerecht bewirtschaften, d.h. sie muss den Wald fit für die Brüche machen, 99 die die zunehmende Erwärmung verursacht. Gewinnerwartung darf es nicht mehr 100 geben. Bei der BaySF muss künftig Walderhalt absoluten Vorrang haben. Für die 101 Privatwaldbesitzer*innen brauchen wir deutlich mehr Försterinnen und Förster auf 102 der Fläche und gezielte Förderung. Statt sich in erster Linie auf die 103 Bewirtschaftung der eigenen Staatswaldflächen zu konzentrieren, braucht es eine

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104 Verschiebung des Fokus des Forstministeriums hin zu Forschung und Beratung von 105 privaten Waldbäuerinnen und -bauern und damit zur Stärkung der Bayerischen 106 Forstverwaltung. Dafür braucht es dringend mehr Personal und Mittel, um sowohl 107 Strategien zum Waldumbau entwickeln als auch diesen Kenntnisstand an die 108 Waldbesitzer*innen vermitteln zu können.

109 Endlich naturnahe Wälder schützen – Wir haben keine Zeit mehr

110 Bayern darf seinen großen Schatz, naturnahe Wälder mit alten Bäumen nicht länger 111 geringschätzen. Denn in diesen starken Bäumen kann besonders viel 112 klimaschädliches Kohlendioxid langfristig im Holz gespeichert werden. Der 113 Alternative Waldzustandsbericht[1] zeigt auch, dass der Großteil unserer Wälder 114 für ein ökologisches Gleichgewicht zu jung ist. Alte Bäume mit mehr als 140 115 Jahren stärken jedoch das Ökosystem Wald. Daher sind öffentliche Wälder, die 116 noch alte Baumbestände aufweisen, sofort unter Naturschutz zu stellen. Sie sind 117 existentiell für das Leben von sehr vielen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten, die 118 nur auf oder mit ihnen leben können. Mindestens 10 Prozent der Wälder sind unter 119 Schutz zu stellen., bzw. aus der Nutzung zu nehmen. Kleine, mittlere und große 120 Naturwaldkomplexe sollen dabei ein repräsentatives und kohärentes 121 Naturwaldverbundsystem bilden. Besonders wertvolle Gebiete sollten endlich auf 122 Ihre Nationalparktauglichkeit abschließend geprüft und dann zeitnah ausgewiesen 123 werden. Wir bekräftigen den Beschluss über die Ausweisung eines Nationalparks 124 Steigerwald. Wir fordern die Regierung von Oberfranken auf, das Schutzgebiet 125 „Hoher Buchener Wald“ wiederherzustellen. Wir wollen außerdem weitere 126 Nationalparke und Großschutzgebiete ausweisen, denn auch der Spessart, das 127 Ammergebirge, Isar- und Donauauen und die Rhön bedürfen unseres besonderen 128 Schutzes. Bei Eignung und im Dialog mit der örtlichen Bevölkerung werden wir in 129 den kommenden Jahren mindestens den dritten Nationalpark in Bayern ausweisen. 130 Die Ausweisung des Steigerwalds als Nationalpark hat dabei oberste Priorität. 131 Eine Übergangszeit von 30 Jahren als „Entwicklungs-Nationalpark“, in der weiter 132 Holz entnommen wird, ist überflüssig. Für wertvolle Wälder muss der sofortige 133 Nutzungsstopp gelten!

134 Wir werden

135 1. die Waldentwicklung mit Naturverjüngung und Waldumbau hin zu naturnahen 136 klimabeständigeren Laubmischwäldern beschleunigen. Dabei soll die 137 Auflegung eines Waldzukunftsfonds auf Bundesebene helfen.

138 2. die ökologische Bewirtschaftung aller Wälder fördern. Dafür soll die gute 139 fachliche Praxis im Waldgesetz an ökologische und klimarelevante 140 Mindeststandards für eine naturnahe Waldwirtschaft in den Waldgesetzen 141 ausgerichtet werden. Dazu gehören

142 1. ein Gebot zur Schaffung von strukturreichen Dauerwäldern mit Bäumen

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143 verschiedener Arten und Altersklassen unter dem grundsätzlichen 144 Ausschluss von Kahlschlägen; 2. die vorwiegende Verwendung von standortangepassten heimischen und 145 europäischen Baumarten und eine dem Standort angepasste Begrenzung 146 des Anteils von Nadelbäumen bei Neuanpflanzungen; 147 3. verbindliche Leitlinien sowie Fördermaßnahmen zur Umstellung auf nachweislich bodenschonende Pflege - und Holzeinschlagverfahren 148 sowie zur Sicherstellung stabiler Wasserhaushalte im Waldboden; 149 4. Belassung eines Mindestanteils von Totholz und Biotopbäumen; 150 5. ein Verbot des Einsatzes von gentechnisch veränderten Bäumen und Eindämmung invasiver Baumarten 151

154 3. die Bayerischen Staatsforsten umbauen, weg von profitorientierter 152 155 Forstwirtschaft hin zu ökologischer Bewirtschaftung der Wälder. Der 153 156 Holzeinschlag soll entsprechend ökologischer Kriterien begrenzt werden. 157 Dies dient der Anhebung des Baumdurchschnittsalters, der Holzvorräte und 158 damit auch Kohlenstoffspeicherleistung der Wälder sowie dem Erhalt der 159 Biodiversität. Die Staatsforsten sollen künftig nach FSC oder Naturland- 160 Standard bewirtschaftet werden. 161 Die noch erzielten Gewinne wollen wir vorwiegend in die Stabilisierung des 162 Waldes investieren. Walderhalt erhält absoluten Vorrang. Die Forstbetriebe 163 der Bayerischen Staatsforsten müssen personell gestärkt werden, 164 insbesondere mit der Einstellung von mehr qualifizierten 165 Waldarbeiter*innen.

166 4. Die Besitzer*innen von Privat- und Körperschaftswald beim Waldumbau 167 begleiten 168 Wir wollen ein Klimawaldprogramm auf Bundesebene auflegen, um die 169 Wiederbewaldung abgestorbener Waldflächen mit naturnahen Mischwäldern zu 170 fördern und Waldflächen in Retentionsflächen, Auen und in Moorgebieten neu 171 entstehen zu lassen. Die Auszahlung von Fördergeldern wird an eine 172 Verpflichtung der begünstigten Waldeigentümer*innen zur Einhaltung 173 ökologischer Kriterien gebunden. 174 Dazu zählen

175 1. regional- und standortabhängige Mindestanteile an verschiedenen 176 standortgerechten heimischen und europäischen Laubbaumarten, mit 177 Vorrang der Ausnutzung sämtlicher Naturverjüngungs- und 178 Naturaufwuchspotentiale; 2. die Ermöglichung einer natürlichen Sukzession durch Begrenzung der 179 Pflanzdichte bzw. durch ausreichend weite Pflanzabstände und 180 Schonung des Jungwuchses bei der Ernteberäumung; 181 3. der Einsatz nachweislich bodenschonender Bewirtschaftungs- und Erntetechniken zur Vermeidung von Verdichtung sowie der Rückbau von 182 Rückegassen auf 40 Meter Mindestabstand; 183 4. der Verzicht auf Entwässerungsmaßnahmen.

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184 Die Staatsregierung muss Kommunen und Privatpersonen bei der 185 ökologischen Waldbewirtschaftung unterstützen. Die zugesagten 200 186 zusätzlichen Planstellen für die Bayerische Forstverwaltung müssen 187 in den nächsten fünf Jahren bereitgestellt werden. Nur so sind die 188 Mindest-Waldumbauziele im Privat- und Körperschaftswald bis 2030 189 erreichbar. 190 191 Die mit dem Waldumbauprogramm 2030 vom Landtag zugesagten 192 zusätzlichen Fördermittel für Waldpflege und Waldumbau im Privat- 193 und Körperschaftswald in Höhe von 200 Mio. Euro sind kontinuierlich 194 zur Verfügung zu stellen. 195 Die finanzielle Förderung der Forstlichen Zusammenschlüsse (FZUS) 196 ist insgesamt zu erhöhen. Die Forstliche Forschung an der 197 Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft sowie den 198 Hochschulen ist personell und finanziell zu stärken. 199

200

201 202 5. Wir brauchen eine Professionalisierung der Jagd. Weg von einer auf 203 Trophäen ausgerichteten Jagd hin zu einem modernen Schalenwildmanagement , 204 das besonders die Belange des Tier- und Artenschutz, der Gesellschaft und 205 des Eigentums in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen endlich 206 synchronisierte und wenn möglich auch kürzere Jagdzeiten für unsere 207 Wildarten.

208 6. Naturschutzfachlich besonders wertvolle Gebiete sind als Nationalpark 209 ausweisen. Wir bekräftigen den Beschluss über die Ausweisung eines 210 Nationalparks Steigerwald.

211 7. Wir wollen außerdem weitere Nationalparke und Großschutzgebiete ausweisen, 212 denn auch der Spessart, das Ammergebirge, Isar- und Donauauen und die Rhön 213 bedürfen unseres besonderen Schutzes. Bei Eignung und im Dialog mit der 214 örtlichen Bevölkerung werden wir in den kommenden Jahren mindestens den 215 dritten Nationalpark in Bayern ausweisen. Die Ausweisung des Steigerwalds 216 als Nationalpark hat dabei oberste Priorität. Eine Übergangszeit von 30 217 Jahren als „Entwicklungs-Nationalpark“, in der weiter Holz entnommen wird, 218 ist überflüssig. Für wertvolle Wälder muss der sofortige Nutzungsstopp 219 gelten!

220 [1] 221 https://naturwald-akademie.org/presse/pressemitteilungen/alternativer- 222 waldzustandsbericht/

Unterstützer*innen

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Ursula Sowa MdL (KV Bamberg-Stadt), Martin Heilig (KV Würzburg-Stadt), Christine Scheel (KV Aschaffenburg-Land), Gerhard Schmid (KV Bamberg-Land), Ruth Halbritter (KV Neustadt/Aisch-Bad Windsheim), Jonas Glüsenkamp (KV Bamberg-Stadt), Birgit Reder-Zirkelbach (KV Rhön-Grabfeld), Käthe Lieder (KV Aschaffenburg-Land), Barbara Poneleit (KV Forchheim), Niklas Wagener (KV Aschaffenburg-Stadt), Theo Grünewald (KV Aschaffenburg-Land), Hans Dünninger (KV Haßberge), Claudia Dünninger (KV Haßberge), Björn Janetzky (KV Main-Spessart), Tim Höfler (KV Aschaffenburg-Land), Tim- Luca Rosenheimer (KV Bamberg-Stadt), Emmerich Huber (KV Forchheim), Karim Belkacem (KV Regensburg-Stadt), Christoph Appel (KV Haßberge), Almut Kleist (KV Starnberg), Georg Schütz (KV Forchheim), Johannes Jessenberger (KV Rhön-Grabfeld), Jessica Hecht (KV Würzburg-Land), Dr. Ursula Bonengel (KV Landshut-Land), Wolfgang Goymann (KV Bad-Tölz Wolfratshausen), Dr. Christoph Braun (KV München), Thomas Becher (KV Fürstenfeldbruck), Miriam Lohmüller (KV München), Ines Wiesmeier (KV München), Olaf Kessel-Deynet (KV Würzburg-Land), Elke Herrmann-Rüppel (KV Main- Spessart), Juliane Mantel (KV Aschaffenburg-Land), Susanna Scherer (KV Aschaffenburg- Land), Dr. Helmut Siegert (KV Aschaffenburg-Land), Claudia Neumann (KV Aschaffenburg- Land), Roland Sperber (KV Forchheim), Dagmar Sonnenberg (KV Aschaffenburg-Land), Ina Peter (KV Aschaffenburg-Land), Bertram Peter (KV Aschaffenburg-Land), Gudrun Biller-Kreuzer (KV Aschaffenburg-Land), Anja Frölich (KV Aschaffenburg-Land), Artur Schnatz (KV Aschaffenburg-Land), Theresa Kreuzer (KV Aschaffenburg-Land), Roswitha Hock (KV Aschaffenburg-Land), Andreas Lieb (KV Aschaffenburg-Land), Hartmut Lindentahl (KV Aschaffenburg-Land), Myriam Fischer (KV Aschaffenburg-Land), Marie Klotz (KV Aschaffenburg-Land), Thomas Berthold Schuler (KV Aschaffenburg-Land), Gerd Endres (KV Fürth-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A33 Geflüchteten den Zugang zu Ausbildung und Arbeit ermöglichen

Antragsteller*in: Claudia Roth, MdB (KV Augsburg-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Geflüchteten den Zugang zu Ausbildung und Arbeit ermöglichen

2 Es gibt nicht einen triftigen Grund, Menschen im Asylverfahren oder in der 3 Duldung die Möglichkeit zur Arbeit zu verweigern. Ganz im Gegenteil: 4 Beschäftigung schafft Struktur, ermöglicht mehr Selbstbestimmung, erleichtert 5 soziale Vernetzung und Spracherwerb – und steigert zudem die finanzielle 6 Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen. Viele klein- und mittelständische 7 Betriebe in Bayern suchen händeringend nach Auszubildenden und 8 Mitarbeiter*innen. Nicht zuletzt durch ein starkes Engagement der 9 Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern herrscht große 10 Bereitschaft aufseiten der Betriebe und Unternehmen, Geflüchtete in Ausbildung 11 zu bringen oder zu beschäftigen.

12 Dennoch gibt es Beschäftigungsverbote für Geflüchtete; die Erteilung von 13 Arbeits- und Ausbildungserlaubnissen gleicht einem Lotteriespiel. Die Politik 14 der Bayerischen Staatsregierung verunsichert dabei die Betriebe und Unternehmen, 15 verhindert zunehmend eine erfolgsversprechende Integration in den Arbeitsmarkt 16 und grenzt – insbesondere durch ihre Weisungen zur Bundesgesetzgebung – die 17 ohnehin einschränkende Rechtslage weiter ein. Das wollen wir ändern. Wir Grüne 18 fordern einen einfacheren Weg in Arbeit und Ausbildung – und damit zugleich 19 Sicherheit für die Betriebe.

20 Arbeitsverbote beenden

21 Bislang liegt die Erteilung von Arbeitserlaubnissen für Asylbewerber*innen und 22 Geduldete im Ermessen der Ausländerbehörden. Die berufen sich wiederum auf 23 Weisungen des bayrischen Innenministeriums, in denen die Bundesgesetzgebung 24 präzisiert werden soll. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sind die Weisungen 25 in Bayern einerseits besonders restriktiv. Andererseits bleiben große 26 Ermessensspielräume, die nicht zuletzt gegen die einzelne Person verwendet 27 werden können.

28 Im Ergebnis entstehen unnötige Härte und massive Diskrepanzen zwischen den

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29 Behörden, von denen die Ermessensspielräume unterschiedlich interpretiert 30 werden. Viele Entscheidungen sind kaum nachvollziehbar – und alle sind letztlich 31 maßgeblich abhängig davon, welche Behörde zuständig ist und ob eine stabile, gut 32 informierte Struktur an Helfenden unterstützt. Das eigentlich Ausschlaggebende, 33 wie nämlich der Einzelfall gelagert ist, rückt da allzu häufig in den 34 Hintergrund.

35 Für Betroffene, aber auch für Unterstützer*innen und Ausbildungsbetriebe führt 36 dieser Zustand zu extremen Unsicherheiten, zu emotionaler und psychischer 37 Belastung sowie zu maßgeblichen Hürden in der Lebensplanung der Betroffenen. Das 38 muss ein Ende haben.

39 Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass bereits während des Asylverfahrens der 40 Zugang zu Arbeit deutlich vereinfacht wird. Grundsätzliche Arbeitsverbote müssen 41 ein Ende haben. Das gilt auch für Praktika. Praktika spielen beim Einstieg ins 42 Berufsleben eine wichtige Rolle. Bislang müssen Praktika von Asylbewerber*innen 43 und Geduldeten von den Ausländerbehörden genehmigt werden. Dies erschwert den 44 Zugang zu Praktikumsplätzen, stellt für Betriebe eine weitere Hürde dar und 45 schafft unnötigen bürokratischen Aufwand. Wir wollen die Genehmigungspflicht für 46 Praktika aufheben und so den Zugang zu Praktika deutlich erleichtern.

47 Echten Spurwechsel ermöglichen

48 Für Menschen in Duldung ist der Weg in Ausbildung und Arbeit in Bayern meist 49 versperrt. Alle bisherigen Ankündigungen, hier einen Spurwechsel zu ermöglichen, 50 blieben ergebnislos – auch deshalb, weil die bayerischen Kriterien für eine 51 sogenannte Beschäftigungsduldung nahezu nicht zu erreichen sind. Wir wollen 52 unabhängig von der Bleiberechtsperspektive eine Möglichkeit zur Ausbildung oder 53 Arbeit eröffnen. Unter anderem fordern wir daher, dass bei der Vergabe von 54 Ausbildungsduldungen fortan nur Kriterien angewendet werden, die für die 55 Ausbildung tatsächlich relevant sind, insbesondere die Zusage des Betriebs.

56 Die Identitätsklärung muss in einem Zug-um-Zug-Verfahren möglich sein: Wer aus 57 einem Land wie Afghanistan kommt, dem wird es allenfalls mittelfristig möglich 58 sein, einen Pass zu erhalten. In diesen Fällen muss es möglich sein, auch dann 59 eine Ausbildung zu beginnen, wenn noch nicht alle nötigen Papiere vorliegen – 60 zugleich aber beispielsweise nachvollziehbar ist, dass bereits andere 61 entsprechende Schritte eingeleitet wurden. Auch Verzögerungen bei der 62 Überprüfung vorhandener Identitätspapiere durch BAMF oder LfAR dürfen nicht zu 63 Lasten der Geflüchteten gehen.

64 Stattdessen werden Geflüchtete immer wieder auch dann abgeschoben, wenn sich 65 abzeichnet, dass alle Kriterien für eine Ausbildungsduldung bald erreicht sind. 66 Für die Betriebe entsteht dadurch ein enormer Unsicherheitsfaktor – von den 67 Betroffenen ganz zu schweigen. Wir fordern, Abschiebungen einstweilen

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68 aufzuschieben, wenn sich im Einzelfall eine Ausbildung abzeichnet – auch dann, 69 wenn noch nicht alle Schritte hin zur Ausbildungsduldung abgeschlossen sind. 70 Alles andere ist reinste Schikane, für die Geflüchteten ebenso wie für die 71 bayerische Wirtschaft.

72 Zugang zu Bildung ermöglichen

73 Die Aussicht auf ein gutes Leben beginnt mit dem Spracherwerb. Wir wollen den 74 Zugang zu Sprachkursen deutlich ausweiten, das Angebot entsprechend ausbauen und 75 die Teilnahme von Herkunftsland oder Bleibeperspektive entkoppeln.

76 Zugleich wollen wir Kindern von Geflüchteten den Zugang zu Bildung ermöglichen, 77 vollumfänglich und – mit entsprechender Unterstützung – im Rahmen des regulären 78 Schulsystems. Das eingeschränkte Bildungsangebot in bayerischen 79 Sammelunterkünften untergräbt zahlreiche Bestimmungen der UN- 80 Kinderrechtskonvention und gehört abgeschafft. Die faktische, nicht selten 81 jahrelange Isolierung in bayerischen Sammelunterkünften lehnen wir prinzipiell 82 und entschieden ab.

83 Keine Abschiebungen nach Afghanistan

84 Abschiebungen nach Afghanistan wollen wir beenden. Afghanistan ist eines mit 85 Sicherheit nicht: sicher. In fast allen Landesteilen kam es in jüngster 86 Vergangenheit zu Kämpfen, Anschlägen oder Gewalttaten. Die Taliban sind erneut 87 auf dem Vormarsch. Weiterhin wütet in Afghanistan einer der gewaltsamsten und 88 tödlichsten Konflikte weltweit. Auch die Erzählung „sicherer Regionen“ bzw. 89 „sicherer Fluchtalternativen“ innerhalb des Landes wird regelmäßig von den 90 tatsächlichen Entwicklungen vor Ort widerlegt.

91 Gerade auch Rückkehrende sind gefährdet. Oft haben sie weder Verankerung noch 92 ein soziales Netz, das sie auffängt. Hinzu kommt, dass regelmäßig auch besonders 93 gut integrierte Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden – allen voran aus 94 Bayern.

95 Aus all diesen Gründen fordern wir auch weiterhin einen sofortigen 96 Abschiebestopp nach Afghanistan.

97 Ausbildungs- und Arbeitsvisa ohne Ausreise ermöglichen

98 Bislang besteht keine Möglichkeit, ein Ausbildungs- oder Arbeitsvisum ohne 99 Ausreise in das Herkunftsland und Beantragung bei der dortigen deutschen 100 Botschaft zu erhalten – auch dann nicht, wenn ansonsten alle Voraussetzungen 101 einer entsprechenden Duldung erfüllt sind. Das ist schlichtweg absurd, zudem 102 kostenintensiv und oftmals mit erheblichen Gefahren verbunden. Im Falle von

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103 Afghanistan ist es geradezu unmöglich, da die dortige Botschaft infolge eines 104 Anschlags nach eigenen Angaben längerfristig nicht in der Lage sein wird, 105 Visaanträge entgegenzunehmen oder gar zu bearbeiten. Wir Grüne wollen deshalb 106 die Möglichkeit schaffen, dass Ausbildungs- und Arbeitsvisa auch in Deutschland 107 beantragt werden können – im Sinne der Betroffenen, der Botschaften vor Ort und 108 der interessierten Betriebe.

Unterstützer*innen Cemal Bozo?lu (KV Augsburg-Stadt), Eva Lettenbauer (KV Donau-Ries), Stephanie Schuhknecht (KV Augsburg-Stadt), Thomas Gehring (KV Oberallgäu), Max Deisenhofer (KV Günzburg), Martina Wild (KV Augsburg-Stadt), Christine Kamm (KV Augsburg-Stadt), Dr. Stefan Wagner (KV Augsburg-Stadt), Horst Thieme (KV Augsburg-Stadt), Assad Wardak (KV Unterallgäu), Jörg Westerhoff (KV Augsburg-Stadt), Heidi Terpoorten (KV Dillingen), Melanie Hippke (KV Augsburg-Stadt), Peter Rauscher (KV Augsburg-Stadt), Dr. Pia Haertinger (KV Augsburg-Stadt), Antje Seubert (KV Augsburg-Stadt), Deniz Anan (KV Augsburg-Stadt), Eva Leipprand (KV Augsburg-Stadt), Franziska Wörz (KV Augsburg- Stadt), Frédéric Zucco (KV Augsburg-Stadt), Wolfgang Urban (KV Augsburg-Stadt), Silvia Daßler (KV Augsburg-Land), Sabrina Koch (KV Augsburg-Stadt), Markus Schnitzler (KV Augsburg-Stadt), Heidi Rohrlack (KV Augsburg-Stadt), Sylvia Schaab (KV Augsburg- Stadt), Gülseren Karaca (KV Augsburg-Stadt), Franziska Büchl (KV München-Stadt), Matthias Lorentzen (KV Augsburg-Stadt) Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

A34 Brenner Nordzulauf: Umbau statt Neubau

Antragsteller*in: Wolfgang Krenzler (KV Rosenheim) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Bei der Planung des Brenner Basistunnel Nordzulaufs haben sowohl die Deutsche 2 Bahn als auch das Bundesverkehrsministerium einen Ausbau der Bestandstrecke 3 bereits frühzeitig ausgeschlossen. In der weiteren Planung befinden sich nun nur 4 noch Neubaustrecken die einen großen Eingriff in die schöne Landschaft des 5 Inntals zu Folge hätten.

6 Inzwischen gibt es aber Studien die zeigen das mit einem Ausbau bzw. teilweisen 7 Neubau der Bestandstrecke ähnliche Kapazitäten zu erreichen wären. Gleichzeitig 8 hätte ein solcher Ausbau viele Vorteile. Er wäre kostengünstiger zu realisieren, 9 stößt auf wesentlich höhere Akzeptanz in der Bevölkerung und führt, durch 10 modernen Schallschutz zu einer Entlastung aller Gemeinden entlang der Bahnlinie.

11 Deswegen fordern die GRÜNEN die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium 12 dazu auf den weiteren Planungsprozess ergebnisoffen zu führen. Auch ein Aus- 13 bzw. Umbau der Bestandstrecke muss in die Planung mit einbezogen werden und 14 bereits bestehende, von den betroffenen Gemeinden beauftragte, Studien müssen 15 berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Trasse zu wählen die den größten 16 Zuspruch in der Bevölkerung findet.

Begründung

Gutachten und Informationsmaterial findet man auf den Seiten der verschiedenen Bürgerinitiativen wie z.B.: INNTAL Gemeinschaft e.V oder Brennerdialog.

Eine aktuelle Studie zum Ausbau der Bestandsstrecke wurde durchgeführt von der VIEREGG-RÖSSLER GmbH (http://www.vr-transport.de)

Ein Artikel des OVB Brenner-Nordzulauf: So könnte eine ausgebaute Bestandsstrecke aussehen beschreibt den Inhalt dieser Studie in Kurzform. Antrag an die Landesdelegiertenkonferenz am 19./20. Oktober 2019 in Lindau

I1 Völkerrechtswidrige Militäroffensive der Türkei verurteilen, umgehend Konsequenzen ziehen

Antragsteller*in: Claudia Roth MdB (KV Augsburg-Stadt), Gülseren Demirel MdL (KV München-Stadt) Tagesordnungspunkt: 8 Anträge

Antragstext

1 Am 9. Oktober 2019 marschierten türkische Streitkräfte im Nordwesten Syriens 2 ein. Die türkische Invasion ist eine Verletzung des Völkerrechts und eine 3 unverantwortliche militärische Gewalteskalation. Bereits jetzt hat der Einmarsch 4 die humanitäre Katastrophe im Land dramatisch ausgeweitet. Über 300.000 Menschen 5 sind auf der Flucht, nach Schätzungen der Syrischen Beobachtungsstelle für 6 Menschenrechte.

7 Der Einmarsch in Nordsyrien ist ein gezielter Angriff auf die kurdische 8 Bevölkerung, eine bewusste Eskalation des Konflikts mit den Kurdinnen und Kurden 9 im eigenen Land. Bewusst begräbt Präsident Erdoğan die letzte Hoffnung, den 10 kurdischen Friedensprozess in der Türkei auf absehbare Zeit wiederzubeleben.

11 Die Ankündigung, mittelfristig Millionen syrischer Geflüchteter in das 12 mehrheitlich kurdische Nordsyrien umzusiedeln, ist der aggressive Versuch, die 13 dortige Bevölkerungsstruktur nach zynisch-nationalistischem Kalkül 14 umzuschichten. Die Folge wäre eine weitere humanitäre Tragödie und gefährliche 15 neue Konflikte, von denen die gesamte Bevölkerung, insbesondere aber die 16 Kurdinnen und Kurden sowie die ethnischen und religiösen Minderheiten in der 17 Region betroffen wären.

18 Mit seinem Truppenabzug hat US-Präsident Donald Trump den kurdischen Kräften 19 abrupt die Unterstützung im Kampf gegen den IS entzogen. Eine ausreichende 20 Überwachung der in Nordsyrien inhaftierten IS-Kämpfer dürfte unter aktuellen 21 Umständen nicht garantiert sein. Mit seiner unverantwortlichen Politik hat 22 Präsident Trump die Kurdinnen und Kurden in Nordsyrien unmittelbar dem syrischen 23 Machthaber Baschar al-Assad in die Arme getrieben.

24 Bereits Anfang 2018 hatte die Türkei mit einer Militäroffensive in der Region 25 von Afrin völkerrechtswidrig gehandelt. Deutliche Worte fand die Bundesregierung 26 auch damals nicht; bis heute bleiben die unzähligen Menschenrechtsverbrechen in 27 den besetzten Gebieten weitestgehend unkommentiert. Auch innerhalb der NATO

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28 blieb deutliche Kritik weitestgehend aus. Für Präsident Erdoğan muss das wie ein 29 „weiter so“ geklungen haben. Das geschieht nun.

30 Es ist nicht hinnehmbar, wenn NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und auch 31 Außenminister Heiko Maas den erneuten völkerrechtwidrigen Einmarsch der Türkei 32 nun mit dem Verweis auf angebliche türkische Sicherheitsinteressen zumindest 33 relativieren. Wer suggeriert, der völkerrechtswidrige Einmarsch türkischer 34 Streitkräfte in Nordsyrien habe mit vermeintlichen Sicherheitsinteressen der 35 Türkei zu tun, stärkt Präsident Erdogan nur in seinem unverfrorenen Vorhaben, 36 einen eindeutigen Völkerrechtsbruch mit Artikel 51 der UN-Charta zu 37 rechtfertigen. Umso entscheidender ist es nun, zu verdeutlichen, dass die Türkei 38 für ihre Invasion keinen Beistand der NATO erwarten kann.

39 Derweil hat die türkische Regierung in Afrin eindeutig gezeigt, wie sie sich die 40 Zukunft für den gesamten Norden Syriens vorstellt. Die gesamte, vorwiegend 41 kurdische Bevölkerung wird durch systematische Menschenrechtsverbrechen gezielt 42 entmündigt und drangsaliert. Tagtäglich sind die Menschen in Afrin der Willkür 43 und Gewalt dubioser Milizen ausgeliefert, die nur unter dem Schutz des 44 türkischen Militärs so agieren können.

45 Mit dem Flüchtlingsdeal von 2016 hat sich die Europäische Union durch Erdoğan 46 erpressbar gemacht. Es ist richtig, die Türkei als Aufnahmeland mit der höchsten 47 Zahl syrischer Geflüchteter bei deren Versorgung und Unterbringung finanziell 48 umfassend zu unterstützen. Die Grundidee des Flüchtlingspaktes aber, im Gegenzug 49 jeden Geflüchteten, der die griechischen Inseln erreicht, in die Türkei 50 zurückzuschicken, ist asylrechtswidrig.

51 Seit Anfang 2018 wurden zudem Hermesbürgschaften für die Türkei im Wert von rund 52 2,6 Milliarden Euro gewährt. Und allein seit Beginn des Einmarsches in Afrin 53 wurden deutsche Kriegswaffen im Wert von mindestens 427 Millionen Euro an die 54 Türkei geliefert. Die Ankündigung der Bundesregierung, keine Genehmigungen für 55 alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, zu 56 erteilen, ist in diesem Zusammenhang völlig ungenügend, da sie sich nur auf 57 einen Teil der Rüstungsexporte bezieht und bereits genehmigte Lieferungen 58 fortlaufen sollen.

59 Vor diesem Hintergrund muss gerade auch die Bayerische Staatsregierung ihren 60 Beitrag zur Beilegung des militärischen Einsatzes der Türkei in Syrien leisten. 61 Bayern aber wird seiner besonderen politischen Verantwortung als größte 62 Waffenschmiede Deutschlands bisher in keiner Weise gerecht. Ganz im Gegenteil: 63 Keine andere Landesregierung agiert so massiv gegen restriktive 64 Rüstungsexportregelungen. Das kritiklose und offene Werben für Waffenverkäufe an 65 Kriegs- und Krisenstaaten droht, in völlig unverantwortlicher Weise zur 66 Verschärfung von Krisen beizutragen, wie sich nun erneut zeigt. Statt 67 abenteuerlicher außenpolitischer Alleingänge muss die Bayerische Staatsregierung

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68 dazu beitragen, aus Deutschland einen Vorreiter ziviler Krisenprävention zu 69 machen.

70 Der Normalisierungskurs der Bundesregierung gegenüber Ankara ist gescheitert und 71 hat Präsident Erdogan in seinem autokratischen, anti-demokratischen Kurs nur 72 bestärkt. Die Bundesregierung hat viel zu lange kaum oder viel zu leise Kritik 73 an der zunehmend autokratischen und unberechenbaren Innen- und Außenpolitik der 74 türkischen Regierung geübt. Dieses laute Schweigen, auch zu Afrin im letzten 75 Jahr, es hallt nach und rächt sich nun erneut.

76 Wir GRÜNE stehen fest an der Seite aller Demokratinnen und Demokraten in der 77 Türkei. Von Bundes- und Landesregierung erwarten wir dasselbe – und deshalb 78 einen grundlegenden Kurswechsel im Umgang mit der türkischen Regierung.

79 Wir GRÜNE fordern die Bundesregierung auf:

80 sich auf allen Ebenen für einen sofortigen Stopp des türkischen Angriffs 81 in Nordsyrien einzusetzen und den Einmarsch der Türkei in Syrien als 82 erneut völkerrechtswidrig zu verurteilen;

83 auf einen umgehenden Waffenstillstand in der Region hinzuarbeiten;

84 ausnahmslos alle deutschen Rüstungsexporte in die Türkei umgehend zu 85 stoppen und bereits erteilte Genehmigungen zu widerrufen;

86 auch Pläne zur Beteiligung deutscher Unternehmen an Rüstungskonsortien zu 87 unterbinden und die Gesetzeslücke, die solche Vorhaben ermöglicht, 88 dringend zu schließen;

89 die völkerrechtswidrige Intervention der Türkei auch innerhalb der NATO, 90 insbesondere im Nordatlantikrat, auf die Tagesordnung zu setzen und zu 91 verdeutlichen, dass die Türkei für ihre völkerrechtswidrige Invasion 92 keinen Beistand der NATO erwarten kann;

93 sich zugleich für ein Ende der Angriffe auf zivile Einrichtungen in der 94 Türkei einzusetzen;

95 sicherzustellen, dass die durch deutsche Aufklärungsflüge im Rahmen der 96 Operation „Inherent Resolve“ über Syrien und dem Irak gewonnenen 97 Aufklärungsdaten nicht länger mit der türkischen Regierung geteilt werden, 98 die Verlängerung des Engagements der Bundeswehr bei der Operation 99 „Inherent Resolve“ zurückzunehmen und die Tornados aus Jordanien 100 abzuziehen;

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101 keine neuen Hermesbürgschaften zur Absicherung wirtschaftlicher 102 Aktivitäten in der Türkei mehr zu übernehmen und alle noch offenen Anträge 103 negativ zu bescheiden;

104 den EU-Türkei-Flüchtlingsdeal von 2016 zu beenden, die europäische 105 Unterstützung zu unmittelbaren Gunsten der über drei Millionen Flüchtlinge 106 in der Türkei auf anderem Wege fortzuführen und Kontingente zur Entlastung 107 der dortigen Strukturen einzurichten;

108 sich für eine diplomatische Offensive gegenüber der Türkei sowie 109 Vertreterinnen und Vertretern der kurdischen Bevölkerung in der Region 110 einzusetzen, um maximalen Druck für eine politische Lösung aufzubauen – 111 denn weder der kurdische Konflikt noch der schreckliche Krieg in Syrien 112 werden militärisch, sondern nur unter Einbeziehung der betroffenen Staaten 113 und Interessengruppen sowie unter Wahrung des Völkerrechts gelöst werden 114 können;

115 mehr denn je eine klare Position für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und 116 Menschenrechte in der Türkei und in der Region einzunehmen sowie alles 117 politische Handeln konsequent auf die Unterstützung der vielen 118 demokratischen Kräfte in der Türkei auszurichten;

119 dafür Sorge zu tragen, dass keine Verhandlungen über eine Ausweitung der 120 Zollunion eröffnet werden, solange die Türkei keine Kehrtwende zurück zu 121 Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vollzieht;

122 sicherzustellen, dass europäische Heranführungshilfen ausschließlich an 123 gesellschaftliche, prodemokratische Organisationen ausgezahlt werden;

124 sich vehement dafür einzusetzen, dass die EU-Beitrittsgespräche, die de 125 facto gerade auf Eis liegen, nicht vollständig abgebrochen werden, da 126 dieser Schritt das falsche Signal an die vielen demokratischen Kräfte in 127 der Türkei senden und die europäische Perspektive einer Türkei, die nach 128 dem Ende der Ära Erdoğan zu Demokratie und Menschenrechten zurückfindet, 129 endgültig beenden würde.

130 Mit Blick auf die besondere Rolle des Bundeslandes Bayern im Rüstungsbereich 131 fordern wir GRÜNE die Bayerische Staatsregierung gesondert auf:

132 auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die bestehenden 133 Rüstungsexportrichtlinien lückenlos umgesetzt werden und folglich keine 134 Ausfuhren von Rüstungs- oder Dual-Use-Gütern in Kriegs- und Krisenländer 135 sowie in Staaten mit problematischer Menschenrechtslage mehr genehmigt 136 werden;

Seite 4 / 5 I1 Völkerrechtswidrige Militäroffensive der Türkei verurteilen, umgehend Konsequenzen ziehen

137 alle Versuche, eine Sonderrolle in der deutschen Außenpolitik einzunehmen, 138 zu beenden;

139 deutlich mehr Friedensforschung statt Militärforschung zu ermöglichen und 140 die gesellschaftliche Diskussion in Bayern über ethische Bedenken bei der 141 Vergabe öffentlicher Gelder für Militärforschung zu befördern;

142 zu diesem Zweck die Annahme von Drittmittelprojekten für Militärforschung 143 an Hochschulen und Universitäten transparenter zu gestaltet;

144 bayerische Universitäten und Hochschulen zu unterstützen, damit diese sich 145 in freiwilligen Selbstverpflichtungen, sogenannten Zivilklauseln, zum 146 Verzicht auf rüstungsnahe Forschung bekennen;

147 Zur Beratung und unabhängigen Bewertung sind Kommissionen nach dem Vorbild 148 der Ethikkommissionen in der Medizinforschung zu schaffen.

Unterstützer*innen Margarete Bause (KV München-Stadt), Lisa Badum (KV Forchheim), Uwe Kekeritz (KV Neustadt/Aisch – Bad Windsheim), Eva Lettenbauer (KV Donau-Ries), Hep Monatzeder (KV München-Stadt), Melanie Hippke (KV Augsburg-Stadt), Dr. Volker Leib (KV München- Land), Heidi Terpoorten (KV Dillingen), Stephan Christoph (KV Regensburg-Stadt), Beppo Brem (KV München-Stadt), Gerrit Siegers (KV München-Stadt), Julian Georgi (KV München-Stadt), Ursula Harper (KV München-Stadt), Sandra Neubauer (KV Unterallgäu), Christian Hartranft (KV München-Stadt), Uwe Reimer (KV München-Stadt), Meike Thyssen (KV München-Stadt), Peter Heilrath (KV München-Stadt), Sabrina Koch (KV Augsburg- Stadt), Rita Keller (KV Augsburg-Stadt), Markus Schnitzler (KV Augsburg-Stadt), Paul Primbs (KV Augsburg-Stadt), Helga Mandl (KV Traunstein), Martin Erdmann (KV Landsberg), Monir Shahedi (KV Regensburg-Stadt), Theresa Eberlein (KV Regensburg- Stadt), Hedwig Borgmann (KV Landshut-Stadt), Christina Mader (KV Oberallgäu), Sebastian Hansen (KV Würzburg-Land), Anne Steuernagel (KV München-Stadt), Maximilian Retzer (KV Passau-Stadt), Vivien Knies (KV Augsburg-Stadt), Mirjam Körner (KV Regensburg-Stadt), Markus Koller (KV Regen), Johannes Jordan (KV Regen), Doris Wagner (KV München-Stadt), Barbara Epple (KV München-Stadt), Paula Sippl (KV München-Stadt), Katharina Wittig (KV München-Stadt), Lyn Faltin (KV München-Stadt), Carla Ober (KV Erlangen)

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