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Kollektion 2013 Magazin des instituts für popularmusik Universität für Musik und darstellende Kunst wien Kollektion 2013 Magazin des instituts für popularmusik Universität für Musik und darstellende Kunst wien Impressum Inhalt 5

Universität für Musik 7 Editorial und darstellende Kunst Wien >Institut für Popularmusik 8 Jubiläum 10 Jahre ipop – Fotobericht Anton von Webern Platz 1 1030 Wien 12 interview mit Vize-Rektorin Ulrike Sych Sekretariat: Tel: +43-1-71155-3801 16 Burkhard Stangl: Improvisation und neue Fax: +43-1-71155-3899 Musikströmungen im Ensemble [email protected] www.ipop.at 20 interview mit Vize-Rektorin Andrea Kleibel

Verantwortlicher Herausgeber: 24 Gerald Schuller: Afoxè – Die brasilianische Ao.Univ.-Prof. Dr. Harald Huber „“ Wissenschaftlicher Bereich Metternichgasse 8 27 interview Juci Janoska 1030 Wien Tel: +43-1-71155-3810 33 Peter Tschmuck: Der US-Musikmarkt im Fax: +43-1-71155-3799 Spiegel der Billboard-Charts – die 1960er Jahre [email protected] 44 interview Heimo Trixner Redakteur: Mag. Günther Wildner 48 Günther Wildner: Quo vadis - Musikbranche, Freundgasse 10-12/12 Entertainmentbusiness, Wissensgesellschaft, 1040 Wien Kreativwirtschaft? Tel: +43-1-48 40 428 = Fax [email protected] 50 dissertationen, Diplom- & Masterarbeiten, Bakkalaureatsarbeiten im Bereich Visuelle Gestaltung: Popularmusik Mag. Angelika Kratzig [email protected] 53 a Tribute to Joe Zawinul: CD von Paul Urbanek & Ensemble; JOE ZAWINUL DAY

54 austrian Report On Musical Diversity - Forschungsbericht

56 Michael Huber: Zur gesellschaftlichen Notwendigkeit des „Autropop“ im Österreich der 1970er Jahre Editorial 7

> Im Jahr 2012 feierte das ipop sein 10jähriges Bestehen mit einer über das gesamte Jahr gestreuten Veranstaltungsserie. Das vorliegende Institutsmagazin enthält dazu einige Beiträge im Sinne einer Nachlese. Ganz besonders freut es mich, dass sich die amtierenden Vizerektorinnen Andrea Kleibel (Außenbeziehungen) und Ulrike Sych (Lehre und Frauenförderung) bereiterklärt haben, der „Kollektion“ für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Weiters enthält das Magazin Beiträge der Kollegen Burkhard Stangl, Gerald Schuller, Peter Tschmuck und Günther Wildner zu ver- schiedensten Aspekten der Theorie und Praxis der Popularmusik sowie Interviews mit Juci Janoska und Heimo Trixner. Ein besonderes Anliegen ist auch diesmal, aktuelle Produktionen und Publikationen des ipop vorzustellen: den „Austrian Report on Musical Diversity“ (Harald Huber und Lisa Leitich), die CD „A Tribute to Joe Zawinul“ (Paul Urbanek) und die Fülle an Bachelor- und Magisterarbeiten bzw. Dissertationen die seitens der Studierenden geschrieben werden. Ein großer Dank gebührt auch diesmal dem Redakteur Günther Wildner und der Grafikerin Angelika Kratzig für die Gestaltung der „Kollektion 2013“

Viel Spaß beim Lesen wünscht Harald Huber (Herausgeber)

Wien, im Juni 2013 Jubiläum 10 Jahre 2 9 >ipop - Institut für 1

1_Austrian Report On Musical Diversity Popularmusik (ARMD) 2_ Saxophonquartett Hochkarätige Konzerte und die Präsentation der „Woody Black 5 Four“ mit Oscar Forschungstätigkeit prägten das 10-Jahres-Jubiläum des Antoli,Vincent 3 Instituts für Popularmusik am 7./8. Nov. 2013 Pongracz, Leo Skorupa, Daniel Moser (vlnr) > Popularmusik an der So kooperierte Institutsvorstand Wolfgang Puschnig 4 3_Harald Huber prä- mdw & Absolventen (Alt-Saxophon) mit seinen KollegInnen des ipop- sentiert den ARMD Die Beschäftigung mit Jazz, Pop/Rock, World, Dance Leitungsteams als „LT“-Ensemble – Patricia Graf- 4_Eröffnung des Willie Gschwendner Archivs etc. konnte an der Universität für Musik und darstellen- Simpson (voc), Herbert Pichler (p), Martin Fuss (sax), mit Martin Fuss, de Kunst Wien (mdw) in den 80er Jahren im Rahmen Harald Huber (keys) Wolfgang der Abteilung Musikpädagogik angebahnt werden. Saxofour vereinte vier der stilbildendsten öster- Puschnig, Max Koch 5_Merridee Stein, 2002 erfolgte die Institutsgründung, die der Lehre und reichischen Saxofonisten der mittleren Generation: 6 Paul Stein, Peter René Forschung am ipop weitreichende Perspektiven und Wolfgang Puschnig, Christian Maurer, Klaus Pérez, Max Koch, internationale Anbindungen sicherte. Dickbauer, Martin Fuss Christian Reder Peter Legat stellte mit seinem international beachteten 6/7/11_Willie 7 8 9 10 Gschwendner Archiv Die praxisorientierte und theoretisch fundierte Kollektiv „Count Basic“ die beliebten Instrumentals 8_Harald Huber über Ausbildung brachte in den letzten zehn Jahren zahlrei- der Band vor. 10 Jahre ipop che namhafte AbsolventInnen hervor, die sich künst- 9_Begrüßung & Dank durch Rektor Werner lerisch und pädagogisch im In- und Ausland etablie- Die Uni Big Band der mdw musiziert unter der Leitung Hasitschka ren konnten, u.a. Viola Falb, Martin Gasselsberger, von Fritz Ozmec und Heinz von Hermann. 10_Patricia Graf- Martin Reiter, Clemens Salesny, Wolfgang Schiftner, Weiters zu waren hören: Martin Kelner Trio (“Flamenco Simpson – Moderation 12_Harald Huber, Elektro Guzzi, Mary Broadcast Band u.v.a. & more”); Ensembles von Gina Schwarz (“Jazzista”); Paul Stein, Max Koch Harald Huber (“Blox”) mit den Gästen Wolfgang 13_Günther Wildner, Austrian Report Reisinger, Ingrid Oberkanins, Habib Samandi, Andreas Felber, Martina Claussen; Erwin Schmidt (“The Organ Philipp Brunner On Musical Diversity 14_Uni Big Band Zwischen Mozart und Lady Gaga – kein Platz für Champs”), Horst-Michael Schaffer (“Wonderbrass”) 12 14 musikalische Vielfalt in Österreich? und die Acapella-Formation der ipop-Gesangslehre- Pressekonferenz & Präsentation kulturpolitisch bri- rInnen (“ipop-four”) santer Ergebnisse einer Studie von Harald Huber und Lisa Leitich zur Entwicklung aller Stilfelder der Musik Willie Gschwendner Archiv in Österreich im Zeitraum 2000–2010. Die erlesene Mediensammlung – über 12.000 LPs, CDs, DVDs und Bücher – des 2010 verstorbenen Festakt und Konzerte Jazz/Blues-Journalisten Willie Geschwendner konnte Das Musikprogramm der Jubiläumsfeiern reflek- in den Bestand der Musikuniversität Wien/ipop auf- 13 tierte den breiten musikalischen Ansatz des ipop genommen werden. Die Eröffnungsfeier des Willie und brachte bisher noch nicht gehörte Bands und Gschwendner Archis fand am 7. November 2012 für 11 Besetzungen auf die Bühne. Sponsoren und geladene Gäste statt. 3 10 1 2 3 1 11

1_Uni Big Band mit 1_Peter Legat (g) Gina Schwarz (b) und 2_BLOX mit Harald Fritz Ozmec (dr) Huber, Martina 2_Gerald Schuller (p) Claussen, Habib 3_Wolfgang Puschnig, Samandi, Gina Patricia Graf-Simpson Schwarz, 4_Martin Fuss Wolfgang Reisinger, 5_Ensemble „LT“ Ingrid Oberkanins, 6_Herbert Pichler Andreas Schreiber (p) und Patricia Graf- 3_Saxofour mit Martin Simpson (voc) 4 5 6 2 Fuss (bs), Wolfgang 7_Harald Huber (keys) Puschnig (as), 8_Martin Kelner Trio Christian Maurer (Flamenco) (ts), Klaus Dickbauer 9/11_ipop four (A (as) Cappella) 4_Harald Huber (p) 10_Count Basic 5_“The Organ 12_Martin Fuss, Champs“ mit Horst-Michael Wolfgang Pointner (g), Schaffer Martin Fuss (ts), Erwin 13_Martin Fuss (ts), Schmidt (org), Horst- Josef Burchartz (tp), Michael Schaffer (tp), Robert Bachner (tb), Andi Weiss (dr) Laurinho 4 5 6 6_Martina Claussen, Bandeira (perc) – 7 8 9 Gina Schwarz, Habib Count Basic Samandi – BLOX 14_Peter Legat (g), 7_Gina Schwarz, Willi Langer (b) – Andreas Schreiber – Count Basic BLOX 15_Albin Janoska 8_Martin Fuss (ss), Robert Bachner (tb) 9_Jazzista mit Heribert Kohlich (p), Heimo Trixner (g), Horst-Michael 11 7 8 9 Schaffer (tp), Gina Schwarz (b), Martin Fuss (ts), Robert Bachner (tb), Harry Tanschek (dr) 10_Heimo Trixner (g), Gina Schwarz (b) 11/12/13_“Wonder- brass“ unter der Leitung von Horst- Michael Schaffer (tp, voc) 10 12 10 11 12 14_Im Publikum: Rektor Werner Hasitschka, Vize- 13 14 15 13 14 Rektorin Ulrike Sych Fotos: Niki Witoszynskyj, Günther Wildner zum ersten Studienabschnitt, dann bin ich auf die US: Pop geht in alle Kunstbereiche hinein. Kombination Musik- und Instrumentalpädagogik Vizerektorin Ulrike Sych mit den Hauptfächern Gesang, Klavier und Blockflöte HH: Hier haben wir definitiv ein zu geringes Angebot. 13 umgestiegen. Ich habe aber im Laufe des Studiums Wir wollen daher ein ständiges vierstündiges Modul noch Geige-, Orgel- und Gitarreunterricht genom- im Magisterstudium einrichten, das genau in diese über Wissenschaft im men, um in jedem Instrumentenbereich ein bisschen Richtig geht, Arbeitstitel „Pop & Performance“. informiert zu sein. Hierfür ersuchen wir um Unterstützung. Bevor ich dann mein künstlerisches Studium im >Kunststudium, Gender als Ausland weiterführte, absolvierte ich an einem US: ipop-AbsolventInnen gehen meiner Wahr- BORG in Salzburg das sogenannte „Probejahr.“ Ich nehmung nach viel extremer gleichzeitig in die beiden liebe es, mit Jugendlichen zu arbeiten, und bis heute Richtungen, nämlich Pädagogik und künstlerische Gleichbehandlung und die könnte ich mir noch vorstellen, in einer Schule zu Tätigkeit, als das andere Pädagogik-AbsolventInnen unterrichten. Dieses Jahr gehört zu den wichtigsten tun. Im ipop wird bewusst auch für die Bühne ausge- in meinem Leben, ich habe dabei persönlich sehr viel bildet – und den Musikmarkt. Selbstverständlichkeit des gelernt. Harald Huber: Eines meiner Projekte, das ich mit Ich habe das Glück, ein Dream Peter Röbke (Institut für Musikpädagogik) gemein- Team um mich zu haben, das Auf-der-Bühne-Stehens sam mache, heißt „Musikmachen aus der Gruppe heraus“. Studierende des Hauses mit all ihren vielfäl- mich hervorragend unterstützt, Ein Gespräch mit Günther Wildner und Harald Huber tigen Fähigkeiten und kulturellen Besonderheiten sol- len dabei hinaus gehen und mit Kinder, Jugendlichen und ein Haus, das wunderbar mit und Erwachsenen Musik kreieren. Uns ist es wichtig, mir zusammenarbeitet. > Günther Wildner: Wie haben Ihnen die Konzerte GW: Wie hat Popularmusik Ihre eigene künstlerische auch IGP-Absolventen für Gruppensituationen vor-( anlässlich des 10 Jahre-Jubiläums des ipop hier an Tätigkeit beeinflusst? zubereiten und auszubilden. HH: Das konzertante Musizieren hat gleichzeitig der mdw gefallen? US: Ich selber schaue gerne über den Klassikrand. einen pädagogischen Aspekt. Die Höhepunkte in Ulrike Sych: Da komme ich sofort ins Schwärmen In meinem Repertoire finden Sie auch Musik von GW: Holen wir unsere Studierenden richtig ab der Musikschularbeit bzw. in Kooperationsprojekten und darf ganz subjektiv antworten: Ich war begei- Komponisten wie George Gershwin, Cole Porter, und bilden wir entsprechend aus, dass sie als von Regelschulen und Musikschulen sind häufig stert, es hat mir ausnehmend gut gefallen! Ich war Jerome Kern etc. Zusammen mit Elisabeth Eschwé AbsolventInnen das beherrschen, was uns wichtig ist? musiktheatralische Aufführungen wie Musicals usw. hoch erfreut, wie gut die Kolleginnen und Kollegen biete ich immer wieder einen Musiktheaterabend an, US: Die LehrerInnenausbildung wird zur Zeit, wie – dafür sind bühnenerprobte Lehrer mit einschlä- des ipop sind. der weit über die Klassik hinausgeht. Für mich gibt man ja auch in den Medien verfolgen kann, neu giger Ausbildung notwendig, daran arbeiten wir es keine Trennung von E- und U-Musik. Vielmehr organisiert und strukturiert. Es werden deshalb die vermehrt. Auch von der Popakademie Mannheim GW: Ihr persönlicher Zugang zum Feld der gibt es für mich nur gute und schlechte Musik oder Curricula überarbeitet und neu überdacht werden können wir uns hinsichtlich deren Studiengänge Popularmusik? anders ausgedrückt, Musik, die einen anspricht oder müssen. Auf alle Fälle sind wir in der Pädagogik sehr „Popmusik-Design“ und „Musikbusiness“ noch ei- US: Ein sehr positiver, ich komme selber ja von der nicht anspricht. gut aufgestellt. niges abschauen. Gesangspädagogik. Ich denke, jeder Musikpädagoge oder jede Musikpädagogin sollte auf alle Fälle auch GW: Wie hat Ihr musikalischer Weg begonnen? HH: Was das IGP-Studium betrifft, haben wir einen GW: Sie sind als Vize-Rektorin seit Oktober 2011 Lehrveranstaltungen in Popularmusik absolvieren, US: Mit Blockflöte-Lernen im Alter von vier Jahren Klassik- und einen Popularmusikstudienplan. Beide im Amt. Was sind die wichtigsten Inhalte und denn wenn man junge Menschen erreichen will, im Kindergarten, mit sechs kam dann Klavier da- sind weitgehend miteinander verzahnt. Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit, wie geht es voran? muss man sich zumindest ein bisschen in diesen zu. Zur damaligen Zeit haben die Eltern noch mit US: Es geht sehr gut voran. Mein Ressort ist sehr groß Musikstilen auskennen. Dafür braucht man kein uns in Salzburg musiziert: Mein Vater Zither, mei- US: Ich sehe durch meine Einblicke in die Studien- und das bedeutet dementsprechend viel Arbeit: Lehre, vollständiges Jazzstudium, aber am Instrument be- ne Schwester Hackbrett, mein Bruder Gitarre und kommissionen, dass sich auch die Instrumentalstudien Wissenschaft, Forschung, Frauenförderung, fachliche gleiten sollte man zumindest in dieser Richtung ich Geige. Es wurde zuhause viel gesungen, vor und die IGP-Studien immer besser verzahnen. Zuständigkeit für die Lehrveranstaltungsevaluierung können. Der Zugang zur Musik läuft bei den meisten allem Volkslieder – das war ein ganz natürlicher und Bibliothekswesen. Ich habe das Glück, ein Dream jungen Menschen heute nicht mehr über die Klassik, Einstieg in die Musik für mich. Im Gymnasium HH: Am ipop haben wir, im Vergleich zum Jazz, noch Team um mich zu haben, das mich hervorragend sondern über die Popmusik (Pop, Funk, Jazz, Rap war dann für mich klar, dass ich sehr gerne etwas Entwicklungsbedarf im Bereich Pop, wo es stark ums unterstützt, und ein Haus, das wunderbar mit mir etc.) Die Lehrziele in Schulen stehen oft diametral mit Musik machen möchte – also Musiklehrerin Gesamtkunstwerk und musiktheatralische Aspekte zusammenarbeitet. In der Zeit seit meinem Antritt dem gegenüber, was die Kinder hören und an Musik werden oder doch Jus Studieren? Ich entschied geht. Figuren müssen gestaltet werden, Kostüme, als Vizerektorin konnte ich bisher so ziemlich alles mitbringen, sprich: ein Durchschnittskind hat keinen mich dann für das Musiklehramtsstudium mit Performances, Tanz etc. Ein Gesamtkonzept muss umsetzen, was ich mir für meine Funktionsperiode Zugang zur Klassik. der Fachkombination Musik/Latein, aber nur bis gestaltet werden. vorgenommen habe: Zum Beispiel habe ich die „Plattform Gender_ mit den Pädagogischen Hochschulen zu kooperieren, US: Mir ist durch die Jubiläumsveranstaltung erst mdw“ gegründet und verfolge an der mdw eine wie von Manchen gerne behauptet wird, stimmt so richtig bewusst geworden, wie international die 14 Genderpolitik im Sinne der Gleichbehandlung, nicht nicht. Die Kunstuniversitäten sind jedoch nicht be- Lehrenden des ipop vernetzt sind, wo sie überall in 15 aggressiv, aber sehr stark. Das Miteinander soll im reit, sich mit pädagogischen Hochschulen zwangs- der Welt ein- und ausgehen. Ich wünsche mir für Vordergrund stehen. verheiraten zu lassen, Zwangskooperationen machen das ipop, dass die Linie, die es eingeschlagen hat, Ich arbeite sehr eng mit den Studienkommissionen für beide Seiten keinen Sinn. kontinuierlich so gut weitergeht. Das selbstverständ- zusammen. Diverse Curricula müssen überarbeitet liche Musizieren und Auftreten der ipop-Lehrenden werden. HH: Der Frauenanteil in den unterschiedlichen gemeinsam mit den Studierenden sollte auch Vorbild Popularmusikstilen und am ipop wird größer, wir ha- für viele andere Institute der mdw sein. Mir ist durch die Jubiläums- ben viele weibliche Studierende in allen Instrumenten aufgenommen. Die großen internationalen Stars > veranstaltung erst so richtig sind derzeit übrigens vorrangig Frauen. Das ipop Mag. Ulrike Sych studierte Musikpädagogik mit den ist gendermäßig gut unterwegs, es gilt, die Musik

bewusst geworden, wie interna- o : A r ch iv Sych Hauptfächern Gesang und Klavier am von althergebrachten Geschlechterzuschreibungen t Fo Mozarteum Salzburg. Ihre weitere tional die Lehrenden des ipop zu befreien. Grundkonzept des ipop ist es weiters, Ausbildung zur Sängerin erfolgte in sowohl im künstlerischen als auch im pädagogischen den USA und in Italien. vernetzt sind, wo sieüberall in der und wissenschaftlichen Bereich Spitzenklasse zu sein. Seit 1989 unterrichtet sie Gesang Wenn Studierende das Wechseln zwischen diesen Welt ein- und ausgehen. und Stimmbildung an der Universität für Musik und Welten gewohnt sind, dann haben sie überhaupt kein darstellende Kunst Wien, seit 2007 auch an der Anton Es wird ein mdw-Sprachzentrum installiert )werden, Problem damit. Bruckner Privatuniversität Linz, wo sie das Institut das einerseits den Studierenden studiumsbegleitend Wie steht es um die Verschränkung von Kunst, für Stimme, Gesang und Musiktheater von 2009 bis das Erlernen der deutschen Sprache ermöglichen Pädagogik und Wissenschaft an der mdw? Welchen Ende September 2011 leitete. wird, und andererseits deutsche und englische Stellenwert hat die Wissenschaft am Haus? Seit Oktober 2011 ist sie Vizerektorin für Lehre und Schreibwerkstätten für wissenschaftlisches Arbeiten Frauenförderung der mdw. anbieten wird. US: Ich bin bemüht, die wissenschaftliche Säule an Zur Optimierung der Organisation des Doktorat- der mdw sichtbarer zu machen. Was dieses Vorhaben studiums habe ich den „Doktorat-Knotenpunkt“ erschwert, ist der Umstand, dass wir keine wis- installiert. senschaftlichen Studienrichtungen, mit Ausnahme Der Großteil der Stipendien, die an der mdw verge- des Doktoratstudiums, haben. Wir sind gerade da- ben werden, liegt in meinem Ressort. bei, die Curricula im Konzertfach zu überarbeiten. Intensiv mitgearbeitet habe ich auch bei der Neu- Ich habe den Eindruck, dass die Zusammenarbeit bearbeitung des Satzungsteiles Studienrecht und an von Wissenschaft und Kunst an der mdw immer der Organisation von Veranstaltungen im Rahmen besser funktioniert. Zwar gibt es hin und wieder der Weiterbildung für Lehrende. die ein oder andere Lehrkraft im Konzertfach, die Dieses Studienjahr startete die Phase 2 der Lehr- kein Verständnis für den wissenschaftlichen Anteil veranstaltungsevaluierung. Ich freue mich sehr, dass innerhalb eines Kunststudiums hat, aber en gros bisher die LV-Evaluierung sowohl von den Lehrenden habe ich den Eindruck, dass der Graben zwischen als auch von den Studierenden sehr gut angenommen Wissenschaft und Kunst sich sehr minimiert hat. wurde. Das KünstlerInnenprofil hat sich stark geändert. Es In der Neuaufstellung der LehrerInnenbildung bin genügt bei weitem nicht mehr, „nur“ gut in der rein ich, so wie alle VizerektorInnen für Lehre der öster- künstlerischen Disziplin zu sein. reichischen Universitäten, involviert und pflege vor Kunst und Pädagogik verschränken sich an der mdw allem mit den österreichischen Kunstuniversitäten sehr gut. Die Studienkommissionen Konzertfach und diesbezüglich engen Kontakt. Pädagogik arbeiten gerade gemeinsam Möglichkeiten Das nur zusammengefasst als ein kleiner Einblick in aus, die den Studierenden ein Doppelstudium meine Arbeit. (Konzertfach und Pädagogik) organisatorisch er- leichtern sollen. GW: Wie steht es um die Kooperation von Pädagogischen Hochschulen und Kunstuniversitäten? HH: Was wünschen Sie sich hinsichtlich des ipop? US: Dass die Kunstuniversitäten nicht bereit wären, Kontext der institutionalisierten Musikvermittlung suchen), hat im Bereich der Musik nach wie vor viel nicht bekümmern zu müssen. Auch wenn es da und mit Zivilcourage zu tun – und ist deshalb auch ein dort Bestrebungen gibt, der neuen Musik im (Aus) politischer Akt. Ich glaube, genau das wird von den 17 Improvisation Bildungsbereich ausführlicheren Raum zuzuweisen, jungen Leuten geschätzt, auch wenn sie diese Musik sprechen die allgemeinen Entwicklungen eine an- vorerst vielleicht gar nicht „mögen“. dere Sprache: „Die Universitäten Europas verwan- delt man in repressive Oberschulen, die nur noch Die Sonder-Rahmenbedingung für die und neue auf den Prinzipien des Zwangs und der Kontrolle TeilnehmerInnen im Labor Stangl > beruhen, wodurch die Ressourcen der freiwilligen Das Freiburger Symposium hatte sich zur Aufgabe ge- Motivation und des neugierigen Interesses verschleu- macht, mehrere aktuelle Positionen zur Vermittlung dert und die Universitäten als Orte der Forschung, von neuer Musik in theoretischer und praktischer Musikströmungen des freien Gedankenaustauschs und der kritischen Hinsicht zu thematisieren und zu zeigen versucht, Selbstreflexion ruiniert werden“, bemerkt der welche vielfältigen Ansätze, Methoden und Praktiken Philosoph Rober Pfaller, der in einer seiner letzten hierbei existieren, welche Probleme auftauchen bzw. Veröffentlichung darüber nachdenkt, „Wofür es sich welche Lösungen denkbar sind. zu leben lohnt“ (S. Fischer 2011). Ich nahm die Einladung gerne wahr, mit elf im Ensemble Das, was man als notwendige Dekonstruktion der Studentinnen und Studenten aus Wien anrei- musikalischen Normalität auf der Suche nach einem sen und meine zweistündige Lehrveranstaltung von Burkhard Stangl neuen Selbstverständnis für zeitgenössisch-avantgar- „Improvisation und neue Musikströmungen im distische Musikformen und ihrer Perzeption beschrei- Ensemble“ dieses Mal in Freiburg/Breisgau und > Die Lehrveranstaltung „Improvisation und neue Meusburger (Saxophon), Clara Murnig (Klavier), ben kann, lässt sich schwer in ein allgemeines bzw. in einem der vier Labors en bloc abhalten zu kön- Musikströmungen im Ensemble“ wird seit dem Talvi Nurgamaa (Viola d‘amore), Eva-Maria allgemein gültiges Musikvermittlungskonzept für nen. Jene angesprochene Wiener Lehrveranstaltung Wintersemester 2003/04 im Rahmen des Schwer- Profunser (Harfe), Thomas Rieder (Gitarre), Astrid experimentelle und neue Musik implementieren. Da ist Teil eines wählbaren Schwerpunktes innerhalb punkts „Improvisation und neue Musikströmungen“ Wiesinger (Saxophon). auf musikuniversitärer Ebene im verschwindenden des IGP-Musikstudiums, steht aber als Wahl- und an der Wiener Universität für Musik und dar- Maße Lehrinhalte oder Plattformen angeboten wer- Freifach auch KonzertfachstudentInnen anrechen- stellende Kunst angeboten und ist am Institut für Prinzipelles den, die zur Ausbildung und Erfahrungssammlung bar zur Verfügung. Es stellt einen prinzipiellen Popularmusik verortet. Bis 2008 wurde sie von Franz Nur historische Musik lässt sich, und das auch nur im Feld der neuen Musik, des avancierten Jazz Unterschied dar und verlangt eine differenzierte Hautzinger geleitet, ab dann von meiner Person. Die teilweise, im Frontalunterricht pädagogisch vermit- und experimenteller Improvisationsmusik beitragen, Herangehensweise, ob man es als Musikvermittler-in Schwerpunktveranstaltung ist institutsübergreifend. teln. Keine neue aktuelle Musik vermittelt sich je, muss Besorgnis erregend konstatiert werden: Einen von neuen Musikformen mit unerfahrenen, bisweilen Die Langfassung meines Aufsatzes wurde unter dem wenn sie antritt, im Rahmen von traditionell gepräg- flächendeckenden Musikunterricht für zeitgenös- unwilligen (Schul- und Universitäts-)Klassen zu tun Titel Zur Dekonstruktion der Normalität in der ten musikpädagogischen Modellen übersetzt werden sische Musikformen anbieten zu können, bleibt hat, oder ob eine prinzipielle Bereitschaft besteht, Musik veröffentlicht in: Hans Schneider (Hrsg.): zu wollen. Wer sagt denn, dass man nichts von und solange Illusion, solange die Musikuniversitäten sich mit diesen Musikformen auseinander setzen Neue Musik vermitteln. Ästhetische und metho- über historischer Musik lernen könnte, wenn man sich nicht als Kunstuniversitäten verstehen, die zu wollen. Letzteres war mit den Wienern für das dische Fragestellungen. Olms Verlag: Hildesheim zeitgenössische, neue Musiken in Praxis und Theorie die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts in den Freiburg-Labor gegeben. 2012. Der Bericht entstand anlässlich einer zum Hauptthema der Musikausbildung und des Mittelpunkt der Ausbildung stellen. Denn man Exkursion zu einem Symposium, das unter dem Musikunterrichts machte? Im Feld der Vermittlung kann nicht weitergeben, was man nie empfangen Thema „Vermittlung neuer Musik“ vom 13. bis 16. von bildender Kunst beispielsweise herrschen an- hatte. Deshalb sind auch die nicht institutionali- Keine neue aktuelle Musik vermit- Mai 2010 an der Hochschule für Musik Freiburg im dere Verhältnisse. Auch im Deutschunterricht geht sierten Musikvermittlungsprojekte wie Klangnetze telt sich je, wenn sie antritt, im Breisgau stattgefunden hatte und in dessen Rahmen es nicht darum, wie Goethe schreiben zu lernen. (A), Klangserve (CH) oder Netzwerk neue Musik meine Lehrveranstaltung geblockt abgehalten wurde. Andererseits: Vielleicht ist es gut so, dass zeitgenös- (D) und die daran beteiligten MusikvermittlerInnen Rahmen von traditionell geprägten Daran nahmen elf Studentinnen und Studenten sische, neue, aktuelle experimentelle, avantgardisti- die eine wichtige Option, den Musikentwicklungen musikpädagogischen Modellen teil. Die fünf involvierten Institute finanzierten sche Musiken tendenziell sich nicht in formalisierte der letzen Dezenien - neue zeitgenössische Musik, auch jeweils die anfallenden Reisekosten dan- Bildungsgänge „einsperren“ lassen und auf anderen Improvisation, Elektronik, Klangkunst etc. - übersetzt werden zu wollen. kenswerterweise mit. Institut für Popularmusik (6 Wegen ihre Bahn zu den Hörern suchen müssen. Rechnung zu tragen. Den Lehrenden obliegt es, StudentInnen); Institut Ludwig van Beethoven (2); Diese Überlegung kann man durchaus als „tröstli- genauso offen und experimentierfreudig zu sein wie( Donnerstag: Anreise nach Freiburg/Breisgau, Hellmesberger Institut (1); Institut Franz Schubert che“ Version zur Erklärung heranziehen, warum zeit- diejenigen, von denen sie diese Eigenschaften einfor- Symposiumseröffnung (1); Leonard Bernstein Institut (1). StudentInnen: genössische, unpopuläre Musiken grosso modo keine dern. Denn Wissen über das Leben – Gelerntes und Schon die fast zehnstündige Zugreise Wien-Freiburg Oliver Darnhofer (Klarinette), Burcu Durukan Bedeutung für das Allgemeinwissen über Musik Angelerntes – ist das eine, wissendes Leben – Tat bot eine gute Gelegenheit für die jungen MusikerInnen (Klavier), Alma Dzelil (Flöte), Alex Isokomogilski darstellen, sie sollte und darf aber nicht Vorschub und Erfahrung – ist das andere. Avantgarde und und mich, sich untereinander näher kennen lernen zu (Gitarre), Alex Loewenstein (Saxophon), Harry dafür leisten, sich um die „neglected musics“ im Experiment zu vermitteln (oder zumindest es zu ver- können. Nehme ich auch bei regulären Lehrtätigkeit darauf Bedacht, dass sich die Teilnehmer gebühren- ziert: Improvisationen im Gesamtensemble als erste aus kürzer, „gehetzter“, allesamt insgesamt nicht so haben die anderen gearbeitet, Konzepte etc.? So der Form vorstellen und – je nach Naturell – (im- Ressource für weitere Abenteuer, erstes musikalisches gelassen, vermutlich wirkt bereits die anstehende öf- eigentlich kein Nutzen für uns, was das Symposium 18 mer wieder) ihren Background, ihre Motivation, Kennen lernen auch. Doch hier wurde von uns schon fentliche Präsentation des Laborergebnisses mit. Das selbst betrifft / Schlussdiskussion war nicht zufrieden 19 g l o : A r ch iv S tan Wünsche und Vorstellungen darlegen können, so die Rolle der Zeit thematisiert bzw. die Differenz der t vorherrschendes Gefühl von: „Die Intimität unseres stellend, Zielsetzung war nicht klar / Komposition Fo forcierte der rege Austausch auf unsere Gruppenreise Wahrnehmung des kreativen Energiepotentials in der Musizierens wird bald einer Öffentlichkeit ausge- versus Improvisation-Diskussion: Wir finden, da tatsächlich so etwas wie ein Ensemblegefühl: Neben Zeit – der Unterschied, ob man etwa 15 Minuten setzt.“ Die Probe für die Präsentation verläuft für alle geht es jeweils um andere Charakteristika und Wertig- allerlei „Persönlichem“ wurden gerade musikinhalt- spielt oder sich vornimmt, 60 Minuten zu gestalten: nicht gerade zufrieden stellend. Die Aufführung sieht keiten, die man nicht so einfach vergleichen kann / liche Diskussionen, Standpunkte und mögliche Ziele „Was die Zeit mit einem macht“. Von Anfang an ca. 100 Besucher. Das Publikum setzt sich aus den Improvisation: andere Sensibilität für Klänge, Offen- nuanciert verhandelt, mit dem von allen gutierten standen – der Zugvorbesprechungszeit sei Dank Teilnehmern der anderen drei Labors, den Dozenten heit; angenehm, ein Mal ohne Regeln zu spielen. Resultat, den Vorteil zu nutzen, das Seminar außer- – feinste Klangnuancierungen, -gestaltungen und und Referenten sowie MusikstudentInnen und ande- halb der gewohnten universitären Umgebung und -formen im Mittelpunkt; der „Mikroskopierung“ ren Gästen zusammen. > Burkhard Stangl ohne anderwärtige Terminverpflichtungen durchfüh- von Klängen also wurde gebührend Platz gegeben Das Ensemble entscheidet sich, bei geöffnetem composer/performer ren zu können und, ganz wichtig, sich Zeit für etwas und vornehmer Respekt erwiesen. Am Nachmittag Fenster und, vom Zeitrahmen abgesehen, ohne Hauptinstrument E-Gitarre. An mehr zu nehmen, wofür man in der Regel kaum Zeit hat. dann selbst-verhandelte kleinere Besetzungen sowie jede weitere Vorgabe zu spielen. Das für 22’22“ als 70 LP- und CD-Veröffentlichungen Damit in Zusammenhang stehend wurde „beschlos- zwei „Consorts“ mit der Bläser- und Saitengruppe. anberaumte Stück (eine der Pianistinnen hatte ei- beteiligt, u.a. auf Hat Art, Extraplatte, sen“, den Versuch zu wagen, tendenziell nur solche Dies als Möglichkeit, von außen den KollegInnen bei ne Stoppuhr und sollte ein unmerkliches Zeichen Random Acoustics, durian, erstwhile Musik zu machen, die man vorher – einzeln wie im der Arbeit zuzuhören, zuzusehen. Dazwischen im- für das Ende geben) überrascht sogar mich in sei- records, hibari music, loewenhertz. Ensemble – noch nie zuvor gemacht hatte. Denn für mer wieder Kurzexkurse zur „Instrumentenkunde“, ner Ruhe und Inwendigkeit, mit seinen seltenen, Unter eigenem Namen: Ereignislose Musik 1996, das, was man ohnehin schon kennt – so der Tenor die StudentInnen erklären sich gegenseitig ihre aber präzis gesetzten Klangaktionen, als wäre das Récital 1997, Venusmond – Oper ohne Ort 2000/04. Instrumente und deren Spielmöglichkeiten, was – Ensemble nichts anderes als gewillt, das Atmen der Bücher bei den Verlagen Pfau, Facultas und edition Neben allerlei „Persönlichem“ wie nebenbei – die Hör- und Klangdifferenzierung Stille hörbar zu machen. Der „zufällige“ Einsatz echoraum. Zuletzt: Anna Zaradny / Burkhard Stangl im Ensemble schärft. Des weiteren eine Realisierung der Kirchenglocken (bei Minute 19’00“) wird vom on 12“ EP (2012) sowie Hommage à moi: 3CDs, Buch wurden gerade musikinhaltliche eines Vorschlags einer Studentin: Patterns. „Aber Ensemble unabgesprochen als Zeichen gewertet – (496 S.) DVD, edition echoraum/loewenhertz (2011). Diskussionen, Standpunkte und nicht im Sinne der minimal music“, sondern: mit die Musik verstummt, das Stück wird mit einem Arbeiten für Experimentalfilme und -videos (Gustav mögliche Ziele nuanciert verhandelt ausgewähltem Spielmaterial (ein Pattern pro Spieler- Glocken-Solo beendet. Deutsch, Billy Roisz). Seit 2004 Lehrbeauftragter )in) über einen längeren Zeitraum zu arbeiten, dabei an der Universität für Musik und darstellende – , wird vermutlich ja auch im weiteren Leben ge- Bedacht darauf nehmend, einerseits viele Pausen zu Sonntag: Vormittag Diskussion und Reflexion, Kunst Wien, Schwerpunkt “Improvisation und neue nug Zeit sein und das Musikmachen sogar zentral machen und andererseits sukzessive dieses Pattern, Nachmittag Abreise Musikströmungen”. Lebt in Wien. bestimmen: Üben des Repertoires, Unterrichten des ohne die Lage/das Register zu verändern, dennoch Mein Input während des Labors war eher gering, http://stangl.klingt.org Repertoires, Hören des Repertoires. Es wurde sogar von allen möglichen Blickwinkeln aus spieltechnisch die oftmals intensiven (Nach)Besprechungen fan- der Vorschlag ins Spiel gebracht, jedwede Tonalität zu beleuchten (Dynamik, Isolierung/Integrierung von den während der Essenszeiten oder des geselligen oder Anflüge daran zu vermeiden, ja sie geradezu Geräuschanteilen, Beschleunigung/Verlangsamung, Beisammenseins am Ende des Tages statt. Nachdem auszugrenzen – wenn nicht hier, wann dann? Verdichtung/Ausdünnung). Zeitvorgabe: lang. ich bei der Rückreise nach Wien nicht dabei sein Gegen Ende des Labortages: durch ein Fenster, das und die unmittelbaren Reaktionen nicht einfangen Freitag: Arbeit im Labor, ganztägig zwecks Frischluftzufuhr geöffnet wurde, dringen konnte, bat ich um ein stichwortartiges Résumé der Die reizvolle Besetzung der elf MusikerInnen bestand Außengeräusche in den Raum: Vogelzwitschern, ent- StudentInnen: aus Viola (d’Amore), Harfe, 2 Konzertgitarren, 3 fernter Autoverkehr, Glocken, ab und zu Regen. Natur Schöne Zusammensetzung der Gruppe, man kann- Saxophone, Klarinette, Flöte, 2 Klaviere. Es wurde und „konkrete“ Klänge werden zum Leitgedanken. te sich vom Sehen, aber nicht vom Spielen her / vereinbart, ohne Mikrophonierung und Verstärkung Das Ensemble spitzt nochmals die Ohren und musi- Zugfahrt nach Freiburg und zurück ganz wichtig zu arbeiten und sich der rein akustische Auslotung ziert eine lange Zeit mit den leisen, „geschenkten“ fürs Musizieren und Reflektieren / Zusammenarbeit der Instrumente zu widmen. Zeit und Klang wur- Außenklängen: Dieser „Zuspielungseffekt“ führt zu und Gruppendynamik außergewöhnlich, das Spielen de und war unser Thema in Freiburg. Mir war es einer noch höheren Konzentration auf das verwen- bekam eine andere Qualität; auch, weil alle pünkt- von Anfang an ein großes Anliegen, die Beteiligten dete Klangmaterial, die Instrumentalklänge tauchen lich waren und es kein Kommen und Gehen gab / anzustacheln, Vorschläge, Ideen, Konzepte – wohl- nur vereinzelt auf, die Wirkungsgrade der jeweiligen Keine Präsentation von Wertigkeiten, die ja ständig überlegt oder spontan – in das Ensemble einzu- Klangfarben der jeweiligen Instrumente treten nun im Studium vorkommen; Nicht-Werten: Es gibt bringen, sie auszuprobieren und daran zu arbeiten. auf ganz spezielle Weise in Erscheinung. keine andere Basis, um kreativ zu sein / Schade, (Zugegebenermaßen hatte ich „sicherheitshalber“ dass kaum Optionen zur Verfügung standen, gezielt einige davon selbst im Talon, brauchte aber darauf Samstag: Arbeit im Labor, Präsentation andere Pädagogik-StudentInnen aus Freiburg näher nicht zurückgreifen). Wiederaufnehmen der Versuchsanordnungen und kennen zu lernen, so eher das Gefühl „Laborratten“ Es wurde vorerst ohne irgendwelche Vorgaben musi- Experimente vom Vortag, die Stücke sind aber weit- zu sein; mehr Austausch wäre schön gewesen: Wie Bedingung dafür, die Schule zu verlassen. Das ha- AK: Artist Development im eigentlichen Sinn fin- ben meine Eltern nicht befürwortet, und ich selber det leider scheinbar nicht mehr so nachhaltig statt, Vizerektorin Andrea Kleibel habe dann leider zu schnell Motivation verloren. So weil der finanzielle Druck bei den großen Firmen 21 begann dann nach Umwegen schließlich mein IGP- stärker geworden ist. Zu meiner aktiven Labelzeit Studium und damit auch meine Unterrichtstätigkeit, wurde noch zumindest ein wenig geschaut, was über Entrepreneurship & wobei mir rasch klar wurde, dass mir das nicht der Künstler zum aktuellen Karrierepunkt konnte genug ist. Ich habe dann die Kulturmanagement- und selber auch aufnehmen wollte, das wurde dann Ausbildung am IKM gemacht. Heute merke ich, realisiert, und danach kam das nächste Recording- >interkulturellen Dialog, Artist dass sich meine verschiedenen Backgrounds gut Projekt. Die Musiker hatten mehr Entwicklungszeit, verbinden lassen. auch von Agenturseite. Heute scheint es ähnlich wie im Filmgeschäft: Wenn es am entscheidenden Development & Classical GW: Wie hat es dich nach Amerika verschlagen? Wochenende nicht verkauft, dann war es das oft AK: Ich bin gebürtige Amerikanerin, habe eine leider auch schnell wieder. Allerdings hat sich durch amerikanische Mutter. Beruflich bin ich 1992 nach den digitalen Vertrieb auch wieder viel getan und vie- Music Hack Days New York gegangen aufgrund eines Angebots le neue Nischen und Möglichkeiten wurden geöffnet. von Sony Classical, das mich noch während des Studiums erreichte. Im großen Sony-Haus, wo auch HH: Entspricht die Wiener Musikuniversität den ak- Ein Gespräch mit Günther Wildner und Harald Huber alle Pop-Labels vereint waren, kam die Lust, in die tuellen Forderungen der Branche, die Studierenden Popularmusik zu gehen, doch zunächst musste ich auch verstärkt wirtschaftlich für den Berufsalltag neun Monate in meiner Abteilung bleiben, das auszubilden – Stichwort „Entrepreneurship“? > Günther Wildner: Das „mdw aufspiel“ im Palais GW: Kann die Popularmusik bei den war Vorschrift. In dieser Zeit habe ich mitbekom- AK: Dieser Notwendigkeit begegne ich in meiner Auersperg am 15. November 2012 gewährte erstmals Außenbeziehungen ein Türöffner sein? men, dass man als Pop/Rock-A&R-Manager im Big Tätigkeit laufend. Sofern ein Künstler nicht ange- einem breiten Publikum Einblicke in das universitäre AK: Auf jeden Fall, die meisten Menschen hören in Apple definitiv nicht schläft. Doch so ein mit hohem stellt wird, ist er Unternehmer. Im Rahmen eines mdw-Universum der Vielfalt. Wie ist es gelaufen? Wirklichkeit ja mehr Popularmusik als Anderes. Verschleißfaktor versehener Hardcore-Nightlife- „Polifonia“-Projekts der AEC arbeite ich daher in Andrea Kleibel: Ganz ausgezeichnet, Andrang und Style war nichts für mich, und ich blieb der Klassik einer Work Group zum Thema „Entrepreneurship Besuch waren hoch, größer als von uns erwartet, Harald Huber: Wie ist Ihre persönliche Geschichte im Recording Business treu. for Young Musicians“. Wir sehen uns da europaweit sowohl was die Teilnehmer unserer Universität als mit der Popularmusik? Modelle an, wie man von null weg zu einer erfolg- auch jene von auswärts und von ministerieller Seite AK: Ich habe bei Musik gar keine Grenzen. GW: Wie ging es dann weiter? reichen Berufsausübung kommen kann, die einen sel- betrifft. Wir sind sehr gut wahrgenommen worden. AK: Schließlich wollte ich mich in Richtung ber, im besten Fall auch Andere, ernährt. So viele gibt HH: Auch MusikerInnen, die klassisch ausgebil- Künstlermanagement umorientieren, weil diese es da gar nicht. Von den erfolgreichen Best Practice det werden, wachsen mehrsprachig heran, weil Tätigkeit umfassender ist und näher am Künstler Beispielen soll gelernt werden. Einen Besuch haben Wenn man ein breites musika- Popularmusikformen überall präsent sind. dran. Denn beim Label arbeitest du sehr intensiv wir bislang in Frankreich beim Dirigenten Francois- lisches Spektrum hat, erkennt man AK: Das ist richtig und gut so. Wenn man ein breites und interessant mit den MusikerInnen im Studio zu- Xavier Roth gemacht, der auf innovative Weise und musikalisches Spektrum hat, erkennt man in allen sammen, dann sind sie aber schnell weg, was ich im- ohne Fördergeber das Orchester „Les Siècles“ (mitt- in allen Stilen, was Qualität hat. Stilen, was Qualität hat. mer schade fand. Als Manager musst du durch alle lerweile 80 bis 100 Konzerte im Jahr) aufgebaut hat. Ups and Downs einer Karriere, das fand ich damals Gut gepflegte persönliche Kontakte waren hier für GW: Also wird es eine Fortsetzung geben? ) GW: Wie hat dein Musizieren begonnen? spannender. So bin ich zur Künstleragentur Colbert das Entstehen einer privaten Finanzierung maßgeb- AK: Daran glauben wir. Auf die in 2012 erreichte AK: Mit fünf Jahren hatte ich so halb freiwillig Artists in New York gewechselt, die ich aus meiner lich. In Wien kann ich zwar nicht das Curriculum Medienaufmerksamkeit kann man sehr gut auf- meinen ersten Klavierunterricht. Ich habe auf je- Sony-Zeit bereits kannte. Das war keine sehr große, verändern, aber stetig darauf hinweisen, wie wichtig bauen. Bereits öffentlich vorgestellt wurde auch der den Fall gerne geübt und wollte von Beginn an aber eine wirklich profunde Agentur mit Musikern die Beschäftigung mit der Entrepreneurship und dem 2013 erstmals im Rahmen des „Aufspiels“ vergebe- Musikerin/Pianistin werden, später auch Dirigentin wie Alfred Brendel oder Sir Georg Solti. Dieser eu- Selbstmanagement ist. Das beginnt schon bei der ne Nachwuchs-Preis „Casinos Austria Rising Star und Produzentin. ropäische Künstlerschwerpunkt erklärte sich damit, richtigen Bewerbung, denn ein erfahrener Agent sieht Award“, der mit 10.000 Euro dotiert ist. dass Frau Colbert, die zu meiner Zeit schon aus noch bevor er einen Ton gehört hat, ob der Aspirant HH: Wie viel der Wegstrecke hat sich diese Laufbahn der Agentur ausgeschieden war, aus Deutschland grundsätzlich vielversprechend ist oder nicht. Daher GW: „Vielfalt“ wird im Zentrum stehen? in Wien und in den USA abgespielt? stammte. Bei Colbert blieb ich sieben Jahre, zuerst sollte das Managementhandwerk vermehrt und ver- AK: So ist es. Um das noch besser zu vermitteln, wer- AK: Ca. 50:50. Mein Beginn war in der Musikschule in New York, und habe die Agentur dann anschlie- pflichtend in der Ausbildung angeboten werden. den wir in Zukunft das Programm bei den einzelnen in Salzburg, mit neun Jahren bin ich dann in den ßend in Wien noch für den Raum Europa vertreten. Musikstationen des „Aufspiel“ noch bunter durch- Hochbegabtenlehrgang ans Mozarteum gekommen. Danach habe ich mich selbständig gemacht. HH: Daher sind wir der Meinung, dass sich das mischen, also hoffentlich keine allzu große Trennung Im Alter von 16 wollte ich ins Konzertfach und GW: Wie hat sich das Klassik-A&R verändert seit den Wirtschaftsministerium für die Musikwirtschaft in- mehr in Schauspiel, Klassik, Popularmusik etc. wurde dafür auch genommen – nur war die 90er Jahren? teressieren sollte. AK: Das ist richtig. Und zusätzlich muss man dar- GW: Was braucht die interuniversitäre HH: Welche Rolle könnte das ipop dabei spielen? angehen, mit der Privatwirtschaft zu kooperie- Zusammenarbeit auf internationaler Ebene? AK: Eher sollte sich die Klassik noch mehr öffnen, die 22 ren, wie das z.B. das „5 Sekunden Modell“ der AK: Mehr Geld, denn das Zusammenbringen von Popularmusik interessiert sich meiner Wahrnehmung 23 Kammerphilharmonie Bremen vorführt, indem sie Menschen (Lehrende, Studierende, Privatwirtschaft, nach automatisch mehr für die Zeit nach dem z.B. bei ihren Sponsoren Workshops veranstaltet und Publikum) und die Präsentation des Outputs brau- Studium und für das Berufsleben. diskutiert, wie man Methoden und Zusammenarbeit chen Formate, und diese kosten. Daran arbeiten fast in einem Orchester auf Unternehmensstrukturen alle Kunstuniversitäten weltweit. Für uns heißt das > umlegen könnte. stärkere Außenorientierung und Anbahnung von Andrea Kleibel Andrea Kleibel studierte Kooperationen aller Art. In diesem Sinne verstehe Instrumental- und Gesangspädagogik GW: Wie sehen deine Tätigkeitsfelder als Vizerektorin aus? ich auch unser „Aufspiel“ als Leistungsschau für o : A r ch iv klei b el t am Mozarteum sowie AK: Die Aufgabe der Position ist es, die Universität Öffentlichkeit und Privatwirtschaft. Die entstehen- Fo Kulturmanagement am Institut für nach außen so gut wie möglich zu präsentieren. Das den Kontakte brauchen dann stetige und jahrelange Kulturmanagement in Wien. Nach gliedert sich mehr oder weniger in zwei Bereiche: Pflege. Tätigkeiten bei Sony Classical in Veranstaltungsmanagement und Kommunikation New York, Hamburg, und London, sowie der inter- einerseits, und die Pflege der internationalen GW: Der neue mdw-Alumni Club fügt sich in diese nationalen Künstleragentur Colbert Artists, machte Beziehungen andererseits. Da hat diese Universität Bemühungen nahtlos ein? sie sich 2005 selbstständig und betreute namhafte mit einem außerordentlich hohen Prozentsatz an AK: Richtig, aus den genannten Überlegungen heraus KünstlerInnen. Zuletzt war sie als Geschäftsführerin internationalen Studierenden vergleichsweise eine ist der Club nicht nur für Alumnis, sondern auch für des Herbert von Karajan Instituts in Salzburg tätig. Sonderstellung. Bei dem letzteren Thema gehe ich Freunde und Partner außerhalb der Universität offen. Seit 1. Oktober 2011 ist Andrea Kleibel Vizerektorin aktiv auf potentielle Partner im universitären und für Außenbeziehungen an der mdw – Universität für außeruniversitären Bereich zu, auch über Europa HH: Mehr als 50% der Studierenden an unserer Musik und darstellende Kunst Wien. hinaus. Es soll nicht nur beim Studentenaustausch Universität kommen aus dem Ausland. Die Musik ih- www.mdw.ac.at bleiben, dafür muss man neue Wege der Kooperation rer Länder ist ebenso interessant für uns wie das, was sie hier lernen. Wie können wir solche Aktivitäten Ich möchte den „Household des interkulturellen Dialogs im Haus etabliert? AK: Am besten wohl über Veranstaltungen und Name“ unserer Universität in Instituts-übergreifender Zusammenarbeit. international vergrößern und Der Weg dahin geht sicher über eine verstärkte Bewusstmachung dieses Themas bei den Lehrenden. besser verankern. Wien als Stadt Sinnvoll wären auch Mentoring-Programme inner- hat diesen Namen in halb der Lehre, die - wenn nicht den interkulturellen - so sicher den fachlichen Austausch zwischen ver- musikalischen Belangen sehr schiedenen Welten und Instituten fördern könnten. wohl, die mdw soll hier nachziehen. HH: Ihre Hauptvisionen als Vizerektorin für die )nächsten vier Jahre? gehen wie z.B. gemeinsam künstlerische Projekte zu AK: Ich möchte den „Household Name“ unse- realisieren. In diesem Zusammenhang ist z.B. ein rer Universität international vergrößern und bes- Projekt der Medienkomponisten mit Kollegen in ser verankern. Wien als Stadt hat diesen Namen Taiwan interessant, oder der international erste in musikalischen Belangen sehr wohl, die mdw „Classical Music Hack Day“ vom 1. bis 3. Februar soll hier nachziehen. Nur als Beispiel: „Harvard“ 2013. EntwicklerInnen und MusikerInnen kom- ist weltweit ein Begriff. Man muss daher auch men dabei zusammen, um neue Applikationen Assoziationen mit unserer Universität hervorbringen. für die klassische Musikszene zu erarbeiten. Eine Unser Standort und unsere Inhalte sind irrsinnig Besonderheit dabei sind die Live-Performances der toll, das möchte ich spürbar und erfahrbar machen. Studierenden, die es den EntwicklerInnen ermög- Auch das Anschlusspotential der Universität an und lichen neue Live-Inhalte und Daten zu produzie- für den Musikmarkt soll hervorgestrichen werden. ren – das wird ein langes und nach außen offenes Künstlerisch haben wir ein „Disney World“ hier – Werkstattwochenende voller Innovation im Bereich fantastisch! Macht man sich das bewusst, steigt die der Musiktechnologie. Selbstidentifikation mit dem eigenen Umfeld an. Gandhi, Symbol des siegreichen Widerstandes gegen die europäische Kolonialmacht. Sie trugen weiße Turbane und untermalten ihren Umzug mit den ver- 25 botenen Klängen ihrer „heidnischen“ Schutzgottheit: Afoxè – Oxum, Göttin der Liebe, des Reichtums und der Fruchtbarkeit. Ob und wie weit diese Anspielung von der weißen Oberschicht verstanden wurde, bleibe dahingestellt. >Die brasilianische Jedenfalls wurde der profanisierte Rhythmus der Göttin ab diesem Zeitpunkt zum fixen Bestandteil der alljährlichen Umzüge. Unter dem Namen „Afoxè“ konnte er jetzt die Hinterhöfe Bahias verlassen und „Soul Music“ die Welt erobern. von Gerald Schuller Clara Nunes – „Ijexa“ (1978) Die legendäre Sambainterpretin hat als bekennende „Affoschäh“) steht exemplarisch für künstlerische Anhängerin der Umbanda Religion immer wieder Selbstbehauptung in einem Umfeld, das von gesell- afrobrasilianische Elemente in ihre Musik aufgenom- schaftlichen und religiösen Tabus, aber auch von men. Der Titel des Songs vom Album „Guerreira“ o : ed u ard freire

t Lebenswillen und Kommunikation geprägt ist. bezieht sich auf die kulturelle Nation der Ijexà Fo (Gexà), also jener Brasilianer, deren Vorfahren aus Vom Untergrund in die Charts Westafrika stammen. Der Text verwendet viele Der Ursprung des Afoxè liegt in der Sakralmusik aus dem Yoruba stammende Slangausdrücke, der des Candomblè, einer aus Westafrika stammenden Grundrhythmus ist streng „Oxùm“, während sich animistischen Religion, welche die Menschen als von die Instrumentierung am Sambaformat orientiert. persönlichen Schutzgottheiten (Orixas) beeinflusst Auffallend ist der synkopierte Basspattern, der an und geleitet sieht. Zeremonieller Gesang und in Eddie Floyd´s „Knock On Wood“ erinnert (Bsp. 2). > Die Popularmusikstile Brasiliens speisen sich aus Trance versetzende Perkussionmusik sind von zen- verschiedenen Quellen: Europa (vor allem Portugal traler Bedeutung. Jeder Hauptgottheit sind nicht nur Djavan – „Sina“ (1982) / Manhattan und Deutschland), Afrika (wobei dem Herkunftsland persönliche Vorlieben und Abneigungen, sondern Transfer „Soulfood To Go“ (1987) Angola als ehemals portugiesische Kolonie eine auch ein bestimmter musikalischer Rhythmus zu ei- Der aus dem armen Norden Brasiliens stammen- besondere Rolle zukommt) sowie der autochtonen gen. Wird der Gläubige zu dessen Klängen in Trance de Sänger und Gitarrist ist einer derwichtigsten Indiokulturen. Die geografische Ausdehnung des versetzt, kann er mit der entsprechenden Gottheit in Interpreten und Komponisten der MPB (Musica Landes und die Vielzahl seiner Ethnien ergeben ein direkten Kontakt treten. Popular Brasileira) der 80er Jahre. Sein Hit „Sina“ nie versiegendes Reservoir sich ständig wandelnder Einer dieser Rhythmen wird nach der ihm zugeord- vom Album „Luz“ erlangte in der Version der New Stile und Spielarten. Die allseits bekannten Genres neten Gottheit „Oxùm“ benannt (Bsp. 1). Yorker Gesangsgruppe „Manhattan Transfer“ inter- wie Samba und Bossa Nova bilden hierbei nur einen Nun war die Abhaltung solcher Zermonien im nationale Berühmtheit. Der traditionelle Rhythmus kleinen Ausschnitt eines nahezu unüberschaubaren katholisch dominierten Brasilien bis in die 70er erscheint hier auf seine Essenz reduziert. Die ur- stilistischen Reichtums, der in seiner Bandbreite nur Jahre des 20. Jh. bei Strafe verboten. Die Rhythmen sprünglichen Conga/Surdo - Akzente auf „2“ und mit der Poptradition der USA vergleichbar ist. Die der Orixas bildeten so bereits im 19. Jh. den Kern „2+“ bilden nun das Arrangement für Gitarre und Entstehung und Verbreitung der Afoxè Musik (gespr. einer Subkultur, die sich noch einen Weg an die Bass (Bsp. 3). Öffentlichkeit zu bahnen hatte. Tania Maria – „Euzinha“ (1983) Bahia 1949 Tania Maria ist seit bald vier Jahrzehnten unermüdlich Die Stunde des Afoxè schlug mit der Gründung als Botschafterin brasilianischer Jazz-Funk-Fusion des ersten afrobrasilianischen Bloco (Faschingsgilde) auf Festivalbühnen weltweit unterwegs. Dieser Song für die große Parade des Karnevals von Bahia. von ihrem Erfolgsalbum „Come With Me“ stellt ge- In einer stolzen Geste nannten sich die Gründer wissermaßen den Funk Entwurf des Afoxe Patterns „Filhos de Gandhy“ („Söhne des Gandhi“) nach dar. Wiederum dient das Congapattern als Vorlage dem jüngst ermordeten Berfreier Indiens Mahatma für das Bass Arrangement (Bsp. 4). Shakira – „Loca“ (2010) Auch dieser No1 Hit der kolumbianischen Sängerin 26 Shakira trägt das Erbe des Afoxé in sich. Erkennbar Juci Janoska über Kinder- vor allem an der Piano Figur in der ersten Strophe und am Conga Pattern. Auch der Bass erinnert in seiner Rhythmisierung an Clara Nunes` “Ijexa“ Musicals, Casting-Shows, (Bsp. 5). I know you got Soul Mindesthonorare und das < Bemerkenswert an der Stilgeschichte des Afoxé sind die unzähligen Parallelen zur U.S. amerikanischen Soul Music. Beide Stile entspringen einer sakra- größere Bühnen-Ich len Tradition, betonen eine positive „schwarze“ Identität und bedienen sich vorzugsweise gemäßigter Tempi mit einer Tendenz zu „stampfenden“ viertel- Im Gespräch mit Günther Wildner betonten Grooves. Brasilien hat die Glaubensgemeinschaft des a m aa

Candomblè übrigens in den 80er Jahren staatlich o : iris c t anerkannt. Sie findet mittlerweile ca. 2.000.000 Fo Anhänger weltweit. Und bei einer jüngsten Umfrage gaben sogar 25% der weißen Brasilianer an, gele- gentlich Candomblé PriesterInnen zu konsultieren. Oxúm hätte ihre Freude.

> Gerald Schuller arbeitet als freischaffender Musiker, Arrangeur und Komponist in Wien. Am Institut für Popularmusik der Universität Wien hält er Vorlesungen zum Thema Pop- und Jazzharmonielehre, Arrangement und Komposition. Aktuelle Projekte umfassen seine eigene Band „Miss Moravia“, TV Musik für Red Bull Media und ORF, sowie ein gedrängter Konzertkalender (u.a. mit „“, dem Superfly Radio Orchestra und Harri Stojka). www.geraldschuller.com hat auch eine Förderung beige- fast alle Instrumente selbst, mischt und mastert glauben teilweise, wir sind reich – sie sehen die 20 steuert. Die Stadt Wien hat uns auch. Die Ergebnisse sind dann die Verkaufs-CD ausverkauften Vorstellungen und nie die Arbeit im 28 noch nie Geld gegeben, weil und die Playback-Version ohne Solostimmen für Hintergrund, weil alles auf der Bühne dann so leicht 29 wir angeblich keine Kunst sind die Aufführungen. Ich muss mich um jede Fraktion und selbstverständlich aussieht - aussehen muss - da und Kinderprojekte kaum ge- nebenbei kümmern, oft nähe ich auch Kostüme und ist Aufklärungsarbeit angesagt und die beginnt beim fördert werden. Beim bm:ukk bastle Requisiten. Dann beginnt die Probearbeit mit Kinde. Die Eltern wollen oft gar nicht die Wahrheit habe ich es schon länger aufge- den Hauptdarstellern, im August die Probearbeit wissen, wie viel wir alle ohne Gage machen – viele geben. Hier meinte man wohl, mit den Kindern. Im September spielten wir 2012 glauben , eine CD nimmt man in 2 Tagen auf ... Pop-Musik kann sich selber in Neusiedl am See und in Bruck/Leitha, im Nov./ grundsätzlich ist die Unterstützung durch die Eltern tragen. Da frage ich mich, wo- Dez. im Akzent in Wien – immer mit Kindern von aber gut. Als Feedback habe ich alles - von größter zu man Budgetpläne vorlegen vor Ort. Dann bauen wir ab – Lastwagen und Dankbarkeit bis zum Ärger darüber, dass man Euro muss, wenn die eh keiner ernst Bühnenbild nach Falkenstein auf den dafür gebauten 15,– für die CD bezahlen soll, obwohl das eigene nimmt. Dachboden. Kind ja auf dem Tonträger im Chor gesungen hat. In Niederösterreich konnte ich Dabei ist die CD jedes Mal eine Wahnsinnsarbeit eine Förderung erreichen, weil GW: Wie kommt ihr ans Publikum? – viele unbezahlte Stunden: das Chor Aufnehmen der Referent in der Vorstellung JJ: In Wien arbeiten wir seit langem erfolgreich mit dem natürlich, und dann erst das Editieren! Wenn ich’s war und sich von Qualität und Theater Akzent, das die Vorstellungen an Wochentagen ohne die Kinder aufnehmen würde, wäre ich si- Förderwürdigkeit überzeugt komplett an Schulen über das Kinder-Abo verkauft. cher 20-mal so schnell, aber die Kinder lieben das hatte. An den Samstagen ist es eine Kombination aus dem Aufnehmen so. Die CD soll neben dem Verkauf und

a m aa Eine so große Produktion wie Akzent-Abo und freiem Verkauf. Für letzteren könn- dem Dokumentationszweck vor allem eine Freude unsere spielt sich im Rahmen ten wir immer noch mehr Karten gebrauchen. Für die für die teilnehmenden Kinder sein. Wenn sie dann er- o : iris c t

Fo von Euro 150.000,– ab und Aufführungen in Bruck/Leitha und in Neusiedl biete wachsen sind, können sie sich das wieder hernehmen mehr als zwei Drittel wird ich selber den Schulen das Musical an, das ist eine ex- und ihren Kindern vorspielen. Es gibt auch einige > GW: „Lilly und der versunkene Regenbogen“ durch Eigenleistung gedeckt (ist also Arbeit ohne tranervige Arbeit, die ich gerne abgeben würde, dazu Eltern, die aktiv ehrenamtlich mitarbeiten, weil sie von Juci und Albin Janoska ist bereits das siebente Bezahlung) – der Rest sind Fördergelder, Eintritte bräuchte ich aber mehr Budget. unsere Arbeit so schätzen – nähen, Sponsoren su- Programm aus eurer Kinder-Musical-Schmiede. Was und Sponsoren – da kann man nur Idealist sein. chen, schminken helfen z.B. - diese Eltern lieben wir. bedeutet das Projekt für dich? GW: Wie läuft das alles organisatorisch mit den auf- JJ: Das Projekt ist für alle Beteiligten essentiell: GW: Wieviele Profis musst du bezahlen? tretenden Kindern? inhaltlich qualitätvoll und daher befriedigend, finan- JJ: Erwachsene spielen neben mir noch Gerhard JJ: Jedes Kind braucht für die Aufführungen zwei „Brummerkinder“ schicke ich ziell eine Notwendigkeit. Gut, die Gagen sind zwar Obr, Tina Haller und Nikolaus Stich mit, der Tage Schulfreistellung, ich muss also einen Antrag klein, aber trotzdem wesentlich. auch gleichzeitig Regie macht. Ein Schauspieler be- bei der MA6 einbringen. Das will organisiert sein nicht weg, die müssen nur Ein- kommt bei mir für eine Woche Auftreten im Theater mit Unterschriften der Schule und der Eltern etc. zelunterricht erhalten – das muss GW: Den Verein hattest du von Anfang an für die (Generalprobe/5 Shows an 3 Tagen) plus Proben da- Grundsätzlich sind wir in Wien dreifach besetzt: 31 Musical Projekte? zu (1-2 Monate, so genau kann man das nicht sagen, Kinder in einer Aufführung, das macht insgesamt 93 man den Eltern liebevoll erklären. JJ: Den Verein „Rabauki - Verein zur Förderung denn wir proben ja nicht jeden Tag) pauschal Euro Kinder, mit denen wir das Musical einstudieren. von Theater, Kunst und Kultur für Kinder“ habe 1.500.- netto, er versteuert das selber, zahlt alle seine Das Theater Akzent bekommen wir für eine( GW: Was entsteht bei der Arbeit mit den Kindern über ich nachgegründet, um mit dieser Konstruktion für Spesen, Anreisen etc. davon. Generalprobe à drei Stunden pro Kindergruppe, was das Musical hinaus? öffentliche Förderungen ansuchen zu können. erfreulicherweise schon ein Fortschritt ist, denn frü- JJ: Aus den regelmäßigen Musicalaufführungen ent- GW: Wie ist der Entstehungsprozess des jährlichen her hatte ich einen Nachmittag für alle drei Gruppen. steht bleibendes Interesse für andere Workshops GW: Womit wir beim Thema Geld wären ... Musicals? Die Kinder von Akzent-Geschäftsführer Wolfgang die wir anbieten: Schauspielworkshops und der JJ: Leider ist es – wie in unserem Kunstfördersystem JJ: Es beginnt mit einer Idee (meistens in der Sturm spielen auch mit, ihm verdanken wir die bes- Rabauki Chor z.B. Da kommen 6-14-Jährige. Die üblich – jedes Jahr ein neues Bangen, ob ich die Badewanne – wegen der Ruhe), dann bespreche ich seren Probebedingungen. In dieser kurzen Zeit lernen singen bei uns nach einer halben Stunde dreistim- Finanzierung für das Musical zusammenbekomme. mit Regie, Bühnenbild und Kostüm ein Konzept, die Kinder die Bühne und das Bühnenbild kennen, mig, das packen viele klassische StudentInnen gar Wenn die Gemeinde Bruck/Leitha statt 3.000.- nur währenddessen muss ich schon Förderungen einrei- müssen das Geprobte rasch in der neuen Umgebung nicht, die bereits seit zwei Jahren von einer lie- mehr 2.000.- Euro geben kann, wie heuer passiert, chen und Fotos fürs Programmheft machen, Theater umsetzen. Im Proberaum üben wir mit Sesseln an- ben klassischen Kollegin zum Praktikum und zur dann muss ich eine Person aus dem Stück streichen. mieten und Kartenverkauf organisieren. Dann be- statt der Bühnenbildteile, die ja erst gebaut werden Forschungsarbeit geschickt werden. 30 Kinder kom- In Neusiedl wiederum bekomme ich das Theater, al- ginne ich mit Liedtexten und mein Bruder Albin und oder für dort zu groß sind. men ca. in den Chor und wir sind zu zweit in der so die Mietkosten von der Gemeinde zur Verfügung ich komponieren dann gemeinsam, bis alle Lieder, Leitung. „Brummerkinder“ schicke ich nicht weg, gestellt, aber nicht mehr. So muss ich alles immer wie- meist 15, fertig sind. Im Sommerurlaub schreibe GW: Wie gestaltet sich der Support der Eltern? die müssen nur Einzelunterricht erhalten – das muss der neu zusammenstoppeln. Das Land Burgenland ich dann das Buch zwischen die Lieder. Albin spielt JJ: Die Eltern der Kinder, die bei uns mitspielen, man den Eltern liebevoll erklären. Ich arbeite da eng und sehr erfolgreich mit meinen StudentInnen von kommt ein Musikschaffender auf den Weg, sich mit was dazu. Das Ergebnis wird dann gestaged, cho- stig nicht dabei sein konnte, es wäre sicher noch der Uni zusammen. dieser Thematik auseinanderzusetzen. Wenn das reografiert und natürlich abgefilmt. Hier muss man interessanter und „improvisatorischer“ geworden. 30 gelingt, ist meine Aufgabe erfüllt, ich gebe Starthilfe. auch viel ausprobieren. Die Band des letzten Clips Ausserdem teilen wir uns StudentInnen, das finde 31 GW: Du stammst ja aus einer Musikerfamilie ... hieß „Spots“ und das Lied „Samstag Nacht“ – hat ich super, so bekommen sie ein breites Spektrum des JJ: Ja, zumindest von der väterlichen Seite. Mein GW: Wie ist die Mischung der Teilnehmer? großen Spaß gemacht. Coole Band - cooles Lied! Gesangs und des Unterrichtens und viele verschiede- Vater spielt viele Instrumente und war immer ein JJ. Heuer habe ich drei Popmusiker und zehn ne Herangehensweisen mit. sehr aktiver Musiker, sein Bruder war Geiger und Klassiker, zehn Männer und drei Frauen – das ist GW: Warum ist Performance so wichtig? Primás. Mein Bruder Albin und ich führen das fort, schon ungewöhnlich! Im Jahr davor hatte ich das JJ: Weil man hier draufgestoßen wird, dass man GW: Dein Eindruck von der „10 Jahre ipop“-Feier? obwohl mein Vater das im Grunde nicht wollte Verhältnis 50:50. Noch ein Jahr früher war es kom- sich auch optisch bewusst ausdrücken soll/muss. Das JJ: Den ersten Tag habe ich gekelnert und serviert. – verständlich, wenn man die Höhen und Tiefen plett umgekehrt zu heuer ... normale Publikum schaut viel mehr, als dass es zu- Am zweiten Tag hat mir BLOX, das Ensemble von hört. Auch im Bereich des klassischen Klaviers haben Harald Huber, sehr gut gefallen, vor allem das Lied GW: Wie legst du diesen Unterricht an? wir toll performance-technisch gearbeitet mit guten von den Kontinenten „Europa, Asien, Australien Es geht um Körperhaltung, JJ: Sehr praktisch! Wir starten mit einem „Vor- Ergebnissen. Letztlich steht über allem das Thema etc.“, schön zu beobachten Andy Schreiber an der Mimik, Ausstrahlung, stellungsgespräch“, also bei der Türe hereinkom- „Authentizität“ und das größere „Bühnen-Ich“ vom Violine, Martina Claussen am klassischen Gesang. men, sich vorstellen und sich z.B. um eine Stelle als Performer selbst. Als tägliche Praxis kann gelten: Ingrid Oberkanins war so cool, sie hat lustige Präsenz und Spannung. Musikschullehrer bewerben. Dann folgen Rollen- Du musst immer mit offenen Augen durchs Leben Instrumente. ) spiele mit Feedback. Es geht dabei um Körperhaltung, gehen und was du aufschnappst, das geht in deine eines Musikerlebens kennt. So ist das mittlerweile Mimik, Ausstrahlung, Präsenz und Spannung. Beim Musik, Kompositionen und Bühnenpräsenz, das Letztlich steht über allem auch schon bei meiner Tochter Lilly, die immer die Mimiktraining kann die Aufgabenstellung sein bearbeitetest du für deine Ansagen etc. Du musst dir Hauptrolle in meinen Musicals spielt: Sie hat mitt- „Guten Morgen!“ zu sagen – mit der schriftlichen einen Ideenpool schaffen, auf den du auf der Bühne das Thema „Authentizität“ und lerweile, nachdem sie immer unseren Stress und Anweisung, das cool, aggressiv oder verliebt auszu- zugreifst, das ist dein Kapital! das größere „Bühnen-Ich“ unsere Sorgen mitkriegt, beschlossen, dass sie Musik drücken. Das wird so lange gemacht, bis die Emotion in Zukunft gerne weiter macht, und das mit großer von den anderen erraten wird. Dann kommt der/die GW: Was müssen die Studenten neben dem vom Performer selbst. Musikalischen und der Performance am ipop noch ( Freude – aber ohne Profiambition und -problemen. Nächste dran. Sie möchte Hebamme werden – eine gute und sinn- Weiters übe ich mit den StudentInnen Ansagen – lernen? GW: Deine sonstigen Ensembles ... volle Berufswahl. das braucht man in Pop und Klassik. Hier geht JJ: Wie ein Honorar anzusetzen ist! Von meinen JJ: Ich gründe gerade eine A-cappella-Soulband, für es gar nicht nur um die Inhalte, sondern viel- Studenten höre ich immer öfter, dass man bezahlen die wir noch eine fünfte Sängerin suchen – das ist GW: Wie viel und welche Fächer unterrichtest du am mehr um die Präsentation, das Umgehen mit der muss, um in Clubs zu spielen, und man hofft dabei, gar nicht so leicht. Die Anforderungen sind neben ipop? eigenen Stimme, Sprache, Sprechtempo und dem dass das Mietgeld über den Eintritt wieder herein- der notwendigen Stimmfarbe und Phrasierung, ins JJ: Insgesamt unterrichte ich 12 Stunden in der Körper. Weitere Themen sind Interviewtraining und kommt. Hier läuft etwas schief, und das muss man Team zu passen sowie Chor- und Sologesang zu Woche. Im Hauptfach „Gesang“ habe ich im Bühnenschminke. Und jeder Teilnehmer wird in auch artikulieren. Weiters geht es um Gagen beim beherrschen. Dann hab ich noch eine Damen-Gala- Moment fünf Studierende. Was das „Praktikum“ einem Studio fotografiert und bekommt dann zwei Unterrichten sowie im Studio- und Live-Betrieb. Band. Das ist zwar nichts Neues, kommt aber nach betrifft, ist die Zeit einfach immer zu kurz! Es kom- Fotos (Portrait und Ganzkörper) zur Verwendung Dumpingpreise sind nicht akzeptabel, man muss wie vor gut an. men da ME-Studenten (Musikerziehung) für ein für Präsentationszwecke – Bewerbungen, Homepage für sich verhandeln und für sich eintreten, nur dann Semester lang, eine Stunde pro Woche, zu mir. Die usw. – also auch Starthilfe. kommt einem auch die entsprechende Wertschätzung GW: Was sind die Erfahrungen mit deinem eigenen Aufgabenstellung dabei ist: Wie kann ich stilistisch entgegen. Pop-Soul-Soloprojekt „Juci“? sicher Popmusik singen und performen und prinzipi- GW: Kommt ihr auch bis zum Thema „Choreografie“? Studierende trauen sich zum Teil kaum 20.- Euro zu JJ: Viele Leute haben das gemocht, aber es hat sich ell einen nicht klassischen Sound hinkriegen – meine JJ. Klar. Da ist es mir ein großes Anliegen zu zeigen, verlangen für eine Gesangsstunde – da braucht es nicht größer entwickeln lassen - da kann man schon eigene Stimme finden ... Das geht sich natürlich nie dass jeder Mensch eine Choreo machen kann: mit mehr Selbstbewusstsein. Was bezahlt man denn beim depressiv werden. Es fehlt für diese Musik eine me- alles aus in der kurzen Zeit, leider. Aber wir geben Kindern, einer Band, einer Blasmusik usw. Osteopathen? Da müssen wir die Jungen, die keinen diale Plattform hierzulande, weiters bräuchte es gutes unser Bestes, denn es ist ja blöd, wenn die Schüler im Jeder denkt sich einen Schritt oder eine Bewegung Vergleich und zu wenig Erfahrung haben, gut briefen Booking, Management etc. Auf Ö3 hätten sie mich Gymnasium die Musik besser kennen und können zur Musik aus, lernt sie den anderen und dann und an die Hand nehmen. Es ist zum Wohle unseres ruhig spielen können, Xavier Naidoo spielen sie ja als der Lehrer ... kombinieren wir alle Ideen von allen StudentInnen Berufsstandes und der Musik im Allgemeinen. auch ... zu einer kompletten Choreografie zusammen. Sehr, GW: Perfektes Stichwort: Du unterrichtest auch sehr lustig Wenn ich ein entsprechendes Budget GW: Arbeitet ihr, die Gesangslehrer des ipop, gut zu- GW: Was sagst du zur TV-Sendung „Voice Of Performance ... habe, so wie im letzten Jahr, dann machen wir auch sammen? Germany“? Ist das so viel besser als der Rest der JJ: Ja, und das mit großer Freude. Man muss ein Band-Video. Das ist dann gleich wunderbares JJ: Ja, bei unserem Beitrag für „10 Jahre ipop“ Talente-Shows, weil die Juroren die Sänger nicht se- sich dabei im Klaren sein, dass niemand in einem Promotionmaterial für die Studierenden, vor allem, haben wir in kürzester Zeit unser Vokalensemble hen beim Vortrag? Semester umfassend Performance lernen kann. Ich wenn sie zufälligerweise eine Band sind. Wir erfinden formiert. Das war lustig – wir haben so verschie- JJ: Ich fürchte, dass das alles nicht stimmt. Und starte daher einen „Bewusstmachungsprozess“, so einen Songtitel und dann komponiert jede Gruppe dene Ansätze! Schade, dass Elfi Aichinger kurzfri- Casting ist grundsätzlich schrecklich. Die Kandidaten sind zunächst einmal alle vorgecastet, denn sie brau- > „Juci“ Janoska chen so wie überall den Dicken, die Blonde, den Komponistin, Autorin und 32 Außenseiter, aus jedem Bundesland jemanden etc. Sängerin (Soul, Pop, Rock,

Und die Jury muss Show-Streiten, man kennt das o : andreas m üller Jazz). Unterrichtet seit 2005 t

Fo Der US-Musikmarkt alles ja. Letztes Jahr sind viele weitergekommen, die am Institut für Popularmusik nicht so gut singen konnten, sie waren aber Typen, der Universität für Musik und darum geht es im Fernsehen. Insgesamt ist diese und darstellende Kunst Show gar nicht so schlecht, weil es mehr ums Singen Wien. Machte sich mit ih- als um Peinlichkeiten geht, und weil auch Profis teil- rem Soloprojekt „Juci“ im Spiegel der < nehmen (können). Aber ich würde da nicht hingehen (deutschsprachiger Soul) und es auch niemandem raten. einen Namen in der öster- reichischen Musikszene. GW: Kann man als gestandener Musiker von Casting- Zusammenarbeit u.a. Billboard-Charts – Shows etwas lernen? mit Albin Janoska, Boris JJ: Ja, alle SängerInnen sind blöd, die sich nicht sel- Bukowski, Beat4Feet, Count ber überlegen, wie sie sich zu einem Typ machen! Da Basic, Kim Duddy (Hair), gleiche gilt für Bands! Günter Mokesch, Hallucination Company, Harry Ahamer, Dorretta Carter, Elly Wright, Sandra Pires, die 1960er Jahre GW: Nun zu den drei abschließenden Fragen. Was Alexander Goebel, Hot Staff, diverse ORF Shows und braucht das ipop? ganz vielen tollen österreichischen Musikern und Von Peter Tschmuck JJ: Unsere Studenten brauchen definitiv ein Künstlern. Tanzseminar, ich arbeite dafür an einem Workshop, Mastermind der „Lilly“-Musicals für Kinder und zu dem ich Nikolaus Stich holen will. Eltern. > Im Februar 2011 konnten die Billboard Hot Produzent verantwortlich zeichneten. Besonders er- 100 (US-Single-Charts) den tausendsten Nummer- folgreich waren die Beatles 1964, 1965 und 1968, GW: Deine Ziele für die nächsten Jahre? CD „Lilly und der versunkene Regenbogen“, 1-Hit seit Einführung der Chartstatistik des als sie achtzehn, zwölf bzw. elf Wochen lang mit JJ: Ich möchte noch mehr komponieren und auch Rabauki Records, RR007 Branchenmagazins im September 1958 verzeichnen. ihren Songs die Billboard-Hot-100-Liste anführten. Aufträge bekommen. Ich schreibe momentan neben www.juci.at Das nahm die Billboard-Redaktion zum Anlass Mehr als ein Drittel des Jahres 1964 waren die den Musicals auch für meine A-cappella-Soulband. www.rabauki.at alle Nr. 1-Hits inklusive Link zu den passenden Letztes Jahr hat Albin mir in einer Nachmittagsaktion YouTube-Videos online verfügbar zu machen. Ich ha- Die mit Abstand erfolgreichsten die Recording-Software „Logic“ gelernt und ich hab be diese Liste als Ausgangspunkt für eine vertiefende zu Hause mit eigenem Equipment ein Projekt-Studio Analyse heran gezogen, welche Künstler/innen und Musiker/innen der Sechziger eingerichtet, so kann ich Gesang aufnehmen und Musikgenres in der Gunst der US-Musikkonsument/ editieren, das macht mich unabhängig. innen – gemessen an Verkaufszahlen – besonders Jahre waren wenig überraschend hoch standen, und welche Labels wirtschaftlich von die Beatles. GW: Dein Schlusswort? den Charterfolgen profitierten. ( JJ: Als Künstler bleibt das Leben immer abwechs- In diesem ersten Teil der Analyse sollen die Top- Beatles Nr. 1, wobei sie zwischen dem 1. Februar lungsreich, weil man immer neue Projekte machen Platzierungen in den Billboard-Single-Charts der und 8. Mai mit „I Want To Hold Your Hand“, „She muss, man sich jedes Jahr aufs Neue selbst erfinden 1960er Jahre genauer unter die Lupe genommen Loves You” und „Can’t Buy Me Love” gleich drei muss. Das hält jung s, ich schaffe mir mein eigenes werden. Nr. 1-Hits in Folge hatten. Im Juni, im August sowie „Imperium“, du musst alles selber machen, was sehr am Jahresende sollten dann noch „Love Me Do“, „A anstrengend aber auch schön ist. Die erfolgreichsten Hard Day’s Night“ und „I Feel Fine“ folgen. Acts der 1960er Jahre Trotz dieser Dominanz war der erfolgreichste Die mit Abstand erfolgreichsten Musiker/innen Song des Jahres 1965 nicht von den Beatles, sondern der Sechziger Jahre waren wenig überraschend die „(I Can’t Get No) Satisfaction“ von den Rolling Beatles, die zwischen 1964 und 1969 mit achtzehn Stones. Die Stones liegen, was Charterfolge in verschiedenen Songs über insgesamt 55 Wochen (von den USA anlangt, als zweiter der British-Invasion- 518 Wochen) die US-Single-Charts anführten. Es sei Acts mit fünf Nr. 1-Hits, die zwischen 1965 und noch erwähnt, dass für alle diese achtzehn Nr. 1-Hits 1969 dreizehn Wochen lang die Charts anführten, Paul McCartney und John Lennon als Songschreiber1 an fünfter Stelle. Besondern erfolgreich waren die sowie – bis auf eine Ausnahme2 George Martin als Stones 1965 und 1969, als sie sechs bzw. vier Wochen lang mit ihren Songs die Charts anführten. Diese Leistung ist umso bemerkenswerter, wenn Sänger – dem traditionellen Pop angelehnt, revo- Single-Charts anführte. Es war davor lediglich zwei Lediglich ein US-Act konnte der ab 1964 über die man bedenkt, wie radikal sich der Musikgeschmack lutionierte Ray Charles durch die Verbindung von Musikern gelungen, mit nicht-englischsprachigen 34 USA herein brechende British Invasion standhalten in der Zwischenzeit verändert hat. Während in der Rhythm & Blues, Gospel und Country & Western Songs an die Spitze der vorzudrin- 35 und das waren die Supremes mit ihrer Lead-Sängerin Pre-Beatles-Ära Teen-Idols-, Girl-Groups- und tra- die Pop-Musik und schuf das, was als Soul bis heute gen: 1958 dem italienischen Schlagerstar Domenico Diana Ross. Die Supremes schafften es mit zwölf ditioneller Pop sowie Rock ’n’ Roll die US-Charts einen Fixplatz in den Charts einnimmt. Mit „I Can’t Modugno mit „Nel Blu Dipinto Di Blu (Volaré)“ Songs parallel zu den Beatles zwischen 1964 und dominierten, so waren es am Ende des Jahrzehnts Stop Loving You“ aus dem bahnbrechenden Album und 1963 dem japanischen Popstar Kyu Sakamoto 1969 insgesamt einundzwanzig Wochen lang die Folk-Rock, Psychodelic-Rock, Soul und Funk. „Modern Sounds In Country And Western Music“ mit dem Hit „Sukiyaki“. Single-Charts anzuführen. Die beiden besten Jahre Aber es stürmten auch Acts die Single-Charts, die von war Ray Charles 1962 fünf Wochen lang Nr. 1. waren 1964 (sieben Wochen Top 1)3 und 1965 Popularmusikforscher/innen den Genres Bubblegum Im Jahr davor führte er mit „Hit The Road Jack“ Nationales und internationales (fünf Wochen Top 1)4. Aber auch in weiterer Folge und Sunshine-Pop zugerechnet werden. Am erfolg- zwei Wochen lang die Single-Charts an und 1960 Repertoire an der Spitze der US- konnten die Supremes jährlich die Single-Charts reichen waren dabei die Beatles-Klone The Monkees, gelang ihm mit „Georgia On My Mind“ erstmals der Single-Charts mit ein bis zwei Titeln anführen. Für den Großteil die 1967 mit „I’m A Believer“ und „Daydream Sprung an die Spitze der Popmusik-Charts. In den Das Vordringen nicht-englischsprachiger Titel in dieses Erfolges war das Songschreiber-Produzenten- Believer“ elf Wochen lang die Single-Charts anführ- drei Jahren von 1960 bis 1962 führte Ray Charles die US-Charts gibt einen ersten Hinweis darauf, Kollektiv Brian Holland, Lamont Dozier und ten. Im Jahr davor waren sie mit „Last Train To insgesamt acht Wochen die Billboard Hot 100 an. inwieweit auch musikalische Einflüsse von außer- Edward Holland Jr. verantwortlich, die damit maß- Clarksville“ das erste Mal eine Woche lang Nr. 1 Es ist wieder als symbolisch zu erachten, dass halb der USA auf den Geschmack der Musikkäufer/ geblich auch den typischen Motown-Sound des in den Billboard Hot 100 gewesen. Erfolgreich war Ende des Jahrzehnts die „weiße“ Band The Young innen wirkten. Noch deutlicher wird das, wenn die Soul-Labels aus Detroit prägten.5 Mit den Beatles, aber auch die Formation 5th Dimension, die auf der Rascals mit dem so genannten Blue-Eyed-Soul in die Titel nach Herkunft der Produktionen analysiert den Rolling Stones und den Supremes sind auch Psychodelic- und Hippie-Welle reitend, 1969 neun umgekehrte Richtung Cross-Over-Erfolge erzielen wird. Als ausländische Produktionen gelten jene, die schon die drei erfolgreichsten Acts der zweiten Woche lang die Charts toppten und mit „Aquarius/ konnte. 1967 und 1968 drangen die Young Rascals außerhalb der USA entstanden sind - egal welcher Let The Sushine In“ sogar den meistverkauften Song mit „Groovin’“ und „People Got To Be Free“ zur Provinienz die Musiker/innen sind. D.h. wenn der Bubblegum- und Sunshine-Pop des Jahres zu verzeichnen hatten. Top-Position der Single-Charts vor und führten diese Südafrikaner Hugh Masekela in einem New Yorker Bubblegum- und Sunshine-Pop waren die neun Wochen lang an. Bereits 1966 konnte die Band Tonstudio den Song eingespielt hat bzw. der Großteil waren die Reinkarnation des Reinkarnation des Teen-Idols-Pop der späten 1950er aus New Jersey mit „Good Lovin’“ eine Woche lang der Produktion in den USA erfolgte, dann handelt Teen-Idols-Pop der späten 1950er und frühen 1960er Jahre. Der erfolgreichste Act der die Charts anführen, nachdem sie mit den Righteous es sich um einen US-Titel. Nach dieser Abgrenzung frühen 1960er Jahre war in diesem Genre Frankie Brothers einen anderen Vertreter des Blue-Eyed-Soul ergibt sich für die 1960er Jahre ein Anteil des in- und frühen 1960er Jahre.) Valli & The Four Seasons, die 1962 mit „Sherry“ von der Spitze verdrängt hatten. ternationalen Repertoires von 21,2%. D.h. in 110 und „Big Girls Don’t Cry“ zehn Wochen lang an In dieser Liste fehlt allerdings jener Titel, der am von insgesamt 518 Wochen, führten ausländische Hälfte der 1960er Jahre in den USA identifiziert. der Spitze der Charts verweilten. 1963 und 1964 längsten ununterbrochen die Hot 100 in den 1960er Der Anfang des Jahrzehnts gehört allerdings, was konnten sie mit „Walk Like A Man“ und „Rag Jahren anführte. Und zwar die von Max Steiner Das Vordringen nicht-englisch- Nr. 1-Hits anlangt, eindeutig Elvis Presley. 1960 Doll“ ihren Charterfolg prolongieren. Mit insgesamt komponierte Titelmelodie „A Theme From A führte er mit drei Songs vierzehn Wochen lang die fünfzehn Wochen Präsenz an der Spitze der Single- Summer Place“, aus dem gleichnamigen Hollywood- sprachiger Titel in die US-Charts US-Single-Charts an. Darunter war mit „Stuck On Charts ist Frankie Valli & The Four Seasons nach Film, in der Interpretation von Percy Faith and His gibt einen ersten Hinweis darauf, You“ lediglich ein Rock ’n’ Roll inspirierter Titel. den Beatles, den Supremes und Elvis Presley der Orchestra, die 1960 insgesamt neun Wochen lang Die beiden andere Songs – „It’s Now Or Never“ viert-erfolgreichste Act der 1960er Jahre – noch vor ununterbrochen die Popmusik-Singlecharts anführte. inwieweit auch musikalische und „Are You Lonesome Tonight?“ – spiegelten den Rolling Stones und den Monkees. Ein Rekord, den die Beatles 1968 mit „Hey Jude“ Einflüsse von außerhalb der hingegen die „neue Richtung” wieder, die Elvis, An siebenter Stelle rangiert Bobby Vinton, der ganz lediglich einstellen, aber nicht übertreffen konnten. seinem Biografen Peter Guralnick zufolge, nach in der Tradition des Crooner-Pops der 1940er und Sieben Wochen lang Nr. 1 waren in den 1960er USA auf den Geschmack der seinem Militärdienst eingeschlagen hat.6 Jedenfalls 1950er Jahre stand. Von 1962 bis 1964 war Vinton Jahren vier Songs: „Tossin’ and Turnin’“ von Bobby Musikkäufer wirkten. hielten sich „It’s Now Or Never“ und „Are You mit „Roses Are Red (My Love)“, “Blue Velvet” und Lewis (gleichzeitig auch meistverkaufte Single des Lonesome Tonight?“ mit fünf bzw. sechs Wochen “There! I’ve Said It Again” insgesamt zehn Wochen Jahres 1961), „I Want To Hold Your Hand“ von den( Produktionen die US-Single-Charts an. besonders lange an der Top-Position. 1961 und lang Nr. 1 in den Billboard Hot 100. Es ist geradezu Beatles (1964), „I’m A Believer“ von den Monkees Dieser Anteil war aber im Laufe des Jahrzehnts star- 1962 konnte Elvis dann lediglich mit je einem Titel als symbolisch anzusehen, dass der Crooner Bobby (1967) und “I Heard It Through The Grapevine” ken Schwankungen unterworfen. Bevor die Beatles – mit „Surrender“, der Quasi-Cover-Version eines Vinton am 1. Februar 1964 von den Beatles mit von Marvin Gaye (1968). 1964 die British Invasion ins Rollen brachten, war Neapolitanischen Volkslieds, und „Good Luck „I Want To Hold Your Hand“ an der Spitze der Erwähnenswert sind dann noch Jimmy Gilmer and der Anteil internationalen Repertoires sehr nied- Charm“ – an die Spitze der Single-Charts vorsto- Charts abgelöst wurde. Dieses Ereignis markiert eine The Fireballs, die mit „Sugar Shack“ 1963 die rig. 1960 schaffte es überhaupt keine ausländische ßen. In den Folgejahren konnte Elvis Presley keine Zeitenwende in der Popularmusikgeschichte, die von meistverkaufte Single vorweisen konnte, dicht ge- Produktion an die Spitze der Single-Charts. 1961 Nr. 1-Hits in den Billboard Hot 100 verzeichnen, da an eine ganz neue Richtung nahm. folgt von der belgischen Dominikaner-Nonne Soeur und 1962 konnte sich ein in Deutschland und ein in bis er dann am 1. November 1969 mit dem souligen Zur gleichen Zeit wie Bobby Vinton feierte auch Ray Sourire (mit bürgerlichem Name Jeanine Deckers), Großbritannien produziertes Orchesterwerk – Bert „Suspicious Minds“ ein einwöchiges Comeback an Charles seine größten Charterfolge. Obwohl vom die mit dem auf Französisch interpretierten Song Kämpferts „Wunderland bei Nacht“ und Acker Bilks der Chartspitze feiern konnte. Ansatz her – großes Studioorchester und Background- „Dominique“ 1963 vier Wochen lang die US- „Stranger On the Shore“ – jeweils drei Wochen an der Nr. 1-Position behaupten. 1963 stieg der Anteil Sinatra, Dean Martin und Bobby Vinton – stieß „I Get Around“ und „Help Me, Rhonda“ an von Simon & Garfunkel, „In the Year 2525“ von Dank Kyu Sakamoto und der „singenden belgischen sogar noch während des Höhepunkts der British die Spitze der Single-Charts vordringen. Der er- Zager & Evans sowie „Leaving On A Jet Plane“ von 36 Nonne“ Soeur Sourire sowie des futuristisch an- Invasion an die Spitze der US-Charts vor. So war ste Bubblegum-Chart-Topper war allerdings „This Peter, Paul & Mary. Insgesamt war Folk/Folk-Rock mutenden Instrumentalstücks „Telstar“ des briti- es Louis Armstrong, der mit „Hello Dolly“ am 9. Diamond Ring“ von Gary Lewis and The Playboys in den 1960er Jahren mit 38 Wochen das dritt-er- schen Produzenten Joe Meek – eingespielt von den Mai 1964 die Beatles nach vierzehn Wochen an der am 20. Februar 1965. 1966 folge Lou Christie mit folgreichste Genre, zumindest was die Verweildauer Tornadoes – auf 15,4%. Nr. 1-Position ablöste. Im selben Jahr noch gelang „Lightnin’ Strikes“, bevor dann die Monkees die an der Spitze der US-Pop-Charts anlangt. Ein anderes Mit den Beatles und den anderen Acts der Britisch Dean Martin mit „Everybody Loves Somebody“ ein Szene beherrschten und 1967 dafür sorgten, dass von der British Invasion inspirierte Rock-Genre, das Invasion schnellte der Anteil internationalen Charterfolg. 1966 führte Frank Sinatra die Single- zehn Wochen lang Bubblegum-Songs die Charts auch Charterfolge aufzuweisen hatten, war der mit Repertoires auf 50% im Jahr 1964 hoch. 1965 stieg Charts mit „Strangers In The Night“ eine Woche anführten. Eine zweite Bubblegum-Welle lässt sich einfachen Mitteln arbeitende Garage-Rock. Tommy er auf 55% an, um 1966 auf 24,5% zu sinken. 1967 lang an, und ein Jahr später sang er sich im Duett dann für das Jahr 1969 beobachten, als Tommy James and The Shondells mit „Hanky Panky” (1966) ging er wegen des Abflauens der British Invasion mit seiner Tochter Nancy mit „Somethin’ Stupid“ Roe mit „Dizzy“, die Cartoon-Band The Archies und Question Mark & The Mysterians mit „96 wieder stark auf 7,7% zurück. Erst durch die erneu- für vier Wochen an die Top-Position der Billboard mit „Sugar, Sugar“ sowie Steam mit „Na Na Hey Tears” (1966) waren jeweils für kurze Zeit ganz ten Chart-Erfolge der Beatles und dem französischen Hot 100 zurück. Hey Kiss Him Goodbye“ die Single-Charts stürm- Orchester-Hit „Love Is Blue“ von Paul Mauriat er- Die British Invasion war aber ab 1964 nicht mehr ten. Ähnlich erfolgreich waren Sunshine-Pop-Acts Noch während der British Invasion reichte der Auslandsanteil 30,8% im Jahre 1968. aufzuhalten. Im Schlepptau der Beatles und Rolling wie die Buckinghams mit „Kind Of A Drag“, The 1969 schließlich sorgten dann noch einmal die Stones, konnten mehr oder weniger rockige Acts aus Turtles mit „Happy Together“, The Association mit konnten die Beach Boys mit ihren Beatles und die Rolling Stones dafür, dass in 10 von dem Vereinigten Königreich wie Peter & Gordon „Cherish“ und „Windy“ sowie Surf-Rock-Hits „I Get Around“ und 52 Wochen (19,2%) internationales Repertoire die (mit dem Paul McCartney-Song „A World Without mit „Aquarius/Let The Sunshine In“ und „Wedding US-Charts anführte. Love“), The Animals („The House Of The Rising Bell Blues“. „Help Me, Rhonda“ an die Spitze Sun“), Manfred Mann („Do Wah Diddy Diddy“), Bubblegum- und Sunshine-Pop waren von der British der Single-Charts vordringen. Von Rock ’n’ Roll und Teen-Idols- Petula Clark („Downtown“ und „My Love“), Invasion inspirierte Musikgenres bzw. Versuche, Pop zu Psychodelic Rock und Freddie and The Dreamers („I’m Telling You Now“), den kommerziellen Erfolg der britischen Acts unter( oben in den Charts zu finden. Bubblegum Wayne Fontana & The Mindbenders („Game Of kontrollierten Bedingungen in den USA nachzuah- Ähnlich wie die „weiße“ Popularmusik, durch- Versucht man nun die einzelnen Top-Songs Love“), Herman’s Hermits („Mrs. Brown You’ve men. Hingegen war die Entstehung neuer Subgenres lief der „schwarze“ Rhythm & Blues einen Genres zuzuordnen, so lässt sich der Wandel des Got A Lovely Daughter“ und „I’m Henry VIII, I in der Rockmusik nicht Ergebnis einer Planung Wandlungsprozess. Das kurzlebige Girl-Groups- Musikgeschmacks über die 1960er Jahre gut nachvoll- Am“), The Dave Clark Five („Over And Over“), The am Reißbrett, sondern Ausfluss eigenständiger Phänomen mündete im Motown-Sound, der vor ziehen. Bevor die Beatlemania 1964 auch die USA er- Troggs („Wild Thing“) und schließlich noch Lulu Bemühungen der Musiker/innen, auch wenn vor allem durch die Supremes und ihr Produzententeam fasste, wirkten die 1950er Jahre im Musikgeschmack mit dem Song “To Sire With Love“, der 1967 sogar allem die Major-Label das kommerzielle Potenzial Holland-Dozier-Holland ab 1964 maßgeblich ge- der US-Plattenkäufer/innen nach. Teen-Idols-Pop à die meistverkaufte Single in den USA was, die US- bald erkannten und ausschöpften. Ein Ergebnis prägt wurde. Es waren aber nicht die Supremes, la Pat Boone, Paul Anka und Neil Sedaka einerseits Single-Charts anführen. 1964 nahmen 24 Wochen war der Folk-Rock, der sich aus der bis dahin als sondern Mary Wells, die ab 16. Mai 1964 zwei und klassischer Rock ’n’ Roll bzw. Rockabilly domi- lang Invasion-Acts die Top-Position ein; 1965 waren anti-kommerziell und anti-kapitalistisch eingestellten Wochen lang mit „My Guy“ die Pop-Charts mit ei- nierten die Charts von 1960 bis 1963. „Schwarze“ es sogar 28 Wochen und 1966 immerhin noch 11 Folk-Bewegung herausgebildet hatte. Es ist nicht nem voll ausgeprägten Motown-Song anführte. Erst Musik konnte vor allem in Form von Doo Wop und Wochen. 1967 flaute dann die Invasion stilistisch verwunderlich, dass bis 1965 nur vereinzelt Folk- drei Monate später verzeichneten die Supremes mit dem von Motown-Gründer Berry Gordy Jr. und Phil gesehen ab, nachdem sich die britischen Bands end- Acts wie die Highwaymen mit dem Gospelstandard „Where Did Our Love Go?“ den ersten Top 1-Hit in Spector ins Leben gerufenen Girl-Groups-Phänomen gültig vom Merseybeat bzw. verabschiedet hatten. „Michael“ (1961) oder die Roof Top Singers mit den Billboard Hot 100. Bis 1969 sollten noch weitere Cross-over-Erfolge in den Pop-Charts verzeichnen. Es begann nun der Aufstieg des Psychodelic Rock, „Walk Right In“ (1963) an die Chart-Spitzevorstoßen 11 Songs folgen. Zusätzlich konnten auch noch die 1961 waren sechzehn Wochen lang Doo-Wop-Titel den die Beatles mit ihrem Konzeptalbum „Sgt. konnten. Der Durchbruch des Folk-Rock-Genres Temptations mit „My Girl“ (1964), die Four Tops Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ entscheidend gelang den Byrds, die 1965 mit dem Bob-Dylan- mit „I Can’t Help Myself“ (1965) und „Reach Out, Bevor die Beatlemania 1964 auch mitgeprägt hatten. Es waren aber vor allem US- Song „Mr. Tambourine Man“ und mit „Turn! I’ll Be There“ (1966) auf Nr. 1 klettern. Bands – wie die Beach Boys mit „Good Vibrations“, Turn! Turn!“ eine Woche bzw. drei Wochen lang die Neben dem auf ein weißes, jugendliches und vor die USA erfasste, wirkten die die Doors mit „Light My Fire“ und „Hello, I Love Billboard Hot 100 anführten. Es folgten noch im allem kaufkräftiges Publikum abzielenden Motown- 1950er Jahre im Musikgeschmack You“ oder Strawberry Alarm Clock mit „Incense selben Jahr Sonny & Cher mit „I Got You Babe“ Sound, konnte auch der rauere Soul Erfolge in den And Peppermint“, die vor allem 1968 mit psycho- und Barry McGuire mit „Eve Of Destruction“. 1966 „weißen“ Pop-Charts erzielen. Nach den musikali- der US-Plattenkäufer/innen nach. delischer Musik und ebensolchen Texten die Charts stand dann im Zeichen von Simon & Garfunkel schen Innovationen von Ray Charles, die zwischen )anführten. mit „The Sound Of Silence“, The Mamas & The 1960 und 1962 den Soul erstmals definierten und an der Spitze der Charts und 1963 erreichten die Girl An Beliebtheit mit Psychodelic Rock mithalten konn- Papas mit „Monday, Monday“, Lovin’ Spoonful die zudem kommerziell erfolgreich waren, waren Groups – beispielsweise The Chiffons, The Essex, ten Bubblegum- und Sunshine-Pop, die vor al- mit „Summer In The City“ sowie Dononvan mit es Vertreter des Northern- und Southern-Soul, die The Angels – den Höhepunkt ihrer Popularität. Der lem den Musikgeschmack der Pre-Teens und Teens „Sunshine Superman“. Nach einer einjährigen Pause auch in den Pop-Charts ganz an die Spitze gelangten. Twist erlebte Dank Chubby Checker 1961/62 einen ansprachen. Noch während der British Invasion schafften es erst wieder 1968 und 1969 Folk-Rock- Percy Sledge mit der Soul-Ballade „When A Man Fad und traditioneller Pop – getragen von Frank konnten die Beach Boys mit ihren Surf-Rock-Hits Titel an die Spitze der Charts: „Mrs. Robinson“ Loves A Woman“ (1966), Aretha Franklin mit dem Otis-Redding-Song „Respect” (1967), Otis Redding Easy Listening war das zweite Genre, das immer wie- eine klare Trennlinie zu ziehen. Wenn also ein Indie- allem Dank Elvis Presley, der für sechs Chart-Topper knapp vor seinem frühen Tod mit „Sittin’ On The der ganz oben zu finden war. Vor allem am Anfang Label, wie z.B. Atlantic Records, von einem Major verantwortlich zeichnete, die 20 Wochen Nr. 1 waren. 38 Dock Of The Bay“ (1967) und Marvin Gaye mit und am Ende des Jahrzehnts waren Listening-Titel akquiriert worden war, wurde es nicht mehr als Indie Ansonsten war die RCA vor 1964 mit Teen-Idols- 39 “I Heard It Through the Grapevine” (1968). Der sehr populär. 1960 konnte sich, wie schon erwähnt, ab dem Zeitpunkt der Übernahme gezählt. Zudem Pop – Neil Sedaka, Little Peggy March – erfolgreich. Soul beeinflusste aber auch weiße Musiker wie die „A Theme From A Summer Place“ von Percy gibt es noch Sonderfälle wie die Label der großen Während die British Invasion ihrem Höhepunkt Righteous Brothers und die Young Rascals, die Faith and His Orchestra, neun Wochen lang an der Hollywood-Studios, die nicht über die gleichen zustrebte, konnte die RCA nur noch mit dem 1965-67 mit dem Blue-Eyed-Soul Charterfolge er- Chartspitze halten. Ein Jahr später waren es Bert Strukturen wie die großen Tonträgerkonzerne ver- Country & Western-Hit „Ringo“ (1964) von Lorne zielten. Schließlich ist noch der Pop-Soul zu erwäh- Kämpferts „Wunderland bei Nacht“ und Lawrence fügten, aber aufgrund der Einbettung in kapitalstar- Green, der als Hauptdarstellung in der TV-Serie nen, mit dem („Poor Side of Town“) Welk „Calcutta“, die drei bzw. zwei Wochen die ken Konzernen durchaus auch wie Majors agierten, „Bonanza“ Popularität erlangt hatte sowie mit dem Charts anführten. Die British Invasion sorgte dann so wie MGM Records, United Artists und die beiden patriotischen Song „The Ballad of the Green Berets“ für eine Unterbrechung der Charterfolge des Easy- Label der Columbia Pictures (Colpix and Colgems). (1966) des Vietnamkrieg-Teilnehmers SSgt. Barry Trotz der Geschmacks- Listening-Genres. Aber 1968 meldete sich das Genre Einen weiteren Sonderfall stellt Mercury Records Sadler punkten. Letztgenannter Song war sogar die veränderungen, die sich in den mit „Love Is Blue“ von Paul Mauriat sowie „This dar, das 1945 in Chicago als Indie-Label gegründet meistverkaufte Single des Jahres 1966. Erst 1969 war Guy’s In Love With You“ von Herb Alpert an der worden war, aber im Laufe der Jahre so groß gewor- die RCA wieder mit Nr. 1-Hits vertreten und zwar wöchentlichen Top 1-Hits Spitze der Hot 100 für insgesamt neun Wochen den war, dass es als “Super-Indie” bezeichnet wurde. mit einem Easy-Listening-Orchesterstück von Henry zurück. 1969 konnte dann noch Henri Mancini mit Es macht daher durchaus Sinn, Mercury bereits vor Mancini, dem One-Hit-Wonder Zager & Evans, der manifestieren, gab es dennoch „Love Theme From Romeo & Juliet“ zwei Wochen seiner Übernahme durch Philips im Jahr 1962 als Comic-Band The Archies sowie noch einmal mit stilistische Grundkonstanten, die lang die Top-Position besetzen. Major zu klassifizieren. Elvis Presley. Die RCA-Victor weist somit von allen Insgesamt lassen sich trotz aller Abgrenzungs- und Insgesamt konnten 57 Label – wobei die Sublabel Labeln wohl die konservativste Ausrichtung, was sich wie ein roter Faden durch die Überschneidungsprobleme 25 Musikgenres vonein- als Teil der Muttergesellschaften betrachtet wurden Musikgeschmack anlangt, auf. Elvis Presley ist dabei 1960er Jahre ziehen. ander abgrenzen, die es in den 1960er Jahren an die – von 1960 bis 1969 Top-1-Hits in die US-Single- nur die Ausnahme von der Regel, wobei der „neue“ Spitze der US-Singlecharts schafften. Dabei führte die Charts bringen. Am erfolgreichsten war dabei die Weg, den er in den 1960er Jahren eingeschlagen hat British Invasion 69 Wochen die Billboard Hot 100 britische EMI mit ihrer US-Tochter Capitol Records, durchaus in den ästhetischen Kanon der RCA passte. erstmals 1966 an die Chart-Spitze vordrang.) Ende an, gefolgt vom Teen-Idols-Pop mit 43 Wochen, dem die zweiundzwanzig Top-Hits, die 56 Wochen lang An vierter Stelle der Nr. 1-Hits findet sich mit des Jahrzehnts wurde der Soul dann vom Funk Folk/Folk-Rock mit 38 Wochen, dem traditionellen – d.h. mehr als 10% aller Wochen – die Charts Motown Records das erste Indie-Label. Das ur- abgelöst, der erstmals 1968 zwei Wochen lang mit Pop mit 34 Wochen, dem mit 31 Wochen und dem anführten. Allein die Beatles steuerten fünfzehn „Tighten Up“ von Archie Bell & The Drells die Pop- Doo Wop mit 30 Wochen. Titel mit einer Verweildauer von 40 Wochen an der Charts anführte. 1969 folgte dann Sly & The Family Top-Position bei. Von den verbleibenden sieben Top- Einen weiteren Sonderfall stellt Stone mit „Everyday People“, der vier Wochen lang Label-Erfolge im Spiegel Titeln stammten drei von weiteren British-Invasion- Nr. 1 war und die Temptations mit „I Can’t Get der US-Single-Charts Acts (Peter & Gordon, Manfred Mann und Freddie Mercury Records dar, das 1945 Next To You“. Welche Label profitierten nun von den musikali- and The Dreamers), drei weitere von den Beach Boys in Chicago als Indie-Label Trotz der Geschmacksveränderungen, die sich in schen Vorlieben der US-Musikkäufer/innen in den und einer von der Country-Pop-Interpretin Bobbie den wöchentlichen Top 1-Hits manifestieren, gab es 1960er Jahren? Waren es vor allem die Majors oder Gentry. Die EMI/Capitol war somit DAS Label der gegründet worden war, aber im dennoch stilistische Grundkonstanten, die sich wie bekamen auch die Indies ein Stück vom Kuchen ab? British Invasion. Laufe der Jahre so groß gewor- ein roter Faden durch die 1960er Jahre ziehen. Das Um diese Fragen zu beantworten, ist es notwendig An zweiter Stelle mit achtzehn Top-Titeln, die 54 ist zum einem die Vorliebe der US-Amerikaner/innen zu erst einmal zu klären, welche Unternehmen als Wochen lang an der Spitze der Charts waren, ran- den war, dass es als “Super- für Country & Western-Musik. Elemente davon Majors im Betrachtungszeitraum gelten. Es sind giert die CBS-Columbia mit ihren Sublabeln – vor al- Indie” bezeichnet wurde. spielten bei der Entstehung des Rock ’n’ Rolls und dies jene phonografischen Unternehmen, die in lem mit Epic Records. Die erfolgreichsten Columbia- sogar beim Soul (siehe Ray Charles) eine wesentliche der Lage waren, die gesamte Wertschöpfungskette Acts waren in der ersten Hälfte des Jahrzehnts sprünglich in Detroit beheimatete Label war eines Rolle. C&W wurde aber auch von der Pop-Musik von A&R bis hin zum Vertrieb zu kontrollieren Percy Faith and His Orchestra, Teen-Idol Bobby( der wenigen, dessen Geschicke ausschließlich von beeinflusst, was schließlich zur Herausbildung des und eine dementsprechende Größe aufwiesen. Das Vee, Pop-Crooner Bobby Vinton und von 1965 bis Afro-Amerikanern – im Grunde genommen der Subgenres Country-Pop führte. In dieser Form wurd entscheidende Element waren vor allem die gut 1969 die Folk-Rocker The Byrds und Simon & Familie Gordy – bestimmt wurde. Das Erfolgsrezept C&W noch hitparaden-tauglicher und einzelne Titel ausgebauten Vertriebsstrukturen, die die Majors Garfunkel aber auch die funkigen Sly & the Family war ein wieder erkennbarer Sound, der auch für wie „Honey“ von Bobby Goldsboro oder „Harper erst zu einer solchen Marktmacht werden ließen. Stone. CBS-Columbia war also vor der Beatlemania das „weiße” Publikum hörbar war. Wie schon Valley P.T.A.“ von Jeannie C. Riley schafften es so- Hingegen zeichneten sich die Indies dadurch aus, vor allem mit Easy Listening, Teen-Idols-Pop und mit erwähnt, waren es vor allem die Supremes und de- gar an die Spitze der Pop-Charts. Auffallend ist, dass dass sie in keine Konzernstrukturen eingebettet wa- traditionellem Pop erfolgreich, danach konnte der ren Produzententeam Holland-Dozier-Holland, die lediglich am Höhepunkt der www.allmusic.com/ ren und sich entweder unabhängiger Vertriebe oder Plattenkonzern vor allem mit Folk-Rock punkten. für den kommerziellen Erfolg hauptverantwortlich explore/style/british-invasion-d379 British Invasion jener der Majors bedienten. Dabei ist der Übergang Der Hauptkonkurrent der Columbia in den USA, zeichneten. Von den zwanzig Nr. 1-Hits stammten (1964/65) sowie im Jahr 1969 keine C&W-Hits auf von einem Indie zu einem von einem Major abhän- RCA-Victor belegt mit vierzehn Top-Titel und einer zwölf von den Supremes, die einundzwanzig Wochen die Top-Position der Billboard Hot 100 kletterten. gigen Sublabel fließend. Dennoch wurde versucht, Top-1-Präsenz von 46 Wochen den dritten Platz; vor die Charts anführten. Die restlichen acht Titel, die zusätzlich zwanzig Wochen topp waren, stammten Doo-Wop-Hit „Duke of Earl“ im Jahr 1962. Got A Lovely Daughter“ und „I’m Henry VIII, I Die Indies zeichneten sich nicht immer durch von der Girl-Group The Marveletts, vom dreizehn- Die niederländische Philips Records, Tochter- Am“). Schließlich konnte mit dem Bubblegum-Titel Innovationen aus. Dot Records war mit dem Easy- 40 jährigen „Little“ Stevie Wonder, Mary Wells, den gesellschaft des gleichnamigen Elektrokonzerns, „Lightnin’ Strikes“ von Lou Christie 1966 das letzte Listening-Hit „Calcutta“ von Lawrence Welk, mit 41 Four Tops, den Temptations und von Marvin Gaye. konnte mit ihren fünf Top-Titeln 15 Wochen lang Mal ein Nr.1-Hit erzielt werden. Teen-Idol Pat Boone („Moody River“) sowie mit Warner Bros. Records und die mit ihm verbundenen die Charts anführen. Es waren vor allem europäische Colgems Records von Columbia Pictures war das „Sugar Shack” von Jimmy Gilmer & The Fireballs Labels – Reprise Records und ab 1967 auch Atlantic Acts wie die singende Nonne Soeur Sourire, Wayne Vermarktungsvehikel für die Casting-Band The erfolgreich. Liberty Records setzte auf Sunshine Records – war mit elf Titeln 30 Wochen lang an Fontana and The Mindbenders, The Troggs, The Monkees, die, wie bereits erwähnt, mit drei Titeln Pop mit „Surf City“ von Jan & Dean sowie auf der Spitze der Charts. Abgesehen von den Everly New Vaudeville Band und Paul Mauriat and His („Last Train To Clarksville“, „I’m A Believer“ und Bubblegum-Pop von Garry Lewis & The Playboys. Brothers, die 1960 nach dem Wechsel von Cadence Orchestra, die für Charterfolge in den USA verant- „Daydream Believer“) 12 Wochen lang topp waren. Imperial Records hatte mit Teen-Idol Ricky Nelson mit „Cathy’s Clown“ einen großen Hit für die wortlich zeichneten. Lediglich der Bubblegum-Act Eine ähnliche Funktion erfüllte zuvor das Colpix- („Travelin’ Man“) und dem Pop-Soul von Johnny Warner Bros. Records hatten, sorgte vor allem das Steam steuerte einen US-hausgemachten Hit für Label, das mit den Marcels 1961 einen Doo-Wop- Rivers („Poor Side Of Town“) auch Nr. 1-Hits. von Frank Sinatra ins Leben gerufene Reprise Label Philips im Jahr 1969 bei. Hit („Blue Moon“) landete und ein Jahr später mit Und andere Indies setzten auf ein Genre wie Dunhill für Chart-Erfolge. Neben seinen eigenen Songs, wur- Der „Super-Indie“ Mercury Records war ebenfalls „Johnny Angel“ von Shelley Fabares im Teenie- auf den Folk-Rock – Barry McGuire („Eve Of den dort auch jene seiner Tochter Nancy und seines mit fünf Titeln 15 Wochen lang Nr. 1 in den Single- Segment erfolgreich war. Destruction“) und The Mamas and The Papas Bühnen- und Schauspielerkollegen Dean Martin Charts bis er von Philips 1962 aufgekauft wurde. Als Atlantic Records noch nicht Teil des Warner- herausgebracht. Demgemäß war Warner bis 1967 Und zwar mit Country-Pop („Running Bear“ von Konglomerates war, konnte es auch einige Als Atlantic Records noch nicht vor allem mit traditionellem Pop kommerziell er- Johnny Preston), Teen-Idols-Pop (dem Presley-Cover Charterfolge in den 1960er Jahren vorweisen. folgreich. Ab 1967 konnte mit The Young Rascals, „Wooden Heart” von Joe Dowell und „Hey Paula!” Insgesamt fünf Titel waren 10 Wochen lang ganz Teil des Warner- Konglomerates Aretha Franklin, The Association, Archie Bell & The von Paul and Paula) sowie mit den Girl-Groups-Hits oben in den Charts zu finden. Die Drifters 1960 war, konnte es auch einige Drells sowie mit Peter, Paul & Mary ein Imagewandel “My Boyfriend Is Back“ von den Angels sowie „It’s mit „Save The Last Dance For Me“; das Folk-Duo herbei geführt werden, was sicherlich auch mit dem My Party“ von Lesley Gore; ingesamt also mit ei- Nino Tempo & April Stevens mit „Deep Purple”; Charterfolge in den 1960er Eigentümerwechsel zuerst zu Seven Arts und dann nem stark auf ein Teenager-Publikum ausgerichtetes Sonny & Cher mit „I Got You Babe“, die Young Jahren vorweisen. zur Kinney Corporation zu tun hatte. Programm. Rascals mit „Good Lovin’“ und schließlich Percy Der zweite britische Major, Decca Records, hat- Ob Apple Records, das von den Beatles 1968 ins Sledge mit „When A Man Loves A Woman“. Daraus( („Monday, Monday“) oder Red Bird auf die Girl- te vor allem mit den Rolling Stones Nr. 1-Hits in Leben gerufen wurde, tatsächlich als ein Indie zu ergibt sich eine Mischung aus R’n’B und Folk/Folk- Group The Dixie Cups („Chapel of Love”) und The den Billbord Hot 100. Von den acht Titeln, die 20 werten ist, kann auch bezweifelt werden, da der Rock, die Atlantic Erfolg brachte. Shangri-Las („Leader of the Pack”). Wochen an der Spitze der Charts waren, entfielen Vertrieb über die EMI/Capitol lief. Jedenfalls entfal- Roulette Records war ebenfalls ein Indie, der ver- Tendenziell zeigt sich aber die Auswertung der fünf bzw. 13 Wochen auf die Stones. Der Rest steu- len auf Apple drei Top-Titel der Beatles, die immer- suchte, am Puls der Zeit zu bleiben. Mit dem Top-1-Hits in den Billboard Hot 100, dass die erten die Tornadoes sowie das US-Schwesterlabel mit hin 15 Wochen lang 1968/69 die Charts anführten: „Peppermint Twist – Part 1“ von Joey Dee & The Indies musikalische Innovationen förderten und „Hey Jude“, „Get Back“ und „Come Together“. Starliters steuerte man einen Top-Hit zum Twist-Fad die Majors die bereits bewährten und ausgetre- Der zweite britische Major, Decca ABC Records hingegen war in den 1960er Jahren 1962 bei. Die Essex waren eine Girl Group, die 1963 tenen Pfade beschritten haben. Ausnahmen gibt zweifellos ein Major, der vor allem von Ray Charles mit „Easier Said Than Done“ erfolgreich waren und es da wie dort: Einerseits ABC Records mit den Records, hatte vor allem mit den profitierte, dem vertraglich vollständige Kontrolle mit Tommy James & The Shondells („Crimson And Epoche machenden Experimenten des Ray Charles Rolling Stones Nr. 1-Hits in über seine Produktionen eingeräumt worden war. Clover“)versuchte man in den späten 1960er Jahren oder die EMI mit den Beatles oder andererseits Was letztendlich auch dessen innovative Kraft frei- am Psychodelic-Boom mitzunaschen. Dot Records mit Easy Listening und Teen-Idols- den Billbord Hot 100. setzte. Von den fünf Chart-Toppern waren drei von Viele andere Indies konnten in den 1960er Jahren Pop sowie Liberty Records mit Teen-Idols- und )Ray Charles, die 8 Wochen an der Nr. 1-Position meist nur mit einem Act Top-Chart-Platzierungen er- Bubblegum-Pop. Bei genauerer Betrachtung waren Brenda Lee bei, bevor es dann von der MCA 1962 verblieben. Die beiden anderen Titel stammen von zielen: Soul City mit The 5th Dimension („Aquarius/ aber die innovativen Ansätze innerhalb der Majors erworben wurde. Im Großen und Ganzen war die Tommy Roe und zwar das rockige, an Buddy Holly Let The Sunshine In“ und „“), nur dann möglich, wenn die Musiker/innen einen Decca und ihr US-Sublabel London in erster Linie erinnernde „Sheila“ aus dem Jahr 1962 sowie dessen Cameo-Parkway mit dem Twister Chubby Checker großen kreativen Spielraum eingeräumt bekom- aber über die Rolling Stones in den US-Pop-Charts Bubblegum-Erfolg „Dizzy“ im Jahr 1969. („The Twist“ und „Pony Time“), die britische Pye men haben, wie eben Ray Charles, die Beatles erfolgreich. MGM Records ist auch als Major-Label zu werten, Records mit Petula Clark („Downtown“ und „My und auch die Rolling Stones. Die Indies hatten Das zweite Indie-Label, das in den 1960er Jahren das acht Titel 13 Wochen lang an der Spitze der Love“), Sceptre mit den Shirelles („Will You Love hingegen nur zwei Chancen: Kurzfristig auf der Top 1-Hits in die Billboard Hot 100 bringen konn- Charts hatte: Es waren vor allem Teen-Idols der frü- Me Tomorrow“ und „Soldier Boy“), Elektra mit den Erfolgswelle mit zu schwimmen oder selbst Akzente te, war das im Bundesstaat Indiana beheimatete hen 1960er Jahre wie Mark Dinning („Teen Angel“) Doors („Light My Fire“ und „Hello, I Love You“), zu setzen und sich durch Innovation abzugrenzen. VeeJay-Label. Der Erfolg beruhte vor allem auf und Connie Francis („Everbody’s Somebody’s Fool“, Monument mit Roy Orbison („Running Scared“ Die Musikindustriegeschichte belegt, dass zweitere Teen-Idol-Act Frankie Valli & The Four Seasons, die „My Heart Has A Mind Of Its Own“ und „Don’t und „Oh, Pretty Woman“) und das Phil-Spector- Strategie nachhaltiger war, wie Motown, Atlantic vier der fünf Chart-Topper beisteuerten und somit Break The Heart That Loves You“), die den Erfolg Label Philles mit den Righteous Brothers („You’ve Records und Roulette Records beweisen, wohinge- 15 Wochen lang die Charts anführten. Die restlichen ausmachten. Die British Invasion antizipierte MGM Lost That Lovin’ Feelin’“ und „(You’re My) Soul gen das Anbiedern an Trends trotz Chart-Erfolge drei Wochen entfielen auf Gene Chandler mit dem Records mit Herman’s Hermits („Mrs. Brown You’ve And Inspiration“). schon bald das wirtschaftliche Aus bedeuteten konnte wie bei Liberty, Dunhill oder Dot Records. > Literaturangaben > Peter Tschmuck, Damit kann zusammenfassend noch eruiert werden, > Bronson, Fred, 2003, The Billboard Book of geboren am 5. Oktober 1971 in 42 wie hoch der jeweilige Major- bzw. Indie-Anteil an Number 1 Hits. The Inside Story Behind Every Graz, studierte an der Universität 43 den Top-Platzierungen – bemessen nach Wochen – Number One Single on Billboard’s Hot 100 From Innsbruck Betriebswirtschaftslehre war. Für das ganze Jahrzehnt von 1960-69 ergibt 1955 to the Present. Aktualisierte und erweiterte 5. und Volkswirtschaftslehre und sich ein Major-Anteil von 57,3%, womit ein Indie- Auflage. New York: Billboard Books. promovierte mit einer Dissertation Anteil von 42,7% korrespondiert. Diese Verteilung > Bronson, Fred, 2007, Billboard’s Hottest Hot 100 über den „Wandel der Musikkultur war aber im Laufe der Jahre starken Schwankungen Hits. Aktualisierte und erweiterte 4. Auflage. New als Phänomen des gesellschaftlichen Wandels am unterworfen. 1960 war der Major-Anteil mit über York: Billboard Books. Beispiel der Innsbrucker Fürstenhöfe zwischen 1560 80% extrem hoch, um ein Jahr später auf 46,2% > Guralnick, Peter, 2000, Careless Love. The und 1650“. Seit Juni 2000 ist Peter Tschmuck am merklich zurück zu gehen. 1962 war das Verhältnis Unmaking of Elvis Presley. New York: Back Bay Institut für Kulturmanagement und Kulturwissen- exakt 50:50. 1963 waren die Indies mit Top-1- Books/Little, Brown & Co. schaft der Universität für Musik und darstellende Platzierungen wieder in der Überzahl und konnten > www.allmusic.com Kunst in Wien tätig, wo ihm im Juni 2003 die einen Anteil von 53,8% für sich beanspruchen. > www.billboard.com/html/1000s/1000s.html Lehrbefugnis im Fach „Kulturbetriebslehre“ nach > http://musikwirtschaftsforschung.wordpress.com/ Vorlage der Habilitationsschrift über „Kreativität und wp-admin/post-new.php#_ftnref1“ Innovation in der Musikindustrie“ verliehen wurde. Es zeigt sich somit, dass die

1960er Jahre durch eine lebendige [1] Mittlerweile ist klar, dass in den meisten Fällen Indie-Label-Szene charakterisiert entweder nur Paul McCartney oder John Lennon einen Song geschrieben hat, der aber unter Lennon/ war, die auch kommerzielle McCartney in den Credits aufscheint. Erfolge feiern konnte. [2] Der Song „Get Back“, der am 24. Mai 1969 die Top-Position erreichte, und dort fünf Wochen )verweilte, wurde von Phil Spector produziert. 1964/65 stieg der Major-Anteil dank der EMI/ [3] Mit „Where Did Our Love Go?“ (22. August bis Capitol und der sie tragenden British Invasion – 24. September), „Baby Love” (31. Oktober bis 27. angeführt von den Beatles – auf über 62%. 1966 November) und „Come See About Me” (19. bis 26. war das Verhältnis zwischen Indies und Majors fast Dezember). wieder ausgeglichen. Ein Jahr später dominierten die [4] Mit „Stop! In The Name Of Love“ (27. März bis Majors 38 Wochen lang (= 73,1%) die Spitze der 9. April), „Back In My Arms Again” (12. bis 19. Juni) Billboard Hot 100. 1968 waren wieder die Indies und „I Hear A Symphony” (20. November bis 3. mit 28 Wochen länger als die Majors (24 Wochen) in Dezember). der Top-Position vertreten. 1969 drehte sich das [5] „Love Child“ (30. November bis 13. Dezember Verhältnis exakt um: Majors 28 Wochen und Indies 1968) wurde von Dean R. Taylor, Frank Wilson, Pam 24 Wochen. Sawyer und Deke Richards verfasst und produziert. „Someday We’ll Be Together“ (27. Dezember 1969 Es zeigt sich somit, dass die 1960er Jahre durch eine bis 2. Januar 1970) stammt Johnny Bristol, Jackey lebendige Indie-Label-Szene charakterisiert war, die Beavers und Harvey Fuqua, der den Song auch auch kommerzielle Erfolge feiern konnte. Die Majors produzierte. hatten aber begonnen sich zu konsolidieren und be- [6] Guralnick, Peter, 2000, Careless Love. The gannen vor allem in der zweiten Hälfte der 1960er Unmaking of Elvis Presley.New York:Back Bay Books/ Jahre erfolgreiche Indies in ihr Portfolio aufzuneh- Little, Brown &Co., S. 82. men, um von deren Innovationskraft zu profitieren. Es wird sich zeigen, welche Auswirkungen diese strategische Neuausrichtung in den 1970er Jahren zeitigte. Das wird aber Gegenstand von „Die US- Musikmarkt im Spiegel der Billboard-Charts – die 1970er Jahre“ sein.

Studierenden keine Jazz-Bands haben oder gründen. die unterschiedlichsten Besetzungen zustande, auch Man muss aber auch dazusagen, dass sich auf Grund Doppelbesetzungen an manchen Instrumenten, und Heimo Trixner über der Möglichkeit in den Räumen der Universität zu ich starte ganz grundsätzlich mit Tonleitern, rhyth- 45 proben, sich einiges getan hat. mischen Übungen etc. Zum Spiel des Ensembles gebe ich dann sofort Kommentar und Empfehlungen: GW: In welcher Studienphase kommen die „Probiert doch gleich mal das oder jenes aus!“ Korrepetition für SchlagzeugerInnen zu dir? Die Niveaus und Vorerfahrungen der Teilnehmer HT: Im ersten und zweiten Studienabschnitt, im 2. können sehr unterschiedlich sein, und dann teile ich > Abschnitt sind zwei Semester Korrepetition Pflicht. auch mal die Studierenden auf, erkläre den einen die Schlagzeuger, Die Studenten werden mir von Prof. Ozmec zugeteilt. Anwendung von Kirchentonarten und anderen schon So kann ein Schüler auf der Basis des Wahlfaches fortgeschrittenere Themen. Auch hier gehe ich auf auch acht Semester bei mir sein. die Repertoirewünsche der Studenten ein.

Repertoireaufbau, GW: Was sind noch Leitlinien deines Unterrichts? GW: Als drittes unterrichtest du? HT: Dass ich alles, was ich selber tagtäglich herausfin- HT: Neun Stunden Gitarrepraktikum, hier kommen de, gleich an die Studierenden weitergebe. Für mich Studierende der Musikerziehung zu mir, die ein Musikmarkt und den ist die Beschäftigung mit neuen Konzepten rhythmi- Hauptinstrument lernen (Klavier, Violine etc.) und scher, harmonischer und anderer musikalischer Natur sich bei mir Kenntnisse an der Gitarre holen. Manche Übealltag. Was ich dabei probiere und lerne, wird notwendigen Übealltag nicht gehütet, sondern gleich gemeinsam angewendet. Für mich ist die Beschäftigung GW: Gibt es Überlappungen zum mit neuen Konzepten Im Gespräch mit Günther Wildner Improvisationsunterricht? rhythmischer, harmonischer HT: Das natürlich schon! So stelle ich vielleicht beim > Günther Wildner: Wie hat deine ipop-Zeit angefan- Themen, ein wesentlicher Punkt. Da gibt es am Vierer-Spielen die Vorgabe auf, keine 1 zu bringen und anderer musikalischer gen? Schlagzeug vielfache Möglichkeiten der Umsetzung, oder keine Phrase länger als drei Schläge zu machen Natur Übealltag. Heimo Trixner: Begonnen hat meine Tätigkeit am die sich natürlich nach der Besetzung und der mu- oder einen Takt zu improvisieren, dann zwei zu pau- ipop mit der Solo-Korrepetition für Schlagzeug, d.h. sikalischen Umgebung richten. Eine Beschäftigung sieren usw. Aber Improvisationsunterricht im eigent(- beginnen bei null, andere haben schon selber Gitarre ich erteile Einzelunterricht für SchlagzeugerInnen damit ist unerlässlich. Ein mir sehr wichtiger Punkt ist lichen Sinne mache ich nicht. gespielt. Es geht dabei zentral um das Begleiten von und bin für sie der „Sparringpartner und Play- das Ausprobieren und die Umsetzung von rhythmi- Natürlich mache ich mir Gedanken, wie man Konzepte Liedern und den Einsatz der Gitarre im schulischen Along“. Eine wichtige Spielwiese wird damit für die schen (auch Odd Meter) und anderen musikalischen eines Harmonieinstruments ins Schlagzeugspiel über- Klassenunterricht. Die zukünftigen LehrerInnen sol- Studenten eröffnet. Wir beginnen einfach mit größ- Konzepten, die ich mitbringe. tragen kann. Auf der Gitarre z.B. innerhalb einer len einen schnellen und sinnerfassenden Blick für das tenteils Jazzstandards zu musizieren und ich schaue Quint solieren – das ist eine tonale Einschränkung. Gitarren-Notenblatt bekommen, also: Wie sieht mei- GW: Welches Repertoire verwendest du noch bei der Das kann dann am Drum-Set heißen, Vierer nur mit ne tatsächliche Spielfassung aus? Was kann ich viel- Grundsätzlich ist mir jedoch Korrepetition? Snare und Basstrommel zu spielen oder mit zwei leicht noch vereinfachen? Wir besprechen Standard- HT: Stilistisch gibt es keine Einschränkungen, und die anderen Teilen des Schlagzeugs. Der grundlegende Rhythmen, sehen uns Begleitmuster und -möglichkei- wichtig, dass wir ein Standard- Wünsche der Studierenden nehme ich natürlich in die Ansatz heißt: Erweiterung des eigenen Spiels durch ten an: Schlagen, Zupfen etc. Repertoire erarbeiten, damit die gemeinsame Arbeit herein. Beim Repertoire suche ich Einschränkung. Die Übesituation soll tricky und her- Im besten Fall entsteht ein Grundstock an Fähigkeiten auch bewusst Stücke aus, die eine ungewöhnliche, ausfordernd sein, aber gleichzeitig machbar bleiben. und Stücken, von denen der Pädagoge ausgehen und SchlagzeugerInnen für verschie- z.B: erweiterte Form, oder andere Kniffe wie Stopps selbstständig weitermachen kann. dene musikalische Situationen und Kicks haben und Herausforderungen bieten. GW: Wieviele SchlagzeugerInnen betreust du? Darauf will ich hinweisen. HT: Ich habe acht Stunden zur Verfügung und damit GW: Wird das Gitarre-Praktikum im Einzelunterricht gerüstet sind. Grundsätzlich ist mir jedoch wichtig, dass wir die gleiche Anzahl Spieler – jeder/jede ist für eine abgehalten? )ein Standard-Repertoire erarbeiten, damit die Stunde pro Woche bei mir. HT: Gitarre-Praktikum1 ist Einzelunterricht, Gitarre- auf Timing, Phrasierung, Feeling etc. Ich korrigie- SchlagzeugerInnen für verschiedene musikalische Praktikum 2 und 3 sind Gruppenunterricht. Auch re keine technischen Belange des Schlagzeugspiels, Situationen gerüstet sind: Hintergrundmusik, Jazz- GW: Was unterrichtest du noch neben der Klassik-Studenten (Konzertfach und Pädagogik) kön- das bleibt Sache des Studierenden und seines/ihres Standards für z.B. Bar-Jobs oder Jam-Sessions, Rock/ Korrepetition? nen dabei im Rahmen ihres „Schwerpunkts“ zu mir Instrumentallehrers. Mir geht es um die musikalische Pop-Stücke usw. Prof. Fritz Ozmec ist es wichtig, HT: Das Fach „Improvisation im Ensemble“ für kommen. Das ist ein Zeitrahmen von sechs Semestern. Komponente und um die Erweiterung des Repertoires. dass wir auf jeden Fall auch Jazz spielen, denn das ipop-Studierende, im ersten Studienabschnitt die Mit einem Vorspiel können diese Studierenden eine Weiters ist das Mitspielen von Themen, z.B. Bebop- tun die Wenigsten! Was vielfach daran liegt, dass die Nr.1 im Zweiten Abschnitt die Nr.2. Hier kommen „kleine“ Lehrbefähigung erwerben. Es gibt auch Schlagzeuger oder Bassisten, die den Schwerpunkt und danach sagen und fragen: „Ihr seid ja irrsinnig > Heimo Trixner „Gitarre“ belegen. Musiktherapeuten machen weiters toll! Warum hört und liest man nichts von euch im Gitarre, Komposition – lebt in Wien 46 auch ein Gitarre-Praktikum im Gruppenunterricht Radio und in den Zeitungen?“ Das kann dann eine - Lehrauftrag an der Universität für 47 o : t hom as m itterer oder wenn es als Erstinstrument gewählt wird im lange Antwort werden ... Man sieht, dass gewisse t Musik und darstellende Kunst in Fo Einzelunterricht ... Problematiken hartnäckig bestehen bleiben. Für mich Wien: Gitarre und Improvisation ist das Live-Konzert nach wie vor das Wichtigste, - Als Komponist/Arrangeur Pädagogen, die ihre SchülerInnen denn nur hier lässt sich die Energie von Musik Auftragsarbeiten für: unmittelbar übertragen, kann man auch schwieri- Theater Basel, Sommerfestspiele Wunsiedel, begeistern und motivieren gere Musik ans Publikum bringen, weil die Live- Feuchtwangen, Muhr/Altmühlsee, Anette Betz können, sind extrem wichtig. Situation Verständnis schafft, Zusammenhänge und Kinderbuch-Verlag ... Hintergründe der Musik veranschaulicht, einfach GW: Wie arbeiten die Unterrichtenden im Fach Gitarre) einen optimalen Zugang eröffnet. Konzerte/ zusammen? Studioproduktionen u.a. mit: HT: Die Kooperation zwischen den Gitarristen am GW: Rätst du unseren Studierenden ins Ausland gehen? Gina Schwarz „Jazzista“, Ulrich Drechsler “Daily ipop ist sehr gut – Schüler werden übergeben und HT: Ich denke, das muss jeder selbst entscheiden. Mysteries“, Funkstörung, Harriet Quartet, Red übernommen. Ein Lehrerwechsel bei Praktikum- Ich habe mir größtenteils alles selber erarbeitet, und Holloway, Richard Oesterreicher, Oliver Steger‘s Studierenden ist selbstverständlich möglich und sinn- das war der richtige Weg für mich. Aber es gibt frei- Jakob-Pocket-Band, Tina Zormandan, Willi Quarda, voll, um andere Sichtweisen und Spielstile kennenzu- lich auch andere. Wenn also jemand unbedingt im Berl Mayer, Martin Fuss Trio, Sharon Anegg, Jeff lernen. Ausland studieren möchte, soll er das tun, und dabei Boudreaux ... ein Angebot aufspüren und wahrnehmen, das er hier GW: Was möchtest du den Studierenden auf den in Wien in dieser Form nicht bekommen kann. Dann Heimo Trixner ist Mitglied Zukunftsweg mitgeben? macht es für mich Sinn. Ich kenne einige Leute denen folgender Ensembles HT: Ich möchte unsere AbsolventInnen soweit brin- es sehr viel gebracht hat. Ein Auslandsaufenthalt (Auswahl): gen, dass sie sich in der Musik, die sie mögen, gut kann kulturell, persönlichkeits- und netzwerktech- > „Jazzista“ von Bassistin Gina Schwarz – CD bewegen können. Dazu muss man natürlich alleine nisch ein großer Gewinn sein. Festhalten möchte ich „Jazzista“ erschien im März 2013, Unit Records, üben, aber vor allem auch gemeinsam in verschieden- aber: Es gibt extrem gutes Material im Internet, das www.ginaschwarz.com sten Konstellationen und Ensembles üben – das ist man jederzeit aufspüren und nützen kann ... > Martin Fuss Trio (Martin Fuss, Hannes Strasser, entscheidend, das muss man sich organisieren und die Heimo Trixner), www.martinfuss.com Zeit dafür nehmen. Daneben sollen Musikstudierende GW: Muss man als Musikschaffender in die Hochburgen > W illi Quarda Works Bücher über Improvisation, Harmonielehre und vieles der jeweiligen Musik gehen, um erfolgreich zu werden, > Harriet Quartet, www.harriet.at mehr lesen. Wo der berufliche Schwerpunkt ent- also für Jazz nach New York, für World Music nach > T ina Zormandan & Band, www.tinazormandan.at steht, das zeigt sich dann schon. Pädagogen, die ihre London, für Rock/Pop nach Los Angeles, für Country > W iener Feierwehr, www.wiener-feierwehr.at SchülerInnen begeistern und motivieren können, sind nach Nashville etc.? > E inspielungen von Beilage-CDs in Kinder- extrem wichtig. HT: Ob man woanders dann Erfolg haben wird, kann Musikbüchern (Annette Betz Verlag) man vorher nicht wissen, lernen kann man sicherlich GW: Ist der Markt für unsere gut ausgebildeten einiges. Man kann diese Musikrichtungen natürlich AbsolventInnen da? Wo liegen die Perspektiven? überall auf der Welt spielen. Interessant ist viel mehr HT: Ausschließlich künstlerisch zu arbeiten, ist natür- die Beziehung der örtlichen Lebensbedingungen und lich schwierig. Die Möglichkeiten und Bezahlungen des Lebensstils auf die Musik. Warum klingt z.B. am freien Markt sind mittlerweile gering geworden. die Musik von den Crusaders so entspannt und Viele gute Musiker sind froh, auch unterrichten zu authentisch? Warum ist der Motown-Stil gerade in können. Durch meine Unterrichtstätigkeit am ipop, Detroit entstanden, welche Einflüsse fließen durch kann ich künstlerische Projekte auswählen, und die MusikerInnen in eine bestimmte Musik? Solche annehmen, die mir Spaß machen. Phänomene vor Ort zu erforschen, ist sicherlich inter- essant und lohnend. GW: Hat sich deiner Meinung nach der Musikmarkt ver- ändert? GW: Dein Schlusswort? HT: Besser ist es definitiv nicht geworden. Mir HT: Improvisation ist ein weiter und langer Weg, den passiert es immer wieder, dass Leute auf meine man ein Leben lang beschreiten kann ... Üm,üm,üm Konzerte kommen, die Band zum ersten Mal hören :-) Und sonst – gibt es noch et- Fazit: Alles hängt zusammen – der Weg zur Solidarität was neben Recorded und Live lässt sich nicht abkürzen. Insofern wäre es sinnvoll, Musikmarkt? heute solidarisch voranzuschreiten und nicht morgen. 49

Quo vadis - o : ar ch iv wildner t Wer nicht unmittelbar mit den Verkäufen seiner auf- Die aktuelle Diskussion um die Festplattenabgabe in Fo genommenen Musikwerke und dem Ticketverkauf Österreich zeigt, wie schwierig sich dieser Prozess im seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, versucht, sei- Dickicht der Interessenskonflikte gestaltet. Musikbranche, ne Musik zu lizenzieren: in die Werbung, in Filme, in Games, in Online-Nutzungen, Telefonwarteschleifen > Günther Wildner > uvm. Das versuchen nur mittlerweile ganz viele Geboren 1971, lebt und arbeitet in Entertainmentbusiness, KünstlerInnen und ihre Verwerter, und wer kei- Wien. Studierte Musikwissenschaften nen Namen hat, muss die Lizenz für nichts, also und Kulturmanagement. Gründer und Promotion, hergeben. Die Rolling Stones erreichen Geschäftsführer der Musikbusiness- hingegen marktübliche Preise – das Superstarprinzip Dienstleistungsagentur Wildner Wissensgesellschaft, schlägt also auch hier gnadenlos zu. Music und des Musikverlags Wildner Music Publishing. Weiters: Generalsekretär des Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Die gibt es nicht Österreichischen Musikrats, Vorstandsmitglieder der Kreativwirtschaft? und gab es nie. Das Prinzip Gerechtigkeit konn- Musikergilde und des Kulturrat Österreich. te und kann nicht über die Kreativbranchen und Am Institut für Popularmusik hält er die ihre Verwertung gelegt werden – man begegnet Lehrveranstaltungen „Musikwirtschaft 2“, Ein Pädoyer für Solidarität – kreativen Produkten mit persönlichem Geschmack „Exkursionen zur Musikwirtschaft“ und „Praktikum gesamtgesellschaftlich und in Sachen Musik und subjektiver Wahrnehmung. Markt, Medien und Musikwirtschaft“ Publikum fungieren als Filter und Regulative. Gewisse www.wildnermusic.com > Im folgenden Text mache ich mir Gedanken zur Ist der Sieg der Verfügbarkeit über den Besitz wirklich Infrastrukturen und Spielregeln muss und soll es aber Monetarisierung kreativer Arbeit im Allgemeinen so schick, wie allerortens angepriesen? Im Klartext: geben, z.B. faire Grundlagen zur Erwirtschaftung von und zur Zukunft der Musikverwertung im Speziellen. Die Recorded Music hat sich im Vergleich zu ih- Erträgen aus kreativer Leistung – womit wir beim rer Hochblüte halbiert, der Switch vom physischen Thema Urheberrecht sind. Dieses ist die Basis für Dazu ein kurzer subjektiver Blick zum digitalen Produkt scheint nicht angetan, eine die Monetarisierung geistiger Schöpfungen und die auf die Musikbranche: Rückgewinnung von Wert, Würde und Relevanz der Profession des Kreativarbeiters. Urheberrechte sollen Im Bereich der Recorded Music schlägt die allgemeine Musik und ihrer Vermittlung zu initiieren. also nicht im Sinne einer Geiz-Ist-Geil-Mentalität auf- Entwertung der Musik am schmerzvollsten zu. Das geweicht werden, sondern vielmehr in den vielfältigen einst politische Orientierung, gesellschaftlichen Status Der Live-Bereich ist nicht so wie er scheint bzw. digitalen Verwertungen anwend- und einklagbar sein. und soziale Zugehörigkeit gebende Überlebensmittel medial dargestellt wird. In der allgemein her- Will man lebenswichtige Branchen und Träger der Musik ist in hohem Maße zu einem viel zu oft gratis beigeschriebenen Wahrnehmung boomt das zukünftigen Gesellschaft auf Sand bauen, dann bohrt Live-Geschäft. Das ist aber nur die Spitze des man Löcher ins Urheberrecht, will man jedoch die In der allgemein herbeigeschrie- Eisbergs. Schön und gut, dass die Stadion- und Wissen/Entertainment/Kreativbranchen überlebensfä- Großhallen-Acts ihre sinkenden CD-Verkäufe im hig und zukunftssicher machen, dann passt man das benen Wahrnehmung boomt das Livebereich unter Zuhilfenahme teilweise horrender Urheberrecht an das digitale Zeitalter an. Live-Geschäft. Das ist aber nur die Eintrittspreise wettmachen können - nur was ist mit der großen Masse, dem Rest der Musikschaffenden? Dafür braucht es eine gesamtgesellschaftliche Spitze des Eisbergs. Die spielen auf Eintritt in Kleinstlocations ohne Solidarität, die auszubauen ist. Auf dem Weg dahin )Medienunterstützung vor einer Hand voll Leuten, wird es der Politik nicht erspart bleiben, die legisti- aufgedrängten Beiwerk unseres multi-entertainten denen der einstellige Musikbeitrag noch zu hoch schen Maßnahmen entsprechend zu setzen. Parallel und over-informten Lebens geworden. Zwar ver- erscheint. Gleichzeitig verzerrt die bitter gebrauch- muss jeder einzelne seine Solidarität beweisen und mittelt Musik auch heute noch teilweise Identitäten, te und selbstverständlich gut zu heißende und Leistungen vergüten, die er/sie möglicherweise auch jedoch werden diese rascher getauscht, umcodiert einzufordernde öffentliche Kulturförderung die gratis konsumieren könnte. Dazu gehört u.a., dass und vergessen als früher. Haptisches Musiksammeln Marktgerechtigkeit im Live-Business: Denken wir ein Musik-Produzierender seine Recording Software verliert gegen die Cloud, die durch ihre sofortige nur an die breite musikalische Vielfalt von der legal erwirbt und bezahlt. Das wiederum wird nur Verfügbarkeit zwar beeindruckt, deren Inhalte dem zeitgenössischen E-Musik bis zum Musical, von dann funktionieren, wenn er für seine Arbeit entspre- User aber vielfach gar nicht (mehr) im vollen Ausmaß der Oper bis zum Jazz, von der Operette bis zum chend entlohnt wird, wenn Konsumenten jene Musik, erinnerlich sind. Schlager. die sie hören bzw. besitzen möchten, bezahlen etc. Hofer, Dominik: Rock und Politik - anhand ausgewählter Chen, Wei: Hui-Mei Chang. Leben und Werk einer Pop- Beispiele. Sängerin aus Taiwan. Dissertationen, Diplom- Iwata, Yukiko: Die Entwicklung der Popularmusik auf Enzendorfer, David: Art Tatum. 51 Okinawa. Gert, Silke: Children of Sánchez. Kao, Chia-Chun: Tropicalismo. Ein Konzept der Gospodinov, Lubomir: Entwicklung der bulgarischen brasilianischen Musik. Jazz- und Popmusik. & Masterarbeiten, Lahner, Klaus: Kuba. Die Entwicklung der Tonträger- Huizi, Han: Eine Kurzdarstellung über die drei Stadien der industrie von den Anfängen bis zum Buena Vista nationalen Entwicklung der chinesischen Populärmusik. > Social Club. Höller, Kerstin: Faltenradio. Lahner, Klaus: John Coltrane. Sein Leben unter be- Juranitsch, Daniela: Gospelmusik. Bakkalaureatsarbeiten sonderer Berücksichtigung seines Spätwerks „A Love Klavacs, Julia: Der Sound von E.S.T. Eine Annäherung an Supreme“. die klanglichen Besonderheiten der Band ... Lee, Hye-Won: Hip Hop in Korea. Klavacs, Julia: Georg Riedel und der Jazz in Schweden. im Bereich Popularmusik Moser, Michaela: Bossa Nova. Koller, Barbara: David Blabensteiner - ein neuer Stern Mrazek, Mario: Imageanalyse von Erykah Badu. am Austropop-Himmel? Novotny, Stefanie: Deutsche a capella Musik aus zwei Kordik, Rastislav: Jazz-Patterns. Geschichte, Analyse und Blickwinkeln. Comedian Harmonists und Wise Guys. Bedeutung im Jazz-Unterricht. > Betreut von Harald Huber (ipop) Rhythm & Blues und Rock‘n‘Roll. Paulitsch, Stefan: Red Hot Chili Peppers. Das Album Kordik, Rastislav: Nicht alle lieben den Blues. B.B. King Paraskevopoulos, Villy: „Nordic Sounds“ im Jazz am „Blood Sugar Sex Magic“. als Gast in der Cosby Show. DIPLOM- UND MASTERARBEITEN Beispiel von Dänemark, Schweden und Norwegen. Paulitsch, Stefan: Fender. Einzigartig und doch Millionen Käfer, Thomas: Philly Joe Jones. Zum Personalstil des Wagner, Josef: Die Bassisten des Bill Evans Trios im stili- mal kopiert. Jazzschlagzeugers am Beispiel von „Billy Boy“. 2011 stischen Vergleich. Pena Comas, Nicole: Juan Luis Guerra Und „La llave de Lacina, Valentin: Mark Oliver Everett und die EELS. Holter, Martin: Moderne Computertechnologien im mi corazón“. Lin, Yu-Hsuan: Jay Chou. Musikunterricht. BAKKALAUREATSARBEITEN Riel, Anita: Dixie Chicks. Zwischen Erfolg und Verfolgung. Loreck, David: Videospielmusik. Einflüsse, Hong, Lei-Ying: Jay Chou. Werke und Wirkung des taiwa- Rosker, Primoz: A Love Supreme. Gemeinsamkeiten mit-, und Eigendefinition in der nesischen Popstars. 2011 Rosner, Wilibald: Die Geschichte des Schilfrohrs oder Ein Populärkultur im allgemeinen, mit Vorstellung zweier Lamm, Christian: Joshua Redman. Analysen des Aichberger, Maria: From Motown to the Austrian Beispiel der Fusion westlicher Popmusik mit den musika- Subkulturen, und der Beschreibung Personalstils anhand ausgewählter Titel der Band Mountain. Ein Portrait der Musiker Leroy Emmanuel und lischen Traditionen des Sufismus. interaktiver Spielmusik anhand eines Beispiels. „Joshua Redman Elastic Band“. Mary Lamaro. Scherr, Dominik: Die Oboe in der Popularmusik. Löwenstein, Alexander: Ein Überblick über John Zorns Lidauer, Rainer: Extreme Metal. Aichberger, Maria: Die Polarität zwischen den Menchen Shinjo, Yuki: Charakteristika und Tendenz der okinawani- Schaffenswerk als Komponist und Müller, Andreas: Die Songs von Oasis. Melodieanalyse im Hinblick auf Atmung, Stimme und Wesen: solar – lunar. schen Populärmusik in der Gegenwart. Musiker, sowie eine nähere Beleuchtung seines am Beispiel des Albums „(What‘s the Story) Morning Allacher, Georg: 2 Personen-Bands am Beispiel der Stöger, Florian: E-Beats und die Umsetzung am akusti- Impovisationskonzeptes Cobra. Glory?“. White Stripes und der Dresden Dolls. schen Drumset. Pamer, Doris: Saxofour. Rehn, Bernhard: Marc Ribot. Stilanalyse eines Bogner, Magdalena: Yaron Herman. Ein außergewöhnli- Stöger, Florian: Brass Bands in New Orleans. Pamer, Doris: Cantautori della nuova generazione Avantgarde-Gitarristen anhand seiner Interpretation ku- cher Jazz-Pianist. Wiesmayr, Bernold: Die Geschichte des „Funk“. Simone Cristicchi banischer Musik. Braun, Patrick: „Hi Kids! Do you like violence?“ Image Xiao, Yichen: Filmmusik am Beispiel von „My Blueberry Pöchmüller, Severin: Entwicklungsgeschichte des Hang. Scheed, Michael: Harri Stojka. Der Personalstil des und Glaubwürdigkeit am Beispiel der frühen Karriere Nights“. Rudelstorfer, Kathrin: „Soul“. österreichischen Gitarristen anhand des Albums „A Eminems. Zieser, Stefanie: Extreme. Leben und Werk. Schevtsova, Olga: Mylene Framer (sic!). „Je te rends ton Tribute To Swing“. Brejnikow, Maja: Ray Charles. Leben und Werk. amour“. Wolfger, Christian: Filmkomposition anhand ausge- Darnhofer, Oliver: R.E.M. Accelerate, Supernatural 2012 Schmid, Eva-Maria: Ella Fitzgerald und die Kunst des wählter Beispiele der Komponisten John Williams und Superserious. Auzinger, Anna Magdalena: Hot Pants Road Club. Scat-Gesangs. Howard Shore. Demattio, Sophie: Das John Butler Trio. Entstehung einer „funky groove-machine“. Schöbinger, Karoline: Die virtuellen Chorprojekte von Djawadi, Navid: Tom Waits. Leben und Schaffen bis 1983. Auzinger, Christian: Synthesizer. Eric Withacre. 2012 Dzelil, Alma: Die Jazz-Querflöte. Herbie Mann. Binder, Otmar: Oscar Peterson - Bill Charlap – Fred Teper, Maria Teresa: Robert Dick. „Lookout“ und neue Aichner, Bernhard: Nikolai Kapustin. Eldem, Zeynep Büsra: Cem Karaca. Seine musikalische Hersch. Drei Pianisten als Begleiter von Spieltechniken der Querflöte. Giovanetti, Ignacio: Ciro Perez. Ein Gitarrist der Karriere und die Entwicklung des Anatolien-Rock. Sängerinnen. Vinatzer, Eva: Hammond-Orgel. Tango-Tradition. Haslinger, Karin: Astor Piazolla und der Tango. Bleckenwegner, Wolfgang: Primus. Analyse der Band Visokomogilski, Aleksandar: Die modernen „Guitar Klein, Martin: Werner Pirchner. Grenzgänger der Hierzberger, Thomas: Nu-Metal. Erläutrung eines anhand des Liedes und Musikvideos „Tommy the Cat“. Heroes“ - Joe Satriani, Steve Vai, John Petrucci. österreichischen Musik. Sub-Genres durch den Vergleich der Bands „Limp Bizkit“ Bozek, Lionel: Jazz Goes Arabia. Ein vielfältiges Miller, Alvin: Die Entwicklung des Saxophonstils im und „Korn“. Spektrum von tonaler zu modaler Musik und zurück. DISSERTATIONEN 2012 Filz, Richard: Rhythm Coaching. Aspekte, Methoden, Chaker, Sarah: Schwarzmetall und Todesblei. 52 Vergleich, 2012. Musikalische Praxis und juvenile Vergemeinschaftung in den Black- und Death Metal Szenen Deutschlands. A Tribute Betreut von Michael Huber Dissertation, Institut für Musik und Medien, Universität (Institut für Musiksoziologie) Oldenburg; Institut für Musiksoziologie, mdw Gröbner, Johanna: Über den Gebrauch von Musik und 2012 Geräusch im Radiofeature anhand einer konkreten To Joe Zawinul Wösch. Laura: Das Musikfestival rampenfiber als Beispiel Produktion. Masterarbeit, Institut für Musiksoziologie, < für queer-feministische Raumproduktion im kulturellen mdw Students of the Music University of – Raum. Rotschopf, Teresa: Techno in Wien – Geschichte und directed by Paul Urbanek Beschreibung einer Szene. Diplomarbeit, Institut für Betreut von Peter Tschmuck Soziologie, Universität Wien > CD „A Tribute to Joe Zawinul“ Recorded by Rudi Mille at ipop- Robert Puhr, Tuba (Institut für Kulturmanagement) Students of the Music University of Studio, Matthias Werner, Posaune Vienna - directed by Paul Urbanek Music University of Vienna Thomas Winalek, Posaune 2012 Mix, Master, Keyboard Overdubs: Paul Simon Zöchbauer, Trompete, Zither, Kienberger, Stefan (Diplomarbeit): Empirische Tracklisting: Urbanek Vocals Untersuchung zur Vergabepraxis von Förderungen öster- 1_Badia/Boogie Woogie Waltz Produced 2012, Vienna http://ipop.at/ > DUO PUSCHNIG/ASATRIAN reichischer Tonträgerproduktionen 2_No Mercy For Me Wolfgang Puschnig, Saxophone Klembas, Robert (Dissertation): A&R Management im 3_Palladium > Im Rahmen von 10 jahre ipop Karen Asatrian, Piano digitalen Paradigmenwechsel 4_Shadow And Light präsentierte sich das Institut vielfältig > INCOGNITO Kunz, Florian (Diplomarbeit): Der wirtschaftliche Erfolg 5_Corner Pocket mit folgenden Ensembles beim Peter Legat, Guitar österreichischer Dialektpopmusik am heimischen 6_Black Water JOE ZAWINUL DAY Robert Schönherr, Keyboards Musikmarkt 7_Orient Express 2. Juni 2012, Gasometer, Wien Martin Fuss, Saxophone Sigmund, Martin (Dissertation): Komponieren für Events. 8_No Mercy-Remix by Paul Urbanek Robert Riegler, Bass Besondere Bedingungen für die Produktion, Präsentation In A Silent Way Group (Studierende Mario Gonzi, Drums und Rezeption von Auftragswerken zeitgenössischer All Songs composed by Joe Zawinul, des ipop unter der Leitung von > DEEP FOREST Musik except Nr.3: Palladium – by Wayne Burkhard Stangl) > THE SYNDICATE Yezbek, Paulus (Bakk.-Arbeit): Welche Auswirkungen hat Shorter Duo Puschnig/Asatrian (Wolfgang die Kommerzialisierung der elektronischen Musik auf Lyrics of Black Water by Gerald Puschnig, Karen Asatrian) dem internationalen Musikmarkt? Veasley Incognito (Peter Legat und Martin Lyrics of No Mercy by D.B. Oliver Fuss u.a.) Betreut von Alfred Smudits Lyrics of Shadow and Light (Institut für Musiksoziologie) by R. Page and J. Lang Line Up: > IN A SILENT WAY-GROUP 2011 Rainer Lidauer – drums Simon Zöchbauer, Trompete Binder, David: Musikalische ‚Allesfresserei‘ in Österreich? Simon Vock – perc Paul Gritsch, Sopransaxophon Eine Analyse der Bedeutung und Einflussfaktoren des Beate Wiesinger – bass (3, 5, 7) Leo Skorupa, Keyboard, soziologischen Konzepts ‚Omnivorousness‘.Diplomarbeit, Paul Schreitl – bass (1, 2, 4, 6, 8) Bassklarinette Institut für Soziologie, Universität Wien Peter Schroll – git Villy Paraskevopoulos, Keyboard Neugschwentner, Martina: Die Gestaltung von Johannes Peham – keyb Vifei Bi, Keyboards Kinderfernsehwerbung. Diplomarbeit, Institut für Daniel Weber – as Lukas Krenn, E-Gitarrre Soziologie, Universität Wien 2011 Markus Osztovics – ts Alexander Hofmayr, Kontra- und E- Wurst, Evelyn: Der Blues und die gesellschaftliche Lage Markus Pagitsch – bs Bass der AfroamerikanerInnen in den USA. Eine Untersuchung Elisabeth Leitner, Steffi Pitsch, Julia Maria Leubolt, Kontra- und E-Bass über die Widerspiegelung der gesellschaftlichen Lage der Radschiner – voc (2, 7) Caterina Priemer, Drums US-AfroamerikanerInnen im Blues. Diplomarbeit, Institut Nina Braith, Karin Ziegelwanger, > FEDERSPIEL für Soziologie, Universität Wien Chris Kisielewsky – voc (6) Frédéric Alvarado-Dupuy, Klarinette Nina Braith – voc (4) Philip Haas, Trompete Ayac Iuan Jiménez Salvador, Trompete Zwischen Mozart und 55 aUstrian report on Lady GaGa: kein Platz für MUsical diversity Österreichischer Bericht >musikalische Vielfalt in zUr vielfalt der MUsik 2000 - 2010 Österreich? stUdie iM rahMen des prograMMs „kUltUr:wissen:vision“ Eine Studie der Wiener Musikuniversität beweist: Das klas- sische Erbe dominiert nach wie vor die Fördertöpfe und die Tourismuswerbung, die internationale Popmusik beherrscht die Rundfunkprogramme und den Musikmarkt. Für die krea- Klassik/ art tive Vielfalt des Landes bleiben nur marginale Restposten. zeitgenössische Musik

> Die Studie „Austrian Report on Musical Diversity“ reichischer MusikerInnen bei Großereignissen, ande- Jazz/ improvisierte von Prof. Dr. Harald Huber und Mag. Dr. Lisa rerseits aber insgesamt ein recht einrucksvolles Angebot Musik Leitich (Institut für Popularmusik) zeigt Fakten der - im Durchschnitt über 600 Musikveranstaltungen täg- Entwicklung der Musik in Österreich seit dem Jahr lich in Österreich. Auch die Bildung zeigt mittlerweile Volksmusik/ Magazin des instituts für popularMusik Folk & World 2000 auf: Rund 80% der Tourismuswerbung und etwas größere Aufgeschlossenheit bezüglich musikali- Universität für MUsik Und darstellende kUnst wien fast 95% der Bundessubventionen beziehen sich auf scher Vielfalt, vor allem in den Musikschulen. Daten „Klassik und traditionelles Musiktheater-Repertoire“. aus dem Bereich der Publikumsforschung beweisen, Dance/ HipHop/Elektronik In den Radioprogrammen und am Musikmarkt domi- dass diese Haltung durchaus auch in der Bevölkerung niert „internationale Rock- & Popmusik“: im ORF mehrheitlich anzutreffen ist. Daher ist die margina- Rock & Pop Radio mit über 50% Sendeanteil, bei den Alben in le Unterstützung und mediale Aufmerksamkeit, die Musik den „Austria Top 75“ Jahrescharts mit rund 80% der hierzulande Musikschaffenden in den Bereichen Neue

Platzierungen. Musik, Jazz, Volksmusik, World Music, Dance oder Schlager/ Pop/Rock zuteil wird, nicht länger hinzunehmen. volkstümliche Musik Demgegenüber müssen sich österreichische Musi- Dies bezieht sich auch auf Chöre, Blaskapellen und pop kerinnen und Musiker aller Sparten (zeitgenössische KomponistInnen von Filmmusik. Im Stilfeld Schlager/ „E-Musik“, Jazz/improvisierte Musik, Volksmusik volkstümliche Musik gibt es wenigstens teilweise und World Music, Dance/HipHop/Elektronik, Markterfolge. Rock/Pop, Schlager/volkstümliche Musik) mit 5,5 % der Bundessubventionen, marginaler Präsenz in Weit weg ist Österreich von den Milleniumszielen der Österreich Werbung, unter 25% Sendeanteil im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und projektMitarBeiterin: dr. lisa leitich im öffentlich-rechtlichen Radio (Kompositionen + im Kulturaustausch mit Ländern nicht-westlicher projektleitUng: ao. Univ.-prof. dr. harald hUBer Interpretationen + Produktionen) und 17,5% Markt- Regionen. Noch immer gibt es international keine wien, jUni 2012 anteil bei Alben begnügen. humanen Visa-Lösungen für MusikerInnen aus diesen Staaten, noch immer überwiegen die Schikanen. Die Studie untersuchte die Lage der Vielfalt der Dies entspricht insgesamt nicht der 2007 vom Musik in neun Dimensionen: Österreich allgemein Österreichischen Nationalrat ratifizierten „UNESCO > Univ.-Prof. Dr. Harald Huber > Mag. Dr. Lisa Leitich (Bevölkerungsentwicklung, ...), Stilfelder (musika- Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt Projektleitung Wissenschaftliche Mitarbeiterin am lisch-stilistische Entwicklung), Bildung, Förderung, kultureller Ausdruckformen“! Eine konzertierte Aktion Leiter des wissenschaftlichen Bereichs des Instituts Institut für Popularmusik der Veranstaltungen, Markt, Medien, Entwicklungs- interministerieller Zusammenarbeit (bm:ukk, bm:wfj, für Popularmusik der Universität für Musik und dar- Universität für Musik und zusammenarbeit, Forschung. bm:eia, bm:j, ...) wäre – wie in anderen Staaten bereits stellende Kunst Wien darstellende Kunst Wien Im „Live“-Sektor gibt es zwar Benachteiligungen öster- verwirklicht - das Gebot der Stunde! Präsident des Österreichischen Musikrats Jugendkultur.7 Paul Willis demonstrierte sehr früh, wie ren ›Fluchtraum‹ im Alltag zu konstituieren. Mehr ein Stil das Wertesystem der Jugendkultur ausdrückt, Potential als das erträglich machen des Alltags sieht Zur gesellschaftlichen und dass die Musik darin ein wesentliches Element ist. er allerdings nicht. Die Dichotomien ›Mainstream vs. 57 So passte der laute und schnelle Rock’n’roll gut zur Underground‹ und ›authentisch vs. kommerziell‹ sind maskulinen Körperlichkeit der Motorrad-Gangs, die nach dieser Sichtweise obsolet.9 Simon Frith meldete balladenhafte, nicht-aggressive, verträumte, weltfrem- schon in den frühen 1980er Jahren starke Zweifel an Notwendigkeit des de psychedelic music zu den Hippies. Die einen wollten der gesellschaftlichen Sprengkraft von Jugendkulturen lieber aus kurzfristigem Impuls und Bewegungsdrang an: »Das wahre Wesen der Jugendkultur besteht dar- > zu rhythmusbetonten Stücken tanzen, die anderen in, dass die Jugendlichen die Probleme ihrer Arbeit, lieber konzentriert, kontemplativ Konzeptalben hö- ›Austropop‹ im Österreich ren und die Bedeutung der Texte verstehen. Aus den Musikpräferenzen kann man demnach das Rockmusik hilft also, über das 1 Wertesystem und die Abgrenzungsbemühungen einer Erleben von Lust und Vergnügen Jugendkultur ablesen. Die Gruppenidentität ergibt der 1970er Jahre sich auch aus der Bedeutung, mit der sie ›ihre‹ Musik einen imaginären „Fluchtraum“ Von Michael Huber versieht, die Aussage, die sie ›ihrer‹ Musik zuschreibt. im Alltag zu konstituieren Nachkommende Forschergenerationen kritisierten dann die Überbewertung von Subkulturen in der( > Im Jahr des hundertsten Geburtstags von Bruno mit ihrem Dogma, die Bedeutung einer Musik aus ihr Frühzeit der Cultural Studies. Tatsächlich wurde der ihrer Familie und ihrer Zukunft auf ihre freie Zeit Kreisky, der dominanten Persönlichkeit der 1970er selbst zu erklären. Da kamen also diese jungen Linken überwiegende Teil der Jugendlichen (die »Normalos«) verlagern«.10 Wer in den etablierten gesellschaftli- 1_Dieser Text erschien Jahre in Österreich, herrscht »in Fachkreisen« keine und erklärten: a) Die Bedeutungspotentiale eines kul- anfangs völlig außer Acht gelassen. Zudem ist die chen Sphären von Entscheidungen ausgeschlossen (in leicht veränderter Form) zuerst als: Der Einigkeit darüber, was tatsächlich unter ›Austropop‹ turellen Textes (also auch: von Musik) ließen sich nur Dichotomie ›authentische Subkultur vs. kommerzi- sei, generiere seine Identität also im Freizeitleben, 2 „Austropop“ und die zu verstehen sei . Die Protagonisten der aktuell auf- semiotisch erschließen, die Verwendungsweisen nur eller Mainstream‹ ein idealtypisches Verhältnis, das werde »Teil einer Jugendbewegung«, wie es die 5_Stuart Hall, Stuart Entstehung einer öster- blühenden Szene junger, rebellischer, österreichischer ethnographisch; b) Strukturanalyse erkläre gar nichts, in der Realität so nicht vorkommt. Namentlich John Musikgruppe Tocotronic einmal formuliert hat. u. Paddy Whannel, The reichischen Jugendkultur Gitarrenmusik sehen sich in der Regel nicht in dieser »the music’s meanings are somehow arbitrary in their Fiske betrieb dann eine offensive Fokusverschiebung, Wirkliche Lösungen für schneidende Probleme wie popular arts, New York in den 1970er Jahren. In: 1995, 276. 4 Sprengnagel, Gerald M. Tradition stehend. Die Vorstellung, dass diese Musik relationship to music’s sounds«. weg von den Subkulturen hin zu wirklich massen- z.B. die Arbeitslosigkeit schafft das freilich nicht. Ihre 6_Paul E. Willis, Profane / Perzi, Niklas / Stehlík, einmal Rebellion symbolisiert hat, fällt schwer, an- Die Bedeutung der Musik hängt demnach immer kulturellen Phänomenen. Aber auch bei ihm steht ganze politische Kraft liegt darin zu demonstrieren, Culture. Rocker, Hippies, Michal gesichts der müden Harmlosigkeit, die heute ihre vom jeweiligen soziokulturellen und historischen das politische Potential der Musik im Zentrum der dass es Alternativen zur Dominanzkultur gibt. An an- subversive Stile der (Hg.): Die Ära Kreisky Jugendkultur, Frankfurt in Österreich und die frühen Protagonisten verkörpern. Im Folgenden soll Kontext ab, innerhalb dessen die Rezeption statt- Aufmerksamkeit. Er sagt: Kulturelle Konsumgüter derer Stelle bestreitet Frith die Ur-These der Cultural am Main 1981, 208. Normalisierungsperiode diskutiert werden, welche Rolle populäre Musik findet. Die zweite Fundamentalkritik richtete sich sollen natürlich Gewinn produzieren, sie produzieren Studies, dass eine bestimmte Musik Ausdruck einer 7_John Clarke, Stil, in: in der CSSR. Politik und als Ausdruck von Jugendprotest spielen kann, und gegen die Massenkulturthese der kritischen Theorie aber auch Bedeutungen. Und welche Bedeutungen ein bestimmten Gemeinschaft sei. Es sei eher so, dass ders. u.a., Jugendkultur Kultur. Wien: Lit-Verlag als Widerstand. Milieus, 2013. wie sich so die Entstehung und Popularisierung des Frankfurter Schule mit ihrem Bild der Rezipienten po- Kulturgut für welche Rezipienten bekommen kann, die Musik die Gruppenidentität erst schaffe. Eine Rituale, Provokationen, 2_Das zeigte sich u.a. Austropop erklären lässt. pulärer Musik als passive und manipulierte Opfer der das lässt sich kaum vorhersagen und schwer steuern. Gruppe konstituiere sich durch kulturelle Aktivitäten, Frankfurt am Main deutlich in der extensiven kapitalistischen Kulturindustrie. Dazu hieß es jetzt: Die Kulturindustrie kann zwar die ›Texte‹ liefern, durch ästhetische Urteile. »In der musikalischen 1979, 105 f. 8_Vgl. John Fiske, Video-Dokumentation Identitätsstiftung durch populäre Musik Die Rezeption von Popmusik als Spiegel vorhande- aber wie diese gelesen werden, das liegt nicht in ihrer Praxis drücken sich keine Ideen aus, sie stellt eine „Weltberühmt in Lesarten des 11 Österreich – 50 Jahre Auf der Suche nach wissenschaftlicher Erklärung von ner Einstellungen und Befindlichkeiten stelle für die Hand. Durchgespielt hat er diese Idee am Beispiel des Möglichkeit her, diese Ideen zu leben«. Populären, Wien 2000. Austropop“, in der fast identity construction über Popkultur stößt man rasch Jugend eine Möglichkeit des Persönlichkeitsausdrucks Popstars Madonna, indem er Alternativen zur bis Welchen dieser Argumente man auch folgen mag, 9_Vgl. Lawrence alle Musiker/innen dem auf die Forschungstradition der Cultural Studies, (self expression)5 dar. In empirischen Untersuchungen dahin dominanten Lesart als Repräsentantin einer pa- es findet sich in jedem Fall im Ideengebäude der Grossberg, What’s going Austropop zugerechnet on? Cultural Studies wurden, die jenseits des die dazu seit den 1950er Jahren unterschiedliche identifizierte man bei gesellschaftlich Ausgegrenzten triarchalischen und sexistischen Unterhaltungskultur Cultural Studies ein gutes Handwerkszeug, um dem und Popularkultur, volkstümlichen Erklärungsansätze und Positionierungen entwickelt eine ›profane‹ Energie, Produkte der kapitalistischen identifizierte.8 Identifikationspotential des Austropop für die öster- Wien 2000. Schlagers irgendwann hat. Als Ausgangspunkt diente ihr das Konzept Kulturindustrie für ihre Zwecke zu adaptieren und In der jüngeren Entwicklung thematisierte auch reichische Jugend der 1970er Jahre auf den Grund 10_Simon Frith, einmal mit populärer 3 6 Jugendkultur und Musik in Österreich auf- der Polysemie von Roland Barthes , das als eine kreativ weiterzuentwickeln. Lawrence Grossberg die alltägliche Bedeutung der zu gehen. Dabei muss bewusst sein, dass hier die Rockmusik. Soziologie fällig geworden sind, von Weiterentwicklung des strukturalistischen Ansatzes Die Cultural Studies gehen also davon aus, dass Popmusik für die Rezipienten, konkret die Frage, was Gefahr besteht, Musik ausschließlich aus ihren kul- der englischen Helmut Qualtinger bis zu betrachten ist. Die zentrale Frage in diesem Jugendliche bestimmter Klassen gemeinsame gesell- Musikhören bewirkt, welche Affekte es freisetzt. Er turellen Rahmenbedingungen zu erklären und den Musikszene, Reinbek Kruder & Dorfmeister. Zusammenhang lautet: Welche Bedeutung hat ein schaftliche Erfahrungen haben, die in der Art, wie bezeichnet Rockmusik als ›Apparat‹, der Stimmungen subversiven Charakter populärer Musik romantisch 1981, 231. 3_Vgl. Roland Barthes, 11_Simon Frith, Musik Mythen des Alltags, bestimmter kultureller ›Text‹ für eine bestimmte sie ihre Freizeit gestalten, zum Ausdruck kommen. und Leidenschaften herstellt. Die Musik hat demnach zu verklären. Diese Untiefen sollen umschifft werden. und Identität, in: Jan Frankfurt am Main 1964. Gruppe von Menschen innerhalb eines bestimmten Das produktive, kreative Rezipieren von Kultur wird das Potential, die Menschen aus ihrem langweiligen, Engelmann, Hg., Die 4_John Shepherd u. soziokulturellen Kontextes. Heute klingt das wenig hier als Form der Gesellschaftskritik gesehen. Es zeigt vorhersehbaren, geregelten, der Ordnung entspre- Der Austropop als Symptom kleinen Unterschiede. Peter Wicke, Music Der Cultural Studies- and Cultural Theory, aufregend, vor fünfzig Jahren war es revolutionär, sich durch »aktive Selektion und Konstruktion der chenden Alltag zu befreien. Rockmusik hilft also, über gesellschaftlichen Aufbruchs in Österreich Reader. Frankfurt am Cambridge 1997, 26. weil ein Affront der etablierten Musikwissenschaft Waren und Gegenstände zu einem Stil« der jeweiligen das Erleben von Lust und Vergnügen einen imaginä- Im Herbst 1971 erschien mit Da Hofa von Wolfgang Main 1999, 154. Ambros (Musik) und Joesi Prokopetz (Text) je- Tonträger zu gelangen.) Die erste Rezeptionsphase die dieses Volk zutage gebracht hat, herrschte der all- Schusswaffen und einem Harley Davidson-Motorrad nes Musikstück, das zumeist als erster typischer war geprägt vom Nachspielen des Repertoires be- gemeine Wunsch nach Verdrängung, nach Ablenkung posierte.19 Ihre Musik jedoch ließ Alltagsbezug, 58 Austropop-Song bezeichnet wird. Das Besondere kannter englischer und US-amerikanischer Gruppen von der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit. Rebellion und Gesellschaftskritik völlig vermissen. 59 an dieser neuen Musik war einerseits ihr neuer wie der Beatles, der Rolling Stones, der Kinks oder der In ökonomischer Hinsicht stürzte man sich in die Der sozialkritische Anspruch der Liedermacher, den 12_Es waren wohl 17_So lässt sich z.B. im tatsächlich viele, aber Umgang mit etablierten musikalischen Formen. Vor Mothers of Invention. Musikalische Eigenaktivität Zukunftsprojekte des Wiederaufbaus. In kultu- z.B. Wia a Glockn vermissen lässt, ist im frühen Repertoire des Sängers mindestens ebenso allem jedoch passierte hier etwas Unerhörtes: die der Jugend erlebte damals einen bemerkenswer- reller Hinsicht, in der Freizeitsphäre, erfolgte die Austropop ebenso essenziell wie der Sound der damals Vico Torriani nur mit viele Jugendliche kritische Thematisierung von typisch österreichi- ten Aufschwung, viele Jugendliche gründeten ihre Identifikation über surreale Wunschvorstellungen rebellischen Rock- und Folkmusik, der Einbezug von Mühe ein Titel finden, lebten im Nachkriegs- 15 der ohne Exotismen Österreich ein schen Alltagssituationen unter selbstverständlicher eigene Rockband. Die nächste Aneignungsphase einer entfernten Vergangenheit (Mozart, Strauss, Ironie und bissigem Witz aus der Kabarett-Tradition auskommt. angepasstes Leben Verwendung der (Wiener) Dialektsprache. brachte dann Eigenkreationen im Stil und nach dem die Sissy-Kinofilme) oder einer unberührten (un- ebenso wie die Abgrenzung gegen die vom Schlager 18_Kurt Luger, nach dem Vorbild ihrer Vorbild dieser Gruppen hervor. Ein Beispiel dafür schuldigen) Natur (die Heimat-Filme). Oder man verbreiteten Exotismen und Wohlfühl-Refugien. Liebling, mein Herz Eltern. Diese neue gesellschaftskritische Musik ver- wäre die legendäre Gruppe The Slaves, die stark am flüchtete in fremde Traumwelten, was vor allem im läßt Dich grüßen. 13_Siehe ausführlich Schlager als Ausdruck 17 dazu: Smudits 1995. lieh einem seit den 1960er Jahren wachsen- Sound der Rolling Stones orientiert war und 1967 Schlager intensiv ausgereizt wurde. »In den Jahren Für die (gleich jungen) Hörer und Musiker des von Zeitgeist und 14_Z.B. Die den Generationskonflikt Ausdruck, wurde zum drei Singles veröffentlichte. Karl Ratzer, der damals des Wiederaufbaus, im Österreich der fünfziger und frühen Austropop war dieser also ein gangbarer Zeitgefühl. (1992), Schmetterlinge, die Sprachrohr der unzufriedenen Jugend. In der öster- 15jährige Gitarrist der Gruppe, war nur einer von frühen sechziger Jahre, galten das Glück als schwer Weg, sich ideologisch von der Elterngeneration in: ders., Vergnügen, Milestones, Georg Zeitgeist, Kritik. Danzer und Wolfgang reichischen Nachkriegsgeneration schwelte schon vielen (Instrumental-)Musikern dieser Generation, erringbares Gut und Wärme als ein auf der anderen abzugrenzen und eine eigene kulturelle Identität Streifzüge durch die Ambros länger Unzufriedenheit mit der Nur-nicht-Auffallen- die später dann im Austropop als Studiomusiker bei Seite des Globus gelegener Zustand. Wärme und zu entwickeln. Die starke Bezugnahme auch auf populäre Kultur (Neue 15_Vgl. Irmgard Mentalität ihrer Elterngeneration. Viele waren auf Plattenproduktionen in Erscheinung treten sollten. Süden bildeten die Fluchträume zur in den Schlagern heimische Traditionen machte seine nationale Aspekte in Kultur- und Bontinck, New Patterns 18 Kommunikations- of Musical Behaviour. A der Suche nach neuen, modernen, identitätsstiftenden, Eine nicht so nahe liegende Quelle, aus der der oft beklagten ›kalten Welt‹.« Eigenheit aus und eine Positionierung jenseits der wissenschaft 13), Wien 12 survey of youth activities eigenständigen kulturellen Formen und Inhalten. Austropop schöpfen konnte, ist die österreichische Die Beziehung des Austropop zum Schlager war internationalen Popkultur möglich. Warum war 1998, 264–270, hier in 18 countries, Wien Der Austropop kam hier gerade recht.13 Kabarett-Tradition. Lieder mit Hang zur Parodie, zur eine sehr wichtige, insofern als das grundlegende diese Neupositionierung der jungen Generation, 268. 19 Waterloo & 1974. Satire, zum beißenden Untergriff sind eine langjährige Selbstvertändnis der Musiker darin bestand, in allem der Kampf um kulturelle Vorherrschaft erst in Robinson – Hollywood 16_Vgl. Roger Wallis / I Wanna Be Alone u. Krister Malm, Big Die formalästhetische ›Architektur‹ der Lieder war Wiener Tradition. In der Nachkriegszeit komponier- das direkte Gegenteil zu den ›Schlager-Heinis‹ zu sein. den 1970er Jahren erfolgreich? Die Institutionen (atom 238.053) Sounds from Small neu, sie verwies jedoch auf klar zu identifizieren- ten vor allem Georg Kreisler und Gerhard Bronner Sowohl in der Sprache, als auch in der Themenwahl des Kulturlebens waren lange Zeit fest in der 20_Die Türen People, New York 1984. de Quellen und Bezugspunkte: die Liedermacher- in diesem Sinne, kongenial interpretiert von Helmut war Austropop radikal auf den Alltag bezogen, an- Hand der alten Generation. Erst mit technischen der etablierten Tonträgerindustrie Bewegung, die angloamerikanische Beat- und Qualtinger (z.B. in Der gschupfte Ferdl). Frühe ders als der Schlager wirkte er damit jung, rebellisch, Modernisierungen begann dieses System langsam öffneten sich allerdings Rockmusik, die österreichische Kabarett-Tradition Klassiker des Austropop wie Da Hofa oder Jö schau frech, unbequem, verunsichernd. Trotz weitgehender durchlässig zu werden. Im Jahr 1967 richtete der erst später, nachdem und die Tradition des deutschen Schlagers. von beziehen sich darauf in ihrer Trennung der beiden Sphären und strikter Schlager- Österreichische Rundfunk den Popsender Ö3 ein, diese unabhängigen Low Budget- Die gesellschaftskritische Liedermacher-Bewegung Dramaturgie. Ablehnung durch die ›progressive‹ Jugend gab es im Jahr 1968 erschien erstmals die Jugendzeitschrift Produktionen erste vereinzelte Versuche eines Brückenschlags, u.a. durch Rennbahn Express, 1971 die Musikzeitschrift Hit. Erfolge auch in Lieder mit Hang zur Parodie, Die stark musikalisch geprägte Kabarett-Tradition Evamaria Kaiser, einer Rundfunkmoderatorin beim Auch tauchten jetzt die ersten Tonstudios auf, in Deutschland vorweisen der Nachkriegszeit erlebte also in den 1970er Jahren ORF und engagierten Förderin des österreichischen denen für junge Leute Plattenproduktionen mög- konnten. zur Satire, zum beißenden die bis heute anhaltende Aufspaltung in eine wort- Pop-Nachwuchses. In ihrer Sendung Show-Chance Untergriff sind eine langjährige orientierte (bald unpolitische) Kabarett-Szene und brachte sie junge Talente auf die Bühne, und so man- In der Publikumsgunst stellte eine musikorientierte (anfangs politische) Austropop- cher spätere Star konnte sich hier erstmals landesweit Wiener Tradition Szene. einem Publikum präsentieren. Auch die Jazzsängerin der Schlager hierzulande eine entstand ab Mitte der 1960er Jahre und )Ein nicht so nahe liegender Bezugspunkt des Marianne Mendt hatte hier einen bedeutenden Auftritt ebenbürtige Konkurrenz zum stand anfangs in enger Verbindung mit der inter- Austropop war in mehrerer Hinsicht die Tradition mit dem Lied Wia a Glock’n das bisweilen als erster nationalen Studentenbewegung. Das Zentrum der des deutschen Schlagers. Im Feld der heimischen Hit des Austropop bezeichnet wird, obwohl es ihm an internationalen Pop/Rock- österreichischen Liedermacherszene war das Wiener Musikproduktionen dominierte dieses Genre einem wesentlichen Element fehlt, das das Wesen des Geschehen dar Lokal Atlantis. Dort absolvierten viele Musiker, die seit dem Zweiten Weltkrieg den Tonträgermarkt (frühen) Austropop ausmachte: die Verbindung ver- später für den Austropop wichtig waren, ihre ersten und die Radioprogramme in Österreich. In der schiedener Traditionen des Kulturschaffens zu einer( lich waren.20 Ebenfalls wichtig als gemeinsames Auftritte.14 Publikumsgunst stellte der Schlager hierzulande eine eigenständigen, neuen, gesellschaftskritischen Form. Ziel und Szene-Kitt war der Kampf um bessere Die angloamerikanische Beat- und Rockmusik ebenbürtige Konkurrenz zum internationalen – in Die Wohlfühlbotschaft dieses Liedes orientiert sich Auftrittsmöglichkeiten, der in der Besetzung des kam ab Mitte der 1960er Jahre aus England nach vergleichbaren anderen Ländern überwältigenden – eher an den Hörgewohnheiten und Lebensentwürfen Wiener Inlandschlachthofes seinen Höhepunkt fand. Österreich, entweder über Massenmedien wie Radio Pop/Rock-Geschehen dar.16 Wie kam es zu diesem des traditionellen Schlager-Publikums. Erst spät konnten hier Erfolge gefeiert werden, Luxemburg, oder auf Schallplatte. (Die wenigsten der Erfolg? Der deutschsprachige Schlager stand in seiner sowohl die Kulturpolitik (namentlich der damalige damals veröffentlichten Tonträger waren im öster- inhaltlichen Ausrichtung geradezu paradigmatisch Auch das sehr erfolgreiche Sängerduo Waterloo & Wiener Bürgermeister Helmut Zilk) als auch die reichischen Einzelhandel erhältlich. Zumeist mus- für die dominierende Geisteshaltung im Nachkriegs- Robinson versuchte auf der Austropop-Welle mit Wirtschaft wirkten ab den frühen 1980er Jahren ste man persönlich ins europäische Pop-Mutterland Österreich. Nach den traumatischen Erlebnissen der zu schwimmen, oder zumindest sich jugendgerecht nachhaltig strukturfördernd (Arena, Amerlinghaus, England reisen, um in den Besitz der begehrten Nazi-Zeit, nach dem Schock der Unmenschlichkeit, zu präsentieren, indem es für ein Plattencover mit SzeneWien, Z-Club). Die Rolle des Austropop im österreichischen Austropop nach 1980 Bis in die Mitte der 1990er Jahre konnte der Musikleben Den Austropop der 1970er Jahre kann man als Phase Austropop seine Vormachtstellung gegen nachkom- 60 So wichtig diese neuen kritischen Stimmen im der De-Anglisierung der österreichischen Popmusik mende Generationen verteidigen. Aber mit zusehen- 61 österreichischen Musikleben waren, einerseits für betrachten, die dritte Aneignungsphase nach der Internationalisierung des Musikgeschäfts wurde die Herausbildung einer neuen Generation im Konsum und Imitation.22 Im Laufe des Jahrzehnts seine Relevanz immer geringer. Die mit HipHop gelang die Herausbildung eines personellen und und Techno aufgewachsene Jugend von heute kann institutionellen Beziehungsgeflechts aus Musikern, mit den ›boring old farts‹ dieser einst so rebellischen Den Austropop der 1970er Musikpresse, Rundfunk und Tonträgerindustrie, Szene in der Regel nichts mehr anfangen.24 Jahre kann man als Phase und somit auch so etwas wie eine Gruppenidentität des Austropop. Bis 1980 war ein eigenständi- > MICHAEL HUBER ger Stil, ja eine eigenständige Tradition entwic- der De-Anglisierung der ist Assoziierter Professor für kelt, die kulturelle Dominanz der alten Traditionen Musiksoziologie an der Universität österreichischen Popmusik be- gebrochen. Mit zunehmendem Alter wurde der o : A r ch iv M. H ub er

t für Musik und darstellende Kunst Austropop dann zahmer und in der Folge auch Fo trachten, die dritte Aneignungs- Wien. Studium der Soziologie und über Generationen hinweg akzeptiert. In weiterer Erziehungswissenschaften an phase nach Konsum und Imitation Folge entwickelte sich diese anfangs rebellische und der Universität Wien, 1998 abge- widerständige Form zur etablierten, eigenständigen schlossen (Diplomarbeit: Hubert von Goisern und Kulturbetrieb, andererseits für das Kanalisieren) Macht, die alles beherrschte und selbst bald von die Musikindustrie), 2006 PhD-Promotion über von so etwas ähnlichem wie Studentenprotest21 - der nachkommenden Generation kritisiert wurde.23 Kultursoziographie in Gemeinde, Stadt und Raum. die heiße Phase dieser historischen Etappe dauerte Mit der Entwicklung von Punk, New Wave und Seit 1997 in diversen Funktionen am Institut für nur kurz, die ›Verbürgerlichung‹ begann bereits Neuer Deutscher Welle entstanden später auch Musiksoziologie der Universität für Musik und darstel- in den frühen 1980er Jahren. Nicht nur dieser in Österreich neue Ansprüche, neue Identitäten lende Kunst Wien, seit 2003 im Wissenschaftsbereich Umstand bewahrt uns vor einer Überbewertung der und neue Infrastrukturen. Falco, der bis heute des ipop. Aktueller Forschungsschwerpunkt: 21_Österreich gesellschaftlichen Sprengkraft des Austropop. Sein erfolgreichste Popmusiker Österreichs, wird wohl Musikhören im Zeitalter Web 2.0 erlebte seine 68er- Identitätspotential für die Rezipienten ging wohl retrospektiv von der Austropop-Gemeinde für sich Revolution mit deut- www.mdw.ac.at/ims licher Verspätung. zumeist in Richtung des von Lawrence Grossberg vereinnahmt, tatsächlich bewegte er sich zuerst an Hierzulande fand die skizzierten Fluchtraumes oder die von Simon Frith deren Rändern und war später isoliert und ein völlig Jugendbewegung erst identifizierte Möglichkeit, eine neue Idee von Kultur eigenständiges Phänomen. Von Falcos offensiver in den späten 1970er zu leben. Auch im alltäglichen Musikleben war die Übernahme angloamerikanischer Erfolgsstrategien Jahren den Weg auf die Straße, im Zuge Revolution vorerst nicht durchschlagend. In den (englische Sprache, internationale Produzenten) von Demonstrationen Hitparaden dominierten nach wie vor der Schlager weitgehend unbeeindruckt traten in den 1980er für Weltfrieden und und die englischsprachige Pop- und Rockmusik. Jahren neue Interpreten auf den Plan, die anfangs Umweltschutz. 22_Siehe dazu ausführ- Lediglich vereinzelt gelangen Erfolge, namentlich auch in der klassischen Austropop-Tradition agier- lich: Edward Larkey, durch Wolfgang Ambros, Georg Danzer und Ludwig ten und in den 1980er Jahren großer Erfolge feier- Pungent Sounds. Hirsch. ten: Rainhard Fendrich, Stefanie Werger, STS, EAV. Constructing Identity with Popular Music in Austria, Wien u.a. 1993. 23_Hinter vorgehaltener Top-10-Platzierungen österreichischer Künstler der 1970er Jahre Hand war von einer (Quelle: www.austriancharts.at) »Austropop-Mafia« die Rede, deren Ausschluss- mechanismen jungen Single Album Musikern das Leben 1970 — U. Jürgens (Platz 9) schwer machten. 1971 p. Alexander (Platz 1) p. Alexander (1), U. Jürgens (6), A. Heller (9) 24_Vgl. z.B. Michael 1972 nicht dokumentiert nicht dokumentiert Hopp, Schickt Ambros in Pension! Der Austropop 1973 Klaus & Ferdl (9) Klaus & Ferdl (7), K. Sowinetz (9), P. Alexander (10) ist in die Jahre 1974 Waterloo & Robinson (1+10) Waterloo & Robinson (6), Klaus & Ferdl (9) gekommen (1987), in: 1975 u. Jürgens (1), W. Ambros (3) W. Ambros (1), Waterloo & Robinson (5), G. Danzer (10) Walter Gröbchen, Hg., 1976 p. Alexander (1), Gilla (7) Waterloo & Robinson (2), P. Alexander (3), G. Danzer (8) Heimspiel. Eine Chronik 1977 — Klaus & Ferdl (2) des Austro-Pop, St. Andrä-Wördern 1995, 1978 — — 81–87. 1979 p. Alexander (7) l. Hirsch (3) notizen 63 Institut für Popularmusik Anton von Webern Platz 1 Tel: +43-1-71155-3801 [email protected] A-1030 Wien Fax: +43-1-71155-3899 www.ipop.at