Steuerflucht Und Steueroasen
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A Service of Leibniz-Informationszentrum econstor Wirtschaft Leibniz Information Centre Make Your Publications Visible. zbw for Economics Konrad, Kai A. et al. Article — Published Version Steuerflucht und Steueroasen Wirtschaftsdienst Suggested Citation: Konrad, Kai A. et al. (2013) : Steuerflucht und Steueroasen, Wirtschaftsdienst, ISSN 1613-978X, Springer, Heidelberg, Vol. 93, Iss. 6, pp. 359-376, http://dx.doi.org/10.1007/s10273-013-1536-y This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/113709 Standard-Nutzungsbedingungen: Terms of use: Die Dokumente auf EconStor dürfen zu eigenen wissenschaftlichen Documents in EconStor may be saved and copied for your Zwecken und zum Privatgebrauch gespeichert und kopiert werden. personal and scholarly purposes. Sie dürfen die Dokumente nicht für öffentliche oder kommerzielle You are not to copy documents for public or commercial Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, öffentlich zugänglich purposes, to exhibit the documents publicly, to make them machen, vertreiben oder anderweitig nutzen. publicly available on the internet, or to distribute or otherwise use the documents in public. Sofern die Verfasser die Dokumente unter Open-Content-Lizenzen (insbesondere CC-Lizenzen) zur Verfügung gestellt haben sollten, If the documents have been made available under an Open gelten abweichend von diesen Nutzungsbedingungen die in der dort Content Licence (especially Creative Commons Licences), you genannten Lizenz gewährten Nutzungsrechte. may exercise further usage rights as specified in the indicated licence. www.econstor.eu DOI: 10.1007/s10273-013-1536-y Zeitgespräch Steuerfl ucht und Steueroasen Die Debatte über Offshore-Leaks und die sehr geringen Steuerzahlungen großer multinationaler Konzerne haben das öffentliche Interesse auf das Problem „Steueroasen“ gelenkt. Wenn Konzerne Steuersatzunterschiede zwischen verschiedenen Ländern ausnutzen, kann Steuergestaltung durchaus legal sein. Werden aber steuerpfl ichtige Einkommen von Privatpersonen nicht deklariert, ist das illegal. Maßnahmen dagegen können neben der Aufdeckung von Straftaten an verschiedenen Stellen ansetzen: bei den Steuersätzen, der Regulierungsintensität, der Bemessungsgrundlage und den Informationspfl ichten. Werden die bestehenden Steueroasen ausgetrocknet, kann dies allerdings dazu führen, dass sich in großen Staaten neue Steueroasen herausbilden. Kai A. Konrad Lässt sich der Kampf gegen die Steueroasen gewinnen? Der Kampf gegen Steueroasen macht Fortschritte. dem Zugriff des Fiskus in ihren Hauptsitzländern auszu- Das jedenfalls ist der Eindruck, den der Leser der Wirt- setzen, stehen am öffentlichen Pranger. schaftspresse derzeit gewinnen könnte. Bollwerke bre- chen ein. Die USA „knackt“ das Schweizer Bankgeheim- Indes, ein Blick zurück macht weniger zuversichtlich. nis, jedenfalls für amerikanische Steuerbürger. Mit dem Steuerfl üchtlinge gibt es nicht erst seit gestern, und der „Agreement between the United States of America and „Kampf gegen die Steuerfl ucht“ ist alt. Gegen Ende des Switzerland for Cooperation to Facilitate the Implemen- Ersten Weltkriegs beispielsweise war für Vermögende die tation of FATCA“ scheint man jedenfalls auf dem Wege Versuchung noch größer als heute, aus Deutschland ab- zu sein. Luxemburg hat sich jüngst bewegt und signa- zuwandern. Die Politik hat damals mit dem „Gesetz gegen lisiert, das Bankgeheimnis bis 2015 zu lockern. Öster- die Steuerfl ucht“ reagiert.3 Steuerskandale stehen seit reich knickt ein. Eine Einigung über den Informationsaus- Jahrzehnten im Fokus der öffentlichen Debatte. Nur die tausch innerhalb der gesamten EU scheint gar für 2014 Methoden, die zur Anwendung kommen, verändern sich. im Rahmen des Möglichen.1 Man liest, dass die britische Die sogenannte Flick-Affäre hatte ihren Ausgangspunkt in Regierung auf ihre Überseegebiete und Kronbesitzungen einer drohenden Steuerschuld für den Konzern, die aus einwirken möchte. Die Transparenz der Steuerdaten soll einem Aktienverkauf im Jahre 1975 resultierte. Pressebe- verbessert und die Besitzverhältnisse von Unternehmen richten zufolge gelang es der Konzernführung, die Steu- oder Stiftungen offengelegt werden.2 CDs mit den Da- erschuld durch politische Einfl ussnahme abzuwenden.4 ten von Steuerfl üchtlingen oder große Datenpakete mit Der Kaufhauskönig Helmut Horten verkaufte vor vielen brisanten Dossiers werden von Finanzämtern erworben Jahrzehnten seinen Konzern, wanderte in die Schweiz oder kursieren unter investigativen Journalisten. Nach- aus, und – Dank einer Lücke in der Steuergesetzgebung – dem die OECD eine Reihe von Staaten auf eine „schwar- blieb der 1,2 Mrd. DM schwere Erlös steuerfrei.5 ze Liste“ gesetzt hat, bemühen sich viele dieser Staaten durch entsprechende Abkommen, von diesen Listen zu Was wir heute beobachten, ist so gesehen nicht so ein- verschwinden. Große Unternehmen, die Milliardengewin- malig. Es ist vielmehr eine neue Runde in einem Wett- ne aus Hochsteuerländern ganz legal in Steueroasen ver- streit, der seit vielen Jahrzehnten andauert. Die moderne lagern und dort erst einmal parken, statt sie unmittelbar Informationsgesellschaft schafft bekanntlich eine neue 3 Vgl. K. A. Konrad, H. Zschäpitz: Schulden ohne Sühne? Warum der Absturz der Staatsfi nanzen uns alle trifft, München 2010, S. 159. 1 Vgl. DW-online, http://www.dw.de/bankgeheimnis-in-der-eu-soll- 4 Vgl. SZ-Online, http://www.sueddeutsche.de/politik/fl ick-affaere-die- endg%C3%BCltig-fallen/a-16827886 (21.5.2013). gekaufte-republik-1.804859 (21.5.2013). 2 Vgl. SZ-Online, http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1453326 5 Vgl. Spiegel Online, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525455. (21.5.2013). html (21.5.2013). ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft 359 Zeitgespräch Situation. Der moderne internationale Zahlungsver- re Möglichkeiten der Steuergestaltung zu eröffnen.7 Sie kehr, Veränderungen in den internationalen Waren- und können beispielsweise die Besitzverhältnisse von Kapi- Dienstleistungsbeziehungen, die internationale Handels- talanlagen von Privatpersonen gegenüber deren Wohn- verfl echtung, aber auch Finanzmarktinnovationen und sitzländern verschleiern. So bleiben Kapitaleinkünfte die digitale Revolution in der Kommunikationstechnologie dem Finanzamt im Wohnsitzland verborgen. verändern die Spielregeln. Das Informationsmanagement steht vor neuen Möglichkeiten und Herausforderungen. Fantasievollere und zudem lukrative und legale Geschäf- „Privacy“ wird schwieriger, und das gilt auch im Bereich te eröffnen sich in Steueroasen für Unternehmen. Ein Un- der Kapitalanlagen und Finanzmarkttransaktionen. Beide ternehmen beispielsweise, das in einem Hochsteuerland Seiten, also die Steuervermeider wie auch die Steuer- mit einem patentrechtlich geschützten Produkt seine behörden, werden auf die neue Situation reagieren. Auf Umsätze erzielt, kann in einer Steueroase eine Tochter Dauer wird wohl keine Seite gewinnen, weder die Hoch- gründen und dieser Tochter die Rechte an dem Patent steuerstaaten, deren Regierungen großen Finanzhunger übertragen. Das Unternehmen kann dann in gewissem haben, noch die internationalen Unternehmen oder die Umfang darüber entscheiden, welche Gebühren dieses Reichen oder Superreichen unter den Steuerbürgern. Tochterunternehmen dem im Hochsteuerland tätigen Un- ternehmen für die Nutzung dieses Patents in Rechnung Die Natur des Phänomens stellt. So kann das Unternehmen seine Gewinne aus dem Hochsteuerland in die Steueroase verlagern. Dort fallen „Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleis- erst einmal keine oder fast keine Körperschaftsteuern tung für eine besondere Leistung darstellen“, so legt es an. Erst wenn die Gewinne in ferner Zukunft einmal an § 3 der Abgabenordnung in Deutschland fest. Insgesamt die Anteilseigner ausgeschüttet werden sollten, müssten mag der Staat mit den Steuereinnahmen mehr oder we- diese Gewinne versteuert werden. niger nützliche Dinge anstellen. Wir besteuern uns doch letztlich selbst – wie Joel Slemrod und Jon Bakija mit ih- Für die Verlagerung von steuerlichen Gewinnen gibt es rem Buchtitel „Taxing Ourselves“ den Sachverhalt zutref- eine Reihe von Methoden. Nicht nur Patente und Marken- fend beschreiben.6 Aber für den einzelnen Bürger steht rechte, auch die Finanzierungsstruktur von Konzernen seinen Steuern nun einmal keine konkret messbare Ge- lässt sich zur Gewinnverlagerung in Steueroasen nutzen. genleistung gegenüber, die direkt und erkennbar mit sei- Für diese Steuersparmodelle benötigt man Steueroasen, ner eigenen Steuerzahlung korrespondiert und die ihm also Orte, in denen die Unternehmen ihre Gewinne un- ein direktes Gefühl der Kompensation für das Zahlen von ter sehr günstigen steuerlichen Bedingungen viele Jahre Steuern geben könnte. Er empfi ndet seine Steuerzahlung thesaurieren können. deshalb als Last. Kein Wunder, dass er Phantasie entwi- ckelt und versucht, Steuern zu vermeiden. Für Kapital- Anders als das Hinterziehen von Kapitaleinkommen- gesellschaften ist das Steuern-Sparen als Teilaspekt der steuern sind viele Formen der Gewinnverlagerung ganz Gewinnmaximierung sogar geradezu eine Komponente legal. Die Finanzminister von Hochsteuerländern versu- des primären Unternehmensziels. chen seit Jahren, durch ein immer dichteres Netz an Vor- schriften und Beschränkungen die legalen Möglichkeiten Hilfestellung erhalten Steuerzahler wie Unternehmen von einzudämmen. Gewinnverlagerung durch interne Ver- vielen Seiten. Ratgeberbücher offenbaren dem einfachen rechnungspreise, bei denen Konzernteile sich bestimm- Steuerbürger „Steuertricks“. Steuerberater