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Duderstadt Einbeck Hann. Münden Northeim Osterode

ELMAR ARNHOLD DIE HISTORISCHEN STADTKERNE IM FACHWERK5ECK Städtebauliche Entwicklung und Stadtgestalt im Wandel der Jahrhunderte IMPRESSUM

Herausgeber: Geschäftsstelle Fachwerk5Eck Rathaus Northeim Scharnhorstplatz 1 37154 Northeim Tel.: 05551 / 96 63 71 Email: [email protected] www.fachwerk5eck.de

Autor, Inhalt und Gestaltung: Dipl. Ing. Elmar Arnhold Arbeitsgemeinschaft gebautes Erbe www.gebauteserbe.de

© Fachwerk5Eck 2017

Das interkommunale Projekt „Fachwerk5Eck“ wird 2014 bis 2017 vom Bundesbauministerium (BMUB) im Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ durch Bundesmittel finanziell gefördert.

INHALT

Stadtgründungen in Mitteleuropa 4 Historische Städte in Südniedersachsen 7 Duderstadt 12 Einbeck 22 Hann. Münden 32 Northeim 42 Osterode 52 Resümee 62 Glossar 63 DIE HISTORISCHEN STADTKERNE IM FACHWERK 5 ECK DUDERSTADT · E I N B E C K · HANN. MÜNDEN · N O R T H E I M · OSTERODE

Bauliche Entwicklung und Stadtgestalt im Wandel der Jahrhunderte Beschrieben und dargestellt von Elmar Arnhold ZUR EINFÜHRUNG

Das Fachwerk5Eck Kulturerbe-Leitbild des Fachwerk5Ecks Das Fachwerk5Eck wird von den Städten Duderstadt, Einbeck, Hann. In den fünf südniedersächsischen Münden, Northeim und Osterode Fachwerkstädten haben sich einzig- am gebildet. Das innovative, artige Stadtgrundrisse und über fünf interkommunale Kooperationsprojekt Jahrhunderte Fachwerkbaukultur in wurde in das Programm „Nationale besonderer Dichte und Vielfalt erhal- Projekte des Städtebaus“ vom Bun- ten. Für die Menschen der Region ist desbauministerium (BMUM) aufge- die traditionell und handwerklich aus- nommen und wird durch Bundesmit- gerichtete Fachwerkbauweise Heimat tel finanziell gefördert. und Ort mit tiefen geschichtlichen Wurzeln. Dies ist uns zugleich Aufga- Ziel dieses partnerschaftlichen be und Verpflichtung, die Zeugnisse Projektes ist es, neue Impulse für Tou- der Vergangenheit und Geschichte zu rismus, Wirtschaft und vor allem auch erhalten, behutsam instand zu setzen für die Gestaltung und Belebung un- und attraktive, lebendige Altstädte mit serer Städte zu setzen. zeitgemäßer Nutzung zu gestalten.

Auch die Schärfung des Bewusst- seins für das kulturelle Erbe ist eine zentrale Aufgabe der Partnerschaft. Hierfür wurde diese Broschüre er- stellt, in der unsere fünf Altstädte von der Stadtgründung bis in die Gegen- wart dargestellt werden.

AG Kulturerbe:

Jürgen Germerott, Stadt Duderstadt

Gerald Strohmeier, Stadt Einbeck

Burkhard Klapp, Stadt Hann. Münden

David Junker, Osterode, Ritterhaus Stadt Osterode Geleitwort des Verfassers

Mit dieser Broschüre präsentiert Der Verfasser hat sich der reizvollen Ein besonderer Dank gebührt dem das Kooperationsprojekt Fachwerk- Aufgabe, die vorliegende Publikation zu Luftbildfotografen Hajo Dietz und sei- 5Eck die historischen Stadtkerne von gestalten, gern zur Verfügung gestellt. ner Firma NürnbergLuftbild für die Be- Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Eine Realisierung des Projekts wäre reitstellung der qualitativ hochwertigen Northeim und Osterode. Die Veröf- ohne die äußerst produktive Zusam- Luftaufnahmen. fentlichung will zum Verständnis der menarbeit mit den beteiligten Personen Entstehung und Entwicklung der fünf in den Behörden und Archiven der fünf Möge die Broschüre eine weite Stadtkerne beitragen, aber auch ei- Städte sowie in der Geschäftsstelle des Verbreitung finden und viele Men- nen Blick auf die hier erhaltenen Ar- Fachwerk5Ecks nicht möglich gewesen. schen zum Besuch der Städte des chitekturschätze werfen. Ihnen ist hier herzlich zu danken. Fachwerk5Ecks anregen.

Northeim, ehemaliges Spital St. Spiritus  STADTBAUGESCHICHTE STADTGRÜNDUNGEN IN MITTELEUROPA

Die frühesten Städte entstanden ab ca. 8000 v. Chr. im östlichen Mit- telmeerraum und auf dem Gebiet des heutigen Irak. In allen Hochkulturen der antiken Welt spielten Städte eine entscheidende Rolle – sei es in Ägypten, in Griechenland oder im Römischen Reich. Die Stadt war von Beginn an ein Tauschplatz von Waren und Ideen so- wie Schrittmacher der Innovation. Das Städtewesen im deutschspra- chigen Raum wurzelt in der Zeit des rö- mischen Imperiums. Die ältesten Städte in den von den Römern eroberten Ge- bieten im Donauraum und am Rhein gehen auf die Epoche um Christi Ge- burt zurück. Trier, Köln, , Augs- burg und Regensburg gehörten zu den Regensburg, mittelalterliche Stadt mit römischem Kern (Kastell „castra regina“). größten Römerstädten nördlich der Al- pen. Sie entstanden häufig in Zusam- menhang mit Militärstützpunkten der römischen Armee, den Kastellen. Ihre Grundrisse wurden, wie bei Stadtgrün- dungen in den römischen Provinzen üblich, zumeist regelmäßig mit recht- winkligen Straßennetzen angelegt. Mit dem Aufstieg des Christentums in der Spätantike entstanden auch in den Grenzen des heutigen Deutschland die ersten Bischofsitze. Diese siedelten sich seit dem 4. Jahrhundert vorwie- gend in den großen, oben genannten römischen Städten an. Sie sorgten auch in den Wirren der Völkerwande- rungszeit für eine gewisse Kontinuität, die in das frühe Mittelalter überleitete. Die klaren römerzeitlichen Straßen- raster wurden in der Regel durch un- regelmäßig erscheinende Wegenetze überformt. Die Einwohnerzahlen lagen noch lange deutlich unter denjenigen in der Blütezeit des Römerreichs. Nördlingen, Luftbild von Süden. Musterbeispiel für eine „gewachsene“ mittelalterliche Stadt. STADTBAUGESCHICHTE  Mit der Etablierung und Ausdeh- Stadtgründungen gingen zumeist nung des Fränkischen Reiches un- von den hochadligen Landesherren 200 ter Karl dem Großen kam es in den aus. Sie versprachen sich entspre- Jahrzehnten um 800 zur Eroberung chende Einkünfte aus den Abgaben, und Christianisierung des Landes bis die auf Gewerbe und Handel erho- n an die Elbe. Schon im 8. Jahrhundert ben wurden. Außerdem wurden Städ- e 150 g n hatten Missionare wie Bonifatius wei- te aus militärstrategischen Gründen u d n

te Gebiete östlich des Rheins für das angelegt. Im Zuge der Eroberung und ü r g Christentum gewonnen. Kaiser Karl Kolonisierung weiter Gebiete östlich t

d 100 a und seine Nachfolger aus den Herr- der Elbe entstanden so besonders im t S l scherhäusern der Karolinger und Otto- 13. Jahrhundert ebenfalls zahlreiche h a z

nen gründeten neue Bischofssitze und neue Städte. n Klöster. Zu diesen gehörten Paderborn, Einer der bedeutendsten Stadtgrün- A 50 Minden, Hildesheim und Halberstadt der des Hochmittelalters war Heinrich sowie Kloster Corvey und das Damen- der Löwe, der im dritten Viertel des 12. stift Gandersheim. Damit trat auch das Jahrhunderts als Herzog von Sachsen 0 heutige Südniedersachsen in das Licht und Bayern zu den mächtigsten Fürsten 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

der durch Schriftquellen und bauliche des damaligen Heiligen Römischen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Zeugnisse überlieferten Geschichte. Reiches gehörte. Auch das heutige Hoch- Spät- Früh- Neuzeit Mit der Erhebung des Ottonen Südniedersachsen gehörte zum Macht- Mittelalter Neuzeit Heinrich I. zum König des ostfrän- bereich Heinrichs. Er ließ Braunschweig Stadtgründungen in Deutschland. kischen Reiches (919) entwickelte sich erweitern, zur Residenz ausbauen und der Harzraum zu einem Machtzentrum. betrieb u.a. die Neugründung von Lü- ran. Das oft bereits um 13. Jahrhundert Nun entstanden auch um den Harz beck, Hannover, Göttingen, Schwerin abgeschlossene Wachstum dieser frü- bedeutende Königspfalzen wie Gos- sowie von München. Während seiner hen Städte vollzog sich häufig mit unre- lar, Pöhlde und Grone bei Göttingen. Herrschaft erhielten auch die Städte gelmäßigen Straßennetzen. Planmäßig Im Umkreis geistlicher Einrichtungen des Fachwerk5Ecks ihre Konturen. Mit angelegte Stadtneugründungen oder wie den Bischofssitzen und im Vorfeld der Gründung von Hann. Münden im -erweiterungen zeigen dagegen meist von Burgen sowie Pfalzen entstanden Jahr 1183 entstand hier zudem das regelmäßige Grundrisse mit parallelen Siedlungen von Handwerkern und Musterbeispiel einer über regelmä- oder rechtwinkligen Straßenführungen. Kaufleuten – Orte mit frühstädtischen ßigem Grundriss angelegten Stadt. Dort sind auch die Marktplätze und Strukturen. Die Stadtgestalt spiegelt immer Standorte der Kirchenbauten überlegt Im 12. Jahrhundert begann eine Grundlagen und Entstehungsgeschich- in den Stadtgrundriss eingebunden. über 200 Jahre anhaltende Phase des te eines Ortes wider. Lassen die Römer- Hervorstechendes Merkmal der mit- Wachstums und der Neugründung von städte ihre antiken Kerne durchschei- telalterlichen Stadt ist ihre Befestigung. Städten. Die Ursache lag in einem nen, zeigen die frühen Bischofssitze ihre Sie schuf nicht nur eine strikte bauliche stetigen Bevölkerungswachstum, das ursprünglich ummauerten Dombezirke Trennung von Stadt und Land, sondern durch günstige äußere (auch klima- bis heute. Letztere wurden durch Markt- auch einen besonderen Rechtsraum. tische) Bedingungen ermöglicht wurde. siedlungen erweitert, wie in Münster, Bis in das 13. Jahrhundert bestanden Mit Neuerungen in der Landwirtschaft Minden oder Halberstadt noch sichtbar. die Stadtumwehrungen jedoch oftmals und guten Ernteerträgen konnte auch Auch die frühstädtischen Siedlungen im nur aus Wällen und Gräben. Das aus- die nicht mit Ackerbau und Viehzucht Umfeld von Herrscherhöfen und Burgen geklügelte System steinerner Stadtbefe- beschäftigte Stadtbevölkerung ernährt sowie an wichtigen Straßenkreuzungen stigungen mit Türmen und Toren ent- werden. Hinzu kam der Übergang zur und Flussübergängen wuchsen nun aus stand häufig erst im Spätmittelalter und Geldwirtschaft. ihren Kernen zu wirklichen Städten he- musste in der Folgezeit immer wieder  STADTBAUGESCHICHTE den Entwicklungen der Kriegstechnik angepasst werden. Bei öffentlichen Gebäuden legten die Stadtbürger besonderen Wert auf repräsentative Wirkung. Neben den Stadtpfarrkirchen sind hier die Rathäu- ser zu nennen. Im Laufe des 13. Jahr- hunderts hatten fast sämtliche Städte ihre verbrieften Rechte erhalten. Die- se beinhalteten ihre Selbstregierung durch Stadträte, welche von der Bür- gerschaft gewählt wurden. Die Räte setzten sich zumeist aus den führenden und vermögenden Familien (Patrizier und Fernkaufleute) zusammen. Die Beziehungen der Stadtregierungen zu den Landesherren einerseits und den Handwerkerzünften andererseits brachten immer wieder auch gewalt- tätige Auseinandersetzungen mit sich. Das Spätmittelalter sah eine Blü- Celle ist eine landesherrliche Gründungsstadt der Welfen (1292). Der regelmäßige Grundriss ist auf das Residenzschloss ausgerichtet. tezeit der Städte, deren wirtschaftlicher Erfolg im norddeutschen Raum beson- ders mit der Hanse verknüpft war. Die Zahl der Stadtneugründungen erreichte nach 1300 jedoch eine Sättigung, um mit den Krisen des 14. Jahrhunderts – besonders den Pestepidemien – er- heblich zurückzugehen. Die Bevölkerungszahlen der mittel- alterlichen Städte erscheinen gegenü- ber heute bescheiden. War Köln mit ca. 40.000 Einwohnern größte deutsche Stadt, lebten in Städten wie Göttingen um 1400 nur ca. 6.000 Menschen. Nach 1450 entstanden kaum noch neue Städte, auch mit der Industriali- sierung und dem Bevölkerungswachs- tum nach 1850 waren kaum Stadt- neugründungen verbunden. Damit ist unsere Städtelandschaft ein Erbe des Mittelalters.

In der 1234 gegründeten Küstenstadt Stralsund besteht ein weitgehend regelmäßiges Straßenraster, das sich dem Umriss der Insellage anpasst. STADTBAUGESCHICHTE  HISTORISCHE STÄDTE IN Herrschaftsgebiete unterteilt, stand seit Wichtigkeit – auch das Verteidigungs- SÜDNIEDERSACHSEN dem 12. Jahrhundert jedoch unter der wesen. Oberhoheit welfischer Fürsten. Der Nominell fungierten die Lan- Südniedersachsen erstreckt sich mächtigste unter ihnen, Heinrich der desherren jedoch auch weiterhin als zwischen Oberweser und Westharz. Löwe, regierte bis 1180 das Gesamt- Stadtherren. Seit dem späten 13. Jahr- Als „Nord-Süd-Achse“ dieser Region herzogtum und trat als Städtegründer hundert konnten die Städte aufgrund kann man das Leinetal bezeichnen. in Erscheinung. So initiierte er die ihres wirtschaftlichen Erfolges den Hier führten schon in frühgeschicht- planmäßige Anlage Göttingens, mit Landesherren allerdings bedeutende licher Zeit wichtige Verkehrswege aus der das alte Dorf Gutinga um ein Viel- Rechte abringen. Dies gelang oft mit der norddeutschen Tiefebene nach faches erweitert wurde, und förderte finanziellen Mitteln, bisweilen auch Mittel- und Süddeutschland. Die wohl auch Einbeck und Northeim. Der auf gewaltsame Weise. Zahlreiche sanfte Hügellandschaft im Westen und Gründungsvorgang Hann. Mündens Städte unterstützten sich gegenseitig Südwesten des Harzes bietet frucht- (um 1165/80) ist nicht geklärt. Hier durch Bündnisse. So konstituierte sich bare Böden und ist daher seit Jahr- kommen sowohl Heinrich der Löwe als 1246 der sächsische Städtebund zwi- tausenden kontinuierlich besiedelt. auch die Landgrafen von Thüringen schen Hann. Münden und Northeim, Die frühesten Spuren reichen bis in infrage. der sich später um eine Vielzahl nie- die Steinzeit zurück. 1995 konnten Nach der 1235 erfolgten Grün- dersächsischer Städte erweiterte. Der Archäologen bei Göttingen eine ca. dung des welfischen Herzogtums vielzitierte Satz „Stadtluft macht frei“ 7000 Jahre alte Siedlung mit langge- Braunschweig-Lüneburg, das sich kann jedoch nicht darüber hinwegtäu- streckten Holzpfostenbauten (Lang- über Ost- und Südniedersachsen er- schen, dass Politik und Sozialstruktur häuser) nachweisen – die Menschen streckte, erhielten die meisten bereits in den mittelalterlichen Städten nach waren hier sesshaft geworden und existierenden Städte in der Region heutigen Maßstäben keineswegs de- betrieben Ackerbau und Viehzucht. verbriefte Stadtrechte. Auch Herzog mokratisch waren. Nicht jeder Be- Zur Bildung von Städten kam es in Otto I. (das Kind, reg. 1235-1252) wohner besaß das Bürgerrecht und Südniedersachsen erst im Verlauf des von Braunschweig-Lüneburg trat als tonangebend war eine Oberschicht Hochmittelalters. Dies war eine Folge Förderer des jungen Städtewesens in weniger „ratsfähiger“ Patrizier- und der Eroberung und Christianisierung Erscheinung und verlieh zahlreichen Kaufmannsfamilien. des altsächsischen Kernlandes unter Orten entsprechende Rechte. Diese Nach der großen Städtegrün- Karl dem Großen im späten 8. Jahr- wurden entweder eigens neu verfasst dungsphase im späten 12. und im hundert. Mit Gründung von Kloster oder von älteren und bedeutenden 13. Jahrhundert erhielten nach 1300 Corvey westlich der Weser (822) und Städten übernommen werden: So weitere Orte ihre Stadtrechte. Sie blie- des Damenstifts Gandersheim (852) kam es zu den „Stadtrechtsfamilien“. ben in ihrer Bedeutung jedoch hinter entstanden hochbedeutende geist- In Südniedersachsen besaßen Gos- den längst etablierten Städten zurück. liche Einrichtungen. Die einstigen lar, Göttingen und Hann. Münden ein Manche entwickelten sich zu Landge- Königspfalzen Grone und Pöhlde eigens verfasstes Recht, während die meinden zurück (Bodenfelde, Markol- dokumentieren die Bedeutung des übrigen Städte dieses von dort oder dendorf) oder wurden ganz aufgege- Harzraums zur Zeit der ottonischen von anderen Orten übernahmen. ben (Stadtwüstung Nienover). Herrscher im 10. Jahrhundert. In der Diese Rechte waren von entschei- Zahlreichen Besuchern historischer Karolinger- und Ottonenzeit wurden dender Bedeutung. Sie schufen eine Stadtkerne erscheinen mittelalterliche südniedersächsische Städte erstmals Sonderstellung der Städte innerhalb Städte als „malerisch“ und „verwin- urkundlich erwähnt. der Territorien und garantierten ihre kelt“. Diesem Eindruck widerspricht Die zum Herzogtum Sachsen ge- Selbstverwaltung durch die von den jedoch die Tatsache, dass die aller- hörende Region zwischen Weser und Stadtbürgern gewählten Räte. Wei- meisten im Mittelalter entstandenen Harz war bis in das späte Mittelalter terhin regelten sie Finanzen, Handel Städte planmäßig angelegt wurden. zwar in verschiedene Grafschaften und und Gewerbe und – von besonderer Da sie häufig an einem älteren Sied- 10 STADTBAUGESCHICHTE

Homburg Amelungsborn Seesen Goslar 10. Jh./1219 Stadtoldendorf Gandersheim 974/1428 1186/1255 Bevern 852/1239 Einbeck Holzminden Ilme 1158/1252 832/1245 Clausthal-Zel- Corvey Dassel lerfeld 820/1315 wohl 8. Jh /1529 Söse

Grubenhagen Northeim Osterode Ende 8. Jh./1252 12. Jh./1239

Nienover Katlenburg Uslar Herzberg

9. Jh./1263 Leine Hardegsen Nörten 995/1360 Lippoldsberg 1020/1383 Rhume Pöhlde Plesse Weser

Grone Göttingen Bursfelde 953/um 1230 Duderstadt 929/1247

Dransfeld 960/1368 Reinhausen Teistungenburg

Hann. Münden 1183/1246 Bodenstein

Mittelalterliche Stadtgründungen in Südniedersachsen © Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017 Braunschweiger Stadtrecht Stadtwüstung Mündener Stadtrecht Stift/Kloster Göttinger Stadtrecht Burg/Residenz Goslarer Stadtrecht Königspfalz Dortmunder und Soester Stadtrecht Handelsweg Hildesheimer Stadtrecht Frankfurter Stadtrecht STADTBAUGESCHICHTE 11

Einbeck, Stadtmauer mit Storchenturm. Hann. Münden, Rotunde vor dem Oberen Tor, errichtet 1502 als Kanonenbollwerk. lungskern entstanden, finden sich tragen auch die aus älteren Strukturen rechtlichen Status auch nach außen, oftmals unregelmäßig gewachsene oder topografischen Gegebenheiten indem sie die Städte deutlich von ihrem Bereiche neben planvoll angelegten (z.B. Wasserläufen) herrührenden Un- ländlichen Umfeld schieden. Frühstäd- Straßen und Plätzen. Der Blick auf die regelmäßigkeiten bei. Die Umrisse tische Siedlungen erhielten Befesti- Stadtgrundrisse lässt dies in der Regel der Städte waren der landschaftlichen gungen mit Wällen und Gräben. Ließ leicht erkennen. In den planmäßig er- Situation entsprechend und für eine es die Topografie zu, führten die Grä- richteten Gründungsstädten finden wir optimale Verteidigungsfähigkeit aus- ben Wasser. Tore und Türme zeigten häufig dominante Parallelstraßen, die geprägt. sich anfangs als Holzbauten. Die ers- leiterartig mit Quergassen verbunden In den Städten des Fachwerk5Ecks ten steinernen Befestigungen entstan- sind. Die Quartiere sind entsprechend lassen sich die verschiedenen Möglich- den für Bischofs- und Herrschersitze, mehr oder weniger rechteckig ange- keiten in ganzer Bandbreite studieren. wie die teilweise bis heute erhaltene legt. Meist werden die Parallelstraßen Zeigen die ursprünglichen Marktsied- Bernwardsmauer in Hildesheim (um von einer wichtigen Querachse ge- lungen in Osterode und Einbeck eher 1000) beweist. In den Städten wurden kreuzt. In diesem Fall befinden sich gewachsene Strukturen, sind Northeim die massiven Mauerringe mit Toren Markt, Rathaus und Stadtpfarrkirche und Duderstadt (sowie die Neustädte und Türmen zumeist erst einige Jahr- am Kreuzungspunkt der Hauptstra- in Osterode und Einbeck) Beispiele für zehnte nach ihrer Gründung bzw. nach ßen. planmäßige Anlagen. Hann. Münden der Stadtrechtsverleihung ab Mitte des Die mittelalterlichen Stadtgrund- kann schließlich als Musterfall einer 13. Jahrhunderts errichtet. Der Bau risse sind allerdings nie völlig schema- gegründeten Planstadt gelten. einer kilometerlangen Mauer und der tisch aufgebaut. Leicht geschwungene Wesentlich für das Erscheinungs- zugehörigen Anlagen war ein Kraftakt Straßenverläufe und gegeneinander bild mittelalterlicher und frühneuzeit- und neben der Errichtung von Kirchen versetzte Einmündungen sorgen für licher Städte sind Stadtbefestigungen. die größte gemeinsame Anstrengung ein lebendiges Erscheinungsbild. Dazu Sie zeigten außerdem den besonderen in einer mittelalterlichen Stadt. 12 STADTBAUGESCHICHTE Die Mauerringe wurden neben nie von den Wohnbauten. Sie drücken offene Feuerstellen. Besondere Bedeu- Türmen und Stadttoren mit vorgela- einer Stadt ihren Stempel auf. In den er- tung hatten die weiträumigen Dielen gerten Gräben und entsprechenden halten gebliebenen historischen Stadt- auch für das Brauwesen. Zugbrücken vor den Toranlagen aus- kernen ist dies noch spürbar: Welch ein Von der Diele wurden an der Rück- gestattet. Je nach Größe und Bedeu- Unterschied zwischen einer norddeut- seite oder seitlich kleinere Räume ab- tung einer Stadt konnten die Mauern schen Küstenstadt mit ihren Backstein- geteilt. Diese waren oftmals unterkel- bis zu acht Meter hoch und mit Wehr- bauten, einer niedersächsischen oder lert und wurden als Stuben genutzt, die gängen und Zinnen versehen sein. hessischen Fachwerkstadt und einem mit einem von der Diele aus zu beschi- Neben ihrer Wehrfunktion erhielten von steinernen Putzbauten geprägten ckenden Kachelofen geheizt werden besonders die Stadttore auch reprä- Ort in Sachsen oder Bayern. konnten. War die Diele entsprechend sentativen Charakter. Die Städte des Fachwerk5Ecks hoch, konnten über den Stubenein- Mit dem Aufkommen der Pulver- gehören zu den klassischen nieder- bauten noch Zwischengeschosse mit waffen mussten die Befestigungsan- sächsischen Fachwerkstädten. Ihr Kammern eingerichtet werden. lagen immer wieder erweitert und bis in das Spätmittelalter zurückrei- Zur Erweiterung auch der Wohn- verstärkt werden. Vor den Mauern ent- chender, überwiegend frühneuzeit- flächen wurden seit dem 16. Jahrhun- standen zusätzliche Wälle und Grä- licher Hausbestand zeigt in der Regel dert häufig hofseitige Flügelbauten ben, so dass häufig doppelte Graben- eine traufständige (mit der Dachseite errichtet. Das städtische Dielenhaus systeme entstanden. An den Toren und zur Straße gerichtete) und geschlos- war multifunktional (für verschiedene an wichtigen Positionen wurden seit sene Bauweise. Das im Grenzgebiet Tätigkeiten ihrer Besitzer nutzbar) und dem späten 15. Jahrhundert Zwinger zu Hessen gelegene Hann. Münden ist im Fachwerk5Eck noch in über und wuchtige Rundbollwerke für die weist auch eine stattliche Zahl von 200 Beispielen präsent. Seit dem 15. Stationierung von Kanonen errichtet. Giebelhäusern auf. Jahrhundert wurden die Fassaden mit Seit dem 17. Jahrhundert kam es, Für die Beschreibung der Häuser ihren vorkragenden Obergeschossen besonders in Residenz- und bedeu- in der Frühzeit der Städte sind wir auf mit Schnitzwerk versehen. Sie verlei- tenden Handelsstädten, zum Bau von archäologische Befunde angewiesen. hen den Stadtbildern der fünf Städte weitläufigen Bastionärbefestigungen Hier zeigt sich, dass die erste Besied- ihren besonderen Reiz. mit spitzen Bollwerken aus Erde. In den lung mit einfachen Pfostenbauten er- Steinerne Wohnhäuser waren im Städten des Fachwerk5Ecks sind ver- folgte: Die tragenden Holzstützen wa- Fachwerk5Eck sehr selten. In Northeim schiedene Befestigungsanlagen erhal- ren im Erdreich eingegraben. und Hann. Münden existieren noch we- ten: Während Duderstadt, Northeim Diese wenig dauerhafte Konstruk- nige Beispiele für Steinwerke, die hinter und Osterode noch mehr oder weniger tion wurde während des 13. Jahrhun- den Fachwerkhäusern als feuersichere umfangreiche Mauerabschnitte aufwei- derts durch wirkliche Fachwerkbauten Massivbauten entstanden. Auch in Ba- sen, sind in Hann. Münden und Einbeck mit steinernen Sockeln und Schwell- rock und Klassizismus sind nur wenige auch stattliche Türme zu besichtigen. balken abgelöst. Die mittelalterlichen Steinhäuser errichtet worden. Das einzige erhaltene Stadttor steht in Häuser wurden großenteils als Ständer- Seit Mitte des 17. Jahrhunderts Duderstadt – der Westertorturm. Hier bauten errichtet, d.h., die tragenden errichteten die Bürger nur noch rei- existiert zudem ein vollständig erhal- Stützen laufen von der Sockelschwelle ne Stockwerkbauten mit geringeren tener Stadtwall von 3.300 Meter Län- bis zum Dachansatz durch und tragen Auskragungen der Obergeschosse. ge. Erst im Zuge von Industrialisierung auch die Zwischendecken. Bis in das Die hohen Dielen fielen weg, an ihre und Bevölkerungswachstum wuchsen 16. Jahrhundert beinhalteten die Häu- Stelle traten Flure, die lediglich zur Er- die Städte nach 1850 über ihre Befe- ser im Wesentlichen eine Diele und da- schließung dienten. Schnitzereien be- stigungsringe hinaus. rüber ein straßenseitig auskragendes schränkten sich bald nur noch auf die Sind Kirchen, Rathäuser und Tore Speichergeschoss. Die hohen Dielen Hauseingänge. Im 18. und 19. Jahr- auch Wahrzeichen – historische Stadt- dienten sowohl zu gewerblichen als hundert wurden die spätbarocken und kerne erhalten ihr Gepräge in erster Li- auch zu Wohnzwecken und enthielten klassizistischen Fachwerkhäuser mit STADTBAUGESCHICHTE 13

Einbeck, Rückseite des Hauses Knochen- Hann. Münden, das um 1580 errichtete Elisabethstift ist ein schönes Beispiel für einen hauerstraße 25 in spätmittelalterlicher Stockwerksbau. Ständerbauweise. Die Deckenbalken sind durchgezapft. ihren schlichten Gefügen nicht selten hundert wuchsen die Städte über ihre In den 1960er und 70er Jahren am Vorbild zeitgenössischer Massiv- alten Befestigungsringe hinaus. Bahn- begannen umfassende Stadtsanie- bauten ausgerichtet. Um 1900 kam höfe, Fabrikanlagen und neue Wohn- rungen, die in einigen Städten anfangs es im Rahmen von Historismus und Ju- quartiere setzten neue Akzente. Auch auch von Abbrüchen gekennzeich- gendstil noch einmal zur Renaissance in den Kernen entstanden neue Wohn- net waren. Insgesamt überwiegen im des verzierten Sichtfachwerks. und Geschäftshäuser sowie öffentliche Fachwerk5Eck jedoch denkmalpfle- Das Erscheinungsbild der fünf Bauten im Stil des Historismus. Gleich- gerische Sanierungen der historischen Fachwerkstädte wird in hohem Maße zeitig erfolgten erste Restaurierungen Bausubstanz – auch ihnen verdanken von großen Brandkatastrophen be- nicht nur von bedeutenden Denkmä- wir attraktive Stadtbilder. stimmt. In den einzelnen Stadtquartie- lern, sondern auch von Fachwerk- Die historischen Stadtkerne des ren lässt sich gut erkennen, wenn nach häusern. Zahlreiche Fachwerkbauten, Fachwerk5Ecks können zweifellos zu einem Stadtbrand im aktuellen Zeitstil die im 18./19. Jahrhundert verputzt den Kostbarkeiten unseres Kulturerbes wiederaufgebaut worden ist. wurden, aber auch von Beginn an als gezählt werden. Ihre Erhaltung und Während der Industrialisierung Putzbauten konzipiert waren, erfuhren Weiterentwicklung ist eine vielschich- im späten 19. und frühen 20. Jahr- seitdem ihre Freilegung. tige und reizvolle Aufgabe. 14 DUDERSTADT

Stadtansicht von Südosten, um 1629, aus: Matthäus Merian, Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis et Coloniensis, Frankfurt a. M. 1646.

DUDERSTADT Auch die Ursprünge der Markt- in östliche Richtung führten. Der nach siedlung im Osten des mittelalterlichen dem Parallelstraßensystem angelegte In einer von König Heinrich I. aus- Stadtkerns liegen möglicherweise noch langgestreckte Stadtkern wurde von gestellten Urkunde wurde Duderstadt im 10. Jahrhundert. Ein Hinweis darauf einem steinernen Mauerring mit vier 929 erstmals erwähnt. Im Jahr 1247 ist das Cyriakus-Patrozinium der Haupt- Toren umgürtet. Der signifikante Stadt- erhielt der Ort durch Herzog Otto das kirche von Duderstadt. Im 12. Jahrhun- grundriss begründet neben zahlreichen Kind die Stadtrechte des Braunschwei- dert erweiterte sich die Marktsiedlung Baudenkmälern den Reiz des städte- ger Weichbildes Hagen. Zu diesem in westliche Richtung und bezog den baulichen Gesamtkunstwerks der Alt- Zeitpunkt war die Siedlung längst von Standort des Rathauses ein. Die hoch- stadt. Ihr Rückgrat ist die nach Westen städtischen Strukturen geprägt. Um mittelalterliche Marktsiedlung bestand hin bis zur Servatiuskirche verlängerte 1200 war Duderstadt mit einer Wall- aus der platzartigen Marktstraße und Marktstraße. Sie verbindet die beiden Graben-Befestigung versehen worden. dem südlich von der Marktstraße abge- Pfarrkirchen wie eine Spange, die sich Ratsherren (consules) und Stadtsiegel henden Gropenmarkt. Vorerst erstreckte zu beiden Sakralbauten hin trichterför- lassen sich seit 1255 nachweisen. Ver- sich die Marktsiedlung vermutlich bis mig aufweitet. Beide Häuserfluchten mutlich wurde schon in der 2. Hälfte zur Einmündung der heutigen Jüden- der Marktstraße sind demnach leicht des 13. Jahrhunderts ein Vorgänger- straße. Zum Westbau von St. Cyriakus bauchförmig gerundet. Das erst in bau des heutigen Rathauses errich- hin weitet sich die Marktstraße auf und Spätmittelalter und früher Neuzeit zur tet. In der Mitte des 14. Jahrhunderts geht in die Kirchhofbebauung über. Im heutigen Gestalt ausgebaute Rathaus gelangte Duderstadt aus welfischem ursprünglichen Zustand zeigte sich der befindet sich am östlichen Drittelspunkt Besitz mit dem an das Kur- Gropenmarkt als weiter Marktplatz. des Straßenmarktes und springt leicht fürstentum Mainz. Dort entstand in mehreren Bauphasen aus der Straßenflucht vor. Damit wird Als frühester Siedlungsbereich gilt schließlich die zusammenhängende die Wirkung des Marktensembles noch das Quartier im südlichen Umfeld der Baugruppe von Rat- und Kaufhaus. einmal gesteigert. Servatiuskirche. Es handelte sich um ei- Das 13. Jahrhundert sah den plan- Parallel geführte Straßenzüge be- nen königlichen Hof, auf den sich die mäßigen Ausbau Duderstadts. Die gleiten die Marktstraße: im Norden die Ersterwähnung von 929 bezieht. Dieser Stadt lag seinerzeit an einer wichtigen mehrfach sanft geschwungene Hinter- wurde später als Herzogshof genutzt Kreuzung von Fernhandelsstraßen, die straße, in der südlichen Hälfte Kurze und ist nicht genau zu lokalisieren. von Nord nach Süd sowie von Westen und Scharrenstraße sowie Haber- und DUDERSTADT 15

Senkrechtluftbild der Innenstadt mit ummauerter Altstadt, historischen Vorstädten und äußerem Wallring.

Steinstraße. Von den wenigen und zuführt. Der südwestliche Abzweig en- Rechnungsbuch von 1397. Neutor und untergeordneten Querstraßen fungie- dete vor der Stadtmauer und wurde Neutorvorstadt entstanden erst im 15. ren Apotheken- und Jüdenstrasse als erst 1889 als Bahnhofstraße über den Jahrhundert. Torstraßen. Beide münden versetzt in die historischen Mauerring hinaus verlän- 1424 zerstörte ein großer Stadt- Marktstraße ein, wobei die Jüdenstraße gert. brand die im Norden der Marktstraße gegenüber dem Rathaus nach Norden Ein weiteres Wachstum Duder- gelegenen Quartiere. Das Unglück ist abzweigt. Nach Süden hin fällt das Ge- stadts führte im 14. Jahrhundert zur auch anhand einer Inschrift am unmit- lände um einige Meter ab, sodass die Bildung von Vorstädten. Sie erstrecken telbar nach dem Brand neu errichteten Querstraßen hier deutliche Steigungen sich entlang der Ausfallstraßen vor den Westertorturm überliefert. Mit dem Wie- aufweisen. Im Westen gabelt sich der vier inneren Stadttoren und sind bis deraufbau beabsichtigte der Stadtrat Straßenmarkt bei St. Servatius in zwei heute an ihrer überwiegenden Fach- die Erweiterung Duderstadts um eine diagonal verlaufende Straßenzüge, von werkbebauung zu erkennen. Erstmals Vorstadt, was Erzbischof Dietrich von denen die nach Nordwesten führende erwähnt wurden die Vorstädte vor dem Mainz 1436 genehmigte. Im 16. Jahr- Spiegelbrücke auf den Westertorturm Ober-, Stein- und Westertor in einem hundert wurde die Gesamtstadt mit ei- 16 DUDERSTADT

Stadtplan von J. G. Lingemann, 1803. ner weitläufigen Wallanlage umgeben. Im weiteren Verlauf stagnierte die wurden. Es entstand ein Grüngürtel An den Vorstadt- bzw. Ausfallstraßen Entwicklung Duderstadts, sodass die mit zahlreichen Bürgergärten. Diese entstanden an den Walldurchlässen Flächen der weitläufigen Stadterwei- Situation hat sich im Prinzip bis heute wiederum Toranlagen, die von steiner- terung mit Ausnahme der bereits vor- erhalten. Sie stellt für Niedersachsen nen Rundbastionen flankiert wurden. handenen Ausfallstraßen kaum bebaut ein Alleinstellungsmerkmal Duderstadts DUDERSTADT 17

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0 100 200 300 m © Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017

herrschaftl. Siedlung (10. Jh.) Wall 1 - St. Cyriakus 2 - St. Servatius Marktsiedlung (10. - 12. Jh.) ehem. Wall / Bastion 3 - Liebfrauenkirche 4 - Kaufhaus und Rathaus Stadterweiterung (13. Jh.) Wasserlauf 5 - Neutor 6 - Obertor Vorstädte (ab 14. Jh.) ehem. Wasserlauf bzw. Graben 7 - Steintor 8 - Westertor mit Westertorturm Sakralbau u. städtische Bauten heutige Bebauung 9 - Bahnhofstraße (1889)

mittelalterliche Stadtbefestigung

Stadtbefestigung nicht erhalten Städtebauliche Entwicklung der Altstadt. 18 DUDERSTADT

1896 1720 1424

1911 1424

1852

1915 1911 1507

1848

Kartierung der großen Stadtbrände im Stadtkern.

Westteil der Altstadt nach dem Großbrand von 1911, zeitgenössische Ansichtspostkarte. Westertorturm, Stadtseite. dar – hier lassen Wall- und Mauerring Nach dem frühesten und wohl war der Brand von 1852, welcher ei- die historischen Prozesse ihrer Entste- auch größten überlieferten Stadt- nen Großteil der Bebauung zwischen hung noch erkennen. Die Wall- und brand von 1424 wurde Duderstadt Markt- und Hinterstraße verschlang. Parkanlagen erlauben besonders im wiederholt von Feuerkatastrophen Das Feuer griff sogar auf St. Cyriakus Süden ungestörte Blicke auf die unver- heimgesucht. 1720 brannte das ge- und einen Teil der Marktbebauung sehrte Silhouette der Altstadt innerhalb samte Quartier nördlich der Hin- östlich des Rathauses über. 1911 traf des großenteils erhaltenen Mauerrings terstraße vom Westertorturm bis zur es das Viertel westlich der Servatius- (1.050 von 1.700 Meter). Jüdenstraße ab. Noch verheerender kirche. Nur vier Jahre später wurden DUDERSTADT 19

Blick vom Stadtpark auf Stadtmauer und St. Cyriakus.

Obere Marktstraße mit Westbau von St. Aussicht vom Rathausturm nach Westen mit St. Servatius und Westertorturm. Cyriakus und Mariensäule. die Häuserblöcke nördlich und südlich und verdrehten Helm des Westertors hundertjähriger Bauzeit eine gotische von St. Servatius verwüstet, wobei der und dem bewegten Umriss des Rat- Staffelhallenkirche mit schönen Netz- Kirchenbau ebenfalls ausbrannte. hauses. gewölben (das Mittelschiff ist geringfü- Die Fernsicht wird von vier Haupt- Die Propsteikirche St. Cyriakus gig höher als die Seitenschiffe). Nach baudenkmälern dominiert: der Dop- besaß einen romanischen Vorgänger- dem Brand von 1852 wurde die Turm- pelturmfront von St. Cyriakus, dem bau. Nachdem im 13. Jahrhundert der fassade erneuert und mit Aufbau des Turm von St. Servatius mit seinem wuchtige Westbau mit dem Nordturm Südturms in seiner heutigen Gestalt originellen Aufbau, dem nadelspitzen begonnen war, entstand seit 1394 in vollendet. Die Probsteikirche St. Cyria- 20 DUDERSTADT kus wurde inzwischen zur Basilica mi- nor erhoben. Auch die Servatiuskirche ist eine Staffelhalle des 14. und 15. Jahrhun- derts. Sie wurde durch den Brand von 1915 stark beschädigt. An Stelle des zerstörten Turmhelms entstand 1928 eine phantasievolle Neuschöpfung. Mit dem Rathaus steht nicht nur ein bedeutendes Beispiel für diese Ge- bäudegattung vor Augen, sondern eine Inkunabel der deutschen Fachwerkar- chitektur schlechthin. Als Kern lässt sich noch immer das 1303 errichtete steinerne Kaufhaus ablesen, ein groß- er zweigeschossiger Saalbau. Der dort südlich anschließende Ursprungsbau des Rathauses wurde 1432 durch ei- nen Neubau aus Quadersteinen ersetzt (Ratsstubenbau). Prägend für die heutige Erscheinung des Bauwerks als Wahrzei- chen waren die umfassenden Umbauten der Jahre um 1530. Nun entstanden die doppelstöckige steinerne Laube zum Markt und die Fachwerk-Obergeschosse mit den charakteristischen Türmchen. Die Fachwerkarchitektur des Rathauses steht am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance. Das Rathaus ist Höhepunkt in einem Stadtbild, das annähernd 500 Fachwerkhäuser zählt. Deutlich lassen Quartiere und Straßenzüge die Fol- gen der Stadtbrände erkennen: Wäh- rend die Hinterstraße großenteils vom Barockfachwerk der Zeit nach 1720 geprägt ist, zeigt die Nordseite der Marktstraße schlichte klassizistische Fachwerkbauten aus der Zeit nach 1852. Sie waren zur Bauzeit allerdings großenteils verputzt oder geschlämmt. Im Westen der Altstadt wurden die 1911 und 1915 abgebrannten Häuserblöcke Nordfassade des Rathauses mit Laube. Die Überdachung des Treppenaufbaus von 1674 mit fast ausschließlich in Massivbauweise frühbarocken Schnitzfiguren. wiederaufgebaut. DUDERSTADT 21 Aufgrund der großflächigen Brände konzentrieren sich Fachwerkbauten aus den Epochen vor 1730 in den Quar- tieren südlich der Marktstraße. Ein ge- schlossenes Ensemble von Häusern aus Gotik, Renaissance und Frühbarock präsentiert sich entlang der Apotheken- straße. Wichtig für die Bau- und Haus- forschung ist das inzwischen erarbeitete Kellerkataster für Duderstadt. Hier sind 338 mittelalterliche Gewölbekeller do- kumentiert. Wie in den Harzstädten und in Südniedersachsen üblich, sind die Bür- gerhäuser Duderstadts mit wenigen Ausnahmen traufständig. Die ältesten spätgotischen Fachwerkbauten ent- standen um 1500. Sie zeigen hohe Dielen mit Zwischengeschossen in Ständerbauweise. Ihren Charakter be- stimmen kräftige Fachwerkgefüge mit weit vorkragenden Obergeschossen, wobei die auskragenden Balkenköpfe von tief heruntergezogenen Knaggen gestützt werden. Hohe Dielen und Zwischenge- schosse kommen auch noch bei frü- Blick von Norden in die Apothekenstraße mit Häusern des 16. und 17. Jahrhunderts. Im hen Renaissancehäusern des 16. Jahr- Hintergrund das Barockhaus Steinstraße 2 (1697) mit seinen seine Zier- und Neidköpfen. hunderts vor. Diese zeigen nun reiches Schnitzwerk: Fächerrosetten, In- schriften, Schiffskehlen und Taustabor- namente. An den Fassaden der späten Renaissancehäuser aus der Zeit um 1600 finden sich auch Schnitzereien, die aus der zeitgenössischen Steinar- chitektur übernommen sind: Gesimse mit Zahnschnittfriesen, Blendarkaden und Beschlagwerk. Einige Häuser zei- gen Inschriften mit reformatorischen Inhalten, obwohl die Reformation in Duderstadt ab 1579 vom Mainzer Landesherrn zurückgedrängt wurde. Nach 1600 wurden zumeist rei- ne Stockwerkbauten mit eigenständig Apothekenstr. 10, spätgotischer Bau (1510) Steintorstraße 26 (links, 2. H. 16. Jh., mit verzimmerten Geschossen errichtet, mit hoher Diele und Zwischengeschoss. Fächerrosetten) und Nr. 27 ( 17. Jh.). 22 DUDERSTADT

Häusergruppe an der Marktstraße. Die Häuser Nr. 84 (links, 1620) und Haus Nr. 80 Nordseite der Hinterstraße mit Barock- (Mitte rechts) gehören in die Spätrenaissance und zeigen Brüstungen mit Blendarkaden. fachwerkbauten aus der Zeit nach 1720.

Nordseite der Marktstraße mit nach dem Brand von 1852 errichteten Häusern. Sie waren Jüdenstraße 29 von 1725, Barockportal ursprünglich großenteils verputzt oder mit einer Schlämme versehen. eines ursprünglich verputzten Fachwerkbaus. DUDERSTADT 23 zum Bau hoher Dielen und Zwischen- geschosse kam es nur noch vereinzelt. Die Auskragungen der Obergeschosse gingen zurück, bis sie bei den Bau- ten des Spätbarock (ab 1750) und Klassizismus (ca. 1800- 1850) ganz wegfielen. Frühbarocke Häuser aus der Zeit um 1650-1700 wurden mit zeittypischen Schnitzereien und rei- chen Zierverstrebungen versehen. Die dekorativen Strebefiguren (gebogene Andreaskreuze, Rauten) und kleine Zapfen in den Brüstungen deuten auf den Einfluss des hessischen und thürin- gischen Fachwerks. Aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind prächtig verzierte Portale erhalten. Stattliche klassizistische Fachwerk- häuser prägen die einheitlich wirkende Nordseite der Marktstraße. Einige der von Doppelständerfachwerk geprägten Fronten erhalten mit ihren Zwerchhäu- sern eine durchaus repräsentative Wir- kung. In den Jahren um 1900 wurden die Formen historischer Fachwerkbauten im Rahmen von Historismus und Jugendstil noch einmal aufgenommen. Bemer- Der Barockbau Marktstraße 20 (1698) zeigt Schnitzereien und lebhafte Zierverstrebungen. kenswert sind Einheitlichkeit und Qua- lität der nach den Bränden von 1911 und 1915 neu entstandenen Quartiere im Westteil der Altstadt. Ihre Entwürfe stammen von dem Berliner Architekten Wilhelm von Tettau. Sie fügen sich vor- züglich in das Stadtbild ein. Das von weitgehend gut sanierten Fachwerkbauten geprägte Stadtbild Duderstadts mit seinen reizvollen Wall- anlagen ist in seiner Gesamtheit ein besonderer kulturhistorischer Schatz und daher als Stadtdenkmal geschützt.

Nach den Bränden von 1911 und 1915 als Massivbauten errichtete Häuser am Westende der Marktstraße. 24 EINBECK

Stadtansicht von Nordwesten, aus: Matthäus Merian, Topographia und Eigentliche Beschreibung Der ... Hertzogthümer Braunschweig und Lüneburg ..., Frankfurt a. M. 1654.

EINBECK Die Wurzeln der Stadt liegen je- siedlung. Sie erstreckte sich, dem doch nicht in Handel und Brauwesen, Verlauf eines alten Handelsweges ent- Einbeck genießt Bekanntheit als sondern in einem Hof der Grafen von sprechend, in West-Ost-Richtung und Stadt des Bieres. In der Tat war hier Katlenburg. Graf Dietrich II. gründete umfasste den heutigen Marktplatz bis der Gerstensaft im Spätmittelalter und hier 1082 das Kollegiatstift St. Ale- zur Langen Brücke sowie die Tiede- in der Frühneuzeit eine Haupteinnah- xandri. Im Jahr 1106 starb mit Graf xer Straße. Ein weiterer wichtiger Ver- mequelle. Die haltbaren Einbecker Dietrich III. der letzte Katlenburger. kehrsweg zweigte am Westrand des Biere wurden weit über den deutsch- Schließlich gelangten Grafenhof, Stift trichterförmigen Marktplatzes nach sprachigen Raum hinaus exportiert. und zugehörige Ländereien an Herzog Süden in Richtung Göttingen ab – die Bis heute lassen sich in der Architek- Heinrich den Löwen. In einer 1158 Marktstraße. An ihrer Südflanke wur- tur der historischen Wohngebäude von Kaiser Friedrich I. Barbarossa de die Siedlung durch eine Graben- Einbecks Wechselwirkungen zwischen ausgestellten Urkunde wurde die Be- befestigung gesichert, deren Verlauf Brau- und Baukunst nachvollziehen. lehnung auch des Besitzes „... in loco anhand von Maschen- und Knochen- Seine verkehrsgünstige Lage am Kreu- qui Einbike vocatur ...“ (an dem Ort, hauerstraße noch nachvollzogen wer- zungspunkt wichtiger Straßenverbin- der Einbeck genannt wird) an Heinrich den kann. Inmitten der Marktsiedlung dungen verschaffte dem Ort allerdings bestätigt. wurde wohl noch im 12. Jahrhundert auch einen wichtigen Rang unter den Zu diesem Zeitpunkt entstand im ein romanischer Vorgängerbau der mittelalterlichen Handelsstädten. Süden des Stiftsbezirks eine Markt- heutigen Marktkirche St. Jakobi er- EINBECK 25

Luftbild von Süden. Im Vordergrund die Neustadt, in der Mitte: Markt und St. Jakobi, ganz oben: Stiftskirche St. Alexandri. richtet. Es ist stark anzunehmen, dass Wesentlichen drei Längsstraßen, die des Kirchplatzes ein Nonnenkloster Heinrich der Löwe im Rahmen seiner mittig von der südlichen Fortsetzung der Augustinerinnen (heute Standort „Städtebaupolitik“ auch die Einbecker der Marktstraße gekreuzt werden. Amtsgericht). Marktsiedlung gefördert hat. Die nördliche Längsstraße (Hullerser Mit der Anlage der Neustadt be- Während der Herrschaft Herzog und Altendorfer Straße) verband zwei gann die Gesamtbefestigung Ein- Ottos (das Kind) von Braunschweig- Stadttore und ist dominante Achse der becks. Der Verteidigungsring bestand Lüneburg wurde südlich der Markt- Neustadt. An der Hauptkreuzung ent- aus einer seit 1264 urkundlich be- siedlung gegen 1230/40 die Neustadt stand die 1264 erstmals (indirekt) er- legten Mauer mit fünf Toren sowie angelegt. Diese erscheint nach ein- wähnte Neustädter Marienkirche. Der einem vorgelegten Graben. Dazu ver- heitlicher Planung wie aus einem Guss heutige Neustädter Kirchplatz entstand legte man den Bachlauf des Krummen und ist auf dem Stadtplan und im Luft- 1963, als die Marienkirche wegen an- Wassers um die West- und Südflanke bild deutlich erkennbar. Ein Rechteck geblicher Baufälligkeit abgebrochen des Mauerrings. Größere Abschnitte von ca. 500 x 300 Meter umfasst im wurde. Ab 1318 entstand westlich der ursprünglich 7-8 Meter hohen 26 EINBECK Stadtmauer sind im Westen und Süd- westen noch erhalten. Sie wurde mit halbrunden und eckigen Türmen ver- sehen. Seit dem späten 14. Jahrhun- dert wurde die Befestigung mehrfach ausgebaut, um den Anforderungen der Kriegsführung mit Pulverwaffen zu ent- sprechen. Vor der Mauer entstand ein umlaufender Wall mit einem zweiten Graben. Die Toranlagen wurden über die Wall- und Grabenverläufe hinweg mit Zwingermauern und Vortoren er- weitert. In der Frühneuzeit kamen an den Toren und an der Nordwestecke aus Erde errichtete Bastionen hinzu (siehe Stadtplan von 1750). Während der Vollendung des Mauerrings um 1300 war auch die Fläche innerhalb der Befestigungen aufgesiedelt. Dies gilt für die Quar- tiere im Süden des Stiftsbezirks sowie den Bereich der ursprünglichen Gra- benbefestigung zwischen Marktsied- lung und Neustadt. Die sumpfige Nie- derung des Petersilienwassers musste für eine Bebauung erst trockengelegt werden. Die Nord-Süd-Achse Benser und Marktstraße wurde bis westlich der Stiftskirche verlängert, ohne dort ein Stadttor einzurichten. Dieses war mit der Anlage des Neuen Marktes im Nordosten entstanden (Ostertor). Ganz im Norden der Altstadt er- hebt sich in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Stadtmauer die mächtige Stiftskirche St. Alexandri. Sie war im Mittelalter mit ihrer Heilig-Blut-Reli- quie auch ein beliebter Wallfahrtsort. Archäologische Ausgrabungen konn- ten einen bedeutenden romanischen Vorgängerbau lokalisieren. Die go- tische Kirche entstand seit Ende des 13. Jahrhunderts (Baubeginn des Stadtgrundriss von Johann Arnold Hallensen, 1750 (Original um 90° gedreht). Chors) in mehreren Etappen, bis nach 1500 die Arbeiten am Westbau ein- EINBECK 27 1 - Stiftskirche St. Alexandri 2 - Marktkirche St. Jakobi 3 - Rathaus und Ratswaage 4 - Hospital St. Spiritus 5 - ehem. Clarissenkloster 6 - Ostertor 7 - Altendorfer Tor 8 - Benser Tor 1 9 - Hullerser Tor 10 - Tiedexer Tor 11 - ehem. Augustinerkloster 12 - ehem Neustädter Marienkirche 13 - ehem. Augustinerinnenkloster 6 14 - ehem. Mönchshof (Amelungsborn) 10

Stiftsbezirk/Grafenhof (E. 11. Jh.)

Marktsiedlung (um 1150) 2 Neustadt (1. H. 13. Jh.) 4 3 11 Aufsiedlung (ab Mitte 13. Jh.) 5 Sakralbau u. städtische Bauten 9 Gebäude nicht erhalten

mittelalterliche Stadtbefestigung 14 13 12 7 Stadtbefestigung nicht erhalten

Wall

ehem. Wall

ehem. Graben/Wasserlauf

heutige Bebauung 8

© Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017 0 100 200 300 m N

Städtebauliche Entwicklung der Altstadt im Mittelalter. 28 EINBECK Dem Stadtbrand von 1540 fiel die gesamte Fachwerkstadt innerhalb des Mauerrings zum Opfer. Lediglich das Innere der Stiftskirche blieb unbeschä- digt. Das Feuer wurde in den Wirren der Reformationszeit vermutlich durch eine politisch-konfessionell motivierte Brandstiftung entfacht. Es forderte un- 1540 gesicherten Überlieferungen zufolge ca. 400 Todesopfer. Der Wiederauf- bau erfolgte außerordentlich zügig in traditioneller Weise mit traufständigen 1900 Dielenhäusern. Diesem Umstand ist 1832 es zu verdanken, dass Einbeck mit der Nordseite der Tiedexer Straße eines der eindrucksvollsten und einheit- 1549 1549 lichsten Fachwerkensembles aus der Mitte des 16. Jahrhunderts aufweisen kann. 1826 Die Stadt wurde auch nach 1540 wie kaum ein anderer Ort von Brän- den heimgesucht. Schon 1549 fiel ein 1628 Großteil der Quartiere südlich des Marktes wiederum in Asche. Nachdem 1641 1628 die Neustadt abermals verwüstet worden war, richtete hier während des Dreißigjährigen Krieges eine Beschie- ßung 1641 weitere Zerstörungen an. Ein Großbrand hinterließ in der Neu- stadt 1826 erneut umfangreiche Schä- Kartierung der Stadtbrände. den. Der letzte Flächenbrand erfasste 1832 die Südseite des Marktplatzes. Eigentliches Wahrzeichen Einbecks gestellt wurden. Dieser war als wuch- turm neigt sich nach Westen und ge- ist das Rathaus, das als steinerner tige Doppelturmfront angelegt und hört mit seiner Renaissancehaube zu Saalbau mit Fachwerkobergeschoss blieb unvollendet (Abschluss aus der den Wahrzeichen der Stadt. Die flach nach dem Stadtbrand von 1540 neu Barockzeit). Die aus rötlichem Weser- abschließende Chorpartie von St. Ja- errichtet wurde. Unverwechselbares sandstein errichtete Hallenkirche ge- kobi beherrscht den Marktplatz. Erkenungszeichen des Gebäudes hört zu den bedeutendsten Baudenk- Weitere Sakralbauten des Mittel- sind die drei Vorbauten mit ihren Ke- mälern Einbecks. alters sind die Heiliggeist-Spitalkapel- geltürmen von 1556 und 1593. Die Auch der Westbau der im 13./14. le und das Clarissinenstift. Der Name steinernen Gebäudeteile beinhalten Jahrhundert errichteten Marktkirche des Möncheplatzes weist auf die dort noch Bausubstanz des 1334 erstmals St. Jakobi deutet auf die ursprüngliche bis 1770 vorhandenen Baulichkeiten erwähnten Vorgängerbaus. Der kleine Planung einer Zweiturmfassade. Der des früheren Augustinerklosters hin. Platz hinter dem Rathaus (Hallenplan) schließlich um 1500 vollendete Einzel- gehörte zum Marktbereich. Hier be- EINBECK 29

Marktkirche St. Jakobi. Stiftskirche St. Alexandri, Südostansicht. fanden sich die festen Verkaufsstellen der Fleischer. Neben den Großbauten existierten auch vereinzelt steinerne Wohnhäuser, wie ein markanter Bruchsteingiebel an der Marktstraße zeigt. Trotz der vielfachen Brände werden heute weite Teile der Altstadt von Fach- werkhäusern des 16. Jahrhunderts ge- prägt. Die einheitliche Bauweise nach den Bränden von 1540 und 1549 zeigt den im Prinzip noch spätmittel- alterlichen Typ des städtischen Dielen- hauses. Dieser weist hohe Dielen mit großen Toröffnungen zur Straße hin auf. Über den Dielen und den dort teilweise eingefügten Zwischengeschossen erhe- ben sich die vorkragenden Speicher- stockwerke. Viele Häuser sind noch Marktfront des Rathauses, daneben die Ratswaage von 1565 (rechts). 30 EINBECK

Marktplatz und Jakobikirche, Luftbild von Südosten, oben links die Tiedexer Straße. Massiver Brandgiebel an der Marktstraße.

als Ständerbauten verzimmert, nur die und dem Kochen auf offener Herdstel- Obergeschosse der Straßenfronten le die Hausbrauerei. Hier wurden die sind in Stockwerkbauweise konstru- großen Braupfannen aufgestellt, die iert. Zahlreiche Fassaden wurden ur- entsprechend befeuert werden muss- sprünglich von Erkern belebt, die nach ten. Für den Abzug von Rauch sorgten ihrem Rückbau im 18. und 19. Jahr- große Rauchfänge, die ihn in die ho- hundert heute anhand von Befunden hen Dachräume leiteten. noch ablesbar sind. Sie setzten meist Charakteristisch für Einbeck sind, im Zwischengeschoss an und reichten wie für das gesamte Oberwesergebiet, in das vorkragende Obergeschoss. Dachdeckungen mit Buntsandstein- Das Erscheinungsbild der einheitlich platten aus dem Solling. Sie geben bebauten Straßenzüge zeigte damit im den hoch aufragenden Steildächern 16. Jahrhundert eine heute nur noch zu ihr besonderes Gepräge. Allerdings erahnende Lebendigkeit. wurden in Einbeck zahlreiche Dach- Der Hauptzweck der Dielen war werke im 18. und 19. Jahrhundert mit neben dem Transport landwirtschaft- geringerer Neigung oder als Mansar- Dachlandschaft in der Marktstraße. licher Güter auf das Hintergrundstück dendächer erneuert. EINBECK 31

Auf dem Steinwege 11 (1548, heute Nordseite der Tiedexer Straße mit geschlossener Zeile mit nach 1540 errichteten Häusern. Städtisches Museum), großes Bürger- haus mit erhaltenem Erker.

Neben den großen Kaufmanns- und Brauhäusern sind in Einbeck auch Zeilen von kleineren Wohnhäusern aus dem 16. Jahrhundert erhalten, so an der Knochenhauerstraße und am Brei- ten Stein. Es handelt sich um Ständer- bauten, die im Prinzip nur aus einem Dielenerdgeschoss bestehen. Diese Buden – Wohnhäuser der einfachen sozialen Schichten – benötigten keine Speicherstockwerke. Bei den Schmuckformen des Fachwerks dominieren Fächerroset- ten. Diese sind fast ausschließlich auf den dreieckigen Flächen angebracht, die von den Ständerfüßen und den zu- gehörigen Fußwinkelhölzern (Streben) Marktplatz-Nordseite mit Brodhaus (Bäckergildehaus, 1552) und Ratsapotheke (nach 1540). 32 EINBECK gebildet werden. Die in den Jahren nach dem Brand von 1540 errichte- ten Häuser weisen auch noch spätgo- tische Schmuckmotive wie Friese mit Gardinen- und Maßwerkbögen auf. Außerdem sind in Einbeck Inschriften und originelle Groteskenfriese zu be- sichtigen. Die Zierschnitzereien erreichten im frühen 17. Jahrhundert einen für die Stadt singulären Höhepunkt: Das 1612 errichtete „Eickesche Haus“ Marktstraße 13 weist eine lückenlos geschnitzte Spätrenaissance-Dekora- tion mit figürlichen Darstellungen auf. Kräftige Kriegerfiguren scheinen die Hausecke zu tragen. Nachdem Ende der 1990er Jahre massive statische Probleme festgestellt worden waren, konnte das kostbare Bauwerk bis 2006 durch die „Stiftung Eickesches Haus“ aufwendig restauriert werden – ein vorbildliches Beispiel bürger- schaftlichen Engagements. Nachdem die Bedeutung der Bierproduktion zurückgegangen war, entstanden auch in Einbeck seit dem 17. Jahrhundert überwiegend Fach- werkhäuser in Stockwerkbauweise mit niedrigen Erdgeschossen. Statt hoher Dielen erhielten die Häuser durchge- hende Flure und Treppenhäuser. Die Bürgerhäuser der Barockzeit weisen handwerklich gediegene Fach- werkgefüge auf (u.a. Neuer Markt 33). Besondere Akzente setzen hier reich gestaltete Hauseingänge. Sym- metrische Fassaden und Doppelstän- derfachwerk geben den Häusern die Proportionen von Massivbauten. Klassizistische Fachwerkbauten finden sich aufgrund der Brände be- sonders in der Neustadt und an der Marktstraße 13, errichtet 1612. Das „Eickesche Haus“ ist ein Meisterwerk des Fach- Marktplatz-Südseite. Sie zeigen keine werks der Spätrenaissance. Auskragungen und kaum Schnitz- EINBECK 33

Barockfachwerkbauten aus der 1. Hälfte Neuer Markt 33 (links) von 1769 ist ein schönes Beispiel des spätbarocken Fachwerks, des 18. Jh. (Wolperstraße 7 und 9). daneben der Renaissancebau Nr. 35 mit Inschriften und Fächerrosetten. werk. Einheitliche Traufhöhen und hohe Stockwerke verleihen solchen Häuserzeilen einen repräsentativen Charakter. Auch Bauten des Historis- mus zeigen im Sinne der Zeit gestal- tete Fachwerkelemente. Diese grei- fen noch einmal das Repertoire des „klassischen“ Fachwerkbaus aus dem 16. Jahrhundert auf. Mit ihrem geschlossenen noch spätgotischen Fachwerkensemble aus der Mitte des 16. Jahrhunderts nimmt Einbeck eine Sonderstellung unter den Fachwerkstädten nicht nur in Nie- dersachsen ein.

Südseite des Marktes mit klassizistischen Häusern der Zeit nach dem Brand von 1832. 34 HANN. MÜNDEN

Stadtansicht von Norden, aus: Matthäus Merian, Topographia und Eigentliche Beschreibung Der ... Hertzogthümer Braunschweig und Lüneburg ..., Frankfurt a. M. 1654

HANN. MÜNDEN Umgebung, andererseits aber auch auf mittelalterlichen Städtebaus besticht. ihre bauliche Schönheit. Die beengten Der Handel über Land- und Wasser- Eine Überlieferung besagt, Alexan- Platzverhältnisse im Schnittpunkt drei- wege war das Lebenselixier Mündens. der von Humboldt habe Münden zu er Flusstäler ließen eine ungewöhnlich Davon zeugt die seit 1329 überlieferte, den sieben schönst gelegenen Städten dicht und einheitlich bebaute Altstadt aber wohl schon um 1220 errichtete der Welt gezählt. Auch wenn dies nicht entstehen. Neben den Dominanten steinerne Bogenbrücke über die Werra. gesichert ist: Die in wundervoller Land- Schloss, Pfarrkirche und Rathaus drän- Landschaft, Brücke, Stadt und Schloss schaft gelegene Stadt, in der sich Wer- gen sich ca. 450 oft viergeschossige bilden ein großartiges Panorama. ra und Fulda zum Weserstrom vereini- Fachwerkhäuser aneinander. Und dies Der regelmäßige Grundriss weist gen, ist ein besonderes Kleinod. Ihr Ruf in einer wohlgeordneten Stadtanlage, Hann. Münden als mittelalterliche gründet sich einerseits auf die reizvolle die als unverfälscht erhaltenes Denkmal Gründungsstadt aus. Ihr Gründungs- HANN. MÜNDEN 35

Luftbild von Süden, im Hintergrund die Vereinigung von Fulda (links) und Werra zur Weser. vorgang ist bis heute nicht eindeutig weist. Das 1183 bereits als Stadt be- dener Kaufleute eine kontinuierliche geklärt. Dieser erfolgte zwischen 1165 zeichnete Münden liegt noch heute Grundlage für Einkünfte aus dem Zwi- und 1180, wobei als Initiatoren so- in unmittelbarer Nähe der Grenze zu schenhandel: Alle Waren mussten hier wohl (sehr wahrscheinlich) Heinrich der Hessen, auch Thüringen ist nicht weit ausgeladen und zum Verkauf angebo- Löwe, aber auch die hessisch-thürin- entfernt. Eine schon zwischen 802 und ten werden. Das Privileg währte im- gischen Landgrafen in Frage kommen. 817 erwähnte Siedlung mit dem Na- merhin bis 1824. In der Dreiflüssestadt Ein Blick auf den leiterförmigen Stadt- men „Gemundin“ lag weiter nördlich wurde besonders mit der in Thüringen plan mit den hervorstechenden Längs- am Westufer der Weser. angebauten Färbepflanze Waid ge- straßen lässt eher auf eine welfische Mit dem 1247 von Herzog Otto I. handelt. Von See her kamen über die Gründung schließen, wie der Vergleich von Braunschweig und Lüneburg ver- Weser Fischereiprodukte ins Binnen- mit der Stadtanlage Göttingens be- liehenen Stapelrecht erhielten die Mün- land. Ab 1247 errichteten die Welfen 36 HANN. MÜNDEN auf der Burg im Südosten der Altstadt einen ihrer Herrschersitze. Seit dem Spätmittelalter erlebte Münden bis zum Dreißigjährigen Krieg eine besondere Blütezeit, wovon noch heute Schloss, Rathaus und außerordentlich zahlreiche Fachwerkbauten künden. Der Dreißigjährige Krieg warf auch Münden zurück, besonders die Erobe- rung durch ein Heer Tillys im Jahr 1626. Weitere Drangsale brachte der Sieben- jährige Krieg. Die maßvolle Industria- lisierung im 19. und 20. Jahrhundert beließ den Stadtkern unversehrt. Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz (1856) verlor die Flussschifffahrt ihre Bedeutung. Der schildförmige, zur Werra hin jedoch mit gerader Linie abschlie- ßende Stadtgrundriss zeigt ein klares Planschema mit vier Längsstraßen. Die mittlere Hauptstraße (Lange Straße) zielt auf das südliche Stadttor und auf das Brückentor im Norden. Die Quer- straßen dienten lediglich der Verbin- dung der Längsstraßen untereinander. Obwohl Mühlen- und Marktstraße an der Nordseite des Marktplatzes als do- minante Querachse erscheinen, zielten sie nicht auf weitere Stadttore. Außer den beiden Haupttoren existierten le- diglich Pforten, die fußläufige Verbin- dungen aus der Stadt besonders zu den Anlegeplätzen der Handelsschiffe bil- deten. Das ursprüngliche Planschema Plan von Münden und Umgebung aus dem Jahr 1728 (Ausschnitt). stellte sich noch klarer dar als im heu- tigen Stadtplan: Die Areale hinter den Stadtmauern wurden erst in der frühen Brückenkonstruktion etwas unterhalb St. Blasius dominiert den Marktbezirk. Neuzeit bebaut, um den unmittelbaren der heutigen Brücke. Die 1487-1502 vollendete spätgo- Zutritt zu den Befestigungsanlagen Im Kern des Straßenrasters ist eine tische Hallenkirche hatte einen roma- überall zu gewährleisten. Die Abkni- stattliche rechteckige Fläche für Markt nischen Vorgängerbau. Das einheit- ckung der Langen Straße zur Werrabrü- und Kirche ausgeschieden. In typischer lich-schlichte Bild des Gotteshauses cke hin erfolgte wohl erst im Zuge des Manier ist das Rathaus zwischen Markt wird in erster Linie durch ein gewal- Brückenbaus. Davor existierte anfangs und Kirchhof platziert (vgl. Göttingen, tiges, über alle drei Schiffe gefaltetes eine Furt und schließlich eine hölzerne Goslar, Lemgo u.v.a.). Die Pfarrkirche Satteldach erzeugt. Dessen First wird HANN. MÜNDEN 37 1 - Welfenschloss 10 2 - Werrabrücke 3 - Stadtkirche St. Blasii 4 - Rathaus 5 - St. Ägidien 2 6 - Obertor 8 7 - Unter- bzw. Brückentor Werra 8 - Packhaus Wanfrieder Schlagd 9 7 9 - Packhaus Bremer Schlagd 10 - Vorstadt Blume

1 4 Gründungsstadt (um 1170/80)

Bebauung ab 13. Jh.

öffentliche/herrschaftliche Bauten 3 Gebäude nicht erhalten

mittelalterliche Stadtbefestigung

Stadtbefestigung nicht erhalten

ehem. Wall

Fulda-Nebenarm ehem. hölzerne Flussbrücke 5 heutige Bebauung 6

N © Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017 0 100 200 300 m Städtebauliche Entwicklung der Altstadt. im Westen von einem untersetzt wir- Markt: Die schmale Häuserzeile zwi- der späten Weserrenaissance. Zen- kenden Achteckturm mit geschweifter schen Rathaus und Lange Straße ist als triert wird die ausgewogene, scheinbar Renaissancehaube (ab 1584 mit Tür- Nachfolgebebauung früherer Markt- symmetrische Front in einem präch- merwohnung) bekrönt. buden erst im Spätmittelalter entstan- tigen Bogenportal mit flankierenden Am Rathaus lässt sich als mittelal- den. Mit der großen Wirtschafts- und Doppelsäulen ionischer Ordnung. Die terlicher Kernbau ein rechteckiger Saal- Kulturblüte vor dem Dreißigjährigen vorgelagerte Freitreppe mit der kanzel- bau feststellen, dessen Südgiebel noch Krieg ließen die ehrgeizigen Stadtväter artig vorgeschobenen Balustrade gibt sichtbar ist. Dieser Kernbau stand auf das Rathaus 1603-1618 erweitern und dem Marktplatz einen eigenen Akzent. einem ursprünglich viel weiträumigeren kleideten es in den reichsten Formen Vor dem rechten Giebel fasziniert die 38 HANN. MÜNDEN lichte, geradezu in steinernem Fach- werk konstruierte Auslucht, ein Mar- kenzeichen der Weserrenaissance. Der Mauerring um Mündens Alt- stadt ist noch in Teilen erhalten. Sein einstiger Verlauf wird außerdem von mehreren Rund-, Hufeisen- und Scha- lentürmen markiert. Die beachtliche Höhe zweier Türme (Fährenpfortenturm an der Südwestecke; Hampescher Turm am östlichen Mauerverlauf) rührt von einer Erhöhung in den Jahren 1848 und nach 1860 her. Sie wurden seiner- zeit zur Herstellung von Bleischrot um- gebaut. In der Zeit um 1500 wurde die Befestigungsanlage mit Wallanlagen und Bollwerken verstärkt. Bedeutendes Zeugnis dafür ist die ab 1502 vor dem Oberen Tor auf Initiative Herzog Erichs I. erbaute Rotunde für die Stationierung von Geschützen (Abb. Seite 9). Wei- tere Bollwerke befinden sich vor der Nordostecke des Schlosses, an der Luftbild mit Markt, Rathaus und St. Blasii von Nordwesten. Nordwest-ecke (Schlagdspitze) und im Südosten der Altstadt. Nachdem die Stadtmauer zunehmend ihre forti- fikatorische Bedeutung verlor, rückte die Wohnbebauung an vielen Stellen an die Stadtmauer heran, an verschie- denen Stellen wurde sie auch von Fach- werkhäusern überbaut. Nach Rückkauf der Stadtbefesti- gung durch die Stadt erfolgte ab 1836 stellenweise ihr Abbruch. An den Schiffsanlegeplätzen, den Schlagden, entstanden um 1840 an Stelle der ehemaligen Stadtmauer zwei mäch- tige klassizistische Speicherbauten. Sie prägen die Wasseransichten Mün- dens entscheidend mit. Herzog Erich I. von Göttingen-Ca- lenberg wählte Münden zur Residenz und ließ ab 1501 an Stelle der mittel- alterlichen Burg einen spätgotischen Blick von Norden auf Werrabrücke und Welfenschloss. Schlossbau errichten. Davon zeugen HANN. MÜNDEN 39

Sydekumstraße mit Westgiebel des Marktfront des Rathauses. Schlosses. noch der Wendeltreppenturm in der Hofecke und die hohen Maßwerkfens- ter der Kapelle. Nach einem Brand 1560 erfolgte unter Erich II. der Wie- deraufbau in Renaissanceformen. Der wuchtige Nordflügel erhielt Zwerch- häuser und über der Schmalseite nach Westen hin einen Volutengiebel, welcher die Gassen der nördlichen Altstadt eindrucksvoll beherrscht. Die nüchterne Wirkung der Hoffassaden rührt von dem bedauerlichen Verlust der hölzernen Renaissancearkaden her. Auch der einstige Südflügel ist seit 1849 nicht mehr vorhanden. Einen kunsthistorischen Höhepunkt bieten die beiden Renaissancegemächer im Wer- raflügel: Das „Gemach zum weißen Ross“ und das „Römergemach“ können mit ihren Wandmalereien (1575/80) in Stadtmauer und Packhaus am Seitenarm der Fulda (Bremer Schlagd). 40 HANN. MÜNDEN

Ziegelstraße 66 (um 1400) mit Dielenpor- tal und Vorkragung übereck.

Ziegelstraße 66, Rückseite in Ständerbau- Ziegelstraße 2 (um 1429), gotisches Giebelhaus mit Renaissanceumbau (16. Jh.): im weise mit langen Streben (Schwertungen). 1. Obergeschoss erhielt das giebelseitige Zwischengeschoss eine auskragende Fassade mit eng gereihten Andreaskreuzen und reichem Schnitzwerk. HANN. MÜNDEN 41 weitem Umkreis als köstlichste Raum- Schon um 1450 taucht Schnitzwerk schöpfungen der Renaissance angese- auf, wie das 1457 erbaute Küsterhaus hen werden. von St. Blasius (ältester inschriftlich Die Stadtanlage mit den groß- datierter Fachwerkbau im Fachwerk- en Baudenkmälern lebt jedoch von 5Eck) beweist. Das als „Ochsenkopf“ einem fast lückenlosen Fachwerkbe- bezeichnete Haus Sydekumstraße 8 ist stand, welcher die lang hingezogenen Mündens bekanntester Fachwerkbau. Straßen der Altstadt dominiert. Im Un- Trotz seines altertümlich erscheinenden terschied zu den anderen Städten des Gefüges hat hier die dendrochronolo- Fachwerk5Ecks sind in Hann. Münden gische Untersuchung ein verhältnismä- keine Flächenbrände überliefert, denen ßig spätes Baujahr ergeben: 1528/29. ganze Stadtquartiere zum Opfer fielen. Die Fachwerkhäuser Mündens las- Selbst während der Beschießung und sen sich, einschließlich der spätmittel- Erstürmung durch Truppen Tillys im alterlich-gotischen, in insgesamt sechs Dreißigjährigen Krieg (1626) kam es Bauperioden einordnen. Jede dieser lediglich zu punktuellen Zerstörungen. Epochen wird durch eine stattliche An- Vermutlich ist es diesen Umständen zahl von Beispielen vertreten, die ihrer- zu verdanken, dass in der Dreiflüssestadt seits eine große Bandbreite in der Bau- auch die bisher ältesten nachweisbaren gestaltung aufweisen. Vorherrschend Sydekumstraße 8, der „Ochsenkopf“ von Fachwerkhäuser im Fachwerk5Eck ste- ist das Traufenhaus, aber die meisten 1528/29. Giebelhaus mit Seitenwänden in hen: Burgstraße 19 (1381) und Lange der mit ihrer Dachseite zur Straße aus- Ständerbauweise und überputzten Riegeln. Straße 17 (1383, beide an den Fassa- gerichteten Bauten zeigen ein übergie- den völlig umgebaut) sowie Ziegelstra- beltes Zwerchhaus. Unter den Bauten ße 66 (1400, komplett erhalten). Ihre des 15. und 16. Jahrhunderts finden Datierungen konnten anhand dendro- sich allerdings auch stattliche Giebel- chronologischer Untersuchungen er- häuser („Ochsenkopf“). mittelt werden. In den beiden Bauperioden der Die Häuser gehören zum Bestand Renaissancezeit (Frührenaissance: um der spätmittelalterlichen bzw. go- 1530 bis um 1560/70 und Hoch-/Spät- tischen Fachwerkbauten. Bei diesen renaissance: um 1570 bis um 1650) handelt es sich um Dielen- bzw. Hal- werden die Schnitzereien reicher, die lenhäuser in Ständerbauweise, wobei Bandbreite reicht nun von Schiffskehlen die Straßenseiten in Stockwerkbauwei- mit Taustäben über vielfältig gestal- se ausgeführt sind. Die Baudenkmäler tete Inschriften bis zu antikisierenden Ziegelstraße 66 und Sydekumstraße 8 Zahnschnittmustern mit Blendarkaturen zeigen das spätmittelalterliche Fach- und Konsolknaggen. Die letztgenann- werk besonders eindrucksvoll. Beide ten Zierformen der Spätrenaissance lassen die Mischkonstruktion aus Stän- korrespondieren mit zeitgenössischen der- und Stockwerkbauweise und die Steinbauten (vgl. Rathaus). Zu den ursprünglichen hohen Dielen mit ihren Schnitzornamenten gesellen sich kunst- spitzbogigen Toren gut erkennen. Die volle Verstrebungen, besonders dichte ältesten Häuser geben sich außerdem Reihungen von Andreaskreuzen. Seit durch kräftiges Balkenwerk mit Vor- Mitte des 16. Jahrhunderts überwiegt Renaissancehaus Tanzwerderstraße 13 (um kragungen über tief herabgezogenen der Stockwerksbau, wobei die hohen 1560), dahinter der im Kern spätgotische Knaggen zu erkennen. Dielenerdgeschosse seltener werden. Fachwerkbau Tanzwerderstraße 17. 42 HANN. MÜNDEN Ältere Häuser werden vielfach mit reich verzierten Erkern versehen. Die nächste Epoche umfasst die Barockzeit (um 1650 bis um 1780). Hier sind sparsamere Schnitzereien und geringere Auskragungen zu fin- den. Dafür treten gestalterisch wirk- same Verstrebungen und dekorativ angebrachte Hölzer in Erscheinung. Dazu gehören K-förmige Strebefiguren an den Hausecken und Zapfen unter Fensterbrüstungen. Am Haus Lange Straße 82 konnte eine illusionistische Bemalung mit gedrehten Säulen und Marmorierungen restauriert werden. Die Entwicklung zeigt, dass die Fach- werkarchitektur in Münden sowohl von niedersächsischen als auch hessischen und thüringischen Elementen geprägt ist. Diesen Einfluss zeigen auch Häuser der Zeit um 1700, deren Eckständer als plastisch geschnitzte Säulchen hervor- gehoben sind. Einen Sonderfall bilden die nur zweigeschossigen Reihenhäuser am malerischen Ägidienkirchhof. Die einheitlich mit Zwerchhäusern errichte- ten schlichten Bauten wurden 1734 für Glaubensflüchtlinge aus Berchtesga- den errichtet. Während des Klassizismus (ca. 1780 bis 1850) entstanden Häuser mit schlichten Fassaden ohne Vor- kragungen. Sie unterscheiden sich im Prinzip nicht von den zeitgenössischen Bauten in Südniedersachsen und Nordhessen. Mit den Fachwerkbauten des Historismus (2. Hälfte 19. Jh. bis um 1914) wurden noch einmal Motive der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Holzbaukunst zitiert. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts setzte eine frühe Sanierungstätigkeit Traufenhäuser mit Zwerchhäusern an der Langen Straße. Haus Nr. 53 (rechts) von 1567 noch mit hoher Diele und plastisch gestalteten Vorkragungen (Schiffskehlen), in den ein. Seit 1914 konnten insgesamt ca. Brüstungen Doppel-Andreaskreuze. Nr. 51 (daneben): reiner Stockwerksbau von 1570 mit 350 der zwischenzeitlich verputzten geringeren Vorkragungen, Schwellen mit Inschriften. Fachwerkfassaden wieder freigelegt HANN. MÜNDEN 43

Das Barockhaus Lange Straße 82 von 1685 zeigt eine illusionistische Fassa- denbemalung mit gedrehten Säulen und Marmorierung.

Renaissancehäuser Kirchplatz 7 (ehem. Pfarrhaus von St. Blasii, links) und 9, errichtet 1581 und 1576. Nr. 7 mit Blendarkaden. werden. Zudem wurden beachtliche den Markt ein besonders urbanes Ge- Mustersanierungen vorgenommen, so präge. Ein Vergleich mit dem dichten am Ochsenkopf. Dass heute 10% der Gefüge historischer Großstadtkerne ist Altstadtbebauung aus der Zeit nach durchaus angebracht. Hier sei als Bei- 1945 stammen, fällt dem Besucher spiel die einstige Fachwerk-Altstadt im kaum auf: Hier wurde behutsam wei- nur 25 Kilometer entfernten Kassel ge- tergebaut und ergänzt. nannt. Das historische Zentrum der al- Der historische Stadtkern von Hann. ten kurhessischen Hauptstadt wurde im Münden beeindruckt mit Ensembles Zweiten Weltkrieg restlos zerstört. Auch Barocke Reihenhäuser am Ägidienkirch- von ungewöhnlich hohen Bürgerhäu- aus diesem Grund ist das Stadtdenk- platz, errichtet 1734 für Emigranten aus sern. Sie verleihen dem Zentrum um mal Hann. Münden von hohem Wert. dem Berchtesgadener Land. 44 NORTHEIM

Northeim, Stadtansicht von Süden, aus: Matthäus Merian, Topographia und Eigentliche Beschreibung Der ... Hertzogthümer Braunschweig und Lüneburg ..., Frankfurt a. M. 1654

NORTHEIM Northeim entstand in unmit- Die heutige Altstadt befindet sich am telbarer Nähe der Mündung des flachen Nordwestabhang eines Hö- Von den Städten im Fachwerk5Eck Flüsschens Rhume in die Leine. Hier henzuges am Ostrand des Leinetals ist Northeim diejenige, die ihre früheste kreuzten sich frühe Fernwege, die in (Wieter) – eine hochwasserfreie Lage. Erwähnung in der schriftlichen Überlie- Ost-West- sowie in Nord-Süd-Rich- Daher weist die Fläche der Innenstadt ferung aufweisen kann: Sie stammt aus tung verliefen und dabei die Was- ein merkliches Gefälle von Südosten der Zeit Karls des Großen (zwischen serläufe überquerten. Die Nord- (Standort der Kirche St. Sixti) nach 780 und 802). Damals gelangte der Süd-Straße war im Mittelalter von Nordwesten auf. Ort in den Besitz des Benediktinerklos- großer Bedeutung. Sie verband die Um 1000 etablierten sich hier ters Fulda. Seine Besiedlung reicht in norddeutsche Tiefebene mit Hessen die nach ihrem Stammsitz benannten die Zeit vor Christi Geburt zurück. und Thüringen durch das Leinetal. Grafen von Northeim. Ein Angehö- NORTHEIM 45

Northeim, Luftaufnahme der Altstadt von Südosten.

riger des Grafengeschlechts ging in dings ein Benediktinerkloster einge- Eine weitere Keimzelle Northeims die Reichsgeschichte ein: Graf Otto, richtet und dem Hl. Blasius geweiht. ist der Standort der St. Sixti-Kirche, der 1061 bis 1070 die Herzogswürde Das Gelände des ursprünglichen die sich am höchsten Punkt der Alt- von Bayern bekleidete. Seine Enkelin Grafenhofes bzw. der Klosteranlage stadt befindet. Hier existierte vor der Richenza war Ehefrau von Kaiser Lo- gehört zu den Keimzellen der spä- Stadtwerdung das Oberdorf. Diese thar (III.) von Süpplingenburg. teren Stadt Northeim. Von dem 1592 Siedlung geht möglicherweise bereits Der 1083 verstorbene Otto von aufgehobenen Kloster sind nur weni- in altsächsische Zeit (8. Jh.) zurück. Northeim hatte die Gründung eines ge bauliche Relikte erhalten. Die Frei- Jedenfalls muss hier eine frühe Kir- Chorherrenstiffts auf seinem Northei- fläche Am Münster geht ebenfalls auf chengründung vorliegen – anders mer Grafenhof veranlasst. Wenige diesen stadtgeschichtlich hochbedeu- wäre die abseitige Lage der späteren Jahre nach 1100 wurde dort aller- tenden Ort zurück. Hauptpfarrkirche Northeims innerhalb 46 NORTHEIM

Stadtgrundriss, gezeichnet von J. T. H. Willich, 1780 (Ausschnitt). des historischen Stadtkerns schwer zu Geschäftsviertel der Kreisstadt. Der len Quergassen, die als Wassergassen erklären. über ca. 500 Meter leicht geknickt ver- dienten. Nach Norden hin zweigt die Grafenhof und Benediktinerkloster laufende Straßenzug verband zudem einstige Anbindung an den Fernhan- ließen im Lauf des 12. Jahrhunderts die beiden Kerne Klosterbezirk und delsweg im Leinetal ab (Markt und eine Ansiedlung von Handwerkern Oberdorf. Er diente als Verkehrsweg Mühlenstraße). Folgerichtig verdich- und Händlern entstehen. Aufgrund sowie als Straßenmarkt. Die Markt- tete sich nach 1200 der Marktbetrieb der Topografie bildete sich die Sied- siedlung erweiterte sich nach Süden an dieser wichtigen Abzweigung. Am lung entlang des bereits vorhandenen mit der parallelen Hagenstraße, de- Markt wurde auch das 1267 erstmals Verkehrswegs von West nach Ost: Die ren Name von einer hier ursprünglich als Gerichts- und Kaufhaus erwähnte Straßenzüge Am Münster und die Brei- wohl vorhandenen Ortsbefestigung Rathaus platziert. te Straße sind noch heute das Rück- („einhegen“) herrührt. Bemerkenswert Nachdem der Herzog von Braun- grat der Innenstadt und bilden das sind hier die außerordentlich schma- schweig-Lüneburg der Stadt 1252 NORTHEIM 47

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© Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017

Stiftsbezirk/Grafenhof (E. 11. Jh.) mittelalterliche Stadtbefestigung 1 - ehem. Benediktinerkloster St. Blasii 2 - Pfarrkirche St. Sixti Oberdorf Stadtbefestigung nicht erhalten 3 - Kapelle St. Fabian u. Sebastian Neustadt (1. H. 13. Jh.) ehem. Wall 4 - ehem. Stadtwache 5 - ehem. Spital St. Spiritus Erweiterung u. Neustadt (13.-15. Jh.) ehem. Stiftsbezirk 6 - Unteres oder Mühlentor 7 - Oberes Tor Sakralbau u. städtische Bauten heutige Bebauung 8 - Höckelheimer Tor 9 - ehem. Rathaus Gebäude nicht erhalten 10 - Neustadt © E. Arnhold/Fachwerk5Eck 2017

Städtebauliche Entwicklung der Altstadt. 48 NORTHEIM

Rathaus, Nordostansicht (Rekonstruktion von W. Frankenberg, 1892).

Stadtwache von 1734 mit Kapelle St. Fabian und Sebastian.

Ehemaliges Kloster St. Blasii, Restbestand der Klosterkirche (Sakristei u. Bibliothek) und Blick von Süden in die schmale Wasser- Ostflügel mit Fachwerkbau von 1474. gasse. NORTHEIM 49 wichtige Rechte verliehen hatte (u.a. Befestigungsrecht), erhielt Northeim 1265 von den Herzögen Albrecht und Johann von Braunschweig das Göttin- ger Stadtrecht verbrieft. Die in der 2. Hälfte des 13. Jahr- hunderts errichtete Stadtmauer um- schließt eine in West-Ost-Richtung gestreckte und annähernd ovale Flä- che. Der Mauerverlauf wurde von drei Toren unterbrochen: Höckelheimer Tor im Westen sowie Oberes Tor im Osten markieren den Verlauf des west-öst- lichen Hauptstraßenzuges, während am Mühlentor die Straße nach Nor- den die Stadt verließ. Nach Süden hin existierte kein Stadtzugang, hier er- streckt sich der Südhang des Wieters. Der Fernweg in Richtung Göttingen führte über das Höckelheimer Tor und zweigte hinter dem Leineübergang ab. Beträchtliche Teile des Mauerverlaufs sind erhalten, von den einstigen Tür- men sind jedoch nur noch Ansätze er- kennbar. Im 15. Jahrhundert verstärk- te man den Befestigungsring mit Wall und Graben sowie massiven Rundbas- tionen zur Aufstellung von Kanonen. Von den an den Toren und an wich- tigen Positionen errichteten Bollwerken ist die mächtige Bastion vor dem Obe- Pfarrkirche St. Sixti, Südostansicht. ren Tor (1468) noch vorhanden. Die ursprünglich von der Befesti- gung umschlossenen Freiflächen im seine prägende spätgotische Gestalt Bibliothek und Teile der Klausur mit Norden der Altstadt wurden im 14. 1509-1518. Das von einem Dach- einem Relikt des Kreuzgangs umfasst. und 15. Jahrhundert aufgesiedelt, so reiter akzentuierte Bauwerk fiel leider Hinzu kommte ein Flügelbau mit mas- die schnurgerade Neustadt im Nor- dem Stadtbrand von 1832 zum Op- sivem Erdgeschoss (Nikolaikapelle) den des ehemaligen Stiftsbezirks. Da- fer. Heute steht das reizvolle Barock- und zweistöckigem Fachwerkaufbau mit wurde auch der Marktplatz nach fachwerk der ehemaligen Stadtwache mit der Datierung 1474. Ein 1487 be- Norden hin erweitert. Dort entstand im Blickpunkt des Marktes. Sie wurde gonnener Neubau der Klosterkirche 1354 als Dank für die überstandene 1734 an die Südwand der Kapelle St. wurde nach Einführung der Reforma- große Pestepidemie die Kapelle St. Fabian und Sebastian angefügt. tion (1541) eingestellt. Der unfertige Fabian und Sebastian. Vom ehemaligen Benediktinerklos- spätgotische Kirchenbau ist auf der An- Das freistehend auf dem Südteil ter St. Blasii zeugt ein Gebäudekom- sicht von Merian noch dargestellt. Auf des Marktes errichtete Rathaus erhielt plex, der die ursprüngliche Sakristei, der Freifhäche im Norden des einstigen 50 NORTHEIM Klosterbezirks bestanden bis in die 1960er Jahre noch verschiedene Ne- bengebäude und ein Saatzuchtbetrieb. 1846 Dort entstand 1971-1973 das „City- 1824 Center“ mit Verwaltungs- und Wohn- bauten sowie Einkaufszentrum und Kultureinrichtungen. Der Komplex steht auch mit seinen Bauhöhen in starkem 1892 Kontrast zur übrigen Altstadtbebauung. Bedeutendster Sakralbau Nort- 1832 heims ist die spätgotische Kirche St. Sixti. Die 1464-1519 errichtete drei- 1813 schiffige Hallenkirche wird von einem gewaltigen Satteldach überspannt. Der in den unteren Partien ältere Turm trägt einen verdrehten Spitzhelm (vgl. Westertorturm in Duderstadt). Das ehemalige Spital St. Spiri- tus befindet sich am westlichen Rand Kartierung der Großbrände in der Altstadt. des ursprünglichen Stiftbezirks. Es handelt sich um einen der größten spätmittelalterlichen Fachwerkbauten Niedersachsens. Das mit 1500 in- schriftlich datierte Gebäude zeigt ein hohes, in Ständerbauweise errichtetes Erdgeschoss (mit Zwischengeschoss) und ein kräftig vorkragendes Ober- sowie Dachgeschoss. Heute beher- bergt das Gebäude das Heimatmu- seum der Stadt Northeim. Die vor 1850 gebauten Wohn- häuser Northeims bestehen fast aus- nahmslos aus Fachwerk. Eine wich- tige Ausnahme bilden die in wenigen Beispielen erhaltenen Steinwerke. Es handelt sich um zweigeschossige und unterkellerte Massivbauten aus Bruch- stein. Sie wurden in der Regel hinter den Fachwerk-Dielenhäusern errichtet und auch von dort erschlossen. Ihre Bauweise bot einen gewissen Schutz vor Feuersbrünsten, daher beinhal- teten die Steinwerke Speicherräume für hochwertige Waren und bisweilen Hospital St. Spiritus (errichtet 1500, heute Museum), Südostansicht. auch Wohnräume. Steinwerke mit ka- NORTHEIM 51

Steinwerk an der Rathausgasse mit dem zugehörigen Fachwerkvorderhaus Mühlen- straße 1 (links).

Die Nordseite der Breiten Straße zeigt eine lebendige Abfolge von Häusern unterschiedlicher Bauzeiten. minbeheizten Sälen werden auch als Altstadtstraßen noch Fachwerkbauten wiegend in Ständerbauweise verzim- Kemenaten bezeichnet. Es handelt sich aus fünf Jahrhunderten zu finden. mertes Dielenhaus mit straßenseitig um einen mittelalterlichen Bautyp: Die Ältestes Fachwerkgebäude ist das vorkragendem Speicherstock. Entstehungszeit der Steinwerke umfasst dendrochronologisch 1419 datierte Die Bauweise mit hohen Die- das 13. bis frühe 16. Jahrhundert. „Reddersen-Haus“ Am Münster 6 lenerdgeschossen hielt sich bis weit in Obwohl auch Northeim wieder- (Tourist-Information und Museum, das 16. Jahrhundert und tritt in zahl- holt von größeren Brandkatastrophen Abb. S. 50). Es handelt sich um ein reichen Beispielen vor Augen. Neu- heimgesucht wurde, sind an vielen typisches spätmittelalterliches, über- este Untersuchungen belegen, dass 52 NORTHEIM

Spätgotisches Fachwerkhaus Am Münster 6 („Reddersen-Haus“), errichtet 1419.

in Northeim noch 34 gotische Fach- werkbauten aus der Zeit vor 1530 existieren. Während Schnitzereien an spätgotischen Bauten in schlichter Erscheinung auftreten (Trapezfriese), zeigen die ab Mitte des 16. Jahrhun- derts errichteten Häuser Dekorati- onen der Renaissance. Hier dominiert die Leitschmuckform des norddeut- Eckhaus Am Schaupenstiel aus der Zeit um 1500. Das Dielenhaus zeigt Stockwerkschwel- schen Fachwerks: die Fächerrosette. len mit spätgotischen Trapezfriesen. Es ist jedoch zu beobachten, dass die Fachwerkarchitektur Northeims Dreißigjähriger Krieg und Barock- ganz zurück. Zu den schönsten Fach- im heutigen Bestand keine überreich zeit brachten auch in Northeim wieder werkhäusern der Barockzeit gehört das verzierten Schaufronten aufweist, einen Wandel in Konstruktion und Bau- städtebaulich reizvolle positionierte wie sie in benachbarten Städten wie form der Fachwerkhäuser. Nach 1700 Haus Entenmarkt 3. Die Fassade ist Einbeck vorkommen. Wir wissen al- entstanden nur noch reine Stockwerk- konsequent mit Doppelständerfach- lerdings nicht, welche Kostbarkeiten bauten mit geringen Vorkragungen. werk verzimmert. Blickfang ist hier die den Großbränden zum Opfer gefal- Letztere gingen schließlich, wie auch Eingangssituation mit Freitreppe und len sind. die Schnitzereien, im 19. Jahrhundert Rokoko-Haustür. NORTHEIM 53

Entenmarkt 3, Spätbarockbau von 1768- 1770. Das Haus diente von 1842-1847 als Rathaus.

Breite Straße 66, Dielenhaus mit Speicherstock der Renaissance (1566, mit Fächerroset- Südseite der Breiten Straße mit nach dem ten). Nachträglicher Erker im Zwischengeschoss (um 1600, dort Blendarkaden). Brand von 1832 errichteten Häusern.

Ein großer Teil der Northeimer Doppelständerfachwerk ohne Vorkra- lichen Teil von einem geschlossenen Fachwerkhäuser stammt aus der Zeit gungen. Die Geschosshöhen kenn- und hochrangigen Fachwerkbestand nach den Bränden in der 1. Hälfte zeichnen sie als reine Wohnhäuser. geprägt. Mit den Wallanlagen und des 19. Jahrhunderts. Diese Bauten Der Brand von 1892 führte am Markt dem reizvollen Platz um St. Sixti bil- entsprechen den gleichzeitig errich- auch zum Bau stattlicher Gründerzeit- den die alten Bürgerhäuser ein sehr teten Häusern im benachbarten Ein- Massivbauten. stimmungsvolles städtebauliches En- beck. Es handelt sich um meist drei- Der historische Stadtkern Nort- semble. geschossige Stockwerksbauten mit heims ist besonders in seinem öst- 54 OSTERODE

Stadtansicht von Südwesten, aus: Matthäus Merian, Topographia und Eigentliche Beschreibung Der ... Hertzogthümer Braunschweig und Lüneburg ..., Frankfurt a. M. 1654.

OSTERODE bar. Darauf verweisen archäologische Wohl noch im 12. Jahrhundert er- Funde von der Pipinsburg bei Förste weiterte sich diese Marktsiedlung (Alt- Osterode wurde 1136 in einer Ur- (Ortsteil von Osterode). stadt) besonders nach Westen hin, wo kunde Kaiser Lothars III. (von Süpplin- Während einer kriegerischen Aus- schließlich der eigentliche Marktplatz genburg) erstmals erwähnt. Der Ort lag einandersetzung zwischen Heinrich Osterodes entstand (der Kornmarkt, am Kreuzungspunkt wichtiger Verkehrs- dem Löwen und Albrecht dem Bär (dem früher: Kohlmarkt). In östliche und süd- wege: Von der am westlichen Harzrand späteren Begründer der Mark Branden- östliche Richtung setzte sich die Altstadt verlaufende Straße (Hildesheim-Nord- burg) wurde die alte Marktsiedlung im mit den Straßenzügen Am Schilde und hausen) zweigten hier Verbindungen Südosten der heutigen Innenstadt 1152 Rollberg fort. Der steil ansteigende nach Westen (Northeim/Einbeck) und zerstört. Daraufhin wurde der Markt in Rollberg verbindet die Altstadt mit der über den Harz in Richtung Goslar ab. das Sösetal an eine verkehrsgünstigere ursprünglichen Marktsiedlung. An Stel- Die Alte Harzstraße war einer der we- Stelle verlegt. Dieser ist auf dem Platz le der 1152 zerstörten Siedlung ent- nigen Hauptwege über das Bergmassiv. um die Aegidienkirche (Martin-Luther- stand hier im frühen 13. Jahrhundert Sie diente auch zur Erschließung der Platz, früher: Markt) zu lokalisieren. das Zisterzienserinnen-Nonnenkloster Bergbaustädte Clausthal und Zeller- Von dort war es ein kurzer Weg zum St. Jakobi (Ersterwähnung der Kirche feld. Söseübergang, wo die Alte Harzstraße im Jahr 1217). Die 1136 in das Licht der Ge- ihren Anfang nahm. Zur Kontrolle und Die Altstadt bildet die Nordhälfte schichte getretene Siedlung befand zum Schutz des Söseübergangs wurde der Innenstadt Osterodes und zeigt sich im Umfeld der heutigen Kirche St. an einem Bergsporn am nördlichen den Grundriss einer gewachsenen Jakobi. Diese alte Marktsiedlung reicht Söseufer eine Burg errichtet. Von die- Stadtanlage. Der trichterförmig nach in das 10. Jahrhundert zurück. Eine ser Anlage zeugt heute nur noch das Westen hin zusammenlaufende Korn- Besiedlung der Gegend um Osterode mächtige Fragment des ursprünglichen markt ist weiträumig angelegt. Da- ist bereits für die Bronzezeit nachweis- Bergfrieds. gegen wirkt der frühere Markt um St. OSTERODE 55

Luftbild, Blick von Süden.

Aegidien eher eng und kleinteilig um- erneuert. Ein Jahr zuvor hatte der wel- des Kornmarkts) und Jakobitor zeigen baut. Der von dort abzweigende Stra- fische Herrscher die Anlage der Neu- den Verlauf der Harzrandstraße durch ßenzug Am Schilde erscheint wie ein stadt initiiert. Seit den 1230er Jahren die Stadt, während das Neustädter Tor Straßenmarkt. Als Gelenkstelle wirkt war auch die Stadtmauer im Bau. Sie in Richtung Westen führte. Das Johan- hier das als westlicher Blickfang posi- umschloss von Beginn an Alt- und nistor stand direkt am Söseübergang tionierte Rathaus. Es markiert zugleich Neustadt und bezog auch das Non- und bildete den südlichen Endpunkt den Abzweig der Alten Harzstraße mit nenkloster mit ein. Der Mauerverlauf der Alten Harzstraße. dem Söseübergang über die Johan- ist mit einigen halbrund vorsprin- Die Neustadt weist einen regelmä- nistorstraße. genden Türmen in bedeutenden Tei- ßigeren Grundriss als die älteren Quar- Ältere Stadtrechte Osterodes wur- len noch erhalten. Die einstigen Tore tiere um St. Aegidien und Kornmarkt den von Herzog Otto (das Kind) 1239 markieren die mittelalterlichen Haupt- auf. Ihr Rückgrat sind zwei Straßenzüge nach dem Vorbild des Goslarer Rechts verkehrswege: Marientor (im Westen (Obere und Untere Neustadt), die an 56 OSTERODE

Stadtplan aus dem Jahr 1836, gezeichnet von Stadtförster Seemann. OSTERODE 57 1 - ehem. Schloss u. Schlosskirche (urspr. Nonnenkloster St. Jakobi) 2 - Kirche St. Aegidien 3 - Rathaus 8 4 - Marientor 5 - Johannistor 4 6 - Neustädter Tor 5 Söse 7 - Jakobitor 3 8 - Harzkornmagazin (1719-1722)

2

Altes Dorf / Nonnenkloster

Marktsiedlung/Altstadt (12. Jh.)

Neustadt (ab 1238)

öffentliche/herrschaftliche Bauten

mittelalterliche Stadtbefestigung

6 Stadtbefestigung nicht erhalten

heutige Bebauung

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1 N

© Elmar Arnhold/Fachwerk5Eck 2017 0 100 200 300 m Städtebauliche Entwicklung der Altstadt. einer Gabelung zusammengeführt und Vor dem Marientor und dem Jo- unterhalb der Burg. Sie beherbergte dort zum ehemaligen Neustadttor ge- hannistor bildeten sich im Mittelalter neben der Johanniskirche auch ein leitet werden (heute Spritzenhausplatz). zwei Vorstädte (im Stadtplan oben nicht Barfüßerkloster (Franziskaner). Hier lag der Markt der Neustadt – ein dargestellt). In der westlichen Marien- Nach der welfischen Teilung von trichterförmiger Platz wie der Korn- vorstadt entstand neben der Marien- 1289 residierten die Fürsten von markt. Die Obere Neustadt bildete die kirche das leider 1975 abgerissene Braunschweig-Grubenhagen auch direkte Verbindung zwischen Neustadt- Heiliggeistspital. Die nördliche Johan- auf der Burg Osterode. Nach Auflö- tor und Jakobitor. nisvorstadt am östlichen Söseufer lag sung des Nonnenklosters bei St. Jako- 58 OSTERODE

1850 1882 1545 1847

1887 1826 1807 1826 1736 1727

1853 1850 1790 1545 1634 1899 1850 Kornmarkt 20 gilt als ältestes Fachwerk- 1854 haus Osterodes. Der spätgotische Bau hat 1826 1891 den Brand von 1545 überstanden. Seine Fassade ist mit einer klassizistischen Holz- 1545 verkleidung versehen.

Darstellung von Stadt- und Großbränden seit 1545. bi im Zuge der Reformation verlegte vernichtete die Bebauung von Alt- und brünste verwüsteten einzelne Häuser- Herzog Ernst III. 1561 die Residenz Neustadt fast vollständig, lediglich am zeilen und ganze Quartiere. Besonders in die einstige Klosteranlage. Davon Rollberg und am westlichen Kornmarkt der Brand vom 27. Juni 1826 zerstörte zeugen die zur Schlosskirche umge- blieben einige Häuser verschont. Han- die gesamte Südseite des Kornmarktes staltete Jakobikirche und das heutige del und Gewerbe ermöglichten es den sowie die südlich angrenzenden Be- Amtsgericht. Der langgestreckte Kir- Bürgern, ihre Stadt in den folgenden reiche. Aufgrund der zahlreichen Brän- chenbau zeigt einen mittelalterlichen Jahren wieder aufzubauen. Im wei- de wechseln immer wieder Ensembles Kern und erhielt seine prägende Ge- teren Verlauf der Stadtgeschichte kam von Fachwerkhäusern des 16. Jahrhun- stalt im 18. Jahrhundert. es besonders im 18. und dann noch derts mit barocken und klassizistischen Ein schwerer Einschnitt war der vermehrt im 19. Jahrhundert immer Baugruppen und Fachwerkgebäuden große Stadtbrand des Jahres 1545. Er wieder zu Großbränden. Diese Feuers- des Historismus. OSTERODE 59

Ostgiebel des 1552 errichteten Rathauses. Kornmarkt, Blick nach Osten mit Turmwerk von St. Aegidien.

Der Stadtbrand von 1545 verwü- stete auch die Marktkirche St. Aegi- dien. Das Kirchenschiff des mittelalter- lichen Gebäudes erhielt im Zuge des Wiederaufbaus eine Holzbalkendecke. Der wuchtige Westbau entspricht noch romanischer Bautradition. Er bildet den wirkungsvollen Abschluss des Korn- markts und ist ein Wahrzeichen der Harzstadt. Das Rathaus wurde 1388 erstmals als „Wordhaus“ erwähnt. Auch dieses fiel 1545 dem Brand zum Opfer. Es wurde 1552 unter Einbeziehung älterer Bauteile aus Bruchstein wieder aufge- baut. Sein verschieferter Fachwerkgie- bel mit dem fünfseitigen Erker steht im Blickpunkt der Straße Am Schilde. Seit 1987 ist das Rathaus der Stadt Osterode in einem markanten Bauwerk aus dem 18. Jahrhundert Südansicht der Jakobikirche (urspr. Klosterkirche eines Zisterzienser-Nonnenklosters). beheimatet: im ehemaligen Harzkorn- Der Sakralbau diente nach Auflösung des Nonnenklosters als Schlosskirche. 60 OSTERODE

Das gewaltige barocke Harzkornmagazin (errichtet 1719-1722, heute Rathaus) diente ursprünglich zur Versorgung der Oberharzer Berg- städte mit Lebensmitteln. magazin. Dieser größte Barockbau in Auch in den letzten Jahrzehnten fie- Winkelhölzern (dreieckigen Fußstreben) den Städten des Fachwerk5Ecks wur- len historische Bauten Brandunglücken geschnitzten Fächerrosetten erhalten de 1719-1722 auf Veranlassung der zum Opfer. Ein Beispiel ist die 1550 (am Giebel erneuert). kurhannoverschen Regierung vor der errichtete alte Ratswaage (Waagestraße Aus der Zeit nach dem großen Stadtmauer errichtet. Sein Zweck war 8), eines der wenigen Giebelhäuser in Stadtbrand von 1545 ist eine ganze die Versorgung der Bergbaustädte im der Stadt. Nach einem Brand im Jahr Reihe von Fachwerkhäusern erhalten. Oberharz vornehmlich mit Getreide. 1969 wurde lediglich die Giebelfront Sie entsprechen den im Fachwerk5Eck Wenn es sich auch um einen Stein- erhalten und mit leichten Verände- sowie im gesamten Harzraum vor- bau handelt: Das Harzkornmagazin rungen erneuert. Der Fachwerkbau zeigt kommenden Dielenhäusern in Trauf- zeigt innen und mit seinem Dachwerk die typische Form des Dielenhauses mit stellung. Die hohen Dielengeschosse meisterhafte Holzkonstruktionen der vorkragendem Oberstock. Im Zwischen- sind in Ständerbauweise errichtet und Barockzeit. geschoss sind die auf Ständerfüßen und beinhalten rundbogige Dielentore. Das OSTERODE 61

Giebelfront der Ratswaage von 1550.

Untere Neustadt 1, Renaissancefachwerk- Fachwerkhaus Martin-Luther-Platz 7, errichtet ein Jahr nach dem Stadtbrand von 1545, bau aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Rekonstruktionsversuch der Fassade mit vermutlicher ursprünglicher Farbgestaltung. Der Speicherstock (Obergeschoss) war mit hölzernen Lüftungsgittern versehen. 62 OSTERODE

Spätrenaissancehaus Kornmarkt 12 mit steinernem Erd- und Zwischengeschoss, errichtet Das frühbarocke Ritterhaus am Rollberg 32 um 1610/20 für Professor Andreas Cludius. von 1640 (Museum).

Schnitzwerk umfasst profilierte Knaggen Nach einem Brand am Rollberg Geschossvorkragungen sind mit ba- und Bogenrahmen sowie mit Flecht- (1634) entstanden – noch während rocken Gesimsen verkleidet. bändern verzierte Schwellen. Hervor- des Dreißigjährigen Krieges – statt- Die Häuser des 17. und 18. Jahr- stechend sind auch in Osterode wieder liche Fachwerkhäuser in frühbarocken hunderts erhielten statt der ursprüng- die Fächerrosetten. Auch spätgotische Formen. Als schönstes Fachwerkhaus lichen Dielen niedrigere Erdgeschosse Bogenfriese sind zu beobachten. Osterodes kann das „Ritterhaus“ Roll- mit Fluren. Vorkragungen und Schnitz- Eine Besonderheit bietet das Bau- berg 32 gelten. Das in einer wirkungs- werk gehen zurück. denkmal Kornmarkt 12. Es wurde um vollen Ecksituation als Giebelhaus Im Verlauf des 19. Jahrhunderts 1610/20 für den Professor Andreas errichtete Bauwerk (heute Museum) wurden Fachwerkfassaden in Osterode Cludius errichtet. Sein hohes Dielen- weist am Eckständer im Erdgeschoss bevorzugt mit Holzverkleidungen verse- geschoss ist steinern und zeigt einen eine vollplastische Kriegerfigur auf. hen. Darin zeigt sich die Zugehörigkeit Torbogen sowie Fenstereinfassungen Im 2. Obergeschoss und am Giebel der Stadt zum engeren Harzraum – im mit reichen Steinmetzarbeiten. Darüber zeigen sich gebogene Andreaskreuze Oberharz bilden mit Holz verkleidete erheben sich zwei Fachwerkstöcke, die – die Verstrebungen nehmen deko- Fachwerkhäuser die Regel. Der Ober- nur noch geringfügig vorkragen. rativen Charakter an. Die leichten faktor Johann Friedrich Schachtrupp OSTERODE 63

Martin-Luther-Platz 2, stattlicher barocker Das Stadtpalais Spritzenhausplatz 9 (heute Schule) wurde 1835 als Stadtwohnsitz des Öko- Fachwerkbau aus dem späten 17. Jahrhun- nomen Carl August Friedrich Schachtrupp als Fachwerkbau mit holzverkleideter Fassade dert mit K-förmigen Verstrebungen. errichtet. Die Verkleidung imitiert den zeitgenössischen klassizistischen Steinbau. und sein Sohn, der Ökonom Carl Au- gust Friedrich, ließen in Osterode zwei bedeutende Bauten des Klassizismus errichten: eine Villa und ein Stadtpa- lais. Beide zeigen eine höchst quali- tätsvolle Umsetzung der klassizistischen Formensprache durch eine Holzverklei- dung des Fachwerks. Die Häuser des späten 19. Jahrhunderts zeigen oft wie- der Sichtfachwerk. Dieses zeichnet sich durch schmale Hölzer und wandhohe Verstrebungen in X-Form aus. Osterode gehört zum Kranz der am Fuß des Harzes gelegenen, hoch- rangigen Fachwerkstädte. Sie sind Teil des kostbaren Erbes der an historischen Stadtkernen und mittelalterlichen Bau- werken gesegneten Region um das norddeutsche Mittelgebirge. Die Zu- gehörigkeit zum Harz wird in Osterode Aegidienstraße 8 mit spätbarocker Fassade. Westseite des Martin-Luther-Platzes mit anhand zahlreicher Häuser mit Holz- Das hohe Dach und die vorkragende Trau- Fachwerkhäusern aus der 2. Hälfte des 19. verkleidungen deutlich. fe verweisen auf einen älteren Kernbau. Jahrhunderts. 64 RESÜMEE dies nur noch Northeim. Schaut man den alten Vorstädten zahlreiche Gärten in die Geschichte, haben alle fünf und Grünräume umschließt. In der „Kleinen Kunstgeschichte Städte ihre Stadtrechte gegen Mitte Der hohe Rang des Fachwerkbe- des deutschen Fachwerkbaus“ von des 13. Jahrhunderts erlangt. In der stands geht auf die Blütezeiten der Städ- Binding/Mainzer/Wiedenau (Darm- schriftlichen Überlieferung bestehen te im Spätmittelalter und in der Renais- stadt 1987, Seite 176) sind Nie- jedoch größere zeitliche Unterschiede: sancezeit zurück. Wie für den größeren dersachsen, Westfalen und angren- Während diese bei Northeim bis in die Teil Deutschlands brachte der Dreißig- zende Regionen als „die Landschaft Zeit um 800 zurückreicht, ist die Erst- jährige Krieg mehr oder weniger tiefe im deutschen Fachwerkbau bezeichnet erwähnung der heutigen Stadt Hann. Einschnitte. Er führte im Fachwerk5Eck ... die die wohl großartigsten Beispiele Münden erst für das späte 12. Jahr- jedoch nicht zu vollständigen Stadtzer- dieser Architekturgattung hervorge- hunderts bezeugt. störungen wie in Magdeburg oder in bracht hat. Städte wie Braunschweig, Allen Städten ist eine enge Ver- den nordhessischen Orten Eschwege Einbeck, Halberstadt und Hildesheim knüpfung mit dem welfischen Herr- und Allendorf. Schließlich spiegelt sich verkörpern das Herz in diesem bau- scherhaus gemein. Die Herzöge traten auch die wirtschaftliche Konsolidierung künstlerischen Schaffen.“ entweder als Gründer oder Förderer im 17. und 18. Jahrhundert im Fach- Nach den Zerstörungen des Zwei- in Erscheinung, Osterode und Hann. werkbestand der Fünfeckstädte wider. ten Weltkrieges waren die großen nie- Münden waren in Spätmittelalter und Besonders hochwertiges Barockfach- dersächsischen Fachwerkstädte mit Frühneuzeit auch Residenzen. Als Aus- werk zeigt Duderstadt. ihren geradezu atemberaubenden nahme gehörte Duderstadt seit Mitte Mit Ausnahme von Hann. Münden Beständen hochrangiger Holzbauten des 14. Jahrhunderts nicht mehr zum wurden die hier beschriebenen Städte weitgehend ausgelöscht. Allein in welfischen Herzogtum Braunschweig- mehrfach von großen Feuersbrünsten Braunschweig waren bis 1944 ca. Lüneburg, sondern mit dem Eichsfeld heimgesucht, die in Einbeck (1540) 250 Fachwerkhäuser aus der Zeit vor (bis 1802) zum Kurfürstentum Mainz. und Osterode (1545) fast den gesam- der Reformation erhalten! So bilden Daher ist dieser Ort bis heute konfes- ten Baubestand vernichteten. Daher heute Duderstadt, Einbeck, Hann. sionell römisch-katholisch geprägt, sind die Straßenzüge in Münden mit Münden, Northeim und Osterode während das Fachwerk5Eck sonst Häusern verschiedener Epochen durch- neben Städten wie Goslar oder Celle überwiegend protestantisch ist. mischt, während sonst Straßenzüge und (sowie Quedlinburg und Wernigerode Schauen wir auf die städtebau- Häusergruppen häufig von den jewei- in Sachsen-Anhalt) das Herz nieder- liche Anlage der historischen Zentren, ligen Wiederaufbauphasen künden. So sächsischer Fachwerkkunst. entdecken wir Vielfalt und Gemein- zeigen sich dort ganze Straßenzüge in Nicht nur aus diesem Grund sind samkeit. Es überwiegen insgesamt die einheitlicher Bebauung mit noch spät- die historischen Stadtkerne des Fach- Merkmale eher planmäßig erschei- gotischen Bauten des 16. Jahrhunderts werk5Ecks von besonderem kulturhis- nender Grundrisse. Außer in Hann. (Einbeck), mit Barockhäusern (Duder- torischem Wert. Sie sind individuelle Münden waren in Duderstadt, Einbeck, stadt) und mit klassizistischem Fach- Zeugnisse historischen Städtebaus. Sie Northeim und Osterode jedoch ältere werk. haben besonderen Wohnwert, hohe Kerne Ausgangspunkt eines planmäs- Gemeinsam ist allen fünf Städten Aufenthaltsqualität und bilden zentrale sigen Ausbaus. Diese zeichnen sich in die eher geringfügige Industrialisie- Identifikationsorte der jeweiligen Stadt den Stadtplänen bis heute ab. Beson- rung im späten 19. Jahrhundert und und ihrer Umgebung. ders deutlich sind die Unterschiede zwi- die weitgehende Unversehrtheit nach Die fünf Städte zeichnen sich durch schen „gewachsener“ und „geplanter“ dem Zweiten Weltkrieg. Hier liegen die Gemeinsamkeit ähnlicher Ein- Stadt in Einbeck und Osterode. die Hauptgründe für die Erhaltung der wohnerzahlen (zwischen ca. 20.000 Ein besonderer Fall ist Duderstadt großartigen Altstädte mit ihrem Reich- und 33.000) aus. Vor den Gebiets- mit seiner inneren Stadtmauer und tum an Fachwerkarchitektur. reformen der 1970er Jahre waren einem weit nach außen geschobenen sämtliche Orte Kreisstadt – heute ist (später errichteten) Wallring, der neben 65 GLOSSAR auch als durchlaufende, angeblattete pe zur Erschließung des Ober- oder Brustriegel vor (>Verblattung). Zwischengeschosses angelegt. Andreaskreuz – kreuzförmig an- Dendrochronologie – anhand der Gebälkzone – Bereich des Über- geordnete >Streben, meist in den zeitlichen Abfolge der Jahresringe und gangs zweier Stockwerke bei >Stock- >Brüstungsgefachen. ihrer Unterschiede kann durch genaue werksbauten mit >Rähm, >Balken- Arkade – Reihung einer von Säulen Vermessungen und Vergleiche mit vor- köpfen, >Füllhölzern und >Schwelle. oder Pfeilern getragenen Bogenstel- handenen Proben das Fälldatum eines Gefach – von Gefügeteilen des lung. Bei Fachwerkbauten im Harz- Holzes ermittelt werden. Fachwerks umschlossenes Feld, mit raum als Blendarkaden auf Brüstungs- Doppelständerfachwerk – bevor- >Gefachfüllung geschlossen. platten vorkommend. zugtes Fassadengefüge spätbarocker Gefachbreite – Abmessung zwischen Balken – waagerechtes, tragendes und klassizistischer Fachwerkbauten. zwei tragenden >Ständern (auch als Bauteil zur Überspannung eines Zwi- Paarig zusammengefasste Fassaden- Spann bezeichnet). schenraums (Balkendecke). ständer ergeben breite Fenster- und Gefachfüllung – Füllung eines von Balkenkopf – an einer Fassade sicht- schmale Zwischenfelder. Bei Verputz Gefügeteilen eines Fachwerks um- bare Stirnseite eines >Balkens. oder einheitlichem Anstrich Wirkung schlossenen Wandfeldes. Bis in das Barock – Epoche der Kunst- und eines Massivbaus. 16./17. Jahrhundert überwiegend mit Kulturgeschichte, aufbauend auf der Fächerrosette – Leitform der Deko- Lehm-Flechtwerk, seit der Frühneuzeit Renaissance, um 1600 in Italien aus- ration niederdeutscher Fachwerkhäu- auch Backsteinfüllungen und Ausmau- gebildet. In Deutschland um 1650 bis ser in der Renaissancezeit (Vorkommen erung mit Lehmsteinen. um 1770 (Spätform: das Rokoko). In von ca. 1535-1630). Herleitung der Gesims – Horizontales Gliederungs- der Architektur effektvolle Inszenie- Form aus der italienischen Renaissance element, meist am Geschossübergang rungen auf Grundlage klassischer (Muschel). oder an der Traufe angeordnet. Formensprache. Fries – Ornamentstreifen mit aneinan- Gotik – Epoche der europäischen Brüstung – Bereich zwischen der gereihten, gleichartigen Schmuck- Kultur- und Kunstgeschichte im 12. bis >Schwelle und Fensterzone. elementen. 15. Jahrhundert (in Deutschland um Brüstungsplatte – Holzbohle zur Füllholz – Bauteil zur Füllung des 1250-1525). Prägend die französische Schließung einer >Brüstung, in der Bereichs zwischen >Balkenköpfen, Kathedrale als Gliederbau mit verti- >Renaissance bevorzugtes Gefügeteil >Rähm und>Schwelle eines Oberge- kalen Proportionen. Kennzeichnend zur Dekoration mit Schnitzwerk. schosses. Spitzbögen, Strebepfeiler und -bögen, Brustriegel – (>Riegel) schließen Galerie – offener Gang, im Bürger- Maßwerkfenster, Rippengewölbe und die Brüstungszone ab und kommen haus in der Diele mit zugehöriger Trep- spitze Turmhelme.

Brüstungsplatte mit Schnitzerei einer Lands- Gefachfüllung mit Lehmflechtwerk Gebälkzone mit Bogenfries (Schwelle) und knechtsfigur (Duderstadt, Westertorstr. 23) (Rathaus Osterode) Fächerrosetten (Einbeck, Tiedexer Str. 16) 66 Historismus – Epoche zwischen Rähm – waagrechtes Holz zum obe- Taustab (oder Tauband) – Orna- 1840 und 1914 mit Rückgriff auf ältere ren Abschluss einer Fachwerkwand, bei ment in Form eines gedrehten Taus, Stilepochen (z.B. Neugotik, Neorenais- >Stockwerkbauten auch Auflager für häufig an >Füllhölzern sichtbar. sance und Neobarock). >Balken. Verblattung – Holzverbindung mit Klassizismus – Stilepoche zwischen Romanik – Epoche der europäischen ineinandergreifenden Gefügeteilen, an ca. 1770-1840. Abkehr vom Barock Kultur- und Kunstgeschichte im 11. bis den Verbindungen sind entsprechende und Orientierung an der Formen- 13. Jahrhundert (Vorformen ab ca. Ausnehmungen (Blattsassen) angelegt sprache des klassischen Altertums 800, Karolingerzeit). Klare kubische und zur Sicherung meist Holznägel vor- (griechische und römische Antike). Be- Bauformen mit wuchtigen Mauerzügen, handen. vorzugung klarer Bauformen und de- vorherrschend der Rundbogen. Verzapfung – Holzverbindung mit zenter Dekoration mit antikisierenden Schwelle – waagrechtes Gefügeteil Zapfen und entsprechenden Zapfenlö- Ornamenten. als Auflager (Grundlage) für die tra- chern (Stecksystem), meist mit Holznä- K-Strebe – K-förmig angeordnete genden >Ständer. Die Grundschwelle geln gegen Herausziehen der Zapfen Kopf- und Fußstreben. liegt über dem steinernen Sockel, wäh- gesichert. Kopfband – kurze >Strebe zwischen rend Stockwerkschwellen über Decken- Vorkragung (oder Auskragung) – Ständern und Balken bzw. Rähm und balkenlagen ruhen. Überhang der Geschosse bei >Stock- Unterzug, bevorzugtes Gefügeteil für Ständer – senkrechtes, auf einer werksbauten, besonders in der Zeit die Queraussteifung von Fachwerk- Schwelle ruhendes und tragendes zwischen dem 15. und dem 17. Jahr- bauten. Gefügeteil. hundert. Knagge – dreieckiges Holz zur Unter- Ständerbau – (oder Geschossbau) – Zwerchhaus – Dachaufbau über stützung der >Balkenköpfe bei >Vor- Bauweise mit über mehrere Stockwerke der Traufe mit Giebelabschluss. Der kragungen, meist profiliert oder ander- durchlaufenden >Ständern. First des Dachaufbaus steht somit quer weitig mit Schnitzwerk versehen. Stiel – senkrechtes Bauteil ohne tra- („zwerch“) zum First des Hauptdachs. Maßwerk – Aus geometrischen Mus- gende Funktion (z.B. neben Fenstern). Zwischengeschoss – bei hohen tern, zumeist Kreisbögen, zusammen- Sockel – massives Fundament eines Dielenerdgeschossen eingefügtes nied- gesetzte filigrane Gliederungsstruktur Fachwerkbaus, aus Naturstein. riges Geschoss, meist nur einen Teil der und Dekorationsform der gotischen Stockwerksbau – Bauweise mit se- Diele umfassend. Architektur, meist in Zusammenhang parat verzimmerten Stockwerken und mit Stabwerk in Spitzbogenfenstern entsprechend nur geschosshohen eingefügt. >Ständern, damit Möglichkeit der Pfosten – senkrechtes, eingegrabenes >Vorkragung der Stockwerke. oder über Fundamentstein ruhendes Strebe – diagonal verlaufendes und tragendes Gefügeteil. Gefügeteil zur Aussteifung von Fach- Renaissance (frz.: Wiedergeburt) – werkwänden oder -bauteilen gegen Epoche der Kultur- und Kunstgeschichte Kippen; Fuß- und Kopfstreben bzw. im 15. bis 17. Jahrhundert (in Deutsch- >Kopfbänder steifen >Ständer jeweils land um 1500-1650). Entstehung in nach unten (>Schwelle) bzw. nach Italien. Architektur mit Bezugnahme auf oben (>Rähm, >Balken) aus; bei antik-römische Baukunst (z.B. Säulen- >barocken Fachwerkbauten auch zu ordnungen). Nördlich der Alpen Son- dekorativen Zwecken angeordnet. derformen mit regionalen Eigenarten. Traufe – unterer Abschluss einer

Riegel – waagrechtes Holz zur Unter- geneigten Dachfläche. teilung des Wandgefüges in >Gefache, in der Regel zwischen den >Ständern eingezapft. 67 LITERATUREMPFEHLUNGEN ABBILDUNGSNACHWEIS

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Inhalt dieser Broschüre ist die Entstehung und Struktur der historischen Stadt- kerne im Fachwerk5Eck. Ursprünge, Gründung und weitere Entwicklung der Städte Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode werden anhand von historischen und neu gezeichneten Plänen lebendig. Zahlreiche Fotografien geben einen Überblick über die historischen Stadtbilder. Sie zei- gen die wichtigsten Baudenkmäler in ihrem Bezug zur jeweiligen Stadtstruktur und bieten Querschnitte der Fachwerkarchitektur in den einzelnen Altstädten. Besondere Aufmerksamkeit ist den zahlreichen Stadtbränden gegeben: Der oft einheitliche Wiederaufbau nach Brandkatastrophen zeichnet sich noch heute im Baubestand der betroffenen Städte deutlich ab. Wir wünschen den Lesern viel Freude bei der Erkundung der Städte des Fachwerk5Ecks. Sie sind ein bedeutender Bestandteil unseres baulichen Kulturerbes.