Rundschau

Aus der Forschung: kurzer Überblick über die aktuelle Diskussion und den Forschungsstand Von der Druckschrift zur persönlichen Handschrift *

icht nur mit der Orthographie, Handschrift (Grundschrift-Konzept)tung des Schreibens mit der Hand für sondern auch mit der Hand- Kinder neuerdings zum Opfer eines die Entwicklung kognitiver Fähigkei- schrift scheint es nicht zum Großversuchs macht – ohne jede Absi- ten ins Spiel gebracht (z. B. bei Dehae- NBesten zu stehen. So berichtet die IHK cherung durch empirische Befunde zu ne 2009; Tan u. a. 2013; Mueller-Oppen- Saarbrücken: den Wirkungen. Dazu ist als erstes zu heimer 2014). Diese bzw. ihre viel zitier- »Nach einmütiger Auffassung der sagen: Die seit den 1950er Jahren prak- te Zusammenfassung durch Konnikova Prüfungsämter und Prüfungsausschüs- tizierte lateinische Ausgangsschrift ist (2014) werden in Bezug auf die Kont- se sind die … Elementarkenntnisse der damals ohne jede empirische Basis ein- roversen über den Schreibunterricht in Prüflinge in Deutsch und Rechnen im geführt worden, und bis heute gibt es deutschen Schulen allerdings oft über- allgemeinen wenig befriedigend, zum keine Studien, die ihre Tragfähigkeit interpretiert werden (vgl. etwa Spitzer Teil sogar ausgesprochen mangelhaft. für die Entwicklung einer flüssig zu 2013; 2015; Schmoll 2015). In dem Elementarfach Deutsch findet schreibenden und formklaren Erwach- International unbestritten ist, den dies – wie die schriftlichen Arbeiten zei- senenschrift belegen. Im Gegenteil wird Lese- und Schreibunterricht mit der gen – vor allem seinen Ausdruck in dem seit Jahrzehnten über einen Schriftver- Druckschrift zubeginnen (vgl. schon schwer lesbaren Schriftbild, in der Aus- fall geklagt. die Studie von Long u. a. 1931). Vier Ar- drucksform und in der oft bodenlosen Dabei gehen verschiedene Fragen gumente sprechen dafür: Orthographie.« durcheinander (vgl. Brinkmann 2015): ●● Es ist die Schrift, die Schulanfänger Diese Klage, der sicher viele nach ih- 1. Ist das Schreiben mit der Hand heute aus ihrer Umwelt kennen und bei ihren ren Alltagserfahrungen spontan zu- überhaupt noch wichtig – oder sollen ersten Schreibversuchen spontan selber stimmen werden, stammt allerdings die Kinder stattdessen lernen, wie man nutzen. aus dem Jahre 1938 (vgl. Ingenkamp rasch und fehlerarm auf einer Tastatur ●● Es entlastet die noch wenig entwi- 1967, 17). Also aus einer Zeit, in der tippt? ckelte Feinmotorik, Wörter Buchstabe »Zucht und Ordnung« allgemein ei- 2. Wenn das Schreiben mit der Hand für Buchstabe zu konstruieren statt sie nen hohen Stellenwert hatten und in weiterhin als bedeutsam angesehen in einem Zug zu schreiben; zudem kön- der Schönschreib-Übungen noch viel wird: Muss dies eine auf dem Papier nen auch die Druckbuchstaben selbst Raum und Zeit in der Schule einnah- durchgängig verbundene Spur – oder einfacher aus wenigen wiederkehren- men. Trotzdem ähnelt die damalige kann/ sollte es eine (teilverbundene) den Elementen gebaut werden. Kritik den heutigen Klagen. In der Tat Druckschrift sein? ●● Die graphische Gliederung in Einzel- wurde ein Schriftverfall nach Abschluss 3. Unabhängig von der Form der per- buchstaben korrespondiert mit der des Schreibunterrichts immer wieder sönlichen Handschrift: Sollte diese an akustischen und artikulatorischen beklagt: Mit diesem Argument wurde einer Standardschreibschrift geübt – Gliederung der gesprochenen Sprache 1911 die deutsche in die Sütter- oder individuell aus den Druckbuchsta- in Phoneme, so dass die Kinder leichter lin-Schrift überführt, wurde 1953 aus ben entwickelt werden? das Lautprinzip unserer alphabetischen der Deutschen Normalschrift, die die 4. Zum Anfangsunterricht: Ist es besser, Schrift begreifen und somit Wörter Nationalsozialisten 1941 verordnet hat- den Lese- und Schreibunterricht mit auch leichter erlesen können. ten, die lateinische Ausgangsschrift ent- der Druckschrift zu beginnen – oder ●● Anders als bei einer Trennung von wickelt und Ende der 1960er bzw. der mit einer verbundenen Schreibschrift? Lese- und Schreibschrift müssen die 1970er Jahre die Schulausgangsschrift Kinder nur zwei statt vier Alphabete in der DDR und die vereinfachte Aus- Ob Kinder überhaupt noch lernen sol- lernen – beginnt man mit der Block- gangsschrift in mehreren westlichen len, mit der Hand zu schreiben, oder ob schrift am Anfang sogar nur eines. Bundesländern eingeführt. sie zukünftig nur noch auf Tastaturen So viel zu der These, dass heutige Re- tippen und man ihnen deshalb früh- Umstritten ist allerdings, wie es nach formversuche eine erfolgreiche Praxis zeitig das 10-Finger-System beibringt dem Anfangsunterricht mit dem in Frage stellten und sich deshalb erst – oder ob auch dieses bald überflüssig Schrei­ben weitergehen soll. In letzter empirisch zu bewähren hätten. Im Ge- werden wird, weil die Diktierprogram- Zeit sind dazu in der Tagespresse mehr- genteil: Die vielfältigen Wechsel der me immer besser werden, diese Vor- fach Kommentare erschienen. Dabei Schreibschrift-Norm sind ein Hinweis frage kann hier nicht geklärt werden. geht es vor allem um den Vorschlag des auf grundsätzliche Probleme mit der Prognosen über die Veränderung der Grundschulverbands, die persönliche Vorgabe einer standardisierten Form Schreibanforderungen sind unsicher. Handschrift der Kinder direkt aus der der verbundenen Schrift. Neben gesellschaftskritischen Hin- Druckschrift zu entwickeln – ohne Um- Aus der Lektüre der Tagespresse weisen zur Verdrängung der Hand- weg über eine genormte Schreibschrift könnte man allerdings den Eindruck schrift durch digitale Medien (vgl. wie LA, SAS oder VA (ähnlich die Kon- gewinnen, dass ein direkter Übergang Füller 2015) werden auch Befunde der zepte »handgeschriebene Druckschrift« von der Druckschrift zur persönlichen Lern- und Hirnforschung zur Bedeu- von Andresen o. J. und der Schweizer

* berichtigte und ergänzte Fassung v. 14. 6. 2015 1 Rundschau

»Basisschrift«, s. Hurschler Lichtsteiner/ rer Vermittlung) zusammengefasst und nahmen nicht direkt aus allgemeinen Jurt Betschart 2011). Die gewonnene auch die »Flüssigkeit« oder »Lesbarkeit« Theorien oder empirischen Studien ab- Zeit solle stattdessen in die Begleitung so unterschiedlich erfasst, dass ein di- leiten lassen und dass über Alternativen der Kinder auf dem Weg zu einer flüs- rekter Vergleich sehr problematisch ist. nicht mit Hilfe von kontrollierten Ex- sigen und formklaren Handschrift, also Wer dennoch diese Studien zur Kritik perimenten entschieden werden kann bei ihrer Suche nach individuell pas- des Grundschrift-Konzepts heranzieht, (ausführlicher: Wittmann 1995; Brügel- senden Verbindungen gesteckt werden, muss ihre Anlage und Ergebnisse aber mann 2015; Neuweg 2015). statt sie (wie bisher) bei der Entwick- auch im Detail zur Kenntnis zu neh- Mit diesem Vorbehalt sind im folgen- lung ihrer persönlichen Schrift allein men. Zusammenfassende Kennwerte den Überblick (s. Tab. 1) die wichtigs- zu lassen (ähnlich schon Lockowandt/ aus den statistischen Analysen sprechen ten empirischen Befunde einerseits aus Honegger-Kaufmann 1981; Spitta 1988). nicht für sich – sie müssen im Blick auf Laborstudien zum Schreiben mit der Gegen solche Vorschläge wird mit ihre jeweiligen Entstehungsbedingun- Hand, zum anderen von Feldstudien Verweis auf »empirische Studien« Stim- gen interpretiert werden. Da die verfüg- zur Formklarheit und Flüssigkeit von mung gemacht, die angeblich die Über- baren empirischen Befunde alle unter Handschriften, die von den Betroffe- legenheit von »Schreibschrift« gegen- forschungsmethodischen Einschrän- nen auf unterschiedlichem Wege entwi- über »Druckschrift« belegen (z. B. Fül- kungen leiden (s. die Hinweise unten ckelt wurden, kurz zusammengefasst (s. ler 2014; Schmoll 2015). Unter diesen und Taubert 2015), müssen sie gewich- ausführlicher den Anhang). Dabei wur- Etiketten werden in den Studien aller- tet und argumentativ bewertet werden. den die Ergebnisse nach unterschiedli- dings ganz unterschiedliche Schriftfor- Ganz generell gilt für die Didaktik, dass che Kriterien aufgegliedert (s. Legende men (bzw. Unterrichtskonzepte zu ih- sich Konzepte oder gar konkrete Maß- zu Tab. 1):

Lesbarkeit Schnellig­ Schreib- Recht- Text-Sprach- Studie keit druck schreibung qualität + Kimmins (1916) + Meis (1963) (+) + Jackson (1971) +/– + Mai (1991); Mai/ Marquardt (1998) o Groff (1995) Graham u. a. (1998): o o Druck- vs. Schreib-Schrift (+) + gemischt (= teilverbunden) vs Schreibschrift (–) (+) Mahrhofer-Bernt (2004; 2011) + + Hurschler-Lichtsteiner (2008) + + o Hurschler Lichtsteiner u. a. (2010) + o o Wicki/ Hurschler-Lichtsteiner (2014) Morin u. a. (2012): o + – ~ Druck- vs. Schreib-Schrift o + o ~ gemischte (= teilverbundene) vs. Schreibschrift o (+) Speck-Hamdan (2014) Tab. 1: Untersuchungen zum Schreiben mit der Hand + mit Vorteilen für das (teilverbundene) Handdrucken / Grundschrift / Basisschrift o ohne Unterschied zum Schreiben einer Norm-Schreibschrift (z. B. der lateinischen, vereinfachten oder Schul-Ausgangsschrift), die von Anfang an praktiziert oder im Anschluss an das Druckschreiben eingeführt wurde – mit Nachteilen für das (teilverbundene) Handdrucken / Grundschrift / Basisschrift ~ je nach Dimension unterschiedlich

Vorteile für Nachteile für Entgegen den oben erwähnten Einwän- gleichwertig / Kriterium un-/ un-/ den zeigen sich dabei in den meisten teils – teils teilverbunden teilverbunden Studien Vorteile für das Schreiben einer Lesbarkeit 4 (–6) 4 0 (–1) Druck- statt einer Schreibschrift bzw. für das teilverbundene Schreiben von Schnelligkeit 7 (–9) 3 0 Druckbuchstaben (siehe Tab. 2). Schreibdruck 2 1 0 Neben dem erwähnten Vorbehalt, Rechtschreibung 0 3 1 dass die untersuchten Schriftvarian- ten und die Kriterien zu ihrer Bewer- Text-/ Sprachqualität 0 2 0 tung über die verschiedenen Untersu- Tab. 2: Zusammenfassender Überblick über die Befunde chungen hinweg nur eingeschränkt ver-

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gleichbar sind, gibt es weitere Gründe z. B. auch kognitiv durch die orthogra- ●● ihre unbefriedigenden Ergebnisse in für ihre teilweise unterschiedlichen Er- phische Gliederung des Wortes in Un- der Breite über viele Jahre hinweg; gebnisse bzw. für deren Streuung in- tereinheiten wie Silbe bzw. Morphem ●● die Begründungspflichtigkeit von nerhalb der einzelnen Studien. Folgen- (Nottbusch 2008; Wicki u. a. 2014). Einschränkungen (Vorgabe einer Norm­ de Bedingungen variieren nämlich zu- Für die Reichweite der Befunde ins- s­chrift); sätzlich: gesamt sind ergänzend spezifische for- ●● der zusätzliche Aufwand des Zwi- ●● Aufgabenform (Zeitdruck: ja / nein; schungsmethodische Einschränkungen schenschritts zwischen (Ausgangs-) Diktat / freier Text) der vorliegenden Studien zu bedenken: Druckschrift und persönlicher Hand- ●● Klassifikation der Schrift (rein nach So muss man sich fragen, welchen Sinn schrift. der hauptsächlichen Schriftart oder zu- es macht, Unterschiede zwischen Lehr- sätzliche Unterscheidung von Misch- methoden / Lernwegen statistisch auf Auf der anderen Seite rechtfertigen die formen) Signifikanz zu überprüfen, wenn die Befunde auch nicht eine verpflichten- ●● Umfang, Herkunft und Alter der Pro- Stichproben nicht nach Zufall gezo- de Einführung des Grundschrift-Kon- band/inn/en (von Schulanfängern bis gen sind. Zudem wurden die Daten in zepts. Immerhin bedeutet eine jede Ein- zu Erwachsenen; repräsentative Stich- allen Studien auf der Ebene der (grö- führung neuer Methoden im Schulsys- probe vs. Sondergruppen; Modellversu- ßeren Zahl von) Schüler/innen ausge- tem auch einen zusätzlichen Aufwand che vs. Regelunterricht) wertet und nicht nach den (meist we- und Reibungsverluste im Alltag. Die ●● Zeitpunkt der Erhebung (z. B. früh nigen) Klassen, obwohl die Lehrperson meist nicht großen Unterschiede zwi- nach Einführung der betreffenden als Mittlerin bei der Umsetzung von di- schen den Ergebnissen verschiedener Schrift – Klasse 1/2 – oder nach ihrer daktisch-methodischen Konzepten eine Methoden einerseits und die Streuung Konsolidierung: Klasse 3/4) zentrale Rolle spielt. der Ergebnisse innerhalb der einzelnen ●● unterschiedliche Form und Qualität Methoden andererseits sprechen eher des Unterrichts bei derselben Schriftart Unter diesen Vorbehalten gilt: für eine Liberalisierung der Regelungen (z. B. normierte verbundene Schrift von Im Durchschnitt erweisen sich die Va- zum Schreibunterricht. Eine solche Öff- Anfang an oder als Zweitschrift nach rianten eines (teilverbundenen) Druck- nung erlaubt Lehrer/inne/n, die in einer der Druckschrift als Ausgangsschrift; Schreibens einer normierten Verbund- Methode besonders versiert und von unterschiedliche Kompetenz der Lehr- schrift gegenüber als deutlich, wenn ihr überzeugt sind, diese zu nutzen – personen) auch nicht eindeutig überlegen. und ermöglicht die schrittweise Erpro- ●● unterschiedliche Praktiken unter Klarer ist die umgekehrte Einschät- bung und Verbreitung neuer Ansätze. demselben Etikett (z. B. Druckschrift zung: Vorteile eines Umwegs über Stan- Verbindlich für alle ist nur das in den mit/ohne empfohlener Schreibrichtung; dard-Schreibschriften wie LA, VA oder KMK-Bildungsstandards formulier- Wechsel von der Druckschrift zur SAS lassen sich empirisch nicht bele- te Ziel: »Die Schülerinnen und Schüler Schreibschrift in Klasse 2 oder 3). gen. Angesichts der mehrheitlich posi- … schreiben eine lesbare und flüssige tiven Befunde zugunsten eines (teilver- Handschrift. Nur wenige Studien (Mai 1991; Mahr- bundenen) Druckschreibens gibt es also Hans Brügelmann, hofer 2004; Speck-Hamdan 2014; keinen Grund, diesen Weg zu verbie- Fachreferent im Grundschulverband 2 Hurschler Lichtsteiner 2015; Wicki / ten. Die große Streuung innerhalb der Hurschler Lichtsteiner 2014) haben die Schreiblehrmethoden (vgl. Speck-Ham- Anmerkungen Schreibbewegungen mit der Hilfe ei- dan 2014 für Bayern; ähnlich Venn- (1) In beiden Bundesländern wird die Ent- nes digitalen Schreibbrettes (vgl. Mai / Brinkmann 2015 für Bremen 1) verweist wicklung von Kindern über Schreibproben Marquardt 2000) detailliert erfasst. An- zudem darauf, dass die Schriftart nur aus einer kleinen Gruppe von Erprobungs- ders als durch die bloße Auszählung der einen Faktor in dem Kraftfeld darstellt, klassen erfasst. Baden-Württemberg wertet Textmenge in einer bestimmten Zeit- das die Entwicklung der individuellen dagegen Erfahrungsberichte von Lehrer/ inne/n – aus einer dafür größeren Zahl von einheit lassen sich über die Digitalisie- Handschrift beeinflusst. Klassen – aus. rung der Abläufe präzisere Aussagen Für einen Beginn des Schreibens mit (2) Stand 21.4.2015. Eine Kurzfassung zur Geläufigkeit der Schrift machen, die der Druckschrift und für den Verzicht erscheint in »Grundschule aktuell« Nr. 130 z. B. auf die wichtige Unterscheidung auf eine genormte verbundene Schrift (Mai 2015). Ich danke Erika Brinkmann, von (durchgehender) Handbewegung als Zwischenschritt sprechen sowohl Angelika Speck-Hamdan und Ursula Venn- und (durch Luftsprünge) unterbroche- Labor- als auch Feldstudien. Trotz ei- Brinkmann für hilfreiche Hinweise, insbe- sondere zu Erfahrungen bei den Erprobungen ner Schreibspur verweisen. Insgesamt nes durchgängigen Trends zugunsten in Baden-Württemberg, Bayern und Bremen. sprechen die Befunde für einen Verzicht einer (teilverbundenen) Druckschrift ist auf enge und vor allem auf verbindli- die Befundlage aber nicht eindeutig und Literatur che Formvorgaben (vgl. Mai u. a. 1997; sind die Unterschiede meist nicht groß. Andresen, U. (o. J.): Achtsam schreiben lernen. Wicki / Hurschler Lichtsteiner 2014). In einer solchen Situation stellt sich Download: http://www.achtsam-schreiben- Sie zeigen zudem, dass die Schreibbe- die Frage nach der Beweislast. Aus drei lernen.de/start_hds.html Balhorn, H. / Niemann, H. 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Anhang: Befunde/ Auszüge aus den Original-Berichten der einzelnen Studien

Eine der ersten Untersuchungen influence legibility, indicating need for beim Schreiben größerer Texte. Sein stammt von Kimmins (1916) in Eng- further study in this area.« (31) Fazit: land verglich die Schreibgeschwindig- In der Gesamttendenz findet er Vor- »Die Lesbarkeit ist aber nicht an die keit von 2.000 Schüler/inne/n und fand, teile in Geschwindigkeit und Leserlich- strenge Einhaltung einer Normschrift dass in Druckschrift deutlich mehr keit für die Druckschrift gegenüber ver- gebunden. Individuelle Abweichungen Buchstaben pro Minute geschrieben schiedenen Konzeptionen eines Un- sind in routinierten Schriften die Regel wurden (nach: Bradley 1988, 90). terrichts in verbundener Normschrift, […] Eine Möglichkeit zur Optimierung wobei die Ergebnisse jedoch breit streu- der Bewegungsabläufe ist die Vereinfa- Meis (1963) führte mehrere Studien in ten. Deshalb führte er eine eigene Stu- chung der Buchstaben. […] Die verein- NRW mit mehr als 3.700 Schulanfän- die mit 165 Schüler/inne/n der 4., 5. und fachte Ausgangsschrift hat einige kla- gern durch, um zu überprüfen, welche 6.Klassen aus zwei Schulen durch, die re Vorteile gegenüber den Lateinischen Schriftform sie (noch ohne Unterwei- beide mit der Druckschrift begannen, Ausgangsschrift […] Trotzdem ist auch sung) am leichtesten kopieren könnten: von denen aber nur eine danach zu ei- die vereinfachte Ausgangsschrift nicht Druckschrift, (»Stein«-)Blockschrift oder ner Normschreibschrift wechselte. auf eine Optimierung der Bewegungs- die lateinische Ausgangsschrift. Auch Jackson (1971, 91f.) zur Zusammenfas- abläufe ausgerichtet. […] Pausen zur er stellte Vorteile für die unverbundene sung der eigenen Befunde: Entspannung der Muskulatur wur- Schrift fest: Die Druckschrift-Schreiber »As a result of this study, the follow- den nicht systematisiert, sondern nach konnten die Vorlage besser wiedergeben ing conclusions are made: wie vor bleibt die ›Verbundenheit‹ der und produzierten weniger Formfehler. 1. Intermediate grade pupils taught Schrift das übergeordnete ästhetische Je schwieriger das zu schreibende Wort exclusively the manuscript form of Ziel. […] … die Forderung der Schul- war, desto mehr wuchs der Vorsprung handwriting write as fast or faster than schrift, möglichst viele Buchstaben mit- der Druckschrift-Schreiber. do pupils taught to make the transition einander zu verbinden, stellt eine ein- from manuscript to cursive handwrit- deutige Behinderung der Bewegungs- In seiner Dissertation fasste Jackson ing. A significant difference in speed of abläufe dar. […] Das Schreiben langer (1971) als erstes den Stand der (meist handwriting in favor of manuscript was Ketten von Buchstaben provoziert da- angelsächsischen) Forschung bis zu die- found when pupils were instructed to her unnötig zusätzliche Muskelver- sem Zeitpunkt zusammen: write, »as fast as you can.« spannungen … […] Routinierte Schrei- »From this review of literature re- 2. Handwriting written in the man- ber setzen im Unterschied zur Schul- garding speed as a means of compar- uscript style was judged by the panel of schrift nach 2-3 zusammengeschriebe- ing manuscript with cursive, it can be jurors to be more legible than handwrit- nen Buchstaben den Stift ab …« (15, 14, seen that further research needs to be ing written in the cursive style; howev- 16; vgl. zu Feldstudien Wicki / Hursch- done. The length of the timed tests is a er, the difference in legibility was not ler Lichtsteiner 2014; Wicki u. a. 2014) factor which needs considering, as well statistically significant. Ergänzend berichten Mai / Mar- as the quality of handwriting under […] quardt (1998, 91) aus der Untersuchung speed. Too, there are differing opin- 4. As indicated by the time needed von 20 Erwachsenen: »… dass auch rou- ions regarding whether manuscript is for university students to read selec- tinierte Schreiber bei längeren Wörtern faster than cursive with studies to sup- tions of pupils’ handwriting, the man- den Schreibdruck erhöhen, aber nur port both points of view. The aspect uscript style of handwriting proved unter der Bedingung, dass alle Buch- of whether a pupil receives all man- slightly easier to read than the cursive staben miteinander verbunden werden uscript or all cursive instruction still style of handwriting although the dif- müssen … Weiterhin war unter dieser needs further comparison with a stu- ference was not significant.« Bedingung eine deutlich verminderte dent who has been taught manuscript, Sein Fazit: Es sei nicht nötig, »… von Schreibgeschwindigkeit … und ein ver- then is changed to cursive at some der Druckschrift zu einer Schreibschrift minderter Automatisierungsgrad der time in school. There is little research zu wechseln. Schüler/innen, die nur Bewegungen … zu beobachten. Kei- in this area, indicating the need for im Drucken mit der Hand unterrich- ne Unterschiede fanden sich hingegen more.« (25) tet wurden, schreiben so schnell oder beim Schreiben langer Wörter, wenn »This review of literature concern- schneller und so lesbar oder lesbarer als die Buchstaben nicht miteinander ver- ing legibility still leaves room for fur- diejenigen, die [nach der Druckschrift] bunden werden mussten (Marquardt ther study. Although the preponder- eine Schreibschrift nutzen«. et al. 1996b).« ance of evidence indicates the superior- ity of manuscript over cursive, there are Mai (1991, vgl. ergänzend Mai u. a. Groff (1995) berichtet in seiner Zu- a few negative studies to the contrary. 1997 und Mai / Marquardt 1998) be- sammenfassung Befunde aus den Stu- Too, research needs to be done compar- richtet über eine Laborstudie mit 11 dien von Varty (1938), Byers (1963) ing the legibility of students taught only Erwachsenen und einem Kind, in der und Askov­ / Peck (1982) zu den Recht- manuscript with those taught man- Schreibbewegung und -druck im De- schreibleistungen von Schüler/inne/n, uscript who then changed to cursive. tail untersucht wurden, allerdings be- die verschiedene Schriftarten gelernt Also a wide variety of factors seem to schränkt auf Mikroanalysen, also nicht hatten. Insgesamt zeigte sich kein Zu-

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sammenhang zwischen Rechtschreib- Graham u. a. (1998, 295) zu ihren den Kindern in ihrer Entwicklung leistung und Schriftart. Befunden bezogen auf zwei Varianten hin zu einer routinierten Handschrift ([mehrheitlich] Druckschrift vs. [mehr- eine wesentliche Unterstützung bie- In ihrem Überblick über die Forschung heitlich] Schreibschrift): ten. Vor allem das Prinzip der Selbst- von 1980 bis 1994 zu ganz verschiedenen »Manuscript was written faster than einschätzung und Reflexion weist Wege Aspekten der Handschrift(entwicklung) cursive … and the legibility of samples auf, wie man mit Problemstellen auch kommen Graham / Weintraub (1996) classified as cursive was superior.« in anderen verbundenen Ausgangs- zu dem Schluss: schriften umgehen kann.« (2011, 149) »Regardless of the script taught, Mahrhofer-Bernt (2011) zu ihrer Stu- children will inevitably develop their die von 2004 (Entwicklung eigener Ver- Hurschler Lichtsteiner u. a. (2008) own style. Even teachers’ production bindungen anhand von Richtvorgaben untersuchte Geschwindigkeit und Le- of the handwriting model they teach is vs. VA vs. LA im Vergleich von sechs serlichkeit der Handschrift in einem influenced by their personal style (Sas- Klassen) im Blick auf die Schreibflüs- Feldversuch mit 96 2.- bzw. 3.-Kläss- soon, 1991). Teachers who insist on sigkeit: ler/inne/n in 13 Luzerner Klassen – je strict adherence to a particular model, »Die sich in den graphischen Ver- zur Hälfte Basisschrift vs. verbundene therefore, are likely to frustrate not only teilungen immer wieder andeutenden Schweizer Schulschrift: their students but themselves as well.« Tendenzen für eine Überlegenheit der »Die Studie ergab bei den Zweitkläss- (59f.) LufT-Gruppe lassen sich nicht syste- lern noch keine grossen Vorteile der Ba- In ihrer eigenen Studie verglichen matisch als statistisch bedeutsam be- sisschrift: Die Kinder mit Steinschrift Graham u. a. (1998) die Schriften von stätigen. Allgemein feststellen lässt vermochten sogar deutlich mehr zu sch- 600 Schüler/innen. Bei einer dichotomen sich jedoch Folgendes: Die LufT-Kin- reiben in der gegebenen Zeit als die Kin- Auswertung von (mehrheitlich) Druck- der zeigen ab Mitte des zweiten Schul- der mit Basisschrift. Deutliche Unter- vs. (mehrheitlich) Schreib-Schrift erga- jahres durchschnittlich flüssigere Be- schiede zugunsten der Basisschrift zeig- ben sich keine Unterschiede. Eine diffe- wegungen. Beim Vergleich. schwäche- ten sich jedoch bei den Drittklässlern: renziertere Auswertung dagegen zeig- rer Schreiber beweisen sehr unflüssig Die Kinder mit Basisschrift schrieben te Vorteile teilverbundener Schriften vs. schreibende LufT-Kinder im verlauf des deutlich lockerer (was unter Zeitdruck durchgängig verbundene Schrift. zweiten Schuljahres deutlichere Verbes- noch verstärkt der Fall war) und geläu- Graham u. a. (1998, 294-295) wörtlich serungen der Schreibflüssigkeit als die figer (d.h. sie schrieben mehr Text in zu ihren Befunden bezogen auf vier Va- unflüssig schreibenden LA- und VA- der gegebenen Zeit) als die Kinder, die rianten (nur Druckschrift, Druckschrift Kinder. Zudem sind in der LufT-Grup- in der Schweizer Schulschrift unterrich- mit Schreibschriftelementen, Schreib- pe zu allen drei Erhebungszeitpunk- tet worden waren. Diese bessere Geläu- schrift mit Druckschriftelementen, nur ten in den zweiten Klassen mehr Kin- figkeit ging nicht – wie oft befürchtet – Schreibschrift): der mit flüssigen Bewegungen als in den auf Kosten der Leserlichkeit: Die Dritt- »… the students who used a combi- beiden anderen Gruppen.« (2011, 147) klässler mit Basisschrift schrieben auch nation of manuscript and cursive letters Mahrhofer-Bernt zu ihrem Vergleich signifikant leserlicher. Möglicherweise when writing were more fluent hand- von 2004 (Entwicklung eigener Verbin- wurden die Effekte verstärkt durch das writers than the students who used ei- dungen anhand von Richtvorgaben vs. didaktische Grundprinzip der Basis- ther manuscript or cursive script exclu- VA vs. LA) in Bezug auf Leserlichkeit: schrift, dass in der 3. Klasse keine neue sively. […] the legibility of mixed script »In den Extremkategorien sehr guter Schrift erlernt werden muss.« (7) was either equivalent or superior to bzw. unleserlicher Schriften schneiden Hurschler Lichtsteiner u. a. (2008): both manuscript and cursive script. […] die LufT-Kinder weniger günstig ab. »Mit der aktuellen Studie verglichen … the majority of the participating Gleichzeitig liegt der überwiegende An- wir die Effekte der beiden Handschrif- students’ papers were written with man- teil der Schriftproben jeder Gruppe bei ten nochmals, indem wir die ältere uscript or cursive script exclusively. Nev- einer mittleren bis guten Leserlichkeit Kohorte der ersten Studie in die vier- ertheless a sizeable proportion of papers der Schriften. Alle drei Gruppen errei- te Klasse verfolgten. Um unsere Stich- (almost 40%) were written with a combi- chen das Ziel einer leserlichen Schrift.« probe auszuweiten, wurden zusätzliche nation of manuscript and cursive letters. (2011, 148) Kinder aus den bestehenden und aus When students mixed scripts, they were Mahrhofer-Bernt zum Fazit ihres zusätzlichen Klassen ausgelost. In der three times more likely to use manu- Vergleichs von 2004 (Entwicklung ei- Folge setzte sich die Stichprobe aus 93 script as the predominate letter form. […] gener Verbindungen anhand von Richt- Kindern aus 9 Klassen zusammen; 41 Deviations in handwriting form and vorgaben vs. VA vs. LA): davon waren Kinder aus der Stichprobe style are not necessarily a cause of con- »Die Erfahrungen im Projekt ›LufT‹ der ersten Studie. cern, however, as an increasing number zeigen, dass die oben dargestellten […] of such deviations have been associated Prinzipien In der Auswertung bestätigten sich with faster writing speed. […] … strict ●● der Richtvorgaben, die Ergebnisse der ersten Studie, dass adherence to a particular style or form ●● der Freigabe von Wahlmöglichkeiten Kinder mit Basisschrift leserlicher of handwriting cannot be recommend- und vor allem schrei­ben als Kinder mit verbundener ed and would likely frustrate both the ●● das Prinzip der Selbsteinschätzung Schweizer Schulschrift. Sie vermögen teacher and the child.« und Reflexion auch schneller zu schreiben beim Ab-

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schreiben über längere Zeit. Kinder mit terschiedliche Lernvoraussetzungen Normschreibschrift wechselten oder im Basisschrift gelingt es zudem besser, so- am Schulanfang? Unter diesem Vorbe- Sinne des Basisschrift-Konzepts (BS) wohl leserlich als auch geläufig zu sch- halt gilt für die berichteten Zuwächse in eine teilverbundene Schrift entwickel- reiben. Klasse 2 ten. Ihr Fazit zu den Veränderungen Auf dem Tablett, beim Schreiben ei- ●● Lesbarkeit: keine Unterschiede von Klasse 3 auf 4: nes einzelnen Satzes, zeigten sich hin- ●● Geschwindigkeit: DRUCKSCHRFIT »Bezüglich des Schreibtempos kam sichtlich Automationsgrad, Schnellig- größte Beschleunigung über die 2. im Entwicklungsverlauf von der 3. zur keitund Druck keine Differenzen zur Klasse hinweg, VERBUNDENE Schrift 4. Klasse keine Überlegenheit der BS- Vergleichsgruppe. Die Kinder mit Ba- am langsamsten; Gruppe zum Vorschein. […] sisschrift wiesen jedoch bei den via Ta- ●● Zahl richtig geschriebener Wörter: Die vorliegende Studie liefert kon- blett erfassten feinmotorischen Grund- GEMISCHT und VERBUNDEN glei- sistente Hinweise darauf, dass eine nur bewegungen schwächere Werte auf. Da che Zuwächse, DRUCKSCHRIFT die teilweise verbundene Schulschrift im bezüglich dieser Werte keine längs- geringsten; Vergleich zu einer komplett verbunde- schnittlichen Daten vorliegen, lässt sich ●● Eigener Text: In der Syntax VERBUN- nen Schrift bei Kindern im 3. und 4. nicht nachweisen, ob es sich tatsächlich DEN die größten Zuwächse, in der Länge Schuljahr mit leserlicheren Handschrif- um schlechtere Vorläuferfertigkeiten dagegen Tendenz zugunsten von GE- ten einhergeht. handelt oder ob umgekehrt Schriftef- MISCHT und in der inhaltlichen Quali- Der (kleine) Unterschied in der fekte vorliegen. Die Kontrolle der wei- tät zugunsten von DRUCKSCHRFIT. Schreibmotivation schließkich könn- teren Einflussfaktoren ergab über die Speck-Hamdan (2014) berichtet aus ih- te mit dem größeren Gesatrltungsspiel- Gesamtstichprobe keine Unterschiede rem Vergleich von 313 Kindern der 2. raum der Basisschrift und den damit hinsichtlich orthografischer oder visu- und 3. Klassen, die nach dem Grund- verbundenen Gewinnen an Selbstwirk- omotorischer Leistungen. Orthografi- schrift-Konzept unterrichtet wurden, samkeit zusammen hängen. […] sche Kompetenzen korrelierten stark mit 57 Kindern, die VA gelernt hatten: Das Ausbleiben eines Schrifteffekts mit grafomotorischen Leistungen. »Zusammenfassend und mit aller auf den Schreibdruck sollte nicht über- Neu wiesen die Kinder mit Basis- Vorsicht kann zu einem Vergleich der bewertet werden, zumal die Kinder auf schrift eine deutlich höhere Motivati- Grundschrift- und VA-Klassen festge- dem Tablett nur einen einzigen Satz zu on beim Schrei­ben auf.« (7-8; vgl. er- halten werden, schreiben hatten. Es ist denkbar, dass die gänzend: Wicki / Hurschler Lichtsteiner ●● dass die Streubreite hinsichtlich der aus dem Verbinden aller Buchstaben ei- 2014; Wicki u. a. 2014; Hurschler-Licht- Geläufigkeit (Automatisierung undnes Wortes resultierende größere An- steiner 2015) ) Tempo) insgesamt und innerhalb der strengung erst bei längerem Schreiben zu Klassen sehr groß ist (betrifft alle Klas - einem erhöhten Schreibdruck führen.« Morin u. a. (2012) haben in Kanada sen), Schüler/innen aus je zehn 2. Klassen ●● dass der Prozess der Automatisie- Venn-Brinkmann (2015, nicht in den untersucht, die Druckschrift, verbun- rung zum Ende der 2. Jahrgangsstufe Übersichten, da noch nicht abgeschlos- dene Schrift oder eine gemischte Form noch nicht abgeschlossen ist (betrifft sen) hat rund 240 Kinder (jeweils fünf geschrieben haben. Ihr Fazit: alle Klassen), Klassen aus jeweils drei Bremer Schu- »Students who learned cursive style ●● dass am Ende der zweiten Jahrgangs- len) über die vier Grundschuljahre hin- wrote less rapidly than students in the stufe noch keine ausreichende Ge- weg begleitet, die entweder nach dem other styles. This observation concurs schwindigkeit erreicht wird (betrifft Grundschriftkonzept (»Testschulen«) with other studies and suggests that cur- alle Klassen), gearbeitet haben oder von der Druck- sive style weakens writing speed. How- ●● dass es zwischen Grundschrift- schrift zur Vereinfachten Ausgangs- ever, we observed that Cursive students Klassen und VA-Klassen hinsichtlich schrift gewechselt sind (»Kontrollschu- displayed more progress in word pro- Automatisierung und Geschwindigkeit len«). Ihre Zwischenbilanz aus fallbezo- duction than Manuscript/Cursive and (Geläufigkeit) keine signifikantengenen Teilauswertungen: Manuscript students and that the word Unter­schiede gibt, »Es gibt offenbar in jeder Gruppe production performances of Manu- ●● dass aber die Grundschrift-Kinder Kinder, script/Cursive students were significantly insgesamt ein etwas höheres Tempo ●● die mit dem ihnen angebotenen Kon- weaker than those observed in the other (nicht signifikant) erreichen, zept zum Schrifterwerb erfolgreich sind groups.« (120) ●● dass es hinsichtlich der Leserlichkeit (TS und KS). In der verbundenen Schrift schreiben der Schriften keine signifikanten -Un ●● die dem angebotenen Konzept zum die Zweitklässler langsamer. Darüber hi- terschiede gibt.« (1) Schrifterwerb nicht folgen, aber den- naus wird das Bild ist also komplexer, vor noch eine leserliche, formklare und allem, wenn man sich die Daten im Ein- Wicki / Hurschler-Lichtsteiner (2014, formstabile Schrift entwickeln (TS und zelnen anschaut 1 (s. Tab. 2-4, S. 116-118). 127f.; s. ergänzend Wicki u. a. 2014) ver- KS). Problem sind dabei die Basis-Wer- glichen im 4. Schuljahr (Fortführung ●● die mit dem ihnen angebotenen Kon- te am Anfang der zweiten Klasse: zei- der Studie von Hurschler-Lichtsteiner zept zum Schrifterwerb nicht erfolg- gen sie unterschiedliche Effekte des u. a.) die Schriften von jeweils knapp 50 reich sind (TS und KS). Schreibunterrichts / Schreibstils der ers- Kindern, die nach der zweiten Klasse Es gibt damit vermutlich auch keine ten Klasse oder verweisen sie auf un- von der Druckschrift entweder zu einer Lerngruppen, die bei einem gemeinsa-

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men Schrifterwerbskonzept homogene Entwicklungen und vergleichbare Er- folge zeigen.« (Folie 8) In dem weiteren Auswertungen müssen deshalb »… vor allem die Entwicklungen der Einzelfälle betrachtet werden, und unter diesen vor allem auffällige (Fehl-)Entwicklungen in den Blick genommen, damit Lehrer_ innen ●● um die besonderen Stärken und Schwächen der einzelnen Konzepte wissen; ●● darauf vorbereitet werden, mit den individuellen Bedürfnissen und Schwie- rigkeiten der Kinder beim Schrifter- werb umzugehen und eine auf diese ab- gestimmte individuelle Schrift­erwerbs­ begleitung durch­führen« (Folie 14).

Anmerkung (1) Die Schreibaufgaben auf Buchstaben-, Wort- und Satzebene – alle unter explizitem Zeitdruck! – wurden jeweils am Anfang und Ende der zweiten Klasse gestellt, wobei ledig- lich die »verbunden« und die »Druckschrift« schreibenden Kinder zwei Jahre Schreib­ erfahrung hatten, während die »Manuscript- cursive«-Gruppe erst nach der ersten Klasse von der Druckschrift zur verbundenen Schrift gewechselt hat. Aussagekräftiger wäre der Vergleich für diese Gruppe also in der dritten oder vierten Klasse gewesen. Nimmt man als Ziel die Entwicklung einer persönlichen Handschrift, wäre sogar erst eine Erhebung in der Sekundarstufe sinnvoll (vgl. Graham u. a. 1998 zu den Geschwindigkeitsvorteilen der Mischform in Klasse 4-9).

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