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BERTELSMANN Warum der Kapitalanteil der beiden Mohn- tion um seine Witwe und ihre Kinder Brigitte, Christoph und Andreas Familien an Europas größtem Medienkonzern sinkt. (42); auf der anderen Seite die Spröss- linge aus Mohns 33 Jahre währender ers- ter Ehe mit Magdalene Raßfeld (87): Jo- Gesellschaftswandel hannes (60), Susanne (58) und Chris- tiane (56). Allen sechs Kindern hatte Mohn Mitte Nur noch 19,3 statt der von Amts wegen cherin Liz Mohn (69) das Zepter schwingt, der 80er Jahre jeweils 6,01 Prozent an der immer noch gern verbreiteten 22,6 Pro- und zwar nach allen Regeln der Füh- Familienholding ( Ver- zent an der AG stehen rungskunst, inklusive Reichsapfel, Veto- waltungs GmbH) übertragen, Liz Mohn künftig in der Verfügungsgewalt der Fa- recht und anderer Lehrmittel. ihrerseits nahm 5,81 Prozent in Emp- milie Mohn. Die Kürzung geht zurück auf Auch ihre Kinder Brigitte (46) und fang. Sich selbst hatte der Patriarch jene die Umverteilung jener 4 Prozent der An- Christoph (45), der im Übrigen die neue 4 Prozent vorbehalten, die nun auf die teile, die der im Oktober 2009 verstor- Reinhard Mohn Stiftung leitet, gehören Reinhard Mohn Stiftung übergehen. bene Großpatriarch Reinhard Mohn per- der BVG an sowie die Manager Dieter Solange Mohn noch lebte, war er es ge- sönlich über eine Zwischengesellschaft Vogel 68), Jürgen Strube (71) und Werner wesen, der der Familie vermittelst Auto- an dem Medienkonzern gehalten hatte Bauer (59). Wenn nun aber die Rede von rität und Persönlichkeit inneren Zusam- und die (durchgerechnet etwa 3,3 Pro- der Familie Mohn ist und dass sie nur- menhang verliehen hatte. Fairerweise zent) an die RM Stiftung gefallen sind, die mehr 19,3 Prozent der Kapitalanteile und der Ordnung halber müssten die dieser Tage als Reinhard Mohn Stiftung halte, dann ist dies insofern nur die halbe der Familie verbleibenden 19,3 Prozent offiziell ihre Arbeit aufnimmt. Wahrheit, als die Verwendung dieses fortan aber getrennt aufgeführt werden, Der Hauptteil der Bertelsmann AG be- Oberbegriffs die irrige Vorstellung weckt wobei dem herrschenden Zweig um Liz findet sich nach wie vor im Besitz der von einem massiven, in sich fest gefüg- Mohns 11,4 und dem Nachwuchs aus sei- , die den Mohns ten Eigentümerblock aus einem Stück. ner ersten Ehe 7,9 Prozent an der Bertels- freilich auch aufs Wort gehört. Nichts könnte unzutreffender sein. mann AG zuzurechnen sind. Unberührt von der Veränderung der Tatsächlich handelt es sich bei dieser In den vergangenen zehn Jahren hat- Kapitalanteile bleiben die Stimmrechte: Familie um zwei Lager, die nichts teilen ten die Eheleute Reinhard und Liz Mohn Sie liegen zur Gänze bei der Bertelsmann außer dem Nachnamen und dem Schick- alles getan, um die Vormacht von Liz Verwaltungsgesellschaft (BVG), wo die sal, die Hinterbliebenen Reinhard Mohns Mohn und ihren Kindern in Europas Unternehmerwitwe und Familienspre- zu sein: Auf der einen Seite die Frak- größtem Medienkonzern (Umsatz: 15,4 FOTOS: AP / DDP IMAGES, MATTHIAS BENIRSCHKE / DPA, WOLFGANG VON BRAUCHITSCH, JOHANNES EISELE / DPA / PA, TEUTOPRESS, RADKE / DA PA, TEUTOPRESS, RADKE / DPA / DPA, WOLFGANG VON BRAUCHITSCH, JOHANNES EISELE / AP / DDP IMAGES, MATTHIAS BENIRSCHKE FOTOS:

Familienangelegenheiten Magdalene Raßfeld Reinhard Mohn ( ) Liz Mohn Wer zieht welche Fäden in Gütersloh? (keine Anteile) 5,81%

Kapitalanteile Johannes Mohn Stimmrechte 6,06% 6,01%

Susanne Srowig Christoph Mohn (geb. Mohn) 5,38% 6,01%

Bertelsmann Reinhard Mohn Stiftung Stiftung Christiane Coesfeld Andreas Mohn (geb. Mohn) 5,17% 6,01% 95,88% 4,12% 16,61%* 23,84%

Johannes Mohn GmbH 59,55% Reinhard Mohn Verwaltungs GmbH 52,22%75% 47,78%

Bertelsmann AG Gütersloh

100%

Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft (BVG) 76% 24%

BVG-Stiftung Lenkungsausschuss der BVG VIDS *Von ursprünglich dreimal 6,01 Prozent nach Anteilsverschiebungen. Grafik: manager magazin Quelle: mm-Recherche

12 managermagazin 9/2010 Namen + Nachrichten

Milliarden Euro, RTL, Gruner + Jahr) SAP Wichtige Investoren fühlten sich bei einem dauerhaft zu sichern. Die Versuchung dazu war groß: Denn im Dickicht der milliardenschweren Anleihendeal schlecht informiert. Bertelsmann-Strukturen mit all ihren Stiftungen, Zwischen-GmbHs, Seiten- armen, Dachgesellschaften und hinein- Kredit verspielt modellierten Zuständigkeiten, die zwi- schen Gemeinnützigkeit und Gewinn- streben oszillieren, bieten sich vielfältige Im April hätte das Vertrauen der Finanz- gert. Womöglich wird es dem Konzern Möglichkeiten der Einflussnahme. märkte in SAP kaum größer sein können. künftig schwerer fallen, sich am Anleihe- Doch ausgerechnet eine kürzlich in Zwei Monate nach dem Antritt der neuen markt mit günstigem Geld einzudecken. den Ruch des Ominösen gebrachte An- CEOs Bill McDermott (49) und Jim Hage- „Mit Manövern dieser Art verspielen stalt, die BVG-Stiftung, gehört nicht mann Snabe (44) rissen Fondsgesell- Unternehmen ihre Kapitalmarktreputa- dazu: Das Institut ist kein verstecktes schaften und Privatanleger sich darum, tion“, sagt Ralf Frank, Chef des Inves- Machtinstrument, sondern ein Geschöpf dem Softwarekonzern Geld zu leihen. Als torenverbands DVFA, der Fach- und sogenannter Rechtstechnik. SAP erstmals Anleihen begab, gingen Führungskräfte der größten deutschen Seine Erschaffung erschien notwen- Orders über zehn Milliarden Euro ein. Die Finanzinstitute zu seinen Mitgliedern dig, weil in der alten Verfassung der al- Papiere waren zehnfach überzeichnet. zählt. „SAP hätte entweder die Anleger lein stimmberechtigten BVG alle Gesell- Dabei bot die Anleihe weder ein Rating besser informieren oder die Anleihe erst schafteranteile von ihren Mitgliedern noch besonders hohe Renditen. SAP ver- nach der Akquisition begeben sollen.“ Im selbst gehalten worden waren, was un- sprach Zinsen, die das Niveau einer Bun- September will der Verband Richtlinien gefähr einem Unternehmen entsprochen desanleihe nur geringfügig überschrit- „für eine investorengerechte Bond-Kom- hätte, dessen stimmberechtigte Aktien ten. Wer den Bond zeichnete, setzte auf munikation“ vorstellen. Der SAP-Fall gilt ausschließlich von seinen Aufsichts- Werterhalt, vertraute auf Finanzkraft als Negativbeispiel. räten gehalten werden. und Stabilität des Walldorfer Konzerns. SAP beteuert, der Sybase-Kauf sei Erstrebenswert ist ein solcher Zustand Schließlich hatte die neue Führung zum Zeitpunkt der Bond-Emission noch nicht: Denn sollte ein Gesellschafter das mehrfach betont, an der konservativen nicht beschlossen gewesen. Überdies Zeitliche segnen oder wegen hohen Al- SAP-Strategie festhalten zu wollen: Auch habe man stets darauf hingewiesen, ters der Betreuung bedürfen, hätte man künftig wolle man vorrangig aus eigener „dass wir auch größere Akquisitionen seinen Anteil erst mühsam von ihm lö- Kraft wachsen. Der Erlös aus dem Anlei- nicht ausschließen“. Einzelne Fondsge- sen oder seinen Erben entringen und auf henverkauf diene „dem allgemeinen Fi- sellschaften haben sich indes vorgenom- einen Nachfolger übertragen müssen. nanzierungsbedarf des Unternehmens“. men, bei SAP-Anleihen künftig zurück- Dies hätte auf unabsehbare Zeit die Umso überraschter waren viele In - haltender zu agieren. Mehrheitsverhältnisse zuungunsten der vestoren, als der Konzern am 12. Mai, Eine Neuemission Anfang August Mohns, aber auch der familienfremden nur einen Monat nach der Emission, den stieß bereits auf reduziertes Interesse. BVG-Mitglieder verändern können. zweitgrößten Zukauf seiner Firmenge- Die Anleihe war zwar wieder überzeich- Weil man dies verhindern, den Sta- schichte verkündete. Für 5,8 Milliarden net, das Ordervolumen lag jedoch nur tus der bisherigen BVG-Mitglieder aber Dollar erwarb SAP das US-Unternehmen noch bei gut vier Milliarden Euro. Über- nicht schmälern wollte, legte man 76 Sybase. Die Folge: Plötzlich schossen dies musste SAP diesmal einen höheren Prozent der BVG-Anteile in dieser BVG- die Risikoprämien für die vermeintlich Aufschlag auf Bundesanleihen bieten. Stiftung fest beziehungsweise völlig still: hochsicheren SAP-Anleihen nach oben. Experten zufolge sank die Nachfrage Weder die Familie Mohn noch die BVG- Denn die Finanzlage des Konzerns nicht nur marktbedingt: „Die Investoren“, Stiftung selbst können Rechte aus diesen drohte sich durch den Deal zumindest sagt Martin Wilhelm, Rentenfondsmana- 76 Prozent ableiten. Als Ausdruck des vorübergehend zu verschlechtern. ger und Geschäftsführer des Instituts für BVG-Willens und zentrales Organ aber Mit dem Vorfall hat SAP nicht nur Kapitalmarkt, „sind bei SAP etwas vor- wurde ein Lenkungsausschuss ins Leben potente Investmentgesellschaften verär- sichtiger geworden.“ Simon Hage gerufen, dessen Mitglieder sich nun nicht mehr 100, sondern nur noch 24 Prozent der BVG teilen. SAP-CEOs Jim Hagemann Snabe

Dass ausgerechnet 24 Prozent der BVG ARMIN BROSCH FÜR MANAGER MAGAZIN FOTOS: und Bill McDermott im Besitz seiner Mitglieder bleiben, hat finanztechnische Gründe: Man wollte einerseits Steuernachteile umgehen, die sich aus höheren Quoten hätten ergeben können, andererseits aber auch sicher- stellen, dass für wesentliche Struktur - veränderungen die Zustimmung der fa- milienfremden BVG-Mitglieder erforder- lich bleibt. Klaus Boldt

14 managermagazin 9/2010