Ausg. Nr. 96 • 02. Juni 2011 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Jetzt reden die Bundesländer mit! Der Bundesrat als starke Stimme der Regionen in einem gemeinsamen Europa. Foto: Land OÖ/Dedl

v.l.: Landtagspräsident Friedrich Bernhofer, Landeshauptmann Josef Pühringer und Bundesratspräsident Gottfried Kneifel

er Gesetzesantrag des Österreichischen Alle EU-Dokumente gehen an National- die Medikamentensicherheit – beispiels- DBundesrates zum Lissabonvertrag und rat und Bundesrat, wo sie auf Ländertaug- weise für Angebote aus dem Internet – sind dessen Umsetzung sind die Basis, um eine lichkeit und mögliche Konsequenzen auf die sehr wohl von Bedeutung für unser Land. Neupositionierung des Bundesrates als star- jeweiligen Regionen geprüft werden. Dar- „Wir können dem Bürger gegenüber sagen, ke Stimme realisieren zu können. Es ist un- unter sind auch viele nicht relevante Doku- daß wir uns mit diesen Vorlagen beschäftigt bedingt erforderlich, daß die Bundesländer mente – die relevanten Entwürfe werden im haben“, erklärte Bundesratspräsident Gott- auf den europäischen Rechtsetzungsprozeß EU-Ausschuß des Bundesrates jedoch ge- fried Kneifel am 9. Mai zum Thema „Die Einfluß nehmen und bei der Gesetzgebung nauestens untersucht. Gestaltung Europas – jetzt reden die Bun- mitreden können. Das ist laut Lissabonver- Die Fischfangquoten für die Ostsee oder desländer mit!“ gemeinsam mit Oberöster- trag aber nicht direkt möglich, sondern nur die Agrarförderung für die Ägäischen Inseln reichs Landeshauptmann Josef Pühringer über den Bundesrat, in der Praxis über den sind für Österreich eher uninteressant. Die und Landtagsräsident Friedrich Bernhofer. EU-Ausschuß des Bundesrates. Richtlinien für Organtransplantationen oder Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ¾ ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, unsere KollegInnen von den Printmedien haben es schwerer als wir, die wir »nur« online erscheinen – man denke nur an die Druck- kosten, für die jede Menge Inserate verkauft werden müssen. Den bindenden Redaktionsschluß haben wir gemeinsam. Was uns aber wesentlich unterscheidet, ist die theoretische Chance, im letzten Moment vor der Veröffentlichung noch schnell etwas ganz Aktuelles, vielleicht Interessanteres, gegen bereits Fertiggestelltes auszutau- schen. Da aber in jedem der Interessensbereiche unserer Magazine 20 Staatschefs in Warschau S 12 täglich Neues, mindestens ebenso Berichtenswertes bei uns einlangt, würden wir wohl nie mit einer Ausgabe fertigwerden. Haben Sie also, bitte, Verständnis, wenn auch ein »Internet-Magazin« nicht tages- aktuell berichten kann. Liebe Grüße aus Wien! Michael Mössmer

Der Inhalt der Ausgabe 96

Vereinfachung beim Pflegegeld 6 Von der U-Bahn auf’s Donauschiff 50 90 Jahre Burgenland in der Hofburg S 25 143 AKW werden überprüft 7 Hotelier des Jahres / Gastronom Spindelegger mit 95,5% gewählt 9 des Jahres 51 Für Opfer des Freiheitskampfes 10 Kaiser Maximilian Preis 2011 20 Staatschefs in Warschau 12 an Danuta Hübner 54 Für drei Jahre in den UNO- Der Quantencomputer Menschenrechtsrat gewählt 14 wird erwachsen 55 Austria Davaj! Österreichische Quanten auf gleicher Wellenlänge 56 Gegenwartskunst in Rußland 15 Quantenkaskadenlaser sorgt für Europa-Forum Wachau 17 reines Wasser in der Ölindustrie 57 50 Jahre »Der Wiener Gipfel 1961« 20 Saubere Energie aus Biomasse 58 Der Quantencomputer wird erwachsen S 55 17. AuslandsNiederöster- Österreichische Forscher tüfteln reicherInnen-VIP-Treffen 23 an »Nano-Infiltration« 59 Weltbund-Tagung Der kleinste 3D-Drucker der Welt 60 Auslandsösterreichertreffen 2011 24 Der Mann mit dem Schwert und das »Jahr der Waffen« in Sigleß 61 »Burgenland Journal« Brücke seit zwei Jahrhunderten 90 Jahre Burgenland 25 Das Mechitharisten-Kloster in Wien 64 Andreas Liegenfeld als neuer Agrar- Dürer Cranach Holbein und Umweltlandesrat angelobt 27 Ausstellung des KHM Wien 74 Weltweit leistungsstärkste Kunstschätze des Mittelalters Windkraftanlagen 28 im Tiroler Landesmuseum 76 Das Mechitaristen-Kloster in Wien S 64 Erfolgreiche Mitsprache-Offensive prolongiert 29 Ägypten für Daheimgebliebene im Liechtenstein Museum Wien 78 »Die Geschichte des Burgenlandes« Teil 4 unserer Serie 31 Arnold Schönbergs Nachlaß Durnwalder trifft EU-Kommissare 38 ist Welterbe 80 Normen für Bahntarife und 18. Klangspuren Schwaz Tirol Fahrplaninformationen 39 Festival zeitgenössischer Musik 81 Exporte sichern Wachstum und Salzkammergut Festwochen Beschäftigung – knapp 40 Gmunden 2011 am Traunsee 83 Chancen für österreichische Ganz Niederösterreich ist Bühne Technologien am US-Markt 42 Das THEATERFEST Niederösterreich »UrlaubsEuro« im Sommer 2011 Festspiel auf höchstem Niveau 86 Dem Himmel ganz nah S 96 mehr wert als im Vorjahr 43 Serie »K.u.K. Jugendstil« von Wien Holding entwickelt Prof. Peter Schubert. Diesmal: Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Immobilien mit Weitblick 44 Banat und Siebenbürgen 88 Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Straßenbahn für die USA 46 Serie »Österreicher in Hollywood« ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Demographische Trends 2010 47 von Rudolf Ulrich. Diesmal: torat: Maria Krapfenbauer. jede Art der Veröffentli- In den »mooren krumbach« wird 92 chung bei Quellenangabe ausdrücklich erlaubt. Fotos S. 1: Land OÖ / Dedl; S. 2: Andreas Wenzel / HBF; es in der Sommersaison gruselig 48 Dem Himmel ganz nah Burgenland Tourismus / Bimashofer; Harald Ritsch; Wissen durch Erlebnis und Mit der Seilbahn hoch hinaus, Mechitaristen Congretation Wien / Österreich Journal Abenteuer vermitteln 49 um die Fernsicht zu genießen 96 / Michael Mössmer; TVB Alpbachtal.

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 3 Innenpolitik

¾ „Wir haben uns beraten, wir haben des Bundesrates in die Bundesverfassung Mitteilung Gebrauch gemacht. Eine begrün- Experten beigezogen – und wir haben das aufgenommen, die Landtage unverzüglich dete Stellungnahme kann vom EU-Ausschuß für gut befunden oder wir haben das gerügt über alle EU-Gesetzgebungsinitiativen zu im Rahmen des Subsidiaritätsprüfungsver- oder wir werden deswegen klagen. Das ist informieren, alle eingelangten Stellungnah- fahrens beschlossen werden, wenn er zur doch ein wesentlicher Fortschritt, und das men der Landtage in Erwägung zu ziehen Ansicht gelangt, daß ein Vorschlag für einen hat mit intensiver Beschäftigung zu tun. Und sowie diese über beschlossene Subsidiaritäts- europäischen Gesetzgebungsakt gegen das dafür sind wir ja da, dafür werden wir auch rügen zu unterrichten. Darüber hinaus kann Subsidiaritätsprinzip verstößt. Dies war etwa bezahlt, dazu werden wir als Mandatare von der Bundesrat künftig gegen einen bereits am 5. Oktober 2010 der Fall, als der EU-Aus- den Bürgern beauftragt!“, so Kneifel. erlassenen Gesetzgebungsakt innerhalb von schuß in seiner Sitzung über den Richtlinien- Diese Europakonferenz soll zu einer zwei Monaten Klage beim Europäischen Ge- vorschlag der Kommission betreffend die institutionalisierten Schnittstelle zwischen richtshof wegen Verletzung des Subsidiari- Einreise- und Aufenthaltsbedingungen von dem Bundesrat und den Ländern werden, tätsprinzips erheben. Für eine solche Subsi- SaisonarbeitnehmerInnen aus Drittstaaten be- weil der Kontakt dringend nötig ist, um für diaritätsklage ist die einfache Stimmenmehr- riet. Obwohl die im Subsidiaritätsverfahren die Länder in vielen wichtigen Fragen bei heit im Plenum ausreichend. erforderlichen Schwellenwerte innerhalb der der Europäischen Kommission erfolgreich Als sehr vielseitig einsetzbares Instru- Acht-Wochen-Frist nicht erreicht werden vorstellig werden zu können. Kneifel: „Ich ment wurde mit der Lissabon-Begleitnovelle konnten, löste dieser Vorschlag mit 17 Bei- kann mir vorstellen, daß sich die heutige Kon- die Möglichkeit für den Bundesrat geschaf- trägen – negativen wie auch positiven – die ferenz zu einer regelmäßigen Zusammen- fen, Mitteilungen direkt an EU-Organe zu bisher größte Resonanz nationaler Parlamen- kunft des Bundesrates mit den Landtagen richten. Bisher war dies nur über Umwege te aus. entwickelt, wobei wir bereits vorausschau- über die Bundesregierung möglich. Der we- Das Instrument der Mitteilung wurde end gemäß den Arbeitsprogrammen der Eu- sentliche Zweck dieser Mitteilungen besteht ebenfalls mit der Lissabon-Begleitnovelle ropäischen Union für die einzelnen Ressorts darin, den Institutionen der EU (insbesonde- neu eingeführt und ist – im Unterschied zur mit den Bundesländern Kontakt aufnehmen re der Europäischen Kommission, dem Eu- begründeten Stellungnahme – sehr vielseitig werden, um diese Arbeit in enger Verbin- ropäischen Parlament und dem Rat) Stand- einsetzbar. Der wesentliche Zweck der Mit- dung mit den EU-Ausschüssen der Bundes- punkte des Bundesrates zu konkreten EU- teilung besteht darin, den Institutionen der länder und den Landtagspräsidien noch bes- Vorhaben näherzubringen. EU Standpunkte des EU-Ausschusses – also ser bewerkstelligen zu können.“ Bei beabsichtigten Änderungen der EU- des Bundesrates – zu einem konkreten EU- Verträge gilt grundsätzlich, daß diese mit Vorhaben näherzubringen. Bundesrat hat starke Mitwirkungs- Zweidrittelmehrheit im Bundesrat geneh- Dies kann sich auf die ausdrückliche Be- rechte auf europäischer Ebene migt werden müssen, um in Kraft treten zu grüßung und Unterstützung eines Vorschlags Mit dem Inkrafttreten der Lissabon-Be- können. beschränken. Die Mitteilung kann aber auch gleitnovelle am 1. August 2010 wurden die Dies gilt beispielsweise auch für die dazu verwendet werden, um inhaltliche Be- neuen Mitspracherechte, die der Vertrag von Einführung neuer Steuern zur Finanzierung denken, die sich nicht auf den Verstoß gegen Lissabon den nationalen Parlamenten in An- der Europäischen Union. das Subsidiaritätsprinzip beziehen, zu arti- gelegenheiten der Europäischen Union ein- Die neuen Mitwirkungsrechte des Ver- kulieren. So konnte der EU-Ausschuß etwa geräumt hat, in der österreichischen Bundes- trags von Lissabon haben zusammen mit der die Initiative einer Gruppe von Mitglieds- verfassung verankert. Außerdem wurden Lissabon-Begleitnovelle zur Bundesverfas- staaten – darunter Österreich – zur Einfüh- wichtige bestehende Mitwirkungsrechte des sung eine weitgehende Gleichstellung des rung einer grenzübergreifenden Verfolgung Bundesrates neu formuliert und verstärkt. Bundesrates und des Nationalrates im Be- von Straftaten zwar begrüßen, gleichzeitig Neu in die Bundesverfassung aufgenommen reich der europäischen Gesetzgebung be- aber auch betonen, daß es von grundlegen- wurden insbesondere die Instrumente der wirkt. Der Bundesrat kann nun auf gleichem der Bedeutung sei, Betroffene vor unverhält- „Subsidiaritätsrüge“ und der „Subsidiaritäts- Niveau, aber vor allem unabhängig vom Na- nismäßigen oder rechtsstaatlich bedenk- klage“. tionalrat, seine spezifischen Interessen wahr- lichen Eingriffen in ihre Grundrechte zu Der Bundesrat hat demnach künftig die nehmen und sich in den Legislativprozeß schützen. Möglichkeit, Gesetzgebungsinitiativen der einbringen. Für den Bundesrat bedeutet die- Europäischen Kommission innerhalb einer se Novelle somit eine enorme Aufwertung, Kneifel/Van Staa: Föderalismus Frist von acht Wochen zu beeinspruchen, die nicht hoch genug eingeschätzt werden ist unverzichtbar wenn diese in die Rechte der Mitgliedsstaaten kann. Die Praxis zeigt bereits, daß sich der Am 16. Mai nahmen Bundesratspräsident eingreifen. Wenn eine bestimmte Anzahl der Bundesrat dieser Verantwortung bewußt ist Kneifel und der Tiroler Landtagspräsident Stimmen aller nationalen Parlamente einen und von seinen neuen Rechten regen Ge- und Präsident der Kammer der Regionen im Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip fest- brauch macht. Europarat, Herwig van Staa, den aktuellen stellt, kann der Erlaß des betreffenden Bericht des Europarats zum Thema „Födera- Rechtsaktes endgültig verhindert werden. Bundesrat lebt den lismus und der aktuelle Stand der lokalen Der Vertrag von Lissabon sieht in diesem Zu- Vertrag von Lissabon Selbstverwaltung in Österreich“ zum Anlaß sammenhang vor, daß es den jeweiligen na- Seit Inkrafttreten der Lissabon-Begleit- für eine gemeinsame Pressekonferenz im tionalen Parlamenten obliegt, die Regional- novelle am 1. 8. 2010 hat der EU-Ausschuß Parlament. parlamente zu konsultieren. Um den An- des Bundesrates bereits rege von den neuen Präsident van Staa berichtete den Me- liegen der Bundesländer Rechnung zu tra- ihm zur Verfügung stehenden Instrumenten dienvertretern einleitend vom Lob der Euro- gen, wurde demgemäß eine Verpflichtung der begründeten Stellungnahme und der paratskommission für den „kooperativen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 4 Innenpolitik

Föderalismus“ in Österreich, wobei insbe- sondere der Konsultationsmechanismus zwi- schen Bundesregierung, Ländern und Ge- meinden als ein bewährter Transmissions- riemen zwischen verschiedenen Regierungs- ebenen hervorgehoben wurde. Weniger zufriedenstellend sei der Fort- gang der Modernisierung des Föderalismus in Österreich beurteilt worden, führte van Staa weiter aus. Der Europarat empfiehlt Ös- terreich eine generelle Reform des föderalen Systems und eine Klarstellung der Kompe- tenzen der verschiedenen Regierungsebe- nen. Gemeinden und Regionen sollen finan- ziell besser ausgestattet werden und mehr Entscheidungsfreiheit bekommen, insbeson- dere im Hinblick auf Steuereinnahmen und auf die Möglichkeit, eigene Abkommen mit Bundesbehörden zu treffen. An die „Zentralisten“ richtete Herwig Van Staa den Appell, sich daran zu erinnern, Foto: Bundesratspräsident Gottfried Kneifel und Tirols Landtagspräsident und Präsident daß die Republik Österreich von den Bun- der Kammer der Regionen im Europarat Herwig Van Staa (v.l.) desländern gebildet wird und es undenkbar sei, den Föderalismus ohne eine Volksab- Bundesland Oberösterreich: Die Menschen nur 4 % können der Idee etwas abgewinnen, stimmung abzuschaffen. Es gehe vielmehr assoziieren mit dem mit Föderalismus „Pro- aus den neun Bundesländern drei Großregio- um den Ausbau des Föderalismus, wobei blemlösungskompetenz“, „Hilfsbereitschaft“ nen zu schaffen. Van Staa auf Kompetenzschwächen des und „Zusammengehörigkeit“, sprechen sich Im Hinblick darauf, daß der Bericht des Bundesrates aufmerksam machte und zu- aber nur zu 20 % für die Zusammenlegung „Österreich Konvents“ aus dem Jahr 2006 bis gleich festhielt, daß der Bundesrat bei der von Gemeinden aus, nur zu 7 % für die heute weder vom Nationalrat noch vom Bun- Wahrnehmung österreichischer Rechte in Abschaffung der Landeshauptleute und gar desrat behandelt worden sei, kündigte der der Europäischen Union seit dem Lissaboner Vertrag dieselben Kompetenzen wie der Na- IMAS-Umfrage in Öberösterreich tionalrat hat „und damit unverzichtbar ge- worden ist“. In diesem Zusammenhang schil- 4 Prozent der BürgerInnen sind für den die Länderkammer um eine Spur besser als derte Van Staa die enge Zusammenarbeit 6Föderalismus Eine aktuelle IMAS- jenes für den Begriff Föderalismus. Elf Pro- zwischen dem Bundesrat und den Landtagen Studie untermauert für Landeshauptmann zent der oberösterreichischen Bevölkerung sowie die Arbeit der permanenten Kommis- Pühringer und Landtagspräsident Bern- bescheinigen sich eine genaue und 35 sion aus Mitgliedern des Bundesratsprä- hofer die hohe Akzeptanz föderalistischer Prozent eine ungefähre Kenntnis über den sidiums und der Landtage. „Wir werden den Strukturen bei den Oberösterreicherinnen Bundesrat. Föderalismus weiterentwickeln. Alle Par- und Oberösterreichern. So treten immerhin teien, die zentralistische Tendenzen verfol- 64 Prozent der Befragten dafür ein, daß die Demokratie + Bürgernähe = gen, sollen ihre Initiativen in eine Verbes- Länder ihre Probleme selbst regeln. Nur Föderalismus serung der kooperativen Gestaltung einbrin- 12 Prozent sind dafür, daß Problemlösun- Der Föderalismus hat sich, wenn man gen und ihre Gedankenspielereien zur Ab- gen zum Bund verlagert werden. die positive Entwicklung Österreichs seit schaffung des Föderalismus beenden“, for- 1945 betrachtet, bestens bewährt. Er hat mulierte der Landtagspräsident pointiert. Gegen Reduzierung der Bundesländer nur den einen großen Nachteil, daß sich Bundesratspräsident Gottfried Kneifel Abgeprallt am öffentlichen Bewußtsein viele Menschen unter diesem schwierigen begrüßte den Bericht des Europarates und ist die Meinung, die Funktion von Lan- Wort nichts oder nur wenig vorstellen kön- erinnerte daran, daß der Gesetzesantrag zur deshauptleuten sollte abgeschafft werden. nen. Ein Trendvergleich zu einer IMAS- Umsetzung des Lissabonner Vertrages vom Lediglich sieben Prozent der Oberösterrei- Studie aus 1980 zeigt, daß sich das Wissen Bundesrat eingebracht wurde. Mit dieser cherInnen sprechen sich dafür aus. Am über die Länderkammer auch über eine größten Verfassungsreform der Zweiten Re- allerwenigsten befürwortet wird (mit gar Zeitspanne von 30 Jahren kaum verbessert publik wurde die Mitbestimmung der Bun- nur vier Prozent der Nennungen) die Idee, hat. Eine Diskussion über Föderalismus desländer im EU-Rechtssetzungsprozeß fest- die Gliederung Österreichs von neun auf und Zentralismus bedarf also einfacher gelegt. drei Bundesländer zu verkürzen. und griffiger Erklärungen. Kurz und bün- Die notwendige Weiterentwicklung des dig könnte die Definition des Wortes zum Föderalismus werde von der Bevölkerung Kenntnis vom Bundesrat Beispiel lauten: Demokratie + Bürger- mitgetragen, teilte Kneifel mit und informier- Laut dieser Studie ist das Wissen über nähe = Föderalismus. te über jüngste Umfrageergebnisse in seinem

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 5 Innenpolitik

Präsident des Bundesrates an, diesen Bericht Mai erwartet sich Bundesratspräsident Knei- meinden, aber auch zur Einrichtung von Bil- im Bundesrat zu verhandeln und einen Punkt fel Beschlüsse der Bundesregierung zum dungsdirektionen im Sinne des Vorschlages dieses Berichts zu realisieren, nämlich die Bildungssystem. der Unterrichtsministerin. Möglichkeit für Gemeinden, über Landes- In dieselbe Kerbe hieb in der Diskussion Zum Schluß forderten Bundesratspräsi- grenzen hinweg zu kooperieren. Kneifel mit den Journalisten auch Landtagspräsident dent Kneifel und Van Staa nachdrücklich kündigte dazu einen Gesetzesantrag des Herwig Van Staa. Man sollte den Ländern dazu auf, das Mißtrauen zwischen Bund und Bundesrats an. die Freiheit geben, Steuerhoheit – ohne jede Ländern abzubauen. Das Vertrauen sei das Weiters plädierte Kneifel für eine Ent- steuerliche Belastung der Bürger – einzufüh- wichtigste Kapital in der Politik, hielt Knei- flechtung der Kompetenzen zwischen Bund ren, wenn sie das wollen. Überall dort, wo fel fest, während Van Staa an dieser Stelle und Ländern und sprach sich konkret dafür die Länder ausschließlich zuständig sind, den Grundsatz der Wahrhaftigkeit in der aus, die Mitsprache des Bundes bei der Be- sollen sie auch für die Finanzierung zustän- Politik einmahnte und ein Zitat von Ingeborg stellung von Landesamtsdirektoren aufzuhe- dig sein. Er erwarte sich an dieser Stelle kei- Bachmann abwandelte: „Die Wahrheit ist ben und im Gegenzug dazu die Mitsprache ne Widerstände von seiten der Bundesländer. dem Bürger zumutbar.“ „ der Länder bei der Gerichtssprengelorgani- Eine Lanze brach Van Staa auch für die Quellen: Oö. Landeskorrespondenz und Parlaments- sation aufzugeben. Generell hielt es der grenzüberschreitende Kooperation von Ge- korrespondenz, Pressestelle der Parlamentsdirektion Bundesratspräsident für möglich und wün- schenswert, Kompetenzen zwischen Bund und Ländern abzutauschen. Der Bundesrat Zudem nannte es Kneifel nicht „gottgege- er Bundesrat übt gemeinsam mit dem Verhandlungsgegenstände ben“, daß Bundeseinrichtungen ihren Sitz DNationalrat die Gesetzgebung des im Bundesrat ausschließlich in Wien haben. Warum soll Bundes aus. Er hat ein Einspruchsrecht Die Geschäftsordnung des Bundesrates die BIG ihren Sitz nicht in Graz, Salzburg, gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalra- legt fest, welche Arten von Verhandlungs- Linz oder Innsbruck haben können, sagte tes. Ein Einspruch des Bundesrates muß gegenständen es im Bundesrat gibt. Dazu Kneifel und verwies darauf, daß jeder mit einer Begründung versehen sein, hat gehören jedenfalls Gesetzesbeschlüsse des Schweizer Kanton eine Bundeseinrichtung allerdings in der Regel nur aufschiebende Nationalrates, Selbständige Anträge der aufweise und auch deutsche Bundesländer Wirkung. Das bedeutet, der Bundesrat Mitglieder des Bundesrates, Anfragen und Zentralstellen beheimaten. kann Gesetzesbeschlüsse nicht verhindern, Anfragebeantwortung und Erklärungen Von der künftigen Landeshauptleutekon- sondern lediglich verzögern. In einigen von Mitgliedern der Bundesregierung so- ferenz erwarte er sich Forderungen nach zu- Fällen jedoch hat der Bundesrat ein abso- wie der Landeshauptleute. Mit Ausnahme sätzlichen Kompetenzen für den Bundesrat, lutes Veto, dann ist die Zustimmung des von Petitionen werden alle Verhandlungs- sagte der Präsident der Länderkammer. In Bundesrates nötig. gegenstände in den öffentlichen Sitzungen Fragen, die die Länder zentral berühren, et- des Bundesrates behandelt. wa beim Finanzausgleich oder bei 15a-Ver- Die Mitglieder des Bundesrates trägen zwischen Bund und Ländern, sollte Die Anzahl der Mitglieder des Bundes- Plenarsitzungen des Bundesrates der Bundesrat laut Kneifel nicht nur ein auf- rates ändert sich mit der Bevölkerungs- Die Plenarsitzungen des Bundesrates schiebendes, sondern ein aufhebendes Veto entwicklung in den Bundesländern. Derzeit finden gewöhnlich zwei Wochen nach haben. gibt es im Bundesrat 62 Mitglieder. Sie wer- einer Nationalratssitzung statt. Das Ple- Als ein Beispiel für die konkrete Vertre- den von den jeweiligen Landtagen entsandt num des Bundesrates kann mit Mehrheit tung von Länderinteressen durch den Bun- und müssen die Interessen der Länder im Einsprüche gegen Gesetzesbeschlüsse des desrat erinnerte der Präsident der Länder- Prozeß der Bundesgesetzgebung vertreten. Nationalrates erheben bzw. die Zustim- kammer an die letzte Plenarsitzung, in der Nach Landtagswahlen werden die Bundes- mung verweigern. Aktuelle Stunden und der Bundesrat erfolgreich auf eine Zusage ratsmandate nach dem Wahlergebnis auf- Dringliche Anfragen ermöglichen es den von seiten der Bundesregierung gedrängt geschlüsselt neu vergeben. Im Sitzungs- Mitgliedern des Bundesrates, tagespoli- hat, die Kosten der zusätzlichen 50 Planstel- saal sitzen die Abgeordneten nicht nach tisch interessante Themen aufzuwerfen. len, die für die Umsetzung der jüngsten Ländern, sondern nach Fraktionen verteilt. Die Sitzungen sind öffentlich. Fremdenrechtsgesetz-Novelle bei den Unab- hängigen Verwaltungssenaten in den Ländern Präsidium und Präsidialkonferenz Ausschüsse des Bundesrates eingerichtet werden müssen, zu überneh- Die Bundesländer wechseln sich im In den Ausschüssen des Bundesrates men. Vorsitz halbjährlich ab. PräsidentIn wird werden die Verhandlungsgegenstände vor- Die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts jenes Mitglied des Bundesrates, das von beraten. Die fraktionelle Zusammenset- brauche neue Strukturen, daher sei der Bun- seinem Bundesland an erster Stelle gereiht zung in den Ausschüssen widerspiegelt die desrat zu Reformen in einem dynamischen wurde. Der Präsidentin/dem Präsidenten Mehrheitsverhältnisse im Plenum des Bun- Prozeß bereit, teilte der Bundesratspräsident stehen zwei VizepräsidentInnen zur Seite. desrates, weshalb die Ergebnisse der Aus- mit und äußerte sich positiv zu dem Vor- Zusammen mit den Vorsitzenden der schußberatungen eine wichtige Grundlage schlag, den Ländern Steuerhoheit einzuräu- Fraktionen bilden sie die Präsidialkonfe- für die Verhandlungen im Plenum bilden. „ men. „Wir fürchten uns nicht“, sagte Kneifel renz, die neben vielen anderen Aufgaben Lesen Sie hier viele Detailinformationen: und hielt Zuschläge zu bestehenden Steuern die Verhandlungen des Bundesrates und http://www.parlinkom.gv.at/PERK/NRBRBV/BR/index.shtml oder auch eigene Abgaben der Länder für seiner Ausschüsse koordiniert. Quelle: Republik Österreich, Parlamentsdirektion möglich. Von der Regierungsklausur am 30.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 6 Innenpolitik Von 303 auf 8 reduziert Sozialminister Rudolf Hundstorfer: Weiterer Schritt zur Verwaltungsvereinfachung beim Pflegegeld – Statt bisher 303 auszahlende Stellen ist nur mehr die PVA für Landespflegegeld zuständig

it dem heutigen Beschluß bei der Kostenerstattung durch die Länder und Ge- Regelung der Auszahlung der Mittel auf Ba- MLandeshauptleutekonferenz ist ein wei- meinden in Höhe des Jahresaufwandes 2010 sis von Bund, Ländern und Gemeinden ge- terer Schritt einer Verwaltungsvereinfachung (372 Mio. Euro). Diese Regelung gilt bis meinsam fixierter, transparenter Kriterien“, beim Pflegegeld gelungen“, so Sozialmini- zum Inkrafttreten des neuen FAG. Über die so Hundstorfer. Die Mittelaufteilung auf die ster Rudolf Hundstorfer am 19. Mai. „In Zu- Weiterführung wird im Rahmen der Arbeits- Bundesländer erfolgt nach dem im jeweili- kunft ist für das Landespflegegeld nur mehr gruppe zur Strukturreform beraten. gen Jahr geltenden Bevölkerungsschlüssel. ein Träger – die Pensionsver- Die Aufteilung im Innenverhält- sicherungsanstalt – zuständig, nis zwischen Land und Gemein- die Zersplitterung hat damit ein den erfolgt nach tatsächlichen Ende.“ Zusätzlich kommt es und nachgewiesenen Netto-Auf- auch zu Reformen im Bereich wendungen für Pflegedienstlei- des Bundes: Der Bund reduziert stungen. Eine Arbeitsgruppe zur seine Entscheidungsträger von Strukturreform im Pflegebereich derzeit 23 auf 8 Träger. „Mit der hat bis Ende 2012 Ergebnisse Reduktion von insgesamt 303 vorzulegen, die eine Überfüh- auf 8 Träger ist eine maßgebli- rung dieser Lösung in den näch- che Vereinheitlichung der Voll- sten Finanzausgleich vorschlägt. ziehung erreicht und die Vor- „Wir werden mit Nachdruck an schläge des Rechnungshofes einer nachhaltigen Lösung arbei- werden umgesetzt“, unterstrich ten“, so Hundstorfer. Hundstorfer, der auch auf weite- Jene 176.800 Pflegebedürf- re Vorteile verwies: Nunmehr tigen und ihre Angehörigen, die gebe es klare Zuständigkeiten, Pflegedienstleistungen beziehen, Verwaltungseinsparung bei Län- profitieren von der Sicherung dern und Gemeinden in Vollzug und dem Ausbau mobiler und und Legistik sowie eine Be- stationärer Pflege, sowie der schleunigung der Verfahrens- Schaffung von Tageszentren und dauer von 90 auf 60 Tage. Sozialminister Rudolf Hundstorfer Case-/Caremanagement. Derzeit beziehen 368.000 Foto: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Pflegedienste sind vorwie- Menschen Bundespflegegeld, 74.000 bezie- Pflegefonds sichert Finanzierung gend persönliche Dienstleistungen. „Durch hen Landespflegegeld. 85 Prozent der für die nächsten Jahre den Pflegefonds werden über 28.000 Pflegebedürftigen erhalten das Pflegegeld „Der Pflegefonds wird die Kostensteige- Arbeitsplätze im Sozialbereich geschaffen vom Bund, der es über 23 Träger, den jewei- rungen der Länder und Gemeinden für die und gesichert werden“, schloß Hundstorfer. ligen Pensionsversicherungsträger des kommenden Jahre abdecken“, so Hunds- Betroffenen, abwickelt. 15 Prozent der torfer. Nach dem Finanzausgleichsschlüssel Anspruchsvoraussetzungen Pflegebedürftigen erhalten Landespflege- beteiligen sich der Bund zu 2/3, Länder und Seit 1. Jänner 2011 gelten neue Anspruchs- geld, das sich in den neun Ländern lt. Rech- Gemeinden zu 1/3. Die Gesamthöhe beträgt voraussetzungen für das Pflegegeld: Für ein nungshof auf 280 Träger (mit Gemeinden) für 2011-2014 Euro 685 Millionen Euro; für Pflegegeld der Stufe 1 ist ein Pflegebedarf aufsplittert. Das sind Menschen, die keine das Jahr 2011 100 Millionen Euro, für das von durchschnittlich mehr als 60 Stunden Pensionsleistung eines Bundesträgers erhal- Jahr 2012 150 Millionen Euro, für das Jahr monatlich erforderlich; für die Stufe 2 muß ten, z.B. jüngere Menschen mit Behinderung 2013 200 Millionen Euro und für das Jahr der Pflegebedarf durchschnittlich mehr als oder Landes- bzw. Gemeindebedienstete im 2014 235 Millionen Euro. 85 Stunden monatlich betragen. Gleichzeitig Ruhestand. „Statt der Zersplitterung der Die Mittel dürfen ausschließlich für die wurde das Pflegegeld der Stufe 6 auf 1260 Kompetenzen und die vergleichsweise hohe Pflege verwendet werden. Das Pflegefonds- Euro erhöht, weil Erfahrungen gezeigt haben, administrative Belastung kleinerer Träger gesetz regelt die Mittelaufteilung an Länder daß der Aufwand bei diesen Pflegegeldbe- wird eine Kompetenzbereinigung das und Gemeinden, sowie die Mittelverwen- zieherInnen besonders hoch ist. Durch diese Pflegegeld beim Bund konzentrieren“, so dung für die Sicherung und den Ausbau von Erhöhung steht rund 13.000 schwerst pflege- der Sozialminister. Pflegeleistungen. bedürftigen Menschen über 200 Euro mehr Gesetzgebungs- und Vollziehungskompe- „Das Pflegefondsgesetz beinhaltet auch pro Jahr für die erforderliche Pflege und tenz des Landespflegegeldes werden vom die Schaffung einer adäquaten österreich- Betreuung zur Verfügung. „ Bund übernommen. Hierbei erfolgt eine weiten Pflegedienstleistungsstatistik und die http://www.bmsk.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 7 Innenpolitik 143 AKW werden überprüft Ablauf für die Überprüfung der Atomreaktoren in der EU festgelegt – Veröffentlichung der Ergebnisse ist wesentlich – Vertreter zehn atomkraftfreier Länder in Wien

ie Sicherheit aller europäischen Atom- Dkraftwerke wird erstmals nach EU-wei- ten Kriterien geprüft – darauf haben sich die Europäische Kommission und die Europäi- sche Gruppe der Regulierungsbehörden für nukleare Sicherheit (ENSREG) am 25. Mai geeinigt. Untersucht werden vom 1. Juni an sowohl die Auswirkungen von Naturkata- strophen auf die Kraftwerke als auch ihre Tauglichkeit bei vom Menschen verursach- ten Unfällen wie Flugzeugabstürzen. EU- Energiekommissar Günther Oettinger sagte: „Ich begrüße die Einigung zwischen Kom- mission und nationalen Regulierungsbehör- den auf umfassende und ambitionierte Si- cherheitsprüfungen der Atomkraftwerke. Die harte Arbeit beginnt jetzt: die Kriterien rigoros umzusetzen.“

Die sogenannten Streßtests erfolgen in Foto: BMLFUW/Ludwig Schedl drei Phasen: einer Vorabprüfung durch den »Anti Atom Allianz« atomkraftfreier Staaten: S.E. Panayotis Zagrafos (Botschafter Kraftwerksbetreiber, einem Bericht der na- Griechenlands), S.E. James Brennan (Botschafter Irland), I.E. Arlette Conzemius (Botschafterin Luxemburg), S.E. Torben Brylle (Botschafter Dänemark), Niki tionalen Regulierungsbehörden sowie einer Berlakovich (Umweltminister), Raimonds Vejonis (Minister für Umwelt der Re- Überprüfung durch internationale Experten- publik Lettland), Renate Müssner (Regierungsrätin Liechtenstein), Peter Portelli teams. Separat diskutiert werden Fragen, die (Secretary OPM, Malta), S.E. Marios Lyssiotis (Botschafter Zypern) und S.E. Manuel die nationale Sicherheit der Mitgliedsstaaten Marcello Monteiro Curto (Botschafter Portugal) in Wien (v.l.) berühren, so die Vermeidung von Terroran- Am Vormittag des 25. Mai fiel in Wien auf seine Forderung nach Streßtests bei allen griffen auf Atomkraftwerke. der Startschuß für die „Anti Atom Allianz“ europäischen Atomkraftwerken hin. „Ein Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in Europa. Zehn atomkraftfreie Staaten – voller Erfolg für Österreich und ein voller begrüßte, daß sich die EU-Kommission und Lettland, Dänemark, Malta, Liechtenstein, Erfolg für die Menschen!“ die Atomenergie-Aufsichtsbehörden auf einen Griechenland, Irland, Portugal, Estland, Zy- „Für mich und für Österreich war und ist Ablaufplan geeinigt haben. „Der Wert dieser pern und Luxemburg – kamen auf Einladung Atomenergie nicht beherrschbar und keine Streßtests wird sich aber erst dann zeigen, von Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) Lösung! Es geht einfach um die maximale wenn die Ergebnisse vorliegen und dann auch nach Wien, um über die Möglichkeit eines Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. die Konsequenzen daraus gezogen werden“, atomkraftfreien Europas, nukleare Sicherheit Ich werde dafür kämpfen, daß noch mehr so der Kanzler. Daher sei es vor allem auch und nachhaltige Energiesysteme zu diskutie- Länder unserem Beispiel folgen“, so Ber- wichtig, daß die Ergebnisse der Überprüfun- ren. Im Rahmen des Treffens wurde auch lakovich weiter. „Die heute gegründete ,Anti gen, die bis Dezember 2011 vorliegen sollen, eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, Atom Allianz‘ ist ein erster wichtiger Schritt auch der Öffentlichkeit und unabhängigen die sowohl die Forderung von Streßtests als in die richtige Richtung.“ Beim nächsten Um- Experten zugänglich gemacht werden. auch die Umstellung von Atomkraft auf er- weltministerrat im Juni wird der Umwelt- „Positiv ist zu werten, daß sich EU- neuerbare Energien beinhaltet. minister die soeben ausgearbeitete Erklärung Kommissar Günther Oettinger gegen die „Angesichts des nahezu apokalyptischen präsentieren. Das nächste Treffen der „Anti Atomlobby durchgesetzt hat, die bekanntlich und unkontrollierbaren Ereignisses in Japan Atom Allianz“ ist für Herbst in Griechenland nur Selbstüberprüfungen der eigenen Kraft- im März dieses Jahres war und ist es mir vorgesehen. werke zulassen wollte. Mit der Festlegung absolut wichtig, die richtigen Schlüsse für Werner Neubauer, Atomsprecher der auf erste Prüfinhalte und einen Zeitplan ist uns und die Generationen nach uns zu zie- FPÖ, stimmt dezidiert nicht in den Jubel an- jedenfalls ein wichtiger Schritt in die richti- hen. Ich habe sofort begonnen aus der Tra- läßlich der Einigung der EU-Mitgliedsstaaten ge Richtung getan. Ich werde mich jeden- gödie weisungsgebende und zukunftsorien- über die Atom-Streßtests ein. „Wir setzen falls dafür einsetzen, daß aus diesen Tests tierte Schritte einzuleiten. Der Weg ist klar nach wie vor auf die Schließung sämtlicher dann auch die richtigen Schlüsse gezogen vorgegeben: Raus aus Atom – rein in Er- Atommeiler, nur ein geschlossenes Kern- werden“, so Faymann abschließend. neuerbare!“, stellt der Minister klar und wies kraftwerk ist ein sicheres!“ Neubauer unter-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 8 Innenpolitik mauert erneut, daß für die FPÖ der Weg der Ausgestaltung der AKW-Streßtests. In der warnt Manfred Doppler. Diese Tests seien Laufzeitverlängerung der falsche sei. Vereinbarung würden weder Terror-Angriffe nur dann sinnvoll, wenn sie von unabhängi- Die geplanten Streßtests würden lediglich noch unabhängige Prüfer berücksichtigt. Es gen Prüfern auch unter Einbindung von über die Probleme in der Atompolitik hin- gebe de facto keine unabhängigen Wissen- NGOs durchgeführt würden. wegtäuschen, ist sich Neubauer sicher. Auch, schafter, die die Sicherheit der Atomkraft- Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLO- daß das Überprüfen auf Auswirkungen et- werke testeten. Die Überprüfungen sollen in BAL 2000, stellte fest, entgegen erster Be- waiger Terroranschläge ausgespart werde, erster Linie auf den Angaben der AKW-Be- fürchtungen seien die Vorschläge der West- zeige die Halbherzigkeit der Vorhaben auf. treiber basieren. Niklas Schinerl, Atomspre- europäischen Aufsichtsbehörden (WENRA) Grundsätzlich müsse man auch hinterfragen, cher von Greenpeace: „Die Informations- nicht vollständig übernommen worden, die wieso die Standorte von Atommeilern erst politik rund um den Reaktorunfall in Fuku- nur eine Selbstüberprüfung der Betreiber auf jetzt, und nicht zur Zeit der Errichtung geo- shima aber auch der Umgang mit Störfällen Basis von alten Studien vorgesehen hätten. logischen Test unterzogen worden sind. in europäischen Atomkraftwerken machen „Der jetzt präsentierte Deal sieht vor, daß die Es kranke grundsätzlich an einheitlichen deutlich, daß den Atomkonzernen in ihren Tests in zwei Kategorien aufgeteilt werden: Sicherheitsstandards und der Einfluß der Aussagen nicht zu trauen ist. Die Überprü- einerseits Sicherheitstests, die die Auswir- Atom-Lobby tue das seinige dazu, diesen fung der Atomkraftwerke den Betreibern kungen der Alterung der Nuklearanlagen, Zustand aufrecht zu erhalten, so Neubauer. und den Atombehörden zu überlassen, be- Naturkatastrophen wie Hochwasser und Erd- Die Vertretung der Atomindustrie habe ein deutet den Bock zum Gärtner zu machen. stöße sowie die Auswirkung von Fehlbedie- derart starkes Gewicht bei den Entschei- Streßtests ohne unabhängige Experten direkt nungen umfassen. Andererseits geht es um dungsträgern innerhalb der Europäischen vor Ort sind unglaubwürdig.“ Wenn Um- die umstrittene Überprüfung der Auswir- Union, daß in diesem Bereich leider keine weltminister Berlakovich seine Anti-Atom- kung von Terrorangriffen, für die eine eige- Lösung in Aussicht stehe.´ Politik ernst sei, dürfe er der Vereinbarung in ne Arbeitsgruppe eingesetzt werden soll.“ Rainer Widmann, Energiesprecher des dieser Form nicht zustimmen. Diese von der EU-Kommission eingesetzte BZÖ, erklärte, den Grünen gehe es „ledig- Manfred Doppler vom „Anti-Atom-Komi- Arbeitsgruppe soll hier zeitnah Erkenntnisse lich darum, mit Medienaktionen aus der tee“ erklärte, die Bildung von Allianzen auf finden, die aber etwa aus deutschen Unter- Atom-Katastrophe in Fukushima politisches europäischer Ebene gegen die Atomkraft suchungen längst vorlägen: „Nämlich, daß Kapital zu schlagen. Wenn es hingegen not- werde seit Jahren eingefordert. „Wir begrüs- die meisten Reaktoren nicht einmal dem Ab- wendig ist, den österreichischen Anti-Atom- sen daher ausdrücklich die Bemühungen von sturz einer kleinen Passagiermaschine stand- kurs zu durchzusetzen, sind sie nicht einmal Umweltminister Berlakovich um eine Al- halten können und kein einziger dem Ab- anwesend.“ So hätten die österreichischen lianz atomfreier Länder, die bisher als nicht sturz einer Boeing 747.“ Außerdem wird – Grünen am 25. Mai einen Anti-Atom-Gipfel möglich bezeichnet wurde.“ Man könne wie im ersten WENRA-Vorschlag – die erste der nationalen Parlamente mit dem EU-Par- jedoch gespannt sein, wie diese Einigung auf Einschätzung der Reaktoren durch die Be- lament geschwänzt. „Kein einziger Vertreter EU Ebene aussehen soll, denn es sei noch treiber erfolgen. Das ist, als würden Autofah- der Grünen war anwesend. Der Chefin der völlig offen, wie diese hoch gelobten Streß- rerInnen den TechnikerInnen vom ÖAMTC Pseudo-Ökopartei, Glawischnig, war es of- tests aussehen sollen. erklären, warum sie sich selber das Pickerl fenbar wichtiger, in Wien eine Pressekon- „Tschechien z.B. signalisiert, daß es den verleihen dürfen.“ Deutschland habe, so ferenz abzuhalten. Die Grünen haben damit Streßtests zwar zustimmen wird, allerdings Reinhard Uhrig, den einzig verantwortlichen als Anti-Atom-Partei endgültig abgedankt.“ wollen sie sich selbst prüfen. Die Gefahr ist Weg eingeschlagen und nach dem Beginn Christiane Brunner, Umweltsprecherin also groß, daß diese ohne großen ,Streß‘ be- des Fukushima-Super-GAUs zumindest alle der Grünen, stellte fest, „das Ergebnis der standen und sich die AKW-Betreiber selbst Höchstrisikoreaktoren vom Netz genom- aktuellen Schnell-Überprüfung der deut- ein sehr gutes Zeugnis ausstellen werden“, men. „ schen AKW bestätigt, wovor Grüne und ExpertInnen seit Jahren warnen: kein einzi- ges deutsches AKW ist ausreichend gegen Flugzeugabstürze gesichert“. Und sie fordert erneut, daß bei den AKW-Streßtests Flugzeug- abstürze berücksichtigt werden. „Die deut- sche Bundesregierung ist daher gut beraten, die deutschen AKW so schnell wie möglich abzuschalten. Die acht derzeit herunterge- fahrenen AKW dürfen nicht wieder ans Netz gehen. Dies gilt insbesondere für das grenz- nahe AKW Isar 1, das in der Einflugschneise des Flughafen Münchens liegt“, so Brunner. Das derzeitige Moratorium für Deutschlands sieben älteste AKW läuft am 15. Juni aus; die Regierung Merkel will am 6. Juni über den deutschen Atomausstieg entscheiden.

Die Umweltschutzorganisation Green- Foto: Thomas Macht / GNU Free Documentation License peace übt Kritik an den Vereinbarungen zur Muß nicht überprüft werden: das nie in Betrieb genommene AKW Zwentendorf.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 9 Innenpolitik Spindelegger mit 95,5% gewählt Außenminister Michael Spindlegger hat sich – nach dem überraschenden Rückzug von Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll – am ÖVP-Bundesparteitag der Wahl zum Bundesparteiobmann gestellt und erhielt große Zustimmung.

m Vormittag des 13. April berief Vize- Akanzler und Finanzminister Josef Pröll, wie in unserem „Österreich Journal“ pdf- Magazin (Ausgabe 95 vom 10. Mai) berich- tet, eine Pressekonferenz im Finanzministe- rium ein. Bis kurz zuvor war man davon aus- gegangen, daß er nach seiner vierwöchigen Abwesenheit aus der Politik mit neuem Schwung zurückkehren, die Amtsgeschäfte wieder aufnehmen und neue Strategien für seine ÖVP bekanntgeben würde. Pröll war am 18. März mit einer Lungenembolie in eine Innsbrucker Klinik eingeliefert worden. Womit wohl kaum jemand gerechnet hatte, erklärte Pröll, seine Ärzte hätten ihn auf das immense Risiko hingewiesen, das er eingin- ge, würde er sich nicht zurücknehmen. Des- halb habe er sich entschlossen, sich aus allen politschen Funktionen zurückzuziehen. Tags Foto: ÖVP / Jakob Glaser Bundesparteiobmann Michael Spindelegger bei seiner Rede in Innsbruck drauf präsentierte er Außenminister Michael Spindelegger, der vom Bundesparteivorstand tionen suchen, aber ihre individuelle Freiheit Innsbruck als inhaltlich wertlos und vor al- einstimmig als interimistischer ÖVP-Obmann und Privatheit schätzen. „Ich will die ÖVP lem auch wertelos. Diese Partei habe alle bestätigt wurde. als moderne Bürgerpartei“, so Spindelegger, ihre Werte abgelegt. Sie sei keine Familien- der klarstellt: „Mein Ziel ist dabei nicht ir- partei mehr und keine Wirtschaftspartei, Bundesparteitag in Innsbruck gendeine mittlere Ebene, ein geruhsamer auch keine Bauernpartei. Sie sei nur noch die Zu Beginn seiner Rede im Rahmen des zweiter Platz. Das kann höchstens eine Zwi- Österreich-Filiale des EU-Imperiums, das ÖVP-Bundesparteitages am 20. Mai in Inns- schenetappe sein. Die SPÖ ist nicht im Kanz- zur Rettung seines mißlungenen Prestigepro- bruck dankte Spindelegger dem scheidenden leramt pragmatisiert. Unser Ziel ist daher der jekts Euro immer mehr von unserem Steuer- ÖVP-Chef Josef Pröll für dessen Arbeit. Gipfel, die Spitze. Denn dort gehört sie hin, geld abziehen wolle, so Kickl. Nun stellte sich Spindelegger selbst der unsere ÖVP!“ BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher Wahl zum Bundesparteiobmann und wurde Zu seinen StellvertreterInnen wurden ge- sagte, die ÖVP sei auch unter Spindelegger mit 95,5 Prozent der Delegiertenstimmen ge- wählt: Finanzministerin Maria Fekter, Vorarl- nur mehr die Partei der Banken und der Groß- wählt. „Wenn ich mich auf etwas einlasse, bergs Kultur-Landesrätin Andrea Kaufmann, konzerne. Der Mittelstand sei längst verraten dann immer nur zu 100 Prozent“, so Spindel- Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und verkauft worden. Das einzige, was die egger. „Ab heute stehe ich daher für alle in und Umweltminister Niki Berlakovich. ÖVP-Vertreter in der Regierung könnten, sei der ÖVP, für alle Bünde und alle Landes- das Geld der fleißigen Österreicherinnen und parteien. Ich möchte mit ganzem Einsatz für Aus den anderen Parteien Österreicher in finanzmarode Banken und eine einige Volkspartei da sein.“ Spindeleg- SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Ru- EU-Länder zu pumpen und die Bürgerinnen ger verwies auf die harte Arbeit, die vor der das erklärte in der „Tiroler Tageszeitung“ und Bürger zu belasten. ÖVP liege. „Wir müssen den Menschen Ant- auf die Frage, wie sie mit Spindeleggers Vor- Grünen-Chefin Eva Glawischnig erklärte, worten geben und wir müssen heute damit würfen gegen die SPÖ umginge, es sei ein der biedere 1980er-Konservativismus eines beginnen. Das müssen wir ernst nehmen und Parteitag gewesen, da dürfe man auch als Alois Mocks kehre mit Neo-Obmann Spin- dafür stehe ich auch: Für den einzelnen und Koalitionspartner nicht jedes Wort auf die delegger in die ÖVP zurück. Vorbei sei es seine Leistung. Für unsere christdemokrati- Goldwaage legen. Sie hoffe vielmehr, daß mit der Internationalität eines Erhard Busek; schen Werte. Für die Familie, die Wirtschaft, nach den personellen Weichenstellungen bei vorbei mit dem Versuch, einen liberaleren Gemeinwohl und Zusammenhalt. Und: Für der ÖVP die Regierungsarbeit in den kom- Flügel zu schaffen wie Josef Pröll. Er spre- Mut, Optimismus und den Glauben an Ös- menden zwei Jahren bis zur Nationalrats- che nur die konservativen Kernschichten der terreich. Ich will ein zukunftsfites Öster- wahl 2013 besser laufen könnte. ÖVP an, der Arbeit der Perspektivengruppe reich.“ Jetzt gelte es, die Menschen in den FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl be- versetzte er den Todesstoß. „ Städten für die ÖVP zu gewinnen, junge, kri- zeichnete die Botschaften des neuen Ob- Hier finden Sie weitere Informationen: tisch-liberale, die ethisch-moralische Posi- manns „der rapide schrumpfenden ÖVP“ in http://www.oe-journal.at/Aktuelles/!2011/0511/W3/12305Poevp.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 10 Innenpolitik Für Opfer des Freiheitskampfes Wiedereröffnung der Gedenkstätte in der Wiener Salztorgasse 6 – Renovierter Gedenkraum wurde mit zeitgeschichtlicher Ausstellung über die Gestapo ergänzt

ie Gedenkstätte für die Opfer des Ausstellung: Gestapo, Spitzel und ginn eines jahrelangen Leidensweges durch DFreiheitskampfes 1938 bis 1945 in der Denunzianten gegen den Widerstand Gefängnisse und Konzentrationslager. Für Salztorgasse 6 wurde am 27. Mai im Beisein Die Ausstellung beleuchtet anhand neuer viele war es auch die erste Station auf dem von Bundespräsident Heinz Fischer und Forschungsergebnisse die Tätigkeit der Ge- Weg in den Tod“, so Bailer. Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Po- stapo Wien. Der Einsatz von Spitzeln und korny wiedereröffnet. Der Bundespräsident Denunzianten ermöglichten es ihr, den öster- Vom Hotel zur Gestapo-Leitstelle verwies auf die Geschichte der Gedenkstätte reichischen Widerstand zu zerschlagen. Wo heute am Morzinplatz der Leopold- Figl-Hof steht, befand sich von 1873 bis 1938 das luxuriöse Hotel „Metropole“. Nach dem „Anschluß“ Österreichs an NS-Deutschland wurde das Hotel beschlagnahmt und Sitz der Gestapo-Leitstelle Wien. Durch den in der Salztorgasse befindlichen ehemaligen Liefe- ranteneingang des Hotels wurden nun die Foto: Livio Srodic/HBF Bundespräsident Heinz Fischer (l.) mit Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath- Pokorny beim Niederlegen von Kränzen in der wiedereröffneten Gedenkstätte

und erinnerte auch an seinen Schwieger- „Quantität und Qualität des österreichischen vater, Otto Binder, der von der Gestapo ver- Widerstandes können nur entsprechend be- folgt worden war und er zitierte Rosa Joch- urteilt werden, wenn auch der Repressions- mann. Die war selbst von der Gestapo gefol- apparat und die Verfolgungsmaßnahmen des tert und dann im KZ Ravensbrück inhaftiert NS-Regimes sichtbar gemacht werden“, so worden und hat gesagt, sie könne wohl ver- Hon. Prof. Univ.-Doz. Brigitte Bailer, wis- zeihen, aber man dürfe niemals vergessen. senschaftliche Leiterin des Dokumentations- „Und diesem niemals Vergessen dient die archivs des Österreichischen Widerstands. Gedenkstätte in bester Weise“, so Fischer. Mailath-Pokorny unterstrich die Wichtigkeit Erste Station am Weg in den Tod der Gedenkstätte vor allem auch im Wirken Auch die Mitwirkung der Gestapo bei der gegen jene, die heute noch glaubten, mit Verfolgung der Jüdinnen und Juden wird in Hakenkreuzen provozieren zu müssen. der Ausstellung thematisiert. Gestapobeamte Die Gedenkstätte am Ort des ehemaligen beteiligten sich aktiv an Massenerschies- Gestapo-Hauptquartiers besteht seit 1968 sungen. Auch ZwangsarbeiterInnen , Zeugen und wird seither vom Dokumentationsarchiv Jehovas, unangepaßte Jugendliche und Op- des österreichischen Widerstandes betreut. positionelle zählen zu den Opfern der Mit Hilfe öffentlicher Förderungen konnte Gestapoleitstelle Wien. „Die Verhaftung der Gedenkraum renoviert und um eine zeit- durch die Gestapo zwischen 1938 und 1945 http://www.doew.at/php/gestapo/ geschichtliche Ausstellung ergänzt werden. bedeutete für die Betroffenen meist den Be-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 11 Innenpolitik

von der Gestapo Verhafteten zu den Verhö- ren geführt, die oftmals mit grausamen Fol- terungen sowie Einweisungen in Konzen- trationslager verbunden waren („Nicht mehr anonym. Fotos aus der Erkennungsdienst- lichen Kartei der Gestapo Wien“). Heinrich Himmler, als Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei im Reichs- ministerium des Innern der Hauptverant- wortliche für den nationalsozialistischen Terror, war schon am 12. März 1938 mit einem Stab ausgewählter SD- und Gestapo- beamter am Flugfeld Aspern gelandet, um die Unterdrückungsmaßnahmen sofort ein- leiten zu können. Nach der Zerschlagung der österreichi- schen Polizeibehörden setzte Himmler zwei Sonderstäbe zur Koordinierung des Aufbaus der Ordnungs- (= Schutzpolizei, Gendarme- Foto: Livio Srodic/HBF rie) und Sicherheitspolizei (= Gestapo, Krimi- Bundespräsident Heinz Fischer mit der wissenschaftlichen Leiterin des DÖW, Hon. Prof. Univ.-Doz. Brigitte Bailer bei der Besichtigung der neuen Ausstellung nalpolizei) ein. In einem Erlaß vom 15. März 1938 legte der Chef der Sicherheitspolizei zustellen, mit denen jüdische Männer, Die Gedenkstätte und des SD Reinhard Heydrich die Auf- Frauen und Kinder an Sammelpunkte und Knapp vor Kriegsende wurde das Ge- gaben- und Kompetenzverteilung der öster- dann in die Gaskammern verschickt wurden. bäude durch Bomben fast völlig zerstört. reichischen Gestapo-Leitstellen fest. Leiter Während des Krieges wurden auch viele Nach dem Krieg wurden die Ruinen abgeris- der Gestapo Wien wurde der Münchner ausländische Zwangsarbeiter eingeliefert. sen und durch einen modernen Zweckbau Gestapomann Franz Josef Huber. Die meisten, die in die Gestapo-Leitstelle ersetzt. In diesem nach dem Gestapohäftling Gleichzeitig erfolgten massenhafte Ver- gebracht wurden, kamen nicht durch das und nachmaligen Bundeskanzler Leopold haftungen österreichischer Juden und be- Portal in das Haus, sondern durch einen Hin- Figl benannten Gebäude errichteten 1968 die kannter Gegner des NS-Regimes; diese wur- tereingang in der Salztorgasse. Von dort gab Opferverbände einen „Gedenkraum für die den nicht nur von Gestapobeamten, sondern es einen direkten Abgang in den Keller, in Opfer des österreichischen Freiheitskamp- auch von Angehörigen der SS und SA sowie dem sich das Gestapogefängnis befand. Die fes“. Obwohl sämtliche materiellen Spuren Mitgliedern und Mitläufern der NSDAP Häftlinge wurden stunden- und tage-, oft der Gestapo-Leitstelle Wien ausgelöscht wa- festgenommen. Allein von den über 18.600 wochenlang zur Erzielung von „Geständ- ren, ist dieser Ort dennoch ein authentischer im Zugangsbuch des Konzentrationslagers nissen“ gefoltert, bis sie an den Folgen der historischer Ort mit einer speziellen Aura. Dachau 1938 verzeichneten Neuzugängen Mißhandlungen starben, Selbstmord begin- Nach einer umfassenden Renovierung waren ca. 40 Prozent Österreicher. Aufgabe gen oder weiter in die Lager geschickt wur- wurde der in seiner ursprünglichen Form er- der Wiener Gestapo-Leitstelle war es später den. Die Gestapo wurde zum Inbegriff natio- haltene Gedenkraum 2011 mit einer Aus- auch, die Deportationstransporte zusammen- nalsozialistischen Terrors. stellung über Opfer und Täter der Gestapo ergänzt. In dieser wird nicht nur an die hier inhaftierten WiderstandskämpferInnen und an die anderen von der Gestapo verfolgten Menschen erinnert, sondern es werden auch historische Informationen über die Gestapo, deren Organisation, Mitarbeiter, Arbeits- weise etc., vermittelt. Denn Quantität und Qualität des österreichischen Widerstandes können nur entsprechend beurteilt werden, wenn auch der Repressionsapparat und die Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes sichtbar gemacht werden. Nach der Wiedereröffnung ist geplant, den Gedenkraum in das Vermittlungs- und Führungsprogramm ders DÖW zu integrie- ren. Eine im Aufbau begriffenen Website soll weiterführende Informationen zur Gestapo-

Foto: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Leitstelle Wien und vor allem zu deren Op- Wo heute am Morzinplatz der Leopold-Figl-Hof steht, befand sich von 1873 bis fern präsentieren. „ 1938 das luxuriöse Hotel »Metropole«. http://www.doew.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 12 Österreich, Europa und die Welt 20 Staatschefs in Warschau Präsidententreffen in Polen – Bundespräsident Heinz Fischer: »Demokratie braucht materielle Basis« – Obama bei Arbeitsessen am Abend dabei Alle Fotos: Andreas Wenzel/HBF Zum Treffen waren neben Bundespräsident Heinz Fischer die Staatsoberhäupter von Deutschland, Italien, Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Montenegro, Estland, Kosovo, Litauen, Lettland, Mazedonien, Moldau, der Slowakei, Slowenien, der Ukraine und Ungarn nach Warschau angereist.

er polnische Präsident Bronislaw Ko- trittsbestrebungen der Ukraine“. Gleichzeitig Tschechien, Montenegro, Estland, Kosovo, Dmorowski hat sich nach dem Treffen solle die Gemeinschaft ein System schaffen, Litauen, Lettland, Mazedonien, Moldau, der von 20 Staatsoberhäuptern aus Mittel- und „um auf die weitere Nachbarschaft einzuwir- Slowakei, Slowenien, der Ukraine und Un- Südosteuropa in Warschau, an dem auch ken“, sagte Komorowski in Anspielung auf garn angereist. Rumänien und Serbien hatten Bundespräsident Heinz Fischer teilnahm, für Nordafrika. wegen der Teilnahme der kosovarischen Prä- eine nach außen weiterhin offene Europäi- Das Treffen in Warschau war vor allem sidentin Atifete Jahjaga abgesagt. sche Union ausgesprochen. „Die dominie- der Entwicklung der Demokratie in den Nach- An dem Abendessen der Staatschefs hat rende Überzeugung war, daß die bisherigen barstaaten der EU sowie in Nordafrika ge- auch US-Präsident Barack Obama teilge- Pläne und Ziele nicht an Aktualität verloren widmet. Die Teilnehmer trugen ihre eigenen nommen, der in Warschau seine mehrtägige haben“, erklärte der Gastgeber des Treffens Erfahrungen vor und berieten unter Aus- Europareise abschloß. Polnische Beobachter bei einer Pressekonferenz am Abend des 27. schluß der Öffentlichkeit, wie sie diese Be- wiesen darauf hin, daß Obama damit die Be- Mai. Demnach solle die EU diejenigen wegung unterstützen können. „Jedes unserer deutung von Mittel- und Osteuropa als Nachbarn, die eine Mitgliedschaft anstreben, Länder hat einen schwierigen Weg vom To- Region unterstrich. Polen erhofft sich von darin weiterhin unterstützen und die „Ziel- talitarismus zur Demokratie durchlaufen“, dem Gast konkrete Zusagen in zwischen den setzung einer künftigen Erweiterung der erklärte Komorowski in seiner Eröffnungs- Staaten seit langem erörterten Themen, so Union“ nicht aufgeben. Ein Zeichen dafür rede. bei der Stationierung von US-Militär in Po- sei, daß im nächsten Jahr das Treffen der Zu dem Treffen waren neben Fischer die len und der Abschaffung der Visumspflicht Staatschefs in der Ukraine stattfinden werde, Staatsoberhäupter von Deutschland, Italien, für polnische Bürger, die in die USA reisen „was wesentlich ist im Hinblick auf die Bei- Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kroatien, wollen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 13 Österreich, Europa und die Welt

Bundespräsident Heinz Fischer, der albanische Präsident Bamir Myrteza Topi und US-Präsident Barack Obama

Fischer: Mehr Engagement für Demokratie bei EU-Nachbarn Bundespräsident Heinz Fischer hat er- klärt, daß die Demokratie in den östlichen und südlichen Nachbarstaaten der Europäi- schen Union „nur durch friedliche Mittel und das Schaffen von Gesellschaften, die be- reit und fähig für die Demokratie sind, er- reicht werden kann“. Dafür sei es auch not- wendig, der Bevölkerung eine „akzeptable materielle Basis“ und besonders den Jugend- lichen „vernünftige Perspektiven“ zu bieten. „Lippenbekenntnisse für Demokratie sind nicht genug“, unterstrich der Bundes- präsident während seiner Rede vor den ande- ren Gästen des Treffens, eine angemessene Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit seien ebenso erforderlich. Neben religiösem Fundamentalismus sei auch „ein übertriebe- Bundespräsident Heinz Fischer mit Polens Präsident Bronislaw Komorowski … ner Nationalismus“, der in Europa wieder stärker zu werden beginne, eine Gefahr für die Demokratie. Dem könne man „durch mehr Toleranz und durch ein faires und ge- rechtes soziales und ökonomisches System begegnen“, sagte Fischer. Die Europäische Union sei eine „treiben- de Kraft für die Demokratie“, sagte der Bun- despräsident, deshalb müsse die Gefahr einer Krise von der Gemeinschaft abgewen- det werden. „Es ist in unserem gemeinsamen Interesse, zum Erfolg des europäischen Integrationsprozesses beizutragen und den nationalen Egoismus in den Mitgliedsstaaten zu reduzieren“, so Fischer. Der Präsident nahm in diesem Zusam- menhang auch Stellung zur Verhaftung des mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic. „Ich begrüße dies als wichti- gen Beitrag für den Weg Serbiens in die Europäische Union“, so Fischer. „ … und – bei einer ebenso herzlichen Begrüßung – mit Präsident Barack Obama

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 14 Österreich, Europa und die Welt Für drei Jahre in den UNO- Menschenrechtsrat gewählt Faymann: Auszeichnung für Österreich – Spindelegger: Abschluß intensiver Bewerbungsphase

m 20. Mai wurde Österreich mit 177 von A181 Stimmen von der UNO-General- versammlung in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt. „Dieses Wahl- ergebnis ist überzeugender Ausdruck der Unterstützung der internationalen Gemein- schaft für unseren langjährigen konsequen- ten Einsatz für Rechtstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte. Daß sich Öster- reich für diese Themen gerade auch während seiner Mitgliedschaft im Weltsicherheitsrat – auf der Basis eines breiten Dialogs mit Part- nern aus aller Welt – so nachdrücklich enga- giert hat, ist sichtlich gewürdigt worden. Jetzt liegt es an uns, diesem großen Vertrauens- signal gerecht zu werden, indem wir unseren weltweiten Einsatz für Menschenrechte fort- führen und weiter vertiefen“, stellte Vize- kanzler und Außenminister Michael Spindel- egger nach Bekanntwerden des Abstim- mungsergebnisses fest. Österreich wird seine erste Mitglied- schaft im Menschenrechtsrat am 19. Juni Foto: BMeiA / Dragan Tatic Außenminister Michael Spindelegger mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am antreten. „Als Mitglied des Menschenrechts- Rande einer Debatte der UNO-Generalversammlung in New York rates stehen wir großen Herausforderungen gegenüber, wie vor allem die derzeitigen Er- Schutz von JournalistInnen und die Verteidi- Er besteht aus 47 Mitgliedsländern, die je- eignisse im arabischen Raum zeigen“, strich gung der Presse- und Medienfreiheit bilden. weils für drei Jahre von der UNO-General- der Außenminister hervor. „Wir sind bereit, Den dritten Schwerpunkt legt Österreich auf versammlung in den Rat gewählt werden. uns dieser Verantwortung zu stellen. Der die Rechte von Kindern. „Vor allem während Bundeskanzler Werner Faymann zeigte Einsatz für Menschenrechte ist eine morali- unserer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der sich erfreut über die Wahl Österreichs in den sche und rechtliche Verpflichtung. Der Men- Vereinten Nationen ist es uns gelungen, den UN-Menschenrechtsrat: „Das ist eine Aus- schenrechtsrat bietet uns ein Forum, gemein- Schutz von Kindern in bewaffneten Konflik- zeichnung für Österreich und auch eine An- sam mit unseren Partnern wichtige Schritte ten maßgeblich zu stärken. Es ist mir ein per- erkennung für die außenpolitische Arbeit der zur weltweiten Stärkung der Menschen- sönliches Anliegen, dieses Engagement nun Bundesregierung“, so Faymann. „Gerade die rechte zu setzen.“ auch im Menschenrechtsrat weiter zu füh- jüngsten Ereignisse in Nordafrika und im Für seine Mitgliedschaft hat sich Öster- ren“, so Spindelegger. Nahen Osten zeigen, wie wichtig es ist, auf reich spezifische Schwerpunkte gesetzt. Der Österreich hat sich im Rahmen seiner jeder Ebene für die Einhaltung der Men- Förderung der Religionsfreiheit und dem Kandidatur zu einer Reihe konkreter Vorha- schenrechte einzutreten.“ Schutz religiöser Minderheiten kommt dabei ben verpflichtet, sowohl auf internationaler „Ich sehe die Aufnahme in den Men- besondere Bedeutung zu. „Religionsfreiheit Ebene als auch im innerstaatlichen Men- schenrechtsrat der Vereinten Nationen aber ist ein grundlegendes Menschenrecht und vor schenrechtsschutz. „Wir gehen nunmehr auch als Auftrag“, macht der Bundeskanzler dem weltweiten Anstieg von Gewalt und Dis- daran, diese Vorhaben kontinuierlich umzu- deutlich. „Daß wir Österreicher in dieser kriminierung gegen religiöse Minderheiten setzen“, so Spindelegger abschließend. Angelegenheit als wichtige Stimme wahrge- dürfen wir nicht die Augen verschließen“, so Dem Menschenrechtsrat kommt eine zen- nommen werden, konnten sowohl der Aus- der Außenminister. „Dafür wollen wir vor trale Rolle zur internationalen Förderung senminister wie auch ich im Zuge unserer allem den interkulturellen Dialog stärken und Stärkung der Menschenrechte zu. Der jüngsten Auslandsreisen eindeutig feststel- und unsere Tradition des offenen Austau- Menschenrechtsrat wurde 2006 als Neben- len. Das heutige Ergebnis ist ein weiterer sches weiter ausbauen.“ organ der Generalversammlung der Verein- Beitrag dazu“, so Bundeskanzler Werner Fay- Einen weiteren Schwerpunkt wird der ten Nationen mit Sitz in Genf eingerichtet. mann abschließend. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 15 Österreich, Europa und die Welt Austria Davaj! Bundespräsident Heinz Fischer und Kulturministerin Claudia Schmied eröffnen in Moskau die bislang größte Schau österreichischer Gegenwartskunst in Rußland.

Johanna Braun: »Austria Davaj! Johanna Braun will never let you down!«, 2011; © MAK/Georg Mayer

m Rahmen eines offiziellen Besuchs in der Für den Bundespräsidenten ist die Aus- IRussischen Föderation eröffneten Bun- stellung „Ergebnis einer gelungenen und despräsident Heinz Fischer und Kultur- fruchtbaren Zusammenarbeit der verant- ministerin Claudia Schmied am 20. Mai ge- wortlichen Museen und Kulturforen, die meinsam die Ausstellung „Austria Davaj! neue Maßstäbe im internationalen Wettbe- Der Gipfel des kreativen Österreich“ in werb setzt“. „Den sehr unterschiedlichen Moskau. Unter diesem programmatischen Exponaten und künstlerischen Perspektiven Titel demonstriert das MAK – Österreichi- ist eines gemeinsam: der Mut, traditionelle sches Museum für angewandte Kunst – in Grenzen der Kunst zu überschreiten, neue Kooperation mit dem Schusev State Mu- Wege der darstellerischen Form auszuloten - seum of Architecture Moscow und dem Ös- um ,den Gipfel des kreativen Österreichs‘ zu terreichischen Kulturforum Moskau erstma- erklimmen“, so der Bundespräsident weiter. lig in Rußland eine großangelegte Ausstel- „Es sind vorrangig die Kunstschaffenden, lung zeitgenössischer Kunst, Architektur die heute international aktiv sind und zum und Design aus Österreich. Kulturaustausch beitragen. Die Kunst braucht „,Austria Davaj!‘ bietet dem Publikum in Fläche, auf der sie sich präsentieren kann. Moskau die Möglichkeit, zeitgenössische Das ist der Ort, wo die Auseinandersetzung österreichische Positionen in den unter- und der Dialog beginnen können“, betont schiedlichsten Disziplinen wie Bildende Kulturministerin Schmied, die Rußland und Kunst, Architektur, Design und Multimedia Österreich durch ihre Hinwendung zur näher zu erfahren und so das gegenwärtige Foto: Studio Kowanz Kunst verbunden sieht. „Sowohl in unserem kreative Potential Österreichs kennen zu ler- Schusev State Museum of Land als auch in Rußland wird immer wie- nen“, hält die Kulturministerin fest. Architecture Exhibition view der die Überzeugung sichtbar, daß die Größe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 16 Österreich, Europa und die Welt

Kategorisierung entziehen, aufeinander. Das Spektrum reicht von jungen, am Beginn ihrer Laufbahn stehenden bis hin zu interna- tional bedeutenden KünstlerInnen, Archi- tektInnen und DesignerInnen, die den Ver- such unternehmen, die äußerste Grenze der schöpferischen Energien Österreichs freizu- legen. Alle Arbeiten wurden für die Aus- stellung eigens entwickelt und ergeben eine repräsentative Momentaufnahme jenseits modischer Trends. Zu sehen sind Werke von Johanna Braun, Carola Dertnig, Günther Domenig, Georg Driendl / driendl*architects, Heidulf Gern- gross, Franz Graf, Nilbar Güres, Zenita Komad, Brigitte Kowanz, Helmut Lang, Otto Muehl, Stefan Sagmeister, Tamuna Sirbiladze, Manfred Wakolbinger, Walking- Chair, Franz West und Erwin Wurm. Die Ausstellung knüpft an die MAK- Foto: MAK/Georg Mayer v.l.: Architekt Heidulf Gerngross, Bundespräsident Heinz Fischer, Kulturministerin Ausstellung „DAVAJ. Russian Art Now. Aus Claudia Schmied, Martina Kandeler-Fritsch, interim. Geschäftsführerin MAK. dem Laboratorium der freien Künste in Rußland“ an, die 2002 in Berlin, 2003 in einer Kultur vom Schaffen der Künstlerin- gegenwärtigen Entwicklungen und zeigen so Wien und Tscheboksary, Tschuwaschien, mit nen und Künstler maßgeblich beeinflußt ist ihr Selbstverständnis als aktives Kultur- großem Erfolg gezeigt wurde. „Austria und eine Entwicklung nur durch Kreativität land“, so die Kulturministerin. Davaj!“ ist im Schusev State Museum of und Innovation gewährleistet werden kann. In „Austria Davaj!“ treffen 17 Positionen, Architecture Moscow bis 28. August 2011 In Verbindung mit ihrer reichen kulturellen die in ihrem Bereich maßgebende Impulse zu sehen. „ Vergangenheit widmen sich beide Nationen setzen und sich zugleich jeder tradierten http://www.muar.ru/eng/ Foto: Dmitry Zolotarev

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 17 Österreich, Europa und die Welt Europa-Forum Wachau »Regionalpolitik – Weltpolitik. Wettbewerbsfähige Regionen in einer globalisierten Welt« lautete das Thema des Europa-Forums Wachau, das am 21. und 22. Mai zum 16. Mal im Stift Göttweig abgehalten wurde. Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA Auf dem Hof des Stiftes Göttweig: Prälat Columbian Luser (Abt Stift Göttweig), NÖ-Landesrätin Barbara Schwarz, EU-Kommissar Johannes Hahn, Ungarns Außenminister Janos Martonyi, Robert Menasse (Schriftsteller), NÖ-LH Josef Pröll, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Außenstaatssekretär Wolfgang Waldner, Paul Lendvai (Journalist und Autor) und Bulgariens Minister für regionale Entwicklung Rosen Plevneliev (v.l.)

as im Jahr 2001 zum UNESCO-Welt- Johannes Hahn, der bulgarische Minister für überschreitender Arbeit“ zu bewältigen Dkulturerbe ernannte Benedektinerstift regionale Entwicklung Rosen Plevneliev, seien, so Pröll. „Für einen Euro, den wir Göttweig bildete auch heuer wieder einen der ungarische Außenminister Janos Mar- nach Brüssel zahlen, kriegen wir drei Euro stimmigen Rahmen für das zweitägige tonyi und der österreichische Staatssekretär zurück, es sind rund 13.000 neue Arbeits- Europa-Forum Wachau. Die heuer bereits Wolfgang Waldner. plätze geschaffen und 45.000 Arbeitsplätze zum 16. Mal stattfindende Veranstaltung „Europa braucht ein gemeinsames Ziel, abgesichert worden und rund 75 Prozent al- zählt mittlerweile zu einer der wichtigsten das es im Großen eint“, betonte Landes- ler Exporte aus Niederösterreich gehen in Diskussionsplattformen für den europäi- hauptmann Erwin Pröll in seinem Referat. die Länder der Europäischen Union“, berich- schen Dialog. So brauche es am Weg in die Zukunft ein tete der Landeshauptmann über die „Vor- Am 21. Mai referierten zu dieser The- gemeinsames Europa, „um auf Dauer in der teile, die Niederösterreich aus dem großen menstellung nach der Begrüßung durch die weltweiten Konkurrenzsituation bestehen zu Ganzen“ hat. Präsidentin des Europa-Forums, Innenmini- können“. Europa sei aber nicht nur eine „Europa braucht Stabilität, die aus der sterin Johanna Mikl-Leitner, Landeshaupt- „wirtschaftspolitische Chance“, sondern es kleinen, überschaubaren Einheit erwächst", mann Erwin Pröll, der Romancier und Es- gehe auch um Fragen der Sicherheit und der betonte Pröll weiters, denn die Regionen sayist Robert Menasse, EU-Kommissar Nutzung von Ressourcen, die nur in „grenz- seien „tragfähige Achsen“. Als Beispiele

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 18 Österreich, Europa und die Welt Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA v.l.: Staatssekretär Sebastian Kurz, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Außenminister und Vizekanzler Michael Spindel- egger, Barbara Schwarz (NÖ-Landesrätin), Sloweniens Premierminister Borut Pahor, Prälat Columbian Luser (Abt Stift Gött- weig) und Klaus Tschütscher (Liechtensteins Regierungschef)

nannte er etwa die Regionalförderung, für an „alle überzeugten Europäer, sich in die grenzüberschreitend zusammen zu arbeiten, deren Weiterführung nach 2013 das Land Debatte einzubringen.“ wie es der europäischen Idee entspricht. Als Niederösterreich eine Initiative ergriffen hat Rosen Plevneliev, Minister für regionale Beispiele führte der Landeshauptmann zum und der sich 143 Regionen angeschlossen Entwicklung der Republik Bulgarien, sagte: einen die von Niederösterreich gestartete, haben, und die Donauraumstrategie: „Ich bin „Progreß, nicht Wachstum, muß unser Ziel gemeinsame Initiative von 143 Regionen zur zutiefst überzeugt, daß der Donauraum einen sein“. Nachhaltigkeit, Qualität und Stabilität Beibehaltung der Regionalförderung für Schlüsselraum für die gesamte EU darstellt, seien die „richtigen Rezepte“. Die Donau- Ziel-2-Gebiete ab 2014 an. denn die Dynamik, die sich hier entwickeln raumstrategie bezeichnete er als „ein Vor- Zum anderen verwies der Landeshaupt- kann, wird Ausschlag gebend sein für die bild, wie man in Europa sehr effektiv mit- mann auf die Donauraumstrategie, weil die- Dynamik der gesamten EU.“ einander umgehen kann“. ser Raum über lange Zeit eine Zone der Auch die Präsidentin des Europa-Forums Der Außenminister der Republik Ungarn, Instabilität und regionalen Disparitäten ge- Wachau, Innenministerin Johanna Mikl- Janos Martonyi, sah in der Donauraumstra- wesen ist. „Die Donauraumstrategie eröffnet Leitner, nahm Bezug auf die Donauraum- tegie „eine große Errungenschaft“. Sie sei uns nun die Chance, für politische Stabilität, strategie: „Es bedarf klarer Strategien für ein „nicht nur ein wichtiges Instrument, sondern wirtschaftliche Ausgewogenheit und zwi- gemeinsames Miteinander im Donauraum. auch ein wichtiges Symbol“, betonte er im schenstaatliche Zusammenarbeit zu sorgen. Aus den Diskussionen des Vorjahres wurden Hinblick auf die Tatsache, daß an der Do- Immerhin leben hier rund 100 Millionen bereits viele praktische Projekte entwickelt.“ nauraumstrategie sowohl Mitgliedsstaaten Menschen in 38 Regionen. Das macht den „Die Regionen sind der Reichtum des als auch Nicht-Mitgliedsstaaten teilnehmen. Donauraum zu einem Schlüsselraum für Eu- Kontinents“, trat Robert Menasse für ein Wolfgang Waldner, Staatssekretär im ropa, weil von hier aus eine ausbalancierte „demokratisches Europa der Regionen“ ein. Bundesministerium für europäische und Gesamtentwicklung der EU ausgeht“, so Der Literat, der davor warnte, „daß die Idee, internationale Angelegenheiten, meinte: Pröll. die der Gemeinschaft zu Grunde liegt, vom „Damit die europäische Einheit funktioniert, http://www.europaforum.at Nationalismus verdrängt wird“, betonte, die ist es von wesentlicher Bedeutung, die „konsequente Fortsetzung des europäischen Vielfalt zu stärken und zu fördern.“ Denn die Außenminister Michael Spindelegger Projektes kann nur in einer politischen Auf- Vielfalt könne auch „treibende Kraft für und Staatssekretär Wolfgang Waldner haben wertung der Regionen bestehen.“ Wirtschaft und Innovation“ sein, so Waldner. im Rahmen des Europaforums ausführliche „Es sind die vitalen Regionen in ihrer Reden gehalten. Die Transkription, also die ganzen Unterschiedlichkeit, die das Funda- Pröll: Selbstbewußte Regionen Umsetzung des gesprochenen Wortes in Text ment Europas darstellen“, hob auch EU- Auch für die Zukunft ist Landeshaupt- (um ihn z.B. hier zur Lektüre präsentieren zu Regionalkommissar Johannes Hahn hervor. mann Erwin Pröll überzeugt, daß ein „er- können) stand uns zu Redaktionsschluß die- Das Diskutieren über und das Ringen um folgreiches Europa auch erfolgreiche und ser Ausgabe noch nicht zur Verfügung. Lesen Europa sei ein „Zeichen dafür, daß uns die- selbstbewußte Regionen“ brauche. Die Sie deren Zusammenfassung in unserer Aus- ses Europa am Herzen liegt“, appellierte er Regionen hätten gelernt und wären bereit, gabe 97, die am 1. Juli erscheinen wird. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 19 Österreich, Europa und die Welt

Göttweiger Erklärung 2011

I. Die Donauraumstrategie II. Bewertung des Erreichten zugunsten der Kernziele der Europa 2020- Am 13. April 2011 hat der EU-Außen- Beim Europa-Forum Wachau 2010 wur- Strategie. Um international wettbewerbsfä- ministerrat die EU-Strategie für den Do- de im Rahmen der Göttweiger-Erklärung hige europäische Regionen zu schaffen und nauraum angenommen, die sich über acht ein 10-Punkte-Plan für eine nachhaltige diesen territorialen Zusammenhalt zu un- EU-Mitgliedsstaaten und sechs weitere eu- und kohärente makroregionale Strategie terstützen, fordert das Europaforum Wa- ropäische Länder erstreckt, um das Poten- unterzeichnet. Eine der wesentlichen For- chau die folgenden sechs Kriterien bei der tial des Donauraums stärker zu nutzen. derungen bestand darin, im Sinne eines künftigen Ausrichtung der Regional- und Diese makroregionale Strategie wird for- umfassenden Strategieansatzes auch die Kohäsionspolitik zu berücksichtigen: mal unter ungarischer Ratspräsidentschaft Aspekte Wohlstand und Sicherheit für die 1. Alle EU-Regionen sollen im Rahmen im Juni 2011 vom Europäischen Rat verab- Bürgerinnen und Bürger als Themen- der Kohäsionspolitik förderfähig sein, schiedet werden. schwerpunkt aufzunehmen. Dies ist sowohl wobei vor allem Maßnahmen mit euro- Mit der EU-Strategie für den Donau- im Zuge des dritten Pfeilers „Aufbau von päischer Dimension entlang der EU raum sind zwar keine zusätzlichen EU-Mit- Wohlstand“ als auch im Rahmen des vier- 2020 Strategie gefördert werden sollen. tel verbunden, doch werden bereits beträcht- ten Pfeilers „Stärkung des Donauraums“ Dabei ist auf die Kontinuität der Pro- liche Mittel aus zahlreichen EU-Program- geschehen. Die berechtigte Forderung re- gramme (Weiterführung bewährter Maß- men für die Region bereitgestellt. Es gilt gionale Bedürfnisse zu beachten, lokale nahmen) im Sinne einer integrierten, nun, diese Mittel koordiniert und effizient und regionale Akteure in die Erarbeitung sektorübergreifenden Umsetzung zu zu nutzen und dabei zu zeigen, wie makro- miteinzubeziehen bzw. das Subsidiaritäts- achten. regionale Zusammenarbeit zur Lösung prinzip nicht zu vernachlässigen, wurde 2. Hierbei sind die Stärkung der sozialen lokaler Probleme beitragen kann. durch eine eigene Priorität in der EU-Stra- Dimension der Kohäsion und die wech- Die Strategie umfaßt einen ausführ- tegie für den Donauraum Rechnung getra- selseitige Abstimmung zwischen der lichen Aktionsplan, der auf vier Pfeilern gen. Darüber hinaus wurden auch indirekt Kohäsionspolitik und allen EUPolitiken ruht: Forderungen nach einem gemeinsamen Kri- mit strukturpolitischer Ausrichtung von senmanagement (beispielsweise Umset- zentraler Bedeutung. 1. Anbindung des Donauraums (z. B. zung von Hochwasserrisikoplänen für die 3. Das Prinzip der Proportionalität in Verbesserung der Mobilität, Förderung gesamte Donau) sowie die Nutzung des Abhängigkeit von der Programm- und der Nutzung nachhaltiger Energien so- Potentials der Forschung und Entwicklung der Projektgröße sollte in allen Berei- wie Förderung von Kultur und Tou- innerhalb der Region (Investition von 3 Pro- chen der Kohäsionspolitik (Program- rismus); zent des BIP in Forschung und Entwick- mierung, Abwicklung, Evaluierung, 2. Umweltschutz im Donauraum (z. B. lung bis 2020) im Rahmen von zeitlich Kontrolle der Programme) Anwendung Wiederherstellung der Wasserqualität, befristeten Schwerpunktzielen übernom- finden. Management von Umweltrisiken und men. 4. Um Mängel bei der Programmabwick- Erhalt der Artenvielfalt); lung zu vermeiden, sind stabile recht- 3. Aufbau von Wohlstand im Donauraum III. Sechs Kriterien für die künftige lichinstitutionelle Rahmenbedingungen (z. B. Ausbau der Forschungskapazität, Ausrichtung der Regional- und Kohä- zu etablieren. Die Kontinuität bewährter Verbesserung der Bildung und Weiterent- sionspolitik, um wettbewerbsfähige Management- und Kontrollsysteme ist wicklung der Informationstechnologien, europäische Regionen zu schaffen daher ein wichtiger Beitrag für eine Förderung der Wettbewerbsfähigkeit Mit der formellen Verabschiedung der konfliktfreie Implementierung. der Unternehmen sowie Investitionen in Donauraumstrategie wird neben der EU- 5. Eine auf optimale Ergebnisse ausgerich- Menschen und ihre Qualifikationen); Strategie für die Ostsee eine zweite makro- tete Politik hat auf den regionalen Kon- 4. Stärkung des Donauraums (z. B. Er- regionale Strategie als Modellversuch ge- text Bedacht zu nehmen; die Konditio- weiterung der institutionellen Kapazität startet. Laut dem 5. Kohäsionsbericht der nalisierung auf Zielwerte wird dabei und Verbesserung der Zusammenarbeit Europäischen Kommission sollen diese unabhängig von der Anwendungsebene zur Bekämpfung der organisierten „breit angelegte, integrierte, auf zentrale und dem -bereich als hinderlich angese- Kriminalität). Herausforderungen zugeschnittene Instru- hen. mente“ sein. Ein wesentliches Ziel besteht 6. Die Förderung von Maßnahmen grenz- Dieser makroregionale, multisektorielle in der Kräftigung des „territorialen Zusam- überschreitender, transnationaler und und ebenenübergreifende Ansatz ist essen- menhalts“. interregionaler Zusammenarbeit ist in tiell und wird weiterhin unterstützt. Die Die Überprüfung des EU-Haushaltes im einen strategischen Rahmen einzubetten Umsetzung dieser Vorhaben erfordert eine Hinblick auf den Finanzrahmen 2014+ hat und hierbei sind eigene rechtliche aktive Mitwirkung aller Sektoren und der begonnen. Ziel ist eine Umstrukturierung Grundlagen notwendig, die eine effi- betroffenen kommunalen, regionalen und des EU Budgets und eine stärkere Fokus- ziente Durchführung ermöglichen. nationalen Akteure. sierung der Kohäsionspolitik insbesondere Göttweig, 22. Mai 2011

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 20 Österreich, Europa und die Welt 50 Jahre »Der Wiener Gipfel 1961« Ausgangspunkt bewährter Dialogtradition und wertvoller Forschungsprojekte – Vizekanzler und Außenminister Spindelegger und Wissenschaftsminister Töchterle eröffneten Konferenz an der Diplomatischen Akademie Wien

s war der Wiener Gipfel 1961, der die Die Konferenz zum Wiener Gipfel 1961 Einternationale Aufmerksamkeit auf Ös- ist, als Ergebnis der Arbeiten der vom Aus- terreich als Ort der Begegnung im Kalten senministerium initiierten und betreuten Krieg lenkte und damit den Ausgangspunkt Russisch-Österreichischen Historikerkom- einer langen Dialogtradition bildet“, so Vize- mission, auch ein hervorragendes Beispiel kanzler und Außenminister Michael Spindel- erfolgreicher internationaler Forschungsko- egger am 19. Mai im Rahmen der Eröffnung operation. „Das Wissenschafts- und For- der dreitägigen Konferenz „Der Wiener schungsministerium fördert seit rund zehn Gipfel 1961: Kennedy und Chruschtschow“ Jahren internationale Forschungsprojekte, an der Diplomatischen Akademie Wien. die federführend vom Ludwig Boltzmann- „Heute – 50 Jahre später – gilt Österreich Institut für Kriegsfolgen-Forschung durch- international als Drehscheibe für Frieden geführt werden. Ziel ist es, bestehende For- und Dialog, die Raum zur Diskussion, aber schungslücken mit Hilfe relevanter Primär- vor allem auch einen Ort der Tat für die Be- quellen in russischen Archiven zu schlies- mühungen der internationalen Gemeinschaft sen“, so Wissenschafts- und Forschungs- bietet. Die Auseinandersetzung mit der eige- minister Karlheinz Töchterle. nen Geschichte zählt zu den Schwerpunkten Ein Durchbruch gelang, als sich der da- der österreichischen Auslandskulturpolitik malige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und trägt dadurch aktiv zur Verständigung im Rahmen seines Arbeitsbesuches bei im Interesse eines harmonischen Miteinan- Premierminister Michail Kasjanov und bei der in Österreich, in Europa und über seine Präsident Vladimir Putin Anfang 2002 für Grenzen hinaus bei“, so Spindelegger weiter die Einsichtsmöglichkeit in ehemals sowjeti- und dankte insbesondere der russisch-öster- sche Dokumente zur Besatzungszeit in Öster- Außenminister Michael Spindelegger bei seiner Eröffnungsrede reichischen Historikerkommission, deren reich einsetzte. Bis zu diesem Zeitpunkt wa- Ziel es ist, die Geschichte der bilateralen Be- ren wegen des Mankos an Primärquellen rudimentär – mit Hilfe westlicher Quellen ziehungen in den beiden letzten Jahrhunder- zentrale Fragen der sowjetischen Besatzung beleuchtet worden. Das Ministerium förder- ten wissenschaftlich aufzuarbeiten. Österreichs unbeantwortet geblieben oder – te daraufhin das internationale Forschungs- projekt „Die Rote Armee in Österreich. Sowjetische Besatzung 1945 bis 1955“. Rechtzeitig zum Jubiläum 60 Jahre Kriegs- ende – 50 Jahre Staatsvertrag wurde das Forschungsprojekt mit einer zweibändigen, umfangreichen Publikation („Die Rote Ar- mee in Österreich“) und einer Konferenz ab- geschlossen. „Die Bände entwickelten sich zu Standardwerken der österreichischen Nachkriegsgeschichte“, so Minister Töch- terle. Die Arbeiten zum Forschungsprojekt „Der Wiener Gipfel 1961“ erfolgten während eines dreijährigen Forschungsprojektes. Über 60 Historikerinnen und Historiker und Per- sönlichkeiten aus Europa, Rußland und den USA arbeiteten in einem großen Forschungs- netzwerk unter Leitung des Ludwig Boltz- mann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung am Thema. Ermöglicht wurde dies durch För- derung vor allem des Wissenschafts- und For- Fotos: Diplomatische Akademie Wien / Ernst Weingartner schungsministeriums, des Außenministe- S. E. William C. Eacho (Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Öster- reich), Barbara Stelzl-Marx und Stefan Karner (beide Ludwig Boltzmann-Institut riums, des Landes Niederösterreich, der Stadt für Kriegsfolgensorschung) bei der Konfernz in der Diplomatischen Akademie Wien und anderer Fördergeber. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 21 Österreich, Europa und die Welt Besuch polnischer Bürger- und Neueröffnung Vizebürgermeister in Wien in Czernowitz

uf Einladung der Stadt Wien und der Aktivitäten gemeinsam mit der WKÖ ein ie 1992 an der Nationalen Jurij-Fed- AWirtschaftskammer Österreich (WKÖ) High-Level Roundtable „Wiens urbanes Dkowytsch-Universität Czernowitz er- stattete eine Delegation polnischer Bürger- Know-How für polnische Städte“ veranstal- öffnete Österreich-Bibliothek mit einem meister und Vizebürgermeister (u.a. Krakau, tet, im Rahmen dessen Experten der Stadt Bestand von derzeit rund 10.000 Bänden Lublin, Posen, Lodsch, Stettin) vom 16.-18. Wien und renommierte Wiener Unterneh- und Neuen Medien wurde aus Platzgründen Mai der Bundeshauptstadt einen Arbeitsbe- men Vertretern einiger polnischer Städte in die Universitätsbibliothek übersiedelt. Die such ab. Der Besuch fand in Anknüpfung an „Wiener Lösungen“ im Bereich der Abfall- Österreich-Bibliothek, die auch Literatur für die Schwerpunkt-Aktivitäten Wiens in wirtschaft, der Energie, des Gesundheitswe- die Bukowina-Forschung beinhaltet, wird Warschau im Dezember 2010 statt. sens und im Zusammenhang mit PPP- von Univ.Prof. Peter Rychlo geleitet. Beim Abschlußmittagessen, das im Bei- Modellen präsentierten. Die feierliche Wiedereröffnung erfolgte sein von Wiener Unternehmen stattfand, Auf Grund des exzellenten Feedbacks zur am 11. Mai im Beisein des Leiters der Kul- sagte Landtagspräsident Prof. Harry Ko- Veranstaltung in Warschau wurden nun Bür- turpolitischen Sektion im Bundesministe- pietz: „Sie hatten in den vergangenen zwei germeister und Vizebürgermeister mehrerer rium für europäische und internationale Angelegenheiten, Botschafter Martin Eich- tinger, und des österreichischen Botschafters in der Ukraine, Wolf-Dietrich Heim. Der Rektor der Universität, Univ.-Prof. Stepan Malnytschuk, und die Direktion der Univer- sitätsbibliothek übergaben in Anwesenheit von Persönlichkeiten aus dem akademischen und politischen Umfeld der Region Czerno- witz den neuen Bibliotheksraum seiner Be- stimmung, der den Lehrenden und Studie- renden, aber auch einer breiten Öffentlich- keit ein geräumiges und gut ausgestattetes Arbeitsumfeld bereitstellt. Auch fand eine Regionalkonferenz zum Thema „Die Bukowina als Europäische Re- gion – Treffpunkt der Kulturen“ statt. Die Tagung diente der Suche nach einem Ausbau der Zusammenarbeit zwischen der ukraini- schen und rumänischen Region Bukowina. „

Konzert für Japan Foto: Schaub-Walzer / PID Empfing die Delegation aus Polen: Vbgmin Renate Brauner (Mitte) nläßlich des 100. Todestages des Kom- Aponisten, Dirigenten und Direktors der Tagen die Gelegenheit, sich umfassend über größerer polnischen Städte zu einem Follow- Wiener Hofoper, Gustav Mahler, führten die das erfolgreiche ,Wiener Modell‘ und über up-Besuch nach Wien eingeladen, damit sich Wiener Philharmoniker unter Daniele Gatti das Know-How all jener exzellenten Wiener diese vor Ort über innovative Lösungen im am 18. Mai Gustav Mahlers 9. Symphonie Unternehmen zu informieren, mit denen die Bereich der kommunalen Technologien und im Rahmen des Mahler-Tages an der Wiener Stadt Wien seit vielen Jahren erfolgreich Strategien informieren und Kontakte zu spe- Staatsoper auf. Das Mahler-Gedenkkonzert zusammenarbeitet. Es wäre ein schöner Er- zialisierten Wiener Unternehmen knüpfen wurde zum Anlaß genommen für eine Be- folg, wenn sich aus diesem Austausch und können. nefizaktion zugunsten der Opfer der Um- Arbeitsprogramm konkrete Kooperationen Beim aktuellen Besuch der polnischen welt- und Erdbebenkatastrophe in Japan im zwischen unseren Städten und Unternehmen StädteverterInnen wurden folgende Themen- vergangenen März. ergäben.“ bereiche zum Wiener Modell vertiefend prä- Die Wiener Philharmoniker und Dirigent Der Besuch der zwölfköpfigen Delegation sentiert: Abfall- und Abwassermanagement, Daniele Gatti verzichteten auf ihr Honorar ergänzt die Besuche des Vizebürgermeisters Energie, Verkehr und PPPs. wie auch die Firma G4S, die den Publikums- von Warschau und des Bürgermeisters von Neben Präsident Kopietz wurde die Dele- dienst im Haus am Ring stellt. Die Wiener Danzig. Beide Besuche sind konkrete Fol- gation auch von Vizebürgermeisterin Renate Staatsoper überweist die gesamten Konzert- low-ups zu den Wien-Aktivitäten im Dezem- Brauner empfangen, die im Dezember 2010 einnahmen sowie die Spenden, die vor Ort ber in Warschau 2010. mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelega- gesammelt wurden, an die Japan-Hilfe des Damals wurde im Zuge der mehrtägigen tion Warschau besucht hatte. „ Roten Kreuzes: insgesamt 140.000 Euro. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 22 Österreich, Europa und die Welt Steiermark schlägt OÖ intensiviert Kooperationen Brücke zu Ukraine mit Partnerregion Elsass

ie Steiermark wird künftig im Rahmen Deiner Regionspartnerschaft mit der ukrainischen Region Kirovograd zusam- menarbeiten. Der entsprechende Vertrag wurde am 13. Mai in feierlichem Rahmen in der „Needle“ des Grazer Kunsthauses von Wirtschafts- und Europalandesrat Christian Buchmann und vom Vizegouverneur der Oblast Kirovograd, Andrii Nikolaienko, unterzeichnet. Hintergrund für das Überein- kommen ist auch der Ausbau der Europäi- schen Nachbarschaftspolitik, die vom Aus- schuß der Regionen der Europäischen Union aktiv unterstützt wird. Buchmann, der die Steiermark in diesem EU-Ausschuß vertritt, unterstrich die Grundsätze: „Die Steiermark öffnet eine weitere Türe zu unseren EU- Nachbarn, weil wir uns als Brücke in Europa Foto: Land OÖ / Kraml verstehen. Die Europäische Vielfalt soll Elsass trifft Oberösterreich: links neben LH Dr. Pühringer: der Vizepräsident des Regionalrates, André Reichardt überall Einzug halten und weiter voran getrieben werden.“ as Elsass hat sich für viele heimische wurde eine Absichtserklärung über die Zu- Die Steiermark hat mit der Region Kiro- DUnternehmen bereits als sehr erfolgrei- sammenarbeit zwischen den beiden Regio- vograd bereits positive Erfahrungen gesam- cher Firmenstandort erwiesen. So sind unter nen unterzeichnet. Mittlerweile sind viele melt: So hatten schon Fachleute aus beiden anderem Betriebe wie Wiesner-Hager, Frö- weitere wichtige Kooperationen entstanden. Partnerregionen im niederschlesischen Pro- lig, Teufelberger, Wintersteiger, Fronius, Durch Investitionsmaßnahmen und Koope- jekt „Externe Verknüpfung Partnership for Miba, Silhoutette, Greiner, Voestalpine, rationen zwischen Behörden und öffentli- Good – P4G“ in den vergangenen beiden Wolf Systembau, KTM, Pöttinger und Ban- chen Einrichtungen sollen weitere Unterneh- Jahren erfolgreich zusammengearbeitet. Die ner vor Ort tätig. „Aufgrund der Zwei- men ermutigt und unterstützt werden. „So neue Beziehung wird im wesentlichen auf sprachigkeit und der günstigen Lage ist das wird auch die Zusammenarbeit im Bereich den Gebieten Landwirtschaft, Energie, Wirt- Elsass für unsere Betriebe ein optimales der Spitzentechnologie zum Austausch von schaft und Tourismus begründet. Der unter- Eintrittstor in den französischen Markt. Die Innovationen ständig weiter ausgebaut. In zeichnete Vertrag legt dafür die verwaltungs- Beziehungen und Kooperationen, die seit der Forschung zum Beispiel kooperiert die technischen Rahmenbedingungen fest und 2007 in einer Absichtserklärung festgehalten Fachhochschule Wels eng mit dem INSA in soll die Initialisierung von Projekten in die- wurden, werden wir daher intensivieren“, so Straßburg im Bereich der Bio- und Um- sen Bereichen gewährleisten. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef welttechnik. Zudem konnte das Straßburger Pühringer bei seinem Gespräch mit dem Konservatorium als Partneruniversität für Wichtigster Nachbar im Osten Vizepräsident des Regionalrates im Elsass, die Anton-Bruckner-Privatuni gewonnen Die Ukraine zählt zu den sechs östlichen André Reichardt. werden“, begrüßt Pühringer den engen Aus- Staaten der Europäischen Nachbarschaftspo- Im Herbst 2006 besuchte Pühringer an tausch mit der Partnerregion. litik (neben Weißrußland, Moldau, Geor- der Spitze einer Delegation Straßburg, wo Reichardt nutze seinen Besuch in Linz gien, Armenien und Aserbaidschan) und eine engere Kooperation zwischen der um im Zuge der „Elsass Tage“ in der Linzer stellt für die Steiermark einen attraktiven Region Elsass und dem Land Oberösterreich Innenstadt seine Region den Oberösterrei- Partner dar. Diesen Ländern sollen durch die vereinbart wurde. Im darauffolgenden Jahr chernInnen entsprechend zu präsentieren. „ Teilnahme an einer Reihe von EU-Program- men im Rahmen der Östlichen Partnerschaft Olga Neuwirth in New York neue Möglichkeiten eröffnet werden. So be- tonte der für EU- Erweiterung und Nachbar- rstmals widmete das Österreichische Premiere von „incidendo/fluido“ (2000) um- schaftspolitik zuständige Kommissar Stefan EKulturforum der Komponistin Olga Neu- faßte, und erwarteten Andrangs hat das Kon- Fühle kürzlich in Brüssel, daß „die aktive wirth einen ganzen Konzertabend in New zert im großen Konzertsaal des Tschechi- Teilnahme an EU-Programmen ein wichtiger York City, der das Gesamtwerk ihres Schaf- schen Kulturinstitutes, der „Bohemian Natio- Bestandteil des sozialen und wirtschaft- fens beleuchtete und dem New Yorker Pu- nal Hall“, am 24. Mai stattgefunden. Die lichen Reformprozesses in der Ukraine“ sei. blikum näher bringen sollte. Aufgrund des Komponistin, sie ist Trägerin des „Großen „Sie wird die Zusammenarbeit und den speziellen Programms, das neben der US- Österreichische Staatspreises“, war persön- Transfer von ,Best Practice‘-Beispielen för- Premiere von „In Nacht und Eis“ (2006) und lich anwesend, um an einem Publikumsge- dern“, erwartet Fühle. „ „Akroate Hadal“ (1995) auch die New York- spräch teilzunehmen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 23 Speziell für AuslandsösterreicherInnen 17. AuslandsNiederöster- reicherInnen-VIP-Treffen 30. August bis 1. September 2011 im NÖ Landhaus St. Pölten – Generalthema: »Kommunikation 2011+«

Dienstag, 30. August 2011 „Chancen und Risiken von Facebook & Co.“ bis 16.00 Uhr Eintreffen in St. Pölten - Check-in im Hotel Metropol Impulsreferat: Dipl.Ing. Johannes Weber, 16.15 Uhr Bustransfer vom Hotel Metropol zum Fa. internex GmbH in Gmünd Renaissanceschloß Schallaburg Moderation: Mag. Christina Kiehas 17.15 Uhr Besichtigung der Ausstellung „Venedig – Seemacht, Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Kunst und Karneval“ mittag eine Führung im ORF Landesstudio 18.30 Uhr Gemütliches Beisammensein für die ANÖ Niederösterreich statt. 12.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen - 1. TEIL Mittwoch, 31. August 2011 anschl. Mittagsbuffet, NÖ Saal I und II, 2. Stock 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 14.00 Uhr Fortsetzung der Arbeitskreise/Workshops – 2. Teil zum NÖ Landhaus Im Rahmen der Arbeitskreise finden um 14.00, 9.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung im Ostarrichisaal, 15.00 und 16.00 Uhr Führungen im ORF Haus 1A, 2. Stock Landesstudio Niederösterreich statt.  Begrüßung: Peter de Martin, Leiter der Geschäfts- 17.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen – 2. Teil stelle für AuslandsniederösterreicherInnen anschl. Vernissage der ANÖ-Ausstellung,  Vortrag: GF und Chefredakteur Prof. Harald Haus 1A, Ausstellungsbrücke: Knabl, NÖ Pressehaus Druck- und Verlags- Prof. Peter Schmid, Niederlande gesellschaft m.b.H. Maria Hofer und Louk Van Kooten, Niederlande  Vortrag: FH-Prof. Dipl.Ing. Markus Seidl, 18.45 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus zum Hotel Metropol Fachhochschule St. Pölten, Digitale Medien- 19.00 Uhr Abendessen im Hotel Metropol technologie Moderation: Tom BLäumauer Donnerstag, 2. September 2009 10.30 Uhr Kaffeepause 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 10.50 Uhr Beginn der Arbeitskreise - 1. Teil zum NÖ Landhaus  Wirtschaft & Technologie/Umwelttechnik 9.30 Uhr Fortsetzung und gemeinsamer Abschluß aller (Ostarrichisaal) Arbeitskreise im NÖ Landhaus, Landtagssitzungssaal, Thema: „Kommunikationsverhalten – Änderun- Haus 1b, 2. Stock gen in den letzten Jahrzehnten, Kommunikations- Impulsreferat: „Wie kommuniziert das Land kultur, multikulturelles Kommunikationsverhal- Niederösterreich nach außen hin“, ten“ Abteilung LAD1-Informationstechnologie Impulsreferat: Prof.Dir.Mag. Kolarz-Lakenbacher, Moderation: Tom Bläumauer Siemens AG Österreich, Niederlassungsleitung 10.20 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen St. Pölten Kaffeepause im Foyer des Landtagsschiffes Moderation: Mag. Herbert HALBWIDL 10.45 Uhr Abschlußveranstaltung mit Landeshauptmann Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Dr. Erwin Pröll, im Landtagssitzungssaal mittag eine Führung im ORF Landesstudio Moderation: Tom Bläumauer Niederösterreich statt. Musik - Ensemble der Militärmusik Niederösterreich  Kunst, Kultur & Wissenschaft Begrüßung und Kurzbericht: Peter de Martin (Industrieviertelsaal) Präsentation der Ergebnisse der drei Workshops Thema: „Die Kommunikation in den verschiede-  Festansprache von LH Dr. Erwin Pröll nen Genres der Kultur“  Überreichung der ANÖ-Nadel an die erstmaligen Impulsreferat: Wirkl.Hofrat Mag. Hermann ANÖ-Teilnehmer Dikowitsch, Leiter der Abteilung Kultur und  Schlußworte: Peter de Martin Wissenschaft anschl. Mittagsempfang gegeben von Landeshauptmann Moderation: Dr. Ilona Slawinski Dr. Erwin Pröll, Foyer des Landtagsschiffes Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- 14.00 Uhr Transfer für die TeilnehmerInnen zum Hotel Metropol mittag eine Führung im ORF Landesstudio bzw. Bahnhof St. Pölten. Evtl. Weiterreise zum Welt- Niederösterreich statt. bundtreffen nach Wien (1. bis 4. September)  Bildung & Jugend (Mostviertelsaal), Thema: http://www.noel.gv.at/aoe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 24 Speziell für AuslandsösterreicherInnen Weltbund-Tagung Auslandsösterreichertreffen 2011 1. bis 4. September 2011 in Wien

Der Weltbund veranstaltet jedes Jahr für seine Mitglieder und deren Freunde ein großes, internationales Treffen in Österreich, anläßlich dessen auch die Generalversammlung abgehalten wird. Es ist Tradition, daß diese Weltbund-Tagung im Wechsel immer in einem anderen Bundesland abgehalten wird. Neben den Arbeitssitzungen umfaßt das Programm ein reiches kulturelles Angebot und wird durch repräsentative Empfänge der offiziellen Stellen abgerundet. Sie haben die Möglichkeit sich über Internet für die Weltbund- Tagung/Auslandsösterreichertreffen 2011 in Wien anzumelden. Kontakt: Dr. Irmgard Helperstorfer.

http://www.weltbund.at/aktuelles_termine.asp

Donnerstag, 1. September 2011 „Der Dritte Mann: Wien auf den Spuren eines Filmklassikers“ 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Erleben Sie die Altstadt von Drehort zu Dreh- Strauchgasse 4, 1010 Wien ort: unkonventionell, lebendig und spannend! 14.00 - 16.00 Uhr Stadtrundgänge Treffpunkt: U4 Stadtpark vis-à-vis Hotel Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Intercontinental Altstadt: „Entdecken Sie das alte Wien!“ Versteckte Hinterhöfe, alte Paläste, Spione 14.00 - 18.00 Uhr Generalversammlung 1. Teil Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien und Schmuggler, mit Beethoven und Goethe gespickt usw. 19.30 - 22.30 Uhr Wien-Abend auf Einladung des Bürger- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche meisters und Landeshauptmannes „Geheimnisse der Altstadt“ Dr. Michael Häupl beim Heurigen Wolff, Mit dem Blutgassenviertel, vorbei an der Rathstraße 50, 1190 Wien Synagoge, an ehemaligen Mozart- Samstag, 3. September 2011 Wohnstätten usw. 10.00 - 12.00 Uhr Festakt mit Auszeichnung des „Auslands- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche österreichers des Jahres 2010“ Ort: 19.00 Uhr Abend im Schweizerhaus, Rathaus, Großer Festsaal, Eingang Lichten- Wiener Prater, Prater 116, 1020 Wien felsgasse, Aufgang Feststiege, 1080 Wien Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! 12.15 Uhr Festessen auf Einladung des Bundes- ministers für europäische und internationale Freitag, 2. September 2011 Angelegenheiten, Dr. Michael Spindelegger 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Ort: Rathauskeller, Rathaus, 1080 Wien, Eingang Rathausplatz 1 Strauchgasse 4, 1010 Wien 14.30 - 17.30 Uhr Generalversammlung 2. Teil 09.00 -10.00 Uhr Führung durch die Staatsoper Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien Ort: Staatsoper, Opernring 2, 1010 Wien 20.30 Uhr Abschlußball des Auslandsösterreicher- Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Weltbundes, Ort: Rathaus, Großer Festsaal, 09.00 - 11.00 Uhr Stadtrundgänge Eingang Lichtenfelsgasse, Aufgang Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Feststiege, 1080 Wien Kunst & Architektur: „Architekturspazier- gang: Von der Romanik bis zum Jugendstil“ Sonntag, 4. September 2011 Kostbarkeiten, Ein- und Ausblicke und span- 09.30 Uhr Katholischer Gottesdienst im Stephansdom, nende Besonderheiten … Stephansplatz 1, 1010 Wien Treffpunkt: Stephansplatz (Ecke 10.00 Uhr Evangelischer Gottesdienst in der Evangeli- Jasomirgottstraße) schen Kirche, Dorotheergasse 18, 1010 Wien „Jugendstil und Jhdt.-Wende: Vom Loos- 12.00 Uhr Abschlußmittagessen haus zur Postsparkasse Otto Wagners“, Ort: Brandauers Schloßbräu, Hietzing, Am Architektur und Interieur-Design. Platz 5, 1130 Wien, Essen € 20,– auf eigene Mit Innenbesichtigungen. Rechnung; Getränke auf Rechnung des Treffpunkt: Albertinaplatz (bei Hrdlicka- AÖWB. Denkmal) Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 25 »Burgenland Journal« 90 Jahre Burgenland Gefeiert wurde mit einer großen Jubiläumsgala in der Wiener Hofburg

Mario Baier, Direktor, LR Michaela Resetar, Präsidentin, LH Hans Niessl, geschäftsführender Präsident, Burgenland Tourismus, und Klubobmann Christian Illedits, Koordinator der Aktivitäten zu 90 Jahre Burgenland Foto: Burgenland Tourismus / Bimashofer

it einer glanzvollen Abendgala in der genländerinnen und Burgenländern aber rung an das Burgenland. TV-Moderatorin und MWiener Hofburg feierte das Burgen- auch mit unseren Freunden und unseren Burgenland-,,Sympathisantin“ Barbara Stöckl land am Abend des 25. Mai sein 90jähriges Gästen, die das Burgenland kennen, diese 90 führte charmant durch das Programm, „Win- Bestehen. Rund 250 Gäste, darunter viel Jahre in entsprechender Art und Weise bege- zerkönig“ Harald Krassnitzer stellte die kuli- Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Medien, hen und auch feiern. Ganz nach dem Motto narischen Spezialitäten vor. Höhepunkt war Kultur, Sport und Society, waren der Ein- ,das Burgenland ist überall‘“, so Niessl. Spe- der berührende Auftritt von Opernstar Ildikó ladung von Burgenland Tourismus und Land ziell soll in Wien gefeiert werden. „Gerade Raimondi; begleitet vom burgenländischen Burgenland in die Bundeshauptstadt gefolgt. in Wien wohnen sehr viele Burgenländer. Ich Starpianisten und Liszt-Festival Raiding- „Natürlich wollen wir von den Feierlich- behaupte, daß Wien eigentlich die größte Intendant Eduard Kutrowatz, bot sie Lieder keiten auch touristisch profitieren. Wir wollen Stadt des Burgenlandes ist, wenn man alle von Haydn, Liszt und Léhar dar. das Burgenland präsentieren und gemeinsam Burgenländer zusammenzählt, die sich in Davon verzaubern ließen sich Verteidi- mit den Burgenländerinnen und Burgenlän- Wien angesiedelt haben und jene die täglich gungsminister Norbert Darabos, Staatssekre- dern aber auch unseren Freunden und Gästen herkommen, um zu arbeiten“, so Niessl. Man tär Josef Ostermayer, die TV-Stars Barbara zu feiern – ganz nach dem Motto ,das wolle mit den Menschen feiern und auch Karlich, Konstanze Breitebner, die Festival- Burgenland ist überall“, kündigte Landes- darauf hinweisen, wie sich das Land verän- Intendanten Harald Serafin und Wolfgang hauptmann Hans Niessl eine Reihe von dert habe. „Wir sind sozusagen zum Herzen Böck, Wetterlady Christa Kummer, Card Events in Wien an. „90 Jahre Burgenland ist des neuen Europa geworden. Burgenland ist Complete-Vorstand Heimo Hackel, Kochle- für uns natürlich ein besonderes Jubiläum, das überall, vor allem auch in Wien.“ gende Werner Matt, ÖWM-Chef Willi Klin- wir gerne feiern, weil wir das jüngste aller ger, Norbert Draskovits von BCD Travel und Bundesländer sind, weil wir eine andere Ge- Abend der Burgenland-Sympathisanten viele weitere prominente Burgenland-Freun- schichte haben als die anderen Bundesländer Bei burgenländischen Weinen und Spe- de. und weil wir gerne zurückblicken und mit zialitäten und Musik von den „Tanzgeigern“ den Burgernländerinnen und Burgenlände- herrschte beste Stimmung mit viel Burgen- In die Mitte Europas gerückt rinnen stolz darauf sind, wie sich dieses land-Gefühl. Wahlburgenländer Martin Wei- „Das Burgenland darf auf eine beispiel- Land in den vergangenen Jahrzehnten ent- nek, Schauspieler, Autor und Winzer, las aus hafte Entwicklung zurückblicken; von einer wickelt hat. Und natürlich wollen wir ge- seinem Buch „Gebrauchsanweisung für das lange benachteiligten, armen Grenzregion meinsam mit den Menschen mit den Bur- Burgenland“ – eine literarische Liebeserklä- am östlichsten Rand Europas sind wir in die

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 26 »Burgenland Journal«

und seine Gäste sind eingeladen, mitzu- feiern: Unter dem Titel „90 Angebote für 90 Euro“ haben zahlreiche burgenländische Be- triebe und Partner von Burgenland Touris- mus tolle Urlaubsangebote zum vorteilhaf- ten Jubiläumspreis kreiert. Ob Erholung und Entspannung in der Natur oder in Burgen- lands Thermen, sportliche Aktivitäten vom Segeln bis zum Reiten, ob spannende Ent- deckungsreisen zu Topwinzern und Produ- zenten, ein stimmungsvolles Dinner for two in einem der gemütlichen Gasthöfe oder Re- staurants, romantische Nächte in gediegenen Unterkünften oder hochkarätige Kultur- events – die Angebote garantieren feine Ur- laubserlebnisse zum stark vergünstigten Jubiläumspreis. Die Angebote sind in einer Broschüre zu- sammengefaßt und auch auf der Homepage von Burgenland Tourismus zu finden.

»Pssst…! Verraten Sie uns Ihren Liebsten.« Diese von Burgenland Tourismus initiier- te Kampagne wendet sich in erster Linie an BurgenländerInnen und startet Ende Juni. Die Teilnehmer sind aufgerufen, ihre lieb- sten Plätze und Geheimtipps zu verraten: Den Lieblingsplatz in der Natur, die persön- liche Rad- oder Wanderroute, den besonde- ren Wellness-Tipp, einen kulinarischen Leckerbissen, einen kulturellen Höhepunkt. In allen Raiffeisenfilialen und in allen Gemeinden des Burgenlandes, ebenso bei allen großen (Kultur-) Veranstaltungen wei- sen Plakate und Folder auf die Kampagne

Foto: Burgenland Tourismus / Bimashofer hin und laden zur Teilnahme ein. Die Tipps Ildikó Raimondi: »Ein Herz fürs Burgenland« können bis 30. September per Internet, per Mail oder per Post abgegeben werden. Mitte Europas gerückt und sind heute ein eigentlich nur schwer beschreiben kann, das Damit auch Gäste in den Genuß dieser Tipps modernes, zukunftsorientiertes Land“, hob man erleben muß“ brachte Tourismusdi- kommen, werden diese ab dem Beginn der Landeshauptmann Hans Niessl, geschäfts- rektor Mario Baier sein Burgenland-Bild auf Kampagne laufend auf der Homepage von führender Präsident von Burgenland Touris- den Punkt. Burgenland Tourismus veröffentlicht. mus, in seinem Statement hervor. Achse der Sympathie »90 Schätze des Burgenlandes« Vielfalt als Stärke Wien und das Burgenland verbinden tra- In Kooperation mit der UNESCO wird „Burgenlands Stärke liegt in der Vielfalt ditionell die besten Beziehungen. Viele Bur- das immaterielle Kulturerbe des Burgen- der Kulturen, der Landschaft und der Gast- genländer haben ihren Arbeitsplatz in Wien, landes erfaßt und multimedial zugänglich freundschaft und Hilfsbereitschaft der Men- die Wiener lieben das Burgenland als Ur- gemacht. Traditionelle Ausdrucksformen, schen“, unterstrich Landesrätin Michaela laubsland: Jeder fünfte Nächtigungsgast traditionelles Wissen, Musik, Tänze sollen Resetar, Präsidentin von Burgenland Touris- kommt aus der Bundeshauptstadt, für viele dokumentiert, gesichert und archiviert wer- mus. Wiener ist das Burgenland die perfekte Nah- den. erholungsdestination und beliebtes Tages- Die gefundenen „Schätze“ sollen parallel Pannonisches Lebensgefühl ausflugsziel – Anlaß für das Burgenland, im zu den Geschichten auf der Homepage zu- „Das Burgenland ist eine ideale Kombi- Jubiläumsjahr in Wien besonders Flagge zu gänglich gemacht werden; die Sammlung ist nation aus einem besonderen Klima, heraus- zeigen. offen und kann jederzeit erweitert werden. ragenden Landschaften, einer sehr natürli- Bis dato sind der Blaudruck aus Stoob und chen burgenländischen Gastlichkeit und »90 Angebote um 90 Euro« die Sprache Romanes als immaterielles einem pannonischen Lebensgefühl, das man Das Burgenland feiert 90. Geburtstag, Kulturerbe anerkannt worden.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 27 »Burgenland Journal«

Website – historische Zeitleiste heuer im Zeichen des 90. Geburtstags des »90 Jahre Burgenland« am Wiener Hier sollen in Form einer Zeitreise Ge- Burgenlandes. Rund 30 burgenländische Be- Filmfest, 2.7. - 4.9. schichten aus den letzten 90 Jahren – aus triebe – Winzer, Gastronomen, touristische Beim Wiener Filmfest vom 2. Juli - 4. Politik, Wirtschaft, Kultur usw. – gesam- Anbieter – machen den Besuchern ihre September 2011 am Wiener Rathausplatz melt, digitalisiert und auf eine Website ge- Produkte schmackhaft. wird Burgenland Tourismus in Kooperation stellt werden. Hier kann man auf einer Zeit- mit Wein Burgenland mit einem Promotion- leiste durch die Geschichte „scrollen“ und Wiener Kirtag, 10. - 13. Juni 2011 stand vertreten sein. Ereignisse, Geschichten zu einem bestimm- Zum zweiten Mal nach 2010 nimmt das ten Zeitpunkt abfragen. Wer wissen will, was Burgenland heuer am Wiener Kirtag am Rat- »Wir Burgenländer in Wien - I love in seiner Geburtsdekade im Burgenland pas- hausplatz teil. Auf die Besucher warten Burgenland«, Wien, Rathaus, 5.10. Veranstaltung für die BurgenländerInnen siert ist, findet dies über die Zeitleiste der Musik, Wein und burgenländische Speziali- und alle Freunde des Burgenlandes. Website. Die Inhalte werden in deutscher täten. und englischer Sprache abrufbar sein. Burgenland-Gala in Oberwart, E-Bike-Event, Eisenstadt, 25. Juni 27. November Veranstaltungen zu Im Zuge der Österreichischen Rad-Stras- Die „Burgenland-Jubiläumsgala“ in der »90 Jahre Burgenland« senmeisterschaften „Burgenland Classic“ Messehalle Oberwart wird ein spektakuläres Kultinarium, Wien 6. - 8. Juni 2011 veranstaltet Burgenland Tourismus in Ko- Show-Programm mit den Größen der bur- (tägl. 11 - 22 Uhr) operation mit der ASKÖ Bundesorganisation genländischen Kulturszene quer durch alle Zum neunten Mal findet das Burgenlän- am 25. Juni 2011 ein E-Bike-Event am Euro- Sparten bieten. „ dische Kultinarium am Hof in Wien statt – paplatz in Eisenstadt. http://www.burgenland.info Andreas Liegenfeld als neuer Agrar- und Umweltlandesrat angelobt

ei der Landtagssitzung am 11. Mai wur- Bde eine bereits angekündigte Personal- Rochade vollzogen: Andreas Liegenfeld wurde als neuer Agrar- und Umweltlandesrat angelobt. Er folgt im Amt dem zurückgetre- tenen Werner Falb-Meixner. Liegenfeld, Jahrgang 1964, ist verheira- tet, Vater von vier Kindern, in Donnerskir- chen beheimatet und hat sich als erfolgrei- cher Winzer weit über die Grenzen des Bur- genlandes hinaus einen Namen gemacht. 2008 zog er für die ÖVP in den Gemeinderat seiner Heimatgemeinde ein. Im selben Jahr wurde er Obmann von Wein Burgenland, seit 2009 ist er auch Präsident des Burgen- ländischen Weinbauverbandes. „Meine neue Aufgabe ist eine große Herausforderung. Lösungsorientiertes Ar- beiten steht ganz oben auf der Liste meiner Vorhaben. Ich setze dabei auf Zusammen- arbeit und reiche allen Institutionen und Par- teien die Hand.“ Ein besonderes Anliegen sind dem neuen Landesrat die Stärkung der ökosozialen Landwirtschaft sowie die Gleichbehandlung großer und kleiner land- wirtschaftlicher Betriebe. „Meinen Vorgängern Paul Rittsteuer, Ni- kolaus Berlakovich und Werner Falb- Meixner möchte ich für ihre geleistete Arbeit danken. Ich sehe mich verpflichtet, mit den mir anvertrauten wertvollen Ressourcen ver- antwortungsvoll umzugehen“, so das neue Foto: Bgld. Landesmedienservice Regierungsmitglied. „ LH Hans Niessl (r.) und der neue Agrar- und Umweltlandesrat Andreas Liegenfeld

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 28 »Burgenland Journal« Weltweit leistungsstärkste Windkraftanlagen Niessl: »Andere reden von der Energiewende, das Burgenland hat sie vor zehn Jahren eingeleitet.« Foto: Bgld. Landesmedienservice Bgm. Franz Werdenich (Potzneusiedl), Bewag-Aufsichtsratvorsitzender Dir. KR Josef Kaltenbacher, Bewag-Vorstandssprecher Michael Gerbavsits, LH Hans Niessl, LR Michaela Resetar, Bewag-Vorstand Reinhard Schweifer, Austrian Wind Power-GF Wolf- gang Trimmel, Enercon-Vertriebsleiter Stefan Lütkemeyer und Austrian Wind Power-Geschäftsführer Johann Wachtler (v.l.)

it dem Spatenstich für den Windpark zeugt. Dieser Anteil wird sich bald erhöhen. chael Gerbavsits. „Wir schaffen dadurch MPotzneusiedl fiel am 13. Mai der Start- „Jede dieser Hochleistungsanlagen kann auch zusätzliche Arbeitsplätze im Burgen- schuß zur zweiten burgenländischen Wind- über 4000 Haushalte mit Ökostrom versor- land. Wind braucht aber starke Netze“, weiß Initiative. Zwei Enercon-Anlagen des Typs gen“, erklärt Enercon-Vertriebsleiter Stefan Gerbavsits. Deshalb werde Bewag Netz bis E 126 werden in Potzneusiedl errichtet. Mit Lütkemeyer. Eine der beiden Anlagen soll 2015, zusätzlich zu den laufenden Aufwen- einer Leistung von 7,5 MW und einer Jah- auch als Forschungsstation betrieben wer- dungen für Erneuerung und Instandhaltung, resproduktion von 14,200.000 kWh sind die den. Lütkemeyer: „Das sind die ersten Anla- rund 66,5 Mio. Euro in die Netzinfrastruktur High-Tech-Anlagen die weltweit leistungs- gen dieser Größe die wir außerhalb Deutsch- investieren. „Die geplanten Investitionen stärksten Windenergieanlagen. Über 4000 lands im Binnenland errichten. Die For- stellen sicher, daß die Versorgungsqualität Haushalte kann eine dieser Hochleistungs- schungsergebnisse werden herangezogen, im Land auch künftig so hoch bleibt“, ver- anlagen mit Ökostrom versorgen. „Wir wol- um die Weiterentwicklung der Stromproduk- spricht der Bewag Vorstandssprecher. len zumindest so viel Strom im Land aus er- tion mit Windenergie voranzutreiben. Die „Wenn alle geplanten Windparks in neuerbaren Energien erzeugen, wie das Jahr Ergebnisse können dann sofort von Austrian Betrieb sind, wird die Einspeiseleistung rund über hier verbraucht wird. Aber warum soll Wind Power verwendet werden um damit 1.000 MW betragen. Das entspricht der Lei- das Burgenland nicht Stromexportland wer- die Leistungsfähigkeit von Windenergiean- stung von etwa fünf Donaukraftwerken“, er- den? Das Burgenland ist seit vielen Jahren lagen noch weiter zu steigern“. gänzt Gerbavsits Vorstandskollege Reinhard atomstromfrei. Das hat etwas mit Glaubwür- „Das Ziel des Landes ist klar“, so Niessl, Schweifer. Für die Bewag sei es wichtig, digkeit zu tun. Andere reden von der Ener- es sei wichtig, daß man im Burgenland kei- nicht nur Strom zu liefern, sondern mit der giewende, das Burgenland hat sie vor zehn nen Atomstrom verwenden müsse. Man er- Windkraft auch selbst erzeugen zu können, Jahren eingeleitet. Ich sage: Nicht reden, zeuge derzeit bereits 60 Prozent des gesam- so Schweifer. Man habe jetzt die Möglich- sondern umsetzen!“, so Landeshauptmann ten Strombedarfs selbst aus erneuerbarer keit, in großem Umfang Energie zu erzeu- Hans Niessl. Im Burgenland drehen sich Energie im Burgenland. Vor zehn Jahren gen. heute 206 Windenergieanlagen, 138 mit einer seien es nur drei Prozent gewesen. Niessl: Auch Tourismus-Landesrätin Michaela Leistung von 242 MW gehören der Bewag- „Die neuen Windräder sind ein weiterer Resetar begrüßt diese Pläne: „Wind und Tochter Austrian Wind Power, die bis dato Schritt zur Stromautarkie.“ Sonne sind einerseits kostenlos verfügbare rund 3,4 Mrd. kWh produziert haben. Be- „Behördenverfahren für weitere 200 MW Rohstoffe, die nachhaltig wertvolle Energie hördenverfahren für weitere 200 MW Wind- Windenergie sind abgeschlossen, Turbinen- liefern, prägen aber auch die Tourismuszu- energie sind abgeschlossen und in den näch- lieferungen sind vertraglich gesichert und in kunft unseres Landes. Die Region Neusied- sten drei Jahren sind Investitionen von rund den nächsten drei Jahren Investitionen von ler See mit rund 1,4 Mio. Nächtigungen im 350 Millionen Euro geplant. rund 350 Millionen Euro geplant. Ein Drittel Jahr erhält durch den Ökotourismus und die Die Hälfte des im Burgenland verbrauch- davon bleibt an Wertschöpfung in der Re- Windkraft einen neuen Impuls.“ „ ten Stroms wird derzeit aus Windenergie er- gion“, betont Bewag-Vorstandsprecher Mi- http://www.bewag.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 29 »Burgenland Journal« Erfolgreiche Mitsprache- Offensive prolongiert 4. Sitzung des Burgenländischen Jugendlandtages Fotos: Bgld. Landesmedienservice Landeshauptmann Hans Niessl und Landtagspräsident Gerhard Steier mit den Teilnehmern am diesjährigen Jugendlandtag m Burgenländischen Landesparlament Ifand am 12. April die 4. Sitzung des Bur- genländischen Jugendlandtages statt. Nach der einleitenden Fragestunde, bei der jedes Mitglied der Burgenländischen Landesregie- rung mit einer Anfrage von einem Jungabge- ordneten konfrontiert wurde, standen die The- menschwerpunkte der Verbesserung von Bil- dungschancen für junge Menschen, die Opti- mierung der Mobilität für die junge Genera- tion, die Entlastung junger ArbeitnehmerIn- nen und in Ausbildung befindlicher Jugend- licher sowie ein Antrag mit Blickrichtung Zukunftsstrategie für das Energieland Bur- genland im Mittelpunkt der Diskussion. „Wie diese Jugendabgeordneten im Rah- Landtagspräsident Gerhard Steier mit vier der Teilnehmer men dieser Sitzung bewiesen haben, wollen sich junge Menschen einbringen – es bedarf für die Landespolitik. „Ein Ziel für die Zu- match der Oberwart Gunners und eine Ver- lediglich der Möglichkeiten und Projekte, kunft wäre, aus meiner Sicht, aber darüber einsuhr überreicht. dies zu tun. Politik und der Meinungsfin- noch einen Schritt hinaus zu gehen, nämlich, Das Burgenland habe sich in vielerlei dungsprozeß gehören, wie sich heute ein- daß diese Anträge nicht als Petitionen, son- Hinsicht als „Jugendland“ etabliert, so Niessl drucksvoll gezeigt hat, in einem demokrati- dern direkt – von den Parteien aufgenom- weiter. Er verwies in diesem Zusammenhang schen System zu den faszinierendsten und men – im Landtag behandelt werden.“ auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten der auch wichtigsten Faktoren. Schlußendlich Im Vorfeld gab es einen Empfang bei Jugendlichen, die Vorreiterrolle bei der geht es um Probleme ausgleichend zu lösen Landeshauptmann Hans Niessl. „Die Teil- Wahlaltersenkung auf Landes- und Gemein- nämlich grundsätzlich darum, konträre Mei- nahme am Jugendlandtag erfordert nicht nur deebene und nicht zuletzt auch auf den nungen zu bündeln, Ziele zu formulieren, Freude am Mitgestalten und Verantwor- Jugendlandtag, „womit eine weitere Platt- einen Kompromiß zu finden und sich dabei tungsbewußtsein, sondern auch die Bereit- form der Partizipation geschaffen wurde“. auch engagiert auseinanderzusetzen“, beton- schaft, persönliche Energie und Freizeit zu Niessl: „Diesen Weg wollen wir weiter ge- te Landtagspräsident Gerhard Steier. „Im investieren“, sagte Niessl. Als Zeichen des hen, denn eine lebendige Demokratie kann übrigen“, so Steier, „sind diese Anliegen, die Dankes und der Anerkennung wurden den auf das Engagement und die Ideen junger heute erarbeitet wurden, wichtige Impulse Jugendlichen ein Ticket für ein Basketball- Menschen nicht verzichten.“ „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 30 »Burgenland Journal« Scheckübergabe an Landesfeuerwehrkommando Burgenland er Bund hat dem Land Burgenland Danläßlich seiner 90jährigen Zugehörig- keit zu Österreich einen sogenannten Zweck- zuschuß in der Höhe von 4 Millionen Euro gewährt. Das Geld wird für Maßnahmen im Sinne der Zukunftssicherung in den Berei- chen Beschäftigung, Wirtschaft und Sozial- wesen sowie für Kultur- und Bildungspro- jekte verwendet. Einen wichtigen Schwer- punkt bildet dabei aber auch der Aspekt der Sicherheit, der einen immer größer werden- den Stellenwert einnimmt. Vor diesem Hin- tergrund überreichten Landeshauptmann Hans Niessl und Landeshauptmann-Stellver- treter Franz Steindl aus diesen Mitteln an Landesfeuerkommandant LBD Alois Kögl einen Scheck in Höhe von 40.000 Euro. Das Geld soll zur Finanzierung des neuen Brand- hauses beitragen, das heuer seiner Bestim- mung übergeben werden konnte. „Neben ‚90 Jahre Burgenland‘ wird 2011 auch das ‚Europäische Jahr der Freiwilli- Foto: Bgld. Landesmedienservice gentätigkeit‘ begangen, wo wir noch mehr LH-Stv. Franz Steindl, LBD Alois Kögl und LH Hans Niessl (v.l.) auf die große Bedeutung des freiwilligen Burgenländerinnen und Burgenländer da es sich um eine grenzüberschreitende Ini- Engagements aufmerksam machen und die sind“, so Niessl und Steindl im Rahmen der tiative auf kooperativer Basis handelt, hat Leistungen bzw. den Wert unserer Frei- Scheckübergabe im Landesfeuerwehrkom- die Europäische Union dieses Projekt mit 85 willigen mit vielfältigen Informationen, aber mando Burgenland. Prozent gefördert. Bisher sind 45 Trainer aus auch Aktionen noch stärker in das Licht der Mit dem neuen Brandhaus in Eisenstadt, dem Burgenland und Ungarn geschult wor- Öffentlichkeit rücken wollen. das am 8. April 2011 seiner Bestimmung den, um Feuerwehrleuten die Bekämpfung Ganz besonders gilt das für unsere übergeben werden konnte, wurden 2,8 Mil- verschiedenster Brandsituationen anschau- Feuerwehren, die rund um die Uhr für die lionen Euro in die Sicherheit investiert. Weil lich zu vermitteln. „ 6000 Kids stürmten den »Tag des Sports« 000 Kinder und Jugendliche wurden am 427. Mai im Mattersburger Pappelstadion erwartet, rund 6000 kamen tatsächlich. Der „Tag des Sports“ anläßlich des Jubiläums „90 Jahre Burgenland“ war ein voller Erfolg und eine große Werbung für den Sport. Un- ter tatkräftiger Mithilfe erfolgreicher heimi- scher Sportler wurden mehr als 30 Sportar- ten vorgestellt. „Wir wollen den Kindern den Sport schmackhaft machen. Sport ist heute wichtiger denn je. Von den Kindern wird in den Schulen und später im Berufsleben viel verlangt. Sport ist wichtiger Ausgleich“, betonte Landeshauptmann Hans Niessl bei der Eröffnung des Sportevents. Die Eröffnung nahm Niessl gemeinsam

mit Sportminister Norbert Darabos und der Foto: Bgld. Landesmedienservice Mattersburger Stadtchefin LAbg. Ingrid LH Hans Niessl mit begeisterten Jugendlichen am »Tag des Sports« in Mattersburg Salamon vor. Zur Sportveranstaltung wurden alle 48 Am gesamten Stadiongelände, den umlie- Stationen mit Gewinnspielen und Wettbe- Fachverbände eingeladen. Unterstützung kam genden Freiflächen und im benachbarten werben, sowie ein riesiger Bewegungspark auch von den Special Olympics und vom Schwimmbad präsentierten Verbände und luden zu einem Tag voller Sport, Show und Österreichischen Olympischen Komitee. Vereine ihre Sportarten. Unzählige Mitmach- Action ein. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 31 »Burgenland Journal« Die Geschichte des Burgenlandes Anläßlich des Jubiläums »90 Jahre Burgenland« im Jahr 2011 setzen wir mit Teil 4 unsere Serie fort: von Leben im 18. Jahrhundert bis zum anbrechenden Industriezeitalter.

Von Michael Floiger, Karl Heinz Gober, Oswald Guber, Hugo Huber und Josef Naray*)

ach den leidvollen Türken- und Kuruz- Nzenkriegen sowie nach dem Aufhören der Pest stieg die Bevölkerungszahl stetig an. Dieses Bevölkerungswachstum brachte auch wirtschaftliche und soziale Verände- rung mit sich:  Der Eigenbedarf an Nahrungsmittelm stieg.  Weniger Waren konnten verkauft werden.  Geld wurde immer knapper.  Die Bauernwirtschaften wurden kleiner (Erbteilungen!).  Die Zahl der Söllner (Kleinhäusler) ver- mehrte sich.

Dazu kam, daß die Grundherren ihre For- derungen nach Abgaben wesentlich erhöh- ten. Ihr aufwendiger Lebensstil und die Er- richtung sündteurer Barockbauten zwangen sie zu diesen „Maßnahmen“. Immer schwe- rer fiel es den Bauern, für die laufenden Abgaben, die oft in Geld zu entrichten wa- ren, aufzukommen. Ihre Steuerschulden wuchsen ständig. Allein die Rückzahlungen der hohen Zinsen war erdrückend. Am Ende stand nicht selten die Verpfändung oder gar die völlige Aufgabe des Hofes. Im Süden un- seres Landes übernahmen bäuerliche Schich- ten vielfach auch neue Rodungsgründe. Damit verringerten sich die Verpflichtungen gegenüber dem Grundherrn beträchtlich. Aber auch die reichen Weinbaugemein- den im Norden unseres Landes boten Aus- wärtigen die Möglichkeit, den Lebensunter- halt zu bestreiten. Als Wanderarbeiter – viele kamen aus den südlichen Landesstellen – war man dort sehr gefragt. Doch auch hier kam es bald zu Schwie- rigkeiten. Durch die Schlesischen Kriege Ein Ausschnitt einer »Urbanitabelle« mit (oft ungenauen) Aufzeichnungen des urbarialen (=bäuerlichen) Lebens zwischen Maria Theresia und König Fried- rich II. von Preußen kam der Weinexport ins lich zu schmerzhaften Einbußen für die Grundherren wälzten die Belastungen auf die Stocken. Schlesien (heute in Polen) ging für Weinwirtschaften unserer nördlichen Regio- Untertanen ab. Österreich verloren und damit auch das nen. In manchen Dörfern verdoppelten, ja ver- Absatzgebiet für den Wein. Dies führte letzt- dreifachten sich die vorgeschriebenen Robot- Die Untertanen wehren sich: leistungen. Besonders hoch waren die Fron- Die Bauernaufstände 1765/66 *) Wir haben – mit freundlicher Genehmigung des dienstleistungen im Weinbau. In Eisenberg Burgenländischen Landesarchivs, des Landesschul- Die Kriege Maria Theresias gegen Fried- an der Pinka kam 1765 jeder ganze Hof auf rats für Burgenland und des Verlags Ed. Hölzel Ge- rich von Preußen verschlangen Unsummen. etwa 311 Tage Handrobot! sellschaft m.b.H. Nfg KG, Wien, – Text und Bilder dieser Serie dem Lehrbuch für die Unterstufe „Ge- Die Herrscherin erhöhte deshalb die staat- Alle Hoffnungen setzten die Ausgebeu- schichte des Burgenlandes“ entnommen. lichen Steuern. Was sie aber nicht wollte: Die teten in die Regentin, der ungarischen Köni-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 32 »Burgenland Journal« gin Maria Theresia. Die zahlreichen Be- eine Verschlechterung ihrer Lage. Die alten Niemand darf mehr wegen seines Glau- schwerdebriefe ließen sie folgendes erken- Verträge waren sogar günstiger. Auch in der bens verfolgt oder gezwungen werden! 1781 erließ Joseph II. das „Toleranzpa- nen: Herrschaft Schlaining gab es weiterhin Kla- tent“ für sein ganzes Reich. Es ermöglichte „Es sind einzig und allein die Grausam- gen über zu hohe Abgaben und Robotleistun- den Protestanten und anderen Glaubensge- keiten der Grundherren, welche diese armen gen, so in Kemeten, Wolfau, Markt Allhau meinschaften, ihren Glauben auszuüben, Leute aufs äußerste getrieben haben. Sollten und Woppendorf. Den Parndorfer Bauern Kirchen und Schulen zu bauen. Sie es glauben, daß der verstorbene Palatin, waren die staatlichen Vorschreibungen wei- der Fürst Batthyány, die Esterházy in diesen terhin zu hoch. Jenen, die sich hier be- Über diese Verordnung freuten sich auch Unterdrückungen am weitesten gegangen schwerten, wurde Grund und Boden wegge- die Juden. Von nun an war auch ihnen er- sind. Das macht mich schaudern.“ (Maria nommen, und sie wurden in das Banat (Süd- laubt, eigene Schulen zu führen. Ebenso Theresia in einem Brief an Graf Enzenberg). ungarn) zwangsausgesiedelt. durften sie herrschaftlichen Grund pachten. Doch die Beschwerdebriefe fruchteten Der Gründstückskauf blieb ihnen aber wei- wenig. Zu ersten Unruhen kam es in den Was blieb wirklich? Batthyányherrschaften Schlaining. Güssing Grund und Boden blieb weiterhin im und Rechnitz. Sie erfaßten das Gebiet des alleinigen Besitz der Grundherren. Das Los gesamten Komitats Eisenburg und griffen auf der Bauern hatte sich kaum verbessert. Der weite Teile Ungarns über. Die Bauern ver- Nachfolger Maria Theresias, ihr Sohn Kaiser weigerten einfach die Abgaben und Robot- Joseph II., versuchte auch in Ungarn die leistungen. Auch im nördlichen Teil des Grunduntertänigkeit der Bauern aufzuheben. Landes kam es zu Auseinandersetzungen. So Doch er scheiterte. Die Bauern mußten noch mußte zum Beispiel in Parndorf sogar Mili- bis zum Revolutionsjahr 1848/49 warten. tär gegen die aufgebrachten Untertanen ein- Erst danach wurden sie Eigentümer von Ghetto in Eisenstadt gesetzt werden. Grund und Boden. terhin versagt. Sie durften von nun an hand- ... und Maria Theresia regiert Der Reformkaiser Joseph II. werkliche Berufe ausüben und mußten auch Die Steuerfreiheit der ungarischen Magna- (1780 - 1790) »Der König mit dem Hut« nicht mehr im Ghetto leben. ten war dem Wiener Hof ein Dorn im Auge. Kaiser Joseph II betrachtete sich als Nun war es an der Zeit, die bäuerlichen Un- „Diener des Volkes“. Doch seine „gutge- Klosterreform auch in Ungarn tertanen den Adeligen gegenüber zu stärken. meinten“ Reformen stießen vielerorts auf 1787 löste Joseph II. in Österreich und Mit dem Urbarialpatent von 1767 sollten Ablehnung. Als er in Ungarn die deutsche Ungarn etwa 700 Klöser auf. Das betraf jene  Mißbräuche und Übergriffe der Adeligen Sprache als Amtssprache einführen wollte, Klosterorden, die sich nicht der Seelsorge, auf die Bauern abgestellt werden, stieß er auf den erbitterten Widerstand der  gleichzeitig aber auch die Untertanen in Magnaten. Diese sahen darin eine Gefahr, der Lage sein, die staatlichen Steuern lei- ihre Macht zu sehr an Wien zu verlieren. sten zu können. In ihrer Vaterlandsliebe waren sie be- sonders gekränkt, als sich Joseph II. weiger- Ausgehend von Westungarn wurde diese te, sich mit der Stephanskrone zum König Regelung für Ungarn bis 1773 in allen 43 Ko- krönen zu lassen. Sie nannten ihn deshalb mitaten durchgeführt. Die Aufzeichnungen „König mit dem Hut“. des urbarialen (=bäuerlichen) Landes wurde aber oft sehr ungenau vorgenommen. Die Die evangelische Kirche in Bauern gaben bisweilen bewußt ein kleine- Schlaining ist die erste res Ausmaß ihrer bewirtschafteten Flächen Toleranzkirche im Burgenland an. Man wollte dadurch vor allem eine zu Jugenderziehung oder Krankenpflege an- hohe Besteuerung umgehen. Die Angaben nahmen. Zu diesen zählten im Burgenland wurden in die sogenannte Urbarialtabelle damals das Minoritenkloster in Wimpas- eingetragen. sing., das Paulinerkloster in Neusiedl/See, das Augustinerkloster in Eisenstadt, das »Des einen Freund, des andern Leid« Franziskanerkloster am Oberberg in Eisen- Die Urbarialordnung bedeutete durch die stadt und das Kamaldulenserkloster in Land- Regelung der Robotleisungen allein für die see sowie zahlreiche Einsiedeleien. Die Ser- Herrschaft Körmend den Verlust von 17.000 vitenklöster von Loretto und Stotzing wur- Tagwerken. Das ist die Zahl der Handrobot- den zusammengelegt. Die Kircheneinrich- tage von mehr als 106 ganzen Ansässigkei- tungen der aufgelassenen Klöster verteilte ten (=Sessionen). man an andere Kirchen. Das eingezogene Nicht überall stießen die neuen Verord- Vermögen der Klöster kam in einen Reli- nungen auf Zustimmung. So beschwerten gionsfond. Mit diesem Geld wurden neue sich die Bauern in Lackenbach, Necken- Diözesen und Pfarren errichtet. Ebenso fi- markt, Nikitsch und Kroatisch Minihof über Joseph II.: »Der König mit dem Hut« nanzierte man die Ausbildung der Geistli-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 33 »Burgenland Journal« chen aus diesem Geldtopf. Joseph II. griff auch in kirchliche Belange ein. Das Verbot von Prozessionen stieß bei der Bevölkerung auf Ablehnung.

Das Schulwesen im 18. Jahrhundert Auf dem Gebiet des heutigen Burgenlan- des gab es in den größeren Orden schon im 14. und 15. Jahrhundert Schulen. Sie lagen in der Obhut der katholischen Kirche. Über Schulgründungen während der Reforma- tionszeit hast du schon gehört. Manche Grundherren förderten das Schul- wesen. Graf Harrach etwa erließ schon 1761 für Parndorf und Neudorf eine eigene Schul- ordnung. Die Schüler sollten demnach nicht nur in Religion, sondern auch in Lesen, Schreiben und Rechnen unterwiesen wer- den. Auf Wunsch wurde in manchen Orten auch Musik und Latein unterrichtet. Der Das künstlerisch hochwertigste frühbarocke Bauwerk des Burgenlandes ist das Lehrer erhielt zwar ein Grundgehalt, doch Schloß Esterházy in Eisenstadt. Paul I. Esterházy (1635-1713) ließ es im 17. Jahr- mußten die Kinder „Schulgeld“ zahlen. In hundert in ein barockes Schloß umbauen. Kleinhöflein zahlte im Jahre 1713 ein Schul- anfänger 15 Kreuzer (=der Wert einer Gans),  prächtigen Bauten des Barockstils sowie Barocke Sakralbauten im Burgenland ein älterer Schüler, der Lesen und Schreiben  in der vornehmen Lebensart. Zahlreiche Kirchen aus der Barockzeit lernte, 30 Kreuzer, ein Rechenschüler 45 Die Fürsten des 18. Jahrhunderts ahmten bereichern heute unsere kulturelle Land- Kreuzer. Für Latein- und Musikunterricht den Kaiser nach. Nikolaus Esterházy meinte: mußten 1 Gulden und 30 Kreuzer entrichtet „Was der Kaiser kann, kann ich auch!“ Jag- werden. Arme Kinder waren vom Schulgeld den, Opernaufführungen, Theaterabende, befreit. Konzerte und Feierlichkeiten aller Art wur- Für Maria Theresia war die Ausbildung den zu gesellschaftlichen Ereignissen. ihrer Untertanen ein besonderes Anliegen. 1777 erließ die Regentin eine allgemeingül- Barockbauten im Burgenland tige Schulordnung. In Trivialschulen wurden Die Türken-, Religions- und Freiheits- neben Religion die Hauptfächer Lesen, kriege des 17. Jahrhunderts hemmen zu- Schreiben und Rechnen unterrichtet. Solche nächst die Entwicklung des Barock in Un- Volksschulen waren für jeden Pfarrort ge- garn. Die Fürsten unseres Landes sahen sich plant. Zu gewissen Zeiten, wie der Erntezeit, als Förderer der Kunst. Sie gaben große Bau- blieben die Klassen oft leer, da die Kinder werke in Auftrag. Dabei beschäftigten sie im bäuerlichen Betrieb mitarbeiten mußten. einheimische Künstler wie zum Beispiel den In den Hauptschulen der Städte und Ödenburger Maler Stephan Dorfmeister. Marktgemeinden unterrichtete man zusätz- Aber auch bedeutende Künstler aus Wien lich die Fächer Geschichte und Geographie. oder gar Italien wurden ins Land geholt. Lehrer bildete man in sogenannten Normal- Viele Gartenschlösser des Burgenlandes, schulen aus. wie Halbturn, Gattendorf, Nebersdorf, Koh- Das System der Trivial-, Haupt- und Nor- fidisch und Nikitsch, sind dem Wiener malschulen wurde auch nach Maria Theresia Barock nachempfunden. noch lange beibehalten. Kaiser Joseph II. führte die sechsjährige Schulpflicht ein. Der »verfeinerte« Barockstil – Nach seinem Tod wurde diese wieder aufge- das Rokoko hoben. Rokoko kam aus Frankreich und war eine verspielte Weiterentwicklung des Barock. Es Die Barockzeit - Lebens- und Kunststil fand in Ungarn kaum Verbreitung. Das Städtische Pfarrkirche und Ordens- kirchen, wie hier in Frauenkirchen, als Ausdruck fürstlicher Macht Schloß Esterháza in Fertöd (südlich des wurden im typischen Stil der Die 2. Hälfte des 17. und das 18. Neusiedler Sees, Ungarn) ist eines der weni- Doppelturmfassade errichtet. Jahrhundert waren in politischer Sicht das gen Bauwerke dieser Stilrichtung und wird Zeitalter des Absolutismus. Die uneinge- das „Ungarische Versailles“ genannt. Niko- schaft. All diese Bauten sind Ausdruck tiefer schränkte Macht bzw. der Reichtum des laus Esterházy (1762-1790), der „Pracht- religiöser Gläubigkei. Eine besondere Rolle Adels äußerte sich unter anderem in liebende“, ließ dieses Schloß errichten. spielte dabei die Marienverehrung.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 34 »Burgenland Journal«

Auch das Bürgertum versuchte sich dem Zug der Zeit anzupassen. Der wirtschaftliche Aufschwung führte zu barockem Lebensge- fühl und zum „Bürgerbarock“. Grundlage dieses Wohlstandes war der Weinbau, das äußere Zeichen eine rege Bau- tätigkeit. Zahlreiche schöne Bürgerhäuser entstanden.

Das »kleine Barock« Auf dem Land wurden Streckhöfe errich- tet, deren schmale Seite die Gassenfront bil- dete. Bäuerliche Symbole zierten die ge- schwungenen Giebel. An der Längsseite ver- lief der typische Laubengang, dessen Dach auf Pfeilern oder Säulen ruhte.

Malerei in der Barockzeit Riesige Fresken und Gemälde zieren die Innenwände und Decke der Barockbauten. Neben religiösen Szenen wurden auch Ereignisse der Geschichte oder der antiken Sagenwelt dargestell. In Westungarn arbeite-

Bild oben: Innenansicht der Basilika von Frauenkirchen Bild unten: Ein Werk größter kirchlicher Baukunst unseres Landes stellt die Bergkirche in Eisenstadt dar. Die Planungsarbeiten gehen ins 17. Jahrhundert auf Fürst Paul I. Esterházy zurück. Errichtet wurde sie im 18. Jahrhundert. Der Kalvarienberg wurde von einem Franziskaner-Laienbruder gestaltet.

Dieses Bürgerpalais in Rust mit dem Namen »Zum Auge Gottes« ist ein typisches Beispiel bürgerlichen Bauens in der Barockzeit.

ten vor allem Maler aus dem benachbarten Wiener Raum. Einheimische Künstler waren Stephan Schaller aus Györ und Stephan Dorfmeister aus Ödenburg, der aus Purbach stammende Josef Orient war Landschafts- maler. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nimmt die Tafelmalerei einen enormen Aufschwung. Bürgerliche Kunstgattungen wie Porträt-, und Landschaftsmalerei oder das Malen von Stilleben werden fortan bevorzugt. Abendmusiken, Konzerte, Opernveran- staltungen und Marionettenaufführungen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 35 »Burgenland Journal« begeisterten die zahlreichen Gäste. Eigene Theater wurden hiefür errichtet. Es war da- mals durchaus üblich, für jeden Auftritt ein neues Musikwerk zu schreiben. Maria The- resia: „Wenn ich eine gute Oper sehen will, dann fahre ich nach Esterháza.“ Doch auch nach Joseph Haydn wurde der Musikpflege ein hoher Stellenwert zuer- kannt. Kapellmeister, wie der aus Preßburg stammende Johann Nepomuk Hummel, führten die musikalische Tradition weiter. Joseph Weigl, Sohn eines Orchestermusi- kers, wurde im Musikerhaus in Eisenstadt geboren. Er sollte Hofoperndirigent in Wien und ein bedeutender Komponist werden.

Das anbrechende Industriezeitalter Straße - Kanal - Schiene Die Ungarisch-Kroatische Straße wurde auch Kaiserstraße oder Poststraße genannt. Der Transport der Warengüter von der Adria verlief über Laibach (Ljubljana) – Cilli (Celje) – Pettau (Ptuj) – Körmend – Stein- amanger (Szombathely) – Güns (Köszeg) – Ödenburg (Sopron) nach Wien. Auf dieser Nord-Süd-Verbindung wurden größtenteils Pferde („schweres Kaltblut“) eingesetzt, die im Südburgenland gezüchtet wurden. In Großpetersdorf gab es viele „Roßhändler“, von denen die Frächter die Pferde bezogen. Durch die Fertigstellung der Bahnlinie Wr. Neustadt-Ödenburg (1847) nahm der Waren- verkehr auf der Poststraße ab. Die Kaiser- oder Poststraße war nur vom Frühjahr bis zum Herbst ungehindert passierbar. Zur Entlastung der Kaiserstraße legte man die Günser- und Preßburger Straße an. Die Günserstraße, auch Palffystraße ge- nannt, ließ Fürst Josef Franz Palffy zwischen 1816-1818 erbauen. Dieser Weg verlief über das Güns- und Zöbernbachtal in das Pitten- bachtal/Aspang und von dort nach Wiener Neustadt. Als Preßburger Straße wurde der Ab- schnitt von Schützen über Purbach – Breiten- brunn – Jois – Parndorf – Gattendorf – Enger- au nach Preßburg (Bratislava) bezeichnet. Wichtige Verkehrswege im Burgenland um 1820 Über die Fleischhauerstraße oder Raaber Straße brachte man vorwiegend Stiere, Kühe solle zum Beispiel Wien mit der Adria ver- Arbeitertruppen schufen bis 1803 den 56 km und Fleischwaren zum „Ochsengries“ nach binden. langen „Wiener Neustädter Kanal“. Am 12. Wien. Das Ziel der „Wiener Neustädter Stein- Mai 1803 fand die feierliche Eröffnung statt. Das heutige Südburgenland blieb ein kohlen-Gewerkschaft“ war es, die Kasernen Die Frachtkähne – mit Kohle und Holz „Straßen-Stiefkind“. und Spitäler Wiens mit „Ödenburger Kohle“ beladen – waren zwischen Wiener Neustadt (Brennberger Kohle) zu versorgen. 1797 be- und Wien 35 Stunden unterwegs. Wasserstraßen gannen bei Guntramsdorf die Bauarbeiten. Der Wiener Neustädter Kanal wurde Aus militärischen und auch aus wirt- Das Arbeiterkontingent bildeten Soldaten, 1810/11 mit dem „Pöttschinger As“ nach schaftlichen Gründen plante man für die die zur Zwangsarbeit verpflichtet waren. Osten erweitert. Vom Ungarfeld in Wiener Habsburgermonarchie ein Wasserstraßen- Italiener und Kroaten wurden zum Graben Neustadt führte diese Wasserstraße auf einer netz mit dem Mittelpunkt Wien. Ein Kanal und Ziegelbrennen herangezogen. Diese Holzbrücke über die Leitha. Am Fuß der

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 36 »Burgenland Journal«

Noch erhaltenes Teilstück des Wiener Neustädter Kanals in Wiener Neustadt. Die einzelnen Kanalstrecken zwischen den Schleusen wiesen nur ein minimales Gefälle auf. Die Breite des Kanals betrug an der Sohle 5,7 m, am Spiegel 11 m; die Die geplante Trasse des Wien-Adria- durchschnittliche Wassertiefe lag bei 1,5 m. Am rechten Kanalufer war ein 2,5 m Kanals. Ein Kanalast sollte über Öden- breiter Treppelweg für die Pferde, am linken ein halb so breiter Fußpfad angelegt. burg nach Raab (Györ) führen. Die ursprünglichen Standardlastkähne waren 22,7 m lang, 1,73 m breit und hatten eine Tragfähigkeit von 33,6 t. Für jeden dieser Kähne war nur ein Pferd erforderlich. Zillingdorfer Platte verlief der Kanal zum Hafen Fondsgut bei Pöttsching. Die Bau- kosten betrugen 300.000 Gulden. Diese Kanalverlängerung hatte ihren wirtschaftlichen Hauptgrund in der Erschlies- sung des bedeutendsten Braunkohlereviers des südlichen Wiener Beckens, des Neufeld- Steinbrunn-Zillingtaler-Braunkohlereviers. Das Ziel war die Deckung des Kohlebe- darfes von Wien und der Ziegeleien im Wie- ner Raum.

Die ersten Eisenbahnen Die Wiener Neustadt – Ödenburger Bahn war die erste Bahnlinie, die über das Gebiet des heutigen Burgenlandes führte. Sie wurde am 20. August 1847 eröffnet. Diese Eisen- bahnlinie war eine wichtige Verbindung von Braunkohletagebau Neufeld 1872 erhielt Baron Viktor Erlanger die der Südbahnlinie Wien – Wiener Neustadt Konzession zum Bau einer Eisenbahn- zum ungarischen Eisenbahnnetz. strecke von Raab-Csorna-Kapuvar- Großzinkendorf-Nagycenk über Öden- Bereits 1855 wurde auf der Hauptstrecke burg nach Ebenfurth. Wien-Brick/Leitha – Raab der Betrieb der „Wiener-Raaber-Eisenbahn-Gesellschaft“ aufgenommen. Am 1. Mai 1873 wurde die Raabtal- strecke – die „Ungarische Westbahn“ – von Steinamanger über Körmend – St. Gotthard – Jennersdorf nach Graz in Betrieb genom- men. 1879 konnte die Raab-Ödenburg-Wulka- prodersdorf-Ebenfurther Bahnlinie eröffnet werden. Zwei Nebenbahnen zu den Zucker- fabriken Hirm und Siegendorf schlossen bald an ihr an. Der Neufelder See: früher Im Pinkatal wurde für den Ausbau der Braunkohletagebau, heute Bahnviadukt in Mattersburg Strecke Steinamanger-Rechnitz-Oberwart- Erholungsbebiet

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 37 »Burgenland Journal«

Pinkafeld schon 1881 eine „Localbahn-Ak- Zug der „Neusiedler-See Local-Eisenbahn“. Serie tiengesellschaft Szombathely-Pinkafeld ge- Sie führte von Neusiedl/See über Pamhagen Teil 1: Von den Jägern und Bauern der Steinzeit gründet. nach Fertöszentmiklos. Hier mündete sie in bis zum Niedergang des Römischen Reiches Der aus Rechnitz stammende Gutsbesit- die Raab-Ödenburger-Bahn ein – das nördli- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_092.htm zer Szajbely Gyula – er war Abgeordneter che Burgenland war auch durch die soge- Teil 2: Vom beginnenden Frühmittelalter bis zu Andreas Baumkircher, dem Herrn von Schlaining. nannte Preßburger Linie erschlossen. Dieser http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_093.htm Eisenbahnstrang führte von Engerau (heute Teil 3: Von der Periode der Türken- und Kuruzzenkriege ein Stadtteil Preßburgs) über Parndorf und (1529-1711) bis zur Gegenreformation im 17. Jhdt Neusiedl/See nach Wulkaprodersdorf. http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_094.htm Die Strecke Ödenburg-Deutschkreutz- Neckenmarkt-Lackenbach-Oberpullendorf- Bildnachweis Oberloisdorf-Rattersdord/Liebing bis Güns Leopold Banny, Lackenbach; Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt; Burgenländisches Lan- wurde am 5. November 1908 eröffnet. desmuseum, Eisenstadt; Michael Floiger, Loipers- Von Oberloisdorf über Lutzmannsburg bach; GRU-Mediathek Lutzmannsburg, Foto- nach Csepreg wurde 1913 eine „Localbahn“ archiv Atelier am Berg, Mattersburg; Hugo zur Bahnlinie Ödenburg-Csepreg-Steinam- Huber, Weiden am See, Fotostudio Muik, Güs- anger gebaut, aber schon 1955 eingestellt. „ sing; Gerhard Mollay, Neusiedl am See.

Seit 1990 rollen wieder Züge von Neu- siedl am See nach Fertösztentmiklós der liberalen Partei im Ungarischen Parla- ment – und die kaiserlichen Kammerherrn Graf Stefan Erdödy und Graf Julius Erdödy gewannen den kgl. ungarischen Verkehrs- minister Gabor Baross für dieses Projekt. Nachdem die Grundstücke 1885 erworben waren, begann man 1887 mit dem Bahnbau. Die feierliche Eröffnung der 52 km langen Strecke erfolgte am 16. Dezember 1887. Über die Bedeutung der Bahn berichtete die „Oberwarter Zeitung“ 1891: „…daß am Jahrmarkttag 740 Personen angekommen, 900 abgefahren und weiters 5 Waggons Horn- vieh und 1 Waggon Pferde“ befördert wor- den seien. Seit 1898 gab es Pläne für eine Neben- bahn Oberwart-Oberschützen, die erst 1902 realisiert wurden, als die Erschließung des „Tauchener Braunkohlenbergbaues“ begann. Diese neue Bahnlinie über Tatzmannsdorf wurde im März 1903 eröffnet. Der Weiter- bau an die Friedberg-Aspangbahn kam erst 1925 zustande. Sie war eine der ersten Ver- bindungsbahnen des 1921 entstandenen Bur- genlandes zum österreichischen Bahnnetz. Am 1. September 1899 fuhr der erste Eisenbahnzug zwischen Körmend und Güssing. Auch die Gutshöfe des Seewinkels benö- tigten für den Transport von Vieh, Weizen, Rüben und anderen Landesprodukten eine leistungsfähige Bahn. 1897 fuhr der erste Die Entwicklung des Eisenbahnnetzes von 1880 bis 1918

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 38 Aus Südtirol Durnwalder trifft EU-Kommissare Flexiblere gesetzliche Rahmenbedingungen bei den Beihilfen und Klimastrategie der Landesregierung waren Gesprächsthemen

lexiblere gesetzliche Rahmenbedingun- Fgen bei den Beihilfen für die öffentlichen Dienste und die Anpassung der EU-Wettbe- werbsbestimmungen zur Absicherung der Berggebiete hat Landeshauptmann Luis Durn- walder am 12. Mai im Ausschuß der Regio- nen in Brüssel von EU-Kommissar Joaquin Almunia gefordert. Durnwalder ist in Brüssel auch mit Kommissar Günther Oettinger zu- sammengetroffen, der bei dieser Gelegenheit einen Besuch in Südtirol angekündigt hat. Im Ausschuß der Regionen hat EU-Wett- bewerbskommissar Almunia zur Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistun- gen von allgemeinem wirtschaftlichem In- teresse Stellung genommen. Landeshaupt- mann Durnwalder hat Almunia bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, daß für die Regionen künftig flexiblere und anpassungs- Foto: LPA fähigere Rahmenbedingungen geschaffen Südtirols LH Luis Durnwalder (l.) mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia werden müßten. Durnwalder: „Die Unter- schiede unter und zwischen den Mitglieds- bauern der gesamten Gesellschaft liefern, matiken sehr wohl bewußt sei und stimmte staaten, Regionen und Städten müssen bes- allgemein anerkannt und geschätzt. Nur wird mit dem Landeshauptmann überein, daß die ser berücksichtigt werden. Wir sind deshalb es für die Bergbauern immer schwieriger, Beihilfen klar nachvollziehbar und einfach der Meinung, daß vor allem Zweideutig- aus ihrer Arbeit auch einen angemessenen geregelt werden müßten. keiten geklärt werden müssen. Die neuen Anteil ihres Einkommens zu erzielen. We- Durnwalder nützte in Brüssel auch die Rahmenbedingungen sollten die verschiede- gen der hohen Transportkosten sind viele Gelegenheit, Energie-Kommissar Günther nen Bedürfnisse der Regionen und deren Verarbeitungsbetriebe oft nicht mehr bereit, Oettinger über die Klimastrategie der Lan- Bürger und Bürgerinnen berücksichtigen Produkte vom Berg abzuholen. Diesem Phä- desregierung zu informieren. „Oettinger in- und eine flexible Anwendung und eine ein- nomen kann nur entgegengewirkt werden, teressiert sich sehr für unsere Projekte in den fache Anpassung ermöglichen.“ indem Beihilfen für den Transport von Qua- Bereichen Energieeffizienz und Nutzung Durnwalder hat außerdem auf die beson- litätsprodukten vom Berg gewährt werden erneuerbarer Energiequellen“, so Durnwal- dere Situation von Berggebieten wie Süd- können. Dies scheitert allerdings bisher im- der. Oettinger hat dem Landeshauptmann tirol hingewiesen und von Almunia gefor- mer noch an den Bestimmungen des Wett- gegenüber angekündigt, daß er sich noch dert, zum langfristigen Schutz der Bergge- bewerbsrechtes.“ innerhalb dieses Jahres vor Ort in Südtirol biete die Fördermittelvergabe an Bergbauern Almunia antwortete auf die Forderungen ein Bild über die zahlreichen Maßnahmen von den Wettbewerbsrechtsbestimmungen Durnwalders, daß die EU sich der Proble- im Energiebereich machen werde. „ auszuschließen. Durnwalder untermauerte seine Forderung mit zwei Beispielen: „Für Landesvermögen: Mehr als vier Milliarden Euro die europäische Berglandwirtschaft wird es immer schwieriger oder gar unmöglich, für ehr als 142.000 Güter mit einem Wert Davon sind 3056 Grund- und Bauparzel- die notwendigen Investitionen aufzukom- Mvon insgesamt mehr als vier Mrd. Euro len, die einen Wert von 3,96 Mrd. Euro ha- men. Die Investitionen für Infrastruktur und verwaltet die Landesabteilung Vermögen ben. Die wertvollsten Gebäude sind das Kran- Maschinen sind in Berggebieten viel höher unter Landesrat Florian Mussner. Dies hat der kenhaus Meran mit 130 Mio., gefolgt vom als in Gebieten ohne naturbedingte Benach- Kassensturz von 2010 ergeben. „Im Grunde Universitätsgebäude in Bozen mit 122,3 Mio. teiligungen. Auch wenn die Fördermittel für gehört dieser Milliardenbesitz jedem Bürger und vom Krankenhaus Bozen mit 101,9 Mio. Berggebiete höher sind, sind sie im Ver- und jeder Bürgerin in Südtirol, wir haben nur Euro. Zum Landesvermögen gehörten insge- gleich immer noch viel zu niedrig. Darüber die Aufgabe ihn zu verwalten“, sagt Vermö- samt 139.313 bewegliche Sachen mit einem hinaus sind die Leistungen, die die Berg- genslandesrat Florian Mussner. Gesamtwert von 136,2 Mio. Euro. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 39 Europa Normen für Bahntarife und Fahrplaninformationen Die EU-Kommission hat am 5. Mai eine neue Verordnung angenommen, die durch obligatorische Normung der Tarif- und Fahrplaninformationen Bahnkunden bei europaweiten Bahnfahrten die Planung und den Fahrscheinerwerb erleichtern soll.

as bedeutet, daß die wesentlichen Bu- wendungen für den Personenverkehr – wird Dchungs- und Ticketinformationen künf- die Standardisierung von Fahrplan- und Ta- tig interoperabel sein werden, sodaß sie zwi- rifinformationen obligatorisch. Dies sind die schen Eisenbahngesellschaften der gesamten grundlegenden Daten für die Reiseplanung, EU sowie zwischen Fahrscheinverkäufern Buchungs- und Fahrscheinsysteme, die bei- ausgetauscht werden können. Die Kommis- spielsweise die Kategorie des verkehrenden sion wird 2012 einen ergänzenden Rechtsakt Zugs, dessen Haltestellen und -zeiten, die vorschlagen, mit dem die Schienenverkehrs- Unterbringungsmöglichkeiten (z. B. in der betreiber verpflichtet werden, ihre Informa- ersten oder zweiten Klasse), die Anzahl der tiksysteme und Verfahren anzugleichen, um verfügbaren freien Sitze, die Tarifstrukturen die Übertragung der genormten Daten zwi- usw. angeben. Ein wichtiger Aspekt ist auch, schen den Betreibern in der Praxis zu ermög- daß die Verordnung die Betreiber zur öffent- lichen. Mit diesen Maßnahmen werden im lichen Bereitstellung von Fahrplaninforma- europäischen Bahnverkehr die technischen tionen und zur Übermittlung von Tarifinfor- Grundlagen für den Markteintritt von Reise- mationen an autorisierte Partner verpflichtet. planungs- und Fahrscheinsystemen der Die Kommission wird 2012 einen ergän- nächsten Generation geschaffen. zenden Rechtsakt vorschlagen, um den Der für Verkehr zuständige Vizepräsident Eisenbahnunternehmen und Fahrscheinver- der Europäischen Kommission, Siim Kallas, käufern Orientierung bei der Anpassung erklärte hierzu: „Wenn wir wirklich die ihrer Informatiksysteme zu bieten, damit Leute zum Umsteigen auf die Bahn bewegen diese den EU-weit geltenden Normen ent- und insbesondere den Schienenverkehr auf sprechen und die Daten in der Praxis tat- Mittelstrecken zum Luftverkehr konkurrenz- sächlich ausgetauscht und von allen Be- fähig machen möchten, dann müssen wir teiligten in unterschiedlichen Buchungs- und den Bahnfahrern die nahtlose Buchung und Ticketingsystemen in ganz Europa genutzt Fahrscheinausgabe bieten, die Fluggäste werden können. gewohnt sind. Nach unseren Vorstellungen Diese Maßnahmen bilden im Zusam- soll künftig die Buchung einer Bahnfahrt menspiel die technischen Grundlagen für von Barcelona nach Brüssel oder von Berlin den Markteintritt paneuropäischer Reisepla- nach Bratislava ebenso einfach sein wie die nungs- und Fahrscheinsysteme der nächsten

Buchung eines entsprechenden Fluges. Die Foto: Europäische Kommissionen 2011 Generation in den Folgejahren. Bereitstellung gemeinsamer Fahrplan- und EU-Kommissar Siim Kallas Tarifinformationen für die Betreiber ist ein Was geschieht nun? wichtiger erster Schritt, es ist jedoch ledig- nur in sehr geringem Umfang Fahrscheine Die Kommission prüft derzeit die Notwen- lich der Beginn einer viel größer angelegten für grenzüberschreitende Bahnreisen buchen. digkeit weiterer Maßnahmen zur Beseitigung Initiative zur Verwirklichung der europawei- In diesem Punkt unterscheidet sich die Bahn von Hindernissen, die die Entwicklung des ten Buchung und Fahrscheinausgabe im von anderen Verkehrsträgern wie dem Luft- grenzüberschreitenden Schienenverkehrs und Bahnverkehr.“ verkehr, der traditionell vorwiegend interna- generell der Reiseplanung und Fahrschein- tionale Strecken bedient und eine problemlo- erstellung im multimodalen Verkehr hem- Wie ist die derzeitige Lage? se europaweite Buchung und Flugschein- men. Die Entwicklung der Eisenbahnen folgte erstellung (im wesentlichen auf der Grund- Außerdem hat die Kommission am nationalen Perspektiven. Das zeigt sich lage des gemeinsamen zentralen Reservie- 1. April 2011 eine öffentliche Konsultation heute in der großen Verschiedenheit der Bu- rungssystems Amadeus) bietet. zur Reiseplanung im multimodalen Verkehr chungssysteme, die auf Daten beruhen, die („Towards a European Multi-Modal Journey in unterschiedlicher Weise verarbeitet wer- Welche Maßnahmen Planner“, Konsultationszeitraum: 1.4. – 27. den und größtenteils nicht austauschbar sind. werden vorgeschlagen? 5.2011) eingeleitet, deren Ergebnisse eben- Deshalb können die Fahrgäste (abgesehen Durch die am 5. Mai angenommene tech- falls in diesen Prozeß einfließen werden. „ von wenigen internationalen Hauptstrecken) nische Verordnung der EU – Telematikan- http://europa.eu/index_de.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 40 Wirtschaft Exporte sichern Wachstum und Beschäftigung – knapp Österreichs Wirtschaft im I. Quartal 2011 neuerlich kräftig gewachsen – Mitterlehner: Exporte, Investitionen und Konsum stärken Aufschwung – Leitl erwartet für heuer »All-time-high« bei Exporten

sterreichs Wirtschaft wächst wieder und Gouverneur Nowotny: „D.h., jeder vierte gen. Der Euroraum (insbesondere Deutsch- Ömit rund 2 ½% im Jahr 2011 laut Euro- Arbeitsplatz in Österreich ist direkt oder land mit rund einem Drittel der Gesamt- päischer Kommission auch deutlich kräftiger indirekt vom Export abhängig. Österreich exporte) sowie die restliche EU stellen der- als jene des Euroraums. Die Unternehmen muß daher ein hohes Interesse haben und zeit die Hauptabsatzmärkte dar. Bis zum haben nicht zuletzt mit Unterstützung der alle Maßnahmen unterstützen, die die volle Jahr 2015 wird deren Anteil zwar leicht zu- Politik die Krise gut bewältigt. Jetzt gilt es, Funktion der EU, der Wirtschafts-und Wäh- rückgehen, die EU wird aber trotzdem der den Strukturwandel voranzutreiben und rungsunion und des Euro gewährleisten.“ mit Abstand wichtigste Absatzmarkt öster- Innovationen, Internationalisierung und In- Setzt man Exporte und Beschäftigung in reichischer Exporte bleiben. China, Rumä- vestitionen weiter auszubauen.“ nien und Polen werden hingegen Zu diesem Schluß kamen in einer im Zeitraum von 2010 bis 2015 gemeinsamen Pressekonferenz zu den drei Top-Gewinnern bei Wirtschaftsminister Reinhold den österreichischen Exportantei- Mitterlehner und der Gouverneur len zählen. Die Schweiz weist da- der Oesterreichischen National- gegen bereits eine breiter gestreu- bank (OeNB), Univ.-Prof. Ewald te regionale Exportstruktur auf. Nowotny am 16. Mai. Rund 60% der Exporte der Ein ganz wesentlicher Impuls- Schweiz gehen zwar auch in den geber für die österreichische EU-Raum, die Ausfuhranteile in Wirtschaft ist der Außenhandel. die USA oder China liegen aber „Dessen Bedeutung für BIP- mehr als doppelt so hoch wie in Wachstum und Beschäftigung Österreich. Gut ein Viertel der hat sich im letzten Jahrzehnt so- schweizerischen Exporte geht gar noch verstärkt“, so Nowotny. überdies in die restliche Welt. In Trugen im Jahrzehnt von 1991 Österreich sind dies vergleichs- bis 2000 die Nettoexporte jähr- weise im Jahr 2010 nur rund 16%. lich etwa 0,3 Prozentpunkte zum In den letzten Jahren war die Wirtschaftswachstum bei, erhöh- Dynamik der HVPI-Teuerungs- te sich deren Beitrag im Zeit- rate (HVPI = Harmonisierter Ver- raum von 2001 bis 2010 auf jähr- braucherpreisindex) wesentlich lich 0,6 Prozentpunkte. Dem- durch den Einfluß der Preise von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (r.) zufolge hat sich die Bedeutung und der Gouverneur der Österreichischen Energie und Rohstoffen beein- der Nettoexporte für das reale Nationalbank, Univ.-Prof. Ewald Nowotny flußt. Österreich hat sich in den BIP-Wachstum trotz Wirtschafts- letzten Jahren jedoch durch eine und Finanzkrise (die zu einem starken Ex- Beziehung, so zeigt sich, daß 1 Mrd Euro an hohe und steigende Energieeffizienz interna- porteinbruch führte) verdoppelt. Exporten rund 6.300 Arbeitsplätze schafft tional eine sehr gute Position geschaffen. Im Jahr 2010 exportierte Österreich welt- bzw. sichert. Energieeffizienz ist ein wesentlicher Faktor weit Waren und Dienstleistungen im Wert Prognosen des Internationalen Währungs- um die Energiekosten vom Ölpreis und des- von rund 157 Mrd Euro. Davon gingen 54% fonds (IWF) gehen davon aus, daß die sen volatiler Preisentwicklungen abzukop- in den Euroraum. Die durch die Ausfuhren Exporte von Gütern und Dienstleistungen peln. „Damit werden auch die starken insgesamt ausgelöste Beschäftigung beträgt bis 2015 um rund 30% zulegen werden. Ein Schwankungen und hohen Beiträge in der Berechnungen der OeNB zufolge 990.000 wichtiger Motor dabei wird das wissensin- Inflationsentwicklung geringer und das Ziel Personen. Davon sind gut ½ Mio der Be- tensive Dienstleistungsangebot Österreichs der Geldpolitik Preisstabilität zu sichern, schäftigten den Exporten in den Euroraum sein: Diese Exporte wuchsen zwischen 1995 leichter möglich“, so Gouverneur Nowotny. zuzurechnen. Bezogen auf die österreichi- und 2008 im Durchschnitt um 13% p.a. und Das vorhandene Potential an erneuerbaren sche Gesamtbeschäftigung im Jahr 2010 von haben sich seit Mitte der 1990er Jahre mehr Energieträgern und von diesbezüglichen In- rund 4,25 Mio beträgt der Anteil der durch als vervierfacht. novationen muß daher genutzt werden, um die Exporte induzierten Beschäftigung 23% Zudem wird eine weitere regionale Diver- einerseits auf einem nachhaltigen Wachs-

Foto: BMWFJ/HOPI-MEDIA Medienservice GmbH (13% für die Exporte in den Euroraum). sifizierung Österreichs Exportstruktur prä- tumspfad zu bleiben und andererseits den

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 41 Wirtschaft

Einfluß der Importkomponente für die Infla- erzeugung, sie steigerte ihre Wertschöpfung der Krise war die österreichische Export- tionsentwicklung weiter zu drosseln. im I. Quartal gegenüber der Vorperiode real wirtschaft. Im ersten Halbjahr können wir um 2,7% (IV. Quartal 2010 +2,1%). Auch mit einem Exportzuwachs von 16,7% und für Österreichs Wirtschaft im I. Quartal der Bereich „Transport und Telekommuni- das Ganzjahr 2011 von 14% auf ein Export- 2011 neuerlich kräftig gewachsen kation“ wuchs verstärkt (Wertschöpfung volumen von rund 125 Mrd. Euro rechnen.“ Gemäß der aktuellen WIFO-Schnell- +3,3%). Damit erreicht Österreich ein All-time- schätzung wuchs das heimische BIP im high bei den Exporten. „Unser Ziel war I. Quartal 2011 saisonbereinigt gegenüber Mitterlehner: Guter Start ins Jahr 2011 ursprünglich den bisherigen Rekordwert von der Vorperiode real um 1,0%. Damit hat sich „Österreichs Unternehmen sind trotz der 117 Mrd. Euro Exportvolumen im Jahr 2008 die Expansion gegenüber dem IV. Quartal ungelösten Probleme auf den Finanzmärkten in etwa fünf Jahren wieder aufzuholen – 2010 (+0,9%) leicht beschleunigt. Nach gut in das Jahr 2011 gestartet. Dank der stei- Österreichs Exportunternehmen haben das einer Wachstumsdelle Ende 2010 entwickel- genden Exporte und Investitionen sowie des aber schon in zwei Jahren geschafft und dar- te sich der Außenhandel Anfang 2011 wieder stabilen Konsums befinden wir uns in einem auf bin ich stolz“, so Leitl. 2012 wird es mit dynamischer. Die seit Mitte 2010 lebhafte robusten Aufschwung“, erklärte Wirtschafts- einem Exportwachstum von rund 9% auf ein Ausweitung der Investitionen klang hinge- minister Reinhold Mitterlehner der vorste- Ausfuhrvolumen von 136 Mrd. Euro weiter gen etwas ab. Der Konsum der privaten Haus- henden Schnellschätzung des Wifo. „Die po- aufwärtsgehen. in diesem Zusammenhang halte wurde trotz der ungünstigen Entwick- sitiven Daten unterstreichen den Erfolg wies Leitl auf die erfolgreiche Export- lung der realen Einkommen abermals leicht unserer Konjunkturmaßnahmen und die at- offensive „go international“ von WKÖ und ausgeweitet. Die Erholung der österreichi- traktiven Rahmenbedingungen am Standort Wirtschaftsministerium hin, deren Unterstüt- schen Wirtschaft hielt Anfang 2011 an. Im Österreich“, bekräftigt Mitterlehner. zungsinstrumente für Exporteure mit ein I. Quartal erhöhte sich das um Saison- und Stärkster Wachstumstreiber ist weiterhin Grund für die tolle Exportperformance seien. Arbeitstagseffekte bereinigte BIP gegenüber der Export, wobei Österreichs Unternehmen Leitl: „Ich bedanke mich in diesem Zusam- der Vorperiode real um 1,0%, gegenüber dem zunehmend neue Märkte mit neuen Produk- menhang für die gute Kooperation bei der Vorjahr um 4,2%. Das Ergebnis für das IV. ten erschließen. „Diesen Trend wollen wir Exportoffensive bei Wirtschaftsminister Quartal 2010 fällt durch die Revision der Da- im Rahmen unserer Internationalisierungs- Reinhold Mitterlehner, da diese Initiative ten etwas höher aus, sodaß das Wirtschafts- Offensive weiter unterstützen. Eine stärkere direkt den österreichischen exportorientier- wachstum im Jahr 2010 nun 2,1% beträgt. Diversifizierung ist der Schlüssel für mehr ten Unternehmen zugute kommt.“ Jetzt gelte Die Impulse kamen auch im I. Quartal Wachstum und Arbeitsplätze in Österreich“, es aber, sich nicht auf den Erfolgen auszuru- 2011 aus dem Ausland. Nachdem die Dyna- so Mitterlehner. Mit einem Plus von 2,6 % hen, sondern weiter zu arbeiten. Leitl: mik des Außenhandels im IV. Quartal 2010 entwickeln sich auch die Ausrüstungsinve- „Eines unserer Ziele ist, die regionale etwas nachgelassen hatte (Warenausfuhr real stitionen weiterhin positiv, was für Mitter- Exportstruktur zu diversifizieren – wir müs- +0,9%, Wareneinfuhr + 0,7%), belebte sie lehner „ein entscheidender Gradmesser für sen mit unseren Exporteuren dorthin, wo die sich Anfang 2011 wieder deutlich, das eine positive Stimmung in der Wirtschaft ist“. Post abgeht.“ Die EU werde zwar weiterhin Wachstum beschleunigte sich auf 4,2% bzw. „Trotz dieser Erfolge müssen wir weiter der Hauptabsatzmarkt bleiben, die außereu- 2,9% im I. Quartal 2011. an den Strukturen und Rahmenbedingungen ropäischen Märkte werden aber zunehmend Die Ausrüstungsinvestitionen waren hin- arbeiten“, warnt Mitterlehner vor Euphorie. wichtiger. Dementsprechend soll der Export- gegen im 2. Halbjahr 2010 nach der emp- Angesichts eines schwierigen internationa- anteil nach Übersee, der derzeit bei rund findlichen Einschränkung in der Wirtschafts- len Umfelds, das insbesondere von der Ver- 18% liegt, bis 2012 auf 20% gehoben wer- krise erheblich ausgeweitet worden und schuldungskrise in Ländern wie Griechen- den und bis 2015 auf 25% steigen. wuchsen im I. Quartal 2011 etwas schwä- land, Irland und Portugal sowie volatilen Um die Erfolgsstory der österreichischen cher. Mit +2,6% trugen sie dennoch beträcht- Währungskursen und Energiepreisen ge- Exportwirtschaft weiterzuschreiben, setzt die lich zum heimischen Wirtschaftswachstum prägt ist – müsse die Wettbewerbsfähigkeit WKÖ/AWO in ihrem Exportförderprogramm bei. laufend gestärkt werden. „Daher wollen wir („go international“) – drei Schwerpunkte. Die österreichische Bauwirtschaft befin- die gut eingeleitete Restrukturierung der Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft det sich nach wie vor in der Krise. Seit dem Wirtschaft mit gezielten Fördermaßnahmen Österreich: „Neben der traditionellen Fokus- II. Quartal 2008 sind die Bauinvestitionen weiter vorantreiben“, so Mitterlehner ab- sierung auf unsere Nachbarmärkte wollen rückläufig (I. Quartal 2011 real 0,3% gegen- schließend. wir Exporte nach Übersee intensivieren. über der Vorperiode), allerdings verlangsam- Weiters setzen wir besondere Technologie- te sich der Rückgang neuerlich. Leitl erwartet für heuer und Branchenschwerpunkte, da österreichi- Die privaten Haushalte weiteten ihre »All-time-high« bei Exporten sche Unternehmen gerade im High-Tech und Konsumnachfrage im I. Quartal 2011 gegen- Anläßlich des 9. „Österreichischen Ex- Dienstleistungsbereich an sich Weltspitze über der Vorperiode um 0,2% aus, obwohl porttages“ in der Wirtschaftskammer Öster- sind, das aber global noch zu wenig bekannt der seit einiger Zeit zunehmende Preisauf- reich (WKÖ) wies WKÖ-Präsident Chri- ist.“ Die AWO unterstützt alle österreichi- trieb die Kaufkraft der Haushaltseinkommen stoph Leitl am 26. Mai auf den „Rekordkurs, sche Unternehmen bei der internationalen dämpft. Die gute Entwicklung auf dem hei- auf dem sich die österreichischen Exporte Vermarktung ihrer Produkte und Dienst- mischen Arbeitsmarkt machte diese Ein- befinden“, hin. Österreichs Wirtschaft habe leistungen weltweit mit ihrem Netzwerk von bußen nur teilweise wett. die Krise überwunden – für heuer könne 115 Stützpunkten und bietet ein umfangrei- Von der lebhaften Außenhandelsentwick- man mit einem BIP-Plus von rund 3% rech- ches Leistungs- und Serviceprogramm in lung profitierte vor allem die Sachgüter- nen. Leitl: „Die Triebfeder für den Weg aus allen Belangen des Auslandsgeschäfts. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 42 Wirtschaft Die USA am Weg zur grünen Supermacht Chancen für österreichische Technologien am US-Markt bei Solaranlagen, Pelletöfen, Biogas, Biomasse oder Software zur Steuerung von Windanlagen

ie USA sind nach China und Deutsch- US-Solarmarkt boomt die Kosten für Windenergie von früher 80 Dland der größte Investor in erneuerbare Während die US-Wirtschaft 2010 um US-Cents pro kWh auf 5 – 8 US-Cents pro Energien. Im Solarbereich liegen die USA 2,8% wuchs, stieg der Solarmarkt von 3,6 kWh gesenkt. Das Potential an Windenergie mit einer installierten Kapazität von 5,3 GW Mrd. USD auf 6,0 Mrd. USD (+67%). Ins- in den USA liegt bei 10 TW und könnte den weltweit an fünfter Stelle, bei Windenergie gesamt sind in den USA 2,6 GW an Solar- gesamten Energiebedarf der USA mehrfach mit 41,4 GW nach China an zweiter Stelle. anlagen installiert, wobei auf Photovoltaik decken. Die größten „Windstaaten“ sind Die USA verfügen über ein enormes Poten- (PV) der Großteil der installierten Anlagen Texas, Iowa und Kalifornien. Das US-De- tial an Wind, Solar und Geothermie. Rudolf (2,1 GW) entfällt. Während im Jahr 2007 nur partment of Energy hält die Gewinnung von Thaler, Österreichischer Wirtschaftsdele- vier Bundesstaaten Anlagen über 10 MW in 20% der Energie aus Windanlagen bis 2030 gierter im AußenwirtschaftsCenter Los An- Betrieb nahmen, waren es 2010 bereits 16. für möglich. geles: „Der Markt für erneuerbare Energien Die PV-Installationen bei Stromerzeugern boomt, was zunehmend den US-Markt für verdreifachten sich 2010 auf 242 MW. Im Nr.1 in Venture Capital Investitionen europäische Unternehmen interessant macht. vergangenen Jahr wurden 52.600 PV-Sy- Die USA sind auch führend bei Venture Langfristig sind die Perspektiven für erneu- steme installiert, insgesamt gibt es in den Capital Investitionen in grüne Technologien. erbare Energien sehr gut, welche Energie- USA 152.500 Systeme. Im Bereich Solar- Venture Capital Firmen investierten 2010 formen reüssieren, ist aber noch unsicher.“ thermie wurden vergangenes Jahr 29.500 USD 4,97 Mrd. Der Grüntrend setzt sich Mehr als die Hälfte der erneuerbaren Ener- Solarsysteme (+13%) zum Beheizen von fort: die US-Venture Capital Investitionen gien entfällt auf Biomasse, vor allem Bio- Pools und 35.500 Anlagen für Heißwasser stiegen im 1. Quartal 2011 um 5%, wobei treibstoffe. Viele Kohlekraftwerke in den installiert. Hawaii ist US-weit führend bei Green Tech Investitionen um 26% auf 1 USA stehen vor einer Neukommissionie- der Installation von Solaranlagen für Heiß- Mrd. USD zulegten. Die USA, v.a. Kali- rung, daher auch der Druck auf Energie- wasser – bei Neubauten sind hier Solaran- fornien, sind führend bei der Registrierung versorger, erneuerbare Energien einzusetzen. lagen vorgeschrieben. Gemäß der American von Clean Tech-Patenten. Fragezeichen sind Zahlreiche Bundesstaaten folgten dem Wind Energy Association produzieren der- die zukünftige Energiepolitik, die Auswir- Beispiel Kaliforniens und setzten sich ehr- zeit Windanlagen in 36 Bundesstaaten Ener- kungen des Budgetdefizits und das Förder- geizige Ziele zur Diversifizierung des Ene- gie für 10 Mio. Haushalte. Der Windenergie- system zur Förderung erneuerbarer Ener- rgiemix. sektor beschäftigte über 85.000 Angestellte. gien. Der Markt ist volatil und stark von Moderne Windturbinentechnologien haben staatlichen Anreizen abhängig. „ Kalifornien inspiriert von Austro-Technologie Kalifornien ist der US-Vorreiter in Um- Gute Exportchancen in die USA weltfragen. Die California Energy Commis- sion überzeugte sich bei einem von der berösterreichs Landeshauptmann Josef Die Johannes Kepler Universität und die Außenwirtschaft Österreich (AWO) der OPühringer traf in Bad Ischl zu einem Fachhochschulen OÖ sind an Kooperationen WKÖ organisierten Besuch der Grazer Arbeitsgespräch mit dem Gouverneur von mit entsprechenden Einrichtungen in Geor- Firma S.O.L.I.D. vom Konzept des solaren Georgia (USA), Nathan Deal, zusammen gia interessiert. OÖ ist aufgrund seiner zen- Kühlens und stufte es als förderwürdig ein. und haben sich über Chancen der bilateralen tralen Lage und guten Verkehrsverbindun- Ab 2013 findet solares Kühlen Eingang in Kooperation zwischen Oberösterreich und gen auch ein hervorragender Logistik- die Gebäudeenergieeffizienz-Standards. Tha- Georgia ausgetauscht. „Für heimische standort in Mitteleuropa. Dies soll durch den ler: „Chancen bestehen für österreichische Unternehmen bieten sich in Georgia insbe- Ausbau trimodaler Umschlagsmöglichkeiten Lieferanten von Solaranlagen im niedrigen sondere in den Bereichen Umwelttechno- für die Exportwirtschaft weiter gestärkt wer- und mittleren Temperaturbereich, Pelletöfen, logien und erneuerbare Energien sowie in den. Auch die Ausbildung im Bereich Lo- Software zur Steuerung von Windanlagen. der Automobil- und Luftfahrtindustrie viel- gistik wird vorangetrieben. Beispielsweise Biogas, Biomasse zu Energie ist auch versprechende Export- und Geschäftsmög- durch den Studiengang „Internationales gefragt.“ Ebenso bestehen infolge der Mo- lichkeiten“, so Pühringer. Namhafte Vertreter Logistik-Management“ der FH Steyr oder dernisierung des veralteten Stromnetzes aus OÖ, die bereits mit Niederlassungen in die Kooperation dieser Bildungseinrichtung Chancen für Smart Grid-Anbieter. Verfügbar Georgia agieren, seien beispielsweise Bern- mit dem Ennshafen. Auch hier sieht der sind Studien des AußenwirtschaftsCenter ecker & Rainer Industrieelektronik, Tiger- Landeshauptmann gute Kooperationschan- Los Angeles über Biomasse und Solar- werk Lack- und Farbenfabrik, IFW M. Otte cen mit Georgia, die mit Gouverneur Deal thermie. und Next Generation Recyclingmaschinen. erörtert wurden. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 43 Wirtschaft »UrlaubsEuro« im Sommer 2011 mehr wert als im Vorjahr

bwohl der Euro zum Dollar in den letz- 100 Euro sind im Urlaub soviel wert: Oten Wochen abwertete, liegt er derzeit noch über dem Kurs vom Mai 2010 und er- höht im Durchschnitt damit den Wert des Ur- laubsEuro im Ausland“, so faßt Stefan Bruck- bauer, Chefvolkswirt der Bank Austria, die ak- tuellste Berechnung des UrlaubsEuro zusam- men. Der stärkere Euro konnte auch die in manchen Ländern feststellbare höhere Infla- tion als in Österreich ausgleichen. Im Durch- schnitt ist der UrlaubsEuro heuer im Sommer 2 % mehr wert als noch im Sommer 2010. Vor allem bei Überseedestinationen macht sich im Vergleich zum Vorjahr der stärkere Euro bemerkbar. „Im Durchschnitt ist der UrlaubsEuro heuer in Übersee rund 6 % mehr wert als vor einem Jahr“, meint Bruck- bauer und ergänzt, „besonders deutlich fiel Quelle: BankAustriaEconomics&Market AnalysisAustria(eigeneSchätzung), OECD, Eurostat, StatistikAustria,Mai 2011 der Anstieg in Teilen Afrikas und in Mexiko aus, etwas weniger stark in Südamerika und Österreich, etwa der Schweiz oder Schwe- dürfte heuer der UrlaubsEuro des Österrei- Asien.“ Der starke Anstieg des Euro gegen- den, wurde der Wert des UrlaubsEuro durch chers am wenigsten Wert sein“ meint über den Währungen vieler Überseedesti- die zum Teil stark gestiegene Währung mehr Bruckbauer. nationen konnte den teilweise deutlich stär- als überkompensiert. Besonders in der Unter den weniger stark besuchten Ur- keren Anstieg der Preise in diesen Ländern Schweiz sank damit der Wert des Urlaubs- laubsdestinationen in Europa ist weiterhin mehr als ausgleichen. Damit liegt der Wert Euro eines österreichischen Touristen mit der UrlaubsEuro in Rumänien, Bulgarien und des UrlaubsEuro im Durchschnitt in den 11% besonders stark und erreichte einen Polen spürbar mehr als zu Hause wert. Auch meisten Überseedestinationen 2011 noch historischen Tiefststand. „In der Schweiz in Tschechien und der Slowakei ist der Ur- stärker über dem Wert in Europa bzw. in Ös- laubsEuro mehr als in Österreich wert, auch terreich als in den vergangenen Jahren. wenn es erneut zu einer leichten Reduktion Innerhalb der wichtigsten Urlaubsdesti- Veränderungendes »UrlaubsEuro« des Wertes im Vergleich zum Vorjahr kam. nationen der Österreicher fiel der Anstieg (Veränderung Mai 2011 zu Mai 2010) Den stärksten Anstieg des Wertes des besonders bei der Türkei und den USA mit Türkei ...... 12,4% UrlaubsEuro innerhalb der beobachteten jeweils rund 12 % gegenüber dem Sommer USA ...... 11,5% Länder gab es in Mexiko. 2010 am stärksten aus, die Preissteigerungen Afrika ...... 6,8% Abschließend weisen die Ökonomen der lagen nur unwesentlich höher als in Öster- Übersee Durchschnitt ...... 5,9% Bank Austria darauf hin, daß es sich um reich. „Negativ macht sich heuer die höhere Kanada ...... 5,4% Durchschnittswerte handelt, einzelne Regio- Inflation beim Urlaub in Griechenland, Spa- Asien ...... 5,4% nen (wie etwa London als Zentralregion) nien und Portugal bemerkbar“, meint Bruck- Kroatien ...... 3,7% können davon abweichen. Das Preisniveau bauer, ergänzt jedoch, daß „der Unterschied Süd/Mittelamerika ...... 3,5% bezieht sich auf den Durchschnitt der Güter mit rund 1 % im kaum wahrnehmbaren Be- Slowenien ...... 2,0% und Dienstleistungen in den einzelnen reich bleibt.“ Trotzdem nähert sich damit der Deutschland ...... 0,9% Ländern, einzelne Produkte (speziell für Wert des UrlaubsEuro in diesen Ländern je- Touristen) können davon deutlich abwei- Frankreich ...... 0,9% nem in Österreich an, in Griechenland und chen. Daher wurde auch für die Ferndestina- Italien ...... 0,8% Spanien liegt er mit rund 108 bzw. 107 nur tionen kein Wert, sondern nur dessen Ver- VereinigtesKönigreich ...... 0,7% mehr unwesentlich über jenem in Österreich. änderung angegeben. Zudem ist die Tatsa- Österreich ...... 0,0% Etwas geringere Preissteigerungen als in che, daß das Preisniveau in einigen Urlaubs- Österreich gab es in Deutschland, Italien und Portugal ...... -0,8% ländern soviel günstiger als in Österreich ist, Frankreich, allerdings wurde dadurch der Griechenland ...... -1,3% vor allem auf das hohe Einkommensniveau Wert des UrlaubsEuro nur unwesentlich er- Spanien ...... -1,4% in Österreich zurückzuführen. Würde Öster- höht und liegt weiterhin in etwa auf dem Ungarn ...... -3,5% reichs Preisniveau niedriger liegen, wäre Niveau wie in Österreich. In einigen Län- Schweiz ...... -10,5% auch das Einkommensniveau geringer – wir dern mit niedrigeren Preissteigerungen als in Quelle: BankAustriaEconomics&Market Analysis Austria könnten uns Urlaube oft gar nicht leisten. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 44 Wirtschaft Wien Holding entwickelt Immobilien mit Weitblick 15 Projekte mit Mehrwert für die Stadt, die Menschen und die Wirtschaft

irtschaftspolitik, wie wir sie verste- When, verfolgt das Ziel, das Wirtschafts- wachstum anzukurbeln, Wien als internatio- nalen Wirtschaftsstandort zu stärken, Ar- beitsplätze zu sichern und die Lebensqualität für die Wienerinnen und Wiener weiter zu verbessern. Dazu ist es notwendig, ausge- zeichnete Rahmenbedingungen für die Wie- ner Wirtschaft und auch für internationale Unternehmen, die Wien als Standort nutzen, zu schaffen. Dabei spielt der Immobilien- sektor eine wichtige Rolle, vor allem wenn es auch darum geht, Immobilien an Stand- orten zu errichten, die aus stadtentwick- lungspolitischer Sicht am Beginn des Aus- baus und der Entwicklung stehen. Hier braucht man einen Motor, der Initiativen setzt, mit Projekten beginnt und den Boden für andere aufbereitet sowie darauf achtet, daß die Entwicklung auch den stadtplaneri-

schen und wirtschaftsstrategischen Zielset- Foto: Harri Mannsberger / PID zungen entspricht. Die Wien Holding ist mit Vizebürgermeisterin Renate Brauner, Monika Freiberger und Sigrid Oblak (v.l.) ihren Projekten dieser Motor für Wien“, erklärte Finanz- und Wirtschaftsstadträtin 22. Bezirk ein neues Stadtteilzentrum mit Zum Beispiel: Zukunft in Neu Marx Vizebürgermeisterin Renate Brauner am 24. Wohnungen, Büros, Gewerbeflächen samt Medien, Forschung und Technologie – Mai. notwendiger Infrastruktur. das sind die Branchen der Zukunft, für die in Eines der größten Projekte ist die Ent- Neu Marx ein neuer pulsierender Stadtteil Wien Holding arbeitet aktuell an fünf- wicklung des Areals in Neu Marx zu einem entsteht. Auf dem 37 Hektar großen Areal im zehn großen Immobilienprojekten Wirtschaftsstandort von internationalem 3. Bezirk haben sich über 55 Unternehmen Die Wien Holding verwirklicht derzeit Format mit dem Focus auf Technologie, For- angesiedelt. Zum Beispiel im T-Center oder gemeinsam mit verschiedensten Partnern schung und Medien. Bei diesem Projekt im Media Quarter Marx. Dazu kommen die rund 15 große Immobilien bzw. hält entspre- kooperiert die Wien Holding eng mit der Biotech-Betriebe am Campus Vienna Bio- chende Beteiligungen an den jeweiligen Wirtschaftsagentur Wien. Nahezu komplett center, die bereits reihenweise internationale Entwicklungsgesellschaften. „Mit unseren fertig gestellt ist die Neue Therme Wien in Forschungserfolge für sich verbuchen konn- Projekten sind wir maßgeblich an der dyna- Oberlaa, die bereits im September 2010 ten. Der Standort wird konsequent ausge- mischen Entwicklung der Stadt beteiligt und eröffnet wurde. Seither haben bereits eine baut. Bis zum Jahr 2016 sollen dort 15.000 investieren in das Geschäftsfeld ,Immobi- halbe Million Menschen die neue Therme Menschen arbeiten und wohnen. Zur Er- lien‘ allein heuer über 100 Millionen Euro. Wien besucht. Heuer werden noch die weiterung des Campus realisiert die WSE Eines haben alle unsere Projekte gemein- Tiefgarage und die Außenanlagen fertig die sogenannte Marxbox mit knapp 12.000 sam: Es geht immer auch darum, daß das gestellt. Quadratmeter Fläche für technologie- und Umfeld und die Menschen vor Ort profitie- Weiters arbeiten die Immobilienentwick- forschungsorientierte Unternehmen. ren, zum Beispiel durch die Verbesserung ler des Konzerns auch an Projekten wie dem Mit der Gesamtkoordination bei der Ent- der Infrastruktur und die Steigerung der Le- Technologiepark in der Muthgasse, betrei- wicklung des Areals in Neu Marx ist das bensqualität, die mit unseren Immobilien- ben Studierendenheime wie das base19 oder Wien Holding-Unternehmen Wiener Stadt- projekten untrennbar verbunden sein müs- sind am Umbau des Palais Hansen zu einem entwicklungsgesellschaft (WSE) betraut. sen“, so Sigrid Oblak, Geschäftsführerin der Hotel der Kempinski-Gruppe beteiligt. Dar- Die WSE plant auch bereits die nächsten Wien Holding. über hinaus verwaltet die Wien Holding die Ausbauschritte zum Beispiel durch das Aktuell entwickelt die Wien Holding zum GESIBA und hält eine Beteiligung an der Projekt Marxquadrat+, mit dem Wiens erster Beispiel den Wirtschaftspark Breitensee im ARWAG. Beide Unternehmen zählen zu den achtstöckiger Büro-Holzbau entstehen könn- 14. Bezirk oder unter dem Titel STAR 22 auf großen und wichtigen Wohnbauträgern in te – mit weit reichenden Nutzungsmög- den ehemaligen Waagner Biro Gründen im Wien. lichkeiten… „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 45 Wirtschaft China entscheidet sich für TIGER expandiert Know-How aus Krummnußbaum in China

ie Rath AG, deren Werk im niederöster- Setzen eines Kachelofens irgendwo zum er österreichische Farben- und Lack- Dreichischen Krummnußbaum das Kom- Einsatz kommen, stammen von Rath. Neben Dhersteller TIGER Coatings feierte Mitte petenz-, Forschungs- und Entwicklungszen- Schamottesteinen und Massen für Hafner- Mai die Eröffnung seines neuen Werkes in trum der gesamten weltweit agierenden Rath betriebe sowie dichten feuerfesten Steinen China und damit die dritte Erweiterung sei- Gruppe ist, wird zwei Betriebsstätten der erzeugt das Unternehmen auch Vakuum- ner Produktionskapazitäten im Land des chinesischen chemischen Industrie mit dich- formteile und Betone für den Hochtem- Lächelns innerhalb von 10 Jahren. Sein nun- ten feuerfesten Steinen ausstatten. Der Auf- peraturbereich von 1400 bis 1800 Grad. Die mehr modernstes Werk zur Herstellung von tragswert beider Anlagen macht mehr als Jahresproduktion liegt bei etwa 20.000 Ton- Pulverlacken inklusive eines angeschlosse- 700.000 Euro aus. nen Feuerfest-Produkten. nen Forschungszentrums steht in Taicang, „Unsere Steine haben mit zwölf bis 18 Als Wermutstropfen nennt Matthias Rath, zirka eine Stunde nordwestlich von Shan- Monaten eine wesentlich längere Lebens- ebenfalls Vorstandsmitglied, die in Europa ghai. dauer als vergleichbare Produkte aus China fehlende Flexibilisierung der Arbeitszeit. „Wir haben uns mehr als verdoppelt“, und müssen daher nicht so oft gewechselt „Wir sind mit enorm kurzen Fristen bei den bringt Luo Biao, Geschäftsführer von TIGER werden. Somit sind wir gegenüber der Kon- Kundenbestellungen konfrontiert“, sagt er. China, die Erweiterung der Betriebsgebäude kurrenz aus China wirtschaftlicher“, teilte „Das erfordert ein hohes Maß an Flexibilität auf den Punkt. „Neben dem Neubau von Vorstand Georg Rath dem NÖ Wirtschafts- bei den Mitarbeitern, damit wir gegenüber den Produktion, Vertrieb, Verwaltung und In- pressedienst mit. Mitanbietern konkurrenzfähig bleiben. Für standhaltung betreiben wir das modernste Das Werk in Krummnußbaum, das 115 eine weitere Flexibilisierung jedoch ist das Forschungszentrum für Pulverbeschichtun- Mitarbeiter beschäftigt, hat auch die Tech- derzeit geltende Arbeitsrecht sehr hinder- gen in ganz China“, so Biao. nologie für die Erzeugung der in China ver- lich.“ Ab sofort forschen Chemiker, Ingenieure wendeten dichten feuerfesten Steine ent- Wegen der schwierigen Wirtschaftslage und Laboranten im neuen F&E-Zentrum an wickelt. Dieses lukrative Geschäft ist zu- bei den Industrieinvestitionen ging der Kon- Neu- und Weiterentwicklungen im Bereich gleich ein Beispiel aus der Praxis, wie die zernumsatz der Rath AG im Jahr 2010 um Powder Coatings; das Unternehmen hat Globalisierung funktioniert. Laut Rath wur- 3,61 Prozent auf 74,9 Millionen Euro zu- damit zusätzliche hochqualifizierte Arbeits- den die in China verwendeten Steine aus rück. Hingegen konnte der Gewinn vor plätze geschaffen. Spatenstich auf dem logistischen Gründen im Schwesternwerk in Zinsen und Steuern (EBIT) um 57 Prozent 40.000 Quadratmeter großen Grundstück Milledgeville, Georgia, USA gefertigt. auf 2,7 Millionen Euro gesteigert werden. war im März 2009. Krummnußbaum spielt aber auch bei der Weltweit beschäftigt die Rath AG 554 Mit- „Unser zunehmendes Engagement in Herstellung von Kachelöfen weltweit eine arbeiter, davon 150 in Österreich. „ China seit 15 Jahren ist die logische Konse- führende Rolle. Fast alle Schamotte, die beim http://www.rath.at quenz der weltweiten Entwicklung von Märk- ten und der Verschiebung von Leistungs- bzw. Wertschöpfungsketten“, erläutert Cle- 31 Auszeichnungen für österreichische mens Steiner, Geschäftsführer der globalen Weine in Hongkong TIGER-Gruppe. „Mit vielen unserer Kunden leben wir globale Partnerschaften und ver- om 11. bis 14. Mai 2011 fand die net und beim „Grand Tasting“ am 2. Messe- tiefte Kooperationen in Netzwerken - und da VHOFEX 2011, die bedeutendste überre- tag mit der Auszeichung „Best Ice Wine at spielt China als Standort für Produktion und gionale internationale Fachmesse für die Le- Hofex 2011“ prämiert. Entwicklung eine Schlüsselrolle.“ bensmittelwirtschaft in Asien, in Hongkong Darüber hinaus wurden fünf weitere Der Einstieg von TIGER Coatings in den statt. „Im Vorfeld der HOFEX 2011 fand die Gold-Awards an vier österreichische Wein- chinesischen Markt geht auf das Jahr 1996 ,Hongkong International Wine Challenge‘, güter vergeben: zurück. Angetrieben von den Wachstums- eine Blindverkostung durch anerkannte in-  Gold Awards – Ice Wine: Weingut PMC aussichten, hat TIGER im Jahr 2000 ent- ternationale und lokalen Sommeliers in statt, Münzenrieder (mit Welschriesling, 2009) schieden, dort eine eigene Produktionsstätte die ein voller Erfolg für die österreichischen und Weingut Leo Hillinger (Hill 3, 2005). zu errichten. Der Markt wuchs so schnell, Teilnehmer wurde“, berichtet Franz Ernst-  Gold Awards-Best fit to Sichuanese daß die Produktion schon bald erweitert wer- brunner von der AWO. „Denn die österrei- Cuisine: Weingut PMC Münzenrieder den konnte. Durch den Neubau und das chische Weinwirtschaft konnte auf der (Diabolus, 2008). moderne Forschungszentrum in Taicang als HOFEX 31 Awards erzielen!“ Insgesamt  Gold Awards – Best fit to Shanghainese auch eine Kleinfertigung in Südchina schrei- beteiligten sich über 400 Weine bei der Wine Cuisine: Weingut Robert Payr (Rubin tet der Expansionskurs weiter voran. Challenge. Unter den ausgezeichneten öster- Carnuntum, 2008). TIGER Coatings ist ein führender Her- reichischen Weinen, stach das Weingut Wein-  Gold Awards – Riesling: Weingut Huber steller von Produkten für die Oberflächen- rieder mit seinem „Welschriesling – Jahr- (Riesling Drei Weingarten, 2010). veredelung mit Stammsitz in Wels und steht gang 2005“ besonders hervor. In der Katego- Zusätzlich wurden unsere Winzer mit sieben seit über 80 Jahren für innovative Beschich- rie „Eiswein“ wurde der Welschriesling mit „Silver Awards“ und 18 „Bronze Awards“ tungstechnologien. „ dem „Gold Award – Ice Wine“ ausgezeich- ausgezeichnet. „ http://www.tiger-coatings.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 46 Wirtschaft Straßenbahn für die USA Siemens liefert Straßenbahnen des amerikanischen Typs S70 nach Atlanta

ie Stadt Atlanta im US-Bundesstaat DGeorgia plant für die kommenden Jahre einen umfassenden Aufbau eines regionalen Straßen- und Stadtbahnnetzes. Hierfür wur- de Siemens von dem regionalen Betreiber Metropolitan Atlanta Rapid Transit Autho- rity (MARTA) mit der Lieferung von vier Straßenbahnen des Typs S70 mit einem Auf- tragswert von rund 17 Mio. US-Dollar beauftragt. Die MARTA bestellte bei Sie- mens im Auftrag der Stadt Atlanta und des Atlanta Downtown Improvement District. Erstmals gelingt Siemens damit der Einstieg in das sich in den USA neu entwickelnde Marktsegment Straßenbahnen. Bisher posi- tionierte sich Siemens mit seiner Fahrzeug- Siemens plattform S70 als US-Marktführer für Stadt- Siemens bahnen. Die vier neuen Straßenbahnen basieren Foto: auf der bewährten Fahrzeugplattform für Siemens liefert Straßenbahnen des amerikanischen Typs S70 nach Atlanta. Stadtbahnen S70, die Siemens speziell für Im Unterschied zu Stadtbahnen, die Graz: Das Weltkompetenzzentrum den amerikanischen Markt entwickelt hat. hauptsächlich auf separaten Gleisen fahren, für Fahrwerke von Siemens Bisher wurden diese Fahrzeuge nur als teilen sich Straßenbahnen die Straße mit dem Die Drehgestelle für die S70 werden bei Stadt- bzw. Regionalbahn für die Anbindung Individualverkehr und nutzen die auf der Siemens in Sacramento gebaut, Mobility in von Vororten an die Stadt eingesetzt, wie Straße verlegten Gleise. Mit einer Höchstge- Graz (World Competence Centers Bogies) beispielsweise in Houston, Charlotte, San schwindigkeit von maximal 56 kmh ist die leistet Unterstützung beim Engineering und Diego, Portland und Salt Lake City. Auf- Straßenbahn eine attraktive Alternative zum trägt die Designverantwortung. Siemens- grund ihrer Konzeption können die Fahr- Auto oder Bus, da sie parallel zum Straßen- Mobility in Graz ist als Entwickler und Pro- zeuge je nach Betreiberwunsch aber auch als verkehr verläuft und Kurzstrecken mit gerin- duzent von High-Tech-Fahrwerken ein Straßenbahn direkt im Innenstadtbereich gen Haltestellenabständen bedient. Die drei- wichtiger Partner der weltweiten Schienen- eingesetzt werden. Mit dem neuen Auftrag teiligen, bidirektionalen Doppelgelenk-Fahr- fahrzeug-Industrie. Das Weltkompetenzzen- aus Atlanta wird die S70 erstmals auch als zeuge von Siemens sollen in Atlanta mit trum in Graz ist der Fahrwerk-Produzent mit Straßenbahn direkt im Stadtzentrum fahren. einer Zugfolgezeit von 15 Minuten betrieben dem weltweit höchsten Automatisierungs- Die neuen Siemens-Straßenbahnen sind werden. Der Niederflur-Anteil von 70 Pro- grad. Beispielsweise werden mit Hilfe mod- Bestandteil eines umfassenden Projektes zent ermöglicht den Passagieren einen be- ernster Robotertechnik jährlich mehr als zum Aufbau des regionalen Nahverkehrsnet- quemen, barrierefreien Einstieg. 1500 km Schweißnähte erzeugt. Siemens zes, das die Stadt Atlanta derzeit umsetzt. In Siemens verfügt in den USA über jahr- gehört zu den größten Schienenfahrzeug- einer ersten Ausbauphase sollen die Sie- zehntelange Erfahrung mit dem Bau von Herstellern der Welt. Für die Entwicklung mens-Fahrzeuge die bisher fehlende Nahver- Schienennetzen und Zügen. Die neuen S70- und Produktion der Fahrwerke ist die Sie- kehrsanbindung im Innenstadtbereich schaf- Fahrzeuge werden im Werk von Siemens in mens AG Österreich, Industry Sector, Mo- fen, um Sehenswürdigkeiten, Bildungszen- Sacramento, Kalifornien, gebaut. Weitere bility Division in Graz (World Competence tren, Einkaufscenter und öffentliche Plätze Zugkomponenten, wie beispielsweise die An- Centers Bogies) verantwortlich. 2010 liefer- miteinander zu verbinden. Darüber hinaus triebstechnik, kommen aus dem Siemens- te das Werk Graz die höchste Stückzahl bis soll die neue 4,3 Kilometer lange Strecke mit Werk in Alpharetta, einem Vorort von At- dato aus, nämlich 3400 Stück. Das Unter- zwölf Haltestellen die Stadtmitte mit ihren lanta. Aus der Fabrik im kalifornischen nehmen ist für mehr als 1300 Mitarbeiter wichtigen Geschäftsvierteln verbinden. Die Sacramento wurden seit 1984 mehr als 1.000 weltweit in drei Standorten – Graz, Fahrzeuge können im Rahmen des weiteren Nahverkehrswagen für 17 Städte im nord- Aurangabad (Indien) und Sacramento (USA) Ausbaus des Nahverkehrsnetzes in Atlanta amerikanischen Markt geliefert. Jede dritte verantwortlich. Die klare Ausrichtung auf bei Bedarf auch als Stadtbahn umgerüstet Stadtbahn in den USA stammt vom US- Spitzentechnologie spiegelt sich in den werden. Bis zum September 2012 soll das Marktführer Siemens. Der Standort in Aktivitäten aller Unternehmensbereiche erste Siemens-Fahrzeug ausgeliefert werden. Sacramento wird derzeit von rund 700 wider. Mehr als 160 Engineering-Experten Die Inbetriebnahme der Strecke ist für Mitarbeitern auf knapp 1000 Beschäftigte konzipieren und entwickeln High-Tech- Anfang 2013 geplant. ausgebaut. Lösungen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 47 Chronik Demographische Trends 2010 Mehr Geburten (+3,1%), deutlich mehr Eheschließungen (+5,9%) und weiterhin steigende Lebenserwartung (+0,3 Jahre)

ie Zahl der Neugeborenen erhöhte sich der Steiermark (je +6,0%). Unterdurch- terreich, um 28.962 Personen (+0,3%) mehr Dim Jahr 2010 um 3,1% bzw. um 2.398 schnittlich steigende Eheschließungszahlen als zu Jahresbeginn 2010. Der Bevölkerungs- auf 78.742; gleichzeitig ging laut Statistik wurden in Oberösterreich und Wien (je zuwachs ergab sich zum größten Teil aus Austria die Zahl der Sterbefälle um 0,2% +5,8%), in Niederösterreich (+5,4%), in Kärn- dem positiven Wanderungssaldo (+27.695 bzw. 182 auf 77.199 zurück. Damit fiel der ten (+4,8%) und in Tirol (+2,2%) verzeichnet. Personen) sowie zu einem kleinen Teil aus Saldo aus Geburten und Sterbefällen (Ge- Geburtenüberschüssen (+1.543 Personen). burtenbilanz) mit +1.543 positiv aus (2009: Sterbefälle Das Wachstum fiel im Jahr 2010 deutlich -1.037). Bereits das fünfte Mal in Folge lag Die endgültige Zahl der Gestorbenen be- höher als im Vorjahr aus (2009: +20.030 Per- die Säuglingssterberate mit 3,9‰ unter der trug 2010 bundesweit 77.199 und war damit sonen). Die Zahl der ausländischen Staatsan- 4‰-Marke. Die Unehelichenquote, der An- um 182 oder -0,2% geringfügig niedriger als gehörigen erhöhte sich 2010 um 32.468 auf teil der unehelich geborenen Kinder an allen im Jahr 2009. Wegen der gleichzeitig gestie- 927.612, der Ausländeranteil stieg somit um Lebendgeborenen, stieg auf 40,1% (2009: genen Zahl älterer Menschen bewirkte das rund drei Zehntelprozentpunkte auf 11,0% 39,3%). 37.545 Paare, um 5,9% bzw. 2.076 aber ein kräftiges Plus bei der Lebenser- am 1.1.2011. Paare mehr als im Jahr davor, schlossen wartung um 0,3 Jahre auf 77,7 Jahre bei den Im ersten Quartal 2011 setzte sich das 2010 die standesamtliche Ehe. Männern und 83,2 Jahre bei den Frauen auf. Bevölkerungswachstum Österreichs weiter Weniger Sterbefälle als im Jahr 2009 fort. Nach vorläufigen Ergebnissen stieg die Lebendgeborene wurden 2010 in der Steiermark (-2,0%), in Einwohnerzahl Österreichs bis zum 1. April In Österreich kamen im Jahr 2010 insge- Niederösterreich (-1,0%), in Salzburg und in 2011 um weitere 10.386 Personen auf knapp samt 78.742 Babys zur Welt, um 2.398 mehr Wien (je -0,3%) verzeichnet. Mehr Todes- 8,415 Mio. Menschen an. als im Jahr 2009 (+3,1%). Für die Gesamt- fälle wurden von den Standesämtern im Bur- fertilitätsrate (durchschnittliche Kinderzahl genland (+2,9%), in Tirol (+1,4%), in Stärkstes Wachstum in größeren pro Frau) bedeutet dies einen Anstieg auf Kärnten und in Oberösterreich (je +0,6%) Städten und deren Umlandbezirken 1,44 Kinder pro Frau (2009: 1,39). In allen sowie in Vorarlberg (0,3%) gemeldet. Im In Wien lebten am 1.1.2011 insgesamt Bundesländern wurden steigende Geburten- Jahr 2010 starben 307 bzw. +6,2% Säuglinge 1.714.142 Menschen, um 15.320 Personen zahlen verzeichnet: Überdurchschnittlich im 1. Lebensjahr. Die Säuglingssterblich- bzw. 0,9% mehr als im Vorjahr. Damit stieg fielen sie in Wien (+4,9%) und Salzburg keitsrate (im 1. Lebensjahr Verstorbene be- die Bevölkerungszahl der Bundeshauptstadt (+4,6%) aus, geringere Zuwächse wurden in zogen auf 1.000 Lebendgeborene) lag bei 2010 dreimal so stark wie im Durchschnitt Kärnten (+3,0%), Tirol (+2,8%), Niederöster- 3,9‰ und somit zum fünften Mal in Folge Österreichs. Leicht überdurchschnittliche reich (+2,7%), Oberösterreich (+2,6%), Vor- unter der 4‰-Marke. Einwohnerzuwächse verzeichneten Tirol und arlberg (+2,3%), in der Steiermark (+2,1%) Salzburg (je +0,4%), während in Vorarlberg und im Burgenland (+0,1%) registriert. Geburtenbilanz und im Burgenland das Bevölkerungswachs- Frauen bekamen ihre Kinder im Durch- Die Zahl der Lebendgeborenen war im tum exakt dem Bundesdurchschnitt ent- schnitt mit 30,1 Jahren, beim ersten Kind Jahr 2010 um 3,1% über jener des Vorjahres, sprach. Etwas geringer fiel der Anstieg in betrug das Durchschnittsalter 28,5 Jahre. Die während im gleichen Zeitraum die Zahl der Niederösterreich und der Steiermark (je Unehelichenquote (Anteil der unehelich Gestorbenen um -0,2% zurück ging. Folglich +0,2%) sowie in Oberösterreich (+0,1%) Lebendgeborenen an allen Lebendgebore- fiel die Geburtenbilanz (Lebendgeborene aus. Kärnten war hingegen – ebenso wie im nen) stieg im Jahresabstand von 39,3% auf minus Gestorbene) mit +1.543 positiv aus Jahr zuvor – das einzige Bundesland mit 40,1% und war traditionell in den südlichen (nach der negativen Bilanz des Jahres 2009; einem Bevölkerungsrückgang. Auf regiona- Bundesländern Kärnten (53,6%) und in der -1.037). Die Bundesländer Wien (+1.702), ler Ebene verbuchten vor allem die Landes- Steiermark (49,5%) am höchsten; in Wien Tirol (+1.370), Oberösterreich (+1.325), hauptstädte und ihre Umland-Bezirke die (32,3%), in Vorarlberg (35,0%) und in Nie- Vorarlberg (+1.252) und Salzburg (+929) größten Bevölkerungszuwächse. Spitzenrei- derösterreich (35,6%) lag sie dagegen deut- konnten, wie schon in den Vorjahren, Gebur- ter waren Graz (+1,6%) und Eisenstadt lich unter dem Bundesschnitt. tenüberschüsse erzielen. Unverändert nega- (+1,1%), die sogar einen stärkeren Anstieg tiv blieben die Geburtenbilanzen in Nieder- als die Bundeshauptstadt verzeichneten. Eheschließungen österreich (-1.792), in der Steiermark Ebenfalls starke Zuwächse ergaben sich in Die endgültige Zahl der im Jahre 2010 (-1.452), im Burgenland (-912) und in den Bezirken Tulln, Wien-Umgebung und geschlossenen Ehen war mit 37.545 um Kärnten (-879). Neusiedl am See (je +0,9%). 2.076 oder 5,9% höher als im Jahr 2009. Die größten Bevölkerungsverluste regi- Zwischen den Bundesländern gibt es aber Bevölkerung Österreichs stieg 2010 strierten 2010 vor allem inneralpine und deutliche Unterschiede: Den größten Anstieg Den endgültigen Ergebnissen von periphere Regionen, so zum Beispiel die gab es in Vorarlberg (+10,9%) und in Salz- Statistik Austria zufolge lebten am 1. Jänner Bezirke Mürzzuschlag (-1,0%) sowie Murau burg (+9,7%), gefolgt vom Burgenland und 2011 insgesamt 8.404.252 Menschen in Ös- und Leoben (je -0,8%). „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 48 Chronik Mord im Moor In den »mooren krumbach« wird es in der Sommersaison gruselig Foto: Ruth Steurer Gruselig und schaurig – auch mit diesen Worten werden Moore schon seit vielen Jahren verbunden.

n die Welt des Bösen, Schaurigen und Un- missar Maigret, Wachtmeister Studer und Ausflug allerdings abgekürzt. Dann geht es Iheimlichen entführt der Vorarlberger Kri- Inspektor Ibele. Letzterer ist die Romanfigur in den Moorraum und anschließend zum miautor Peter Natter die Besucher der des Bregenzerwälder Autors Peter Natter, Moorwirt. Kinder sind in Begleitung von „moore krumbach“ im Bregenzerwald in der der die mörderischen Ausflüge mit eigenen Erwachsenen herzlich willkommen. Sommersaison 2011. Jeden ersten Donners- und anderen Erzählungen begleitet. Der Moorraum, ein neun mal 3,5 Meter tag von Juni bis September untermalt er mit großer Holzkubus, steht am Rande des seinen gruseligen Geschichten geführte Wissenswertes rund um's Moor Moors Salgenreute, der größten zusammen- Moorspaziergänge mit anschließendem Selbstverständlich erfahren die Teilneh- hängenden Moorfläche in Krumbach. Neben Moormenü bei einem der vier Krumbacher menden aber auch allerlei Wissenswertes einem wunderschönen Ausblick auf das Moorwirte. über die „moore krumbach“, die eine Viel- Moor bietet er auch Informationen zur Öko- Nebelig, grau und voller Schatten. So zahl hochspezialisierter Tier- und Pflanzen- logie der Torfmoose. Wissenswertes zu stellt man sich Gruselgeschichten und Mord- arten beherbergen. Darunter etwa Torfmoo- Moorpflanzen, Geologie und Geschichte der fälle im Moor vor. Mit einigen dieser se, Zwergbirke, Moosbeere oder bedrohte Moore liefern in den Krumbacher Mooren Geschichten wird der Bregenzerwälder Peter Tierarten wie die Moosjungfer-Libelle und auch die 14 Moorsitze. Sie sind im weitläu- Natter den Teilnehmern der Moortage 2011 die Schmetterlingsarten Hochmoor-Perl- figen Wegenetz zwischen Ortskern und dem mit Sicherheit eine Gänsehaut verschaffen. muttfalter und Hochmoor-Gelbling. Nach Naturschutzgebiet Rossbad aufgestellt und Denn „Mord im Moor“ ist das diesjährige der Wanderung geht es dann zu einem der laden zum Verweilen während der Wande- Motto der Moortage der „moore krumbach“ Moorwirte, zu denen „‘s Schulhus“, der rung ein. in der Bregenzerwälder Gemeinde Krum- „Gasthof Adler“, die „Krumbacher Stuba“ bach, die auch Teil des grenzüberschreiten- und das „Hotel Rossbad“ gehören. Dort wer- Moorführungen ab den Naturparks Nagelfluhkette ist. den die Naturliebhaber bei einem Moormenü zwei Personen buchbar mit saisonalen Moorköstlichkeiten ver- Außerhalb der Moortage bietet die Ge- Auf den Spuren von wöhnt. meinde Krumbach jeden Donnerstag bis Moorleichen und Gespenstern Ende Oktober jeweils um 9.30 Uhr eine Interessierte haben bei geführten Moor- Wandern bei jedem Wetter geführte Wanderung mit einem ausgebilde- spaziergängen die Gelegenheit, das Moor Jeden Donnerstag also gibt es Neues zu ten Moorführer an. Führungen ab zwei auf eine völlig neue Art zu entdecken und entdecken, denn jeder Moorspaziergang Personen können aber auch außerhalb dieser kennenzulernen: untermalt mit spannenden führt auf andere Wege. Gewandert wird bei Zeiten bei der Gemeinde gebucht werden. „ und unheimlichen Geschichten von Kom- jedem Wetter. Bei „Krotten hageln“ wird der http://www.krumbach.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 49 Chronik Wissen durch Erlebnis und Abenteuer vermitteln Nationalparkreferentin Landesrätin Tina Widmann bei Nationalpark- Partnerschulfest: Nationalpark erfüllt wichtige Bildungsaufgabe

lle zwei Jahre lädt die Nationalpark- Averwaltung in Neukirchen am Groß- venediger die Partnerschulen der National- parkregion zu einem gemeinsamen Schul- fest. Am 20. Mai war es wieder so weit: 55 Klassen mit mehr als 1000 Schülerinnen und Schülern nahmen an dem Fest teil. Die Volks- und Hauptschüler aus der Region er- warteten dabei spannende Stationen. „Das Partnerschulfest zeigt, wie wichtig die Bil- dungsaufgabe des Nationalparks Hohe Tauern ist und daß der Nationalpark seinem Bildungsauftrag in hervorragender Art und Weise nachkommt“, sagte Nationalparkrefe- rentin Landesrätin Tina Widmann, die das Fest besuchte. „Daß das Schulpartnerfest so gut angenommen wird, beweist, daß der Na- Foto: Franz Neumayr LPB tionalpark Hohe Tauern auf dem richtigen LR Tina Widmann bei der Nationalparkolympiade in Neukirchen am Großvenediger Weg ist und es versteht, den jungen Men- schen Wissen durch Erlebnis und Abenteuer Spiel und Spaß ge Entscheidungsträger intensiv mit den zu vermitteln“, so Widmann weiter. Bei den Stationen der Nationalpark Ran- naturwissenschaftlichen Inhalten sowie mit ger wurde eine bunte Vielzahl an Aktivitäten den Zielen der Nationalparkidee ausein- Highlight »Waldoper« geboten: Es gab die Olympiade der Tiere im andersetzen. Das Partnerschulfest hat es in Für die Volksschüler und 1. Klassen der Staffellauf – laufen wie ein Murmeltier, klet- dieser Dimension noch nie gegeben und ich Hauptschulen wurde in Kooperation mit dem tern wie eine Gemse, kriechen wie ein bin stolz darauf, daß so viele Schulen unse- Lebensministerium und der Hauptschule Wurm, hoppeln wie ein Hase oder springen rer Einladung zu diesem Fest gefolgt sind.“ Neukirchen passend zum Jahr des Waldes wie ein Hirsch, eine Geschichten & Mär- Stellvertretend für alle 55 Klassen und die „Waldoper“, mit bisher 105 Vorstellun- chenstation mit Erzählungen vom Venedi- 1000 SchülerInnen aus der Nationalpark gen und 50.000 Zusehern die erfolgreichste germandl, eine NP-Millionenshow mit Region übergaben einige Schüler und Kinderoper Österreichs, aufgeführt. Die Köstlichem von Ja!Natürlich, Wissensstatio- Schülerinnen Nationalpark Direktor Wolf- romantische Oper „Hänsel und Gretel“ von nen zu Wild, Steinadler & Co., Salben rüh- gang Urban und seinem Team ihre wichtig- Engelbert Humperdinck wurde dafür umge- ren, Bachkugel-Boccia, Saututtenstechen, sten Anliegen und Wünsche für die Zukunft schrieben und altersgerecht mit Waldthemen einer Station zum ökologischen Fußabdruck, des Nationalparks Hohe Tauern. und waldpädagogischen Elementen ver- wo die Hauptschüler der Region ihre eige- Urban: „Die weltweite Nationalparkidee knüpft. Für die 650 Jugendlichen gab es nen Lebensgewohnheiten unter die Lupe ist seit mehr als 100 Jahren etwas sehr Le- dabei kreative Einblicke in diesen Lebens- nahmen, eine botanische Spielestation, er- bendiges. Diese Dynamik scheint oft verlo- raum und das „Richtige Verhalten im Wald“. lebnispädagogische Teamaufgaben und vie- ren, wenn die verschiedenen wirtschaftli- „Den Schülerinnen und Schülern wird durch les mehr. chen Interessen von uns Erwachsenen in den solche Aktionen und Feste ein Samen ins Landesrätin Widmann feuerte die Kinder Vordergrund rücken. Unsere Kinder in der Herz gepflanzt, der den Naturschutzge- bei den einzelnen Stationen an. „Die 33 Nationalpark Region haben uns heute ge- danken bereits in jungen Jahren sprießen Schulen aus dem Pinzgau, Pongau und Lun- zeigt, daß auch der Nationalpark Hohe Tauern läßt. Das Team hat tolle Ideen perfekt umge- gau mit insgesamt 5341 Schülerinnen und ein faszinierendes Projekt ist, das wir für die setzt, um den Schülerinnen und Schülern auf Schülern aus der Region kooperieren seit kommenden Generationen erhalten müs- spielerische und erlebnisreiche Art und Wei- vielen Jahren eng mit der Nationalparkver- sen.“ se Wissen zu vermitteln. Ich gratuliere und waltung und integrieren die Umweltbil- Die für die Schulen kostenlose Koopera- danke dem gesamten Team der National- dungsinhalte bzw. Programme mit den tion konnte vor allem durch die Sponsor- parkverwaltung Hohe Tauern für die Orga- Nationalpark Rangern in ihren laufenden partner Ja!Natürlich und Wolfram Bergwerk nisation des Partnerschulfestes“, lobte Wid- Unterricht. Dabei können die einheimischen ermöglicht werden. „ man. Schüler und Schülerinnen sich als zukünfti- http://www.hohetauern.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 50 Chronik Von der U-Bahn auf das Donauschiff Neue Anlegestelle für DDSG Rundfahrten-Schiffe bei Marina Wien eröffnet

ie Marina Wien, Wiens schönster Yacht- Dhafen, hat nun auch eine Schiffsanlege- stelle. Hier werden ab sofort vier Mal täglich die Schiffe der DDSG Blue Danube-Flotte bei ihren Wien-Rundfahrten anlegen. „Von der U-Bahn auf das Schiff“, wird damit möglich. Denn nur wenige Schritte von der Anlegestelle entfernt befindet sich seit Herbst 2010 auch die U2-Station „Donau Marina“. Am 27. Mai wurde die Schiffsanle- gestelle feierlich eröffnet – mit Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Vizebürgermeisterin Renate Brauner, Dir. Rudolf Mutz, Ge- schäftsführer Hafen Wien und Marina Wien, Hans-Peter Hasenbichler, Geschäftsführer via donau sowie Gerhard Kubik, Bezirks- vorsteher Wien Leopoldstadt. Als erstes Foto: Harri Mannsberger / PID Schiff an der neuen Anlegestelle festge- BV Norbert Scheed, Rudolf Mutz, Geschäftsführer Hafen Wien und Marina Wien, Vbgmin Renate Brauner, Kapitänin Stefanie Oberlechner, BV Gerhard Kubik und macht hat die „MS Admiral Tegetthoff“, das Kapitän Raimund König (v.l.) Flaggschiff der DDSG Blue Danube Flotte, begleitet von der „MS Eisvogel“, dem Eis- straßen-Gesellschaft, die zum Bundesmi- Donaurundfahrt“ starten. Diese Rundfahrten brecher des Hafens Wien. nisterium für Verkehr, Innovation und Tech- betreibt die DDSG Blue Danube Schifffahrt Die Marina Wien entwickelt sich immer nologie gehört. Diese vier Unternehmen prä- mit dem „Hundertwasserschiff“ MS Vindo- mehr zu einem Schmuckstück am Wasser sentieren sich auch in einem kleinen In- bona und der MS Vienna. Bei der Marina und im Grünen mitten in der Stadt. „Mit der formationszentrum, das sich gleich bei der Wien legen die Schiffe in der Saison 2011 Übernahme des Yachthafens durch den Ha- neuen Anlegestelle befindet. „Wir haben hier vier Mal täglich an. Das große Plus der fen Wien haben wir im Jahr 2009 begonnen, eine gemeinsame Ausstellung gestaltet, mit neuen Anlegestelle ist die Nähe zur U-Bahn- die Marina Wien fein herauszuputzen und der wir den Menschen zeigen wollen, wel- station „Donau Marina“ der Linie U2. Mit den Standort für die Wienerinnen und Wiener, che Aufgaben und Arbeiten wir hier an der nur wenigen Schritten und bequem über den aber auch für die Gäste in unserer Stadt zu Donau wahrnehmen, was im Hafen Wien als Treppelweg ist die Schiffsanlegestelle von öffnen. Mit der U2-Station direkt vor der wichtige Logistikdrehscheibe alles ge- der U-Bahnstation erreichbar. Haustür haben wir optimale Voraussetzun- schieht, welche Ausbildungsmöglichkeiten Während der „Großen Donaurundfahrt gen dafür, um das Potential des Standortes es bei uns gibt und welche Bedeutung der kann man Wien aus einer völlig anderen Per- vor allem in Hinblick auf die Lebens- und Wasserstraße Donau zukommt“, so Dir. spektive erleben. Die Fahrt führt nicht nur Freizeitqualität voll auszuschöpfen. Die heu- Rudolf Mutz, Geschäftsführer Hafen Wien vorbei an Wiens markantesten Bauten wie tige Eröffnung der neuen Anlegestelle für und Marina Wien. dem Ringturm, dem von Friedensreich Hun- die DDSG-Rundfahrtenschiffe ist der näch- dertwasser gestalteten Fernheizwerk Spittel- ste Schritt dazu, die Marina zu einem Platz DDSG-Rundfahrten-Schiffe steuern au oder der Sternwarte Urania, sondern auch am Donauufer zu entwickeln, den man gern vier Mal täglich die Marina Wien an zu den großen Naturerholungsgebieten wie und immer wieder besucht. Die Marina „Als Anlegestelle für die Donaurundfahr- der Donauinsel oder dem Prater. Sanft schla- Wien ist damit auch ein gutes Beispiel dafür, ten der DDSG-Blue Danube erfährt die Ma- gen die Wellen gegen den Bug während man wie die Stadt Wien die Wien Holding ein- rina Wien eine neuerliche Aufwertung und die ungetrübte Aussicht auf die Stadt und die setzt, um ganz konkrete Projekte zu realisie- entwickelt sich überhaupt zu einem immer Landschaft genießt, entspannt vom Sonnen- ren, die Wirtschaftlichkeit und Lebensqua- attraktiveren Freizeitareal, nicht nur für die deck oder von den gemütlichen Salons des lität miteinander verbinden“, so Brauner. BewohnerInnen des zweiten Bezirks, son- Schiffes aus. An Bord sorgt eine ausgezeich- Die neue Anlegestelle ist ein gemeinsa- dern auch weit darüber hinaus“, so Gerhard nete Küche für das leibliche Wohl. Neben mes Projekt der beiden Wien Holding Unter- Kubik, Bezirksvorsteher Leopoldstadt. typischen Wiener Gerichten – vom Schnitzel nehmen DDSG Blue Danube Schifffahrt und Neben den bisherigen Einstiegstellen am zum Apfelstrudel – stehen natürlich ebenso Hafen Wien, gemeinsam mit seinem Toch- Schwedenplatz und bei der Reichsbrücke kleine Snacks und Mehlspeisen auf der terunternehmen WienCont sowie der „via kann man ab sofort nun auch bei der neuen Speisekarte. „ donau“, das ist die Österreichische Wasser- Anlegestelle in der Marina Wien zur „Großen http://www.ddsg-blue-danube.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 51 Gastronomie & Kulinarisches Hotelier des Jahres Gastronom des Jahres Die Leistungen der Preisträger wurden auf einem Galaabend im Congress Casino Baden gewürdigt.

v.l.: Wilhelm Holleis, Hans-Jörgen Manstein, Anita Querfeld, Kristin Hanusch-Linser, Edmund Gollubits, Sonja Lesjak-Rasch, Birgit Gasser, Gisela Holleis, Wilfried Holleis, Berndt Querfeld und Hans Schenner. Foto: hotel & Touristik / S. Klimpt m Rahmen der 9. Badener Tourismusge- ten mit jährlich rund 200.000 Nächtigungen. Mit einem Nettoumsatz von 20 Mio. Euro Ispräche am 19. Mai kürte das im Manstein Wilfried Holleis wollte eigentlich Wirt- und 240 Mitarbeitern steht Berndt Querfeld Verlag erscheinende Branchenmagazin schaftswissenschafter werden (Doktorat der mit seiner Familie heute im Zenit seines Er- „hotel & Touristik“ Wilfried Holleis, Inhaber Betriebswirtschaft mit summa cum laude), folges, der über die Jahre bisweilen auch hart der Holleis Hotels (Salzburgerhof, Grand doch er erlag der Faszination der Hotellerie erkämpft werden mußte. Der studierte Gar- Hotel Zell am See, Adria-Relax-Resort und widmete sich mit Akribie und Nach- tenbauingenieur, der eigentlich Gärtner wer- Miramar), zum „Hotelier des Jahres 2011“. haltigkeit der Festigung und Expansion des den wollte, hat noch einen Traum: Er möch- Berndt Querfeld, Chef des legendären Familienunternehmens. Heute hat der Hote- te ein Kaffeehaus bauen, so schön und ele- Café-Restaurant Landtmann und der lier alles erreicht. Doch an seinem Unter- gant wie das Landtmann. Damit das Kaffee- Querfeld’s Wiener Kaffeehaus GmbH, wur- nehmer-Himmel sieht er noch ein weiteres haus keine Chance hat, früher oder später de mit der Auszeichnung „Gastronom des Projekt, ein Wellness-Resort im Stile eines doch noch auszusterben. Jahres 2011“ geehrt. italienischen Landhotels inmitten von Wein- Die Leistungen der Preisträger wurden bergen am Südufer des Gardasees. Die Jurymitglieder 2011 auf einem Galaabend im Congress Casino Berndt Querfeld punktete bei der Jury Manfred Kohl (Kohl & Partner Touris- Baden gewürdigt. mit seinem unermüdlichen Einsatz für die musberatung), Birgit und Heinz Reitbauer Wilfried Holleis überzeugte die Jury mit Wahrung und Neuinterpretation der Wiener (Restaurant Steirereck), Franz Hartl (Öster- seiner stetigen und wirtschaftlich fundierten Kaffeehauskultur. Er hat es verstanden, den reichische Hotel- undTourismusbank), Peter Expansion der Holleis Hotels im In- und im von seinen Eltern Anita und Herbert Querfeld Peer (Österreichische Hoteliervereinigung), Ausland. Heute zählt er zu den größten pri- begründeten Erfolg mit dem bereits legendä- Prof. Hans-Jörgen Manstein (Manstein Ver- vaten Hoteliers des Landes. Mit dem Salz- ren Café Landtmann nicht nur zu prolongie- lag), Petra Stolba (Österreich Werbung), burgerhof, dem Grand Hotel Zell am See, ren, sondern gleich einem Kaffeehaus-Mogul Michaela Reitterer (Boutiquehotel Stadthalle dem Adria Relax Resort Miramar in Opatija mit weiteren sieben Betrieben zu mehren und Wien), KommR Johann Schenner (Bundes- in Kroatien und dem Berghotel Rudolfshütte auszubauen. Darunter das „Mozart“, das sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft), macht der passionierte Segler rund 20 Mio. traditionsreiche „Café Museum“, das „Café Birgit Gasser (Manstein Verlag) und Sonja Euro Umsatz. Holleis ist Herr über 1000 Bet- Hofburg“ und das „Parkcafé“ in Schönbrunn. Lesjak-Rasch („hotel & Touristik“). „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 52 Personalia Kaiser Maximilian Preis 2011 Mit der Verleihung des Kaiser-Maximilian-Preises werden jährlich außerordentliche Leistungen von Persönlichkeiten und Institutionen aus dem Bereich der euro- päischen Regional- und Kommunalpolitik ausgezeichnet. Heuer ging diese Auszeichnung an Danuta Hübner, Mitglied des Europäischen Parlamentes und Vorsitzende des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI). Foto: Innsbruck Rathaus Medienservice Tirols Landtagspräsident und Präsident der Kammer der Regionen im Europarat, Herwig Van Staa, Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, Danuta Hübner, Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzende des Ausschusses für Regionale Entwicklung, und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (v.l.) m Beisein von Landeshauptmann Günther der verstorbenen Alt-Bürgermeisterin Hilde Tätigkeiten hatte ich die Freude und Ehre, IPlatter, Landtagspräsident und Präsident Zach gedacht. mit Danuta Hübner sowohl im Ausschuß der der Regionen des Europarates sowie Vize- Regionen als auch im Europarat immer wie- präsident des Ausschusses der Regionen der »Eine engagierte und durch- der persönlich in Kontakt zu treten“, so Land- EU Herwig van Staa und Bürgermeisterin setzungsstarke Politikerin« tagspräsident Herwig van Staa. „Ich habe sie Christine Oppitz-Plörer nahm Danuta Hübner „Der Kaiser-Maximilian-Preis wird für dabei als eine überaus engagierte und durch- am 8. Mai den Preis im Rahmen eines Emp- besondere Verdienste um die europäische setzungsstarke europäische Politikerin ken- fanges in der Hofburg entgegen. Kommunal- und Regionalpolitik verliehen nengelernt, die sich vor allem für die Stär- Der Verleihung im Riesensaal der kaiser- und solche Verdienste hat sich Danuta Hübner kung des ländlichen Raumes und der grenz- lichen Hofburg ging der landesübliche Emp- in überreichem Maße und vielfältiger Weise überschreitenden Zusammenarbeit in Euro- fang voraus, zu dem die Schützenkompanie erworben“, erinnerte Landeshauptmann pa eingesetzt hat. Die Neuausrichtung und Allerheiligen aufmarschiert war. Unter den Günther Platter an die umfangreichen Auf- bessere finanzielle Ausstattung des Struk- zahlreichen Ehrengästen befanden sich ne- gaben der Preisträgerin als zuständiges turfonds war ihr ein besonderes Anliegen ben Vizebürgermeister Franz X. Gruber, Mitglied der Europäischen Kommission und und davon hat auch Tirol immer wieder pro- Stadträtin Marie-Luise Pokorny-Reitter, Stadt- Vorsitzende des für Regionalpolitik zustän- fitiert.“ rätin Univ.-Prof. Patrizia Moser, Stadtrat digen Ausschusses des Europäischen Parla- „Wir freuen uns, daß mit Danuta Hübner Ernst Pechlaner und VertreterInnen des Ge- ments. „Für das Land Tirol ist die EU-Re- heute eine Frau ausgezeichnet wird, die uns meinderates unter anderem auch Bischof gionalpolitik von großer Bedeutung. Nur mit ihrem Durchsetzungsvermögen und ihrer Manfred Scheuer, VertreterInnen des diplo- durch ein gemeinsames Auftreten der Ma- Überzeugungskraft gezeigt hat, wie sehr man matischen Korps, BehördernvertreterInnen, kroregionen können wir Europa erfolgreich unser politisches Umfeld positiv gestalten EhrenzeichenträgerInnen sowie eine Dele- weiterentwickeln. Die Regionalpolitik Tirols und nachhaltig verändern kann“, betonte gation aus der Partnerstadt Sarajevo. und der europäischen Regionen wird immer Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz- Zu Beginn des Festaktes wurde im Rah- untrennbar mit der diesjährigen Preisträgerin Plörer. „Wir brauchen glaubwürdige Persön- men eines von Prälat Florian Huber vorge- verbunden bleiben.“ lichkeiten und ich bin davon überzeugt, daß tragenen Gebets sowie einer Gedenkminute „Aufgrund meiner europapolitischen wir mit Danuta Hübner eine Preisträgerin

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 53 Personalia haben, die weiterhin auf nationaler und in- ternationaler Ebene einen großen Beitrag zu einem gemeinsamen Europa leisten wird“, erinnerte die Bürgermeisterin daran, daß die Grundlagen des Zusammenlebens zwar im- mer mehr auf europäischer Ebene definiert, die wichtigen Entscheidungen im Leben der BürgerInnen aber nach wie vor in den Ge- meinden und Regionen getroffen werden. „In meiner Funktion als EU-Kommis- sarin war ich schon mehrmals hier in Tirol zu Gast und es war für mich ein besonderes Vergnügen, sowohl die Vertreterinnen und Vertreter der Behörden als auch die heimi- sche Bevölkerung einer der progressivsten und innovativsten Regionen Österreichs zu treffen“, so Danuta Hübner, die auch privat zum Schifahren schon öfters in Tirol zu Gast war. „Ich möchte mich bei Ihnen für die Foto: http://danuta-huebner.pl Verleihung des Kaiser-Maximilian-Preises Danuta Hübner, Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzende des Aus- schusses für Regionale Entwicklung recht herzlich bedanken. Ihre Entscheidung ehrt mich zutiefst. Alle großen Preise und für die Bildung des Komitees für Euro- halte der Charta der Lokalen Selbstverwal- Verleihungen dienen als Ansporn dazu, noch päische Integration (KIE), Sekretärin des tung und der Charta der Regionalen Selbst- mehr Einsatz und Engagement zu zeigen und KIE im Rang eines Staatssekretärs und verwaltung des Europarates. so versichere ich Ihnen, daß ich diese Ehre Leiterin des Amtes des Komitees für Euro- auch in meinem Fall so handhaben werde.“ päische Integration (UKIE). Bisherige PreisträgerInnen  1995-1996 Chefunterhändlerin für die  1998 Jordi Pujol, Präsident von Katalo- Die Preisträgerin 2011 Mitgliedschaft Polens in der OECD. nien, Die 1948 in Polen geborene Danuta Hüb-  1994-1996 Unterstaatssekretärin im Mini-  1999 Josef Hofmann, Ehrenpräsident des ner ist Mitglied des Europäischen Parlaments sterium für Industrie und Handel, Polen. Rates der Gemeinden und Regionen Eu- und Vorsitzende des Ausschusses für Regio- http://danuta-huebner.pl ropas, nale Entwicklung (REGI). Die promovierte  2000 Luc van den Brande, Präsident der Wirtschaftswissenschafterin engagiert sich Der Kaiser-Maximilian-Preis Versammlung der Regionen Europas, außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit in einer Das Land Tirol und die Stadt Innsbruck  2001 Baroness Farrington of Ribbleton, Vielzahl politischer wie nichtpolitischer Or- haben im Jahr 1997 aus Anlaß der Voll- Großbritannien, ganisationen, Stiftungen und Einrichtungen. endung des 85. Lebensjahres des langjähri-  2002 Erwin Teufel, Ministerpräsidenten gen Bürgermeisters der Stadt Innsbruck und des Landes Baden Württemberg, und Werdegang Präsidenten des Tiroler Landtages, Alois Heinrich Hoffschulte, 1. Vizepräsident des  Seit 2009 Mitglied des Europäischen Par- Lugger, in Anerkennung seiner Verdienste Rates der Gemeinden und Regionen Eu- laments. um Europa den Kaiser-Maximilian-Preis ropas.  Ab Mai 2004 Mitglied der Europäischen (Europapreis für Regional- und Kommunal-  2003 Alain Chénard, Präsident des Kon- Kommission, Brüssel (Kommissarin für politik des Landes Tirol und der Stadt Inns- gresses der Gemeinden und Regionen Regionalpolitik). bruck) gestiftet. Erster Kaiser-Maximilian- Europas a. D.  2003-2004 Ministerin für Europaangele- Preisträger im Jahr 1998 war der Präsident  2004 Elisabeth Gateau, Generalsekretärin genheiten, Polen. von Katalonien, Jordi Pujol. der Weltunion der Kommunen.  2001-2003 Leiterin des Amtes des Komi- Der Preis besteht aus einer Urkunde und  2005 Jan Olbrycht, Mitglied des Euro- tees für Europäische Integration und einer Medaille (Schautaler von 1509 Kaiser päischen Parlaments. Staatssekretärin im Außenministerium Maximilian I.) sowie einem Geldpreis in  2007 Michael Häupl, Präsident des Rates Polen. der Höhe von 10.000 €. der Gemeinden und Regionen Europas.  2000-2001 Stellvertretende Generalsekre- Graham Meadows, Generaldirektor a.D. tärin der Vereinten Nationen und Exeku- Auswahl der PreisträgerInnen der Europäischen Kommission. tivsekretärin der Wirtschaftskommission Mit der Verleihung des Kaiser-Maximi-  2008 Dora Bakoyannis, griechische für Europa der Vereinten Nationen, Genf. lian-Preises werden jährlich außerordentli- Außenministerin.  1998-2000 Stellvertretende Exekutiv- che Leistungen von Persönlichkeiten und In-  2009 Giovanni Di Stasi, ehem. Präsident sekretärin der Wirtschaftskommission für stitutionen aus dem Bereich der europäi- des Kongresses der Gemeinden und Re- Europa der Vereinten Nationen, Genf. schen Regional- und Kommunalpolitik aus- gionen Europas.  1997-1998 Chefin der Kanzlei des Prä- gezeichnet. Besondere Berücksichtigung  2010 Halvdan Skard, ehemaliger Präsi- sidenten der Republik Polen. finden Bemühungen um die Verwirklichung dent des Kongresses der Gemeinden und  1996-1997 Regierungsbevollmächtigte des Grundsatzes der Subsidiarität, der In- Regionen Europas. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 54 Personalia »Sonntagskind« ausgezeichnet Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny verleiht Agnes Husslein, der Direktorin des Belvedere, das »Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien«

gnes Husslein, Direktorin des Belve- dankte der Stadtrat Agnes Husslein für ihre in ihrer Rede. Sie sei ihrem Elternhaus, das Adere, erhielt am 12. Mai im Wiener Rat- Aktivitäten in der Stadt, ihre Kompetenz, von Kunst geprägt war, sehr dankbar und haus das „Goldene Ehrenzeichen für Ver- Energie für die Kunst und nicht zuletzt für schloß mit einem Blick in die Zukunft: Sie dienste um das Land Wien“. Familie, die wunderbare Gastfreundschaft, die er bei hoffe, auch in Zukunft noch viel umzusetzen. FreundInnen und WeggefährtInnen waren ge- einigen Anlässen selbst erlebte. Agnes Husslein wurde 1954 als Tochter kommen, um der Feierstunde beizuwohnen, „Agnes Husslein ist im metaphorischen von Karl Heinrich Arco und seiner Frau u. a. Opernball- Organisatorin Desi Treichl- Sinne ein Sonntagskind. Glück und Talent Felicitas, geb. Boeckl, geboren. Sie ist eine Stürgkh, Sammlerin und Kunstmäzenin wurden ihr in die Wiege gelegt“, betonte Enkelin des österreichischen Malers Herbert Francesca Habsburg, Oswald Oberhuber und Univ.-Prof. Rudolf Taschner in seiner um- Boeckl. Nach einer Sportkarriere als Eis- Architekt Hans Hollein. fassenden Laudatio, in der er den Weg Huss- kunstläuferin in ihrer Jugend, während der „Agnes Husslein bewegt ungeheuer viel leins von der Geschäftsführerin bei Sothebys sie etwa Staatsmeisterin in Eistanz 1971 in dieser Stadt“, betonte Kulturstadtrat über die Direktion im Rupertinum bis zur wurde, studierte Husslein Kunstgeschichte Andreas Mailath-Pokorny im Rahmen der derzeitigen Funktion als Direktorin des und Archäologie an der Universität Wien, an Ehrung, bei der auch auf die Biographie der Belvedere nachzeichnete: „Heute leitet sie der Sorbonne und der Ecole de Louvre in Paris. Sie promovierte 1979 mit ihrer Disser- tation zum Thema „Herbert Boeckl: Die Engelskapelle in Seckau“. Husslein war 1996 bis 2000 Vorstandsmitglied der Wiener Secession, 1996 wurde sie zur Vizepräsi- dentin des Kunstvereins Kärnten gewählt. Diesen Posten hatte sie bis 1998 inne. Nach Tätigkeiten für die Galerie Ulysses und das Dorotheum, war Husslein von 1981 bis 2000 Geschäftsführerin von Sotheby’s Österreich. Außerdem war sie elf Jahre lang auch als Geschäftsführerin von Sotheby's Prag und Sotheby's Budapest tätig und wurde für zehn Jahre Senior Director für Sotheby’s Europa. 1990 bis 1998 war sie Director of European Development des Guggenheim Museums und 1990 bis 2000 Organisatorin der Gug- genheim Association Salzburg und des Austrian Guggenheim Advisory Boards. Sie ist Mitglied des World Wide Teams for Con- temporary, Modern and Impressionist Art. Von 2001 bis 2005 war Husslein Direktorin des Rupertinums in Salzburg. 1994 kandi- dierte sie bei den Nationalratswahlen für die ÖVP. 2007 wurde sie Direktorin der Öster- reichischen Galerie Belvedere. Im Mai 2010 wurde sie für diese Position von Kultur- ministerin Claudia Schmied bis 2016 verlän- gert. Das Belvedere konnte 2010 einen Foto: media wien / PID Besucherrekord verzeichnen. Das wohl Stadtrat Mailath-Pokorny überreicht Agnes Husslein, Direktorin des Belvedere, das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. größte Projekt derzeit ist der Umbau und die Neueröffnung des 20er-Hauses. Im Herbst Belvedere-Direktorin einging: „Sie hat inter- besonders erfolgreich eine der bedeutend- 2011 soll das Haus am neuen Hauptbahnhof nationale zeitgenössische Kunst nach Öster- sten Sammlungen Europas vom Mittelalter der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wer- reich gebracht, das Untere Belvedere zu bis in die Gegenwart.“ den. einem wunderbaren Ort für Wechselaus- Sie empfinde ihre Aufgaben als Gnade, Agnes Husslein ist verheiratet, hat zwei stellungen gemacht und die Baustelle des als Vermächtnis, das sie mit Freude erfülle, Kinder und lebt in Wien. „ 20er Hauses vorangetrieben“. Abschließend sagte die sichtlich bewegte Agnes Husslein http://www.belvedere.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 55 Wissenschaft & Technik Der Quantencomputer wird erwachsen Wiederholte Fehlerkorrektur für den Quantenrechner

inen wesentlichen Baustein für den zu- Ekünftigen Quantencomputer haben Phy- siker der Universität Innsbruck um Philipp Schindler und Rainer Blatt als weltweit erste demonstriert: eine wiederholbare Fehlerkor- rektur. Damit können die im Quantencom- puter auftretenden Fehler schnell und ele- gant rückgängig gemacht werden. Die Wis- senschaftler berichten darüber in der Fach- zeitschrift „Science“. Für die Datenverarbeitung gilt generell: Werden Daten abgespeichert oder übertra- gen, können Störungen die Informationen verfälschen oder löschen. Für herkömmliche Computer wurden Techniken entwickelt, um solche Fehler automatisch zu erkennen und zu korrigieren. Dazu werden die Daten mehrfach verarbeitet und bei Fehlern durch einen Vergleich die wahrscheinlichste Va- riante ausgewählt. Da Quantensysteme we- sentlich empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagieren als klassische Systeme, benötigt ein zukünftiger Quantencomputer ebenfalls einen sehr effizienten Algorithmus zur Fehlerkorrektur. Innsbrucker Quantenphysi- kern um Philipp Schindler und Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben nun einen solchen Algorithmus im Experiment realisiert. „Die Schwierigkeit besteht darin, daß Quanten- information grundsätzlich nicht kopiert wer- den kann“, erklärt Schindler. „Wir können Grafik: Harald Ritsch die Information also nicht mehrfach abspei- Das Quantenbit (blau) wird mit den beiden Hilfsbits (rot) verschränkt. Tritt ein Fehler auf, wird der Zustand des gestörten Quantenbits mit Hilfe der beiden chern und dann vergleichen.“ Die Physiker anderen wieder hergestellt. bedienen sich deshalb einer Besonderheit der Quantenphysik und machen die quanten- gen so die Quanteninformation auf alle drei weise der Quantenfehlerkorrektur demon- mechanische Verschränkung für die Feh- Teilchen“, erzählt Philipp Schindler. „Ein striert. Mit unserem Mechanismus ist es nun lerkorrektur nutzbar. Quantenalgorithmus stellt dann fest, ob und aber erstmals möglich, Fehler wiederholt welcher Fehler dabei auftritt. Worauf der und effizient zu korrigieren.“ Schnelle und effiziente Fehlerkorrektur Algorithmus den Fehler selbstständig korri- Um den Mechanismus zu demonstrieren, giert.“ Nach der Korrektur werden die Hilfs- Weltweit führend fangen die Innsbrucker Physiker in einer bits durch optisches Pumpen mit Hilfe eines „Damit ein zukünftiger Quantencomputer Ionenfalle drei Kalziumionen. Alle drei Laserstrahls wieder zurückgesetzt. „Dies ist tatsächlich Realität wird, benötigen wir Teilchen werden als Quantenbit (Qubit) ver- das eigentlich neue Element in unserem Ex- einen Quantenprozessor mit zahlreichen wendet, wobei ein Ion als Informationsträ- periment, das die wiederholte Fehlerkorrek- Quantenbits“, sagt Schindler. „Außerdem ger, die anderen beiden als Hilfsqubits die- tur erst möglich macht“, sagt Rainer Blatt. bedarf es Rechenoperationen, sogenannter nen. „Wir verschränken zunächst das erste „Befreundete amerikanische Physiker haben Quantengatter, die nahezu fehlerfrei arbei- Qubit mit den beiden Hilfsbits und übertra- vor einigen Jahren die prinzipielle Funktions- ten. Der dritte wesentliche Baustein ist eine

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 56 Wissenschaft & Technik funktionierende Fehlerkorrektur.“ Die For- schungsgruppe um Rainer Blatt arbeitet seit vielen Jahren weltweit führend an der Rea- lisierung des Quantencomputers. Vor drei Jahren präsentierte sie die ersten Quanten- gatter mit einer Güte von über 99 Prozent. Nun haben die Forscher einen weiteren we- sentlichen Baustein geliefert: eine funktions- fähige, wiederholte Quantenfehlerkorrektur. Die Forschungsarbeit wurde unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Forschungsrat und der Tiroler Industrie unterstützt und nun in der Fach- zeitschrift Science veröffentlicht. Publikation: Experimental repetitive quan- tum error correction. Philipp Schindler, Julio T. Barreiro, Thomas Monz, Volckmar Neben-

dahl, Daniel Nigg, Michael Chwalla, Mar- Grafik: Harald Ritsch kus Hennrich, Rainer Blatt. Science am 27. Werden Daten abgespeichert oder übertragen, können Störungen die Informatio- Mai 2011. DOI: 10.1126/science.1203329 „ nen verfälschen oder löschen. Das gilt auch für den Quantencomputer.

Quanten auf gleicher Wellenlänge Grazer Physiker simulierten erstmals Zwillingsatom-Strahlen

as Verhalten von Atomen verstehen, Und noch eine Besonderheit weisen ultra- und Experimente, wie jüngst der Nachweis Dkontrollieren und manipulieren zu kön- kalte Atome auf: Sie haben – so wie Licht – von Zwillingsatom-Strahlen. An der Karl- nen, ist Ziel intensiver Forschungen. Von sowohl Teilchen- als auch Welleneigen- Franzens-Universität Graz hat Dr. Julian neuen Einsichten versprechen sich Wissen- schaften. Damit tun sich viel versprechende Grond im Rahmen seiner Dissertation am schaft und Wirtschaft zukunftsträchtige Möglichkeiten auf, Lichttechnologien in Institut für Physik dieses Phänomen mit Anwendungen, wie etwa den Atom-Laser Zukunft durch noch präzisere Quantentech- Hilfe von Computersimulationen erstmals oder hoch sensible Sensoren für Präzisions- nologien ersetzen zu können. beschrieben. Betreut wurde er bei seiner messungen. Physiker der Karl-Franzens- Eine Ansammlung von Atomen im quan- Arbeit von Ao.Univ.-Prof. Ulrich Hohenester. Universität Graz und der TU Wien haben tenmechanischen Grundzustand wird als Hohenester erklärt, wie es zur Beob- nun ein neues Phänomen entdeckt: Zwil- Bose-Einstein-Kondensat (BEK) bezeichnet. achtung von Zwillingsatom-Strahlen kam: lingsatom-Strahlen. Ihre Erkenntnisse wur- BEKs auf Atom-Chips eignen sich hervorra- „Wir haben ein BEK auf einem Atom-Chip den am 1. Mai 2011 online im renommierten gend für quantenphysikalische Forschungen durch das kontrollierte Verändern elektri- Fachjournal „Nature Physics“ publiziert. scher Ströme in ganz bestimmten Dosierun- Auch Atome können in die Falle gehen. gen so geschüttelt, daß alle Atome aus dem Auf sogenannten Atom-Chips werden sie quantenmechanischen Grundzustand auf das mit Hilfe von Magnetfeldern, die durch elek- nächst höhere Energieniveau gesprungen trische Ströme entstehen, eingefangen und sind.“ Dieser angeregte Zustand ist für die dann im Vakuum kalt und ruhig gestellt. Bei Atome jedoch nicht stabil: „Wenn zwei einer Extremtemperatur von 50 Nanokel- Atome aneinanderstoßen, bewegen sie sich vin – nahe dem absoluten Nullpunkt von als Zwillingsatom-Strahlen mit genau glei- -273,15 ° Celsius – befinden sich die Atome cher Geschwindigkeit und gleicher Wellen- im quantenmechanischen Grundzustand. In länge in entgegengesetzte Richtungen da- diesem Zustand niedrigster Energie bewegen von“, so Hohenester. Was die Physiker der sie sich nur mehr mit einer Geschwindigkeit Foto: TU Wien, Robert Bücker Uni Graz am Computer simuliert haben, von wenigen Millimetern pro Sekunde, wäh- Ein ultra-kaltes Bose-Einstein- hielt auch der Prüfung in der Realität stand: Kondensat im Atom-Chip emittiert rend sie bei Raumtemperatur mit 1000 bis Atompaare, die quantenphysikalisch Experimente an der TU Wien bestätigten die 4000 Kilometer pro Stunde unterwegs sind. miteinander verknüpft sind. Existenz der Zwillingsatom-Strahlen. „

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 57 Wissenschaft & Technik Sauberer Deal Quantenkaskadenlaser sorgt für reines Wasser in der Ölindustrie – QuantaRed: ehemaliger INiTS Award Gewinner schließt Deal mit norwegischem Energieriesen Statoil ab.

ie staatliche norwegische Ölgesell- Mit dem Meßgerät Eracheck ist es mög- betont: „Es ist ein schönes Beispiel dafür, Dschaft Statoil ASA ist mit dem österrei- lich, direkt vor Ort auf einer Bohrinsel Mes- dass mit Unterstützung von INiTS nicht nur chischen Hochtechnologieunternehmen sungen von Verunreinigungen im Abwasser ein erfolgreiches Start-up gegründet wurde, QuantaRed Technologies GmbH ins Ge- durchzuführen. Herkömmliche Meßverfah- sondern sogar die Initialzündung für eine schäft gekommen: Der Öl- und Gasriese hat ren benötigen dafür eine als Gas-Chro- zukünftige Industrie gelegt werden konnte.“ sich nach einer intensiven Phase der Eva- matografie bezeichnete Methode. Diese sehr Ritter zur Zusammenarbeit mit INiTS: luierung für ein erstes Quantenkaskaden- aufwendige Technik muß an Land von „Der Gewinn des INiTS Awards vor 6 Jahren laser-Meßgerät zur Analyse der Wasser- Experten durchgeführt werden – ein enormer gab uns die nötige Zuversicht, mit unserer qualität entschieden. Mit Unterstützung des Kostentreiber im knallharten Geschäft der Technologie kommerziell erfolgreich sein zu INiTS Universitäres Gründerservice Wien Erdölindustrie. Das innovative Meßgerät können. Dies war für uns der letze Anstoß GmbH ist es dem innovativen Wiener Un- Eracheck hingegen erleichtert diesen Vor- den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. ternehmen QuantaRed gelungen, in nur fünf gang erheblich. Es erlaubt die einfache und Auch dafür sind wir INiTS sehr dankbar!“ Jahren Entwicklungsphase einen derartigen kommerziellen Erfolg zu feiern. Überzeugen Über QuantaRed (Stand: Mai 2011) konnte das innovative Meßverfahren vor QuantaRed bietet seit 2006 eine Sensor- allem durch seine Genauigkeit, Schnelligkeit technologie zur raschen und genauen Unter- und Kosteneffizienz. Der jetzige geschäftli- suchung flüssiger oder gasförmiger Medien che Durchbruch des Unternehmens ist auf ihre chemischen Inhaltsstoffe. Die tech- gleichzeitig der Auftakt für intensivierte nologische Einzigartigkeit von QuantaRed- Vertriebsaktivitäten in 15 Ländern weltweit. Produkten basiert auf den spezifischen Die Erdölindustrie ist ein gigantischer Eigenschaften des Quantenkaskadenlasers. Markt. Kleinste Änderungen im Workflow rasche Durchführung vor Ort via simplem Das erste Produkt am Markt namens Era- können enorme Kosten verursachen. Wer Knopfdruck. So werden lange Transportwe- check ist speziell für die Messung von Ab- hier mit innovativen Ideen punkten will, ge für die Analysen an Land vermieden. Dies wasserverunreinigungen auf Bohrinseln muß wirklich etwas bieten können. Etwas, stellt nicht nur eine enorme Kostenersparnis konzipiert. Seit Februar 2006 wird das Un- wie es das Wiener Hightech-Unternehmen dar, sondern erlaubt vor allem eine schnelle ternehmen vom Universitären Gründerser- QuantaRed kann. Ihr als Eracheck bezeich- Reaktion. Im Falle einer Abwasserverunrei- vice INiTS unterstützt. Das Unternehmen netes Messgerät basiert auf einem Quanten- nigung gestattet dies eine rasche Ursachen- hat seinen Sitz in Wien. kaskadenlaser und erlaubt die Messung der analyse und -beseitigung. http://www.quantared.com Konzentration von Kohlenwasserstoffen im Abwasser von Bohrinseln. Bisher mußte Quantensprunghafter Fortschritt Über INiTS (Stand: Mai 2011) diese in aufwendigen Laboranalysen an Möglich werden diese Vorteile durch den INiTS berät und unterstützt seit dem Jahr Land gemacht werden. Eracheck ermöglicht Einsatz eines Quantenkaskadenlasers. In 2002 JungunternehmerInnen mit innovati- nun erstmals, diese Messung direkt auf der diesen neuartigen Lasern durchlaufen Elek- ven Ideen und bietet über 18 Monate lang Bohrinsel „by-the-push-of-a-button“ in we- tronen Kaskadenstrukturen unterschiedli- persönliche und individuelle Betreuung. Das nigen Minuten durchzuführen. cher Materialien und senden dabei Licht Service richtet sich an AbsolventInnen, Mit- aus – basierend auf den Gesetzen der Quan- arbeiterInnen und StudentInnen der Wiener Test the Best tenmechanik. Sie erlauben eine wesentlich Universitäten und Fachhochschulen, die Das Unternehmen hat nun einen Deal mit kompaktere Bauweise und erschließen den durch eine Unternehmensgründung ihre dem norwegischen Energiekonzern und Wellenlängenbereich des Infrarot mit bisher Geschäftsidee verwerten möchten. INiTS Technologieführer Statoil abgeschlossen und unbekannter Intensität. Dazu Ritter: „Für die fördert Innovationen aus den Bereichen feiert damit seinen kommerziellen Durch- spektrale Analyse von komplexen Molekü- Informations- und Kommunikationstechnik, bruch. Wolfgang Ritter, Geschäftsführer von len wie Kohlenwasserstoffen sind Messun- Life Science und anderen Forschungsbe- QuantaRed, dazu: „Nach zwei Jahren detail- gen im mittleren Infrarotbereich ideal – reichen. Die INiTS Universitäres Gründer- lierter Testphase resümierte Statoil, dass wenn das Licht intensiv genug ist. Quanten- service Wien GmbH – das Wiener Zentrum unser Eracheck ihre hohen Erwartungen kaskadenlaser schaffen genau das und sind des AplusB-Programms (Academia plus vollständig erfüllt. Alle Prüfungen hat es gleichzeitig miniaturisiert in Meßgeräten Business) des Infrastrukturministeriums überzeugend bestanden. Nun freuen wir uns, einsetzbar.“ (BMVIT) – ist eine Gesellschaft der Tech- dass Statoil uns beauftragt hat, ihre erste Der Erfolg von QuantaRed hat dabei nologieagentur der Stadt Wien (ZIT), der Bohrinsel mit unserem Meßgerät auszustat- mehr als geschäftliche Bedeutung, wie Mi- Universität Wien und der TU Wien. „ ten.“ chael Rauhofer, Geschäftsführer von INiTS, http://www.inits.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 58 Wissenschaft & Technik Saubere Energie aus Biomasse Von der Biotonne ins Erdgasnetz: An der Technischen Universität (TU) Wien wurde eine ganz neue Methode entwickelt, Biogas zu nutzen.

iogas ist ein wertvoller Energieträger Methan statt Erdgas wacht werden, gegebenenfalls muß man die Bund könnte ein wichtiger Baustein für Aufgrund seiner hohen Energiedichte ist chemischen Abläufe nachjustieren und an- eine zukünftige nachhaltige Energiever- Methan ein sehr attraktiver Energiespei- passen. Auch die dafür nötige Meß- und Re- sorgung sein. Bisher wird Biogas meist in cher – und für seine technische Nutzung gelungstechnik wurde von den Verfahrens- Gasmotoren verbrannt und seine Energie – kann die bereits gut ausgebaute Erdgas-In- technikerInnen an der TU Wien entwickelt. mit mäßigem Wirkungsgrad – in Elektrizität frastruktur aus Pipelines, Gasspeichern und „Wir haben ein Regelungskonzept entwickelt, umgewandelt. An der Technischen Universi- Tankstellen verwendet werden. Das CO2, mit dem man bequem online die Bio- tät Wien wurde unter der Leitung von das dabei anfällt, bietet keinen Grund zur gasaufbereitungsanlagen überwachen und Michael Harasek ein revolutionär neues Besorgnis: „Es ist das CO2, das die Pflanze steuern kann“, erzählt Michael Harasek. Verfahren entwickelt, Biogas auf umwelt- vorher gebunden hat – hier besteht ein Damit wird die Methode für Wirtschaft und verträgliche Art zu reinigen, sodaß der wert- geschlossener Kreislauf“, betont Harasek. Industrie umso interessanter – eine Ver- volle Hauptbestandteil Methan direkt ins Um die Qualität des Gases zu sichern, marktung der neuen Technologie in größe- Erdgasnetz eingespeist werden kann. Bei der muß seine Zusammensetzung ständig über- rem Ausmaß rückt in greifbare Nähe. „ diesjährigen Vergabe der Houska-Preise wurde das Projekt mit einem Forschungs- preis von 5000 Euro prämiert.

Membran filtert Methan Gewöhnliches Biogas, wie man es etwa durch Verwertung von Pflanzenabfällen in Silos oder aus Klärschlamm gewinnt, enthält neben Methan auch noch CO2, Wasser und geringe Mengen an weiteren unerwünschten Substanzen wie Schwefel oder Ammoniak. „Wenn man es schafft, das wertvolle Methan zu isolieren, kann man es wie Erdgas als Brennstoff nutzen, oder auch gasbetriebene Autos damit betanken“, meint Michael Harasek vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissen- schaften der TU Wien. Mithilfe von halb- Aufbereitungsanlage in Kißlegg durchlässigen Membranen, die zwar CO2 und Wasserdampf, nicht aber das Methan passieren lassen, läßt sich das Biogas in wertvollen, sauberen Brennstoff umwan- deln. „In unserer Zusammenarbeit mit der Firma Axiom Angewandte Prozesstechnik GmbH konnten wir zeigen, daß unser Ver- fahren sich tatsächlich im industriellen Maß- stab effizient anwenden läßt“, berichtet Harasek. Zusätzlich zu den halbdurchlässigen Membranen war noch eine ganze Palette kleinerer und größerer Tricks nötig, um das Verfahren zu optimieren – doch die jahrelan- ge Forschungsarbeit hat sich ausgezahlt: „Unsere Methode produziert nun zuverlässig Gas in einer Qualität, die den sehr strengen österreichischen Richtlinien genügt“, erklärt Michael Harasek. „Noch vor kurzem haben das viele Wissenschaftler für technisch nicht Fotos: TU Wien machbar gehalten.“ Innenansicht der Anlage in Bruck an der Leitha

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 59 Wissenschaft & Technik Starkes Holz Österreichische Forscher tüfteln an »Nano-Infiltration«

olz, das nicht brennt, nicht bricht, dem unbedenklichen Wassergläsern könnte dem reich Holzbau von Univ.-Prof. Michael HWind und Wetter, Pilze und Insekten Abbau von Tropenhölzern und dem Einsatz Flach am Institut für Konstruktion und Ma- nichts anhaben können? Schon in naher toxischer Holzschutzmittel entgegenwir- terialwissenschaften an der Universität Zukunft könnte ein solch starkes Holz Reali- ken“, betont der Chemiker Lukas Bittner Innsbruck zusammen. Beteiligt sind insge- tät werden. Österreichische Forscher der vom Forschungsteam. samt fünf durchwegs junge Nachwuchs- Universität Innsbruck tüfteln an einem Bei dem Holzforschungsprojekt arbeiten wissenschaftler. Die bis 2012 laufenden For- „Nano-Infiltrationsverfahren“. Nach Anga- seit 2009 Experten des Institutes für Ionen- schungen werden von der Tiroler Zukunfts- ben der Wissenschaftler werden Holz und physik und Angewandte Physik der Arbeits- stiftung gefördert. Die industrielle Mikro- Holzwerkstoffe durch diese Methode robust. gruppe von Prof. Hans K. Pulker mit dem wellen-Trockungsanlage wird den Wissen- Die Innsbrucker Wissenschaftler trock- Institut für Analytische Chemie und Radio- schaftlern von dem deutschen Unternehmen nen heimisches Laub- und Nadelholz, wie z. chemie der Arbeitsgruppe von Ao. Univ. Linn High Therm GmbH in Eschenfelden B. Fichte, in einer industriellen Mikrowel- Prof. Christian Huck sowie dem Arbeitsbe- zur Verfügung gestellt. „ lenanlage zum Teil auch im Grobvakuum. Das Holz trocknet dadurch vom Kern her und die Poren verschließen sich nicht so stark. Anschließend werden die bis zu einem Meter langen Holzproben in eine Imprä- gnierlösung mit siliziumoxidischen Solen getaucht und wiederum in der Mikrowelle getrocknet. Die Imprägnierungslösung be- steht aus Wasserglas und Kieselsol. „Das Material ist ungiftig und gilt als ökologisch unbedenklich. In die Holzmatrix eingelagert bilden sich in oberflächennahen Bereichen Siliziumoxid-Nanopartikel. Unsere bisheri- gen Ergebnisse zeigen, daß billiges, heimi- sches Holz durch dieses Nano-Infiltrations- verfahren so modifiziert werden kann, daß es ähnliche Eigenschaften wie vergleichs- weise teures Hartholz hat“, erklärt Christian Lux vom Institut für Ionenphysik und Ange- Das Holz wird in eine Imprägnierlösung mit siliziumoxidischen Solen getaucht und wandte Physik der Universität Innsbruck. in einer Mikrowelle getrocknet. Das Vorbild der Wissenschaftler stammt mit versteinertem Holz aus der Natur. „Mit unserem Nano-Infiltrationsverfahren stellen wir sehr vereinfachend erklärt unter anderem jene Prozesse nach, die beim Versteinern von Holz, im Speziellen bei der so genannten ,Verkieselung‘ ablaufen“, sagt Lux. Bei den seit 2009 laufenden Forschungen gelang es den Forschern mit dem „Nano-Infiltrations- verfahren“ bisher unter anderem, heimisches Fichtenholz, welches leicht schwindet und quellt, anfällig und leicht brennbar ist, zu modifizieren. Die bisher ausgewerteten Pro- ben haben laut den Forschern verbesserte mechanische Eigenschaften, sind wider- standsfähiger und brandbeständiger, weisen zudem Wasser, Öl und Schmutz sowie Pilze und Schadinsekten ab. „Ziel unseres ungifti-

gen und vergleichsweise kostengünstigen Fotos: Christian Lux Verfahrens ist wirkliche Nachhaltigkeit. Ein Billiges, heimisches Holz kann mit diesem Nano-Infiltrationsverfahren so wirkungsvoller Holzschutz mit ökologisch modifiziert werden, dass es ähnliche Eigenschaften wie teureres Hartholz hat.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 60 Wissenschaft & Technik Der kleinste 3D-Drucker der Welt Forschung der TU Wien könnte 3D-Drucker zum erschwinglichen Alltagsgerät machen.

rucker, die dreidimensionale Objekte Dherstellen können, gibt es schon seit Jahren. An der TU Wien wurde nun aller- dings ein Gerät entwickelt, das kleiner, leichter und billiger ist als gewöhnliche 3D- Drucker. Mit Druckern dieser Art könnte man in Zukunft kleine, maßgeschneiderte Objekte nach Bauplänen aus dem Internet zu Hause selbst produzieren – und so etwa teu- res Geld für seltene Ersatzteile sparen. Gleich mehrere Wissenschaftsrichtungen müssen zusammenarbeiten, wenn ein 3D- Drucker entwickelt werden soll: Gebaut wurde der Prototyp in der Arbeitsgruppe von Dem Forschungsteam der TU ist es sogar gelungen, 3D-Objekte, wie diese Schach- Professor Jürgen Stampfl an der Fakultät für figur, aus umweltfreundlichen, biologisch abbaubaren Materialien herzustellen. Maschinenbau, von wesentlicher Bedeutung war auch die chemische Forschung des Teams und auch der Preis könnte sicher noch spür- das Modell der TU Wien Leuchtdioden als um Professor Robert Liska – schließlich muß bar sinken, wenn man ihn in größerer Stück- Lichtquelle, mit deren Hilfe hohe Lichtin- zunächst geklärt werden, mit welchen Arten zahl erzeugen würde“, ist Klaus Stadlmann tensitäten auf sehr kleinem Raum erreicht von Kunststoff der Drucker überhaupt arbei- zuversichtlich. werden können. ten kann. Das „Rapid-Prototyping“-Forschungs- Hohe Auflösung durch LED-Beamer team der TU Wien arbeitet mit unterschied- Schicht für Schicht Die Auflösung des Druckers ist exzellent: lichen 3D-Techniken und Materialien und Das Grundprinzip des 3D-Druckers ist Nur ein Zwanzigstel eines Millimeters mes- entwickelt immer neue Keramik- und Poly- einfach: Das gewünschte Objekt wird in sen die Schichten, die jeweils durch Licht merwerkstoffe für das dreidimensionale einem kleinen Becken mit flüssigem Kunst- verhärtet werden. Damit ist der Drucker auch Drucken. So ist es sogar gelungen, 3D-Ob- harz erzeugt. Das Kunstharz hat die Eigen- für Anwendungsbereiche einsetzbar, in de- jekte aus umweltfreundlichen, biologisch schaft, daß es genau dort hart wird, wo man nen höchste Präzision erforderlich ist – etwa abbaubaren Materialien herzustellen. In es intensiv mit Licht bestrahlt. Schicht für bei Bauteilen für Hörgeräte. Im Gegensatz Zusammenarbeit mit Medizinern und Schicht wird das Kunstharz also an den rich- zu bisher erhältlichen Druckern verwendet Biologen konnte kürzlich auch gezeigt wer- tigen Stellen beleuchtet. Verhärtet eine den, daß die künstlichen Strukturen, die mit Schicht, wird an ihr die nächste angelagert, dieser Beamer-Technologie hergestellt wur- bis das Objekt vollständig ausgehärtet ist – den, ausgezeichnet dazu geeignet sind, als „Rapid Prototyping“ nennt man dieses Ver- Gerüst das Wachstum von natürlichem fahren. „Auf diese Weise können wir auch Knochen im Körper anzuregen. komplizierte geometrische Objekte mit einer genau definierten inneren Struktur herstel- Vielseitig einsetzbar len, wie das etwa mit Gussverfahren niemals Egal also, ob man medizinische Teile möglich wäre“, erklärt Klaus Stadlmann, der braucht, die an den Patienten speziell ange- den Drucker-Prototyp gemeinsam mit Mar- paßt werden müssen, ob spezielle Ersatzteile kus Hatzenbichler entwickelt hat. benötigt werden, die man nicht teuer um die Für Massenproduktion von immer glei- halbe Welt schicken will, oder ob man ein- chen Objekten ist diese Methode nicht fach nur selbstdesignten Modeschmuck pro- gedacht – dafür gibt es billigere Alternativen. duzieren möchte: Mit den Geräten und Doch der große Vorteil des Rapid-Proto- Materialien der TU Wien steht ein kosten- typing-Verfahrens liegt darin, daß sehr ein- günstiges Werkzeug zur Verfügung, mit dem fach individuell angepaßte, maßgeschneider- sehr komplexe dreidimensionale Bauteile in te Einzelstücke erzeugt werden können. Der einer Vielzahl von anspruchsvollen Werk- Drucker-Prototyp ist nicht größer als eine stoffen mit unterschiedlichen mechanischen, Milchpackung, wiegt 1.5 kg und war mit optischen und thermischen Eigenschaften

1200 Euro auch erstaunlich billig. „Wir wer- Fotos: TU Wien hergestellt werden können. „ den den Drucker noch weiter verkleinern – Dieser Prototyp kostete nur 1200 Euro. http://amt.tuwien.ac.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 61 Wissenschaft & Technik Der Mann mit dem Schwert… …und das »Jahr der Waffen« in Sigleß – Die Funde der Ausgrabung 2010

Von Dorothea Talaa.*)

wischen den sanft bewaldeten Höhen Zdes Rosalien- und Leithagebirges breitet sich eine wellige, hügelige Landschaft aus, in der der burgenländische Ort Sigleß liegt. Im Juli und August 2010 fand im nahegele- genen Kloaschitzwald zum vierten Mal eine archäologische Ausgrabung statt. Dabei gab der Jahrtausende alte Bestattungsplatz wie- der einige seiner Geheimnisse preis. Dies- mal waren es besonders die Funde von Waf- fen, die für Überraschungen sorgten, da nicht nur die awarische Aristokratie, sondern auch die Angehörigen der römischen Ober- schicht damit bestattet worden waren. Alle Fotos: Dorothea Talaa

Römisches Brandgrab mit Beifunden, Eisenmesser und vier Eisennägel, vermutlich von einer Truhe

Unter den fünf römischen Brandgräbern des 1. Jahrhunderts n. Chr., die 2010 gefun- den wurden, befand sich nämlich das Grab Ebenfalls mit seiner Waffe, diesmal jedoch mit einer Spatha, einem sehr seltenen eines älteren Mannes, dessen Waffe, eine frühmittelalterlichen Eisenschwert, wurde der fast 2 m große, im Alter von 51 bis 60 Jahren verstorbene Mann in Hügel 4 bestattet; 9. Jh. n. Chr. Lanze, man auf dem Scheiterhaufen mit ver- brannt hatte. Dieses Urnengrab ist insofern sche keltische Aristokratie, deren Angehö- denen man Messer, Schmuck und Fibeln ent- außergewöhnlich, da nach römischem Recht rige ja im Kloaschitzwald beigesetzt wur- weder in die Urne oder ins Grab gelegt hatte. die Beigabe von Waffen verboten war. den, offenbar nicht an diese Gesetze gehal- Vier Eisennägel dürften von einem Kästchen Daraus geht hervor, daß sich die einheimi- ten hat. stammen, dessen Inhalt aber ebenso wenig Bei den restlichen verbrannten Indivi- erhalten ist wie das Kästchen selbst. *) Dr. Dorothea Talaa ist Regionalarchäologin der NÖ- duen handelt es sich um weitere ältere Doch auch der frühmittelalterliche Fried- Thermenregion. Männer und jüngere, 19-40jährige Frauen, hof aus der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts n.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 62 Wissenschaft & Technik

Chr. hielt 2010 einige Überraschungen be- reit. Von den ca. 50 Hügeln wurden sechs weitere geöffnet. Zwei der größeren Erhe- bungen, Hügel 13 und Hügel 22, enthielten acht bzw. fünf Gräber, größtenteils die Bestattungen von Kleinkindern, denen man zum Teil den Familienschmuck, Perlketten und Ohrringe, mitgegeben hatte. Fast alle hatten Gefäße mit Eiern und Hühnerflügel als Wegzehrung für das Jenseits erhalten. Die einzige Bestattung dieser Saison ohne Beigaben, ebenfalls ein Kindergrab, war das unter Hügel 47 an einer an für sich sehr pro- minenten Stelle im Gräberfeld liegende Einzelgrab, das eigentlich Beigaben aufwei- sen müßte, aber vielleicht schon kurz nach dem Begräbnis beraubt wurde. Der Gesundheitsstand der Kinder war, soweit dies aus dem Skelettmaterial ersicht- Grabhügel des 9. Jh. n. Chr. im Kloaschitzwald lich ist, eher schlecht. Fast alle dürften zu- mindest zeitweise an Hunger gelitten haben. Einige scheinen die Letzten ihrer Sippe ge- wesen zu sein, denn sie wurden als hochran- gige Sippenführer mit dem Familien- schmuck bestattet, der offenbar niemandem mehr vererbt oder weitergegeben werden konnte. Die Gräber der Erwachsenen der Kam- pagne 2010 enthielten fast ausschließlich Männerbestattungen. Nur im Nordteil von Hügel 13 war eine ältere im Alter von 61-80 Jahren verstorbene Halbasiatin in einem Sarg mit ihrem Schmuck, aufwändig gear- beiteten Ohrgehängen, einer Halskette, einem an der linken Hand getragenen Fin- gerring, einem Messer, einer Spinnwirtel, mit Huhn und Eiern beigesetzt worden. In den sechs restlichen Gräbern wurden nur zwei ältere, im Alter von 61 bis 80 Jah- Römisches Brandgrab mit Eisenmesser und Nägel zuim Zeitpunkt der Auffindung. ren verstorbene Männer im Südteil von 1. Jh. n. Chr. Hügel 13 und unter dem mit freiem Auge praktisch nicht sichtbaren Hügel 45 ohne Waffenbeigabe oder Reiterausrüstung be- stattet. Dagegen scheint man jüngeren Män- nern ihre Waffen mitgegeben zu haben, wie die offenbar noch im waffenfähigen Alter von 45 bis 60 Jahren verstorbenen Krieger, die man unter Hügel 7 und 13 mit ihren Lan- zen, unter Hügel 22 mit ihren Sporen beige- setzt hatte. Ebenfalls mit seiner Waffe, diesmal je- doch mit einer Spatha, einem sehr seltenen frühmittelalterlichen Eisenschwert, wurde der fast 2 m große, im Alter von 51 bis 60 Jahren verstorbene Mann in Hügel 4 bestat- tet. Er wurde nach östlichem Ritus nicht in einen Sarg sondern in die mit Holz ausge- kleidete Grabkammer gebettet. Sporen kenn- zeichnen ihn als Reiterkrieger, Rinderschä- Lanzenspitze des 9. Jh. n. Chr. bei der Auffindung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 63 Wissenschaft & Technik

Grab eines Lanzenträgers mit Lanzenspitze, Messer, Gürtelschnalle, Hacken, Feuersteinen und Feuerschläger. 9. Jh. n. Chr. del mit Stirnzapfen als hochrangigen Sip- penführer. Die Zeitstellung derartiger Gräberfelder konnte schon 2009 durch den Fund einer venezianischen Silberprägung Ludwig des Frommen aus den Jahren 822/840 eindeutig belegt werden, die einem jungen Krieger nach heidnischem Ritus als Obolus, d. h. Zahlmittel für die Reise ins Jenseits, in den Mund gelegt wurde. Die Gräber spiegeln in eindrucksvoller Weise die schwierigen Lebensumstände wi- der, denen selbst die Angehörigen der Oberschicht im beginnenden 9. Jahrhundert n. Chr. ausgesetzt waren. Krankheiten und Hunger, die wahrscheinlich auf die beson- ders kalten Winter der Jahre 821/822 und 823/824 zurückzuführen sind, die Schutz- Halskette mit Glasperlen einer Dame der Oberschicht. 9. Jh. n. Chr. losigkeit von Frauen, Kindern und älteren Personen bedingt durch das weitgehende Fehlen von wehrfähigen, offenbar in kriege- rische Auseinandersetzungen fern der Hei- mat verwickelten, jungen Männern und im Kampf gefallene Reiterkrieger, deren Grab bereits 2008 gefunden wurde, all das paßt zu den düsteren Nachrichten, die aus dieser Zeit auf uns gekommen sind. Die kriegerischen Aktivitäten nicht nur dieser Zeit spiegeln sich letztendlich auch im Waffenreichtum des Friedhofs im Kloaschitz- wald wider. Neben einer römischen wurden bisher vier frühmittelalterliche Lanzen, eine Bartaxt und eine Spatha aus dieser Epoche gefunden. So gesehen hat das „Jahr der Waf- fen“ 2010 einen weiteren entscheidenden Beitrag geleistet diese Periode am Beginn des abendländischen Europa zu erhellen. „ Beifunde eines berittenen Kriegers des 9. Jh. n. Chr. mit Eisensporen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 64 Kultur Brücke seit zwei Jahrhunderten Die Mechitharisten-Congregation hatte im kulturellen Leben Wiens stets einen festen Standort. Nach der umfassenden Renovierung der Kirche »Maria Schutz« kann nun gebührend gefeiert werden.

as Wiener Mechitharistenkloster feiert mehr. Im 19. Jahrhundert genossen die Wie- ben der Metropole des Habsburger-Staates Dsein 200-Jahr-Jubiläum. Die Mechitha- ner Mechitharisten nicht nur das Wohl- integriert. Die Herausgabe altarmenischer risten sind armenisch-katholische Mönche, wollen des Kaiserhauses, sie waren auch Literaturdenkmale, die Übersetzung von die der Regel des Heiligen Benedikt folgen, stark in das kulturell-wissenschaftliche Le- Werken der klassischen Weltliteratur ins aber die Liturgie im armenischen Ritus feiern. Das eindrucksvolle Kloster in der Mechitha- ristengasse im 7. Bezirk – ein von Joseph Kornhäusl erbautes Kleinod biedermeier- licher Baukunst – ist zugleich das wichtigste Zentrum armenischer Kultur in Mitteleuro- pa. Die Bibliothek mit ihren 200.000 Bänden und 2500 Handschriften ist die größte euro- päische Sammlung von Kulturgut aus dem armenischen, kaukasischen und ostanatoli- schen Raum. Die älteste Handschrift, die im Kloster aufbewahrt wird, ist ein Evangeliar aus dem 10. Jahrhundert. Nur in Jerewan, Jerusalem und Venedig gibt es mehr armeni- sche Handschriften als bei den Wiener Me- chitharisten. Die armenischen Mönche in Wien verfügen aber auch über eine komplet- te Sammlung armenischer Zeitungen – eine Fundgrube für Historiker. Das vierstöckige Museum beherbergt Kunstschätze, die die armenischen Mönche in Wien im Lauf von 200 Jahren sorgfältig zusammengetragen haben. Abt Paul Kodjanian bringt es in einem Gespräch mit dem „Pressedienst der Erz- diözese Wien“ auf den Punkt: „Wir Mechi- tharisten bilden seit 200 Jahren in Wien eine lebendige Brücke zwischen Orient und Ok- zident“. Die Mönche sind als Seelsorger, Wissenschaftler und Kulturvermittler tätig.

Die Mechitharisten waren am 18. Februar 1811 nach Wien ein- gezogen, wo ihnen Kaiser Franz I. das frü- here Kapuzinerkloster zuwies. Franz I. ver- lieh den armenischen Mönchen auch das Privileg für den Druck von Büchern „in orientalischen und westlichen Sprachen“. Mit der Zeit entwickelte sich die Mechitha- risten-Druckerei zu einem bedeutenden Zen- trum der Buchkunst. Hier konnte man in lateinischen ebenso wie in griechischen, kyril- lischen, hebräischen, arabischen, syrischen und selbstverständlich armenischen Schrift-

zeichen drucken. Bis 1999 wurden in der Alle Fotos: Mechitaristen Congregation / Österreich Journal Michael Mössmer Mechitharistengasse Werke in 41 Sprachen Die Kirche des Mechitaristenklosters ist ein Nachgängerbau der ehemaligen und Schriften gedruckt – doch dazu später Franziskanerkirche, welche in den Jahren 1600-1603 erbaut worden war.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 65 Kultur

Armenische und die Förderung der neuar- menischen Sprache waren – und sind – Schwerpunkte des wissenschaftlich-kultu- rellen Engagements der armenischen Benediktiner. Im lokalen Umfeld des 7. Be- zirks wurden die Mechitharisten überaus ge- schätzt, vor allem auch wegen ihrer schönen öffentlichen Prozessionen. Und Generatio- nen älterer Wiener erinnern sich heute noch daran, daß Erzbischof Mesrob Habozian (1887-1974) als damaliger Abt des Mechi- tharistenklosters einer der wichtigsten Firm- spender bei den großen Firmungen im Wie- ner Stephansdom war. Derzeit leben und wirken im Mechitha- ristenkloster in Wien vier Mönche, mehr als 20 weitere Patres leben entweder im Bruder- kloster in Venedig (auf der Insel San Laz- zaro) oder verstreut in allen Erdteilen, wo sie Nach dem großen Feuer 1835 ließ Erzbischof Azarian das heutige Kloster erbauen. Ordensschulen leiten. Im Lauf der Zeit gab Das alte Kapuzinerkloster es insgesamt 54 Mechitharisten-Schulen – Das älteste Klostergebäude der Mechi- im Nahen Osten, auf dem Balkan, aber auch tharisten in Wien hatte früher den Kapuzi- in Amerika. Nicht alle dieser Schulen haben nern gehört, die 1599 unter der Führung des die politischen Umbrüche ab dem Jahr 1900 hl. Laurentius von Brindisi (1559-1619) nach überlebt. Die Wiener Mechitharisten wid- Wien kamen. Kaiser Rudolf II. hatte die men sich hauptsächlich der Seelsorge und Kapuziner in die österreichischen Erblande der Erforschung der armenischen Geschichte eingeführt und Erzherzog Matthias sie be- und Kultur. Allerdings haben sie sich nicht wogen, in Wien zu bleiben. Auf Bitten des nur in Wissenschaft, Kunst und Kultur einen Kardinals Melchior Khlesl erhielten sie in Namen gemacht, auch eine kulinarische der Vorstadt St. Ulrich Quartier, wo für die Spezialität ist im Mechitharistenkloster im zurückgebliebenen Brüder Kirche und Kon- 7. Bezirk beheimatet: „Mechitharine“ ist der vent erbaut wurden. Am 1. Mai 1603 wurde klostereigene Likör, der nach einem alten Ge- die Kirche der Kapuziner „Am Platzl“ in heimrezept aus 43 Kräutern und 12 Früchten St. Ulrich vom Bischof von Neutra, Franz hergestellt wird. Graf von Forgach, geweiht. Nachdem 1683 Kloster und Kirche von den Türken zerstört Begründet wurde der Orden worden waren, ließ der Kaiserliche Feldmar- der Mechitharisten vor 310 Jahren – im Jahr schall Johann Karl Graf von Serenyi beides 1701 – von Mechithar von Sebaste (1676- Hinweis am Haus Ecke Stift-/Mechita- im Jahre 1684 wieder aufbauen. Der Graf 1749). Der junge Mönch aus dem ostanatoli- ristengasse auf das Kloster vis à vis wurde als zweiter Stifter des Klosters in der schen Sivas strebte nach Heiligkeit, Bildung Gruft der alten Kapuzinerkirche beigesetzt. und Wissenschaft, er wollte für die geistliche verlassen, als der venezianisch-osmanische Dieses neue Kloster wurde 1784 von und geistige Erneuerung des armenischen Krieg ausbrach. 1717 übergab der Senat der Kaiser Joseph II. aufgehoben und später, Volkes eintreten. Begegnungen mit den Je- Republik Venedig den armenischen 1810, mit Hofdekret vom 13. Dezember den suiten in Konstantinopel führten dazu, daß er Ordensleuten die Insel San Lazzaro. Auf San von den Franzosen aus Triest vertriebenen mit seiner in der osmanischen Hauptstadt Lazzaro verfaßte Mechithar viele religiöse, Mechitharisten überlassen. Am 18. Februar neugegründeten Ordensgemeinschaft Kon- theologische und sprachwissenschaftliche 1811 zogen die Mechitharisten mit ihrem takt zur gregorianischen Kirche suchte. Das Schriften, u.a. vier Katechismen, zahlreiche Abt Erzbischof Babikian unter großen Mißtrauen der armenischen Kirche und der Gebetbücher, einen ausführlichen Kommen- Feierlichkeiten in das Kloster ein, das sie osmanischen Behörden zwangen ihn, mit tar zum Matthäus-Evangelium, Grammati- 1814 käuflich erwarben. Sie verschönerten seinen Jüngern 1703 auf „katholischem“ ken und das erste armenische Wörterbuch, die Kirche und nannten sie nunmehr Kirche Territorium, auf der damals venezianischen das als größtes Werk des armenischen zu „Maria Schutz“. Die Mechitharisten be- Peloponnes, Zuflucht zu suchen. 1711 ent- Schrifttums im 18. Jahrhundert gilt. Nach wohnten das alte Kapuzinerkloster bis zum schied sich Mechithar mit seinen Mitbrüdern 1770 übersiedelte ein Teil der armenischen Jahre 1835, als dann der Großbrand sie für die Annahme der Regel des Heiligen Mönche ins damals habsburgische Triest, wo zwang, ein neues Kloster zu errichten. Benedikt, ein Jahr später wurde die neue sie freundlich aufgenommen wurden. Im Zug Daß die Mechitharisten bereits 1832 an Gemeinschaft von Papst Klemens XI. aner- der napoleonischen Wirren mußten diese einen Neubau des Klosters dachten, ersieht kannt. Aber schon wenige Jahre später muß- Mönche aber die adriatische Hafenstadt wie- man aus den Bemühungen der Familie ten die armenischen Mönche die Peloponnes der verlassen und nach Wien gehen. Roesner. Carl Roesner hatte Pläne fürs

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 66 Kultur

Kloster gezeichnet und wollte auch die Pläne für eine Kirche entwerfen. Später wurden die Fassadenentwürfe Roesners dem Archi- tekten Kornhäusel zur Ansicht übergeben. Dieser hatte bereits 1831 in Klosterneuburg das Sommerkloster mit Kirche für die Mechitharisten-Congregation gebaut und wurde nun auch der Architekt des Mutter- hauses in Wien. Nach dem großen Feuer in St. Ulrich am 11. März 1835 ließ Erzbischof Azarian das heutige Kloster erbauen, da eine Teilrenovie- rung nicht möglich war. Am 16. Jänner 1836 reichte der Generalabt die Pläne zur Bau- bewilligung für ein neues Kloster ein, und am 21. März konnte mit dem Bau begonnen werden. Der 1837 fertiggestellte Teil stand auf einer Fläche von 664 Klafter und hatte zwei Flügel mit drei Stockwerken. Das Gemälde »Die Speisung der Fünftausend« von Ludwig Schnorr von Carolsfeld nimmt mit 6,05 Metern die gesamte Breite des Refektoriums ein. Die Front geht auf der jetzigen „Mechi- taristengasse“ mit einem Flügel hinein in malereien in der Kirche, bis auf das Fresko rium im Jahre 1839 mit dem großen Wand- den Garten, wo die Druckerei untergebracht und die Heiligenbilder an den Seitenwänden. gemälde „Die Speisung der Fünftausend“ war. Im Herbst 1838 konnten die Mechi- Das Innere des Hauses ist ebenso von Ludwig Schnorr von Carolsfeld ausge- tharisten in ihr neues Kloster einziehen. schmucklos wie das Äußere. Zur Straßen- stattet. Es nimmt die gesamte Breite des 1871, unter Generalabt Erzbischof Bosa- seite hin dominiert im rechten Flügel das Refektoriums (6,05 m) ein und folgt in sei- gian, wurden ein weiterer Teil des Klosters breite, einfache Stiegenhaus. Der parallel zur ner oberen Begrenzung dem Verlauf des und die Kirche gebaut, als in diesem Jahr der Straße liegende Haupttrakt gleicht sich in Korbbogengewölbes. Die Darstellung der Gottesdienst in der Mechitharistenkirche der Einfachheit der übrigen Gestaltung des Szene stützt sich auf die Evangelientexte der wegen Baufälligkeit des Plafonds behördlich Klosters an. Die nüchternen Korridore sind Ersten Brotvermehrung nach Matthäus verboten worden war. Zu diesem Zweck mit einem Tonnengewölbe überdacht und 14,13-21, Markus 6, 31-34, Lukas 9, 10-17 wurde das benachbarte Gebäude gekauft, ab- durch Gurte gegliedert. Die Sachlichkeit des und Johannes 6, 1-15. Ohne Zweifel ist das getragen und stattdessen ein Klostertrakt im Innenraumes wird nur durch überlebens- Gemälde nicht nur eines der flächengrößten, Garten mit einem Zinshaus – heute Mechita- große Gemälde der österreichischen Kaiser sondern auch eines der bedeutendsten Werke ristengasse 2 – gebaut. Um dem Bau ein ein- aufgelockert. der Stilrichtung der Nazarener in der Wiener heitliches Aussehen zu geben, wurde das Malerei des 19. Jahrhunderts, im Rang ver- Zinshaus in der Fassadengliederung dem Das Refektorium gleichbar mit den Fresken der Casa Bar- Kloster angeglichen, sodaß die ursprüngli- Nach Vollendung der Ausbauarbeiten im tholdy in Rom und in der Münchener Resi- che Klosterfassade von zweiundzwanzig Mechitharistenkloster wurde das Refekto- denz. Mit diesem Kunstwerk endete die Achsen auf 27 Achsen erweitert wurde. Der Gebäudeteil rechts vom Hauptein- gang ab dem Stiegenhaus wurde für Zins- hauszwecke adaptiert und dem neuen Zins- haus angeschlossen. Zinshaus und Quertrakt hinter der Kirche wurden 1873 fertiggestellt und einige Teile des Klosters gründlich reno- viert. In dieser Form finden wir auch das Kloster der Mechitharisten heute. Die ge- plante, aber nicht ausgeführte Innendekora- tion der Kirche wurde unter Erzbischof Aydinian nach den Renovierungsarbeiten des Jahres 1900 ergänzt und bis 1903 abge- schlossen. Nachdem Kloster und Kirche durch Bombenangriffe 1944 und 1945 be- schädigt worden waren, wurden nach Ende des Zweiten Weltkrieges unter Erzbischof Habozian weitere Renovierungsarbeiten durchgeführt, die aber das Gesamtaussehen des Gebäudes nicht veränderten. Es ver- Die Darstellung stützt sich auf Evangelientexte der Ersten Brotvermehrung nach schwanden lediglich die Decken- und Wand- Matthäus 14,13-21, Markus 6, 31-34, Lukas 9, 10-17 und Johannes 6, 1-15.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 67 Kultur

Bau- und Ausstattungsgeschichte des Mechi- tharistenklosters genau im Wirkungsfeld jener Gesinnung, die mit den Plänen des jun- gen, idealistischen Carl Roesner am Anfang des Projektes gestanden war – der romanti- schen Bewegung einer religiösen Erneuerung des Katholizismus im Umkreis von Clemens Maria Hofbauer, des großen, tatkräftigen Förderers der Wiener Mechitharisten.

»Maria Schutz« Die Kirche des Mechitaristenklosters ist ein Nachgängerbau der ehemaligen Franzis- kanerkirche, welche in den Jahren 1600- 1603 unter dem Patrozimium der Gottes- mutter erbaut worden war. Während der Tür- kenbelagerung 1683 wurde sie zerstört, etwa um 1684 durch Graf von Serényi wieder er- richtet. Nach dem Einzug der Mechitharisten wurde die bestehende Kirche umgestaltet und verändert. Sie wurde 1835 ein Raub der Flammen. Der von Joseph Kornhäusel ge- plante Neubau verzögerte sich und wurde erst 1871 in Angriff genommen.

Der von Joseph Kornhäusel geplante Neubau wurde 1871 in Angriff genommen. Mit der Ausführung wurde nun Fritz Sitte gesprengtem Giebel gekrönt, in dem ein gol- bedacht, welcher sich am Stil des Trecento denes Kreuz steht, welches sich neben der orientierte. Sein Sohn Camillo setzte es hölzernen Tür als einziges nicht mauerfarbe- durch, daß die Kirche nicht wie geplant im nes Element vom Rest der Fassade abhebt. Stil des romanischen Historismus, sondern Gegliedert wird die Fassade grundsätzlich der italienischen Frührenaissance erbaut von Gesimse und unauffälligen Pilastern mit wurde. Im Jahre 1874 war die Kirche Maria dezenten Kapitellen. Der Giebelaufsatz mit Schutz fertig gestellt. Ihre auffallend schma- seinen glatten Flächen verleiht der ansonsten le, eigenwillige mit großen hellen Backstei- einheitlichen Erscheinung der Fassade einen nen gebaute und rustifizierte Doppelturm- gewissen Kontrast. Das Innere der Kirche ist fassade ist gegen die Neustiftgasse gerichtet. erstaunlich reich ausgestattet, was das Re- Der Mittelteil der Kirche tritt deutlich zwi- sultat außerordentlicher Bemühungen des schen den beiden schlanken Türmen hervor Architekten Sitte ist. Dieser zog für die und besticht durch das sehr reich mit Gestaltung bedeutende Künstler hinzu. So Ornamenten verzierte Rundbogenportal. stammt der Altaraufsatz von Heinrich Ferstel Jesus Christus-Figur im Hauptaltar Dieses wird von einem Aufsatz mit und der neoklassizistische Seitenaltar von

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 68 Kultur

oben: Pietà im Eingangsbereich rechts: Ein Blick über die – vor der Restaurierung stehenden Orgel – auf das Hochaltarbild, das Mariae Verkün- digung darstellt. Das Kloster ist dem Marienpatrozinium geweiht worden. Das Fresko mit 40 Figuren wurde von Camillo Sitte entworfen und von Josef Kleinert in Tempera gemalt. unten: Marienstatue in der Kapelle im Eingangsbereicht

Theophil Hansen. Die Wandmalereien (Sitte) und das Altarbild „Maria Schutz“ (Josef Klei- nert) wurden erst um 1901 zum 200. Jubi- läum der Ordensgründung hinzugefügt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche renoviert, wobei die Decken- und Wandma- lereien bis auf ein Fresko verschwanden. Das Christusmosaik über dem Eingang zur Sakristei stammt aus dem Jahr 1960.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 69 Kultur

Ein großer Saal mit Zeitungen, umlaufenden Galerien und einem zentralen Bücherturm wurde als Exponat für die Jubiläums- ausstellung im Prater zum 50. Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs 1898 angefertigt und später im Kloster eingebaut.

Die Bibliothek Die Bibliothek ist die umfangreichste an armenischen Büchern, Zeitschriften und Zei- tungen bzw. über Armenien in der westli- chen Welt. Sie enthält die weltgrößte Samm- lung an armenischen Zeitungen, aus denen sich die Geschichte Armeniens, besonders der Neuzeit, rekonstruieren läßt. Das Sammeln von Büchern wurde bereits in Triest betrieben, aber nur ein Teil der Sammlung konnte z.T. mit Hilfe armeni- scher Kaufleute nach Wien gebracht werden. 8000 Stück bildeten den Grundstock der Bibliothek in Wien, sie konnte durch Stif- tungen erweitert werden. Die Congregation übernahm die 4000 Bände der Bibliothek des aufgelassenen Kapuzinerordens, welche Aghamalian käuflich erwarb und den Mön- chen übereignete. Die Bibliothek mit 1000 Bänden des Kanonikus Simon Eberle wurde dem Orden vermacht. Erzherzog Maximilian kaufte die Leihbibliothek für die Congre- gation. Constant von Wurznach kaufte jah- relang ein Exemplar eines jeden in der Mon- archie gedruckten Buches für die Congre- gation. P. Jeghische Gatanian hielt sich bliothek in Konstantinopel, indem er in na- gregation betrieb. Die Vollständigkeit der 1861–1876 in der Türkei auf und sammelte hezu jedem von Armeniern bewohnten Haus Wiener Bibliothek sucht also ihresgleichen. systematisch armenische Bücher für die Bi- Nachforschungen nach Büchern für die Con- Viele Bände kamen durch das Tauschver-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 70 Kultur fahren gegen die Produktionen der Wiener Die Armenische Handschriften Dank für die vollbrachte Tat beginnt. Dann Mönche zustande. Leider reichen die Mittel Die Wiener Mechitharisten-Congregation werden Ort und Datum der Herstellung, Auf- und Möglichkeiten nicht aus, um die lang- bewahrt die viertgrößte Sammlung armeni- traggeber, Schreiber, selten Illuminator, Stif- sam immer stärker anwachsende Zahl an scher Handschriften der Welt auf; von den ter, Verwandtschaftsbeziehungen, geschicht- armenischen Zeitschriften zu sammeln. etwa 28.000 Stück liegen etwa 12.000 und liche Zusammenhänge genannt, welche oft Hierdurch entstehen Lücken, die sich bereits etwa 2000 Einzelblätter im Matenadaran in Form von Regesten bis in die Neuzeit nach kurzer Zeit nicht mehr schließen las- Mesrop Maštoc` zu Erevan, über 6000 im fortgesetzt werden, Buchbinder, mitunter sen. 1912 soll die Bibliothek nach Akinian Patriarchat zu Jerusalem, 4000 in der Mechi- auch Realien über Fabrikation und Be- bereits 63.000 Bände enthalten haben, unter- tharisten-Congregation zu Venedig und mehr schaffung von Pergament und Farben, die teilt in armenische, nicht armenische Werke, als 2500 in Wien. Die Erfindung der Schrift solche armenischer Autoren, auch türkische ist Mesrop Maštoæum 407 zu verdanken, sie in armenischen Lettern gedruckt. Seit langer enthält 36 Buchstaben zuzüglich zweier jün- Zeit wird der Katalog auf das EDV-System gerer in Kilikien. Die Folge entspricht der im umgestellt. Der Umfang ist erheblich ange- griechischen Alphabet; dazwischen sind zu- wachsen. Im Auftrag des Bundesministe- sätzliche Buchstaben eingeschoben, um den riums für Wissenschaft und Forschung haben Lautbestand der armenischen Sprache abzu- Pater Vahan Hovagimian und em. Prof. decken. Die Buchstaben sind eine höchst Helmut Buschhausen 139.200 Bände ge- eigenwillige Erfindung, sie sind aus be- zählt. stimmten Grundformen entwickelt. Am An- Die Bibliothek befindet sich im II. Stock fang war die Heilige Schrift. Sie wurde nach in einer Travée aus drei Räumen und einem einer verloren gegangenen syrischen Version schmalen Gang, zwei von ihnen von 1893. vorgenommen und dann nach einer griechi- Ein großer Saal mit Zeitungen, umlaufenden schen korrigiert. Als eine der ältesten arme- Galerien und einem zentralen Bücherturm nischen Handschriften galt bisher das Laza- wurde als Exponat für die Jubiläumsausstel- rian-Evangeliar Erevan Nr. 6200 von 897. lung im Prater zum 50. Regierungsjubiläum Die Handschriften haben für die armeni- Kaiser Franz Josephs 1898 angefertigt und sche Kultur eine unschätzbare Bedeutung. später im Mechitharistenkloster eingebaut. Gleich den koptischen enthalten sie zumeist Erweiterungen von Bücherschränken wur- am Ende den sogenannten Kolophon, eine den in den Fluren des Wohntraktes der Mön- Nachschrift, welche nach einem durchwegs che vorgenommen. festen Schema mit dem Lobpreis Gottes als Ein Detail aus der Handschrift

Die Darstellung des letzten Abendmahls ist nur eine der faszinierenden Kunstwerke dieser Handschrift aus dem 15. Jhdt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 71 Kultur man sich in Handschriften anderer Kultur- kreise, etwa des byzantinischen, sehr wohl wünscht, und die heute im Matenadaran zu Erevan sogar nachproduziert werden. Die Handschriften sind reich an histori- schen Informationen; sie dienten dem Histo- riker Stepanos Orbelian als Grundlage für seine Geschichte von Siwnik. Natürlich un- terliegen die Kolophone einer gewissen To- pik. Häufig sind Klagen des Schreibers über Berufskrankheiten infolge der unbequemen Haltung: über das enge Schreibpult gebeugt, um auf das auf den Knien liegende Perga- ment bzw. Papier im stets gleich bleibenden Duktus den Text zu schreiben, bis das Au- genlicht die Buchstaben nicht mehr erken- nen läßt und die gichtgekrümmten Finger den Kalamos nicht mehr zu halten vermö- gen. In diesem Raum wird die Geschichte der Mechitaristen in Wien dokumentiert. Schenkt man den Quellen, etwa eines Herausragend ist eine großformatige Urkunde vom 30. Mai 1774 mit einem mehr Kristosatour aus der Sarkis-Kirche zu Kaffa als 50 Artikeln umfassenden Privileg, mit dem ihnen Kaiserin Maria Theresia ver- schiedene Rechte und Begünstigungen einräumte (Bild unten). aus dem 18. Jahrhundert Glauben, vermoch- te ein Schreiber pro Jahr drei Evangeliare bzw. eine Vollbibel zu produzieren. Wichtig war die Wahl der zu kopierenden Vorlage nach einem alten und verläßlichen Vorbild. Nach solchen wurden bereits geschriebene Handschriften durchkorrigiert, so etwa Ere- van cod. 2656 von 1636 nach cod. 2374. Er gleicht einem modernen Schulheft, sodaß man wegen der minderwertigen Leistung des Kopisten den Schreibernamen als nicht erwähnenswert ansah. Zur Authentizität gehört die Genauigkeit der Kopie bis hin zu den Miniaturen. Wiederholt hat man den Verlauf der Initialen mit einer Nadel durchstochen und so auf die Kopie übertragen, zweifellos eines der skurrilsten Verfahren für die Buchher- stellung vor Gutenberg . In der Zeit vor 1963 sind alle illuminierten Handschriften der Sammlung in der Restaurierwerkstatt der Österreichischen Nationalbibliothek unter der Leitung von Professor Otto Wächter mit den Mitteln des Bundesdenkmalamtes re- stauriert worden. Die Handschriftensamm- lung gehört nun zu den am besten erhaltenen Klosterbibliotheken Österreichs.

Das Museum – Die Sammlungen Die Mechitharisten haben alles Erreich- bare aus Armenien gesammelt und magazi- niert. Der Besuch der einst reichen Samm- lungen beider Abteien Wien und Venedig bedeutet für den Armenier der Diaspora einen Kontakt mit der verlorengegangenen Heimat und eine Rückbesinnung auf das kul- turelle Erbe der Nation, besonders nach der noch andauernden Zerstörung armenischer

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 72 Kultur

Monumente infolge des Genozids am arme- nischen Volk durch die Türken. Zudem wa- ren Stätten im Osten wie Erevan, Jerusalem, Nor Jowla und Antilias schwer zu erreichen. Die Gemäldesammlung gibt eine gute Übersicht über das Schaffen armenischer Maler wie Givanian und Mahokian. Der berühmte Seemaler aus Kaffa, I. Ajwasows- kij ist durch vier Bilder und eine Graphik vertreten, darunter das außerordentliche „Nacht auf dem Meer bei Vollmond“, das in Verlust geraten ist und das in einer langen abendländischen Tradition steht: Elsheimer, Van Gogh. Eine umfangreiche Sammlung an Karikaturen des A. Saruchan verziert eine ganze Wand. In der umfangreichen Münzsammlung von etwa 20.000 Stück sind 5000 armeni- Die Gemäldesammlung gibt eine gute Übersicht über das Schaffen armenischer sche, vornehmlich kilikische, von denen P. Maler wie Givanian und Mahokian. Augustin Sekulian Teile, die der Könige Hetoums Il, Lewon III. und Oschins, ediert hat. Die umfangreiche Sammlung armeni- scher Paramente spiegelt den unterschied- lichen Gebrauch in den Liturgien wider. Volkstrachten aus den Landschaften, die Nachbildung eines armenischen Hauses und das Gebrauchsgut sind dem Alltag zuzuord- nen. Vom Porzellan sind die meisten Stücke im Abendland und Ostasien entstanden. Zu der wertvollsten Keramik ist die aus Küta- hya in Anatolien zu rechnen. Im Kloster werden wertvolle Landkarten aufbewahrt, der Erdglobus des Erzbischofs Aydinian (1846–1848) hat einen Durch- messer von 60 cm, der des P. Alexander Baldjian von 1848 hat 20 cm. In den Vitrinen hinter der Teppichsamm- Die umfangreiche Sammlung armenischer Paramente spiegelt den unterschied- lung werden die Mineralien aufbewahrt und lichen Gebrauch in den Liturgien wider. Muscheln, ein Geschenk der Herzogin Julie zu Anhalt-Coethen. Im Museum werden zahl- reiche naturwissenschaftliche Geräte gezeigt, welche den Studien der Mönche gedient haben. Ein Schwerpunkt der Sammlung sind die armenischen Teppiche, der älteste, ein leider nur als kleines Fragment erhaltenes Stück, stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Mehrere Stücke zeigen armenische Ikono- graphie, wie einer mit der Mutter Armeniens inmitten der zerstörten Städte. Andere brin- gen Namen der Besteller, zu einem jeden gu- ten Haus in Armenien hat ein solcher Tep- pich gehört. Volkmar Gantzhorn hat Arme- nien als das Ursprungsland des christlich orientalischen Teppichs nachgewiesen. Die altorientalischen Gegenstände wie Reliefs und Rollsiegel wurden durch E. Vom Porzellan sind die meisten Stücke im Abendland und Ostasien entstanden. Bleibtreu bearbeitet. Zu nennen sind auch

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 73 Kultur die liturgischen Geräte und Goldschmiede- arbeiten, von denen bisher noch kein In- ventar erstellt worden ist. Armenische Sil- berschmiede waren in Rußland, aber auch in Ägypten tätig. Das Kloster besitzt umfang- reiches Photomaterial von Armenien, darun- ter das Bildmaterial eines Lalayan, welches bereits Josef Strzygowski für sein Monumen- talwerk „Die Baukunst der Armenier und Europa“ 1918 zur Verfügung gestanden hat. Im Archiv harrt umfangreiches Material der Bearbeitung, etwa die 10 Bände Kolo- phone, welche Akinian in den Handschriften gesammelt hat und die eine sinnvolle Er- gänzung zu den Kolophoneditionen des Ma- tenadaran zu Erevan wären. Heute werden andere Stätten stärker mit Gegenständen der armenischen Kultur be- dacht als die beiden Abteien in Wien und Bis an die Decke des Raumes: Sakrale Gegenstände und Meß- und Chorgewänder Venedig, etwa das „Historische Museum“ zu Erevan und das zu Sardarabad.

Die Buchdruckerei Als Mechitar von Sebaste 1717 die Er- laubnis erhielt, sich mit seiner Congregation bei Venedig niederzulassen, begann die wis- senschaftlichen Edition 1726 in der hausei- genen Setzerei, gedruckt wurde beim Vene- zianer Bartoli. Eine eigene Druckerei ent- stand erst 1789. Die Insel selbst wurde erst 1833 dem Senat abgekauft. Unter dem Nach- folger des Mechitar zogen 1773 die Mönche aus Venedig nach Triest. Sie suchten ein Kloster für die Unterkunft und eine Drucke- rei für den Lebensunterhalt zu errichten. Maria Theresia verlieh dem Orden in Triest am 30. Mai 1775 einen Schutzbrief. In Weitsicht hatte sie die Bedeutung des Ordens für die Monarchie erkannt: Dieser errichtete 1775 eine Druckerei für die Herstellung orientalischer Bücher. Die erste Druckerei des Ordens bestand von 1775 bis 1810 in Triest; die Mönche mußten in Wien ihre Zu- flucht suchen und erhielten durch Kabinett- schreiben vom 5. Dezember 1810 von Kai- Unzählige Teppiche können mit Schüben herausgezogen und bewundert werden. ser Franz I. die Erlaubnis, sich in Wien nie- derzulassen. Druckern zu helfen, wurden 1831 und 1842 1873 mußte die Congregation die Druckerei Noch 1811 wurde eine Druckerei des Hauskassen gegründet. verkaufen, erst vom Juli 1889 wurde sie wie- Ordens eingerichtet. Im Juli 1812 wurden Nach dem Brand von 1835 wurde 1837 der Eigentum der Congregation. Erst 1998 die armenischen Lettern neu geschnitten, am der Neubau errichtet; 1838 wurde der Buch- mußte man sich dazu entschließen, den 3. April 1823 wurde als neuer Firmenname druckerei eine Schriftgießerei angegliedert. Betrieb einzustellen. „ „Buchdruckerei der Mechitharisten-Congre- 1818 besaß die Druckerei russischserbi- http://www.mechitaristen.org gation in orientalischen und occidentalen sche Lettern, mit denen ein serbisch-deutsch- Sprachen“ bewilligt; 1843 wurde ein Verein lateinisches Wörterbuch gedruckt wurde. Quellen: Kristin Arat (aus dem Buch „Die zur Verbreitung guter katholischer Bücher, Für den Druck von Werken des serbischen Wiener Mechitharisten“, erschienen im Böhlau 1845 einer zur Verbreitung von Büchern in Dichters Wuk Stephan Karadziæ (1787– Verlag, Wien 1990 – es ist leider vergriffen); em. Prof. Helmut Buschhausen, Ao. Univ. Prof. Mario armenischer Sprache gegründet, 1878 einer 1864) wurden eigene kyrillische Buchstaben Schwarz (Institut für Kunstgeschichte der Uni- für die Verbreitung von altarmenischer Lite- entwickelt. Durch den Verlust an Mitteln in versität Wien); Pressedienst der Erzdiözese Wien; ratur. Um in Not geratenen Setzern und Folge des großen Börsenkrachs vom 9. Mai Die Wiener Mechitharisten Congregation.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 74 Kultur Dürer Cranach Holbein 31. Mai bis 4. September 2011 – Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien in Kooperation mit der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München.

ie Ausstellung wird nach mehr als Deinem halben Jahrtausend den Spuren Albrecht Dürers und seiner berühmtesten Künstlerkollegen Lucas Cranach und Hans Holbein d. J. nachfolgen. „Die frühe deut- sche Porträtkunst ist bislang noch nie in einer eigens ihr gewidmeten großen Publi- kumsausstellung thematisiert worden“, so Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunst- historischen Museums. „Wir freuen uns da- her sehr, daß eine Präsentation dieser Art nun erstmals hier in unserem Haus gelungen ist!“ Hochkarätige Kunstwerke lassen nach- vollziehen, wie der Mensch um 1500 ins Zen- trum des künstlerischen Interesses rückte und Künstler zu Endeckern und Erfindern des Bildes vom Menschen avancierten. Für diese einzigartige Schau ist es gelun- gen, den großartigen Bestand der Gemälde- galerie des Kunsthistorischen Museums, be- reichert um Exponate aus der Kunstkammer und anderen Sammlungen des Hauses, mit bedeutenden Meisterwerken zu vereinigen, die nur in den wichtigsten Sammlungen der ganzen Welt zu finden sind. Über 140 Hauptwerke der Dürerzeit ermöglichen den BesucherInnen dadurch einen Dialog mit alt- deutscher Kunst auf höchstem Niveau. Die Leihgaben stammen aus 40 der welt- weit bedeutendsten Sammlungen und Mu- seen, darunter das Metropolitan Museum of Art in New York, das British Museum in London, das Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid, die Gemäldegalerie in Berlin und das Städel Museum in Frankfurt am Main. Kuratiert wird die Ausstellung von Karl Schütz, dem ehemaligen Direktor der Ge- mäldegalerie des Kunsthistorischen Mu- seums, in Zusammenarbeit mit Christof

Metzger (KHM) und Roger Diederen © Akademie der bildenden Künste Wien, Kupferstichkabinett (Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung). Zur Albrecht Dürer, Bildnis eines achtzehnjährigen Jünglings, 1503; Kohle, gewischt, Ausstellung erscheint ein umfassender Kata- mit Deckweiß gehöht, 299 x 216 mm log, der mit grundlegenden Essays ausge- gang vom Spätmittelalter zur Frühen Neu- Leistungen, deren besondere Stärke in der wiesener Experten sowie einzelnen Objekt- zeit im deutschen Sprachraum. Lange Zeit authentischen Erfassung einer Person, ge- beschreibungen die präsentierten Werke in haben die Schatten altniederländischer oder paart mit der subtilen psychologischen ihrem künstlerischen und historischen Kon- italienischer Porträtkunst den Blick auf die Durchdringung der Dargestellten liegt. text eingehend betrachten wird. deutschen Beiträge zum Thema verdunkelt. Die Anfänge einer Auseinandersetzung Dabei gelangte gerade die deutsche Bildnis- mit dem Individuum im 15. Jahrhundert Die Anfänge der malerei – an der Spitze ihre größten Expo- werden ebenso in den Blick genommen wie deutschen Porträtmalerei nenten: Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä. die herausragenden Manifestationen der Die Ausstellung widmet sich dem Blick und Hans Holbein d. J. – zu hoch bedeuten- Bilder vom Menschen in der anbrechenden des Künstlers auf den Menschen am Über- den und sehr eigenständigen künstlerischen Renaissance. Berücksichtigung finden so-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 75 Kultur

der Kunst, in denen uns die Dargestellten ex- plizit in ihren gesellschaftlichen Rollen be- gegnen. Neben den Vertretern der frühneu- zeitlichen ständischen Gesellschaft reprä- sentiert die Ausstellung aber auch Personen- gruppen, die meist nicht als Individuen für darstellungswürdig erachtet wurden, son- dern nur als anonyme Gruppe ins Blickfeld der Zeitgenossen gerieten: etwa der niedere Klerus, Mönche, Bauern oder Handwerker. Der analytische Blick rückt dabei ebenso ins Interesse wie die ironische, bisweilen auch herablassende Perspektive.

Hochkarätige Zeugnisse Die Ausstellung präsentiert hochkarätige Zeugnisse – Gemälde, Graphiken, Skulptu- ren und Medaillen – der größten Künstler ihrer Zeit, die anschaulich machen, was zeit- genössische Kunstbetrachtung als unter- schiedliche genera dicendi der Kunst ver- stand: das Erhabene, Bedeutende, für das Albrecht Dürer steht, das Einfache, Schlich- te, für das nach Auffassung der Zeit Lucas Cranach eintrat, und schließlich Hans Hol- beins d. J. bis dahin unerreichte Interpre- tation der Wirklichkeit, welche Raum und Körper so naturgetreu wiederzugeben ver- mochte, daß diese im Bild greifbar erschei- nen. So begegnet man drei sich wechselsei- tig befruchtenden Positionen, die bis heute unser Bild der altdeutschen Kunst und ihrer bedeutendsten Exponenten bestimmen. Die Ausstellung wird im Anschluß von 16. September 2011 bis 15. Januar 2012 in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München gezeigt. http://www.khm.at © Kunsthistorisches Museum, Wien oben: Hans Holbein d. J., Junger Kauf- mann, 1541; Holz, 46,5 x 34,8 cm rechts: Lucas Cranach d. Ä., Die Prinzessinnen Sibylla, Emilia und Sidonia von Sachsen Um 1535; Lindenholz, 62 x 89 cm

wohl die verschiedenen Kunstlandschaften als auch die stilbildende Rolle der besonders herausragenden Künstlerpersönlichkeiten, die im Zentrum der Schau stehen. Persön- liche und regionale Stiltendenzen werden aufgespürt und anhand aussagekräftiger Ex- ponate veranschaulicht.

Gesellschaftsstudien am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit Die ausgestellten Porträts vermitteln dar- über hinaus einen Einblick in die spätmittel- alterliche und frühneuzeitliche Gesellschaft,

präsentieren sie doch hervorragende Werke © Kunsthistorisches Museum, Wien

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 76 Kultur Kunstschätze des Mittelalters Vom 27. Mai bis zum 15. Jänner 2012 zeigt das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum die Sonderausstellung »Kunstschätze des Mittelalters«. Alle Fotos: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Die Architekten Uwe Münzing und Fabian Friedhoff aus Stuttgart entwarfen die Ausstellungsarchitektur, die die auratische Wirkung der Kunstwerke zur Geltung bringt. Durch Licht und transluzente Stoffflächen entstehen Raumqualitäten für eine kontemplative Rezeption. Räumliche Korrespondenzen ermöglichen mehrperspektivische Betrachtungsweisen.

it der Sonderausstellung „Kunstschät- interessanten Wandmalereien aus der Burg schätzungsweise mehr als die Hälfte der Bil- Mze des Mittelalters“ zeigen die Tiroler Lichtenberg im Vinschgau dar, die erstmalig der verloren. Elf Wandbilder konnten durch Landesmuseen im Ferdinandeum Meister- geschlossen präsentiert werden. Durch den ihre Abnahme 1908 vor der Zerstörung ge- werke der Spätromanik sowie der Früh- und Verfall der Burg im 19. Jahrhundert ging rettet werden und gelangten im selben Jahr Spätgotik vorwiegend aus eigenen Bestän- den. Da einige Schauräume in ein temporä- res Depot umgewandelt werden mußten, war ein Teil der Exponate seit 2005 nicht mehr in der Dauerausstellung zu sehen. Nicht zuletzt darin sahen die Tiroler Landesmuseen die Erfordernis, dem Publikum diese und viele andere herausragende Kunstschätze des Mittelalters im Rahmen dieser Sonderaus- stellung auf einer Fläche von 800 m² zu prä- sentieren. „Die Tiroler Landesmuseen verfügen über beeindruckende Sammlungen und Bestände. Es freut mich sehr, daß wir dies mit dieser Ausstellung beweisen können und dem Publikum vermitteln können“, so Wolf- gang Meighörner, Direktor des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Ein Highlight der Ausstellung stellen die realienkundlich und kostümgeschichtlich Brixen: Kirchenväteraltar nach Michael Pacher um 1510

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 77 Kultur

ersten Drittel des 15. Jahrhunderts repräsen- tieren den Typus der „Schönen Madonna“. Sie veranschaulichen die vollzogene Wand- lung der unnahbaren Himmelskönigin zur Gottesmutter. Eine weitere Form des An- dachtsbilds ist seit dem frühen 14. Jahrhun- dert die Pietà (Vesperbild), die Darstellung der trauernden Maria mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß, die den Gläubigen zum Mit- leiden anregen sollte. Das Kunstschaffen in Tirol wurde nach- haltig von namhaften Künstlern geprägt: Vom Ulmer Meister Hans Multscher sind in der Ausstellung fünf Skulpturen zu sehen, die dem 1458 in der Sterzinger Pfarrkirche errichteten spätgotischen Flügelaltar ange- hörten. Auch der in Brixen wirkende Hans Klocker ist mit einer Erbärmdegruppe aus der Predella des Hochaltars von St. Stephan in Pinzon, 1490/95, und einem Auferstan- denen, um 1500, vertreten. Eine weitgehend getreue Kopie des Kir- chenväteraltars von Michael Pacher entstand nur circa 40 Jahre nach der Fertigung des Originals in einer Brixner Werkstatt und ver- deutlicht dessen damalige Berühmtheit. Die Architekten Uwe Münzing und Fabian Friedhoff aus Stuttgart entwarfen die Ausstellungsarchitektur, die die auratische Wirkung der Kunstwerke zur Geltung bringt. Durch Licht und transluzente Stoffflächen entstehen Raumqualitäten für eine kontem- plative Rezeption. Räumliche Korrespon- denzen ermöglichen mehrperspektivische Betrachtungsweisen. „ http://www.tiroler-landesmuseen.at Leonhard von Brixen, »Kreuzigung Christi« um 1450-60 in das Tiroler Landesmuseum Ferdinan- alter. Sie dokumentieren die stilistische Ent- deum. wicklung des Kunstschaffens in Tirol und „In dieser Ausstellung zeigen die Tiroler die Auswirkungen überregionaler Einflüsse. Landesmuseen den Zyklus komplett, noch Eines der herausragenden Werke ist der nie zuvor wurden alle erhaltenen Teile „Altar von Schloß Tirol“ aus der Zeit um zusammen gezeigt“, hebt Ausstellungskura- 1370/72, der einst in der Kapelle der landes- torin Eleonore Gürtler hervor. fürstlichen Residenz Schloß Tirol stand. Er Die ritterliche Vorstellungs- und Lebens- gilt als der älteste erhaltene Flügelaltar des welt bestimmt das Bildprogramm des Fres- Alpenraums und als wichtiges politisches kenzyklus: Auf Schöpfung und Sündenfall Manifest seiner Zeit. folgen Szenen aus der höfischen Epik und Eine, eigens für die Ausstellung produ- Minne, die zu Darstellungen der adeligen zierte, Computeranimation bietet den Besu- Unterhaltungs- und Festkultur überleiten. chern die Möglichkeit, sich über das komple- Die Wandbilder zählen neben den Malereien xe Bildprogramm des Altars zu informieren. in Schloß Runkelstein bei Bozen zu den be- Die seit dem 12. Jahrhundert zunehmen- deutendsten profanen Ausstattungen um de Marienverehrung führte zur Entstehung 1400 in Tirol. verschiedener Madonnentypen: So gehört Flügelaltäre, Tafelbilder, Skulpturen und die „Götzner Madonna“, um 1180/90, zu den liturgische Goldschmiedearbeiten vermitteln in der Romanik verbreiteten „Thronenden die tief religiöse Geisteshaltung im Mittel- Madonnen“. Zwei Marienfiguren aus dem Pietà oder Vesperbild um 1530

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 78 Kultur Ägypten für Daheimgebliebene Norbert Bittners Phantasien vom Land am Nil aus der Zeit des Biedermeier – vom 27. Mai bis 20. September 2011 im Liechtenstein Museum Wien Alle Fotos: Liechtenstein Museum / Die Fürstlichen Sammlungen, Wien Ansicht der Sphinx und der grossen Pyramide; Feder in Schwarz, Aquarell, Bleistiftvorzeichnung; 465 x 690 mm Akademie der bildenden Künste Wien, Kupferstichkabinett

nfang des 19. Jahrhunderts rekonstru- wechselte er jedoch bald in die Architektur- seiner Expedition in das antike Libyen bis Aierte Norbert Bittner (1786-1851) in klasse. Aufgrund seiner hervorragenden zur grossen Syrte (1824-1825) in Paris unter 57 Ansichten eine fingierte Reise durch das Leistungen erhielt er bereits ab 1807 ein Sti- dem Titel Voyage dans la Marmarique, la Land am Nil – ohne selbst je in Ägypten pendium. Neben seinen Radierungen von Cyrénaïque et les Oasis d’Audjelah et de gewesen zu sein. Anhand französischer und sämtlichen Theaterentwürfen des Theater- Maradèh veröffentlichte (1827/29). deutscher Stichwerke, deren Details er phan- malers Joseph Platzer (1751-1806) scheint Die von Bittner getroffene Auswahl aus tasievoll kombinierte, schuf er seine persön- es, dass Bittner vor allem für Gregor Graf den Stichwerken der Description de l’Egypte liche Vision dieses Landes. Rasumofsky (1759-1837) gearbeitet hat, für und Gau will die wichtigen Bau- und Die Aquarellserie gelangte im Jahr 1839 den er wahrscheinlich auch die Serie der Kunstwerke von Kairo bis Abu Simbel erfas- durch ein Legat in das Kupferstichkabinett Ägyptenansichten schuf. sen und eine fingierte Reise von Nord nach der Akademie der bildenden Künste Wien. Als Vorlage dienten die Description de Süd rekonstruieren. Bittner nahm sich in sei- 26 Blätter aus dieser Serie – topografisch l’Egypte (Paris 1809-1828), die monumenta- nen Blättern die jeweiligen Topographien von Norden nach Süden geordnet und in le Dokumentation der französischen Expe- zum Vorbild, ließ jedoch manchmal seiner Zusammenschau mit entsprechenden histori- dition sowie die Publikationen des Kölners Phantasie freien Lauf und kombinierte ver- schen sowie aktuellen Ansichten – werden Franz Christian Gau (1789-1853) Antiquité schiedene Details. Er versuchte die Vorlagen seit 27. Mai in der Klassizistischen Biblio- de la Nubie, ou Monuments inédits des bords ästhetisch und kompositionell durch eine thek des Liechtenstein Museum gezeigt. du Nil, situés entre la première et la seconde bühnenartige Gestaltung der Monumente Norbert Bittner studierte seit 1806 an der cataracte, welche von 1822 bis 1827 bei „aufzubessern“. Akademie der bildenden Künste in Wien. Cotta erschien, und jene von Jean Raymond Die Blätter erhalten so eine künstlerische Anfangs Schüler der Landschaftsmalerei, Pacho (1794-1829), der die Illustrationen Wertigkeit und erreichen auf diese Weise ein

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 79 Kultur an der ägyptischen Kunst interessiertes Publikum. Gegenüber den schwarz-weissen Kupferstichen vertiefen die zarten Aquarelle das landschaftliche und emotionale Erlebnis der Nil-Expeditionen. Sie zeugen von dem großen europäischen Interesse an der Wie- derentdeckung Ägyptens sowie der nach 1809 in Europa einsetzenden „Ägyptoma- nie“ und stellen damit einen frühen Beitrag zur Verbreitung der ägyptischen Monumente dar. Neben diesen Aquarellen, die Leihgaben aus dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien darstellen, er- gänzen Publikationen aus der Bibliothek der Fürstlichen Sammlungen den historischen Blick auf Ägypten. Aktuelle Fotos der Se- henswürdigkeiten spannen einen Bogen bis in die Gegenwart. Die Ausstellung wurde vom Direktor des Liechtenstein Museum, Johann Kräftner, in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit Einblick in die Vorhalle eines Tempels von Karnak; Feder in Schwarz, Aquarell, Bleistiftvorzeichnung; 490 x 662 mm, Akademie der bildenden Künste Wien Monika Knofler, Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien, sowie Lisa Schwarzmeier, freie Kunsthisto- rikerin, konzipiert und durch die ägyptologi- sche Beratung von Ernst Czerny unterstützt.

Highlights der Ausstellung Ausgehend von dem Feldzug Napoleons in Ägypten, der von einer Gruppe von Wis- senschaftlern und Künstlern begleitet wurde, kam es Anfang des 19. Jahrhunderts in Euro- pa zu einer großen Begeisterung für altägyp- tische Monumente. Ein sehr frühes Beispiel der Ägyptenrezeption stellen die heute im Kupferstichkabinett der Akademie der bil- denden Künste Wien aufbewahrten 57 Aqua- relle von Norbert Bittner (1786-1851) dar. Norbert Bittner studierte von 1806-1811 Landschaftsmalerei und Architektur. Die wahrscheinlich im Auftrag von Gregor Graf Rasumofsky (1759-1837) ausgeführten An- Tempeleingang in Luxor; Feder in Schwarz, Aquarell, Bleistiftvorzeichnung; 504 x sichten aus dem alten Ägypten beruhen vor 729 mm; Akademie der bildenden Künste Wien, Kupferstichkabinett allem auf der Description de l’Egypte (Paris, Phantasie freien Lauf: Zum einen stellte er (1650), Johann Bernhard Fischer von Er- 1809-1828), der monumentalen Dokumen- die Bauwerke unter einen heimatlichen Wol- lachs „Entwurff einer historischen Architek- tation der französischen Expedition, sowie kenhimmel, zum anderen in eine erfundene tur“ (1721) und Giovanni Battista Piranesis auf der Publikation der Tempel Unternu- begrünte, oft süditalienisch anmutende Land- „Diverse maniere d’adornare i cammini“ biens von Franz Christian Gau (Stuttgart und schaft, er fügte gelegentlich Dekor- oder (1769). Der barocke Universalgelehrte Kir- Paris 1822-1827). Für die wenigen Blätter neue Architekturteile hinzu oder kombinier- cher unternahm den Versuch, die Hierogly- der Cyrenaika (heute Landschaft im öst- te sie zu einem Capriccio. Die sachlich ange- phen zu entschlüsseln, Fischer nahm als lichen Libyen) benützte Bittner als Vorlage legten Vorlagen wurden in bühnenartige erster europäischer Autor aussereuropäische Die Expedition in das antike Libyen bis zur Kompositionen umgestaltet und durch bunte Bauwerke, darunter die Pyramiden von großen Syrte von Jean Raymond Pacho (Pa- Staffage „aufgebessert“ beziehungsweise die Gizeh (Giza), in ein architekturtheoretisches ris, 1827-1829). Aus den genannten Werken gesehene Wirklichkeit durch künstlerische Werk auf. Der geniale Architekt, Architek- wählte er die wichtigsten Bau- und Kunst- Darstellung idealisiert. turtheoretiker und Archäologe Piranesi wie- werke zur Illustration seiner fingierten Reise Neben diesen Aquarellen ergänzen einige derum verwendete für nicht weniger als zehn von Kairo bis Abu Simbel aus. Obwohl Druckwerke aus der Fürstlichen Bibliothek seiner großformatigen Kaminentwürfe ägyp- Norbert Bittner sich im Wesentlichen an die den historischen Blick auf Ägypten, darunter tische Motive. „ Vorgaben hielt, ließ er manchmal seiner Athanasius Kirchers „Obeliscus Pamphilius“ http://www.liechtensteinmuseum.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 80 Kultur Arnold Schönbergs Nachlaß ist Welterbe

er Nachlaß des österreichischen Kom- Dponisten Arnold Schönberg (1874- 1951) wurde in das „Memory of the World“- Register der UNESCO aufgenommen. Dies gab Irina Bukova, Direktorin der Weltkultur- organisation UNESCO, am 25. Mai bekannt. Schönberg zählt zu den prägenden Per- sönlichkeiten der Musik des 20. Jahrhun- derts, sein Nachlaß wird am Arnold Schön- berg Center in Wien bewahrt. Komposito- risch ist sein Name mit der Überschreitung des Dur/Moll-tonalen Systems sowie der epocha- len „Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ (Zwölf- tonmethode) verbunden, mit der er die Mu- sik unserer Zeit nachhaltig prägte. Auch als Maler, Lehrer und Theoretiker hinterließ er Werke von internationalem Rang. Der Vater der „Wiener Schule“ unterrichtete in Europa und Amerika bedeutende Komponisten, dar- unter Alban Berg, Anton Webern, Hanns © Arnold Schönberg Center, Wien Eisler, Viktor Ullmann und John Cage. Arnold Schönberg beim Komponieren an seinem Klavier in Los Angeles um 1935 Der Schönberg-Nachlaß ist eine der renommiertesten, umfangreichsten Samm- des 20. Jahrhunderts und bietet ein breites wissenschaftler, Lehrer, Musiker sowie Hi- lungen eines österreichischen Komponisten Forschungsspektrum für Musik- und Kunst- storiker. Die Sammlung umfaßt Musikmanu- skripte, Schriften, bildnerische Werke, Foto- grafien, Schönbergs Bibliothek, Tonträger, Briefe und Dokumente von kulturgeschicht- licher Relevanz. Nach der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Johannes Brahms) und der Wien- bibliothek (Franz Schubert) ist das Arnold Schönberg Center nunmehr die dritte öster- reichische Institution, welche einen Kompo- nistennachlaß vom Rang eines Welterbes bewahrt. Dies unterstreicht die internationa- le Bedeutung des Musiklandes Österreich und ist Bestätigung des konservatorischen Auftrags, den das Arnold Schönberg Center in Wien seit 1998 erfüllt. Das „Memory of the World“-Register, in das der Schönberg-Nachlaß nunmehr aufge- nommen wurde, gilt dem Schutz von Doku- menten und entspricht als solches dem Welt- erberegister von Bauwerken und Land- schaften. „Leitidee der Welterbekonvention ist es, die herausragenden Kultur- und Natur- stätten dieser Erde, die in einer Liste geführt werden, nicht als Eigentum eines Staates anzusehen, sondern als ideellen Besitz der

© Arnold Schönberg Center, Wien gesamten Menschheit.“ (UNESCO) „ Nachbildung von Schönberg letztem Arbeitszimmer in Los Angeles http://www.schoenberg.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 81 Kultur 18. Klangspuren Schwaz Tirol Festival zeitgenössischer Musik von 8. bis 24.September 2011

ros nachhaltig mit der europäischen Szene Neuer Musik zu vernetzen: neue Festivals und Ensembles sind entstanden, die den zahlreichen Komponisten zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten auch in Spanien selbst Sichtbarkeit und Arbeit verschafft ha- ben. Die „Klangspuren“ Schwaz werden neben der Präsentation der Ensembles Trio Arbos, Plural und Residencias bereits eta- blierten Persönlichkeiten wie Mauricio So- telo vor allem jungen Komponisten eine Plattform sein. Interpreten wie Komponisten sind dabei auch Zeugen einer hochbrisanten kulturpolitischen Situation. Gewissermaßen vor der spanisch-koloni- alen Folie kann man das neue Programm des bolivianischen Orquesta Experimental de

Foto: Roche Commissions Instrumentos Nativos unter der Leitung von George Benjamin ist 2011 composer in residence der Internationalen Ensemble Cergio Prudencio hören. Bereits 2009 bei Modern Akademie im Rahmen des »Klangspuren« Festivals. den „Klangspuren“ zu Gast, präsentiert sich in spanischer Deklamator jagt eine mol- Edawische Geigerin vor sich her und bei- de queren dabei die grandiosen Orchester- klanglandschaften des Komponisten Mauri- cio Sotelo, der mit einem neuen Stück für eben diese Besetzung mit dem Tiroler Sym- phonieorchester Innsbruck die 18. Ausgabe der „Klangspuren“ eröffnet. Der junge Tiro- ler Thomas Amann fordert dasselbe Orche- ster mit seinen rhythmisch vertrackten Figu- ren heraus und der Brite George Benjamin läßt es in seinen Dance Figures auftanzen. Regional verankert, international konzi- piert und einer sinnlichen, ja ab und an pla- kativen Vermittlung Neuer Musik nicht abgeneigt: die „Klangspuren“ Schwaz, das Tiroler Festival zeitgenössischer Musik, ste- hen für die Vielfalt gültiger Positionen im gegenwärtigen Neue-Musik-Betrieb. Die aktuelle Ausgabe konzentriert sich vor allem auf Aspekte des zeitgenössischen Musik- schaffens Spaniens, ein vielschichtiges Por- trät des Komponisten und Dirigenten George Benjamin sowie neue Kooperationen mit dem Kunsthistorischen Museum Wien und dem ebenfalls in Wien beheimateten und weiblicher Kreativität geltenden Festival e_may. Spaniens Szene Neuer Musik erlebte mit dem wirtschaftlichen Aufschwung vor der aktuellen Krise einen immensen Schub und begann sich auch dank des Engagements der

österreichischen CD-Produktionsfirma Kai- Foto: Klangspuren/Astrid Karger

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 82 Kultur

Schwerpunkt die Forschung zum Binom Bild und Musik ist; damit kommen kunsthi- storische, wissenschaftliche und zeitgenös- sisch kreative Aspekte zueinander, die das elfenbeinerne Verständnis von Kultur weit hinter sich lassen. Die Programmachsen der Klangspuren führen in zahlreiche geographische wie ästhetische Himmelsrichtungen; eine sollte dabei besonders hervorgehoben werden. Gemeinsam mit dem Partnerfestival Transart wird die bei den Klangspuren mittlerweile zur Tradition gewordene Pilgerwanderung auch den Brenner queren: dem wandernden Publikum wird dabei an spirituell bedeu- tungsvollen Positionen historischer Kirchen- architektur ein anspruchsvolles wie ab- wechslungsreiches Programm Neuer Musik Foto: Ensemble Residencias näher gebracht. Die musikalische Pilger- Die »Klangspuren« Schwaz werden neben der Präsentation der Ensembles Trio schaft der Klangspuren stößt beim Publikum Arbos, Plural und Residencias (im Bild) bereits etablierten Persönlichkeiten wie Mauricio Sotelo vor allem jungen Komponisten eine Plattform sein. alle Jahre wieder auf große Begeisterung, wird doch der konzertritualbefreite Umgang diese Formation nun mit neuen Komposi- im stimmigen Rahmen (als interessanter mit Neuer Musik als besonders erfrischend tionsaufträgen. Komponisten wie Beat Fur- Kontrapunkt zur Alten Musik, die ansonsten empfunden. Der Aspekt von Vermittlung und rer und der in Freiburg wirkende Mesias das musikalische Geschehen auf Schloß Weiterbildung wird bei den „Klangspuren“ Meiguashca und Alejandro Cardona haben Ambras bestimmt) einer der diesjährigen exemplarisch durch die bereits vieljährige in Workshops in La Paz dieses inkaische „Klangspuren“-Höhepunkte und als Bot- Kooperation mit dem Ensemble Modern aus Instrumentarium eingehend studiert und die schafter für die Neue Musik am Folgetag Frankfurt verdeutlicht. Der große Zuspruch Erfahrungen in neue Kompositionen gefaßt – auch im Kunsthistorischen Museum von Wien für die Internationale Ensemble Modern kultureller Dialog und Austausch einmal an- Akademie aus allen Teilen der Welt mit weit ders gesetzt. über 100 Anmeldungen jährlich zeigt wie Die abwechslungsreiche Verschränkung notwendig die Vermittlung von Wissen, von etablierten und aufstrebenden Kreativen Spieltechniken und die Begegnung mit den der österreichischen Szene Neuer Musik großen Komponistenpersönlichkeiten für die bestimmt auch 2011 die Programmphilo- jungen aufstrebenden Talente ist, die ihre sophie der „Klangspuren“. Thomas Amann, Begabung in den Dienst der Neuen Musik Hannes Strobl, Christian Reimeir, Manu stellen wollen. George Benjamin wird als Delago, Thomas Eisl und Elisabeth Schi- einer der rigorosesten Persönlichkeiten des mana stellen dabei einen wiederum neuen derzeitigen Musiklebens sowohl als Dirigent und dabei ganz eigenen Querschnitt durch denn auch als composer in residence dieser das aktuelle Musikschaffen dar, das im über- achten Ausgabe der Internationalen Ensemb- tragenen oder zumindest biografischen Sin- le Modern Akademie, die wieder am Grill- ne mit Tirol zu tun hat. Neben Programmen hof bei Innsbruck stattfindet, einen starken mit zwei unterschiedlichen Formationen des wie unverwechselbaren Charakter verleihen. Klangforum Wien können wir dank einer di- Mit einem Publikumstag am 11. September rekten Kooperation mit dem in Wien behei- laden die „Klangspuren“ am Grillhof zu mateten Festival e_may Aspekte einer be- einem facettenreichen Programm für Men- wußt auf weibliche Kreativität setzenden schen jeden Alters, um im Rahmen der Aka- Arbeit präsentieren, die in ihrem experimen- demie Einblicke in die Arbeit von Instru- tellen Charakter (Oboe da caccia, Stimme, mentalisten, Komponisten und Dirigenten zu Elektronik, Sprechmaschine) für das „Klang- erhalten.

spuren“-Publikum ein Novum darstellen. Foto: Klangspuren/Gerhard Berger Eines sei hier vorweggenommen: die Die Achse Wien – Tirol wird in diesem Klangspuren Feature „Klangspuren“ erzwingen nichts; sie ermög- Jahr auch durch die besondere Kooperation lichen aber die unterschiedlichsten wie span- zwischen dem Kunsthistorischen Museum in einem besonderen „Installationskonzert“ nendsten – so glauben die Veranstalter zu- Wien und dem Ensemble Phace verstärkt: zu erleben sein. mindest – Begegnungen mit geisteswachen die Uraufführung des kompletten fünfteili- Erweitert wird diese Arbeit durch eine wie hörsensiblen Zeitgenossen unserer Ge- gen Tintoretto-Zyklus von Wolfram Schurig Kooperation mit dem Institut für Musikwis- genwart. „ wird auf Schloß Ambras im Spanischen Saal senschaft der Universität Innsbruck, deren http://www.klangspuren.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 83 Kultur Salzkammergut Festwochen Gmunden 2011 Am idyllischen Traunsee, in einer der schönsten Natur- und Kulturlandschaften der Welt, treffen sich Jahr für Jahr bedeutende Künstler und Geistesgrößen, um gemeinsam ein fünfwöchiges Fest zu feiern. Foto: OÖ. Tourismus/Weissenbrunner Gmunden am Traunsee ist auch einer der kulturellen Hotspots des Salzkammergutes, zum Beispiel mit den Salzkammergut Festwochen, Oberösterreichs größtem Sommerfestival. usik und Literatur, Bildende Kunst, Prof. Carl Djerassi halten. Der österreichisch- MFilm und Tanz verbinden sich zu amerikanische Chemiker, der als Erfinder einem immer wieder überraschenden und der Antibabypille weltweit bekannt wurde, hoch differenzierten Programm, das von in- verfaßte neben seiner wissenschaftlichen Tä- ternational gefeierten Interpreten ebenso wie tigkeit seit den 1980er Jahren zahlreiche lite- von hochbegabten jungen Künstlern darge- rarische Texte. Als Ehrengast erwarten wir boten wird. unter vielen anderen U.S. Botschafter Die nachfolgende Vorschau (Änderungen William C. Eacho III. sind vorbehalten) gibt einen Überblick über die Höhepunkte des kommenden Festspiel- Klassik sommers: Am 16. Juli wird Dennis Russell Davies Die feierliche Eröffnung, deren musikali- ein Konzert mit den Bläsersolisten des sche Gestaltung traditionell von Dennis Bruckner Orchesters Linz bieten; auf dem Russell Davies verantwortet wird, findet am Programm stehen Werke von Wolfgang 15. Juli im Stadttheater Gmunden statt. Der Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven Stardirigent und Maki Namekawa präsentie- und Franz Danzi. – Anna Lang und Alois ren im Eröffnungskonzert Werke von Lud- Eberl widmen sich am 25. Juli in ihrer viel-

wig van Beethoven, Igor Strawinsky und Foto: © 2011 Festwochen Gmunden seitigen Duo-Formation einem spannendem Walter Braunfels. Die Eröffnungsrede wird Dennis Russell Davies Programm mit ungarischem Schwerpunkt,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 84 Kultur das sich aus der berühmten Sonate für Cello solo von Zoltán Kodály, einer Komposition für Cello und Akkordeon von Matyas Seiber und den Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms zusammensetzt. Eine Eigenkompo- sition namens Plunger wird diesen interes- santen Konzertabend abrunden. – Am 3. August wird der aus Linz stammende Pianist Andreas Eggertsberger Werke von Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert darbieten. Eine Besonderheit dieses Abends wird darüber hinaus die euro- päische Erstaufführung der Ballade von William Bolcom, einem bedeutenden zeitge- nössischen Komponisten, darstellen. Einen weiteren musikalischen Höhepunkt markiert am 14. August das Konzert der Zwillings- schwestern Ferhan und Ferzan Önder, die sich als eines der vielversprechendsten Kla- vierduos der jüngeren Generation auf den großen Konzertpodien der Welt etablieren konnten. Im Programm: Werke von Igor Stravinsky, Pablo Ziegler, Fazil Say und Astor Piazzola. – Das Oktavian Ensemble gibt am 20. August sein Gastspiel, u. a. mit einem Oktett des berühmten oberösterreichi- schen Komponisten Balduin Sulzer.

Klassik für Kinder Neu bei den Salzkammergut Festwochen Gmunden: ein musikalisches Programm spe- ziell für Kinder! Albert Landertinger und Maki Namekawa präsentieren am 16. Juli:

Topolina und Maki oder Wie die Maus zum Foto: © 2011 Festwochen Gmunden Klavier kam mit Werken von Wolfgang Ein Höhepunkt für Jazzfreunde ist das Konzert von Tea for 3 in der erstmaligen Amadeus Mozart, Béla Bartók, Edvard Formation von Dave Douglas (im Bild) , Uri Caine, Clarence Penn, Enrico Rava, Linda Oh und Avishai Cohen am 18. Juli. Grieg, Robert Schumann, Igor Stravinsky und Philip Glass. Deutschland) präsent. Er gastiert mit der junge Ensemble Piano Forte Brass zu hören Banda Nkhuvu am 27. Juli 2011 in Gmun- sein, das mit seinem facettenreichen Kon- Jazz, Ska-Punk und mehr den mit Afro-Pop vom Feinsten – gewürzt zertprogramm und seiner instrumentalen Über die Klassik hinaus stehen spannen- mit Einflüssen aus traditioneller Musik Besetzung für ungeahnte Überraschungen de Musikabende auf dem Programm: Ein Mosambiks, Jazz und Rock – mit weltmei- sorgt! Sowohl Jazz und improvisierte Musik Höhepunkt für Jazzfreunde ist das Konzert sterlichem Groove, der unwiderstehlich zum als auch klassische Elemente fließen in die von Tea for 3 in der erstmaligen Formation Tanzen verleitet. Mit dabei ist der Linzer Eigenkompositionen und Arrangements von Dave Douglas, Uri Caine, Clarence Posaunist und Fotograf Werner Puntigam, ein. – Ein weiteres Highlight für Freunde des Penn, Enrico Rava, Linda Oh und Avishai der immer wieder (vor allem im südlichen Jazz: das Konzert des Gianluigi Trovesi 5Tet Cohen am 18. Juli (in Zusammenarbeit mit Afrika) interkulturelle Projekte realisiert. – mit Gianluigi Trovesi (Klarinette, Saxo- den Jazzfreunden Bad Ischl). – Einen Baye- Russkaja, die Showband von Willkommen phon), Massimo Greco (Trompete), Roberto rischen Abend gestalten Zwirbeldirn und Österreich wird am 2. August auftreten. Ihre Cecchetto (Gitarre), Marco Micheli (Kontra- Dorothee Hartinger am 26. Juli. Das bayeri- Musik ist das erklärte Gegenteil von Easy baß) und Vittorio Marinoni (Schlagzeug) am sche Ensemble Zwirbeldirn präsentiert wirts- Listening. Russkaja ist der Schrecken aller 18. August. hauserprobte Volksmusik aus aller Welt, russischen Heimatmusikvereine, Russkaja angerichtet mit drei Geigen, Kontrabaß, der ist Ska-Punkt und fette Polka-Beats aus Ös- Literatur Bratsche Konrad, Dreigesang und einer Prise terreich. Zusammengesetzt aus einer Reihe Intensiv engagieren sich die Salzkam- bröseltrockenen Humors. – Der mosam- höchst verdienstvoller alpenländischer Mu- mergut Festwochen 2011 auch wieder im bikanische Sänger Stewart Sukuma ist in sei- siker mit bunt gewürfelten kulturellen Bereich der Literatur. Seit 2007 findet ein ner Heimat seit langem ein Superstar und Backgrounds verarbeitet Russkaja heute mehrtägiges Fest innerhalb des Festivals für auch auf internationalen Bühnen jenseits von europaweit ihre postmoderne Version russi- eine herausragende österreichische Künst- Afrika (u. a. USA, Brasilien, Portugal, scher Folklore. – Am 8. August wird das lerpersönlichkeit statt: Vom 28. bis 31. Juli

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 85 Kultur

Bernhard werden dem Kultautor drei Le- sungen gewidmet: Sybille Canonica und Johannes Terne lesen aus Frost am 12. Au- gust, Sunnyi Melles liest ausgewählte Texte am 13. August und Wolfram Koch wird am 15. August aus Meine Preise vorlesen. – In einem Soloabend am 15. August experimen- tiert Philipp Hochmair mit Balladen von Friedrich von Schiller. Die Performance wird musikalisch von Fritz Rainer am Schlagzeug begleitet werden. – Chris Pichler und Franz Schuh lesen gemeinsam am 16. August: Unter dem Titel Geschichten nicht nur aus dem Wienerwald wird der Abend den Männern und Frauen bei Ödön von Horvath gewidmet sein. – Eine sonntägliche Matinée mit Texten von Franz Anzengruber wird Erich-Josef Langwiesner am 21. Au- gust geben. Am 21. August abends schließ- lich liest Christoph Ransmayr aus unveröf- fentlichten Erzählungen.

Ein philosophisches Fest Abschließend verdient auch das Philoso- phische Fest besondere Erwähnung, das heuer am 19. August gefeiert wird. Geistes- größen aus den verschiedensten Disziplinen werden zum Thema Göttliche Tugenden und Kardinalstugenden referieren und anschlie- ßend mit den Gästen diskutieren. Mit Anton Zeilinger (Hoffnung), Franz Schuh (Klug- heit), Robert Pfaller (Mäßigung), Lutz Ellrich (Tapferkeit), Konstanze Fliedl (Ge- rechtigkeit), Knut Boeser (Glaube) und Konrad Paul Liessmann (Liebe). Die schönsten Plätze der Traunseeregion

Foto: © 2011 Festwochen Gmunden bieten den unvergleichlichen Rahmen der Der vielfach ausgezeichnete (u. a. Georg-Büchner-Preis) Kärntner Schriftsteller Festivalveranstaltungen. Zu den Spielstätten Josef Winkler der Salzkammergut Festwochen gehören 2011 wird es der vielfach ausgezeichnete (u. erschienenen Stück Dracula, Dracula von H. See- und Landschloß Ort, das Stadttheater a. Georg-Büchner-Preis) Kärntner Schrift- C. Artmann liest. Georg Graf und Peter Gmunden, die Hipphalle und die Bootswerft steller Josef Winkler sein. Freunde und Rosmanith begleiten: Aus Sprache und Mu- Frauscher, um nur einige zu nennen. Wegbegleiter, Verehrer und Kritiker, Thea- sik entsteht eine Symphonie des Grauens. – „Unangepaßt muß man bleiben“, sagt die ter- und Filmleute, Journalisten und Germa- Dem Werk Heinrich von Kleists werden sich Intendantin Jutta Skokan und löst alljährlich nisten werden die vielfältigsten Aspekte sei- die Salzkammergut Festwochen Gmunden mit ihrer Programmgestaltung das Verspre- nes Schaffens an vier aufeinander folgenden anläßlich der 200. Jahrfeier seines Todes mit chen einer mutigen, hochkarätigen und un- Tagen vorstellen und einem interessierten einem Thementag widmen. Otto Brusatti verwechselbaren inhaltlichen Konzeption ein. Publikum nahe bringen. Autorenlesungen wird am 7. August ab 11 Uhr in einer Mati- Die Festwochen Gmunden bieten ihrem werden täglich stattfinden. – U. a. mit Bern- nee den wundersamen Text Über das Mario- Publikum ein opulentes Programm musikali- hard Fetz und Hannes Schweiger, Sigrid nettentheater lesen, nacherzählen und mit scher Finesse und literarischer Brillanz von Löffler, Bernhard Bauer, Antonio Fian, einem Kompendium an Briefzitaten und Klassik und Romantik über Moderne bis zur Franz Haas. Harri Stojka´s Gipsy Swing En- Erlebnisberichten über den Selbstmord des Gegenwartskunst. In dieser stilistischen semble, Oliver Welter und Walter Schreiber Dichters den Vormittag beschließen. Abends Vielfalt orientiert sich Oberösterreichs größ- u. a. werden die Veranstaltungsreihe musika- wird er aus Das Erdbeben in Chili lesen – tes Sommer-Festival in guter Tradition an lisch begleiten. begleitet vom Kontragitarristen Peter Havli- der Verknüpfung von Zeit, Kunst und Ort Ein spannendes Literaturprogramm bie- cek. – Franz Schuh liest am 11. August in der und widmet sich auch in großer Sorgfalt ten die Salzkammergut Festwochen auch im Hipphalle Gmunden aus seinem noch un- Werken der mit der Region verbundenen August: Eine Lesung mit Musik gestaltet Er- veröffentlichten Text Der Krückenkaktus. – Künstlerpersönlichkeiten. „ win Steinhauer, der aus dem erstmals 1966 Anläßlich des 80. Geburtstags von Thomas http://www.festwochen-gmunden.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 86 Kultur Ganz Niederösterreich ist Bühne Das THEATERFEST Niederösterreich präsentiert in der Saison 2011 eine Festspiel-Bandbreite auf höchstem Niveau. Foto: Schloßfestspiele Langenlois Süditaliens Flair bringen die Schlossfestspiele Langenlois mit der Operette „Gasparone“ von Carl Millöcker in das Schloß Haindorf.

on 18. Juni bis 10. September 2011 bie- hof Wein4tel Asparn/Zaya ist Erich Schleyer Vten die schönsten Burgen und Schlös- in der turbulenten Theaterkomödie „Der Pa- ser, romantische Theaterhäuser und Open villon“ zu sehen. Die Sommerarena Baden Air-Bühnen Kulturgenuß auf höchstem Ni- bringt Ferdinand Raimunds „Der Ver- veau. „Irrungen, Wirrungen, Eifersucht, schwender“ zur Aufführung. Das Stadtthea- Leidenschaft und Liebe – das THEATER- ter Berndorf zeigt „Das perfekte Desaster FEST Niederösterreich präsentiert auch Dinner“, eine Komödie von Marc Camoletti heuer wieder ein Kaleidoskop menschlicher mit Michael Niavarani sowie „Die Odysee – Emotionen auf der Bühne“, ist Werner Auer, Eine Abkürzung“. „Ein Sommernachts- der Vorsitzende des THEATERFESTs Nie- traum“ beim Theatersommer Haag verwan- derösterreich, von den Inhalten des Festivals delt den Haager Hauptplatz in ein Elfen- begeistert. Das THEATERFEST Niederös- reich. Im Laxenburger Kultursommer spie- terreich ist mittlerweile auf 23 Festspielorte len u. a. Adi Hirschal, Marika Lichter und angewachsen und erwartet im kommenden Luzia Nistler in „Der listige Herr Odysserl“, Sommer an die 200.000 BesucherInnen. Neu einer mythische Posse mit Gesang von Su-

ist die gemeinsame Ticket-Line. Unter der Foto: Inge Prader sanne Felicitas Wolf. Eine Bühnenbearbei- Telefonnummer ++43 / 01 / 96096-111 sind Beim Stockerauer Open Air Festival tung des Filmklassikers „Harry und Sally“ Eintrittskarten für alle Festspielorte erhält- glänzt Alfons Haider im Musical wird beim Herrenseetheater Litschau zur lich. Die Programmbroschüre präsentiert »Sie spielen unser Lied«. österreichischen Erstaufführung gebracht. heuer erstmals als zusätzlichen Service einen mer 2011 eine große Auswahl an Produktio- Mit der Posse „Eisenbahnheiraten“ von Jo- herausnehmbaren Kalender und ist kostenlos nen. Die Sommerspiele Stift Altenburg zei- hann Nestroy bringen die Maria Enzersdor- erhältlich. gen mit „25 Jahre – des is’ klassisch!“ einen fer Festspiele mit Elfriede Ott das Publikum Im Bereich Sprechtheater bietet das „Crashkurs in Sachen Welttheater“ und zum Lachen. Die Sommerspiele Melk zei- THEATERFEST Niederösterreich im Som- feiern damit ihr 25-Jahr-Jubiläum. Im Film- gen vor der beeindruckenden Kulisse von

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 87 Kultur Foto: Rolf Bock Die Musicaladaption der Oper »Aida« von Elton John und Tim Rice erklingt vor der beeidruckenden Kulisse der Felsenbühne Staatz.

Stift Melk den Mythos von „Artus“. Das Reichenau gibt es unter dem Titel „Das Ab- der“ von Johann Nestroy steht ein selten ge- Theater im Bunker Mödling widmet dem schiedssouper…“ drei Einakter von Arthur spieltes Stück am Programm der Nestroy Dichter Edgar Allan Poe sein bildgewaltiges Schnitzler sowie mit „Der Gscheite und der Spiele Schwechat. Eine rasante Bühnenfas- Stationentheater „Verräterisches Herz“ im Blöde“, Doppelconférencen in Erinnerung sung des Filmklassikers mit Heinz Rühmann Mödlinger Luftschutzstollen. Mercedes Eche- an Karl Farkas. Shakespeare auf der Rosen- „Die Feuerzangenbowle“ ist bei den Wachau- rer ist bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf burg widmet sich der leidenschaftlichen festspielen Weißenkirchen zu sehen. Und last in der Komödie „Lysistrate“ von Aristo- Eifersuchtstragödie „Othello“. Mit „Der but not least brilliert Felix Dvorak in der phanes in der Titelrolle zu sehen. Im Thalhof Mann an der Spitze oder Lady und Schnei- rasanten Verwechslungskomödie „Charleys Tante“ beim Schloß Weitra Festival. Fünf Bühnen des THEATERFESTs Nie- derösterreich bieten im Bereich Musical Unterhaltung auf höchstem Niveau. Die Festspiele Gutenstein zeichnen mit „Egon Schiele – Das Musical“ Schieles dramati- schen Lebensweg und sein künstlerisches Schaffen nach. Beim Stockerauer Open Air Festival glänzt Alfons Haider im Musical „Sie spielen unser Lied“. Die Musicaladap- tion der Oper „Aida“ von Elton John und Tim Rice erklingt vor der beeidruckenden Kulisse der Felsenbühne Staatz. „Les Misé- rables“ zeigt die Sommerarena Baden im Stadttheater. Die Sommerspiele Melk lassen mit der musikalische Revue „Stayin’ Alive“ die 70er Jahre wiederaufleben. Die Sparte Oper ist auch 2011 kräftig ver- treten. Opern Air Gars am Kamp gibt in ihrer 22. Spielsaison mit „Carmen“ die erfolg- reichste Oper von Georges Bizet. Mozarts populäre Oper „Die Hochzeit des Figaro“ steht am Spielplan der operklosterneuburg. „Die Jünglinge im Feuerofen“, eine Kir- chenoper von Benjamin Brittens wird beim Festival Retz zu sehen sein. Die Sommerarena Baden zeigt die Ope- retten „Die Dollarprinzessin“ von Leo Fall sowie „Boccaccio“. Süditaliens Flair bringen die Schloßfestspiele Langenlois mit der

Foto: Claudia Prieler Operette „Gasparone“ von Carl Millöcker in »Die Jünglinge im Feuerofen«, eine Kirchenoper von Benjamin Brittens, wird beim das Schloß Haindorf. „ Festival Retz zu sehen sein. http://www.theaterfest-noe.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 88 Serie K.u.K. Jugendstil

Prof. Peter Schubert – der Autor dieser neuen Serie – beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren intensiv mit dem Jugendstil. Er hat zwei Bücher darüber verfaßt und fotografierte inzwischen wahrscheinlich das größte internationale Fotoarchiv zu diesem Thema: Es umfaßt derzeit mehr als 7000 digitale und 500 analoge Fotos aus 15 europäischen Ländern In der ersten Folge zeigt er Hausfassaden aus den Ländern Österreich-Ungarns Banat und Siebenbürgen

iese heute zu Rumänien gehörenden DGebiete der Donaumonarchie sind für jeden, der sich für Jugendstil interessiert, eine Region besonderen Interesses. Erstens treffen hier aus historischen Gründen gleich vier Formen des Jugendstils aufeinander, verschmelzen oder stehen im offenen Kon- trast. Die beiden Gebiete gehörten ab 1867 zu Ungarn – daher ist der ungarische Jugendstil immer wieder präsent. Aber diese Länder waren von der Bevölkerung her bunt durch- mischt: Deutsche und Rumänen waren hier seit Jahrhunderten genauso zu Hause. Der deutschsprachige Bevölkerungsanteil orien- tierte sich gerne nach Wien – daher ist auch der Wiener Jugendstil und der Secessionis- mus vertreten. Und die Rumänen in dieser Region richteten ihr Augenmerk auf das da- mals junge Königreich Rumänien. Und dort gab es zwei Ausformungen des Jugendstils: Einerseits war der französische Einfluß in allen Bereichen (schon durch die Sprachfa- milie gegeben) sehr stark, andererseits ent- wickelte man einen eigenen, autochtonen rumänischen Jugendstil in Form des Neo- Brancoveanu-Stils. Constantin Brancoveanu war jener Fürst, der erstmals unter türkischer Herrschaft 1688-1714 einen „wallachischen“ (=rumänischen) Staat errichtete, der durch seine Politik des Lavierens zwischen Öster- reich, Rußland und dem Osmanischen Reich sogar eine gewisse Selbständigkeit erreich- te – bis die Türken diese Politik mit brutaler Gewalt beendeten: Der Wallachenfürst wur- de mit seinen Söhnen als Verräter in Istanbul hingerichtet. Den nationalen Rumänen um 1900 dien- ten die Gebäude, die in der Regierungszeit Constantin Brancoveanus praktisch im ru- mänischen Renaissancestil entstanden waren als Vorbild für einen neu kreierten Natio- Alle Fotos: Prof. Peter Schubert nalstil, der auch noch weit über den Ersten Wohn- und Geschäftshaus in Cluj im ungarischen Jugendstil Weltkrieg hinaus Wirksamkeit hatte. Prak- tisch das letzte Gebäude in diesem Stil stellt 1920er Jahren begonnen und erst nach 1989 lichen Gegebenheiten des kommunistischen das Kloster Simbata, an der Grenze Sieben- vollendet… Systems rumänischer Ausprägung vor 1989: bürgens dar: Der Wiederaufbau des 1782/83 Diese Vielfalt der Stile ist aber nur ein Die allgemeine Armut verhinderte – mit von den Österreichern zerstörten Kloster des Aspekt des Interesses für den aufmerksamen wenigen Ausnahmen des vom Regime Nationalhelden Brancuveanu wurde in den Besucher. Der zweite liegt in den wirtschaft- betriebenen Bauaktivitäten – Um- und Neu-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 89 Serie K.u.K. Jugendstil bauten. In den Städten und Dörfern wurde daher bestenfalls die alte Bausubstanz not- dürftig erhalten. Ergebnis: Bei Fahrten über Land findet man in den Dörfern jede Menge von Dekor, die einerseits auf die alten und ehemaligen Besitzer hinweisen (über den Hauseinfahrten finden sich jede Menge deutscher Namen von Familien, die zumindest seit 1990 nicht mehr dort wohnen), aber auch Dekor des Wiener Secessionismus und des ungarischen, von der Volkskunst geprägten Jugendstils. Allerdings: Den Interessierten sei angera- ten, möglichst bald die Gebiete zu besuchen, denn inzwischen ist Rumänien bei der EU und der Aufschwung (inklusive Bauboom) macht sich auch in Rumänien breit – eine Entwicklung, die in den österreichischen

oben: Brasov, Str. Republicii, Wohn- und Geschäftshaus

links: Kleines Wohnhaus in Arad mit den typischen Merkmalen der Secessionis- mus der Wagner-Schule

Dörfern in den 1960er Jahren einsetzte. Und es ist verständlich, daß niemand, der sich ein modernes Haus leisten kann, in einem alten wohnen möchte. Und wieweit sich der Denk- malschutz bei den einzelnen Häusern durch- setzen kann, ist die Frage… Für den Banat und Siebenbürgen gilt Ora- dea als die Stadt, die ganz wesentlich vom Jugendstil geprägt ist. Das ist zwar richtig, aber gerade dort sind viele Gebäude noch in sehr schlechtem Zustand, manchmal sogar mit einer Tafel als Kulturdenkmal gekenn- zeichnet, aber trotzdem sind die Fassaden im Verfall begriffen. Man kann nur hoffen, daß sich dieser Zustand bald ändert… Zu den interessantesten Fassaden Ora- deas zählt ein Haus nahe der Synagoge mit einem Reliefband aus Zsolnayer Keramik, mit der seltenen Darstellung eines siebenar- migen jüdischen Leuchters flankiert von Lö- wen Judas. Timisoara/Temesvar hat jedoch kaum weniger Jugendstil zu bieten: Die Stadt, de- ren Bewohner früher von ihrer Heimatstadt als „Klein-Wien“ sprachen, zeigt dabei eine besonders große Vielfalt der Ausprägungen. An Otto Wagner erinnernde Motive kommen genauso vor wie solche des ungarischen Jugendstils und zeigen, daß Temesvar vor dem Ersten Weltkrieg floriert haben muß. Arad – mit einer Eisenbrücke und zahl- reichen Häusern, vom einstöckigen Vorstadt- haus bis zur Fabrik und Schule mit Jugend- stilelementen – steht da durchaus ebenbürtig daneben. Brasov – etwa mit einem kleinen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 90 Serie K.u.K. Jugendstil

Dachaufsatz auf einem Wohnhaus in Cluj Handelshaus in der Hauptstraße – hat zwar ten Jahren – bevor es Kulturhauptstadt wur- noch einige Gebäude auf ihre „Wiederer- von der Anzahl weniger zu bieten, ist aber de – in den wichtigsten Straßenzügen viel weckung“, denn dem armen „Postfräulein“ gleichfalls interessant. Sibiu hat in den letz- restauriert, doch in den Nebengassen warten an der Fassade des Postgebäudes fehlte – zu-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 91 Serie K.u.K. Jugendstil

cher darüber verfaßt und fotografierte inzwi- schen wahrscheinlich das größte internatio- nale Fotoarchiv zu diesem Thema: Es um- faßt derzeit mehr als 10.000 digitale und 500 analoge Fotos aus 19 europäischen Ländern: vom Kaliningrader Gebiet Rußlands im Nor- den bis Apulien im Süden, von Barcelona im Westen bis Constanta im Osten. Mehr als 200 Fotos davon hat er für Ausstellungen (bisher in Klosterneuburg, Tulln, Wien, Budapest, Szeged und Keckemet zu sehen) bearbeitet: „Es sind Details von Fassaden, daher reiße ich sie digital aus. Und ich möchte Schwerpunkte betonen, daher softe ich Störendes und Unwichtiges ab – wodurch ich zu einem ganz neuen Bild komme. Ich glaube, daß meine Fotos als Dokumentation mit eigenständigem künstlerischen Anspruch oben: Postgebäude in Sibiu einen neuen Weg beschreiten…“ „ unten: Oradea, Haus bei der Synagoge mit Dekor aus Zsolnay-Keramik Vom Autor dieser Serie sind drei Bücher zum Thema Schmuck von Hausfassaden erhältlich: Barbara und Peter Schubert Die Ringstraße des Proletariats. Hausschmuck der Gemeindebauten 1923-1933.

Peter Schubert Jugendstil & Co. Hausschmuck in Floridsdorf 1880-1930. mindest bis vor zwei Jahren – immer noch fündig – von kleinen Vorstadthäusern bis zu eine Hand. den Gebäuden im Zentrum. Und dann ist Auch in Cluj findet sich Jugendstil: Blu- auch noch ein Abstecher nach Constanta am mig verspielte Eisengitter in französischer Schwarzen Meer angesagt, denn das Casino Manier genauso wie Gebäude ungarischer im französischen Jugendstil ist einen Be- Werner Kitlitschka / Prägung. Und das Opernhaus von Cluj (ent- such wert – auch ohne zu spielen. Weitere Peter Schubert standen 1904-06) ist zwar nicht reiner Ju- Tipps auf der Suche nach Jugendstil sind die Zeit des Jugendstils gendstil aber dafür von den Theater-Er- Städte Targu Mures und Jasi. Als Reisetipp: in Niederösterreich. bauern Fellner und Helmer, die von Wien Rumänien ist auch abseits des Donaudeltas Fassadenschmuck aus ganz Europa mit Theatern belieferten. eine Reise wert und kann individuell besucht um 1900. Und zwar im buchstäblichen Sinne: Ein werden – wobei man kaum auf viele Tou- Großteil des Materials wurde vorgefertigt risten treffen wird (eher auf Geschäftsreisen- per Bahn auf den Bauplatz geliefert. de). Die Durchzugsstraßen haben EU-Ni- Ergänzend muß noch angemerkt werden: veau, die Hotels in den Städten können wie Jeder Band: 115 x 210 mm, fest gebun- Wer in Sachen Jugendstil in Rumänien un- überall über das Internet gebucht werden. den, 96 bzw. 112 Seiten mit ca. 80 z.T. terwegs ist, darf sich natürlich nicht nur auf Unbedingt an der Grenze die notwendige färbigen Fotos, € 14,40; zu beziehen über die ehemals österreichisch-ungarischen Ge- Vignette für das Auto kaufen! den Buchhandel oder direkt beim biete beschränken, sondern sollte unbedingt Peter Schubert – der Autor dieser Serie – Verlag Stift Klosterneuburg auch die Hauptstadt Bukarest besuchen. beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren in- [email protected] Denn dort wird man in vielen Bereichen tensiv mit dem Jugendstil. Er hat zwei Bü-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 92 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Josef von Sternberg Regisseur/Produzent/Drehbuchautor

osef (Jonas) Sternberg, ältester Sohn orthodoxer jüdischer Eltern, Jwurde am 29. Mai 1894 in Wien geboren, wo er auch seine frühe Kindheit verbrachte. Wien, das seine Gefühlswelt prägte, blieb nach eigenem Bekenntnis lebenslang die Stadt seiner Träume. 1901 folgte ein dreijähriger Aufenthalt der Familie in New York, danach die Rückkehr nach Wien, 1908 ließen sich die Sternbergs endgültig in Amerika nieder. Der junge Immigrant versuchte sich in filmtechni- schen Berufen, war 1914 als Advisor und Editor für den Produk- tionschef William A. Brady der New Yorker World Film Corporation tätig und half nach dem Kriegseintritt der USA 1917 beim US-Signal Corps bei der Erstellung von Trainingsfilmen. 1919 erhielt er den ersten „credit“ als Assistent des Regisseurs Emile Chautard (den Sternberg ausdrücklich als seinen wesentlichsten Lehrer würdigte), der ihn bei den Aufnahmen zu „The Mystery of the Yellow Room“ in den Studios von Fort Lee, New Jersey, in den Grundbegriffen des Filmhandwerks unterwies. 1921 reiste Sternberg nach Europa, wäh- rend eines zweimonatigen Aufenthalts in Wien übersetzte er Karl Adolphs Roman „Töchter“ ins Englische („Daughters of Vienna“), 1922 arbeitete er in den Londoner Twickenham Studios bei Alliance Production an der Verfilmung der Oper „The Bohemian Girl“ von Michael W. Balfe mit. Sternberg wandte sich anschließend wieder in die Vereinigten Staaten, das Jahr 1923 markierte den Beginn seiner langfristigen Tätigkeit in Hollywood. Als Grand Asher Distributing Corp. 1924 das Melodram „By Divine Right“ in die Kinos brachte, erschien Sternbergs Name als Szenarist im Titelvorspann mit dem aristokratischen Partikel „von“. Weil es förderlich schien, behielt er den vom Produzenten Harry Asher ohne sein Wissen veranlaßten, von der Presse stark kritisierten

„albernen“ Zusatz bei. Nachdem er bei einigen billigen Produktionen Foto: Archiv Ulrich gelegentlich einzelne Szenen inszenieren durfte, entstand 1924 seine Josef von Sternberg erste selbständige Arbeit und Übung im filmischen Handwerk. Das mit finanzieller Hilfe des englischen Schauspielers George K. Arthur in dreieinhalb Wochen in den Flats um San Pedro, Los Angeles’ Chinatown und im San Fernando Valley gefilmte Drama „“ („Die Heilsjäger“), bei dem Sternberg als Pro- duzent, Regisseur, Scripter und Cutter fungierte, wurde auf Emp- fehlung Charles Chaplins von United Artists für den Verleih ange- kauft. Der Newcomer errang damit über Nacht Berühmtheit, Größen wie Cecil B. DeMille, David W. Griffith und Jesse L. Lasky, sprachen ihm ihre Anerkennung aus. Nachfolgende gemeinsame Pläne mit Mary Pickford zerschlugen sich, zwei Mit-Inszenierungen bei MGM, „The Masked Bride“ (1925) und „Exquisite Sinner“ (1926), bedeute- ten auf seinem Weg nur ein Zwischenspiel. Sternberg war entschlos- sen, Filme auf seine eigene und keineswegs schablonenhafte Art zu machen. Chaplin beauftragte ihn 1926 mit der Regie einer simplen Love Story, „A Woman at the Sea“. Der Film mit dem usprünglich gedach- Foto: Filmarchiv Austria ten Titel „The Sea Gull“ galt dem Comeback der alkoholkranken George K. Arthur, Josef von Sternberg, Bruce Guerin und Georgia Hale am Set des kleinen Dramas »The Salvation Edna Purviance, dem früheren Co-Star des Komödianten, der dem Hunters« Streifen einige selbstinszenierte Szenen hinzufügte, das fertige Werk

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 93 Serie »Österreicher in Hollywood«

insgesamt aber als mangelhaft empfand und nach der Premiere in den USA noch vor dem (englisch untertitelten) „Blauen Engel“ einem Beverly Hills Theater weitere Aufführungen unterband. Mit gezeigt, ein stilistisch perfekter Film, der alle Schlüssel-Elemente der „Underworld“ („Unterwelt“), inspiriert von einer Story des damali- Sternberg-Dietrich-Kreationen enthielt. Die Spionagegeschichte gen Chicagoer Journalisten und späteren Hollywoodautors Ben „Dishonored“ („Entehrt“, 1931) nach Sternbergs Drehbuch spielte Hecht, ausgestattet mit üppigen Bildeffekten, die an deutsche Studioarbeit erinnerten, etablierte Sternberg 1927 die Gattung des Gangsterfilms, eine Neuheit. Eine riesige Menschenmenge belagerte tagelang das Erstaufführungskino am New Yorker Times Square, während der langen Laufzeit des Films begann die Ära der Licht- spielhäuser, die rund um die Uhr geöffnet waren. Der künstlerische und ökonomische Erfolg des heute als Klassiker gesehenen Streifens bildete das Fundament für die bis 1935 dauernde Verpflichtung des Wieners bei Paramount. 1928 gelangen ihm zwei herausragende Regieerfolge, die romantische Tragödie „The Last Command“ („Sein letzter Befehl“) mit , der für seine Rolle als ehemaliger zaristischer General, der in Hollywood als Komparse sein Leben fri- stet, den ersten Darsteller-Oscar der Filmgeschichte erhielt und „“ („Im Hafen von New York“), ein von sozialem Realismus und Einfühlungsvermögen für die Lebensumstände der Protagonisten geprägtes Meisterwerk. Neben der Story zu „Street of Sin“ und der Regie von „The Dragnet“, übernahm Sternberg im Auf- trag von Paramount Schnittänderungen an Erich von Stroheims Dra- ma „The Wedding March“, 1929 realisierte er mit der bizarren und pittoresken Gangstergeschichte „Thunderbolt“ („Blitzstrahl“) seinen ersten Tonfilm. Foto: Archiv Ulrich Josef von Sternberg auf dem Kameraturm bei Regieanwei- sungen zum Gangsterfilm »The Dragnet« (1928)

teils im erinnerungswürdigen Wien, „Shanghai Express“ (1932), ein romantisches, exotisches Abenteuer und visuelles, als „Best Picture“ zum Oscar nominiertes Poem, gilt als der größte Kassenerfolg des Regisseurs, das Drama „“ (1932), zwei Jahre vor den Foto: Filmarchiv Austria großen Zensurvorschriften entstanden, schwelgte in breiter unmora- Drehpause bei den Arbeiten zu »« lischer Art der Erzählung der Story, bezauberte aber durch intellek- (1926), der ersten Regiearbeit Sternbergs für MGM tuelle Leichtigkeit. Sternberg wollte nach diesem Film die Arbeit bei „Der blaue Engel“, die kongeniale Verfilmung des Heinrich- Paramount beenden. Seine Vorstellung, in Berlin eine eigene Gesell- Mann-Romans „Professor Unrat“, eine Kleinbürger-Satire und schaft aufzubauen, war jedoch wegen zu großer Schwierigkeiten zum Auseinandersetzung mit dem heuchlerischen Sittenkodex der preu- Scheitern verurteilt. Der Machtantritt der Nazis veranlaßte ihn über- ßisch-wilhelminischen Zeit, geriet Sternberg 1930 zu einem Meilen- dies zur Rückkehr nach Hollywood, wo er sich erneut bei Paramount stein der Filmgeschichte. Erich Pommer, ein kundiger Entdecker und für zwei weitere Dietrich-Filme verpflichtete. „“ Förderer, hatte ihn dafür zur Ufa in die deutsche Hauptstadt geholt. („Die scharlachrote Kaiserin“, 1934), von namhaften Kritikern als Gegen den Widerstand aller Beteiligten stellte er neben Emil „surrealist masterpiece“ gepriesen, stieß im Gegensatz dazu trotz Jannings archetypischen Part die damals kaum bekannte Marlene einer großartigen Marlene Dietrich sowie ästhetischer Extravaganzen Dietrich in der Rolle einer lasziven Tingeltangel-Sängerin und -tän- und optischer Raffinessen beim amerikanischen Publikum der zerin heraus. Für die glamouröse Berlinerin, die die Arbeit mit Depressionszeit auf Ablehnung1). Das ganz auf den Star zugeschnit- Sternberg später als Wunder empfand, wurde dies der Beginn einer tene Melodram „The Devil Is a Woman“ („Der Teufel ist eine Frau“, Weltkarriere, unveränderbar blieb ihr Mythos lebenslang mit dem 1935), in dem Sternberg seinen Star am vehementesten als Namen ihres Entdeckers verbunden. Verführerin herausstellte, nach einem inadäquaten Script meist in Im Rahmen der sechs Filme umfassenden Zusammenarbeit der „flashback“-Manier gehalten und dementsprechend beim Filmvolk beiden in Hollywood entstand mit „Morocco“ („Marokko“, 1930), in unpopulär, deswegen von der amerikanische Presse auch dem „intel-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 94 Serie »Österreicher in Hollywood« Foto: Archiv Ulrich Foto: Filmarchiv Austria Die Paramount-Executives B.P. Schulberg (l.) und Jesse L. Marlene Dietrich mit ihrem Mentor Josef von Sternberg in Lasky mit Josef von Sternberg (Mitte) Hollywood, 1930.

lektuellen Publikum“ empfohlen, beendete den gemeinsamen der ein unzufriedener Sternberg abgelöst und durch Nicholas Ray Zyklus. ersetzt wurde. 1953 schloß Josef von Sternberg seine mehrere Jahr- Nach zwei Regieaufträgen von Columbia für die Dostojewskij- zehnte umspannende Laufbahn mit der Adaption eines realistischen Dramatisierung „Crime and Punishment“ („Schuld und Sühne“, Stoffes ab. Die stummfilmnahe pazifistische Tragödie „Anatahan“ 1935) mit dem Star Peter Lorre und dem für den Austro-Amerikaner (Japan) nach einem Tatsachenbericht, stellte ein aufwändig produ- als Genre untypischen Musical „“ (1936), nach ziertes und kühnes, allerdings wenig erfolgreiches Spätwerk gegen dem Singspiel „Sissy“ von Fritz Kreisler und Libretto der Brüder den Krieg dar, das sein Schöpfer, der selbst die Kamera bediente, für Hubert und Ernst Marischka, von dem er sich später distanzierte, sein bestes Leinwand-Opus hielt. wirkte „Jo“ von Sternberg nach einer langen Fernostreise Anfang Das im Auftrag des exzentrischen Milliardärs Howard Hughes 1937 in Denham in England an Kordas „I, Claudius“ mit. Die Ver- bereits 1949 begonnene Aviation Drama mit antikommunistischem filmung der bewegten Vita des römischen Kaisers nach dem Roman Effekt „Jet Pilot“ („Düsenjäger“), mit dem Starduo John Wayne und von Robert Graves bei Alexander Kordas London Films mußte Janet Leigh, ließ Hughes jahrelang bis zur Unkenntlichkeit bearbei- jedoch nach verschiedenen unglücklichen Umständen abgebrochen ten, bevor er es zur Aufführung freigab. Sternbergs erster Farbfilm werden2). Dazu zählte die schwierige Zusammenarbeit mit dem kam damit erst 1957 in die Kinos. Hauptdarsteller Charles Laughton, dem Sternbergs exakte Regieme- Die österreichische Regierung bot dem Regisseur 1938 bei dessen thoden widerstrebten, eine zu hohe Überschreitung der Produktions- Besuch in Wien die Stelle eines Filmbeauftragten an, der Anschluß zeit und des Budgets, letztlich noch ein Unfall des weiblichen Stars Österreichs an Nazi-Deutschland machte jedoch die Pläne zunichte. Merle Oberon. Das Fiasko führte im weitesten Sinne zu einem Bruch 1947 gab Sternberg, ein Autokrat und eine der schillerndsten in der Karriere des großen Impressionisten, dessen folgende Filme Erscheinungen der Filmkultur, erstmals Unterricht am Cinema De- nie mehr die Intensität seines früheren Schaffens erreichten. Darunter partment der UCLA, der amerikanische Filmhistoriker Andrew Sarris „Sergeant Madden“ (1939), ein Polizeimelodram, „The Shanghai stellte ihn auf eine Stufe mit Flaherty, Murnau, Lubitsch, Renoir und Gesture“ („Im Banne von Shanghai“, 1941), ein etwas überladenes Ophüls. Der mit zwei Academy-Award-Nominierungen (1931 Drama ohne großen Kassenerfolg für seinen Freund und Produzenten „Morocco“, 1932 „Shanghai Express“), einem Stern auf dem „Walk Arnold Pressburger, das indes Gene Tierney und Victure Mature zu of Fame“ (6401 Hollywood Blvd.) und 1963 mit dem deutschen Stars machte, der dokumentarischen Kurzfilm „The Town“ (1944) Filmband in Gold ausgezeichnete Regiemeister befand, daß „der über das kriegszeitliche Leben in der amerikanischen Kleinstadt Film keinen großen und erhabenen Zweck habe, weil ihn jedermann Madison in Indiana, gedreht für das United States Office of War verstehen muß“. Sternberg wollte mit seinen subtilen Schöpfungen Information und „Macao“ (1952), eine Auftragsarbeit für RKO, bei aus Licht und Schatten nicht die breite Masse, sondern den einzelnen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 95 Serie »Österreicher in Hollywood«

Anmerkungen 1) Gemäß Josef von Sternberg geriet „The Scarlet Empress“ außerdem in eine marktstrategisch unvorteilhafte Konkurrenz zu Paul Czinners in England hergestellten Film „Catherine the Great“ mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle, der denselben Stoff behandelte. 2) 1966 brachte BBC ein TV-Feature „The Epic That Never Was“ heraus, das die erhaltenen Szenen des Films sowie Berichte und Stellungnahmen der seinerzeit Beteiligten enthält. 3) Der symbolische Titel geht auf ein gleichnamiges Filmchen Thomas A. Edisons von 1894, dem Geburtsjahr Josef von Sternbergs, zurück. Foto: Archiv Ulrich Josef von Sternberg und Rudolf Sieber, aus Aussig stam- mender Ehemann Marlene Dietrichs, der bei der Verfilmung von »The Devil Is a Woman« als Regieassistent tätig war. Foto: Archiv Ulrich

it dem Buch „Österreicher in Hollywood“ legte der Zeithisto- Mriker Rudolf Ulrich die lang erwartete Neufassung seines 1993 erstmals veröffentlichten Standardwerkes vor. Nach über zwölfjähri- gen Recherchen konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer revidier- ten, wesentlich erweiterten Buchausgabe vorgelegt werden. „Diese Foto: Archiv Ulrich Hommage ist nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern auch an die in Josef von Sternberg mit Max Reinhardt und Marlene Dietrich der Heimat vielfach Unbekannten oder Vergessenen und den dar- in Hollywood, ca. 1936 überhinaus immensen Kulturleistungen österreichischer Filmkünstler Menschen erreichen. Die 1965 veröffentlichte kunstphilosophische im Zentrum der Weltkinematographie gewidmet: „Alles, was an et- Autobiografie „Fun in a Chinese Laundry“3) (deutsche Fassung: „Das was erinnert, ist Denkmal“, schließt der Autor. Blau des Engels“, 1991), ein Epilog, ist eine teils bittere Reflexion Rudolf Ulrich und der Verlag Film- seiner Arbeit und eine Abrechnung mit Hollywood, den Stars und archiv Austria bieten Ihnen die Mög- dem Metier. lichkeit, im „Österreich Journal“ Persön- Josef von Sternberg, Grandseigneur, Exzentriker und magischer lichkeiten aus dem Buch „Österreicher in Pionier des Films mit über 40 Leinwandwerken, ein Diktator hinter Hollywood“ kennenzulernen. der Kamera, der von Max Reinhardt lernte, daß es in der Technik der Regie keine Grenzen gibt und mit dichten, wahren und lebendigen Rudolf Ulrich Kinobildern Filmgeschichte machte, dessen Name selbst Filmge- „Österreicher in Hollywood“ schichte bedeutet, starb am 22. Dezember 1969 im Midway-Kran- 622 Seiten, zahlreiche Abb., 2. überarbei- kenhaus in Hollywood. Die Urnenbeisetzung erfolgte im Westwood tete und erweiterte Auflage, 2004; ISBN Memorial Park, Los Angeles. „ 3-901932-29-1; http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 96 ÖJ-Reisetip Dem Himmel ganz nah Mit der Seilbahn hoch hinaus, um die Fernsicht zu genießen – ein Vergnügen, das sich auch unerfahrene Wanderer gerne gönnen: konditionsschonend der Aufstieg, oben der Panoramablick und andere Bergerlebnisse. Foto: TVB Alpbachtal Am Sonnwendjochhaus auf 1.783 Metern Seehöhe gleitet der Blick vom Inntal bis zum Wilden Kaiser sowie über das Zillertal und das Rofangebirge mit seinem schroffen Sagzahn und der Schokoladenwand.

it den Gletscherbahnen Kaprun im Sessellifts bequem erkunden lassen. Vom Standseilbahn im Kärntner Mölltal heißt es MSalzburgerLand geht es in die Welt der Pfänder aus, dem Hausberg der Bregenzer, umsteigen auf die Schmalspurbahn. Diese Dreitausender, die in luftiger Höhe zum Grei- eröffnet sich die Sicht auf den gesamten Bo- führt fast bis zum Großen Mühldorfer Stau- fen nahe liegen. In der Region Pyhrn-Priel in densee. Die Stubaier Gletscherbahn in Tirol see, dessen blaues Wasser umrahmt von den Oberösterreich nutzen Wanderer die Auf- befördert ihre Gäste ins ewige Eis: Von der Gipfeln der Hohen Tauern beeindruckt. stiegshilfen, um sich auf den Bergplateaus Aussichtsplattform schweift der Blick bis zu mit dem Blick ins Tote Gebirge zu bewegen. den Dolomiten. In Graz steht der Berg mit- In der Gipfelwelt Das Tiroler Rofangebirge wartet mit schrof- ten in der Stadt. Mit der Standseilbahn ist der 3000 am Kitzsteinhorn fen Felsformationen und idyllisch gelegenen steile Anstieg auf den Schloßberg leicht zu Die Kitzsteinhornbahn in Kaprun im Seen auf, die sich von der Bergstation des bewältigen. Nach der Fahrt mit der Reißeck- SalzburgerLand bringt ihre Gäste in die neue

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 97 ÖJ-Reisetip

Bergführer begleitet und gut ausgerüstet kön- nen so auch mit alpinem Gelände wenig ver- traute Bergfreunde den Gipfel des Kitzstein- horns (3203 m) erobern. Kosten inkl. Aus- rüstung, Guide und Seilbahnfahrt: 65 Euro pro Person. http://www.kitzsteinhorn.at

Genußwandern im Pyhrn-Priel-Gebiet In der Region Pyhrn-Priel in Oberöster- reich starten Wanderer nach dem bequemen Aufstieg mit den Bergbahnen zu Touren auf den Hochplateaus der Wurzeralm in Spital, der Höss in Hinterstoder oder des Wurbauer- kogels in Windischgarsten. Auf der Wurzeralm begeistert beispiels- weise die „NaturErlebnisWelt“ große und kleine Outdoorfans mit einem Barfußpfad und einer Naturbeobachtungsstation. Als Ausgangspunkt für leichte bis anspruchsvol- le Bergtouren wie auf den Stubwieswipfel, die Rote Wand oder das Warscheneck ist die Wurzeralm auch bei ambitionierten Wander- freunden ein beliebtes Ziel. Ob entlang der Rundwanderwege durch die üppige Bergflora oder zu den Spitzen Foto: Gletscherbahnen-Kaprun-AG des Toten Gebirges – auch das Hochplateau Die Kitzsteinhornbahn in Kaprun im SalzburgerLand bringt ihre Gäste in die neue der Höss ist für Bergfexe wie geschaffen. »Gipfelwelt 3000«, die das Bergerlebnis auch ungeübten Wanderern ermöglicht. Der Anblick des Massivs des Toten Gebirges „Gipfelwelt 3000“, die das Bergerlebnis im ewigen Eis auch ungeübten Wanderern er- möglicht. Auf der Aussichtsplattform „Top of Salzburg“ in 3029 Metern Seehöhe wer- fen die Besucher nicht nur einen Blick auf den Gletscher, der 50 Meter unter ihnen liegt, sondern auch auf die zum Greifen nahen Dreitausender im Nationalpark Hohe Tauern. Ebenfalls einen Blick wert: die acht Meter lange Leinwand des „Cinema 3000“ im Inneren der Bergstation, auf der sich Na- turstimmungen im Panoramaformat präsen- tieren. Im kommenden Juni öffnet mit der „Nationalpark Gallery“ eine weitere Attrak- tion der Gipfelwelt am Kitzsteinhorn: In einem 360 Meter langen Stollen, der zur Aussichtsplattform führt, sind fünf Informa- tionsbereiche zu den Themen Technik in der 3000er-Region, Tauerngold und -silber, Kri- stallschätze der Hohen Tauern, Entstehung der Hohen Tauern und des Kitzsteinhorns sowie Permafrost eingerichtet. Ab Sommer führt ein Nationalpark Ranger zweimal täg- lich kostenlos durch die neue Gipfelwelt 3000. Wer noch höher hinauf will, schließt sich der geführten Tour „Mein erster 3000er“ an,

die die Gletscherbahnen Kaprun jeden Mitt- Foto: TVB Pyhrn-Priel / Fritz Röbl woch im Juli und August anbieten. Vom Pyhrn-Priel - Wandern am Speichersee in Hinterstoder

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 98 ÖJ-Reisetip Foto: TVB Pyhrn-Priel / Fritz Röbl In der Region Pyhrn-Priel in Oberösterreich starten Wanderer nach dem bequemen Aufstieg mit den Bergbahnen zu Touren auf den Hochplateaus der Wurzeralm in Spital, der Höss in Hinterstoder oder des Wurbauerkogels in Windischgarsten.

mit seinen endlosen Berggipfeln bis hin zum Auf Entdeckungstour im Rofangebirge Richtung Marchgatterl. Hier tut sich das Fel- Dachstein läßt Wandererherzen höher schla- Die Entdeckungstour im Tiroler Rofange- senreich der eindrucksvollen Nordfront des gen. Zu beliebten Zielen zählen darüber hin- birge beginnt mit einer luftigen Fahrt mit Rofan-Hauptkamms auf. Am Fuße der aus die beiden Speicherseen „Schafkogel- dem Panoramalift von Kramsach. Die roten schroffen Hochißwand liegen die Stein- see“ und „Hutterersee“. Drei Paragleiter- Einer-Sessel schweben gemütlich durch Hütten wie im Tarnanzug zwischen den Fel- Startplätze und eine abwechslungsreiche einen alten Buchen-Mischwald, in dem bi- sen. Sie sind gut 200 bis 300 Jahre alt und Mountainbike-Strecke komplettieren das An- zarre Felsbrocken liegen. Nach wenigen Mi- überraschen mit ihren unüblichen Stein- gebot auf der Höss. Auch in Windischgarsten nuten Fahrt öffnet sich der Ausblick auf die mauern. Für gut vier Wochen von Mitte Juli gibt es dank des nostalgischen Sesselliftes Kramsacher Seen. Am Sonnwendjochhaus bis Mitte August bewirtschaftet das Senner- auf den Wurbauerkogel eine bequeme Auf- auf 1783 Metern Seehöhe gleitet der Blick Paar Janni und Chris die Alm. stiegshilfe. Direkt vom Ortszentrum aus ge- vom Inntal bis zum Wilden Kaiser sowie http://www.alpbachtal.at langt man mit ihm auf den gut 850 Meter über das Zillertal und das Rofangebirge mit hohen Hausberg der Windischgarstner, der seinem schroffen Sagzahn und der Schoko- Mit der Pfänderbahn auf zudem als Erlebnisberg gilt. Vom Wandern ladenwand. den Bregenzer Hausberg über den Panoramaturm samt Nationalpark- Gleich hinter dem Sonnwendjochhaus Schon während der Fahrt mit der Pfän- Ausstellung, die Sommerrodelbahn bis hin beginnt die Route zum Zireinersee (1799 m), derbahn in Bregenz mit ihren tief herunter- zum Bogenschießen reicht hier das Freizeit- der idyllisch in einer Senke umgeben von gezogenen Fenstern öffnet sich dem Gast der angebot. saftigen Almwiesen und Berggipfeln liegt. Blick auf den Bodensee, der sich auf der http://www.pyhrn-priel.net Entlang des Sees führt der Weg flach in Bergstation auf etwa 1000 Metern Seehöhe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 99 ÖJ-Reisetip Foto: Pfänderbahn AG Schon während der Fahrt mit der Pfänderbahn in Bregenz öffnet sich dem Gast der Blick auf den Bodensee, der sich auf der Bergstation auf etwa 1000 Metern Seehöhe zur Panoramaansicht über den gesamten See weitet. zur Panoramaansicht über den gesamten See Ziegen leben. Auf der halbstündigen Tour Am Stubaier Gletscher über weitet. treffen sie auf die Adlerwarte. Vom 1. Mai den Dreitausendern schweben Außerdem zu entdecken: 240 Alpen- bis 3. Oktober zeigen dort Adler, Milane, Die Stubaier Gletscherbahn befördert gipfel. Wie sie heißen, läßt sich auf den Gra- Falken, Uhus und Geier täglich um 11.00 ihre Gäste schnell und bequem von Neustift vuren in alten Kupferplatten nachlesen. und 14.30 Uhr ihre Flugshow vor dem Bo- in Tirol in die Welt der Dreitausender. Auf Vom Pfänderhaus aus können Besucher denseepanorama, während die Falkner über der Gipfelplattform „Top of Tyrol“ am einen Rundgang durch den Wildtierpark un- die Lebensgewohnheiten und Verhaltenswei- Großen Isidor auf 3120 Metern Seehöhe ternehmen, wo Mufflons, Rothirsche, Mur- sen der Greifvögel erzählen. „schweben“ Bergbegeisterte über 109 Gip- meltiere, Wildschweine, aber auch Hasen und http://www.pfaenderbahn.at feln, wobei die Fernsicht bis zu den Dolo- Foto: Stubaier Gletscher Auf der Gipfelplattform »Top of Tyrol« am Großen Isidor auf 3120 Metern Seehöhe »schweben« Bergbegeisterte über 109 Gipfeln, wobei die Fernsicht bis zu den Dolomiten reicht.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 96 / 02. 06. 2011 100 ÖJ-Reisetip

Graz, und der Uhrturm mit den vertauschten Zeigern. http://www.graztourismus.at

Vom Mölltal in die Hohen Tauern Während die Passagiere den Blick auf die Hohen Tauern und die Südalpen genießen, bringt sie die Reißeck-Standseilbahn vom Mölltal in Kärnten in 25 Minuten bis zur Berg- station Schoberboden. In drei Teilstrecken bewältigt die Bahn einen Höhenunterschied von über 1500 Metern, wobei die Steigung ab- schnittweise spektakuläre 82 Prozent beträgt. Am Schoberboden in 2200 Metern See- höhe wechseln die Gäste das Transportmittel und setzen sich in die Reißeck-Höhenbahn, Europas höchstgelegene private Schmal- spurbahn, die sie zum Mühldorfer Seen- plateau bringt. Der Reißeck-Rundwander- weg führt in einer halben Stunde zum Großen Mühldorfer Stausee (2319 m). Auf Informationstafeln entlang des Wegs finden sich Hinweise zu Landschaft, Geologie und Foto: Graz Tourismus Harry Schiffer Vegetation. Für Kinder gibt es einen Erleb- Mitten in Graz erhebt sich der Schloßberg, den der Uhrturm, das markante Wahr- nisspielplatz, auf dem sich das Zusammen- zeichen der steirischen Landehauptstadt, krönt. spiel von Natur und Technik erfahren läßt. miten reicht. Nach der inspirierenden Rast Auf dem Felsvorsprung des Schloßbergs Wer sich für die Stromerzeugung aus auf dem neun Meter in den Raum ragenden stand vor über 1000 Jahren eine Burg mit Wasserkraft näher interessiert, macht eine „Balkon“ lädt die Jochdohle, Österreichs dem slawischen Namen „Gradec“ (kleine ca. 90-minütige Führung zur Mühldorfer- höchst gelegenes Bergrestaurant (3150 m, Burg), die der Stadt Graz ihren Namen gab. Sperre mit, bei der es auch in das Innere der das sich über einen gesicherten Gletscher- Und aus der „kleinen Burg“ entstand eine Staumauer geht. Die Führungen finden vier pfad erreichen läßt), zur Einkehr. Wer mehr mächtige Festung, die Napoleon 1809 spren- Mal täglich um 10.00, 12.00, 13.30 und über das ewige Eis erfahren will, folgt dem gen ließ. Geblieben sind der Glockenturm 15.00 Uhr statt. „Gletscherflüsterer“ in Form eines Audio- mit seiner „Liesl“, der größten Glocke von http://www.verbund.com/tourismus „ guides. Auf der knapp zweistündigen Rund- wanderung gibt es Wissenswertes über die Geologie des Gletschers und seinen Schutz zu hören. Auch über Mythen und Legenden, die sich um ihn ranken, weiß der Erzähler zu berichten. http://www.stubaier-gletscher.com

Mit der Standseilbahn auf den Grazer Schloßberg Mitten in Graz erhebt sich der Schloß- berg, den der Uhrturm, das markante Wahr- zeichen der steirischen Landehauptstadt, krönt. Seit 1894 überwindet die Schloß- bergbahn, eine Standseilbahn, bravourös die rund 60-prozentige Steigung hinauf zum Plateau – neuerdings mit modernen Panora- magondeln. Oben angekommen, zeigt sich die Grazer Altstadt aus der Vogelperspektive: Ziegel-

rote Dächer glänzen in der Sonne, neben Foto: TVB Pyhrn-Priel / Fritz Röbl ihnen bahnen sich die verschlungenen Gäß- Während die Passagiere den faszinierenden Blick auf die Hohen Tauern und die chen ihren Weg durch die mittelalterlichen Südalpen genießen, bringt sie die Reißeck-Standseilbahn vom Mölltal in Kärnten Häuserzeilen. in 25 Minuten bis zur Bergstation Schoberboden.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at