Print Edition with ISSUE V Limited Subtle 7inch

With Free...... Mp3-Compilation SUBTLE Dday One Strange Famous Karhu with Dday One, Asup, & others DJ Scientist FbcFabric & Reindeer LSD II deadmagazine deadon 1

Gratifikationsgrößen

Der Ruhm in Zeiten des Internets ist ein stillerer geworden, und die Freude über ihn scheint durch ihre Mess- barkeit an Klicks, Hits und Gästebuchkommentaren oft gar nicht zu ihrem Recht zu kommen. Woran lässt er sich denn nun festmachen, der Ruhm? Von wem will ich ihn entgegennehmen? Vielen eröffneten die neuen Netz- werke endlich das lang ersehnte Publikum, während das Publikum, jeder für sich vor dem eigenen Bildschirm, endlich eigene Hypes um die kurzzeitigen Superstars kreiren kann. Die Vermutung darüber, wer den eben im Stillen erstellten Text gelesen, die mühsam zusammengepuzzlte Bildergalerie betrachtet, das nächtelang zu einem glücklichen Ende produzierte Lied gehört haben könnte, findet schier kein Ende in einer Welt, die man wirklich zu beinflussen können glaubt. Doch eben dieser Einfluss ist es, der das, was man früher als „Geniegedanken“ hegte und pflegte, komplett neu definierte, der die Helden auf eine recht mittelmäßige Konfektionsgröße schrumpfen ließ. Doch wenn mein Held mir zu ähnlich ist, wozu brauche ich ihn dann überhaupt noch? Die fiebrige Rekonstruktion von Individualität hat unzählige Doppelwesen ge- schaffen, die nun ihre ureigenen Idole zu sein scheinen und einander dabei doch so offensichtlich gleichen. Die Möglichkeit, überall solche Vergleiche zu ziehen, ernüchtert und lässt erste Erfolge im Rückblick schnell schrum- pfen, denn wenn 200 Menschen mein erstes Lied heruntergeladen haben, wie viele muss ich nun mit dem zehn- ten erst schaffen? Wenn jenes Lied schon 1000 Leute kennen, ist es dann noch ein Geheimtipp und wertvoll für mich als Einzelnen? Wenn alle das Besondere suchen, kann es dann überhaupt gefunden werden? Ein schönes Bild für diese zwiespältige Situation ist das Phänomen „Remix Contest“: Anhand einiger Teile eines Songs einer bereits etablierten Band kann man sich und sein Können beweisen, schnell und effizient viele Zuhö- rer erreichen, und doch bleibt man zuletzt wohl meist im Schatten eines Anderen. Keine Kopie aber auch kein Original. Eine Chance bleibt jedoch, nämlich das Original in einem neuen Licht erscheinen zu lassen, das auch einen neuen Schatten wirft – diesmal den eigenen. Unserer Meinung nach hat der Berliner Produzent Playpad Circus dies mit seinem Remix zu „The Mercury Craze“ von Subtle geschafft. In der Ausschreibung dafür, Mitte letzten Jahres, teilte er sich zwar „nur“ einen zweiten Platz und „endless praise“ mit einigen weiteren Teilneh- mern. Wir jedoch sehen in diesem Song einen eigenständigen Hit, der viel zu schnell in der „Ferner liefen“ Schublade verschwand. Ob ihm oder uns das zu ein wenig Ruhm verhelfen wird, entscheiden andere. Zufrieden sind wir angesichts unserer ersten Vinyl-Veröffentlichung, der hoffentlich noch einige weitere folgen werden, jedoch allemal. deadon Subtle Popsongs für Ungötter 2–6| Looking for the Perfect Beat: Dday One 7–9| Strange Famous Family Business 10–13| Karhu Sinfonie für das stumpfe Schwert 15–19| DJ Scientist A Sound Exposure 20-23| Durch den Sturm FbcFabric&Reindeer 24–26| deadpress 28–43| deadlists LSD special 44–45| deadlists 46–47| deadus 48| deadvol 5. 49 2 deadwords deadwords 3

Die bisher erschienenen 3 Studio-Alben und diversen EPs des Sextetts um den Rapper, Sänger, Performer, Art-Cutter, usw. gelten vielen als mit das Spannendste, was derzeit an progressiver Musik passiert. Fern aller Genres sind Adam Drucker's markant näselnde Stimme und seine rätselhaften Texte wohl nach außen das erste, dem man als Popsongs... rotem Faden durch die komplex arrangierten Songs folgen könnte. Mit ihrem neuen Album „ExitingARM“ verhält es sich nicht viel anders: Auch wenn die Songs als solche langsam zugänglicher werden, der Gesang gegenüber gerapp- ten und gesprochenen Passagen mehr Raum einnimmt, die Melodien auch mal ganze Songs tragen dürfen, wird man immer noch erschlagen vom Ideenreichtum, der ihnen innewohnt. Sieht man die Stimme weiterhin als Fremden- führer an, wird man sich dabei aber auch gewahr, dass dieser in einer scheinbar wirklich fremden, immer komplexer für Ungötter werdenden Sprache spricht. 4 deadwords deadwords 5

„Zumeist wenn mich ein Motiv trifft, lasse ich es einfach machen, erlange seine Bedeutung erst langsam - genau wie sich die gesamte Geschichte von Yes erst lang- sam angehäuft hat.“

„For Hero : For Fool“ zeichnet und vertont den Weg, den er DEAD: Ihr habt ja alle sehr verschiedene musikalische nun in die Welt nimmt: Je mehr er seine Tage auslebt, desto epi- Hintergründe – bei dir und war es wirklich mal scher werden sie, während die Omen und Ahnungen überhand „Hour Hero Yes ist ein „modern HipHop, Alexander Kort (Cello) kommt von der klassi- nehmen, sich manchmal direkt in die wachen Tage von Yes schen Musik, Jordan Dalrymple (Drums) und Marty man“ – so unrein und fehler- injezieren. Am Ende seiner Abenteuer gibt er seine Versuche mit Dowers (Blasinstrumente) dagegen eher aus so einer der Welt auf. Was übrig bleibt, ist sein großes, sein reinstes Immer bereit, dem Zuhörer noch etwas mehr zuzumuten, haft wie brillant, ein Held und Fusion-Rock Richtung. Wie schafft ihr es, gemeinsam Selbst; permanent prosaisch entscheidet sich Yes dazu, dieses hat DoseOne nun seinen ganz eigenen Versuch einer Erklä- Songs zu schreiben? ein Tor (hero and fool). Die Leben zu verlassen und durch eine Türe in seinem Traum zu tau- rung, den „theOughtAlmanach of AmessedFact Vol.I“ heraus- DoseOne: Wir improvisieren alle gemeinsam in chen. Was ihm dabei verschlossen bleibt, ist, dass es aber kei- gegeben – einen Almanach, der in 20000 Wörtern, aufgeteilt drei Subtle Alben folgen sei- einem Raum, und später sitzen wir zusammen, nen Ausweg gibt, dass Yes es grade mal geschafft hat, von einer nach den wichtigsten Begriffen der letzten Alben, die Welt von sortieren und suchen die stolzesten und aben- nem Arm und Aufstieg. „A New Gefangenschaft in die nächste zu springen. DoseOnes Texten entschlüsseln helfen soll. Dass die Einträge teuerlichsten Momente daraus. Wir fangen in Gedichtform und in der für ihn typischen verspielten White“ sind die Texte der Hülle dann dort noch einmal an, bei diesen wenigen Und hier setzt „ExitingARM“ ein: Das Album ist eine Sprache geschrieben wurden, verschweigt diese Beschreibung Minuten Impro, machen ein Demo daraus, und und des Mannes, der Yes ein- Sammlung von Pop Songs, die Yes für die Un-Götter geschrie- leider. der Rest ist dann Feinarbeit und das langsame ben hat, damit sie ihn bei sich behalten / mit denen sie ihn Nun ist aber grade dies gleichzeitig das Abschreckendste und mal war, mit dem er sich nun Suchen nach der besonderen, manchmal sehr bei sich behalten. www.exitingarm.com ist dazu die grafi- Einladendste, was Subtle zu bieten haben: Ihre Musik, genau komplexen Pracht und Reinheit eines jeden abgleichen muss.“ sche Übersetzung seines Almanachs, den er vor den Un- wie DoseOne's Texte, soll den Hörer erschlagen, ihn überschüt- Songs. Göttern versteckt; eine Sammlung von Wahrheiten, aus der ten mit Reizen und Eindrücken, bis er vollkommen in einer ihm DEAD: In einem Interview meintest Du, dass das großar- er seine Texte schöpft, um eine Art subversiven Inhalt und anfangs noch fremd erscheinenden Welt aufgeht. An anderer tige an eurer Musik ist, dass sie eine ganze Welt in sich damit auch Ehrlichkeit in den Kern der Pop Songs zu legen, Stelle war Dose’s Kommentar dazu, dass er die Regeln der engli- „Zumeist wenn mich ein Motiv birgt. Nämlich die des Protagonisten der Subtle Alben - die er gezwungen ist zu schreiben. Dieser Almanach ist wirk- schen Sprache gern vergessen würde, um aus den Wörtern etwas trifft, lasse ich es einfach Hour Hero Yes. Kannst Du diese mal in ihren Grundzügen lich, ist ein Artefakt unserer Vorstellung und gleichzeitig vollkommen neues zu erschaffen, das dem, was er zu sagen hat, erklären? deren Ausführung. vielleicht viel näher käme. machen, erlange seine Bedeu- DoseOne: Hour Hero Yes ist ein „modern man“ – tung erst langsam – genau wie so unrein und fehlerhaft wie brillant, ein Held DEAD: Nachdem das auf der letzten Tour viele Leute überfordert hat - was DEAD: Einige gehen ja auf Deine Musik mit so einer Art Abwehr-Reflex zu, und ein Tor (hero and fool). Die drei Subtle sollen diese ganzen Gabeln überall? sagen: „Ach, das ist Kunst... Das kann ich eh nicht verstehen...“. Spürst Du sich die gesamte Geschichte Alben folgen seinem Arm und Aufstieg. „A New DoseOne: Die Gabel begann für mich als das Wappentier der eine Art Drang, diesen Menschen näher zu kommen? Die Pop-Songs, die Yes von Yes erst langsam ange- White“ sind die Texte der Hülle und des amerikanischen Seele. Dann tauchte sie wieder auf als der schreibt, sind ja auf mehrere Weisen eine solche Verbindung. Mannes, der Yes einmal war, mit dem er sich Schwarm, den Dept. Officer promise in der Geschichte um Hour DoseOne: Ja, sie sind ein Versuch, mit dem Universellen in häuft hat.“ nun abgleichen muss. All das findet in einem Hero Yes reitet. Und so fing auch ich an, sie wie während des unserem Inhalt zu kommunizieren, mit unseren Persönlich- Schlafzimmer in Oakland statt. Seine Suche Songs „Middleclass Stomp“ fliegen zu lassen – und das Seltsam- keiten, unserer Kunst... Und diese Reaktion, die Du an- EAD: Und wie übersetzt ihr diese Songs dann in die Live- nach sich selbst wird bald intensiver, und das ste trat ein: Die Leute fingen an, mir die Gabeln zum Unter- sprichst, basiert, wenn man sie zuende denkt, vor allem auf Shows, für die ihr so bekannt seid? Wie trifft sich das alles Schlafzimmer beginnt zu leben. Seine Alpträu- schreiben zu geben, sie zu behalten; und so wurden aus ihnen „dis-interest“ oder Apathie; sie reflektiert die Luft des Heute, wieder mit diesem großen Überbau, der eure Musik ja aus- me, Ängste und Phantasien werden überflutet die Wappentiere des Fans. der man nicht entkommen kann, die man nicht verleugnen machen soll? von Omen und Kreatur. Mit dem Ende von „A Zumeist wenn mich ein Motiv trifft, lasse ich es einfach kann. Und genau darum geht es auf „ExitingARM“ - die inter- DoseOne: Ich führe das wirklich alles zusam- New White“ öffnet Yes die Türe und geht – die machen, erlange seine Bedeutung erst langsam - genau wie sich essanten Belange unter den Desinteressierten; eine schwere men - Hour Hero Yes ist ja eine eindeutige Angst im Rücken. die gesamte Geschichte von Yes erst langsam angehäuft hat. und edle Angelegenheit. Anspielung auf eben diese eine Stunde, die wir 6 deadwords deadwords 7

auf der Bühne sind, wenn wir für all die Andeu- tungen und Weiterführungen unserer Kunst auch verantwortlich sind. It´s my favorite pok- ket of hot moments in life. Wenn unsere Songs dann mal fertig sind, sitzen wir über ihnen und entscheiden, was davon wir live spielen werden. Dann samplen wir aus diesem Fundus, spielen dazu, versuchen gemeinsam, die Songs umzusetzen – wir covern uns also selbst. All- mählich komplettieren die Lieder sich dann, wenn DEAD: Siehst Du eine Möglichkeit, dass Dax jemals wieder ein Teil eures Live- wir sie so durchlüften, quasi von selbst, und wer- Sets werden wird? Ihr arbeitet ja immer noch sehr intensiv zusammen. den alles, was sie für uns werden sollten. Jedes auf DoseOne: Unglücklicherweise nein. Seine Gesundheit benö- seine Art. tigt eine weitaus stabilere Umgebung als eine Tour sie ihm bieten könnte. Ganz zu schweigen von seinem Immunsystem, So wie der Session-Charakter der Songs das das keine Woche in dreckigen Clubs überstehen könnte. Dazu schon andeutet, sind auch deren Texte perma- haben die meisten ja nicht mal eine Rollstuhlrampe. nent im Clinch mit der Welt, in der die sechs Trotzdem ist das eines unserer Fernziele: Einmal wieder zu Musiker leben. Wenn zum Beispiel immer wie- sechst auf der Bühne zu stehen, vielleicht in San Francisco der der „Arm“ auftaucht – wie schon im Album- oder Los Angeles. Ich würde alles geben, um das möglich zu titel – verbindet sich dies auch mit dem schrek- machen. Eines Tages. klichen Unfall, den die Band auf einer ihrer letzten Touren hatte, und seitdem Dax Pierson DEAD: Erst vor kurzen wurdest du in vielen Blogs aufgegriffen, nachdem du, querschnittgelähmt auf einen Rollstuhl und anschließend an ein Interview, 2 Rapper mehr als nur erfolgreich gebattlet vielfältige Arten von Hilfe angewiesen ist. Das hast. War das nicht eine Phase deiner Karriere, die du bereits abgeschlossen Fehlen der Arme, der eingeschränkte Kontakt geglaubt hattest? Looking For The nach außen, die Verbindung von Kopf und Welt DoseOne: Ehrlich gesagt, nachdem wir in Barcelona ausge- wurde seitdem mehr denn je zum tragenden raubt worden sind, hat etwas in mir „klick“ gemacht. Ein paar Motiv in Doses Texten. (Arm bedeutet zudem Wochen später spielten wir dann mit Subtle eine Show in auch Ast, Waffe, etc.) Victoria, BC, und ein Typ, der rappt, kam Backstage und proll- te rum, redete dauernd darüber, zu battlen. Ich hatte einfach Die Welt, die Dose nun in seinen Texten eine scheiss Nacht, und machte ihn dann fertig. Seit knapp 8 Perfect Beat beschreibt, befasst sich von jeher mit solchen Jahren hatte ich sowas nicht mehr gemacht, und auf einmal Verbindungen, allein schon weil sie selbst eine kam alles zurück wie Blut in deinen Kopf. solche ist: Nämlich schlicht unsere Welt in Manchmal, wenn du dazu geboren wurdest zu töten, egal Metaphern, und dort herrschen die zwei Un- wie schrecklich deine Gabe ist, ist das immer noch Deine Gabe. Nach diversen Veröffentlichungen (u.a. auf Needlework und Subversiv-Rec) beglückt uns der in Los Angeles Götter Dr. MoonOrGun und Reverend Pitman, - Die Frage ist einzig, wie du sie einsetzt. Ich plane, wieder zu geborene und aufgewachsene Dday One dieses Jahr mit seinem sehr gelungenen und durchdachten Album deren Zwillingskinder, die HeadacheTwins, die battlen, die Welt der Schwachen und der Schwachsinnigen „Heavy Migration“. Dday One begann sich schon sehr früh mit Samples, Loops und staubigen Platten zu Kontrolle über das Musikfernsehen, die kommer- wieder zu erfahren. Ein dreckiger Job, aber jemand muss ihn ja beschäftigen, was sich in seiner Musik widerspiegelt und was viele Hörer an ihm zu schätzen wissen. Sein zialisierte Welt innehaben. Was also auf den machen... erstes Album „Mood Algorithms“ gilt bei Liebhabern instrumentaler HipHop Musik bereits als Meilenstein ersten Blick schlicht konfus wirkte, beginnt mit und auch mit dem im Jahre 2006 auf Needlework erschienenen Album „Loop Extensions“ setzte er einen wei- dem finden eines von vielen Schlüsseln (ein wei- Text: Jens Essmann teren Höhepunkt seiner Diskografie. Passend zum 10-jährigen Jubiläum seines musikalischen Schaffens spre- teres Leitmotiv der Platten) an Sinn zu gewinnen. Fotos: Lex Records chen wir mit ihm über seine Ansichten als Musiker, Einflüsse und das aktuelle Album „Heavy Migration“. 8 deadwords deadwords 9

DEAD: In den Liner Notes deines neuen Albums erklärst du deine Herangehensweise, das was du „the movement of sound“ nennst. Was heißt das für dich als bekannten Crate Digger? Was bedeutet Sampling, die Rekontex- tualisierung verschiedener Sounds in einer global vernetz- ten Welt? Dday One: Ich glaube, dass die Kunst des Samplens eine sehr wichtige Facette in unserer heutigen Welt ist. Zuerst mal hat das „move- ment of sound“ uns die Möglichkeit gegeben, uns selbst auszudrücken, die Kultur zu erwei- tern und Grenzen einzureißen, während wir gleichzeitig unseren Vorgängern Respekt zei- gen. Zudem erhöht das Hören von wirklich vie- len Platten auch die Wertschätzung der Musik als solcher, was gerade in Ländern, in denen funktionieren. Auch wie man Sounds zusam- auf die Fahnen und veröffentlicht hauptsächlich limitierte Vinyl-Auflagen. öffentliche Programme dafür verschwunden menfügt hat mir das Mixen beigebracht, ver- Das könnte ja eine ernstzunehmende Alternative werden, wenn man den der- sind, wichtig ist. schiedene Rhythmen, was die Geschwindigkeit zeitigen exzessiven Musik Konsum betrachtet. Was denkst darüber im „Ich glaube, dass die Kunst eines Songs bedeutet... Wenn ich zum Beispiel Hinblick auf die Musik Kultur? Beats programmiere, benutze ich Techniken wie Dday One: Ich denke der derzeitige Anstieg des Konsums ist des Samplens eine sehr wich- das Jugglen, um den Beats etwas mehr Leben zu den neuen digitalen Formaten geschuldet. Einerseits sehe ich tige Facette in unserer heu- geben. Ja, ich würde auf jeden Fall sagen, dass das positiv, da die Konsumenten durch die bessere Distribu- mir das DJing geholfen hat. tion nun mehr Zugang zu Musik haben. Andererseits wird die tigen Welt ist.“ Musik nun dadurch auch austauschbarer, da die Formate kei- DEAD: Angefangen hast du ja als Graffiti Writer. Hat diese nen materiellen Wert haben. Bei Content achten wir also auf DEAD: „Heavy Migration“ ist ja ein Konzeptalbum, und mit spezielle kompromisslose Herangehensweise deine Produk- Details, wenn wir unseren Output limitieren. Eines der De- all den Ideen, die du in den Liner Notes erklärst, würde da tionen als Musiker beeinflusst? tails, die grade bei elektronischer Musik fehlen, ist das Ver- sicher auch ein großartiger Film draus werden, in dem all Dday One: Ich mache da keinen Unterschied. ständnis dafür, wie diese Musik gemacht wird. Und deswegen diese Vorstellungen zusammenkommen. Hast du deine Ideen Graffiti und Beats bauen, das ist ein und die selbe versuchen wir zum Beispiel, Elemente aus dem Studio oder eigentlich schon, bevor du anfängst Musik zu machen, oder Sache. Bei beidem versuchst du, zu erschaffen, Geräte in das Desgin einzufügen. passiert das alles plötzlich, zufällig? was du in deinem Kopf hast, und das ist die Essenz Dday One: Ich kombiniere verschiedene Heran- von HipHop. DEAD: Was können wir von dir in der Zukunft erwarten? gehensweisen. Manchmal motiviert mich eine Dday One: Ich arbeite an Material für das Berliner Label bestimmte Idee, ein Bild oder eine Situation, in DEAD: Deine Hörer schätzen dein Know How wenn es Project Mooncircle und ein paar Remixen. Daneben kümme- der ich mich befinde. „Dying Heart“ beispiels- darum geht, obskure Sounds und krachende Drums zu fin- re ich mich um den Veröffentlichungsplan für Content. Der weise entstand als ich einer Operation am offe- den sehr. Wirst du manchmal müde zu diggen? Wo findet Londoner Produzent und DMC Champion 2Tall hat dort sein nen Herzen entgegensah. Das war eine sehr man noch rare Platten? Album „The Softer Diagram“ veröffentlicht, und eine 7" von emotionale Zeit. Ich nahm dann ein Echo-Kar- Dday One: Ich glaube nicht, dass ich jemals Olde Soul und Double K von People Under The Stairs aus L.A. diogramm, das mir der Arzt gegeben hatte, und müde werde, wenn um das Sammeln von kam auch grade raus. Auf myspace.com/contentlabel kann baute einen Beat um es herum. Dazu suchte ich Platten geht. Abgesehen davon Ausgangs- man sich da am besten auf dem Laufenden halten. nach Samples und Drums, die für mich den material zu finden, Cover, Liner Notes, usw., Nochmals vielen Dank. . Fluss des Blutes im Herzen repräsentieren. Man hat es mir auch als Inspiration für andere kann also schon sagen, dass der Prozess thera- Aspekte meines Lebens geholfen. Und dazu bin peutisch sein kann; manchmal ist es aber auch ich noch süchtig danach. Nur wenn ich darü- einfach impulsiv, so wie bei „Omega Point“. ber nachdenke, umzuziehen, frage ich mich, warum ich Platten sammle. Und was die raren DEAD: Du bist auch ein anerkannter Turntablist, und eine Platten angeht: Es wird schwerer, sie zu fin- Menge Produzenten, die ebenfalls so angefangen haben, den, denn viele Läden machen dicht. Ich Text: Axel Hübner sagen, dass das Manipulieren von Sounds, das Scratchen würde dazu raten, offener an die Sache heran- Bilder: Dday One ihnen geholfen hat, zu verstehen wie man die Sounds besser zugehen. Ich habe schon an den unmöglich- kombiniert. War das bei dir auch so? sten Plätzen Platten gefunden. DEAD Dday One: DJing hat mir grundlegende Musik- Track auf MP3-Compilation: „Minimal Remnant“ Vol5. Theorie beigebracht, also wie man Beats zählt, DEAD: Eines der Labels, auf denen du veröffentlichst wie die Verhältnisse, die Arrangements von Songs (Content Label), schreibt sich „Qualität statt Quantität“ 10 deadwords deadwords 11

Was zuerst am Künstler-Kreis von Strange Famous auffällt: Alle scheinen sie durch Freundschaften mit einander verbun- Reanimator nicht nur ein „schwebender Nebel“ den, und/oder kommen aus der selben Gegend Amerikas, aus ist, wie Prolyphic das noch vermutete, als er in der auch stammt: Rhode Island ist der kleinste Chicago einzig als Stimme existierte... Staat der USA, gelegen in deren Nord-Osten, nahe Kanada, Und das Warten hat sich gelohnt, denn so- und ziemlich eingeklemmt zwischen Connecticut und Mas- wohl die detailverliebte Sample-Kunst Reani- sachusetts; einzig ein paar Insel-Ableger greifen aus dem mators als auch rotzig-wütenden Raps von schmalen Streifen Land in den atlantischen Ozean. Dort Prolyphic scheinen davon nur profitiert zu „Ich spielte eine Show in Denton, haben. Klangen dessen Stimme und Flow auf älteren Releases oft noch etwas bemüht und Texas, und brachte eine Strophe, waren seine Texte da und dort mehr Aus- als die ich über Alkohol-Missbrauch Einblicke auf einen talentierten Rapper, zeigt er sich auf „The Ugly Truth“ als versierter Erzähler geschrieben hatte. Es waren nur und kritischer Beobachter, der seine Kunst ernst so 10 bis 15 Leute da, und nach mei- nimmt und sich nicht hinter lauen Entschul- digungen verstecken mag: „I don´t do this on nem Set kam ein Mann, 24 oder 25 the side or do this in my spare time“. Dass er Jahre alt, auf mich zu und erzählte einen Job zum überleben braucht, ist kein Ge- heimnis, dass es keine Szene gibt, der man mir, dass er, nachdem er mich hinterherweinen müsste, ebenso wenig. Der gehört hatte, aufhören wollte zu Frust, der sich zwischen Arbeit und Schlaf- zimmer aufgebaut hat, die Wut des Einzelnen trinken. Er war wohl seit Jahren ist es, für die Prolyphics Musik einsteht. „Throw dabei, sich stetig, ohne Rücksicht your hands up for everything you can’t touch.“ Für was also, außer für die eigene Befriedi- weiter volllaufen zu lassen, gung, lohnt es zu schreiben? – „Ich spielte eine schien hoffnungslos. Sein Entzug Show in Denton, Texas, und brachte eine Strophe, die ich über Alkohol-Missbrauch begann nun mit einer vollen geschrieben hatte. Es waren nur so 10 bis 15 Flasche Alkohol, die er vor mir Leute da, und nach meinem Set kam ein Mann, 24 oder 25 Jahre alt, auf mich zu und erzählte auf die Strasse kippte.“ mir, dass er, nachdem er mich gehört hatte, aufhören wollte zu trinken. Er war wohl seit Jahren dabei, sich stetig, ohne Rücksicht weiter begann auch die Rapkarriere von Prolyphic – bereits als 15- volllaufen zu lassen, schien hoffnungslos. Sein Jähriger klapperte er die Bühnen des Landes ab, und bereits Entzug begann nun mit einer vollen Flasche damals knüpfte er Kontakte zur noch jungen und rap-affinen Alkohol, die er vor mir auf die Strasse kippte.“ Family Business -Crew - behauptet bis heute, ihn schon zu diesem Ob diese eine Strophe mehr als einen Abend ret- Sage Francis ist wohl nicht zuletzt durch seine 3 Maßstäbe setzenden Alben eine der profiliertesten Zeitpunkt unter Vertrag genommen haben zu wollen. Doch tete, blieb unbekannt. Für Prolyphics Schreiben Gestalten im Indie-Rap geworden – seine Fähigkeiten als Selbstdarsteller und vor Allem auch als einzig der Kontakt zur damaligen Lokalberühmtheit Sage ist dieses Erlebnis, egal wie kurz, bezeichnend: Geschäftsmann werden darüber oft vergessen. Francis blieb bestehen, und nachdem dieser das x-te Demotape „The only thing my words serve is a purpose.“ Über sinkende Plattenverkäufe zu reden, scheint derzeit immer müßiger, interessant dagegen ist, wie es ein zugesandt bekommen hatte, war er es auch, der Prolyphic kleines Label, das 1996 als Briefkasten für Sage Francis’ Demotapes begann, vollbrachte, den Konzern-Riesen sowohl einen Vetrag mit seinem Label als auch die Zusam- Warner auszuspielen: Nachdem man es geschafft hatte, den in Kanada auf ebendiesem Major gesigneten Buck65 menarbeit mit dem Chicagoer Produzenten Reanimator vor- davon zu überzeugen, dass Strange Famous der bessere Partner für den US-Vertrieb sei, verkaufte sich dessen schlug. Der bekam nun in immer regelmäßigeren Abständen Album „Situation“ – unterstützt von einer groß angelegten US-Tour und einer Telefonaktion, bei der Label-Chef Vocal-Spuren aus Rhode Island in den Briefkasten, die er dann Sage Francis die Besitzer unzähliger Plattenläden persönlich anrief – besser als die vorherigen US-Releases über zu fertigen Songs remixte. Beide hatten sich noch nicht ein- Warner. War das nun das Gesellenstück des in seiner derzeitigen Größe noch jungen Labels, folgen nun zwei mal getroffen, als Monate später die erste Version von „The Releases noch relativ unbekannter Künstler: „The Ugly Truth“ von Prolyphic & Reanimator sowie „The Failure“ Ugly Truth“ entstand. Einen Festplattencrash später, nach ins- von B. Dolan. Beide können zeigen, wie das Label funktioniert und unter Umständen wird sich an ihrem Erfolg gesamt 3 Jahren Arbeit, gibt es nun die offizielle, zweite absehen lassen, welche Wege Indie-Labels derzeit gehen können... Version des Albums, plus einige Fotobeweise dafür, dass 12 deadwords deadwords 13

mit dem er vor knapp 3 Jahren „Knowmore.org“ gründete: Charaktere, die Dolan dabei spielt, ist Evel Knievel, der in Eine Website, deren Maschinerie an die von Wikipedia den 60er und 70er Jahren durch gewagte Stunts auf seinem auch über das Epitaph-Label, das seine neueren angelehnt ist (wobei hier wesentlich mehr Kontrolle auf die Motorrad zum Nationalhelden wurde. Mehr als 25 Jahre Alben vertreibt, gewonnen Einfluss, um Strange Inhalte ausgeübt wird), und die sich zur Aufgabe gesetzt später wird er für Dolan zur Erscheinung: „Ich fuhr grade Famous auf eigenen Beinen stehen zu lassen. B. hat, alles an Informationen über Großkonzerne zu sam- von einer Show heim, als ich im Radio eine von Evels Dolan: „Es ist wirklich wie ein Familienunter- Auch Bernard Dolan stammt aus Rhode meln, was für den Konsumenten relevant ist. „Wir bewer- Pressekonferenzen hörte. Ich kannte seine Stimme noch nehmen. Wenn wir nach Hilfe suchen, setzt Island, zog aber, knapp volljährig, nach New ten die Konzerne nach den Rechten, die die Arbeiter besit- nicht, war aber wie hypnotisiert sowohl von seiner Art zu Sage keine Anzeige in die Zeitung. Die Leute, York, um sich dort als Schriftsteller zu bewei- zen, der dortigen Menschenrechtslage, dem politischen sprechen, als auch von dem, was er da erzählte. Er hatte die hier arbeiten, sind meist schon seit Jahren sen. Nachdem er, Frischling der er war, in Einfluss, der von ihnen ausgeübt wird und ihrem Ge- einiges, wirklich ergreifendes über Leben und Tod zu in unserem Umfeld. Alles ist sehr herzlich, eng einem Café wahllos aus einem seiner Notiz- schäftsgebahren.“ – „Ich sehe mich in gleichen Teilen als sagen, und das als jemand, der sein Leben eine Karriere verwoben... wie Omis Strickpullover.“ bücher vorgelesen hatte, wurde er auf die Künstler und als Aktivist, glaube, dass das auch gar nicht lang professionell riskiert hatte. Ich verbrachte danach ein Was sich hier also zu etablieren beginnt, ist damals wachsende Poetry Slam Szene auf- anders möglich ist, ohne mich selbst dabei zu belügen. Jahr damit, obsessiv Informationen über ihn zu sammeln wohl das, was der „Szene“ – wenn es sie denn merksam gemacht, zu der er nach einigen Vielleicht ist das erste meine Leidenschaft und das zweite und schrieb das Gedicht „The Skycycle Blues“. Auf der doch geben sollte – zu fehlen scheint: Ein ver- Besuchen im Nuyorican Café, Brooklyn, An- meine Pflicht. Der Aktivist B.Dolan denkt zum Beispiel, Bühne tritt Dolan nun im weißen Overall Knievels auf, lässlicher Geschäftspartner, der aus der Nach- schluss fand. Während seine Kritik an der wenn er den „Skycycle Blues“ vorträgt - ein biographisches „Ich sehe mich in gleichen Teilen barschaft aller Mitglieder stammen könnte und selbstverliebten Szene die folgenden Jahre Langgedicht, in dem der Stuntman sich als Performance- auch mit fast allen schon mal einen Winter- über wuchs, gewann er einige Slam-Titel, als Künstler und als Aktivist, Künstler der Nachkriegsgeneration zwischen Leben und Tod urlaub verbracht hat. Die nicht anhalten wol- viele Fans und wenige Freunde – drei Jahre wirft: „This helmet / is to protect me / from my own glaube, dass das auch gar nicht lenden Gerüchte über so ziemlich jeden Indie- später zog er sich „angewidert“ zurück. momentum / This costume / is to protect the crowd / from Rapper, bald auf SFR gesigned zu werden, erin- Ein erneuter Neustart: Um es nicht nur bei anders möglich ist, ohne mich the realness of what is happening here / I am calling on nern schon sehr an die Hochzeiten von Anticon. den Worten zu belassen, nur einer mehr zu death / and she comes growling and snapping out of her selbst dabei zu belügen. Wenn es nun etwas gibt, das einen dabei be- sein, der über Politik schreibt und schreit, cage / and opens her jaws up wide on both sides of my lan- fremdlich stimmen könnte, dann wohl dass ohne selbst Einfluss zu nehmen, gründete Vielleicht ist das erste meine ding ramp“. sowohl das Logo als auch der Labelname (eines Dolan das „Open Mics Project“, ein Programm Derzeit arbeitet Dolan an einer größeren, Varieté-artigen Leidenschaft und das zweite seiner bekanntesten Spoken Words) zu aller erst für Problemkinder, das ihnen über die Ver- Live-Show, einem Rap-Album und er hat den Skript zu auf Sage Francis verweisen, der sein Gesicht nur bindung zum HipHop Zugang zu den Künsten meine Pflicht“ einem Horrorfilm, den Michael Corrente produziert, scheinbar schützend notdürftig aus-x-en ließ. Selbstvertrauen und Halt schaffen sollte. geschrieben. Etwa um diese Zeit erschien auch eine erste dass Großkonzerne hinter allem stecken, B. Dolan der Text: Jens Essmann Version von „The Failure“ – damals noch eine Künstler glaubt da mehr an gestaltenwandelnde Mensch- Fotos: Strange Famous selbstgebrannte Doppel-CD, überladen mit Reptilien-Wesen – See the difference?“ Gedichten, wütenden Ansprachen, fragmen- Die Brücke, die er nun zwischen beidem zu schlagen ver- tarischen Songs und Raps. sucht, sieht man – bisher leider fast ausschließlich in Ame- Wenn es also, neben den meist kantigeren Persönlichkeiten, Dolan zog es kurz darauf zurück nach Rhode rika – in seiner Live-Show, die mehr an die Freakshows frü- einen Unterschied zwischen Major- und Indie-Labels gibt, Island, wo er über die dort wesentlich intime- her amerikanischer Wandertheater denn an ein Rap-Kon- dann scheint dieser in der Zeit und Aufmerksamkeit zu liegen, re Slam-Szene Kontakt zu Sage Francis fand, zert oder einen Poetry Slam erinnern. Einer der vier Kern- die den Künstlern dort zuteil wird. Sage Francis nutzt seinen, 14 deadwords deadwords 15

Sinfonie für das stumpfe Schwert

Mit ihrer Vorab-Digital EP „Seven/Sixteen“ machten Karhu bereits Anfang 2007 auf sich und ihr geplantes Album aufmerk- sam. Dass nochmal über ein Jahr vergehen sollte, bis das End- produkt fertig war, damit hatten selbst die Macher nicht gerech- net. Seit Juni jedenfalls ist das Album „Sinfonia For The Blunt Sword“ in seiner endgültigen Fassung im Internet verfügbar. Als Verfechter der Creative Commons Lizensierung stellten sie es ohne Hilfe eines Labels zum kostenfreien Download. Wenn es ein Warn-Etikett „Nicht leicht zugänglich“ für Ton- träger geben würde, so könnte „Sinfonia For The Blunt Sword“ die- sem wohl nicht entgehen. Selbiges heißt natürlich nicht, dass das Werk zu abstrakt wäre, um überhaupt verstanden werden zu kön- nen. Eher ist es vielleicht die knapp bemessene Zeit der meisten Zuhörer mit der es sich schwertut. Das Album verlangt volle Auf- merksamkeit – und das über die gesamte Spiellänge. Mal schnell reinhören funktioniert nicht. Die Intensität und Komplexität der Produktion schafft eine eindringliche, gigantische Atmosphäre, die pausenlose Konzentration fordert. Die Wucht aus Sounds, ständig welchselnde und teils schwer durchschaubare, gebroche- ne Songstrukturen lösen sich erst nach einigen Hörminuten, oder vielleicht gar erst nach mehrmaligem Spielen auf. Wir stellten Niklas von Karhu einige Fragen, in denen er ver- schiedene Aspekte des Albums erläutert. 16 deadwords deadwords 17

DEAD: Die Entstehung eures Albums „Sinfonia for the Blunt Sword“ hat sich nicht notwendigerweise bessere Position – der über 3 Jahre hingezogen. Seit über einem Jahr gibt es bereits die Vorab-EP Extrema ein. 76 Minuten ein bestimmtes Album DEAD: Woher kommt der Name Karhu und wer steht „seven/sixteen“ ebenfalls als freien Download. Was genau hat die Veröffent- anzuhören, entspricht sicherlich nicht dem dahinter? Wie sind die Aufgaben bei euch verteilt? lichung nochmal so lange hinausgezögert? heutigen Musikkonsum. Aber das ganze Album „76 Minuten ein bestimmtes Album anzu- Karhu: Karhu kommt aus dem Finnischen und Karhu: Die erste Version des Albums wollten wir eigentlich Ende ist in vielerlei Hinsicht ein Statement und an hören, entspricht sicherlich nicht dem heißt Bär. Ich weiß nicht mehr genau, warum 2005 fertig haben. Erst als vor Kurzem ein Freund zu mir meinte, sich finde ich es auch interessant zu sehen, dass wir den Namen gewählt haben. Den Großteil dass er mich eigentlich seit jeher am Album arbeitend kennt, ist die meisten Songs darauf ohne die anderen heutigen Musikkonsum. Aber das ganze meiner Jugend habe ich eigentlich programmie- mir klar geworden, wie sehr und wie lange das Album gewach- nicht funktionieren. Album ist in vielerlei Hinsicht ein rend hinter dem Computer verbracht. Aus ei- sen ist. Das hat natürlich die Komplexität am Ende bestimmt; nem der umfangreicheren Projekte ergab sich der Perfektionismus war hierfür sicherlich die bestimmende Va- DEAD: Während dieser 3 Jahre gab es sicher auch eine Statement und an sich finde ich es auch dann die Bekanntschaft mit einem finnischen riable. Ich habe aber die Art zu Arbeiten – inklusive den retro- musikalische Entwicklung bei euch. Wie sieht eure interessant zu sehen, dass die meisten Graphikdesigner, der auf eine merkwürdige Art spektiv betrachteten vermutlich krassen Perfektionismus – zu Arbeitsweise aus? auf Bären fixiert war. Amüsiert von seiner ver- jener Zeit als natürlich angesehen. 2006 und 2007 waren sicher- Karhu: Prinzipiell sind alle Songs als reine, fast Songs darauf ohne die anderen nicht queerten Person und Fixierung hat seine Begei- lich die bestimmenden Jahre für den Sound, da habe ich pro Akkustikgitarren-Songs bei Jamsessions ent- funktionieren.“ sterung wohl unterbewusst abgefärbt. Haris hat Woche rund 10-30 Stunden mit den Arrangements verbracht. standen. Dann wurden sukzessive neue Teile als Metalhead natürlich eine Affinität zur nordi- Momentan würde mich dieser Arbeitsstil zu viel Energie kosten. hinzugefügt bzw. Gitarrenspuren durch DEAD: Das Album ist grundlegend aufgebaut in 3 Teile – entsprechend einer schen Kultur und vor allem nordischen Spra- Die Umsetzung des Konzepts mit allen Implikationen hat die Samples und den ganzen Kram ersetzt. Das ist Sinfonie. Studiert einer von euch Musik oder wie kam es zu dieser Idee? chen. Insofern beschreibt der Name auf eine meiste Zeit gekostet. Ich finde Konzeptalben seit jeher interes- auch der Grund, warum man vom Haris im Karhu: Von uns studiert keiner Musik, aber wir haben immerhin sehr persönliche und irrationale Weise unsere sant, da so ein Album keine bloße Ansammlung von separaten Endprodukt nicht so viel hört, wie er beigesteu- beide eine klassische Musikausbildung. Eigentlich war der Herkunft. Songs ist. Mit der Vielzahl der Alben, die letztendlich eine Com- ert hat. Grund, das Ganze wie eine Sinfonie aufzuteilen und zu arrangie- Das Projekt Karhu besteht also aus Haris und pilation von Songs eines bestimmten Musikers sind, ist für mich Ich frage mich immer noch, warum er mir bis ren für uns eine logische Konsequenz, als sich der Sound des mir, Niklas. Haris hat sämtliche Gitarren einge- auch die momentane Entwicklung in der digitalen Distribution jetzt noch nicht die Freundschaft gekündigt Albums immer mehr herauskristallisiert hat und das meiste spielt und mit ihm habe ich die ganzen Song- nachvollziehbar. Man kann einzelne Songs von Alben kaufen / hat. Die konkreten Songs bzw. Tracks haben Songmaterial noch formbar war. Die Einteilung ist grundlegend ideen entwickelt und die Ideen hinter dem frei runterladen, und da diese durch die anderen Songs auf dem sich erst gegen Ende in der jetzigen Form erge- durch die musikalischen Stilmittel und den Sound, sowie durch Album entworfen und am Sounddesign gearbei- Album nicht zwangsläufig an Kontext gewinnen, wird das ben. Grundlegend war der Prozess, neue Ideen die Komplexität der Arrangements bestimmt. tet. Die weitergehende Vertonung, sowie die Album an sich fast belanglos und führt zu – wie es Misanthrop und Einflüsse im bisherigen Material zu verar- Produktion habe ich dann übernommen. Einige messerscharf beschrieben hat – „Singles, die Alben sammeln“. beiten aber der stets gleiche: cut, paste, insert, Vocals, Kontrabassaufnahmen und Cuts sind „Sinfonia For The Blunt Sword“ nimmt hier die andere Seite – delete, repeat. auch von mir. 18 deadwords deadwords 19

bekannten Themen wie z.B. Kontrolle der Gesellschaft durch DEAD: Wieviele Downloads gab es bereits? megalomanische Unternehmen. Diese Thematiken werden Karhu: Noch nicht genug, um mir sicher zu sein, DEAD: Auf eurer Website heißt es: „Sinfonia for the Blunt durchaus im Album verarbeitet. Andererseits werden diese noch dass das Album seinen Weg zu der offenen Hörer- an einigen Dancefloorfillers. Ich tobe mich also momentan über- Sword“ basiert grob auf dem Film „Metropolis” von Fritz Lang durch aktuellere, z.B. bezüglich Überwachungsstaat aber auch schaft findet bzw. gefunden hat. Wir haben aber all ein bischen aus. Ich schreibe nach Ewigkeiten auch wieder an und war ursprünglich als alternativer Soundtrack dazu ange- geisten Eigentums erweitert. Das ganze Album gibt diese letz- bis jetzt noch keine groß angelegte Promotion ein paar eigenen Audiotools weiter. dacht. Warum nur ursprünglich? Ging die Relation zum Film tendlich in der Position des Beobachters wieder. Insofern ist das gemacht. Für die nächste Karhu-EP/Album haben wir schon einige kon- mit der Zeit verloren? Album nicht mehr eine reine Vertonung des Films. zeptionelle Sachen dingfest gemacht und auch ein paar Takes Karhu: Das Statement auf der Website habe ich DEAD: Ist auch eine Release auf „echtem“ Tonträger wie CD aufgenommen. Ich denke, der kommende Sound wird weniger beschissen ausgedrückt, da es ambig ist. Die DEAD: Auf dem Album sind auch Rap-Texte in Deutsch und in Englisch zu oder Vinyl geplant, oder seit ihr reine Fans des Digitalen? düster und dafür melodiöser. Man wird auch mehr von Haris Relation zum Film ging im Konkreten verloren. hören. Ist Hip-Hop die Musik, die euch geprägt hat? Karhu: Geplant ist in dieser Hinsicht nichts, da hören und weniger von mir. Versprochen. Ursprünglich wollten wir das Album möglichst Karhu: Nein, Haris kommt aus den Untiefen des Metals und ich wir keine derartigen Kontakte zu Labels haben Abseits vom Musikmachen wird früher oder später ein Netlabel exakt auf die Abfolge des Films arrangieren; das mehr aus der Elektronik/Klassik-Ecke, hauptsächlich mit Musik und sich diese wahrscheinlich an der Creative- zusammen mit Playpad Circus an den Start gehen. Ich bin mal war aber mit der Entwicklung der Songs nicht ver- von Aphex Twin, Squarepusher, Autechre, Portishead oder Bach Commons-Lizenzierung stoßen würden. gespannt, wie sich das entwickelt. einbar. Thematisch ist die Relation immer noch und Philip Glass aufgewachsen. Wir sind nicht Fans des Digitalen, aber Fans vorhanden. Einige Bilder und Assoziationsketten Die Ausdrucksweisen der Hip-Hop-Kultur sind heutzutage über- von CC. Wir sehen in der Weise, wie Musik- Text: Günter Stöppel in den Lyrics machen ohne den Kontext des Films all anwesend – und ich meine nicht das k1x-Schuhe-Tragen oder business heutzutage funktioniert, im besonderen Bilder: Dominik Wiersig & Niklas Klügel wahrscheinlich keinen Sinn. Der Film ist eigent- Kopfnicken über irgendwelche Amen-Break Derivate, sondern bezüglich der Internetkultur, Defizite und lich das Urbild der modernen Dystopie mit all den ihre etablierten Mittel, sich konkret und pointiert auszudrücken. Ungerechtigkeiten – nicht nur was die Musiker Das ist für mich sowohl die ganze DJ/Sampling-Kultur, die letz- angeht, sondern insbesondere was die kulturelle DEAD Track auf MP3-Compilation: „Couverture“ tendlich die Popmusik seit den 80ern formt, als auch die Vocals, Entwicklung von Musik betrifft. Der einzige Weg Vol5. „Der einzige Weg momentan die durchaus musikalisch unverspielt ihre Intentionen verlautba- momentan Musik zu veröffentlichen, die unter Musik zu veröffentlichen, die ren. Insofern fanden wir es durchaus sinnvoll, Aussagen, die Creative Commons steht, ist entweder dies digital gemacht werden sollten, auch entsprechend zu vertonen. zu tun, oder die Tonträger selbst herzustellen. Für unter Creative Commons Ich persönlich sehe diese Ausdrucksform im Kontext des Al- letzteres fehlen uns momentan die Resourcen. steht, ist entweder dies digital bums lediglich als Stilmittel. Und empfinde die Verwendung die- ser bezüglich der Umsetzung des Albums als konsequent. Aber DEAD: Was sind die nächsten Projekte von Karhu? zu tun, oder die Tonträger das ist natürlich streitbar. Karhu: Karhu wird sich erstmal eine Auszeit neh- selbst herzustellen. Für letz- men. Haris ist mit seiner Metal-Band und einigen DEAD: Was erwartet und erhofft ihr euch jetzt von der Veröffentlichung? Singer/Songwriting-Sachen beschäftigt. Die EP teres fehlen uns momentan Karhu: Momentan sind wir vorallem froh, dass das ganze zu seiner Band habe ich vor kurzem fertigproduziert; die Resourcen.“ Ende gebracht wurde. Wir möchten, dass das Werk wahrgenom- die ist schön brachial geworden. Ich arbeite mo- men, anerkannt wird und Verbreitung findet. Ob die Kritik im mentan an ein paar kleinen Produktionen für speziellen positiv oder negativ ausfällt, ist uns soweit gleich. Freunde, sowie einer recht verqueren Solo-EP und Wir haben uns von Anfang an entschieden, das ganze unter die zusammen mit einem weiteren Elektroniktüftler Creative-Commons Lizenz zu stellen und somit jedem die Möglichkeit zu geben, es zu verbreiten oder es anderweitig zu verwenden. Ob wir als Personen hinter Karhu Props bekommen, war immer sekundär und mit dieser Arbeit Geld zu verdienen, stand nie zur Debatte. Es geht uns wirklich nur um das Album an sich. Eine große Masse an Zuhörern wird das Album aber vermut- lich nie erreichen, da die hochfrequentierten Verbreitungs- und Konsummechanismen im Internet inhärent unvereinbar mit dem Wesen des Albums sind. 20 deadwords deadwords 21

„Ich muss natürlich sagen, dass auch bei uns die Downloadver- käufe steigen und dass es mich freut, wenn Leute bereit sind, für die Musik an sich Geld zu zahlen. Eine wirkliche Alter- native bietet das für mich aber nicht. Mein Ziel war es immer Platten zu machen.“

kündigt, aber es war nicht die Zeit dafür da, es wirklich in Angriff zu nehmen. Jetzt ist erstmal das Album mit A Sound Exposure sehr wichtig, zu dem ich alle Beats beigesteuert habe. DEAD: EQX zeichnet sich durch einen streng durchgezogenes Design aus. Ist DJ Scientist: Ja, auf der Compilation bin ich nur das dein individueller Geschmack oder ein visueller Ausdruck der Musik? Vor vier Jahren erschien die erste Compilation in Albumlänge auf Equinox Records. Mit dieser Zusammenstellung mit einem Skit vertreten. Die Arbeit, die ein DJ Scientist: Ich würde sagen beides. Ich versuche bei jedem definierte das junge Label sowohl seine musikalische Richtung als auch einen eigenwilligen visuellen Stil. Nach Label macht, hört eigentlich nie auf – es gibt Cover speziell auf die Musik einzugehen, wobei sich das na- einigen Veröffentlichungen im EP, 10" und 5" Format, ist vor kurzem der zweite Teil der Compilation unter dem immer etwas, das noch zu tun ist oder verbessert türlich im Rahmen dessen abspielt, was über das Equinox Titel „One Year & A Day – A Sound Exposure Vol.2“ erschienen. Hier mischt sich eine selbstbestimmte Version von werden kann – und das Ganze ist eben noch kein Corporate Design möglich ist. Das heißt im Grunde Verzicht HipHop mit elektronischen Beatbreakern und samplelastigen Songs, denn der Sound von Equinox liegt irgendwo Selbstläufer. Andererseits gibt mir das Label ja auf Farben und eine bestimmte Auswahl an Grafiken, Schrif- dazwischen, trifft damit aber genau den Punkt. DJ Scientist, der Macher des Labels, hat sich ausführlich mit auch viel Gelegenheit, mich anderweitig musika- ten, etc. Das ganze fußt dann natürlich auch auf meinem unseren Fragen befasst. lisch einzubinden – die neue Compilation sehe persönlichen Geschmack, der aber auch bei den Künstlern gut ich somit auch ein bisschen als mein eigenes ankommt. DEAD: Du bist Labelboss, Designer, DJ und Musiker. Wie wobei ich dennoch auch ein wenig der Typ für so was bin. Mir Album an auch wenn ich es „nur“ zusammenge- kommst du mit diesen unterschiedlichen Rollen zurecht? macht es Spaß Projekte zu koordinieren und zu planen. Zeit- stellt habe. Dazu kommt, dass es heutzutage DEAD: Nach welchen Kriterien suchst du deine Künstler aus? DJ Scientist: Bevor es die Idee zum Label gab, lich wird das zum Problem und oft zur Belastung. Ich versuche sicher auch schwierig wäre, ein anderes gutes DJ Scientist: Ich will, dass sich Equinox als etwas Neues und war ich schon DJ und habe viel Grafik gemacht. mittlerweile auch Aufgaben abzugeben. Das ist natürlich Label zu finden, mit dem man sich identifizieren Eigenes darstellt. Der Künstler sollte auch einen eigenen Stil Generell fließen diese Rollen jetzt in Equinox schwierig, da das Ganze ja, vor allem grafisch, sehr persönlich kann. Ich will mich also nicht beschweren. haben, der zum Label passt. Dann gibt es noch weitere Kri- zusammen. Die eher künstlerischen Aufgaben und mit meinen eigenen Stil verbunden ist. terien, die auf mich Eindruck machen, z.B. hat der Künstler harmonieren ja miteinander. Der Business- DEAD: Kann man bald ein Soloalbum von dir erwarten? Durchsetzungsvermögen und genug Ehrgeiz? Wenn jemand kram, den ein Label so mit sich zieht, ist dann DEAD: Siehst du dich durch die ganze Labelarbeit musikalisch eingeschränkt? DJ Scientist: Erstmal nicht. Ich hatte dieses zum Beispiel schon in Eigenregie eine Platte veröffentlicht zum Großteil eine eher unangenehme Sache, Dein eigener Track auf der neuen Compilation ist ja eher kurz. Soloalbum eigentlich schon vor langem ange- hat, dann zeigt mir das, dass er es mit Musik ernst meint. 22 deadwords deadwords 23 gestanden habe als danach. Die 5inch Serie wurde einem großen Magazin schalten würde, würde sich das rech- aufgrund des Downloads zu unserer vielleicht nen? Um das Geld wieder rein zu bekommen, müssten sich die erfolgreichsten Release. Erstaunlicherweise sind Verkäufe verdreifachen – und mit einer einzigen Anzeige ist es “Ich will, dass sich Equinox auch die digitalen Verkäufe von anderen Titeln in ja längst nicht getan. Bisherige Anzeigenschaltungen und son- als etwas Neues und Eigenes dieser Zeit um fast 100% gestiegen, da wir ein stige Promoaktionen haben kaum merklich was gebracht. Bei enormes Pressefeedback, hauptsächlich Blogs, „Wyred Folk“ z.B. haben wir für unsere Verhältnisse sehr viel darstellt.” hatten, die die Sache von sich aus promotet ha- Werbung gemacht. Die Platte war aber in den Verkäufen eher ben. Dadurch scheinen viele auf uns aufmerksam schlecht, obwohl die Kritiken zum Großteil hervorragend waren geworden zu sein. Generell sehe ich die Sache mit und sie, nach meiner Meinung, ein wirkliches Meisterwerk dar- Free Downloads aber immer noch sehr zwiespäl- stellt. tig. Im Falle der 5inch Serie war es in Ordnung, Es ist wirklich komisch – die Intro beispielsweise hat „Wyred sie frei anzubieten, da sie im Verhältnis zu ande- Folk“ nicht gereviewt und die neue Compilation mit der Ant- ren Releases nicht so viel Arbeit war und die Ge- wort „nicht relevant“ abgelehnt. Deren Leserschaft ist jetzt auch samtlänge ja auch nur ca. 20 Minuten betrug. nicht unbedingt unsere Zielgruppe, aber als Label ist man ja – Aber wenn ich daran denke, dass ich 2 Jahre Ar- auch mangels anderer Möglichkeiten – auf solche Medien ange- beit, die ich in das gesamte Projekt der „One Year wiesen. Diese Probleme haben wir eigentlich mit allen größeren & A Day“ Compilation gesteckt habe, einfach für Zeitschriften – da wird man als kleineres Label oft ignoriert. Mo- umsonst hergeben würde … ehrlich gesagt ist es mentan glaube ich, dass es wichtiger ist, mehr zu touren, kon- mir dann sogar lieber auf die vielleicht wesentlich stant gute Tonträger zu veröffentlichen und seiner Linie treu zu größere potentielle Hörerschafft zu verzichten. bleiben. Heute hast Du eigentlich nur dann als kleines Indie- Ich hätte das Gefühl, dass ich die Wertigkeit des label eine Chance, wenn Du es schaffst, um dich herum eine Art Albums dadurch selber heruntersetzen würde. Hype zu kreieren, sodass auch die, die eigentlich nicht mit sol- Das will ich einfach nicht. Ich denke, jeder der cher Musik vertraut sind, das plötzlich gut finden. Klingt ir- das Album kauft, wird hören, wieviel Arbeit in gendwie scheiße – aber letztendlich ist es doch so. Die richtigen der Musik und in der Zusammenstellung steckt. Heads kennen uns ja jetzt schon, denke ich. Die 5inch Serie war Musik darf, auch wenn das jetzt vielleicht abge- ein ganz guter Ansatz mehr Leute zu erreichen. droschen klingt, ihren Wert nicht verlieren. DEAD: Wird Vinyl überhaupt noch gekauft? Oder ist Eurer Standbein heute DEAD: Wieviel Zeit und Geld würdest du in Promoaktionen der Downloadverkauf? stecken? Oder anders gefragt: Meinst du, dass sich die DJ Scientist: Ehrlich gesagt ist das Standbein von Equinox der Verkäufe merklich erhöhen würden, wenn du mehr Geld für Job, den ich nebenher noch mache und das Geld, dass ich über Promoaktionen hättest? DJ-Jobs und über kleinere Grafikjobs verdiene. Der Fokus von DJ Scientist: Ich denke schon, dass mehr Promo- Equinox liegt nach wie vor auf Vinyl, von daher betrachte ich tion die Verkäufe in gewisser Weise erhöhen die Downloadeinnahmen nur als weitere Einnahme zur Vinyl- DEAD: EQX präsentiert sich global mit internationalen Musikern. Wie stark ist es richtig, dass unser Fokus auf Instrumen- kann, aber die Frage ist: in welchem Verhältnis release. Ich muss natürlich sagen, dass auch bei uns die Down- findet das Label Beachtung außerhalb Deutschlands? tal-Sound liegt. Die Ausnahme bestätigt die steht das? Sprich: wenn ich eine Anzeige in loadverkäufe steigen und dass es mich freut, wenn Leute bereit DJ Scientist: Weiß ich nicht – ich denke auf jeden Fall, dass Regel. sind, für die Musik an sich Geld zu zahlen. Eine wirkliche Al- wir durch internationale Künstler auch außerhalb Deutsch- ternative bietet das für mich aber nicht. Mein Ziel war es immer lands einen guten Ruf haben. Wirkliche Beachtung erlangen DEAD: Was hat dich auf die Idee der 5 mal 5inches Platten zu machen, obwohl wir demnächst auch mit ein paar wir in der ausländischen Presse aber auch nicht – das findet gebracht? Immerhin ist es die weltweit erste Serie dieser Art. Digital-Only Releases an den Start gehen werden, da wir inzwi- alles innerhalb einer kleinen Szene statt. DJ Scientist: Ich habe vor ca. 2 1/2 Jahren die erste schen auch viel Material haben, welches gar nicht alles auf 5inch gesehen und fand das total super. Irgend- Vinyl veröffentlicht werden kann. DEAD: Auf der neuen Compilation sind erstmals Vocals auf einer EQX-Platte wann kam jemand mit der Möglichkeit auf mich zu hören, die nicht auf Samples basieren. Wieso der Wandel? zu, eine Art 5inch Dubplates zu machen. Nach- DEAD: Welche Ziele verfolgt EQX in den kommenden 12 Monaten? DJ Scientist: Der Song „Laugh Track“ von Deadpan Darling, dem der vorab erschienene Download-Sampler DJ Scientist: Wir möchten bald mit unserer neuen Website an hat sich in erster Linie stilistisch und musikalisch super in die aber so viel Feedback brachte, entschied ich mich den Start gehen, zudem wird damit auch das Sublabel neue Compilation einfügt, und das ist natürlich der Haupt- letztendlich doch für richtiges Vinyl (bei einem Equinox.Digital eröffnet. Zudem steht noch die Veröffent- grund dafür, dass er drauf ist. Zudem stehe ich ja schon länger deutschen Presswerk, welches für 5"-Vinyl das lichung der Tour-DVD an, sowie eine 7" von Ceschi, die die im Kontakt mit Ceschi und wollte ihn einfach auf dem Album Patent besitzt) in der dafür kleinstmöglichen Vorabrelease zum Album darstellt. Eine 12" Release von Geste haben. Es ist so, dass Equinox generell in Sachen Musik und Stückzahl von 250 Exemplaren. aus Frankreich ist in der Pipeline und 2econd Class Citizen Grafik eine klare Linie, ein Konzept verfolgt. Aber natürlich ist arbeitet an seinem neuen Album, zu dem es ebenfalls eine es auch mal möglich, jetzt wieder auf die Grafik bezogen, et- DEAD: Wie sinnvoll bewertest du als Labelboss FREE Vorabsingle geben wird. was farbig zu machen. Es wird, wie gesagt, auch bald ein DOWNLOAD-Aktionen? Album von Ceschi auf Equinox erscheinen. Das wird vielleicht DJ Scientist: Ich muss sagen, dass ich vor der Text und Interview: Kristofer Harris das einzige Rapalbum auf dem Label bleiben – denn im Grunde 5inch Release wesentlich negativer zu der Sache Bilder: David Alke 24 deadwords deadwords 25

Einflüsse GodspeedYouBlackEmperor!, Black Hätte der sich nicht von der Idee verabschiedet, wären wir jetzt Heart Procession, Tom Waits, Low oder Tortoise. zudritt. Allesamt Bands, die Genregrenzen vielleicht nicht neu definiert, in jedem Fall aber erweitert haben. „Die hässliche Wahrheit ist, dass wir Hört man nun „It's not who you know, but whom alle, ob es uns gefällt oder nicht, am you know“, wird man mit jedem Versuch, es zu fassen, mehr verunsichert. Die Platte beginnt mit Arsch sind. Wir setzen uns jetzt aber rauschenden, in ihrer Herkunft kaum zu dekodie- nicht weinend in die Zimmerecke, um renden Field-Recordings, Stimmengewirr, Zahn- werke bei der Arbeit, Schritte kommen näher, irgendwen zu beeindrucken. Keiner von während ein Synthesizer warm suchend, nah an uns läuft durch die Gegend, und er- der Hektik vor sich hin blubbert, bis dann der Beat zu „Soulsuck“ wie ein erschrecktes Einatmen zählt jedem, wie wertlos sein Leben sei.“ beim überraschenden Öffnen einer verschlossen geglaubten Türe einsetzt. Der Song wurde letztes Letztes Jahr dann waren sie zum ersten Mal gemeinsam auf Jahr zu einem Underground-Hit auf BBC-Radio, Europa Tour, und begeisterten dabei mit einer siebenköpfigen nachdem ein Demo in die Hände eines Moderators Band, die den eh schon episch weit arrangierten Songs noch ein geraten war. letztes Quentchen Tiefe gaben, und ein neues Konzept der Live Umsetzung von Rap Songs, fern von peinlichen HipHop-meets- fbcfabric: Ich habe 1995 damit begonnen, Musik Klassik Derivaten oder The Roots Epigonen, präsentierten. Rein- zu komponieren. Mein „Background“ ist ein wirk- deers Texte und fbcfabrics Beats, das wurde damit klar, waren lich einfacher: Ich war so ziemlich in jedem Fach von Anfang an nicht mit dem Anspruch entstanden, einem schlecht, schloss die Schule mit dem absoluten Genre zuzuspielen. Die Lyrics sind prägnant genug geschrieben, Minimum an Leistungen ab, und hatte damit um sich gar nicht erst gegen irgend etwas behaupten zu müssen, dann auch kein konkretes Ziel oder sowas. Ich ver- und bei den Produktionen fällt vor allem Anderen ins Auge, wie suchte mich am College, und scheiterte. Also fing feinsinnig sie abgemischt und zusammengestellt worden sind: ich zu Hause an, Musik zu schreiben. Ich bin mir Instrumente, Samples, „Geräusche“ und Stimme scheinen alle nicht sicher, warum – es scheint einfach passiert gleichberechtigt und schaffen das, was der Forderung der beiden zu sein. And that´s that. Ich kann keine Instru- nach Atmosphäre mehr als gerecht wird. mente spielen, weder Noten lesen noch schrei- ben; nichts, was ich produziere, hat soetwas wie fbcfabric: Ich versuche einfach, alles so klingen zu lassen, wie es eine musikalische Struktur. Ich höre einfach auf, klingen sollte. Ich habe eine starke Abneigung gegen „cleane“ wenn es mir richtig scheint. Reindeer habe ich Musik. Das ist für mich wie, wenn man eine zwar verzerrte über einen gemeinsamen Freund getroffen, der Gitarre so „gut“ und glatt aufnimmt, dass ihr alles an Aussage- damals zusammen mit ihm geschrieben hat. kraft genommen wird, und du dann in einem Vakuum Durch den Sturm Soetwas wie „It´s not who you know, but whom you know“ hat man schon lange nicht mehr gehört. Ein Album, das einerseits vollkommen der Do-It-Yourself Herangehensweise des HipHop verschrieben ist, anderer- seits aber vollkommen durchkomponiert und dicht verwoben scheint, eines das so Herz erwärmend knackst und knistert, das gleichzeitig so pointiert wie intuitiv und persönlich scheint, dass man schon mit dem ersten Hören vollkommen in den Bann gezogen wird. Man denke nur an erste Erfahrungen mit Mobb Deep, DJ Shadow oder auch den immer wieder bei UK-Platten herangezogenen Blade und The Streets.

Die Perfektion der beiden Engländer liegt nun genau wie bei den grade genannten darin, dass sie kompromiss- los zusammenfügen, was für sie wie selbstverständlich zusammengehört, was aber noch nie zusammen gehört wurde. Man spürt mit jedem Wort von reindeer, wie sehr ihn die Unmittelbarkeit einer Rap-Strophe als Teenager gereizt haben muss, man nickt zu fbcfabric's Beats, wie er sich wohl zu rauen Produktionen der Mitt-Neunziger bewegt hat. Doch als die beiden sich 1999 im Süden Londons trafen, hatten sie sich bereits weit genug von diesen Einflüssen emanzipiert, um sie als Werkzeuge für neue Musik zu nutzen. Und so stehen heute auf der Liste ihrer 26 deadwords deadads 27

zurückbleibst, in das der Gitarrist mal versucht hat, seine Ge- fühle zu packen. Meiner Meinung nach ist das Instrument, ja, sogar das, was auf ihm gespielt wird, nur ein sehr kleiner Teil des Gesamtbildes. Das wirklich Wichtige ist, was du nicht be- wusst hörst. Alles dreht sich doch um die Umgebung des Instru- ments und seines Spielers – die Atmosphäre. „Ich habe eine starke Reindeer: Wenn da jemand im obersten Stockwerk eines Gebäu- des Gitarre spielt, und dabei über die Stadt sieht, dann will ich Abneigung gegen „cleane“ auch diesen Raum hören, den Hauch und den Klang der Straße, Musik. Das ist für mich wie sie durch das Fenster kommen, seine Finger am Griffbrett, seinen Atem und das Geräusch des schreienden Nachbarn. wie, wenn man eine zwar verzerrte Gitarre so Das auf Buttercuts erschienene Album ist nun in vier Partien unterteilt, mindestens zu gleichen Teilen instrumental wie mit „gut“ und glatt auf- Vocals bestückt, und lässt dabei den einzelnen Versatzstücken nimmt, dass ihr alles an genug Platz, um Stimmungen entstehen zu lassen. Es kommt der Zeitpunkt beim Hören, an dem man kaum mehr zwischen Aussagekraft genommen den Noise-Passagen und Rapsongs unterscheidet, an dem man wird, und du dann in von dem, was man fühlt, übermannt wird und jedem Ausdruck dessen gleiches Gewicht einräumt. einem Vakuum zurück- bleibst, in das der fbcfabric: Über die Stimmung des Albums war schon entschie- den, bevor wir überhaupt mit ihm begonnen hatten. Es war klar, Gitarrist mal versucht dass es eine dunkle Sache werden würde, wenn man sich an- hat, seine Gefühle zu schaut, in wessen Händen die Angelegenheit lag. Die hässliche Wahrheit ist, dass wir alle, ob es uns gefällt oder nicht, am packen.“ Arsch sind. Wir setzen uns jetzt aber nicht weinend in die Zimmerecke, um irgendwen zu beeindrucken. Keiner von uns läuft durch die Gegend, und erzählt jedem, wie wertlos sein Leben sei. Ich kaufe auch coole Sachen, wie jeder andere auch. Der Unterschied ist wohl, dass ich mir darüber im Klaren bin, dass ich mit ihnen eine Lücke in meinem Leben fülle. Ich stelle mich mit Dingen, die ich nicht wirklich brauche, ruhig. Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich gut damit, und – ehrlich gesagt – ich will mich ja besser fühlen...

reindeer: Soviel Zeit wie wir über Musik reden, reden wir auch über die Welt, in der wir leben. Es war klar, dass das Album eine Erweiterung von uns als Individuen und Freunde sein würde, die sich mit dieser verwirrenden Zeit schwertun. Das Album musste düster werden, denn wir waren an einem düsteren Ort – es geht dabei aber genauso sehr um das Kommunizieren, darum jeman- den zu erreichen, zu erklären, wie es sich anfühlt. Ein Gefühl zu erzeugen, dass man nicht alleine in diesem Sturm steht.

Grade arbeiten die beiden gemeinsam mit ihrer Band an einem neuen Album, und den Aufnahmen ihres derzeitigen Livesets. Daneben ist fbcfabric mit einigen Produktionen und Remixen für Freunde beschäftigt, während reindeer an Projekten gemeinsam mit 2econd Class Citizen, James P. Honey, lmnt819, Epilog und cocon arbeitet.

Text: Jens Essmann. Bilder: Mike Rea

October 2008 DECKARD – FUTURE WORLD EP 28 deadpress deadpress 29

DEAD Vol5.

2Tall An sich ein Banger, steht „The Most rappt man fleissig über das Writen und The Softer Diagram LP (Content) High“ auf dem Album allerdings allein alles, was sonst noch dazu gehört. Aero da und wirkt für mich ein bisschen One, der als alleiniger Produzent des 2Tall ist schon eine ganze Weile im deplatziert. Soundtracks auftritt, bestückt seine Geschäft und ständig in irgendwelche P.M. Gäste dabei mit durchaus soliden Beats. Projekte involviert. Ob im Turntab- Ein überzeugendes musikalisches lism, auf den DMC-Meisterschaften Aero One Gesamtwerk, das auch ohne dazugehö- oder später mit Veröffentlichungen Wholetrain Soundtrack CD / 2LP rige Bilder funktionieren würde, kann er auf Needlework, dem inzwischen lei- (Stayin’ Up) jedoch nicht schaffen. Der gewollten der geschlossenen Label um die bei- Einfachheit und Simplizität der Beats den Radioveteranen Mr.Trick und Beachtlich ist es schon, was Florian fehlt oft der wirkliche Pep, der die ohne- Waxfactor. 2007 kamen die „Senses Gaag a.k.a. Aero One mit „Whole- hin kurzen Tracks über ihre Gesamtlän- Overloaded“ EP (zusammen mit train“ geschaffen hat. Allein das ge interessant halten würde. Die Ver- Lamont) und das „Beautiful Mindz“ Durchhaltevermögen um so ein Groß- spieltheit und Detailverliebtheit, die Flo- Album, das in Zusammenarbeit mit projekt zu verwirklichen, verlangt rian Gaag im Film an den Tag legte, Dudley Perkins und Georgia Anne nach Respekt. Finanzierungen und scheint ihm bei der Musik eher zuwider. Muldrow entstand. Mit „The Softer Fördermittel zu ergattern, dennoch Der Soundtrack ist somit eher nur den deadpress Diagramm“ erscheint jetzt endlich einen möglichst authentischen Film Hip-Hop Puristen zu empfehlen. Nebst wieder ein Solo Album, auf dem 2Tall über das Writing zu kreieren, das ist der CD-Release, die bereits seit einigen seinen Ideen freien Lauf lässt. Diese schwierig. Und auch wenn eine Grat- Monaten erhältlich ist, gibt es inzwi- äußern sich meist in einem warmen wanderung stattfand, um auch Nor- schen auch ein Vinyl-Doppelalbum. Das und verspielten Sound. Man merkt malpublikum erreichen zu können, so gibt noch mal Pluspunkte! gleich, dass der Mann an Inspira- fehlt es dem Film keineswegs an G.S. tionsquellen alles abschöpft, was ihm Realness – obwohl Florian Gaag sel- in seiner Karriere irgendwie über den ber einräumt, dass sich in den letzten ASUP Weg lief: Soul, HipHop, Jazz, Kraut- Jahren in Bezug auf das Zügebemalen Chiffre / Untitled 7“ (NDSTWTRST) rock... Ideen sind genug da. Alles lässt doch einige Sachen geändert haben. sich irgendwie in einen organisch- Ähnlich verhält es sich auf dem jetzt Im Münchner Untergrund ist es am rhythmischen Beat verwandeln. Ein erschienenen Soundtrack mit den brodeln. Mit seiner ersten 7" liefert Turn- Ausnahmetrack ist sicherlich „The Features von US-Raphelden wie KRS- tablist ASUP einen richtigen Knüller ab. Most High“, neben „Trains“ der einzige One und O.C., die wohl ihre besten Die von Max Winter gestaltete Picture- mit Feature. 2Tall liefert einen für Zeiten bereits hinter sich haben. Den- disc, auf 250 Stück limitiert, steht in der seine Verhältnisse sehr reduzierten noch liefern diese auf zum Großteil Tradition des DJs als Musiker. „Chiffre“ Beat mit eingängigem Sample als ein gutes Bild ab. Zusammen mit ist ein echtes Lofi-Brett mit aufwändig Steilvorlage für Kashmere, der noch noch etwas frischeren Künstlern wie editierten, staubtrockenen Drums und ein paar tighte Strophen drauf setzt. Reef The Lost Cauze oder Akrobatik 8bit-Sounds. Bei „Untitled“, mit seinem 30 deadpress deadpress 31

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eingängigen Vocalsample über krau- nen Kindergeschichte plus Live-DVD Remake seines eigenen, vor knapp 2 Free-Download EP veröffentlicht. Wer Halfstep Beats abdriftenden Produk- einen Buddy Peace Mix ausmacht: Die tige Gitarren ist ASUP eine kleine oder wahlweise gelbes Vinyl. When Jahren erschienenen Albums „The Failu- das Bühnenwunder schon einmal live tionen wieder. Der gleichbetitelte sympathisch kauzigen Ansagen und Cut- Hymne gelungen. Für DJs und Instru- life gives you lemons, you listen to re“ hört, kann man sich vorstellen, was gesehen hat, weiß, mit welcher Ener- Opener zu „Glyphic“ stößt die Türe Ups aus Film- und Radio-Sequenzen, mental-HipHop Fans ein Must-Have! this record! sie meinen. Denn so virtuos wie Dolan gie er seine Sache vorantreibt. Und zum neuen Album auf und steht den sein überragendes Feingefühl beim C.F. A.B. sowohl seine Stimme als auch die diese spiegelt sich auf „Streettalk 2“ Produktionen auf dem Vorgänger Mixen und Remixen von Songs, die stilsi- Worte und deren Tonlage einsetzt, so auch wieder. Mit ausdrucksstarken „Oneiric“ in nichts nach. „Windfall“ cheren Arrangements und Spannungsbö- Ape9 and Spoken Intellekt vielschichtig wie hier mit Motiven, The- Lyrics, einem Feature von Noah23 und klingt vertraut dubbig, „Kalied“ ver- gen. Der Aufwand, der hierfür betrieben When Life Gives You Lemons, You Paint Conquistar el miedo EP CD men und Perspektiven gearbeitet wird, den Produktionen von Scott Da Ros, dankt sein Existenz Onkel Breakbeat wurde, ist kaum mit dem, was man That Shit Gold CD/2LP (Rhymesayers) (Eigenvertrieb) so packend und selbständig habe ich Raoul Sinier a.k.a. Ra, Kid Rolex, Bit und wenn man „Foxy“ hört, weiß man, gemeinhin von einem Mix erwartet, zu das wirklich noch auf keinem Poetry Tuner, Playpad Circus und The Closing dass auch ein paar Soul und Funk Plat- vergleichen: Die einzelnen Songs beste- Rhymesayers’ Zugpferde Atmosphere 7 Songs, davon 2 Solos, bietet diese Slam gehört. Wie es der Titel schon vor- liefert Bleubird eine sehr starke Rap- ten in Lynns Regal stehen. Nach 12 hen jeweils aus einem Rap-Acapella und haben nach der Sad Clown Serie und Kollaboration der Rapper Ape9 und gibt, ist das Scheitern die Verbindung EP ab, die sowohl inhaltlich über- Tracks, die man mühelos am Stück einem Rock-Song, der eigens für „Wolf einem kostenlosen Download-Album Spoken Intellekt mit dem Produzen- zwischen den 16 Tracks des Albums, die zeugt, als auch Köpfe zum Nicken durchhören kann, endet das Album Diesel Mountain“ geremixed und neu mit „When Life Gives You Lemons, You ten Charlie Coffin. Das Endprodukt vom permanenten Zwiegespräch zwi- bringt. So wird's gemacht! mit deinem atemberaubenden „Field- arrangiert wurde. Zu hören sind dabei Paint That Shit Gold“ ihr nunmehr klingt leider etwas sehr schrammelig, schen Dolan und einer namenlosen C.F. trip“. Wenn ich die Platte im Laden Acapellas von Nas bis Sage Francis, und 6tes Studioalbum fertiggestellt. Auf hat dadurch aber wohl das, was man Computerstimme zusammengehalten einsortieren müsste, dann gäbe es nur Samples von José Gonzales bis hin zu den knapp 60 Minuten präsentiert sich „Underground-Charme“ nennt, im werden. Und wie glorreich man schei- Boxcutter einen Platz für sie. Ganz vorne im Liars. Dies alles ist dazu noch so gekonnt Slug mal wieder als Meister des See- Überfluss. So richtig mitreißen will tern kann, zeigt Dolan unter anderem Glyphic LP / CD (Planet Mu) Schaufenster. und detailverliebt zusammengefügt, lenstriptease und zeichnet, untermalt jedoch keiner der Songs, dazu fehlt es anhand von Jeanne D'Arc und Evel Kne- P.M. dass man, einmal in den Bann gezogen, von Ants Beats, Geschichten über die an einem eigenen Ansatz oder den vel, denen er jeweils ein Gänsehaut her- „Dubstep“ hat sich Boxcutter nie auf kaum mehr weghören kann. Höhen und Tiefen des Lebens und wirklich treffenden Zeilen. vorrufendes Stück widmet. seine Fahne geschrieben. Trotzdem Buddy Peace Egal was das Internet noch an One-Hit- alles was dazwischen liegt. Wer At- J.E. Dolan, der nebenbei auch noch neben landen seine Veröffentlichungen in Wolf Diesel Mountain CD (2600 Rec.) Wonders zu bieten hat – an diese CD mosphere kennt, weiß um Slugs Sto- Label-Chef Sage Francis über einen Plattenläden regelmäßig im Dubstep- wird man sich auch noch in ein paar Jah- rytelling-Qualitäten, und so findet B. Dolan -Beat als Rapper überzeugt (Heart Fach. Ob es daran liegt, dass in eini- Wenn es derzeit einen DJ gibt, der ren erinnern. man sich bald in den Straßen von The Failure CD (Strange Famous) Failure), ist mit „The Failure“ inhaltlich gen Tracks schwere Bässe mitschwin- dem Mixtape (oder mittlerweile Mix- J.E. Minneapolis wieder, zwischen ange- wie von Produktionsseiten her eines der gen oder das Barry Lynns Sound zum CD) Business neue Impulse gibt, der himmelten Kellnerinnen, Ex-Freundin- Was „Spoken Word“, was „Slam Poe- bemerkenswertesten Alben seit Langem Teil recht düster klingt, kann ich nicht ebensoviel Respekt wie Begeisterung Bulldose nen und Menschen in ihrem täglichen try“ bedeutet, ist von Deutschland gelungen. sagen, wahrscheinlich trägt aber auch mit jedem seiner Releases auslöst, Overdose EP CD (Umbruch) Kampf um's Überleben im kapitalisti- aus schwer zu verstehen. Während J.E. das Planet Mu Label auf dem Rücken dann ist das wohl der Brite Buddy schen Alltagswahnsinn. Auch bei der hier vieles Applaus heischend in die der Platte sein Übriges dazu bei. Peace. Was er die letzten Jahre über Die Overdose EP von Bulldose ist, wie Musik handelt es sich um ein vielfälti- Comedy-Ecke gezogen ist, oder gut Bleubird Schon nach dem ersten Hören weiß auch veröffentlichte, es versetzte die es für ein Umbruch Release typisch ges Album, das mit einer insgesamt gemeint als Beispiel „moderner“ Poe- Streettalk 2 MP3 (hiphopcore.net) man, was Boxcutter meint, wenn er stetig wachsende Fangemeinde in scheint, schwer verdaulich, polterig, recht entspannten Stimmung den sie in die Unterrichtsräume dirigiert sagt: „I have a broad record collection Ekstase. „Wolf Diesel Mountain“ ist unruhig bis hektisch im Umgang mit musikalischen Sommer einläutet. Für wurde, reden Beobachter davon, wie Über die französische Seite namens and I've done my homework“. Auf dem nun sein neuester Streich, und sicher unzähligen Ideen und somit auch mit Sammler gibt es eine limitierte CD- beeindruckend das Ganze doch in hipopcore.net hat der mittlerweile in Album spiegeln sich all diese Einflüsse einer seiner besten. einer Menge Arbeit für den Hörer ver- Version mit einer von Slug geschriebe- Amerika sei. Wenn man B. Dolan's Berlin lebende Rapper Bleubird eine in Boxcutters abstrakten, oft auch in Zu hören gibt es darauf alles, was bunden. Ähnlich wie bei Labelmate 32 deadpress deadpress 33

Wodan sind auch die Beats von Bull- sein wird. Zwischen einigen Titeln, bei schauen. Gedanken über persönliche Dan Le Sac VS Scroobius Pip ge Famous Label als neuen Distribu- Egal ob beim leicht pathetischen „Kings dose geprägt von einer sehr sound- denen es offensichtlich scheint, wa- Eindrücke, Hoffnungen, Warten, Un- Angles CD (Lex / Strange Famous) tionspartner. Bisher haben die beiden and Queens“, dem entspannten „One orientierten Herangehensweise an rum sie liegengeblieben waren, finden sicherheit und emotionale Spannun- also so ziemlich alles richtig gemacht Last Stop“, den krachigen „Sober Sun- das Sampling, wobei jener von diesem sich aber durchaus auch wirklich gute gen am Rande einer die Reize über- Mit dem ganzen Internet-Gehype (inklusive einem Jel-Remix) und day“ und „Wax Fingers“, die Songs strot- Standpunkt aus viel weiter in elektro- Rap-Songs wie das düstere „Parasite“, flutenden Umwelt finden hier ein reichts ja langsam. Jede zweite Band, zudem noch ein erfrischend aktuelles zen vor musikalischer Kreativität, Melo- nische Klangwelten neigt, während produziert von XNDL, oder das auf Zuhause. Momentaufnahmen, Situa- „von der man gehört haben muss“, Rap/Electro Album produziert, das dien, Ideen und Abwechslung. Keines dieser auf seinem Debut eher typische einem Moshe-Instrumental vorgetra- tionen, Verhaltensweisen exakt beob- überlebte grade mal den millionsten dem zugehörigen Hype ausnahms- der 17 Lieder überschreitet die vier Samples untypisch verwendet. Das gene „Spine“, auf dem auch K-the-I??? achtet, in einer detailverliebten Bil- Aufruf ihres Stop-Motion-Youtube weise mal gerecht wird. Pip ist wohl Minuten Marke; das 30 sekündige Gros der Songs verweigert sich ge- zu hören ist. Brzowski selbst zeigt dersprache reflektiert, treffen und Videos, der Rest schaffte es nichtmal das, was man -schwer zu übersetzen- „Count“ gehört sogar zu den Highlights. wohnten Strukturen, oder bricht nach sich dabei auf allen Songs als versier- fordern den aufmerksamen Hörer. bis dahin, und allesamt haben sie es „witty“ nennt, und gibt selbst den Stimmungsmäßig ist fast jede Coleur kurzer Zeit aus diesen aus, um in recht ter Rapper und lässt damit auf ein Mögen manche andere Werke „intelli- wohl kaum bis zu einem zweiten Ver- ältesten Song-Konzepten noch einen vertreten, vom verträumten, sehnsüch- überraschenden, collagenartigen wirklich gutes neues Album hoffen, genteren“ Raps zuweilen anstrengen, such gebracht, eine Welttournee aus neuen Dreh und genügend an Emo- tigen „Satelite“ bis zum leichtfüßigen, Parts zu enden. Leider klingen viele das noch dieses Jahr erscheinen soll. kann man hier zuhören und eintau- Idaho zu starten. Produzent Dan Le tion, um den abwechslungsreichen, positiv beschwingtem „How the Night der Songs etwas zu wenig prägnant J.E. chen; cocon ist brilliantes Kopfkino. Sac und Rapper Scroobius Pip stehen treibenden Beats von Dan Le Sac eine Turn Cold“. Die meisten Stücke werden und hätten im Mastering ein wenig C.F. diesem Hype, der auch der ihre ist, Note zu geben, die den beiden eine von lang gezogenen melancholischen mehr an Druck und Präsenz verdient, cocon recht gleichgültig gegenüber. Ihr Song eigene Identität zwischen den obliga- Akkorden getragen und mit einer um bei der Masse an Versatzstücken cocon CD (leave.music) Dabrye „Thou Shalt Always Kill“ war die Thin- torischen Vergleichen mit The Streets Mischung aus noisigen Lo-Fi-Drum- nicht zu verwaschen. Äußerst positiv Get Dirty EP 12" (Ghostly International) king-Man's Hymne eines englischen und Plan B gibt. Man darf gespannt sounds und organischem Schlagzeug in fallen dagegen die Vocal-Features von Anfang diesen Jahres startete das Sommers, wurde von Hipstern genau- sein, was das zweite Album bringt. Downtempo-Geschwindigkeit unter- Mr.T und Conserve auf Neighbours NBP-Umfeld mit dem Label Dass sich drei Ausnahmekünstler so gefeiert wie von denen, die sonst J.E. legt. Wobei auch die Rhythmen und auf, die dem Bulldose-Sound etwas leave.music den Versuch, eine wie Dabrye, MF Doom und Kode9 auf jeglichen Hype ungehört an sich vor- Grooves immer wieder faszinieren und griffiges verleihen, das ihm ansonsten Plattform für unkonventionelle einem Track zusammenfinden, ist beiziehen lassen. Über die druckvoll David Ramos viele Tracks mit tollen Wechseln auf- zumindest stellenweise abgeht. deutsche Rapmusik zu etablieren. ungefähr so selten wie eine totale zerschnittene Variante eines Electro- This Up Here CD (Fake Four Inc.) warten. Dazu kommt noch David J.E. Neben Misanthrop's „Die sieben Sonnenfinsternis über Mitteldeutsch- Pop Beats bekommt man da die Ramos' Gesang, häufig fast hymnisch Weltwunder“ erschien dort auch land. Was dabei herauskommt ist Reflektion ebendieser falschen Heils- Das erste Solo-Album von TOCA- und stark an den Melodien orientiert – Brzowski das Debut von cocon mit den auch ähnlich spektakulär und düster. versprechen zu hören, und spätestens und Anonymous Inc.-Mitglied David was jede Menge Ohrwürmer zur Folge Blooddrive Vol.2 CD-R Gästen Audio88, Misanthrop und Der Kode9 Remix von Dabrye's „Air“, mit seinem verschnupft trockenen Ramos entstand aus einem Sammel- hat. Auch einige eher Rap dominierte (Milled Pavement) Epilog. Produziert wurde es von auf dem MF Doom einige Verse ein- „Nirvana? Just a band! The Pixies? Just surium von Kinderspielzeug-Instru- Titel, die keineswegs aus der Reihe tan- Aqua Luminus III., DJ Lide, Mis- streut, toppt das Orginal nochmal um a band! The next big thing? Just a menten, Casiotones, Melodicas, zen, sondern sich gut ins Gesamtbild „Blooddrive Vol.2“ ist eine Sammlung anthrop, Playpad Circus und SobiC. Längen. Daneben findet sich auf der band!“ Part hatte Pip die Aufmerksam- Akkordeons, Glockenspielen, Aku- einfügen und David Ramos' musikali- von 23 Songs, entstanden zwischen Das selbstbetitelte Album, mit EP noch ein hörenswerter Flying keit einer viel zu selbstsicheren stikgitarren und lärmenden Schlag- schen Hintergrund verdeutlichen, fin- 2004 und 2008, die nicht auf den regu- einer melancholischen Grundstim- Lotus Remix von „Game Over“, und die Musikgemeinde. Die Single lief dann zeugsounds. Das Ganze ergibt eine den sich auf der Platte. Ein Album mit lären Alben von Brzowski zu finden mung drängt sich dem Hörer nicht Album Version vom Namen gebenden durch alle Radiostationen, Clubs und schöne Mischung aus Lo-Fi-Folk und trashigen Lullabies, eingängigen sind. Dadurch ergibt sich auch die auf, sondern lädt ein in den „schüt- „Get Dirty“ komplettiert die EP. Ipods der Insel, und man entschied experimentellem Hip-Hop – eine Refrains und einer Menge Hits; viel- etwas wahllose Zusammenstellung, zenden“ Cocon, um auch von inner- P.M. sich nach einigen Gigs Übersee für das Melange, bei der jedoch der Folk- und leicht der Geheimtipp für 2008. die wohl eher für Fans interessant halb wieder nach draußen zu sympathische aber noch kleine Stran- Singer-Songwriter-Anteil überwiegt. P.S. 34 deadpress deadpress 35

DEAD Vol5.

Dissamonix Singer-Songwriter Bonnie 'Prince' End-Dreissiger Epic unterhalten. Für Zwischen Anspielungen auf New- wickelt, ist es erfrischend, dass Elec- Ceschi und Epic geben sich, neben eini- Disharmonic Universe CD (Umbruch) Billy. Martin Dosh begeistert wieder viele klingt seine Musik wie eine Parodie School Rap, einer betont sozial(is- tric President nun von diesem Kon- gen anderen, die Klinke in die Hand. Das mit variantenreichem und virtuosem auf Rap, und nur wenigen wird es wie tisch)en Weltsicht und überborden- zept etwas abrücken; „ Well“ macht das Album zum einen extrem Die Dissamonix aus Hamburg ver- Schlagzeugspiel und strahlt mit sei- mir gegangen sein: Erst als ich ihn auf dem Gefühl findet man mit „Sleeping kann man nicht mehr ohne weiteres abwechslungsreich, zum anderen ent- binden auf ihrem Debut für Umbruch nen typischen gewogenen Rhodes seiner Tour gemeinsam mit Soso gese- Shirts“ einen der schönsten und ver- als Electro-Pop klassifizieren. Im fernt sich Factor dabei auch öfter mal Records vieles an Geräusch, cleane eine Menge Ruhe aus. Das ist auch hen hatte, fand ich Zugang zu seiner quersten Rap-Songs aller Zeiten. Auf Gegensatz zum Erstlingswerk fallen vom altbewährten HipHop-Beat + MC wie verzerrte Gitarrensounds, elektro- tatsächlich das Interessanteste: trotz Musik, die ich seitdem wirklich zu schät- „Music Appreciation“ scheint er so vor allem die sehr songorientierten Konzept. Ein gutes Beispiel ist „Pray“, auf nisches Klangspiel, dicke Bässe und einiger Uptempo-Beats, den zum Teil zen gelernt habe. überwältigt, dass er teilweise kaum Strukturen auf, die wesentlich kom- dem Ceschi sich 2 Minuten lang mit verzerrte Found-Sounds. Die 7 Songs sehr vollen, oft dissonanten und in Zu allererst: Wenns um Rap geht, meint den Beat findet, und dazu gibt es plexer geworden sind. Verantwortlich pathetischem Gesang verausgabt. Ein ihreres „Disharmonic Universe“ kom- ihren Strukturen fast chaotischen Epic es ernst. So ernst, dass er Soso nach Songs über Hockey-Spieler, seine dafür ist wohl die Arbeit von Ben Coo- Track der sich ins Hirn brennt. In eine binieren diese Elemente in wechseln- Stücken, verbreitet das Album gerade- dessen Indie-Rock verliebten „Tinfoil on Jugend in Saskatchewan, die Hymne „I per als Radical Face, dessen dabei ähnliche Richtung geht auch „The Leen“ den Konstellationen miteinander, ste- zu das Gegenteil von Hektik. Das dürf- the Windows“ öffentlich den Homie auf- only like Rap“, sowie unzählige Zeilen, gewachsener eigener Stil und Sound mit , ein Hybrid aus einge- hen fast durchgehend unter starker te wohl daran liegen, dass trotz allem kündigte, und sein eigenes Album, das die es zu zitieren lohnen würde... sich stark in die neue Platte einge- sungener Hook und gerappten Strophen. Spannung und sind ein oft sehr Analogen immer noch ein Hauch von im Übrigen zum größten Teil von jenem J.E. schlichen hat. In Kombination mit Bei 19 Tracks und 13 Gästen ist es ver- anstrengendes, teilweise auch etwas Electronica- und IDM-Flair den Sound produziert wurde, nun über Handsolo dem neuen, vermehrten Einsatz von ständlich, dass es auch schwächere zu angestrengtes Hörerlebnis. von Dosh umgibt. Schön ist ebenfalls, anstatt Clothescore veröffentlicht. Mit Electric President Synthesizer-Sounds und E-Gitarre Tracks auf dem Album gibt. So fragt man J.E. dass das Album nicht über einzelne, Experimenten hat ers also nicht so, und Sleep Well CD / LP + 7” gelingt es Electric President, erwach- sich z.B. was der Track mit Sadat X auf besonders eingängige Lieder funktio- das hört man auch auf „Aging is what (Morr Music) sener zu klingen. der CD zu suchen hat. Der Mann hat dar- Dosh niert, sondern als ein Ganzes. Diesmal Friends Do Together“. Seine Stimme Eigentlich ist es unsinnig, solch ein auf einfach nichts zu sagen, der Beat ist Wolves And Wishes CD / LP (Anticon) ist es gelungen, wirklich vielschichti- klingt weiterhin äußerst dünn, den Takt Diesem Album liegt ein Konzept zu Album in einem Sommermonat zu simpel und eher einfallslos. Insgesamt ge Songs einzuspielen, die trotzdem trifft er auch diesmal oft nur mit größter Grunde: Ben Cooper träumt oft veröffentlichen, doch die vielen Melo- wirkt das Album durch sein breites Auf- Dass der Stil der ersten Veröffentli- nicht drohen, in einem Brei von (Rho- Mühe und Soso's Beats sind erneut oft schlecht, und diese (Alp-)Träume hat diephrasen und Ohrwürmer, von gebot an Künstlern auf mich eher wie chungen von Dosh, die gerne mit Four des-)Klängen unter zugehen – wie es sowas von eintönig, dass es schon an er sich eine Zeit lang in einem Büch- denen es überall wimmelt, machen eine mit viel Herzblut zusammengestell- Tet verglichen wurden, vorbei ist, schon des öfteren bei Dosh der Fall eine Frechheit grenzt. Aber darum - und lein notiert. Während der Aufnahmen jetzt schon mehr als neugierig auf den te Compilation. konnte man bereits auf „The Lost war. Genau deswegen, ist „Wolves and das lohnt es zu verstehen - geht es auf zu „Sleep Well“ ist er auf dieses Notiz- Abend, der auf diese Platte wartet – Neben der CD erschien eine begleiten- Take“, dem Vorgänger zu „Wolves and Wishes“ wohl sein bisher bestes einem Epic Album einfach nicht. Epic ist, buch gestoßen und hat im folgenden hoffentlich wird es bald Herbst. de 7“ mit 6 der 19 Albumtracks auf dem Wishes“, deutlich hören. Die Instru- Album.. was man „brutal offen“ nennen könnte: die Aufzeichnungen für die musikali- P.S. Picture Disc Label Oohhh! Thats Heavy. mentierung ist vielfältiger geworden, P.S. einer der wenigen, die es schaffen, ihre sche Umsetzung fruchtbar gemacht. P.M. was meist auf die verschiedenen Gast- Beobachtungen, Gefühle und Gedanken Der Albumtitel bedarf also keines wei- Factor musiker zurückfällt, und durch den Epic ohne große Umwege über Metaphern, teren Kommentars. Um den Vergleich Chandelier CD (Fake Four Inc.) Figuers Einsatz von analogen Instrumenten Aging Is What Friends Do Together CD ausgefeilte Reimkonstrukte oder ver- mit dem selbstbetitelten Debüt Himno Nacional EP 12" kommt Dosh's Sound nun viel organi- (Handsolo) schachtelte 16tel Flows zu erzählen, ohne kommt man bei dem – oft so proble- Wie es auf den Alben des kanadi- (Fingerprint Records) scher. Die bekanntesten Gäste sind dabei auch nur eine Sekunde zu langwei- matischen – zweiten Album aber wohl schen Produzenten Factor so üblich Andrew Broder von Fog, der subtile Wenn Rapper meinen, sie würden len. Und darin hat er auf diesem, seinem nicht herum. Hat sich die Kombina- ist, finden sich auch auf „Chandelier“ Mit ihrer Private Press Instrumental EP bis wilde Gitarren beisteuerte, ständig missverstanden, dann sollten dritten Solo-Album, nun eine seltene tion von Computer und Gitarren mitt- wieder ein gutes Dutzend MCs. Awol „Himno Nacional“ finden die Figuers vor Andrew Bird an der Violine und der sie sich mal mit dem kanadischen Meisterschaft erreicht. lerweile zum absoluten Konsens ent- One & Noah23, Sadat X & , allem beim Titeltrack die passende 36 deadpress deadpress 37

DEAD Vol5.

Mischung aus dezent groovenden Die Beats sind allesamt sehr elektro- wenn man Vergleiche sucht, dann wird fernt von Birkenstock und Nasenhaar- „Amused“, „2:15“ oder „Sky Roof “, auf perkussives Element im Synthie-Dschun- Samples und einem einfach gestrik- nisch gehalten, wechseln angenehm man vielleicht irgendwo zwischen dreadlocks. denen man schnell bemerkt, wie sehr gel dienen sie als Fixpunkt und geben kten, aber durchaus funktionierenden oft Tempo und Stimmung und klingen Daniel Johnston und Hymies Basement Die Musik ist relativ reduziert und Ancient Mith an seiner Stimme und den Stücken eine Struktur. Wenn man Arrangement. Die beiden weiteren zudem mehr als amtlich. form selbst fündig. Zusammengehalten werden die ruhig gehalten, was auch hervorra- seinem Flow gearbeitet hat. Im Gro- Glück hat, bekommt man dabei grade Tracks flowen auch ganz gut, lassen ist seinem Stil treu geblieben, verbin- Songs dabei vor allem durch Max Stark's gend funktioniert. Sehr warme Syn- ßen und Ganzen ist dies einfach ein noch mit, worum es textlich ungefähr aber das gewisse Etwas vermissen, det aberwitzige Übertreibungen (z.B. freien, an frühe Fog-Aufnahmen er- thesizer und vergleichsweise leichte gutes Rapalbum und ein weiterer geht. Auch wenn sie mal, wie auf den das mit dem Hit der Seite A konkurrie- auf „Metzgerei in der Hood“) mit innernden Gesang sowie einige Beat-Ele- Drums lassen genug Raum für den wirklich solider Release auf ponowai beiden von Deon Davis begleiten Stük- ren könnte. Zur Maxi-Release gibt es freiem Flow und springt von absolu- mente. Ein verträumtes Album, das Weisen aus der Bay Area. Nicht jeder flora, wenn man auch noch auf DAS ken, mehr im Vordergrund stehen, geht auch ein Album, das leider, ähnlich tem Unsinn in einem Augenblick zu einem, wie die vielen extrem kurzen Beat ist besonders besonders, aber eine Album eines der Label-Künstler es aber nie um tiefsinnige Themen. wie die B-Seite der 12“, nicht komplett wirklich schlagenden Punchlines im Ohrwurm-Passagen, immer wieder ent- „Artsy“ und „Show you the world“ mit warten muss. James Pants erfindet das Rad nicht neu, überzeugen kann, aber durchaus eini- nächsten. Einzig seine Fokussiertheit wischt, wenn man denkt, man hätte es Raphael Saadiq sowie „Bring It Back“ J.E. gibt ihm aber durch einen gewaltigen ge Highlights bietet. auf den aus seiner Sicht erbärmlichen auf einen Stil festgemacht. sind z.B. äußerst gelungen. Hier ruht Disco-Funk Touch, den man hierzulande G.I. Status Quo des Rap ist auf Dauer, J.E. jemand in sich. James Pants nur noch mit International Pony verglei- selbst bei einem zumeist wirklich D.H. Welcome CD / LP (Stones Throw) chen kann, eine wahre Unwucht mit. Form unterhaltsamen Rapper, ein etwas zu The Grouch P.M. Der Größte Hit Der 80er EP MP3 sehr breitgetretenes Thema. Anson- Show You The World CD Hungry Giant Vorsicht Steinschlag; denn in der (fifaform.de / Eigenvertrieb) sten aber absolut zu empfehlen und (Alternative Distribution Alliance) [Under]mining Skies CD (Ponowai Vergangenheit ist es schon mal pas- karhu vor allem auch komplett kostenlos auf Flora) siert, dass ein einziges Stones Throw Sinfonia For The Blunt Sword MP3 War „Ich bin 7undzwanzig Meter www.fifaform.de Ach so. The Grouch ist doch gar kein Teil Steinchen eine ganze Lawine ausge- (Eigenvertrieb) groß“ noch im besten Sinne vielver- J.E. der . Ach, doch. Jedenfalls Ancient Mith präsentiert sein seit löst hat. Im Falle von „Welcome“ hat sprechend und barst über an Ideen, so ist er auf Legendary Music im richtigen langem rappigstes Release unter dem man es dagegen eher mit einem Musik ist wohl die merkwürdigste krankte es doch ab und an an den The Golden Zych Umfeld. Humorvolle, ehrliche und ent- Alias „Hungry Giant“. „[under]mining Kometen zu tun, der unverhofft vom Kunstgattung, die der Mensch je hervor- Umsetzungen, bzw. an einem halb- The Golden Zych CD-R spannte Musik ist das hier und das sou- skies“ wurde komplett von Sean T. pro- Himmel fällt. James Pants ist eine Ein- gebracht hat. Anders als Malerei, Poesie wegs klaren Konzept. Mit „Der größte (Eigenvertrieb) thern California, wo es dann doch mal duziert, der sich bei der Sampleaus- Mann Kapelle, die sich hauptsächlich oder Bildhauerei stellt sie die Welt nicht Hit der 80er“ greift form nun genau an regnet, hat definitiv seine Spuren hinter- wahl und -verwertung an den golde- Synthesizern, Vocodern und Gesang dar. Ein Akkord bedeutet nichts, eine diesem Punkt an, schraubt - auch dem Max Stark und Brak aka DJ Breaque lassen. Ein stolzer Vater, der den Da- nen 90ern orientierte. Dadurch ent- (in der Reihenfolge) bedient. Melodie hat keinen Sinn. Und doch ver- EP Format geschuldet - die Trackan- sind zusammen „The Golden Zych“. Auf heimgebliebenen die Welt zeigt, all den stand ein Album, das harmonisch 15 Viele Tracks sind dabei nach einem mag sie, unsere Sinne unmittelbarer zu zahl auf gesunde 7 hinunter und hat ihrer ersten gemeinsamen Veröffentli- „artsy people“, denen man so begegnet Songs aneinanderreiht, ohne dabei einfachen Muster aufgebaut: Elektro treffen als alle anderen. Die Klangkunst, zudem mit dem Hotwhyler einen chung finden sich 15 Songs, die die auf dem Weg durch die Rapkarriere und irgend welchen Ansprüchen zwang- Funk Brett á la Mitte 1980er, darüber welcher man auf der Reise durch „Sinfo- äußerst fähigen Produzenten ver- beiden unter Einsatz von Drummachi- den Straßenjungs, die ihr Leben wegwer- haft gerecht werden zu wollen. Nichts ein paar bis zum Anschlag verzerrt nia for the Blunt Sword“ begegnet, ist pflichtet, der es schafft, dem Rapper nes, Plattenspielern, Gitarren, Klavier, fen, mit sehr sehr sympathischer, ja, fällt so wirklich aus dem Rahmen, gepitchte Strophen, gerne auch selbst nur sehr selten greifbar. Man sieht sich einerseits genug Platz für seinen wil- Glockenspiel und auch sonst allem, Realness und Offenheit zur Seite steht. „I man spürt, wie viel Lust die beiden eingesungen, und irgendwo dazwi- hier in einen weiten Raum, aufgespannt den Ideen zu lassen, andererseits aber was sich so in greifbarer Nähe finden really wanna change the world and save auf genau diesen Sound hatten. Und schen findet sich immer ein flotter an Klanggebilden, Fetzen orchestraler auch der gesamten EP einen roten ließ, produziert haben. Das ganze the world/ don’t really wanna bang your so bekommt man neben einigen lok- Break. Dass man den Texten dabei nur Musik, kombiniert mit heftigsten Glitch- Faden und dem Hörer etwas mehr klingt dann auch entsprechend ver- girl, save your girl“. Sagt es frank und frei ker flowenden aber etwas unauffälli- mit großer Mühe folgen kann, ist Attacken und detailverliebten Fricke- Orientierung zu geben. spielt und nach Jam Session, und hinaus und ist dennoch meilenweit ent- gen Songs ein paar Highlights wie nicht weiter schlimm. Als sozusagen leien, versetzt; einem Kontrast von Musi- 38 deadpress deadpress 39

kalität und berstendem Noise, Am- entgegenschmettert, macht ver- Misanthrop Hop“ legt er gekonnt ab und macht wie die etwas ruhigere B-Seite „Odys- und krachigen Drums angeht, bleiben bient Work mit sehr hohem Aggres- dammt Laune. Fröhliche Melodien, Effi Briest 7” (leave.music) deutliche elektronische Einflüsse hör- sey“ zu sehr nach Hintergrundmusik NIN nach wie vor König. Im Juli soll es sionspotential! Vier Jahre haben Karhu wildes Geschrei, durchtriebene bar. „What Else There Is“ wiegt sich in für schicke Lounge-Cafés klingt und dann wohl auch noch eine CD- und LP- gebastelt, um aus Orchestersamples, Synths, mit immer wieder überra- Machen wir es kurz: Es ist eine Schan- ambienten Flächen und dubbigen dementsprechend schnell an einem Version zu kaufen geben. Gitarre und Stimme, mit kreativen schenden Wendungen. Flippiger de für dieses Land insgesamt, nicht nur Bässen. Aber auch Fans vom ersten vorbeifliegt. C.F. Einsatz von Timestretch-, und ande- Scheiß im liebevoll, aufwändig geba- für die Rapszene, dass der Misanthrop Album werden definitiv nicht ent- J.E. ren Hall- und Modulationsalgorith- steltem Cover. nicht annähernd den Respekt bekommt, täuscht, denn was bleibt, sind die The Notwist men, vorliegendes Werk zu erschaffen. C.F. den er verdient. Die „Effi Briest“-Maxi, als Beats. Diese klingen zwar meist Nine Inch Nails The Devil, You + Me CD/LP (City Slang) Um seiner selbst gerecht zu werden, 7" mit Sammelcover, gehört zum Besten, immer noch so, als hätte man sie The Slip MP3 (Eigenvertrieb) hätte dieses Werk eigentlich als 4-fach Living Legends was deutscher Rap in der letzten Zeit schonmal irgendwo gehört, und auch Wenn ein neues Album so lang herbei- Vinyl mit Klappcover erscheinen müs- The Gathering CD hervorbrachte. Ziemlich klassische Beats die Arrangements sind noch vergleich- Trent Reznor scheint Gefallen am gesehnt wurde wie das von The Notwist, sen. Die Arbeit hunderter von Stun- (Alternative Distribution Alliance) mit wunderschönen Samples, harten weise einfach gestrickt, dennoch Online-Selbstvertrieb gefunden zu und gleichzeitig so viel und gut bespro- den findet sich nun in unterschied- Drums, endgeilen Scratches, intellektuel- schafft Cooper ein überaus gelunge- haben: Gerade mal 2 Monate nach chen – was bleibt da noch zu sagen, lichen Formaten zum freien Downlo- „It´s been a while.“ Die lebenden ler Aufbereitung klassischer Schriftstell- nes Gesamtwerk, dass sich über die dem Release von „Ghosts I-IV“ (und außer das bereits Geschriebene zu bestä- ad unter karhumusic.org. Legenden wollen ihrem Namen erthemen, im Titeltrack sogar einer ganze Länge elegant wie spannend der Kollaboration mit Saul Williams) tigen? Im Grunde nichts. Denn es ist C.F. auch im Jahr, äh, 14 ihres Bestehens Hithook und bisweilen etwas eigenarti- entwickelt und den Hörer in seinen veröffentlicht seine Band mit „The wirklich eine tolle Platte geworden. Sie immer noch gerecht werden. „The gen Vergleichen/Betonungen. Aber Bann zieht. Am besten funktionieren Slip“ schon wieder ein neues Album. braucht ein paar Anläufe mehr, um sich The Latah Movement gathering“ macht das auch tatsäch- Eigenarten sind exakt das, was dringend dabei Songs wie „Part 03“, der aufbrau- Das Ganze kommt völlig kostenlos, in endgültig im Gehörgang festzusetzen – The Latah Movement CD (Knertz) lich. Auf jedem der sieben Tracks ist benötigt wird. Und der Thomas Mann sende „Part 05“, der hallende 70 BPM- unterschiedlichsten Formaten (bis hin der Ballast vom Vorgänger ist aber auch jeder der Sympathen ( mag des Rap liefert sie. Geil. Hit „Part 08“ und der finale „Part 10“. zu 24 bit, 96 kHz!!) und steht unter immens. Doch alleine das Eröffnungslied Ja, ich bin voreingenommen. Und den Buschen-Schorsch wohl doch D.H. Das Album erscheint September als einer „remixfähigen” Creative-Com- „Good Lies“ verzaubert vom ersten Mo- das zurecht. Ein neuer Rundum- nicht mehr) zu hören und man Doppelvinyl, CD und Digital Release mons Lizenz. Dass aber Quantität mit ment an so sehr, dass man gar nicht schlag des Knertz-Kollektivs. Dieses arbeitet die klassischen Themen Mr. Cooper bei Project: Mooncircle. Qualität auch Hand in Hand gehen anders kann, als das Album immer wie- mal irgendwie Indie. Präziser wurde namens Frauen, Krieg und Frieden What Else There Is CD / 2LP G.S. kann, beweist „The Slip“ sehr eindring- der von vorn zu hören. Ab dem Moment, das Ganze schon mal als punkiger sowie die leidigen oder bemitlei- (Project: Mooncircle) lich. Die Art des Einsatzes von Gitarre, wenn Markus Acher mit wackeliger Experimental-Flöt-Core bezeichnet. denswerten anderen Rapper in Mr. Quibble Stimme Drumcomputer und Distor- Stimme, nur begleitet von einer Akustik- Die Latahs sind fröhliche, nette äußerst runder Weise ab. Man sitzt Mr. Cooper ist zurück mit seinem Windseeker / Odyssey 7” (Play Loud) tion klingt oft etwas nach Homepro- gitarre, singt: „Let's just imitate the real, Leute mit einem latenten Hang zur da und hört einfach gern zu. Style zweiten Album „What Else There Is“. ducing im großen Stil, soll heißen, until we find a better one“, ist eigentlich Durchgeknalltheit. Ja, von Trash und äußerst unterschreibenswerte Wenn schon nicht bei der Kreativität der Die beiden Produzenten / DJs Echo man kann sich Herrn Reznor sehr gut schon alles entschieden. Der Rest bestä- haben wir freilich schon genug, Inhalte. Zurückhaltende, eher lässi- Songnamenvergebung (wieder wurde und Fresh Kils nennen sich gemein- beim Produzieren vorstellen, aber tigt bald den ersten Eindruck. Nach und zumindest von solchem, der aus ge Drums um die 100 bpm, latent auf die Betitelung der insgesamt 10 sam Mr. Quibble. Auf ihrer ersten gerade dadurch bekommt das Album nach erkämpft sich jedes Lied seinen Unfähigkeit entsteht. Die Truppe um elektroide Melodeien und die Raps Tracks verzichtet), kann der mittlerweile gemeinsamen 7inch bieten sie leider seine brachiale Direktheit, und Platz, entfaltet seine Stärken, besticht Drummer Oskar Ohlsen besteht im eindeutigen Vordergrund. Prädi- in London residierende Produzent jedoch nur Altbekanntes: „Windseeker“ ist ein erinnert teils gar an Stonerrock. Was mit kleinen Details. jedoch aus wahren Vollblutmusi- kat: „We invented fun“. Die Sonne musikalisch sehr positiv überraschen. von einem zwar mitreißenden Soul- das Kombinieren von melodisch mini- Unterm Strich ist das sechste Studioal- kern, und was einem an energiegela- scheint. Das ihm seit „Amongst Strangers“ anhaf- sample getragener und wirklich gut malistischen Gesangspassagen, bum eines, in dem die Band sich zwar denen Tracks hier frech und lautstark D.H. tende Label „Sampled Instrumental Hip- ausproduzierter Song, der aber genau akzentuierten Gitarrenfills/-samples nicht neu erfindet, trotzdem aber einen 40 deadpress deadpress 41

DEAD Vol5.

Schritt weitergeht; nicht unbedingt Zwischenmenschlichkeit gemacht zu erwarten bleibt, ist, wie diese verpak- Rapper versteht, hat man mittler- Sadistik garniert wurde, ein weiteres High- nach vorne, zumindest aber aus dem hat. Ich finde das mindestens gut. Je kt werden; und hier punkten Prolyphic & weile, größtenteils samt aller sich The Balancing Act CD lights der CD, welche somit jedem zu Schatten von „Neon Golden“ heraus. nach Gemütszustand kann es auch Reanimator. Ersterer ist nach 2 Solo- damit auftuenden Widersprüche, (Clockwork Orange) empfehlen ist. „The Devil, you+me“ ist gleichzeitig sehr erhebend sein. Auf jeden Fall hat Alben zu einem erstklassigen Erzähler verdaut - wer ihm, der ohne Zwei- G.I. schroffer und poppiger als der Vorgän- Herr Rellik, dank der immer auf seine gewachsen, der seine etwas quäkige fel einer der derzeit technisch ver- Allein musikalisch ist das Debutal- ger, kantiger aber letztlich eingängi- mit Sicherheit recht zerknautschte Stimme zu seinem prägnanten Marken- siertesten Rapper ist, zuhören will, bum von Sadistik, das jetzt auf sei- Schaman & Damja ger, fragiler und doch genauso perfek- Kappe gehenden Beats, einen ziem- zeichen erzogen hat, und Reanimator, muss sich also auch auf seine Welt- nem eigenen Label Clockwork Grey Black Books CD (Substrakt Rec.) tionistisch. Dass die Band nach ihrem lich eigenen Style entwickelt, der der spätestens seit dem von ihm produ- sicht und damit seinen ihr zu erschien, schon eine Wucht. Auch Riesenerfolg von „Neon Golden“ gegen auch hier wieder sehr konsequent ver- zierten Sage Francis Song „The Buzz Kill“ Grunde liegenden, streng christ- wenn man sich oft an der Grenze von Die Schweizer Schaman23 und Abdul diesen Sound nicht anspielt, sondern folgt wird. auf jedermanns Radar sein sollte, liefert lichen Glauben einlassen. Hin und „zu schön“ befindet, habe ich lange Damja legen mit „Black Books” ein Kolla- ihn gleichzeitig zu bewahren und D.H. dazu äußerst abwechslungsreiche und wieder ist das wirklich anstren- kein Album mehr gehört, das sich so borationsalbum vor, das ihr gemeinsa- doch zu verändern sucht, ist ihr hoch detailverliebt geschichtete Beats. Allein gend und enervierend - grade dann gefühlvoll wie harmonisch über die mes Arbeiten der Jahre 2004 bis 2008 zur anzurechnen und vielleicht auch das Prolyphic & Reanimator der Dreischlag von „Broken Bottles“, „Born wenn Kip Killagains Beats etwas gesamte Spiellänge hinwegzieht. Schau stellt. Zu hören bekommt man Ergebnis der langen Pause. The Ugly Truth CD (Strange Famous) Alone“ und „Artist Goes Pop“ mit dem das sehr monoton vor sich hin pluk- Die beiden Hauptproduzenten Equa- Geschichten und Ansichten zu den eher P.S. Album eröffnet, lässt einen den Hunger kern - aber wenn Qwel dann mal librium und Emancipator haben düsteren Kapiteln des Lebens, welche Eine seltsame Geburt war das: Erst der beiden nach der allzu langen Warte- auf den Putz haut, ist man doch ganze Arbeit geleistet und bilden von ein paar Lichtstrahlen durchzogen Otem Rellik werden Rapper Prolyphic und Produ- zeit spüren. Dies hier ist eines der konse- wieder davon beeindruckt, dass er mit ihren oft epischen Instrumenta- sind. Die auf schweizerdeutsch vorgetra- Chain Reaction Robot CD (Ponowai Flora) zent Reanimator von Sage Francis mit quentesten und souveränsten Rap-Alben es noch einmal geschafft hat, sein len die perfekte Untermalung für genen Texte sind auch für alle verständ- einander verkuppelt, dann arbeiten sie seit langem, und eines der wenigen seit Rapniveau zu steigern. Die Produk- Sadistik’s sehr persönliche und lich, die der Schweizer Mundart nicht Otem Rellik also wieder. Der sym- ein knappes Jahr lang an Songs, ohne „Lucy Ford“, die dabei auch zu berühren tion ist diesmal leider nur Durch- metaphorische Texte. An manchen vollständig mächtig sind, und vermitteln pathisch verhuschte Rapper mit den sich auch nur ein einziges Mal getrof- wissen. schnitt, wenn das Album auch Stellen wirkt der Vortrag noch etwas dem Zuhörer ein glaubhaftes Bild ihrer Stimmeffektgeräten auf der Bühne fen zu haben, schließlich crashed in J.E. wesentlich konziser wirkt, als das angestrengt und zu ambitioniert, Introspektion sowie der ewigen Suche bringt mit „Chain Reaction Robot“ Chicago eine Festplatte, alles wird letzte, von Meaty Ogre produzier- dennoch kann Sadistik über die Alb- nach Sinnhaftigkeit trotz allen Schei- einen weiteren Beweis seiner Fähig- noch einmal aufgenommen, und als Qwel & Kip Killagain te. Kip Killagain, eigentlich ein umlänge durchaus als Rapper über- terns. Musikalisch spiegelt sich „Black keiten. Meist flächige, zumindest sie sich dann zum ersten Mal gegenü- The New Wine LP / CD Jungle / Drum'N'Bass Produzent, zeugen. Auf Features wurde dabei Books“ dann auch meist in ruhigen, von nach Synthie klingende Melodien in ber stehen, ist der Anlass ein für seine (Galapagos4) gibt sich zwar sichtlich Mühe, dem nur bei zwei Tracks zurückgegriffen: Synthies und Streichern getragenen Moll, straighte, manchmal zerhackte Geschichte außergewöhnlich intimes rauen Galapagos4-Sound vorsich- „Ashes to Ashley“ holt sich Mac Beats wider, die, wenn auch nicht immer Drums und viel Gefrickel. All das unter Album. Das dritte Album in der Jahreszei- tig ein paar neue Nuancen zu Lethal von den Rhymesayers und voll ausproduziert, einen passenden den in typischem Otem-Rellik-Tonfall „The Ugly Truth“ erzählt in betont all- ten-Serie Qwels ist dem dritten Rei- geben, seine Versuche wirken „Writes of Passage“ wartet mit nie- Rahmen für die oft schweren Themen zwischen Melancholie und Verzweif- täglichen Geschichten von dem, was ter der Apokalypse und der Jahreszeit dabei aber oft sehr bemüht und die mand Geringerem als Vast Aire von liefern. Wer bei Musik gerne zuhört, vor lung gerappten und gesungenen Tex- der gemeine Rapper gerne „struggle“ Frühling gewidmet. „The New Wine“ wirklichen „Hits“ fehlen leider, Cannibal Ox auf. Letzterer glänzt mit dem Schweizer Dialekt nicht sofort ten über Dinge wie Einsamkeit, Trauer nennt: Den Kampf ums Überleben der steht dabei für unseren Durst nach Öl wenn Qwel sich auch endlich mal irrsinnigen Battlerhymes, welche zurückschreckt und auch trotz Sommer und abstrakt poetisierte Verschwur- eigenen Träume, leere Kühlschränke, und Luxus im Kontrast zum Hunger ein paar Pausen gönnt, und nicht sich jedoch nicht ganz in das sprach- und Europameisterschaft keinen Drang belungen, die mancher nachvollzie- volle Straßen, verhasste Jobs und desil- derer, die auf beides verzichten müs- wie sonst jede Sekunde des Beats liche Konzept des Albums einbinden. nach Schunkeln und Mitgrölen verspürt, hen kann, der in die Spalte gefallen lusionierte Freunde. Die Themen sind sen. Dass Qwel sich als eine verquere berappt. Dennoch bleibt der Song, der mit dem sei diese Independent-Produk- ist, die unsere Art zu leben aus der also keine sonderlich neuen, was also Mischung aus Prediger und Hardcore- J.E. Cuts von den Dedicated Beatheads tion ernsthaft ans Herz gelegt. A.B. 42 deadpress deadpress 43

Snatchatec tionen, die sich auf dem Knertz-Sam- ziges und leicht schmutziges“ ist, als allerdings nicht leicht, da zum Bei- Mikrofon in die Hand nehmen und ille aggressive Rausschmeisser „Odd5“ ver- Indigo CD-R (none) pler tummeln, schon den kompletten roter Faden durch die CD. Großartig! spiel „Wishing Well“ von 2econd Class Reime spitten heißt im Grunde das dienen ebenfalls einige Repeats. Einzig Platz einnehmen würde. Fangen wir P.S. Citizen in seiner Entspanntheit eben- Motto. Und soll sich bloß niemand die Rap-Einlagen von Mavys und Roluxx Snatchatec, seines Zeichens eine von vorne an: Knertz ist ein Kollektiv so überzeugen kann wie das aufbrau- über die sich kaum verändernden konnte ich nichts abgewinnen - zwi- Hälfte der Dedicated Beatheads und in (kein Label), und der Sampler dessen V.A. sende „A Different Direction“ von Van- Beats, kantige Flows oder fehlende schen all den neuen Klängen, wirken ihre München ein oft gebuchter Club-DJ, nunmehr neunte Veröffentlichung; One Year & A Day - A Sound Exposure gel. Alles in Allem: Eine sehr gelunge- Hooklines beschweren. „Psycufski Syn- altbekannten Themen und Vokabeln ist mit einer neuen Mix-CD namens was in einem Zeitraum von einem Vol.2 CD / 2LP (Equinox) ne und abwechslungsreiche Mischung fonies“ ist so wie sie ist, und das ist etwas hilflos und deplaziert. „Indigo“ am Start. „60 Minutes of Jahr – seit der Gründung 2007 – sehr und die logische Fortsetzung der gut so! Erhältlich sind die 300 hand- J.E. Glitch-Hop & other Instrumental Hip- beachtlich ist. Die CD steckt in einer Im Grunde genommen ist diese Zu- spannenden Geschichte von Equinox. nummerierten Exemplare der LP Hop“ heißt es ankündigend auf dem schönen DIY-Verpackung, ist geklebt, sammenstellung von Equinox Records S.K. wahrscheinlich nur schwer. Für Anfra- Wordburglar Labelaufdruck. Es geht also vorrangig getackert, mit Stoff und Farbe verse- Gründer DJ Scientist nichts anderes als gen und mehr Info checkt man am Burglaritis CD (Urbnet Canada) um Beats, Beats und nochmals Beats. hen und innen steckt ein kleines Falt- eine Liebeserklärung. Und zwar an einen V.A. besten mal myspace/psysyns. Diese lässt Snatchatec sehr gekonnt Poster mit Tracklist und Infos. Anson- ganzen Haufen von herausragenden Psycufski Synfonies LP (Dreckzloch44) G.I. Krass, sowas gibt es noch. Damals, in ineinander verschmelzen, und schon sten verschafft die Kompilierung Künstlern, welche sich kaum unter einen den Neunzigern. Als man auch an ganz nach kurzem Hören wird klar, dass es einen ausgezeichneten Über- und Ein- Hut packen lassen. Genau dies ist aller- „Kranke Scheiße mit Gefühl“ passt Wodan normale Alltagsfloskeln wie „Guten Tag“ sich bei der CD um einen ausgetüftel- blick in die verrückte, drollige, kreati- dings ihre Gemeinsamkeit und somit ganz gut als Beschreibung auf die Shortgroove EP CD (Lo Vibes) einen Vergleich hing (wie wärs mit „wie ten Megamix handelt. Die Übergänge ve, quirlige, bunte und sehr abwechs- auch der Leitfaden der Compilation. jetzt erschienene „Psycufski Synfonies“ ein guter Tag, zum Beispiel ein Tag mit und Tracküberlagerungen fallen einem lungsreiche Soundwelt der Knertzer. Nachdem Equinox in der Vergangenheit Compilation aus dem Hause Dreckz- Wodan’s „Short Groove“ EP hat 8 schönem Wetter“?). So ähnlich geht es meist nur dann auf, wenn man Origi- Versuche, die verschiedenen Genre- durch einige liebevoll gestaltete Veröf- loch44 Records aus Berlin. Nach einer Songs, davon 5 rein instrumentale mir mit „Burglaritis“. Die Beats bouncen nalstücke wiedererkennt. So sind Klas- Kombinationen aufzuzählen, von fentlichungen für große Aufmerksamkeit Reihe von CD-R Releases entschied und 3 die Rapper featuren, zu bieten. beschwingt und klassisch und natürlich siker von UNKLE, Mnemotrauma oder denen es auf den „Collected Collec- bei Feinschmeckern gesorgt hat - hier sei man sich endlich mal für eine Vinylve- Der Produktionsstil der Stücke ist samplebasiert und wären auch ganz Blockhead zu hören, um nur einige tions“ wimmelt, können eigentlich stellvertretend die gewiefte 5inch-Serie röffentlichung. Entstanden ist dabei dabei in gleichem Maße von der Sam- funktional. Und persönlich ist der Herr wenige zu nennen. Bei wem diese nur scheitern und der Musik nicht ge- erwähnt - gibt es nun den zweiten Teil ein 12 Tracks umfassender Einblick in ple Ästhetik instrumentellen HipHop's bestimmt auch eine Bereicherung für Künstlernamen ebenfalls Wohlgefühl recht werden. Was man nennen könn- der Sound Exposure-Samplerreihe. Mit das Netzwerk um DL44, dem, neben wie von soundverliebten Elektronik- die Menschheit. Aber die Texte. Sinnlos auslösen, der sollte die CD unbedingt te: Electronica, Experimental, (Anti- von der Partie sind unter anderen Arcsin, den Berliner Untergrundrappern basteleien á la Matthew Herbert und albern, quasi nur über Rap rappen auschecken! )Folk, Electro, Lo-Fi, Hip Hop ein bis- 2econd Class Citizen, Deckard, Emynd, HyPerAktiv, SchwartzeGeist oder geprägt. Es gibt dicke Drumsets, ist ja geil und schön, dass sich das so G.I. schen Rock und Punk – und das oft 88:Komaflash’s Aqua Luminus III. und Cazhrayn, auch illustre Gäste (von schön ausbalanciertes Geklacker, ein- toll reimt, aber „We keep shit fresh – like auch noch in ein und dem selben Lied. einige mehr. denen man im Normalfall wohl noch ges an noisigen Breaks und schicken Tupperware“, „I’m hot like a hot girl’s ass V.A. Highlights gibt es da unzählige, man Wer den Werdegang des Labels bisher nie gehört hat) aus den Staaten und Sample-Arrangements. Besonders fällt in a bikini“, „you know me like general Knertz '08 – Collected Collection CD möchte gar keine einzelnen Künstler verfolgt hat, weiß, dass man sich hierauf aus Japan angehören. Als etwas nam- dabei der Titel-Song mit seinem dub- knowledge“ ...? Ich hoffe schwer, dass (Knertz) oder Titel herauspicken, denn jeder wieder querbeet durch die Musikland- hafteren Vertreter konnte man zudem bigen Groove auf, den Wodan in ich jetzt niemandem Unrecht widerfah- Song überzeugt mit eigenem Charme. schaft bewegt. Der Grundtenor des Gan- Spectre aus dem Hause Wordsound immer neuen Anläufen aufschneidet, ren lasse. Aber Rap gibt es mittlerweile Wie man mit ungefähr 200 Wörtern, Und trotz der Vielfältigkeit an Musik- zen ist ein eher düsterer, wobei in etwa für einen guten Instrumentaltrack mit neuen, unerwarteten Fragmenten in beinahe jeder Hinsicht in besser. diese 27 Lieder rezensieren soll, bleibt stilen und -instrumenten zieht sich der wunderschöne „Laugh Track“ von gewinnen. Soundmässig bleibt das versieht, und dann weiterschlendern Im Großen und Ganzen nicht das Gelbe ein Rätsel, wenn allein das Aufdröseln das knertzige, was „etwas agiles, Deadpan Darling besonders hervorsticht. Ganze, dem Labelnamen alle Ehre lässt. Das wunderbar schwebende vom Ei. Wie Eiweiß. Knawmean!? der verschiedenen Künstler-Konstella- unsteriles, analoges, manchmal krat- Ein Lieblingslied hierauf zu finden, fällt machend, dreckig, roh und düster. Das „Butterfly“ und der überraschend D.H. 44 deadlists deadlists 45 deadlists

2. Eines der ersten deutschen Rapalben Nun ja, selber behaupten die Akteure von LSD sogar, dass es sich hier generell um das erste deutsche HipHop-Album handelt. Das sollte man jetzt gleich mal berichtigen. Das erste Rapalbum aus der Bundesrepublik war wohl das musi- kalisch und kulturell eher unbedeutende Werk von Luxster, „Radio-Active“ von 1984 (wer Gegenvorschläge hat, bitte E- 5 Gute Gründe Mail an die Redaktion!). Luxster, allem Anschein nach ein in Deutschland stationierter GI, nahm damals mehrere, eher discolastige Raptracks mit einer deutschen Funk-Band auf. Ebenfalls nicht zu vergessen ist der begehrte Electro- Sicherlich gibt es auch für die Debut-LP der deutschen HipHop-Pioniere LSD weit mehr als 5 Gründe, sie gut zu fin- HipHop Klassiker von The Alliance (It’s Time, 1989 auf Fresh Line) und das wohl erste primär auf Samples basierende den. Diese Special List wird sich auf die vielleicht 5 wichtigsten und obskursten darunter beschränken. Zunächst deutsche Rapalbum von den Young Guns (a.k.a. DJ Derezon und MC Rodski) namens „Hyped Up“ (1989, Imperial muss ich erwähnen, dass dieses Album bisher grundlegend an mir vorübergegangen ist – zu selten und begehrt ist Nation; immerhin mit 8 Tracks, aufgrund von drei zusätzlichen Instrumentalen aber oft als EP deklariert). All diesen das 1991 erschienene Original, das mit Hits, wie „This Beats Are Legal“ oder „Competent (Remix)“ aufwartet. Dank nerdigen Kleinigkeiten zum Trotz, war „WOFTTR“ aber wohl das Beste von den Ersten und kann zurecht als Meilen- der Neuauflage, bzw. dem Erscheinen einer re-mastered Version inklusive der Instrumentale auf dem Label Melting stein betrachtet werden. Das kann man den Kölner Jungs nicht nehmen. Pot, ist nun aber jedem die Möglichkeit gegeben, das Album neu zu entdecken. 3. Die vielleicht erste deutsche HipHop-Platte die Einfluss auf einen US HipHop-Klassiker hatte 1. Die Platte mit den vielleicht meisten Samples aller Zeiten Hier handelt es sich um heiße Spekulationen, die keine Geringeren als die Ultramagnetic MC’s (Ced Gee, Kool Keith, Nicht nur Future Rock, der Hauptproduzent des Albums, ist sich in einem Interview der Gruppe bei Mixery Moe Love & TR Love) und deren Album „Funk Your Head Up“ (1992, Mercury) betreffen. Laut DJ Rick Ski a.k.a. Black Raw Deluxe sicher: „Watch Out For The Third Rail“ (WOFTTR) ist die Platte mit den meisten Samples aller Vinyl Master verhielt sich das folgendermaßen: „Future Rock hatte im Sommer 1991 den Ultras die 3rd Rail in die Hand Zeiten. Die einzige Platte, die LSD vielleicht Konkurrenz machen könnte, wäre das dritte Public Enemy Album gedrückt. Man beachte dabei das Cover und das komplexe Gebilde der Songs und Skits“. Hört man nun das Ultra- „Fear Of A Black Planet“ (1990, Def Jam). Dieses geht mit einem ähnlichen Sample Overload an den Start. Der magnetic Album, kann man wirklich musikalische Ähnlichkeiten erkennen. Ein Statement von Ced Gee konnten wir Umstand, dass man wesentlich mehr aufwendige zusammengestückelte Skits auf „WOFTTR“ unterbrachte, ver- leider nicht bekommen. Aber allein der Gedanke, Kool Keith und Ced Gee (dieser ist immerhin einer der bedeutend- stärkt aber auch bei mir den Eindruck, als wäre das Album der Kölner in dieser Hinsicht einfach nicht zu top- sten Vorreiter samplebasierter Produktion) sitzen in ihrem Studio und lauschen staundend den Klängen der 4 B-Boys pen. Eine wirkliche Zählung der Samples wäre aber wohl unmöglich und könnte, laut Future Rock, um die 3 aus Good Old Germany, ist schon einmalig. Wochen dauern. Zumindest sollen es so an die 1000 Stück sein – das ist ja mal eine Angabe! Wie im offiziellen Pressetext, einigen Artikeln und wilden Newslettern falsch behauptet, können L.S.D. aber 4. Einflussreichste deutsche HipHop-Platte DJ Shadow keinen Guinness Buch der Rekorde-Eintrag streitig machen. Dieser stand nach meinen Informa- Hört man sich deutschen Rap heute so an, ist die Platte wohl doch an vielen vorbeigerauscht, doch der Anrufbeant- tionen nämlich nicht für das Album mit den meisten Samples, sondern für das „First Completely Sampled worter-Shoutout von Torch (Advanced Chemistry) zur bereits 1989 erschienenen Competent EP ist schon super: „Jede Sau Album“ im Buch! hörtL.S.D. In Heidelberg“! Vom Album war dieser und viele weitere sicherlich noch weitaus mehr beeindruckt.

5. Die bis dato längste Spielzeit einer HipHop Einfach-LP? Leider doch nicht. Produzentengenie Prince Paul hat die Messlatte mit De La Soul's "3 Feet High & Rising" unddessen ca. 62 Minuten doch zu hoch gelegt. Aber was auch immer LSD dazu bewegte, ebenfalls um die 30 Minuten pro LP-Seite zu pressen, verhinderte, dass sie vielleicht die ersten deutschen HipHopper gewesen sein könnten, die es geschafft hätten, gleich 2 LPs in nur einem Jahr herauszubringen – oder zumindest die erste Doppel-LP! Das Material hätte auf jeden Fall wohl auf zwei Alben gepasst. Denn anerkennenderweise gibt es auf „WOFTTR“ keine Ausfälle oder Füller. Vielleicht war das Ganze soundtechnisch nicht gerade empfehlenswert, aber damals hat man noch was gekriegt für sein Geld.

Wenn man mal kleine Abstriche für die noch etwas kantig und „deutsch“ Vorgetragen englischen Lyrics weglässt, dann gibt es überhaupt keine Frage: „Watch Out For The Third Rail“ ist ein Klassiker, der in keiner Plattensammlung fehlen sollte. Wer jetzt wissen will, wie das ganze klingt, hört einfach in das neu aufgelegte CD-Doppelalbum oder in die auf Doppelvinyl erschienenen Instrumentale rein. Letztere bieten auch heute noch Potential für jede Tanzfläche!

Text: Günter Stöppel; Bilder: MPM, Raphistory.net 46 deadlists deadlists 47

deadlists Foto: DJ Sixkay

Factor 40 Winks Brayaz Reggie Reg DJ Snatchatec (Fake Four Inc.) (Project: Mooncircle) (Drumkick Radio) (of The Crash Crew) (Dedicated Beatheads / Deckpackers)

Favorite Albums For High-Way Driving: Current Top 10: CurrentTop 10: Old School Celebrity Special Playlist Current Top 10

1. Digital Underground: Willie Gresham and The Free Food Ticket: : Hrs:Mins:Secs Grandmaster Flash and The Furious Five: Parker Feat, Rasco: Western Soul Future Rhythm (Critique Records) I Cried Boo Hoo (Mejesty Records) (Ninja Tune) Superrappin’ (Enjoy) (Breakin Even)

2. : To Whom It The Rising Sun: One Night Affair Edan: Rock And Roll Feat. Dagha Funky Four Plus One More: The Herbaliser: May Concern (Independent) (Numero Group) (Lewis) Rappin And Rocking The House (Enjoy) Game Set And Match (!K7)

3. Fleetwood Mac: Fleetwood Mac Wendy Rene: Crying All By Myself Venetian Snares: Szamár Madár Kurtis Blow: The Breaks The Apples: Killing (Warner Bros.) (Stax) (Planet Mu) (Mercury) (Freestyle)

4. Ghostface Killah: Pretty Tony Duke Ellington: Merry Go Around James Pants feat. Deon Davis: The Crash Crew: High Powered Rap Marco Polo Feat. O.C.: (Def Jam) (RCA) Crystal Lite (Stones Throw) (Mike & Dave Records) Marquee (Rawkus)

5. Smashing Pumpkins: Greatest Hits Mulatu Astatke: Emnete Lefties Soul Connection: Spoonie Gee & Treacherous Three: Katalyst: Step Up (Virgin Records) (Soundway) Organ Donator (Melting Pot Music) The New Rap Language (Enjoy) (Invada)

6. Why?: Alopecia Leila: Young Ones Cut Chemist feat. Edan & Mr. Lif: The Treacherous Three: The Souljazz Orchestra: (Anticon.) (Warp) Storm (Warner Bros. Records) Feel The Heartbeat (Enjoy) Mista President (Do Right! Music)

7. Arcade Fire: Funeral Diverse: Escape Earth Fink: This Is The Thing The Fearless Four: Rockin’ It The Soul Snatchers: People People (Merge Records) (Adult Swim) (Ninja Tune) (Enjoy) (Social Beats)

8. Devin The Dude: Just Trying Ta Live Mono Poly: MS14 Bitch M. Arfman: Hotel Pacific Rob Base & D.J. E-Z Rock: Speedometer: Main Man (Asylum Records) (Unique) It Takes Two (Profile) (Freestyle)

9. David Ramos: This Up Here School of Seven Bells: Trance Figure Balduin: Weirdo Doug E. Fresh & The Get Fresh Crew: Hot 8 Brass Band: Sexual Healing (Tru (Fake Four Inc.) (Green Owl) (Crippled Dick Hot Wax) The Show (Reality) Thoughts)

10. The Nonce: World Ultimate Flako: 376 Ill K: Sushi Dana Dane : Nightmares Villain Accelerate: Things Told (Warner Bros.) (Dubspin) (Profile) (Mush) 48 deadus deadvol 5. 49

inklusive MP3-Compilation......

1. Dday One Minimal Remnant 2.Factor feat. Ceschi Pray deadus 3.Bleubird Brute Force 4.Asup Chiffre 5.Egogrill Am Anfang 6.Sadistik feat. Vast Aire Writes Of Passage (Original Version) 7. Marcello feat. Cellad’or Dirty Jam 8.Karhu Couverture DEAD Magazine erscheint drei mal Herausgeber: Vertrieb Print:

im Jahr. Das nächste Heft erscheint Günter Stöppel EQX-Music All rights of the owners of the recorded works reserved. Unauthorized copying, public performance, broadcasting of this recording prohibited. voraussichtlich Dezember 2008. HHV.de Chefredakteur: Leavemusic.de Verlag: Jens Essmann DEADmagazine.com/store.php Credits DEAD Magazine 1. Produziert von Dday One | entnommen vom Genehmigung von Leave.Music Bredowstraße 38 Redaktion: Vertrieb Online: Album „Heavy Migration“, mit freundlicher Geneh- 6. Texte von Sadistik und Vast Aire 10551 Berlin Axel Hübner, Kristopher Harris, Gün- DEADmagazine.com migung von Content Records | Cuts von Snatchatec und DJ phone + 49 (30) 24 53 52 16 ter Stöppel, Arne Brettschneider, 2. Produziert von Factor | Texte von Ceschi | ent- Scientist | Unreleased Original Ver- fax +49 (30) 24 53 52 15 Christian Fischer, David Häußer, Mit Namen gekennzeichnete Artikel nommen vom Album „Chandelier“, mit freundlicher sion, mit freundlicher Genehmi- Frank Herst, Patrick Schwentke, geben nicht unbedingt die Meinung Genehmigung von Fake Four Inc. gung von Sadistik Redaktionsadresse Musik: Peter Merk, Stefan Kronthaler der Redaktion wieder. DEAD Magazine 3. Text von Bleubird | Produziert von Bit-Tuner | 7. Musik von Marcello und Cellad’or DEAD Magazine übernimmt keine Haftung für unver- entnommen der EP „Street Talk 2“, mit freundlicher | entnommen vom Album „ACAB“ | Jens Essmann Grafik & Layout: langt eingesandte Tonträger, Manus- Genehmigung von Bleubird und hiphopcore.net mit freundlicher Genehmigung von Sanderglacis 9 / Hinterhof David Alke & Raincoatman kripte und Fotos. Alle Inhalte des 4. Produziert von Asup | entnommen vom 7inch Marcello 97072 Würzburg Spezieller Dank an Holger / Grafix- Magazins sind urheberrechtlich ge- Release „Chiffre / Untitled“, mit freundlicher 8. Produziert von Karhu | entnom- Files schützt. Nachdrucke oder jede ander- Genehmigung von NDSTWTRST Records men vom Album "Sinfonia for the E-Mail: [email protected] weitige Verwertung bedürfen der 5. Texte von Omega Takeshi | produziert von Bit- Blunt Sword“, mit freundlicher Grundlayout und DEAD-Logo: schriftlichten Genehmigung des Verla- Tuner | entnommen vom Album „Nur ein Monster Genehmigung von Karhu Anzeigen: Florian Bröcker / Institute48 ges. hat keine Angst vor sich selbst“, mit freundlicher [email protected] Limitierte Druckauflage inkl. 7inch: Druck: www.deadmagazine.com 250 Stück Media24Service Berlin www.myspace.com/deadmagazine www.media24-service.de Free Download on deadmagazine.com