Die Entführung

JAG HQ 05.08.2002 Montag, 08:15 Uhr

Die neue Woche begann ruhig, es stand kein neuer Fall an. Harm war pünktlich im Büro und konnte sich endlich einmal seinem Aktenberg zuwenden. Erstaunlicherweise hatte er heute seine Ruhe und so hatte er sechs Stunden später endlich alles geschafft und klappte die letzte Akte zu. Er schaute auf die Uhr und entschied, dass es zu früh war, den Tag bereits zu beschließen, also nahm er noch die Bücher, die sich in der letzten Zeit bei ihm angesammelt hatten und brachte sie zurück zur Bücherei. Anschließend sortierte er noch die bearbeiteten Akten ab und nahm dann gegen 1600 seine Tasche um das Gebäude zu verlassen. Er konnte sich nicht helfen, er traute der Ruhe nicht, es war wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm...

Am nächsten Morgen bearbeitete er gerade die Post, die Harriet ihm gebracht hatte, als Tiner an seinen Türrahmen klopfte. „Ja, Tiner?“ „Der Admiral will Sie sprechen, Sir.“ „Ich bin unterwegs“ sagte Harm und stand auf. Tiner ging zurück zu seinem Schreibtisch, während Harm an der Tür zum Büro des Admirals klopfte. „Herein!“ Harm betrat das Büro und nahm Haltung an. „Commander Rabb wie befohlen zur Stelle.“ „Stehen Sie bequem, Commander“ sagte der Admiral. „Mr Webb braucht mal wieder unsere Hilfe.“ Harm zog die Augenbrauen nach oben, sagte aber nichts. „Allerdings kann er aus irgendwelchen Gründen, die er mal wieder für sich behält, nicht hierhin kommen“ sagte der Admiral und seufzte. „Er hat gebeten, dass Sie doch bitte nach Langley kommen.“ „Wissen Sie schon, was mich erwartet, Sir?“ fragte Harm nach. „Nein, Commander, aber der SECNAV hat, was immer es ist, genehmigt.“ „Aye, Sir. Ich könnte mich sofort auf den Weg machen, bei mir liegt gerade nichts an.“ „Dann tun Sie das, Rabb. Weggetreten!“ Harm nahm wieder Haltung an. „Aye-Aye, Sir“ sagte er und verließ dann das Büro des Admirals. Er holte seine Tasche und sein Handy aus seinem Büro und machte sich auf den Weg.

Im CIA-Hauptquartier meldete Harm sich beim Empfang und ging dann direkt zu Webbs Büro. „Guten Morgen“ begrüßte er ihn. „Was gibt es so dringendes?“ „Herzlichen Glückwunsch, Webb, Sie haben es tatsächlich geschafft, die Festplatte zu frittieren!“ war eine Stimme unter Webbs Schreibtisch zu hören, die nicht gerade begeistert klang und Harm außerdem noch bekannt vorkam. „Ich bin sofort so weit, Rabb“ meinte Webb nur zu Harm. „Was heißt das jetzt?“ fragte er dann den Mann, der unter seinem Schreibtisch die entsprechende Festplatte ausbaute. „Für mich Arbeit und für Sie eine Pause ohne PC“ sagte Walker und stand mit der Festplatte in der Hand auf. „Guten Morgen“ sagte Harm, als er erkannte, warum ihm die Stimme bekannt vorkam. „Lange nicht gesehen.“ Walker sah Harm überrascht an. „Was machen Sie denn hier, Commander?“ „Sie kennen sich?“ fragte Webb. „Ja“ sagte Harm nur. „CIA und Navy arbeiten ab und an mal zusammen“ sagte er dann zu Walker. „Wo wir schon beim Thema sind, ich brauch die Daten schnell und dazu noch einen lauffähigen PC“ mischte Webb sich ein. „Sie haben doch noch einen Laptop“ meinte Walker nur, verließ das Büro und schloß die Tür hinter sich. „Also, worum geht es diesmal?“ fragte Harm nicht sehr begeistert. „Es ist ganz einfach und überhaupt nicht gefährlich“ meinte Webb während er sich setzte und Harm andeutete, ebenfalls Platz zu nehmen. „Das sagen Sie immer“ meinte Harm und setzte sich. „Sie haben doch sicherlich irgendwelche Kontakte zur Naval Academy, oder, Rabb?“ fragte Webb nach, obwohl er die Antwort vermutlich schon kannte. „Sie würden nicht fragen, wenn Sie das nicht wüssten.“ „Ist das ein Ja?“ Harm verdrehte die Augen. „Wollen Sie es schriftlich?“ „Ich nehme jetzt mal an, dass das ein Ja ist“ sagte Webb. „Sie sind doch sonst nicht so schwer von Begriff“ entgegnete Harm. „Ja, ich habe Kontakt zur Naval Academy, jetzt zufrieden?“ „Geht doch“ meinte Webb nur. Harm schaute genervt zu Decke. „Wo wir das nun geklärt hätten, worum geht's jetzt?“ „Könnten Sie MacKay darum bitten, dass er jemanden für uns beobachtet und herausfindet mit wem sich diese Person so trifft?“ fragte Webb. „Ach, jetzt wissen Sie auf einmal, wen ich dort kenne? Ja, ich kann ihn fragen, vorausgesetzt, Sie sagen mir endlich, was Sie wollen!“ „Es geht um Kadett Nathan Stevens, MacKay soll nur herausbekommen, mit wem sich der Kadett trifft und was er so macht, nicht mehr und nicht weniger, aber er soll dabei unauffällig vorgehen“ erklärte Webb unbeirrt weiter. „Was liegt gegen ihn vor?“ wollte Harm wissen. „Nichts, was Sie wissen müssen.“ „Ich habe nicht vor, MacKay irgendwie in Gefahr zu bringen, nur weil Sie für sich behalten, was da vor sich geht“ entgegnete Harm. „Es kann nichts passieren, solange sich der Lieutenant nicht zu blöd dabei anstellt.“ „Falsche Antwort“ meinte Harm nur und wollte aufstehen. „Ich habe die Genehmigung vom Secnav dafür, Rabb“ sagte Webb und legte ihm das Schreiben vor. „Und wenn Sie nicht wollen, dass das Auswirkungen auf die Karriere des Lieutenant hat...“ „Drohen Sie mir nicht, Webb, das bekommt Ihnen nicht, das ist nicht das letzte Mal, dass Sie was von JAG wollen“ meinte Harm. „Ich droh Ihnen nicht, Rabb.“ „Ach, und wofür soll ich das hier halten?“ fragte Harm sarkastisch. „Eine Feststellung, Rabb.“ „Wenn es Ihnen um den Lieutenant geht, wozu brauchen Sie dann mich?“ „Das ganze soll so unauffällig wie möglich ablaufen, darum sollen Sie auch mit dem Lieutenant reden“ meinte Webb. „In Ordnung, ich werde mich mit ihm unterhalten“ lenkte Harm ein. „Aber ich möchte zumindest wissen, was passieren kann, wenn der Lieutenant nicht vorsichtig genug ist.“ „Kann ich nicht sagen“ sagte Webb. „Webb, ich habe nicht vor, meine Freunde in Gefahr zu bringen, dazu können weder Sie noch der Secnav mich zwingen.“ „Ich kann Ihnen nicht sagen was passieren kann, weil ich es nicht weiß“ gab Webb zu. „Was wissen Sie überhaupt?“ „Das darf ich Ihnen nicht sagen, nur das es wichtig ist.“ „Na wunderbar, das liebe ich so an Ihnen: ‚Es ist ganz ungefährlich‘ und im nächsten Moment steht mir dann jemand mit einer Waffe gegenüber.“ Walker kam mit einer Festplatte in der Hand in Webbs Büro. „Hier, Ihre Daten, viel Spaß beim Einbau“ meinte er, legte die Platte auf den Tisch und dazu noch vier Schrauben und einen Schraubenzieher. „Was soll das?“ fragte Webb leicht gereizt. „Ich habe gleich einen Termin, entweder warten Sie oder bauen das Teil selber wieder ein, ist gar nicht so schwer“ sagte Walker und schloß die Tür hinter sich. Webb sah ihm entgeistert hinterher und nahm dann die Festplatte in die Hand. Harm grinste. „Na, der mag Sie aber.“ Webb sah Harm nur mit einen strafenden Blick an. „Ok, also wann brauchen Sie Ihre Informationen?“ „So schnell wie möglich.“ Harm sah auf die Uhr. „Bis Annapolis brauche in eine Stunde, ich werde MacKay am besten persönlich informieren, das fällt nicht auf, ich war erst am Wochenende dort. Wie lange soll er den Kadetten in Augenschein nehmen?“ „So lange es geht, und jeden Tag einen Bericht über die Beobachtungen.“ „Hervorragend, und gaaanz unauffällig.“ Harm ging zur Tür. „Ich nehme an, die Berichte soll er direkt an mich schicken?“ „Ja.“ „Ich melde mich, sobald ich was weiß“ sagte Harm und verließ das Büro.

Harm kam während der großen Pause in Annapolis an und ging zu dem Gebäude, in dem MacKay unterrichtete. Er fand ihn in dem ansonsten leeren Klassenraum vor. „Guten Morgen“ begrüßte er ihn und winkte gleich ab, als Jason Haltung annehmen wollte. „Morgen, Sir“ sagte Jason und setzte sich wieder. „Wenn es nach meinen Vorgesetzten geht, bin ich hier ganz privat“ begann Harm und setzte sich ebenfalls. „Aha“ meinte Jason und zog eine Augenbraue hoch, „und um was geht es, Sir?“ „Ich sag ja, privat, also lass das ‚Sir’ weg“ meinte Harm. „Ist vielleicht auch zu deiner eigenen Sicherheit.“ „OK.“ Harm sah sich um. „Gibt es hier irgendwo einen Raum, wo uns ganz sicher niemand hört?“ fragte er dann leise. „Keine Ahnung, wir können ja raus gehen, auf den Hof“ schlug Jason vor. „Super Idee, soll ich vielleicht gleich ein Megafon nehmen?“ murmelte Harm. „Ich denke, dann bleiben wir besser hier.“ Er stand auf und schloß die Tür. „Also, was ist denn so geheim?“ wollte Jason wissen. „Die CIA braucht unsere Hilfe, genauer gesagt, deine. Ich war heute Morgen in Langley und habe mich beinahe mit Webb in die Haare bekommen, weil er mir nicht sagen wollte, worum es genau geht. Aber da hätte ich auch gegen eine Wand reden können.“ Harm setzte sich wieder. „Die CIA möchte, dass du einen Kadetten namens Nathan Stevens unter die Lupe nimmst, aber bitte unauffällig.“ „Und weswegen?“ fragte Jason nach. „Diese Frage war der Grund, weshalb ich mit ihm aneinander geraten bin, ich weiß es nicht“ gab Harm zu. „Er hat mir nur gesagt, dass du vorsichtig dabei sein sollst. Ach ja, der Secnav hat die Operation abgesegnet.“ „Verstehe. Und was soll ich raus finden?“ „Du sollst ihn beobachten, was er so macht, oder mit wem er sich trifft. Ich bin dein Mittelsmann, du erstattest täglich Bericht an mich, aber bitte auch unauffällig“ erklärte Harm. „Wie unauffällig? Soll ich dir jeden Tag einen Liebesbrief schreiben oder wie?“ grinste Jason. „Versuchs doch lieber mit einer simplen E-Mail“ schlug Harm vor. „Bei einem Liebesbrief kann ich Jenn nicht mehr unter die Augen treten“ fügte er schmunzelnd hinzu. „OK, mailen wir uns eben“ gab sich Jason geschlagen. „Ich erwarte dann morgen einen Bericht. Und bitte sei wirklich vorsichtig, ich sag das nicht nur so, Webb hat mich schon mehr als einmal in eine brenzlige Situation gebracht, die doch angeblich ganz ungefährlich war.“ „Ich bin doch immer vorsichtig, kennst mich doch.“ „Wäre mir neu“ meinte Harm grinsend und stand dann auf. „Ich geh dann jetzt wieder, lass von dir hören“ sagte er, als die Tür gerade aufging. Die ersten Kadetten kamen wieder zum Unterricht. „Wiedersehen“ verabschiedete Jason Harm. „Bis bald“ sagte Harm und verließ den Raum.

Auf den Weg zurück nach DC informierte Harm Webb, dass er MacKay instruiert hätte und am nächsten Tag mit einem Bericht rechnen würde. Anschließend wählte er noch David Walkers Nummer an. „Walker“ meldete sich Marie am Telefon. „Hallo, hier ist Harm. Ich wollte nur wissen, ob es schon was gibt?“ „Wegen Davids Untersuchung?“ „Ja, was hast du denn gedacht?“ fragte Harm. „Wir müssen jetzt auf den Befund der MRT Untersuchung warten, man wollte uns noch nichts genaueres sagen“ berichtete Marie. „Schade, ich hatte gehofft, ich könnte schon was erfahren. Okay, grüß deine beiden Davids von mir!“ „Mach ich. Bye!“ Harm legte auf und fuhr dann weiter zum Büro, wo er den Admiral über das Gespräch mit Webb und seinem Besuch in Annapolis informierte.

Am nächsten Morgen rief Harm im Büro seine E-Mails ab. Es war auch eine von MacKay dabei, aber es stand nur drin, dass Stevens die halbe Nacht alleine in der Bibliothek mit Lernen verbracht hatte. Harm rief Webb an und informierte ihn kurz darüber und dieser war nicht sonderlich begeistert von den mangelnden Informationen.

Kurz vor Mittag klopfte Tiner mal wieder an Harms Türrahmen. Harm blickte auf. „Ja, Tiner?“ „Der Admiral will Sie sprechen, Sir.“ „In Ordnung“ sagte Harm, stand auf und folgte Tiner bis zum Büro des Admirals. „Sie können sofort hineingehen, Sir“ sagte Tiner, als er sich wieder an seinen Schreibtisch setzte. Harm betrat das Büro und nahm Haltung an. „Stehen Sie bequem“ sagte der Admiral. Harm rührte sich und verschränkte die Arme auf dem Rücken. „In Annapolis ist ein Kadett verschwunden“ fing der Admiral an und legte die Akte des Kadetten auf den Schreibtisch vor Harm. Harm seufzte. „Sagen Sie bitte nicht, es ist Kadett Stevens“ meinte Harm. „Doch, genau der.“ „Verdammt“ murmelte Harm. „Was ist bekannt darüber?“ fragte er laut. „Nichts, er ist einfach verschwunden. Seine Sachen sind noch da“ sagte AJ. „Weiß Webb schon davon?“ fragte Harm. „Ja, aber das ist unsere Angelegenheit.“ „Ja, Sir.“ „Und ich will wissen was da los ist, Commander“ sagte AJ. „Ich mache mich gleich auf den Weg, Sir.“ „Ich will über alles auf dem Laufenden gehalten werden, Commander.“ „Natürlich, Sir.“ „Weggetreten!“ „Aye-Aye, Sir.“ Harm verließ das Büro.

Harm fuhr wie schon am Vortag nach Annapolis. Er blickte auf die Uhr. Nachmittagsunterricht, da konnte er MacKay nicht telefonisch erreichen. Hoffentlich konnte er ihm etwas über das Verschwinden des Kadetten mitteilen. Als Harm in Annapolis ankam, war noch immer Unterricht, daher suchte er zunächst den Leiter der Academy auf und informierte ihn über seinen Auftrag. Auf seine Frage hin informierte der ihn noch, dass MacKay zur Zeit in der Turnhalle zu finden sei.

Harm ging dort hin und trat in die Halle. MacKay stand in Sportkleidung am Rand mit einer Trillerpfeife um den Hals und brüllte die zehn Kadetten an, die auf dem Feld Basketball spielten. Vier weitere saßen hinter ihm und warteten darauf eingewechselt zu werden. „Ah, wie ich sehe, bist du bei deiner Sportart“ meinte Harm, der von hinten an ihn herantrat. „Schon wieder hier, Sir“ grinste Jason ihn an und sah dann wieder auf das Feld. „Wo ist eure Verteidigung, Arme hoch!“ brüllte er die Jungs an. „Ich bin hier, weil jemand anders verschwunden ist“ meinte Harm nur. „Ich weiß, einen Moment“ meinte er zu Harm. „Harper, machen Sie mal weiter“ meinte er zu einem der Kadetten hinter ihm. „Ja, Sir!“ Harm folgte MacKay hinaus. „Stevens, richtig“ meinte MacKay, als sie draußen waren. „Genau der“ sagte Harm. „Lass mich raten, einfach verschwunden!“ „So ist es, ich hatte gehofft, du könntest mir was Näheres darüber sagen.“ „Tut mir leid, da lag ich im Bett.“ „Und sonst nichts weiter darüber gehört?“ „Nein, er ist ein Einzelgänger, wie ich bis jetzt beobachtet habe.“ „Keine Kontakte innerhalb oder außerhalb der Academy?“ „Nein, jedenfalls nicht gestern Nachmittag und Abend“ meinte Jason. „Und ich weiß nicht mal, womit ich es zu tun habe.“ Harm verfluchte Webb innerlich. „Gab es gestern Abend irgendwelche Anzeichen darauf, dass sich Stevens aus dem Staub machen wollte? „Nein, er hat für die Prüfungen gelernt.“ „Was ist mit Leuten aus seiner Klasse, hast du von denen was gehört?“ „Ich dachte, ich sollte unauffällig vorgehen?“ „Ja, natürlich. Ich dachte nur, du hättest vielleicht deine Ohren aufgehalten.“ „Ganz nebenbei muss ich hier noch unterrichten“ gab Jason zu bedenken. „Ist ja schon gut. Jetzt ist dies ja eine offizielle Ermittlung geworden, also kann ich jeden befragen. Ich wette, Webb wird dies nicht gefallen“ sagte Harm. „Tja, soll er es nächstes mal selber machen.“ „Mein Reden“ meinte Harm. „Also dann, scheuch deine Kadetten mal weiter durch die Halle!“ „Ich mach das nur als Aushilfe“ grinste Jason. „Gib es doch zu, dir gefällt es!“ „Na gut“ grinste Jason noch mehr, „nachher vielleicht Lust und Zeit für eine kleine Runde?“ „Ja, warum nicht? Wenn ich heute Abend hier fertig bin ist es eh zu spät zum zurückfahren, ich hoffe in den Quartieren ist noch ein Platz für mich frei.“ „Wenn nicht, kannst du bei mir auf dem Boden schlafen“ bot Jason an. „Danke, ich hoffe mal das Beste!“ „Mach mal“ meinte Jason und ging wieder in die Halle zurück.

Harm hatte sich zuvor noch bei dem Leiter informiert, wo die Klasse von Kadett Stevens zu finden sei. An diesem Nachmittag würde jeder seiner eigenen Sportart nachgehen, hatte er ihm gesagt, aber ein Großteil wäre beim Baseball. Harm ging zu dem Platz und erfuhr auf Nachfrage, dass einer der Mitschüler von Stevens auf der Reservebank saß. „Kann ich Sie einen Moment sprechen?“ fragte er den Kadetten. „Ja, Sir“ sagte der Kadett und stand auf um Haltung anzunehmen. „Schon gut, bleiben Sie sitzen“ meinte Harm und setzte sich dazu. Der Kadett nickte und setzte sich wieder. „Sie besuchen dieselbe Klasse wie Kadett Nathan Stevens, sind Sie mit ihm befreundet?“ „Ja, Sir und nein, ich bin nicht mit ihm befreundet.“ „Wie ist er so?“ „Ich weiß nicht, Sir, er lernt sehr viel“ meinte der Kadett. „Kennen Sie jemanden, der mit ihm befreundet ist, oder mit dem er zusammen lernt?“ „Juliann Flacke, Sir.“ „Wo kann ich ihn finden?“ fragte Harm weiter. „Er ist eine Sie, Sir“ meinte der Kadett mit einem leichten Grinsen. „Oh“ meinte Harm nur. „Und wo finde ich dann sie?“ „Sie ist der Captain des Frauen-Basketballteams, Sir, und die Damen trainieren in 15 Minuten in der Halle.“ „Danke für den Tipp“ meinte Harm. „Und was halten Sie persönlich von Kadett Stevens?“ „Kann ich Ihnen nicht sagen, Sir, dafür kenne ich ihn zu wenig.“ „Was wird über ihn so gesprochen?“ „Nichts, Sir.“ „Es wird doch über jeden geredet, vor allem, wenn sich dieser Jemand vielleicht etwas anders verhält, als Andere. Welche Gerüchte gibt es über ihn? Ich will ja nicht wissen, ob sie wahr sind, ich möchte nur wissen, was gesagt wird.“ „Er ist ein Einzelgänger, Sir, und für Gerüchte haben wir hier keine Zeit“ meinte der Kadett und nahm schon seinen Handschuh zur Hand, da das Inning zuende ging. „Wenn Ihnen irgendwas einfällt, sagen Sie mir Bescheid.“ „Ja, Sir.“ Harm stand ebenfalls auf und ging zu der Halle in der das Basketballteam trainieren würde. Dort ging er abermals auf Jason zu. „Wer trainiert die Frauenmannschaft?“ wollte er wissen. „Der gleiche Coach wie für dieses Team hier“ meinte Jason mit einer Handbewegung auf die Kadetten, die im Kreis liefen. „Ah ja, dann kennst du sicher auch Juliann Flacke?“ „Ja, obwohl ich hier nur aushelfe“ gab Jason zu Bedenken. „Wer macht das denn sonst?“ „Der Coach“ grinste Jason. „Scherzkeks, willst du mir nun helfen oder mir Rätsel aufgeben?“ „Ist ja schon gut“ meinte Jason, „Coach Railley. Er hatte einen kleinen Unfall.“ „Was ist ihm passiert?“ „Er wollte den Jungs zeigen wie ein Sprungball richtig geht“ sagte Jason. „Oh. Jetzt wissen sie, wie man es nicht macht“ grinste Harm. „Ich habe gehört, dass Kadett Flacke mit Stevens befreundet ist, hast du die beiden mal zusammen beobachtet?“ „Da fällt mir was ein“ meinte Jason zu Harm und drehte sich zu den Spielern um, „Das reicht, geht duschen“ brüllte er durch die Halle. Er drehte sich wieder Harm zu. Harm schaute ihn erwartungsvoll an. „Nicht gestern, aber sonst schon ab und zu mal.“ „Aha, und was machen sie dann zusammen?“ „Die beiden haben sich getroffen, um miteinander zu lernen, nicht mehr“ meinte Jason. Das Damen Team kam in die Halle und fing an, sich mit Korblegern warm zu machen. „Wer von den Damen ist Flacke?“ fragte Harm. „Die Dame mit den blonden Zopf und dem grünen T-Shirt“ meinte Jason und zeigte in die entsprechende Richtung, „soll ich sie rufen?“ „Ja, mach das mal bitte“ „Ok“ meinte Jason zu Harm und rief dann durch die Halle, „Flacke, herkommen.“ Kadett Flacke kam auf Jason zugelaufen. „Ja, Sir!“ „Kadett Flacke, das ist Commander Rabb vom JAG Corps, er hat ein paar Fragen an Sie“ sagte Jason. „Tag, Sir.“ „Kadett Flacke, wie gut kennen Sie Kadett Stevens?“ „Wir lernen zusammen, Sir“ antwortete Flacke. „Sehen Sie sich manchmal auch privat, abgesehen vom Lernen?“ „Ja, Sir“ gab sie zu, „ aber rein freundschaftlich.“ „Wie ist er so vom Typ her?“ „Er ist nett und hilfsbereit, Sir“ sagte sie. „Ist Ihnen mal jemand von außerhalb aufgefallen, mit dem oder der er Kontakt hat?“ „Nein, Sir.“ „Wie ist es mit anderen Kadetten oder Vorgesetzten hier in der Academy, hat er da mit jemanden näheren Kontakt?“ „Nein, Sir, er verbringt die meiste Zeit mit Lernen und den Rest mit mir“ gab Flacke zu. „Sind seine Noten gut, oder muss er so viel lernen, um überhaupt mithalten zu können?“ „Er hat gute Chancen, unter den Besten beim Abschluss zu sein, Sir.“ Harm war es unverständlich, wie jemand mit so guten Aussichten vom rechten Weg abkommen konnte. „Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?“ „Gestern im Unterricht, Sir“ fing Flacke an, „nein, beim Abendbrot habe ich ihn kurz gesehen.“ „Erschien er Ihnen irgendwie aufgeregt oder anders als sonst?“ „Nein, Sir.“ „Hatten Sie sich abgesprochen, wann Sie sich das nächste Mal sehen wollten?“ „Heute nach dem Abendessen, Sir, zum lernen.“ „Hat er Verwandte, an die er sich wenden würde, wenn er ein Problem hätte?“ „Ich weiß es nicht, Sir, er redet nicht viel über seine Familie. Ich glaube sein Vater ist tot, hat er mal gesagt“ meinte Flacke. „Und wie sieht es mit Freunden oder Bekannten aus? Schreibt er vielleicht manchmal Briefe oder E-Mails?“ „Ich glaube nicht, Sir.“ „Vielen Dank erst mal, Sie können wegtreten.“ „Darf ich etwas fragen, Sir?“ fragte Flacke vorsichtig nach. „Natürlich, schießen Sie los“ ermunterte Harm sie. „Ist Nathan was passiert, Sir?“ „Offen gestanden, die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, er ist seit letzter Nacht AWOL“ teilte ihr Harm mit. „Wird er deswegen von der Academy fliegen, Sir?“ „Das weiß ich noch nicht, dazu muss ich erst wissen, weshalb er weg ist und was passiert ist“ meinte Harm. „Verstehe, Sir“ sagte Flacke und ging wieder zu den anderen. „Jetzt bin ich etwa genauso weit wie vorher, außer, dass ich nicht ganz verstehe, wie er in etwas verwickelt sein soll, dass den CIA interessiert“ meinte Harm zu Jason. „Vielleicht ist er das gar nicht“ gab Jason zu bedenken. „Ja, auf die Idee kam ich gerade auch schon. Ok, wir sehen uns später, vielleicht legen wir ja wirklich noch ein Spiel ein“ sagte Harm. „Viel Glück“ meinte Jason und wandte sich den Damen zu.

Harm verließ die Halle und griff dann nach seinem Handy. Auch wenn das jetzt Sache der Navy war, so musste die CIA doch wissen, worum es hier ging. Er wählte Webbs Nummer. „JA!“ sagte Webb genervt ins Telefon. „Netter Empfang, danke. Webb, mir ist egal, was für Sie classified ist, ich will jetzt wissen, was Kadett Stevens für den CIA verdächtig gemacht hat.“ „Classified, Rabb.“ „Hören Sie, Webb, Sie können auf meine Hilfe demnächst verzichten, wenn Sie mir jetzt nicht irgend etwas sagen, dass mir hilft, den Kadetten zu finden!“ „Wir sind nicht hinter dem Kadett her“ gab Webb zu. „Aber Sie haben hier offensichtlich jemanden aufgescheucht. Hinter wem sind Sie denn her?“ „Sein Vater ist unser Ziel, aber das wissen Sie nicht von mir.“ „Sein Vater? Man hatte mir gesagt, der wäre tot. Wer ist sein Vater? Und nein, ich werde nicht sagen, woher ich diese Information habe“ versprach Harm. „Der ist ganz und gar nicht tot, sogar sehr lebendig und aktiv im Waffenhandel, jedenfalls nehmen wir das an“ erklärte Webb. „Gibt es jemanden, der etwas von seinem Vater will und sich aus diesem Grunde seinen Sohn schnappt?“ fragte Harm weiter. „Sein Vater hat viele Gegner, aber vermutlich waren es seine eigenen Leute, die den Jungen ‚gefunden’ haben“ meinte Webb. „Was heißt gefunden, Webb, sprechen Sie nicht in Rätseln!“ „Seine Mutter ist mit ihm weggegangen und untergetaucht, als Nathan noch klein war, sein Vater sucht ihn seither. Wir dachten, wenn wir uns an den Jungen hängen führt uns das zu seinem Vater“ gab Webb zu. „Aber ihr hattet wohl keine Chance, wie?“ „Wir wissen weder wo Nathan noch sein Vater ist.“ „Das habt ihr ja sehr gut hinbekommen“ meinte Harm sarkastisch. „Habt ihr wenigstens irgendeine Vermutung?“ „Nein.“ „Wenn ich Sie darum bitte, mir Bescheid zu sagen, sobald Sie etwas über den Verbleib des Jungen oder seines Vaters hören, kann ich mich wohl nicht darauf verlassen, dass Sie das auch tun, oder?“ „Ich werde es versuchen, aber versichern kann ich nichts.“ „Wir hören von einander“ verabschiedete sich Harm. „Sicher doch“ sagte Webb und legte auf.

Harm steckte sein Handy wieder ein und ging dann los zur Kantine, laut Flacke hatte sie Stevens gestern dort zuletzt gesehen. „Hatten Sie gestern Abend auch Dienst?“ fragte er einen der Angestellten in der Essensausgabe. „Ja, Sir“ antwortete dieser. Harm griff in seine Aktentasche und zog ein Foto aus der Akte. „Ich bin auf der Suche nach einem Kadetten, der zumindest gestern Abend noch hier war“ sagte er und zeigte das Foto. „Haben Sie ihn gesehen?“ „Wissen Sie wie viele Kadetten hier täglich rein und raus gehen, Sir? Da achte ich nicht auf einzelne, tut mir leid.“ „Ist Ihnen gestern Abend irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen, eine Auseinandersetzung vielleicht?“ „Nein, Sir, alles friedlich.“ „Danke, weitermachen“ sagte Harm und verließ wieder die Kantine.

Harm wusste von Jason, dass der ihn noch bis spät in der Nacht in der Bücherei gelernt hatte, also versuchte er als nächstes sein Glück dort. Irgendwo musste es doch eine Spur von dem Kadetten geben. Auf einem Tisch, der in der hintersten Ecke der Bücherei stand, lagen ein aufgeschlagenes Buch und ein Block mit Notizen. Harm nahm den Block auf. Auf dem Deckblatt stand ‚Nathan Stevens’. Harm sah sich weiter um. Auf dem Boden lag ein Bleistift, das deutete darauf hin, dass Stevens hastig aufgebrochen war bzw. dazu veranlaßt wurde. Er griff noch mal nach dem Block und sah die Notizen durch, fand aber weder einen Namen noch einen Ort oder eine Adresse, was ihn auf die Spur des Kadetten bringen könnte, einfach nur Notizen zum behandelten Stoff. Harm nahm den Block und den Bleistift an sich und verließ die Bücherei wieder. Als nächstes würde er das Quartier des Kadetten unter die Lupe nehmen, möglicherweise gab es dort ein Anzeichen für sein Verschwinden. Er schaute sich in dem Zimmer um und es schien so, als würde nichts fehlen. Im Schrank hingen ordentlich seine Uniformen und die Hemden lagen daneben, etwas Privatkleidung war auch vorhanden, selbst die Unterwäsche war ordentlich aufgestapelt. In der Ecke des Schrankes lag eine Reisetasche. Nichts ließ darauf schließen, dass der Kadett sein Verschwinden geplant hätte. Seine Jacke hing am Haken, in der Innentasche steckte noch die Geldbörse von Stevens. So was ließ man nicht zurück, wenn man verschwinden wollte. Das sah eher danach aus, dass er sich verstecken musste oder gezwungen wurde, mitzukommen. Während Harm die Unterkünfte verließ rief er Chegwidden an und teilte ihm mit, was er bisher erfahren hatte und seine Vermutung, dass Stevens überhastet und unter Umständen nicht freiwillig verschwunden war. Außerdem sagte er ihm noch, dass er die Nacht über in Annapolis bleiben würde, um am nächsten Morgen die Suche fortsetzen zu können. Der Admiral war nicht sehr erfreut über die mangelnden Informationen, die sie mal wieder von Webb im Vorfeld bekommen hatten. Noch weniger gefiel es ihm, dass ein Kadett entführt wurden sein sollte. Er befahl Rabb, weiter am Ball zu bleiben. Harm beendete das Gespräch und erkundigte sich dann zunächst, ob es für ihn eine Übernachtungsmöglichkeit gab. Nachdem ihm eine Unterkunft zugewiesen wurde, holte er seine Tasche aus dem Auto und brachte sie auf das Zimmer. Anschließend ging er wieder zu den Sporthallen um nach MacKay zu schauen. Vielleicht sollte er die Herausforderung zum Spiel wirklich annehmen, das gab ihm die Möglichkeit, nachzudenken.

Als Harm in die Sporthalle kam, war diese leer, aber er hörte durch die Tür zur Gymnastikhalle Geräusche. In dieser Halle stand Jason auf einem Schwebebalken, er bemerkte Harm nicht und machte ein paar Flickflacks über den Balken und landete dann nach einem Salto auf seinen Füssen auf dem Boden. Harm schaute es sich einen Moment an und machte sich dann bemerkbar. Jason sah ihn überrascht und leicht verlegen an. „Wie lang stehst du schon da?“ „Lang genug“ meinte Harm. „Oh!“ Jason wurde knallrot. „Na, nu schau nicht so, das sah doch klasse aus“ meinte Harm. „Ich bin ein wenig aus der Übung, hab das schon lange nicht mehr gemacht“ meinte Jason und zog sich Socken und Turnschuhe wieder an. „Du hast es aber noch nicht verlernt“ meinte Harm anerkennend, konnte sich aber ein leichtes Grinsen auch nicht verkneifen. „Auch mal?“ fragte Jason. „Willst wohl mal sehen, wie ich mich richtig lächerlich mache, wie?“ „Nein“ meinte Jason unschuldig. „Vergiss es, ich kann das nicht“ entgegnete Harm. „War nur ein Angebot, zwingen tu ich keinen“ sagte Jason und fing an die Sachen einzusammeln die in der Halle rum lagen. „Würde ja auch nicht viel bringen, wenn du mich gleich zum Doc schaffen müsstest“ meinte Harm. „Kann ich dir helfen?“ „Ja, du kannst ja schon mal dahinten anfangen, alles wegzuräumen“ sagte Jason. „Ok.“ Harm ging in die angegebene Richtung und begann, Basketbälle und Matten einzusammeln. „Was meinst du, essen wir erst was, oder spielen wir erst?“ fragte Harm, als er fertig war. Jason kam mit einem Stapel Boxutensilien an ihm vorbei Richtung Ausrüstungsraum. „Wie du willst.“ „Ich brauch jemanden, mit dem ich mich über den Fall unterhalten kann, wie wäre es mit Spielen und dabei reden?“ meinte Harm. „Klar, wir können auch mal was anderes machen, wobei du vielleicht eine Chance hast“ schlug Jason grinsend vor. „Scherzkeks.“ Harm nahm sein Sportzeug, das er mitgebracht hatte und ging in die Umkleidekabine. Jason räumte derweil die restlichen Sachen in die Schränke. Ein paar Minuten später stand Harm in Shorts und T-Shirt wieder in der Halle. Jason kam mit einem Basketball dribbelnd auf ihn zu. „Immer langsam“ meinte Harm und streckte erst noch seine Arme und Beine. „Wie viel Zeit braucht denn der alte Mann?“ fragte Jason grinsend und ließ den Ball durch seine Beine wandern. „Meckere nicht, du bist schon den halben Tag in der Halle, und ich hab nichts besseres zu tun, als hier runter zu fahren und nach einem Kadetten zu suchen, der ganz plötzlich verschwunden zu sein scheint“ sagte Harm und kam dann auf Jason zu. „Ich arbeite hier“ meinte Jason und hielt den Ball dribbelnd aus Harms Reichweite. „Hat sich den schon irgendwas ergeben?“ „Nicht wirklich“ meinte Harm und versuchte, an den Ball zu kommen. „Ich nehme an, er war zuletzt in der Bücherei, ich habe seine Unterlagen dort gefunden.“ „Ah ja, sonst nichts?“ fragte Jason. „Nicht in der Bücherei“ fuhr Harm fort und kam endlich an den Ball, den Jason aber wieder geschickt wegdribbelte. „Also, bis wie viel spielen wir?“ „Bis 20“ meinte Harm und schaffte es endlich, den Ball zu bekommen. „Willst du einen Vorsprung, von sagen wir 10 Punkten?“ fragte Jason grinsend, als er Harm den Ball wieder abnahm und ihn direkt versenkte. „Oder doch lieber 16?“ ergänzte er grinsend, als er den Ball wieder gefangen hatte. Im nächsten Zug nahm Harm ihn den Ball wieder ab und machte seine ersten Punkte. „Nein, mir geht's mehr um das Gespräch als um das Spiel“ meinte er. „Nichts deutet darauf hin, dass er sein Verschwinden geplant hätte“ nahm der das Thema wieder auf. „Warum sollte er auch? Er hat hervorragende Leistungen“ meinte Jason und deckte Harm dabei. „Eben, noch ein Grund, weshalb ich mir nicht vorstellen kann, dass er freiwillig gegangen ist“ sagte Harm und schaffte es, seine nächsten Punkte zu machen. „Wer sollte denn ein Interesse an Stevens haben?“ fragte Jason und nahm Harm den Ball wieder ab. Harm hielt einen Moment inne und überlegte, ob er ihm sagen sollte, was er von Webb erfahren hatte. Jason nutze die Gelegenheit aus, um einen Korb zumachen. „Webb sagte mir, dass Stevens Vater das eigentliche Ziel des CIA war. Sie vermuten, dass der im Waffenhandel verwickelt ist“ erzählte er, holte sich dann den Ball und dribbelte zum Korb. Jason stoppte Harm und nahm ihm den Ball ab. „Was?“ fragte er überrascht, er hielt den Ball fest und sah Harm an. Harm blieb nun ebenfalls stehen. „Sie hatten gehofft, über den Jungen an den Vater zu kommen.“ „Na das ist dann ja wohl nach hinten losgegangen“ sagte Jason, der plötzlich todernst war. „Ja, so was Ähnliches habe ich auch gesagt. Jetzt wissen sie weder, wo der Junge, noch, wo der Vater ist“ erzählte Harm weiter. „Wie ist das Verhältnis von Stevens zu seinem Vater? Ich meine, würde sein Vater ihm was antun?“ wollte Jason besorgt wissen. „Das weiß ich noch nicht, davon steht nichts in seiner Akte und Webb sagte mir nur, dass Nathans Mutter seinen Vater wohl verlassen hat, als Nathan noch klein war. Ob er später seinen Vater noch mal gesehen hat, weiß ich nicht.“ „Und was ist, wenn er jetzt bei seinem Vater ist?“ fragte Jason. „Möglich wäre es, Webb vermutet, dass die Leute seines Vaters Stevens haben könnten“ sagte Harm. „Aber ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie ich an seinen Vater herankommen sollte, wenn nicht mal die CIA weiß, wo er ist.“ „Das ist schwierig. Was für Möglichkeiten gibt es noch?“ „Ich vermute mal nicht, dass er eine Adresse seines Vaters hier hinterlassen hat, als er sich für die Academy angemeldet hat“ meinte Harm resigniert. „Ich werde später noch mal versuchen, Webb auf den Zahn zu fühlen, vielleicht hat er noch was gehört oder er kann mir zumindest sagen, wo sein Vater zuletzt war.“ „Ist das ganze nicht langsam zu gefährlich für einen Anwalt?“ fragte Jason. „Noch ist daran nichts gefährlich, außerdem ist die Navy nicht gut darauf zu sprechen, wenn einer seiner Leute entführt wird. Chegwidden war nicht sehr begeistert davon, als ich vorhin mit ihm sprach.“ „Kann ich mir vorstellen“ meinte Jason mit einem kurzen Grinsen, „aber mal ehrlich, wenn da Waffenhändler mit drin stecken...“ „Mal langsam, ich bin bisher noch niemanden auf die Füße getreten, vielleicht erledigt sich das auch ganz von selbst und der Junge taucht heute Abend wieder auf“ meinte Harm. „Allerdings glaube ich nicht daran...“ murmelte er weiter. „Ich glaub es ja nicht“ meinte Jason und dribbelte mit dem Ball aus dem Korbbereich raus. Harm lief hinter ihm her, schien aber das Interesse an dem Spiel etwas verloren zu haben. „Keine Lust mehr?“ fragte Jason dribbelnd. „Ich weiß einfach nicht, wie ich weitermachen soll“ meinte er und versuchte dann, ihm den Ball abzunehmen. „Da kann ich dir auch nicht weiterhelfen“ meinte Jason und zog an Harm vorbei und machte einen Slam Dunk. „Stimmt, mir ist nicht zu helfen“ grinste Harm nun und warf im nächsten Zug einen Korb. „Hast du trainiert?“ fragte Jason unschuldig und nahm ihm den Ball wieder ab. „Ja, mit dir“ antwortete er und deckte Jason. „Wenn sein Vater wirklich Waffenhändler ist, wird er es bei der Aufnahme für die Academy sicher verschwiegen haben. Vielleicht sollte ich erst einmal versuchen, seine Mutter zu finden“ meinte er. „Müsste doch in seiner Akte stehen, wo sie zu finden ist“ sagte Jason und zog an Harm mal wieder vorbei, er versenkte den Ball. „Nehme ich an, ich überprüfe das gleich, bevor wir zum Essen gehen“ meinte Harm und holte sich im Gegenzug wieder den Ball. Jason stand vor ihm und deckte ihn stark. „Wie, das hast du nicht als erstes überprüft?“ „Nein“ gab Harm zu. „Nachdem mir Chegwidden heute Morgen die Akte gegeben hatte, bin ich sofort hier herübergefahren. Ich hatte da noch gar keine Zeit, mich damit zu beschäftigen. Und seit ich hier bin, hatte ich erst mal versucht, rauszubekommen, warum er weg ist.“ Er dribbelte an Jason vorbei und machte den Korb. „Ich weiß im Moment nur, dass eine Adresse seiner Mutter in Virginia angegeben ist, aber ich kam eben noch nicht dazu, zu überprüfen ob das auch stimmt.“ Jason nahm Harm den Ball ab. „Acht zu acht“ meinte Jason. „Ok“ sagte Harm und versuchte, Jason wieder zu decken. Jason täuschte rechts an und zog links an Harm vorbei und versenkte den Ball. „Ich kann nicht reden und spielen“ meinte er bei der Landung. „Wieso, klappt doch ganz gut“ grinste Harm und holte sich den Ball, ehe Jason wieder danach greifen konnte. „Mein Punkt! Mein Ball!“ grinste Jason und streckte Harm eine Hand entgegen. „Ok, ok, du Spielkind“ grinste Harm und warf ihm den Ball wieder zu. „Also wenn es dir nichts ausmacht, schließen wir das Spiel gleich, ich will versuchen, ob ich heute noch was rausbekomme. Je länger der Junge verschwunden ist...“ „Kein Problem“ sagte Jason lief einmal dribbelnd um Harm rum und versenkte dann den Ball. „12 zu 8, wann beenden wir mal ein Spiel?“ fragte Jason unschuldig. „Hey, das ist unfair“ meinte Harm, holte sich den Ball und versenkte ihn. „Wieso unfair?“ „Schon gut, lass uns jetzt aufhören, du hast gewonnen“ meinte Harm. „Oh, jetzt schmollt er“ meinte Jason mit mitleidigem Tonfall. „Mach ich nicht“ erwiderte Harm. „Kommst du noch mit zum Essen, ich hab heute noch nichts Essbares gesehen.“ „Klar“ sagte Jason und folgte Harm.

Nach dem Duschen zog Harm seine Uniform wieder an und wartete, bis auch Jason fertig war. „Wir können“ meinte Jason, als er seine Schuhe zugebunden hatte. „Schön, ich möchte noch mal eben telefonieren“ meinte Harm, griff nach seinem Handy und wählte die Nummer der Walkers. „Walker“ meldete sich Marie. „Hi, hier ist Harm“ sagte er „ich hoffe, ich störe Euch nicht?“ „Nein, wie geht es dir?“ „Gut, ich will mir gerade was zu essen holen. Wie geht es David?“ „Auch gut, er steht neben mir und fragt mit wem ich telefoniere“ meinte sie. Harm grinste. „Sag's ihm und drück ihn von mir, ja? Habt Ihr schon was Neues gehört?“ „Mach ich. Nein, die Ergebnisse sollen Morgen vorliegen“ sagte sie. „Ah so. Hoffentlich kommt was Positives dabei raus. Ist dein Mann auch da?“ „Ja, er deckt den Tisch.“ „Sag ihm, ich denke, Webb steht noch immer entgeistert mit der Festplatte in seinem Büro“ lachte Harm. „Ich muss jetzt Schluss machen, ich meld mich wieder!“ „Ich werde es ihm sagen. Dann bis morgen“ sagte sie lächelnd. „Bye“ sagte Harm und trennte die Verbindung. „Und, wie geht es David?“ fragte Jason, der mit einem Ohr zugehört hatte. „Gut, er stand daneben“ antwortete Harm. „Freut mich. Wann siehst du ihn das nächste Mal?“ „Ich weiß noch nicht, ich will das David überlassen. Ich hoffe nur, dass ich dann auch gerade in DC bin, ich will den Kleinen nicht enttäuschen.“ „Dann drück ich dir mal alle Daumen“ sagte Jason, als die beiden in die Kantine traten. Harm holte sich eine doppelte Portion Gemüsenudelauflauf. „Weißt du eigentlich, was du da isst?“ neckte Jason Harm, als er mit seinem Salat sich zu Harm an den Tisch setzte. „Nein, und dass will ich auch gar nicht wissen, aber heute brauche ich mehr als einen Salat“ erwiderte Harm und langte zu. „Ist deine Gesundheit“ grinste Jason und fing mit seinem Salat an. „Na, der Salat sieht aber auch so aus, als hätte man ihn neben dem Freeway geerntet“ konterte Harm. „Du musst es ja wissen“ meinte Jason und widmete sich eingehend seinem Essen.

Nach dem Essen kümmerte sich Jason um seine noch anstehenden Aufgaben. Harm holte sich die Akte und versuchte, über den Internetzugang in der Bücherei die aktuelle Adresse von Stevens Mutter herauszubekommen, da sie mittlerweile nicht mehr unter der angegebenen Anschrift zu finden war. Er fand sie in Chester und beschloss, sie noch am selben Abend aufzusuchen. Sollte der Junge dort sein, war der Fall damit abgeschlossen, wenn nicht, seine Mutter aber etwas darüber wusste wo sein Vater war, war keine Zeit zu verlieren.

Zwanzig Minuten später stand er vor einem kleinen Haus mit Vorgarten. Er klopfte an die Tür und eine Frau mittleren Alters öffnete diese. „Guten Abend, Ma’am, entschuldigen Sie bitte die Störung, sind Sie Samantha Mitchell?“ „Wer will das wissen?“ fragte sie. „Ich bin Commander Rabb vom JAG-Corps und führe eine Ermittlung in Annapolis durch“ stellte er sich vor. „Und was wollen Sie dann von mir?“ fragte die Frau und versuchte dabei ruhig zu klingen. „Ma’am, wissen Sie, wo sich Ihr Ex-Mann zurzeit aufhält?“ „Ich habe keinen Ex-Mann“ meinte sie und versuchte unauffällig an Harm vorbei zu sehen, ob er alleine war. „Ich spreche von Nathans Vater“ erklärte Harm. „Kommen Sie lieber rein“ sagte sie und ließ Harm eintreten. Harm nahm seine Mütze ab und folgte ihr. „Was ist mit Nathan?“ fragte sie besorgt, als sie im Wohnzimmer waren. Harm zögerte einen Moment. „Ihr Sohn wird seit heute früh vermisst“ erklärte er ihr dann. „Ich habe nun gehofft, ihn entweder bei Ihnen oder bei seinem Vater zu finden.“ „Hier ist Nathan nicht und sein Vater ist tot.“ „Würde Ihnen sonst jemand einfallen, bei dem Ihr Sohn sein könnte?“ „Nein, meine Mutter ist vor gut einem Jahr verstorben und sonst haben wir keine Verwandten.“ „Gibt es keine Freunde oder Bekannte seines Vaters, die sich manchmal um ihn gekümmert haben?“ „Nein, niemand!“ „Gut, dann werde ich Sie nicht weiter stören. Sollte sich ihr Sohn bei Ihnen melden oder Ihnen sonst etwas einfallen, würde ich mich freuen, wenn Sie mich informieren würden“ sagte Harm und reichte ihr seine Karte. „Werde ich“ meinte sie und geleitete ihn zur Tür. Als Harm das Haus verließ, fiel ihm der Wagen eines Lieferservices auf, der bereits bei seinem Eintreffen dort stand. Er merkte sich die Aufschrift und das Kennzeichen des Wagens und fuhr dann zurück zur Academy.

Auf dem Weg dorthin rief er Webb an. „Haben Sie schon etwas neues erfahren?“ fragte er ihn. „Nein, ich dachte das wäre jetzt Navy Angelegenheit“ meinte Webb. „Stimmt, die Navy liefert aber keine Pizza bei der Mutter von Stevens aus“ forderte Harm ihn heraus. „Pizza? Ich verstehe nicht ganz, Rabb.“ „Wenn es nicht Ihre Leute sind, die das Haus seiner Mutter beobachten, haben Sie dort zumindest eine Chance, an ein paar Hintermänner zu kommen, die an dem Verschwinden von Stevens beteiligt sein könnten.“ „Ich werde mich drum kümmern“ meinte er nur. „Tun Sie das, Webb“ sagte Harm und legte auf als er gerade wieder auf das Academy-Gelände fuhr. Er erkundigte sich beim diensthabenen Wachoffizier danach, ob Stevens mittlerweile zurückgekehrt sei, erhielt daraufhin aber wie erwartet eine negative Auskunft.

Stevens Akte konnte er keine weiteren Informationen entnehmen. Bei der Angabe seines Vaters war kein Name verzeichnet, es hieß nur, er sei tot. Das Kennzeichen des Fahrzeugs vor dem Haus von Stevens Mutter brachte ihn ebenfalls nicht weiter. Schließlich gab er es auf und verzog sich gegen 2200 auf sein Quartier.

Am nächsten Morgen war Harm gerade beim Frühstück, als ein Kadett auf ihn zukam und Haltung annahm. Harm schluckte sein Müsli herunter und forderte den Kadetten dann auf, sich zu rühren. „Commander Sanders hat mich gebeten, Sie zu holen, Sir.“ „Worum geht es, Kadett Jones?“ „Das hat er mir nicht gesagt, Sir.“ Harm legte den Löffel beiseite, stand auf und folgte dem Kadetten auf die Krankenstation, wo Commander Sanders auf ihn zukam. „Commander Rabb?“ fragte Sanders ihn. „Wegtreten, Kadett Jones.“ Der Kadett nahm Haltung an und ging dann. „Ja, der bin ich“ sagte Harm. „Dann kommen Sie mal mit“ meinte Sanders und ging vor in ein Krankenzimmer, in dem sich jemand neben dem Bett stehend einen Pulli anzog. Harm sah Sanders fragend an. „Der Lieutenant hat eine unbequeme Nacht hinter sich“ erklärte der Arzt. Harm dämmerte es, wer die Person mit dem Pullover über dem Kopf war. „Jason, was ist passiert?“ fragte er daher. Der Arzt drehte sich um und schloss die Tür hinter sich. Jason drehte sich zu Harm um, er hatte ein kräftiges Veilchen am linken Auge, eine Platzwunde darüber, einen Bluterguss am Kinn und eine aufgeplatzte Lippe. „Ich habe nur ein paar Jungs getroffen, die auch nach Stevens suchen“ meinte er lapidar. Harm sah ihn erschrocken an. „Wer war das, wann ist das passiert?“ „Keine Ahnung, die haben sich mir nicht vorgestellt. Ich war gestern Abend gerade dabei in der Sporthalle die Lichter auszuschalten, als zwei Kerle mir ein paar Fragen über Stevens stellten.“ „Und deine Antworten haben ihnen wohl nicht gefallen, wie? Was wollten die wissen?“ „Wo er sich aufhält“ meinte Jason und wollte das Zimmer verlassen. „Jetzt lauf nicht gleich weg. Wie sahen die Männer aus, ist dir etwas an ihnen aufgefallen?“ „Es war dunkel, Harm, ich weiß nur, dass die beiden gebaut waren wie Kleiderschränke und ein Stück kürzer als ich waren, und einer von ihnen hatte einen seltsamen Akzent.“ „Ich bring Dich zu deinem Quartier“ meinte Harm. „Und dann rufe ich Webb an, sollte der mir noch irgendetwas verheimlicht haben, kann er sich schon mal warmlaufen.“ Jason gab sich wortlos geschlagen und ließ sich begleiten, was Harm darauf schließen ließ, dass es Jason schlechter ging, als dieser zugab. Jason zog sich nur die Schuhe aus und legte sich vorsichtig aufs Bett. „Verdammt, warum gerade du, du hast doch damit gar nichts zu tun!“ meinte Harm. „Falscher Ort, falsche Zeit“ sagte Jason nur. „Kommst du allein zurecht?“ fragte Harm vorsichtig nach. „Ja.“ „Bis später“ sagte Harm und verließ leise das Zimmer. Jason war eingeschlafen bevor die Tür ins Schloss fiel.

Draußen nahm Harm sein Telefon hervor und wählte Webbs Nummer. Er ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen, sondern sagte gleich, „Webb, ich warne Sie, wenn ich erfahre, dass Sie etwas für sich behalten haben und dafür verantwortlich sind, was hier passiert ist, haben Sie ein großes Problem.“ „Drohen Sie mir etwa, Rabb?“ „Das war eine Feststellung“ wiederholte Harm gereizt Webbs Worte von vor zwei Tagen. „Was ist eigentlich passiert?“ fragte Webb nach. „Sie glauben doch wohl nicht, dass ich Ihnen das abnehme, oder? MacKay wird sich sicher noch etwas länger an Ihren Auftrag erinnern, nach dem Besuch von gestern Nacht. Und Sie wissen, was ich davon halte, wenn meine Freunde in Gefahr geraten, nur weil Sie jemanden für Ihre Drecksarbeit brauchen!“ brüllte Harm ihn an. „Das konnte ich wirklich nicht wissen“ versuchte Webb sich zu verteidigen. „Erzählen Sie mir jetzt nicht wieder, dass Sie keine Ahnung haben, das glaube ich Ihnen einfach nicht. Vielleicht konnten Sie nicht ahnen, was passiert, aber Sie hätten mir zumindest mehr Informationen geben können, dann hätte ich das hier vermutlich verhindern können!“ warf Harm ihm vor. „Harm, nicht….“ fing Webb an. „Verdammt, erzählen Sie mir endlich, was Sie wissen!“ „Wir haben vielleicht eine Spur von seinem Vater, aber es ist noch nichts Sicheres.“ „Ich nehme alles, was ich bekommen kann. Wann und wo kann ich mehr erfahren?“ fragte Harm etwas ruhiger. „Ich melde mich bei Ihnen, Harm.“ „Sehen Sie zu, dass das heute noch der Fall ist“ meinte Harm und beendete das Gespräch.

Als nächstes ging er zum diensthabenen Wachoffizier. „Sind im Wachbuch von gestern irgendwelche ungewöhnliche Vorkommnisse oder späte Besucher eingetragen?“ erkundigte er sich. „Einen Moment, da muss ich nachsehen, Sir. Mein Dienst begann erst heute früh“ sagte er und schlug das Buch auf. „Nur ein paar verspätete Kadetten und ein entlaufender Hund auf dem Gelände, Sir.“ „Wann kamen die Kadetten zurück?“ wollte Harm wissen. „Um kurz nach 2200, Sir.“ „Danke, weitermachen“ sagte Harm und entfernte sich wieder, als sein Handy klingelte. Harm erkannte Jasons Nummer auf dem Display. „Hast du nicht gerade noch geschlafen?“ begrüßte er ihn. „Wir können uns jetzt entweder übers schlafen unterhalten, oder ich sag dir, wo du Stevens findest“ meinte Jason. „Wo bist du?“ fragte Harm. „Bist du schwindelfrei?“ „Ja, und nun sag schon, wo du steckst!“ „In der Kapelle, um genauer zu sein im Glockenturm.“ „Ich bin sofort da“ sagte Harm, legte auf und lief los.

Drei Minuten später nahm er die letzten Stufen zum Glockenturm. „Auch schon da?“ scherzte Jason, der mit Stevens im Glockenturm stand. Der Kadett war sichtlich angespannt. „Schon mal nachgemessen, wie groß das Gelände ist?“ konterte Harm und blickte Stevens an, den er vom Foto aus der Akte wieder erkannte. „Wie geht es Ihnen, Kadett Stevens?“ fragte er den und sah ihn aufmunternd an. „Ganz gut, Sir“ antwortete er verlegen. „Waren Sie die ganze Zeit über auf dem Gelände?“ „Ja, Sir“ sagte Stevens und sah betreten auf den Boden. „Warum haben Sie sich versteckt?“ „Wegen meinem Vater, Sir, ich habe Angst vor ihm“ gab Stevens zu. „Gab es einen bestimmten Grund dafür?“ „Ich habe einen anonymen Anruf bekommen, Sir.“ „Was war der Inhalt des Anrufes?“ „Mein Vater wüsste, wo er mich finden könnte und das er kommen würde, Sir, mehr nicht.“ „Ist Ihnen an der Stimme des Anrufers etwas aufgefallen?“ „Es war eine Frau, würde ich sagen, Sir.“ „Warum fühlen Sie sich vor Ihrem Vater bedroht?“ „Er will meine Mutter und mich trennen, Sir, und...“ „Und was?“ ermunterte Harm ihn mit ruhiger Stimme. „Ich will nicht in seine Fußstapfen treten, Sir.“ „Es gibt Leute, die sich für das interessieren, was Ihr Vater geschäftlich macht“ erklärte Harm. „Sie können sich nicht für immer verstecken, Stevens.“ Jason stand an eine Wand gelehnt in Harms Nähe und schien Schmerzen zu haben. „Verstecken nicht, Sir, aber wenn ich geschafft hätte meinen Abschluss zu machen, dann wäre ich nach der Flugausbildung auf einen Träger stationiert worden, und er hätte nicht mehr an mich heran kommen können. Aber das hat sich jetzt wohl erledigt“ meinte Stevens resigniert. „Das muss es nicht, Stevens“ beruhigte Harm ihn. „Aber bevor wir weiterreden, helfen Sie mir erst einmal, den Lieutenant hier zurück in sein Quartier zu bringen, der Höhenausflug ist im Moment nichts für ihn.“ „Ja, Sir“ sagte Stevens. Jason ließ sich ohne Diskussion von Harm und Stevens in sein Quartier begleiten, wo er sich sofort auf sein Bett legte und zur Seite drehte. Harm zog ihm die Schuhe aus und wandte sich dann wieder Stevens zu. „Ihre Karriere hier muss nicht zu ende sein“ begann Harm, „Ihre Noten sind sehr gut, und einen Fehler kann jeder mal machen.“ „Ja, Sir, aber mein Vater ist noch immer da draußen“ gab Stevens zu Bedenken. „Wissen Sie, wo er ist, ich denke, ich kenne jemanden, der uns zumindest für eine Weile helfen könnte.“ „Nein, Sir.“ „Würden Sie Ihren Vater erkennen, wenn er vor Ihnen stehen würde?“ „Ich denke schon, Sir, meine Mutter hat mir immer wieder ein Foto von ihm gezeigt, um mich vor ihm zu schützen.“ „Kennen Sie die Leute, die Lieutenant MacKay überfallen haben?“ „Nein, Sir.“ Harm zögerte einen Augenblick. „Wenn wir dafür sorgen könnten, dass Ihr Vater von der Bildfläche verschwindet, würden Sie uns dann helfen?“ „Und wie, Sir?“ „Wie gesagt, es gibt Leute, die etwas gegen die Geschäfte Ihres Vaters haben. Ich würde versuchen, abzuklären, inwieweit wir uns darauf verlassen könnten“ erklärte Harm. „Würde ich meinem Vater dann begegnen, Sir?“ fragte Stevens leicht ängstlich nach. „Wir müssten an Ihren Vater herankommen, Stevens, und da wird sich das wahrscheinlich nicht verhindern lassen“ meinte Harm. „Aber was ist Ihre Alternative?“ „Ich habe wohl keine andere Wahl, Sir.“ Jason saß mittlerweile wieder wach auf seinem Bett. „Wenn du schon mal wach bist, könntest du vielleicht einen Moment ein Auge auf Stevens werfen, ich müsste mal telefonieren“ sagte Harm. „Klar“ meinte Jason und stand auf, um zum Kühlschrank zu gehen. „Ich bin gleich wieder da. Stevens, ich glaube, Sie passen wohl besser auf den Lieutenant auf“ meinte Harm mit einem leicht grinsenden Blick auf Jason. Jason murmelte irgendwas Unverständliches und öffnete unbeirrt den Kühlschrank. Harm ging hinaus und nahm sein Telefon zur Hand. Er drückte diesmal die Wahlwiederholung, um Webb zu erreichen. „Ja?“ meldete sich Webb leicht gestresst. „Und, jetzt was Neues gehört?“ „Nein, wollen Sie mich jetzt alle paar Minuten anrufen und das fragen?“ „Das würde ich mir fast überlegen, Webb. Was machen Sie, wenn ich Ihnen sage, dass das Vögelchen wieder in seinem Nest gelandet ist?“ „Sie sehen zu viele schlechte Agentenfilme, Rabb“ meinte Webb abwertend. „Gut, dann lassen wir das eben, wenn Sie kein Interesse haben“ meinte Harm und gab sich beleidigt. „Reden Sie schon, Rabb, ich habe noch was anderes zu tun, als den ganzen Tag mit Ihnen zu telefonieren“ forderte Webb ihn auf. „Was würden Sie unternehmen, um an den Vater zu kommen?“ „Alles was nötig ist.“ „Können Sie für den Schutz meines Mandanten sorgen?“ „Ihres Mandanten?“ „Ja.“ „Wir tun unser Möglichstes“ versicherte Webb. „Ich hoffe, das ist gut genug“ meinte Harm. „Sehen Sie zu, dass Sie hierher kommen, und ich will Sie hier persönlich sehen.“ „Ja ja, ich mach mich ja schon auf den Weg“ sagte Webb leicht genervt und legte auf. Als nächstes informierte Harm den Admiral, dass Stevens zwar wieder aufgetaucht, die Gefahr aber noch nicht vorbei sei und welche Rolle Webb dabei spielen würde. Anschließend betrat er wieder Jasons Unterkunft. Jason und Stevens saßen am Tisch und frühstückten. „Ist noch was übrig für einen leicht ausgehungerten Anwalt?“ „Du solltest dir wirklich mal angewöhnen, vor der Arbeit zu frühstücken“ meinte Jason. „Ich kann mir nicht helfen, aber ständig hält mich was davon ab“ entgegnete Harm. „Tja, setzt dich“ sagte Jason. Harm sah sich um. „Ich denke, es ist sowieso gesünder, im Stehen zu essen“ meinte er grinsend. „Sie können meinen Stuhl haben, Sir“ bot Stevens an, der allerdings nicht ganz fit aussah. „Nein, Sie bleiben, wo Sie sind, Stevens“ meinte Harm und nahm sich eine Scheibe Weißbrot und Marmelade. „Und wie geht es jetzt weiter?“ fragte Jason. Harm schluckte einen Bissen herunter. „Wir warten jetzt erst mal ab, bis unser gemeinsamer ‚Freund’ hier ist.“ „Ich freu mich schon“ meinte Jason nur dazu. „Ich halte es für das Beste, wenn Sie für die nächsten Stunden hier bleiben, Stevens“ wandte sich Harm nun an den. „Ich besorge Ihnen frische Kleidung, und Lieutenant MacKay stellt Ihnen sicher gern sein Bad zur Verfügung.“ „Kein Problem“ meinte Jason und legte sich wieder hin. „Danke, Sir“ sagte Stevens und verschwand im Bad.

Harm ging hinaus und zu den Unterkünften der Kadetten, wo er unauffällig Stevens Zimmer betrat und kurze Zeit später mit ein paar Kleidungsstücken wieder herauskam. Da er zuvor Jasons Schlüssel eingesteckt hatte, konnte er ohne Probleme wieder das Zimmer betreten. Stevens war offensichtlich noch im Bad, Jason lag wach auf dem Bett. Harm reichte die Kleidungsstücke ins Bad und setzte sich dann an den Tisch, um zu Ende zu frühstücken. Jason murmelte irgendwas Unverständliches. „Sollte das ein ganzer Satz werden?“ fragte Harm. „Nicht wirklich“ meinte Jason. „Ich hatte schon meine Bedenken“ neckte Harm ihn. „Ich füll deinen Kühlschrank gleich wieder auf, nicht dass du dir Sorgen um das morgige Frühstück machst!“ „Nicht nötig, ich muss sowieso noch einkaufen gehen.“ „Du bleibst jetzt erst mal da liegen, das mache ich schon“ ordnete Harm an. „Mir geht’s gut, ich muss nicht bemuttert werden“ wehrte sich Jason. „Das ist die Idee, deine Mutter wäre hier genau die Richtige“ drohte Harm grinsend. „Die ist weit weg, und wehe du rufst sie an.“ „Och“ meinte Harm, „die freut sich sicher, mal wieder von mir zu hören.“ „Mach es, und das werde ich dir nie verzeihen.“ „Du hast ja eine andere Wahl, bleib liegen und erhol Dich erstmal, dann bleibt deine Ma auch zu Hause“ neckte Harm ihn weiter. „Ich bin kein Kind mehr“ sagte Jason und wollte aufstehen, aber ließ es dann doch. „Ach, und warum benimmst du Dich dann wie eines?“ fragte Harm. „OK, ich bleib ja liegen, aber ewig wirst du ja nicht hier bleiben“ konterte Jason. „Ich denke, ein Tag reicht, heute werde ich hier wohl kaum wegkommen“ meinte Harm. „Sieh zu, dass Stevens nicht wieder verschwindet, ich bin dann gleich wieder da.“ „Wie war das mit ausruhen und erholen?“ „Hab ich gesagt, du sollst körperliche Gewalt anwenden?“ scherzte Harm und ging dann zur Tür. „Ist ja schon gut.“

Einige Zeit später kam Harm mit einer gefüllten Papiertüte wieder zurück. Stevens lag friedlich schlummernd auf dem Bett und Jason saß am Tisch und bereitete sich auf seinen Unterricht vor. „Wie war das mit ausruhen und erholen?“ wiederholte er Jasons vorherigen Satz. „Wieso? Stevens schläft doch“ antwortete Jason. „Ich rede von dir, du Nuss.“ „Hör endlich auf, mir geht es wirklich gut, außerdem habe ich nur ein Bett“ meinte Jason und wollte den Inhalt der Tüte inspizieren. „Ist ja deine Gesundheit“ meinte Harm und packte aus. Neben einem Paket Cornflakes legte er noch ein Weißbrot, Marmelade, Käse und zwei Pakete Milch auf den Tisch. Jason zog die linke Augenbraue hoch, was er direkt bereute. „Irgendwelche Kommentare?“ fragte Harm und griff noch mal in die Tüte. „Nächstes mal schreibe ich dir einen Einkaufszettel“ sagte Jason und drückte das Pflaster über seinem Auge vorsichtig wieder fest. „Wieso, damit ich so etwas Ungenießbares wie das hier nicht vergesse?“ fragte Harm und legte noch Schinken und Salami dazu. „Nein, aber damit ich am Wochenende was ordentliches zu essen habe.“ „Ach, was vermisst du denn noch? Mir ging es um den Bestand fürs Frühstück.“ „Vergiss es, ich geh selber, sobald ich euch Zwei wieder los bin!“ „Tu, was du nicht lassen kannst, aber lass Dich nicht von mir erwischen.“ „Was willst du machen?“ forderte Jason ihn heraus. „Das willst du nicht wirklich wissen“ scherzte Harm. „Doch!“ „Im Moment würde es vollkommen ausreichen, wenn ich Dich mit dem Zeigefinger nur berühre“ meinte Harm. „Du würdest mir also bewusst wehtun?“ „Nein, das ist eine rein hypothetische Aussage“ meinte Harm, dessen Telefon in diesem Moment klingelte. „Rabb?“ meldete er sich. „Wo sind Sie?“ fragte Webb. „Sind Sie bereits auf dem Gelände?“ „Ja, und Sie?“ „Kommen Sie zum Gebäude vier, zweiter Stock, Zimmer 226.“ „OK“ sagte Webb und legte auf.

Ein paar Minuten später klopfte es an der Tür. Bevor Jason aufstehen konnte war Harm bereits an der Tür, schaute durch den Spion und sah Webb allein dort stehen. Er öffnete die Tür und ließ ihn herein. „Ist das der Kadett?“ fragte Webb mit einem Blick aufs Bett, nachdem Harm die Tür wieder geschlossen hatte. „Genau das ist er. Was haben Sie jetzt vor?“ fragte Harm. „Zuerst mal werden wir ihn benutzen, um an seinen Vater ran zukommen, und dann wird er mit seiner Mutter in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen“ erklärte Webb. „Können Sie für seine Sicherheit garantieren?“ „So weit es in unsere Macht steht, werden wir dies.“ „Sehen Sie zu, dass Ihr Zeugenschutzprogramm berücksichtigt, dass Stevens die Navy nicht verlässt.“ „Das wird nicht möglich sein“ sagte Webb und musterte unauffällig Jasons Gesicht. „Machen Sie es möglich, oder Sie können es vergessen.“ „Zum einen soll ich für seine Sicherheit sorgen, darf ihn zum anderen aber nicht aus seiner ‚gewohnten Umgebung’ entfernen“ argumentierte Webb. „Sie haben es auf den Punkt gebracht, dann arbeiten Sie mal daran.“ „Das ist nicht so einfach, und wird Zeit in Anspruch nehmen, die wir jetzt nicht haben.“ „Dann würde ich mich an Ihrer Stelle mal beeilen.“ „Wird das heute noch was?“ fragte Jason leicht genervt dazwischen. Stevens wurde durch Harms und Webbs Streitgespräch wieder wach und setzte sich auf, er sah etwas verschlafen aus. Harm stellte ihm Webb vor und informierte ihn kurz über das eben abgelaufene Gespräch mit dem. „Habe ja wohl keine andere Wahl, Sir“ meinte Stevens. „Das heißt, Webb, er bleibt erst einmal hier und erhält eine Strafe wegen unerlaubter Abwesenheit, ist das soweit richtig?“ fragte Harm. „Ja, alles andere würde uns verraten.“ „Was habt Ihr gegen seinen Vater in der Hand, damit dieser auch wirklich für längere Zeit nicht mehr wieder auftaucht?“ „Genug, um ihn für mehrere Jahre wegzuschließen.“ „Dann ist ja wohl alles geklärt“ meinte Jason. „Wie viele Leute werden Sie um das Gelände postieren?“ wollte Harm noch wissen. „Nicht zu viele, um nicht aufzufallen.“ Stevens hörte sich alles geduldig an. „Ich hoffe, ich tue dann das Richtige, wenn ich Sie Webb hier überlasse“ sagte Harm zu Stevens. „Ich auch, Sir“ meinte Stevens noch nicht ganz überzeugt. „Und bevor Sie gehen, Webb, gibt es da noch jemanden, bei dem Sie sich vielleicht bedanken sollten“ sagte Harm. „Und der wäre?“ wollte Webb wissen. „Sie wissen genau von wem ich rede“ sagte Harm. „Lass es, Harm, ist schon ok“ meinte Jason und ging zu seinem jetzt wieder freien Bett. „Ich werde jetzt zusammen mit Stevens den Direktor der Academy informieren und eine milde Bestrafung für ihn erwirken“ kündigte Harm an. „Machen Sie das, Rabb. Wir haben ja so weit alles geklärt“ sagte Webb und ging. „Jason, wir sehen uns noch mal, bevor ich zurückfahre“ sagte Harm zu ihm und verließ dann zusammen mit Stevens ebenfalls das Quartier.

Als nächstens stand Harm mit ihm zusammen vor dem Direktor und erstattete Bericht. Er teilte ihm mit, dass der Junge sich durch seinen Vater, der entgegen der bisherigen Annahmen nicht tot war, bedroht fühlte und lediglich auf dem Gelände untergetaucht war. Wie der Überfall auf MacKay zeigte, betonte Harm noch, war die Gefahr für Stevens durchaus real. Harm überzeugte den Direktor, dass Stevens lediglich einen Verweis und 30 Tage Ausgangssperre und zusätzlichen Küchendienst erhalten sollte. Zuletzt erklärte Harm dem Direktor noch, dass die CIA plane, Stevens Vater festzusetzen, wobei sie auf die Mithilfe des Jungen angewiesen wären. Er erwähnte ebenfalls das Zeugenschutzprogramm, das greifen sollte, sobald die CIA erfolgreich Stevens Vater hinter Schloß und Riegel gebracht hätten, vermied aber dabei zu sagen, dass dies möglicherweise das Aus für Nathans Navy-Karriere bedeuten könnte. Der Direktor nahm es nicht gerade begeistert zur Kenntnis. Anschließend brachte Harm Stevens zu seinem Quartier, wo dieser nachdem er sich verabschiedet und bedankt hatte erst mal ins Bett legte.

Nachdem Harm auch Chegwidden in Kenntnis gesetzt hatte wollte er sich noch nach David erkundigen und wählte die Nummer der Walkers. „Walker“ meldete sich Marie wieder. „Ich bin’s, Harm“ sagte dieser. „Habe ich mir schon gedacht.“ „Ich nehme an, Ihr wisst noch nichts neues?“ erkundigte er sich zaghaft. „Doch, ich habe vor fünf Minuten einen Anruf bekommen, dass es wohl eine Chance gäbe, dass David wenigstens etwas hören könnte, aber es sind noch weitere Tests erforderlich“ berichtete Marie. „Das ist eine erfreuliche Nachricht“ meinte Harm. „Wie nimmt David es auf?“ „Ich glaube, er versteht es noch nicht richtig und ihm gefallen die ganzen Untersuchungen und Tests nicht.“ „Gibt es etwas, was ich tun kann?“ fragte Harm. „David fragt nach dir, wann du ihn noch mal besuchst.“ „Ich bin gerade mit einer Ermittlung außerhalb von DC beschäftigt, aber die schließe ich heute ab. Ich hätte vielleicht heute Nachmittag etwas Zeit.“ „Du kannst gerne vorbei kommen“ bot Marie an. „Gut, dann bin ich gegen 16:00 da, ich muss vorher noch kurz ins Büro“ sagte Harm. „Bis dann, David freut sich“ verabschiedete sich Marie von ihm.

Harm legte auf und ging dann noch mal zu Jason. Als dieser nicht auf sein Klopfen reagierte ließ Harm sich selbst herein. Jason lag zusammen gerollt auf seinem Bett und schlief unruhig. Harm beobachtete ihn einen Moment und räumte dann den Tisch ab. Er spülte ab und stellte das Geschirr zurück bevor er noch mal nach Jason sah. Die einzige Farbe in Jasons Gesicht rührte von den Verletzungen her. Harm machte sich Vorwürfe, Jason hatte einstecken müssen, was allenfalls ihm selbst gegolten hätte. Wie Jason schon sagte, war der mal wieder zur falschen Zeit am falschen Ort gegeben, so war es auch gewesen, als die beiden sich kennen gelernt hatten. Jason fing an im Schlaf undeutlich zu reden und Harm konzentrierte sich darauf, zu verstehen, was Jason sagte. „Nein, bitte nicht“ flüsterte Jason immer wieder. Harm ging zu dem Bett und weckte Jason vorsichtig. „Hey, wach auf, hier tut dir niemand was“ beruhigte er ihn. „Was ist?“ fragte Jason verschlafen, als er langsam wach wurde. „Du bist unruhig und sprichst im Schlaf“ antwortete Harm. „Aha“ meinte Jason und drehte sich langsam auf den Rücken. „Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn du noch auf der Krankenstation geblieben wärest.“ „Damit ich mir da die Wand ansehen kann? Nein, Danke!“ „Hey, hier weißt du doch mittlerweile auch schon, wie viele Körner in der Raufasertapete sind“ grinste Harm. „Ich wollte mich auch nur noch von der verabschieden, ich muss jetzt zurück. Stevens ist auf seinem Quartier und abgesehen von etwas Zusatzdienst und Ausgangssperre ist er ab morgen wieder beim Unterricht“ sagte er noch. „Wer sagt denn, dass ich die ganze Zeit im Bett bleibe?“ sagte Jason und setzte sich auf, sah aber nicht gerade fit aus. „Ich kann Dich eh nicht davon abhalten, durch die Gegend zu spazieren, mach, was du willst. Wenn du was brauchst, ruf mich an“ sagte Harm. „Wie, ich darf unbeaufsichtigt bleiben?“ neckte Jason Harm. „Bin ich vielleicht deine Mama?“ erwiderte Harm. „Ach so, ja, ehe ich es vergesse, ich habe mit Marie Walker gesprochen, die ersten Tests haben ergeben, dass David vielleicht etwas hören wird.“ „Freut mich für den Kleinen“ sagte Jason, er stand auf, setzte sich aber gleich wieder hin. „Keine gute Idee, das mit dem Aufstehen, wie?“ neckte Harm ihn. „Also, ich muss jetzt langsam, ich werde mir eh noch überlegen müssen, was ich Chegwidden erzähle, warum du hier Prügel eingesteckt hast.“ „Sag es ihm einfach und ertrage es wie ein Mann“ grinste Jason, was er auch bereute. „Du hast gut reden, weißt du, was Chegwidden mal mit Webb gemacht hat, als der nicht gerade gut auf ihn zu sprechen war?“ meinte Harm. „Nein, was denn?“ „Wie soll ich es sagen, Webb trug das nächste Mal, als er den Admiral begegnete, eine Hockeymaske, um sich vor ihm zu schützen“ grinste Harm bei dem Gedanken. „Stand ihm bestimmt gut“ sagte Jason und musste bei der Vorstellung lachen. „Ah, bring mich nicht zum Lachen, das tut weh.“ „Tja, wäre bestimmt besser, wenn du artig das tun würdest, was dein Onkel Doktor dir sagt und Dich schön erholst“ ärgerte Harm ihn gutmütig weiter. Er holte noch ein Glas Milch und drückte es Jason in die Hand. „Also dann, ich muss jetzt wirklich. Ich meld mich heute Abend oder morgen noch mal bei dir und erzähle dir, ob ich mich noch ins Büro traue“ grinste er und ging dann zur Tür. Jason stellte das Glas auf den Nachttisch und meinte, „OK, dann habe ich endlich meine Ruhe.“ „Mach das Beste daraus. Bis dann“ sagte Harm. „Kennst mich doch, bye!“ „Eben deswegen“ grinste Harm und ging dann hinaus.

Er ging zu seinem Auto und fuhr dann zurück nach Falls Church um die Unterlagen zurückzubringen und seinen Bericht zu schreiben. Tiner kam auf ihn zu als er gerade aus dem Aufzug kam. „Sir, der Admiral möchte Sie sprechen.“ Harm seufzte innerlich und folgte dann Tiner, seine Tasche ließ er an Tiners Schreibtisch stehen. Er betrat das Büro des Admirals und nahm Haltung an. „Gibt es irgendetwas was Sie mir sagen möchten, Commander?“ fragte AJ. „Sir?“ fragte Harm und fühlte sich unbehaglich. „Ich gebe Ihnen mal einen Tipp, Rabb, Lieutenant MacKay.“ Harm schluckte. „Es war nicht meine Schuld, es ist das passiert, was ich befürchtet hatte und weshalb ich Webbs Auftrag von vornherein nicht annehmen wollte“ begann Harm. „MacKay ist geschlagen worden, weil Webb Informationen zurückgehalten hat und ich ihm nicht hätte vertrauen sollen.“ „Das sind wir ja gewöhnt von Webb.“ meinte AJ. „Rühren, Commander.“ „Ja, Sir.“ „Wie geht es dem Lieutenant? Er klang am Telefon nicht besonders fit und meinte nur es würde ihm gut gehen.“ „Sie kennen den Lieutenant, es gehört wesentlich mehr dazu, ihn zu bremsen. Es wird aber noch ein paar Tage dauern, bis er wieder ganz auf der Höhe ist.“ „Wenn er wenigstens auf der Krankenstation bleiben würde.“ meinte AJ. „Gibt es sonst noch was Neues?“ „Nichts, was ich Ihnen nicht schon am Telefon erzählt habe“ sagte Harm. „Gut, dann machen Sie mal Ihren Bericht fertig, Commander.“ „Ja, Sir, Sie haben ihn in zwei Stunden auf Ihrem Schreibtisch.“ „Wegtreten!“ „Aye-aye, Sir.“ Harm drehte sich zur Tür und verließ das Büro.

Einige Zeit später ging Harm mit dem Bericht zum Admiral zurück und nahm wieder vor dem Schreibtisch Haltung an. „Rühren, Commander.“ „Der Bericht, Sir.“ „Danke“ sagte AJ, nahm den Bericht und überflog ihn kurz. „Dann bis morgen früh, Commander“ meinte AJ nach einem kurzen Blick auf die Uhr. „Danke, Sir.“ „Wegtreten!“ „Aye aye, Sir.“

Harm verließ das Büro, ging in sein eigenes, um kurz seine Unterlagen zu sortieren und seinen PC auszuschalten und fuhr dann nach Haus. Nachdem er sich umgezogen hatte machte Harm sich auf den Weg nach Arlington zu den Walkers.

Marie öffnete ihm schon die Tür, als er gerade aus dem Wagen stieg und David lief freudestrahlend auf ihn zu. Harm lachte ihn an und nahm ihn in die Arme. „Er steht schon seit einer halben Stunde am Fenster und wartet auf dich“ meinte Marie, als sie rein gingen. Harm nahm David auf den Arm und drückte ihn an sich. Er wuschelte ihm durchs Haar und sah ihn dann freundlich an. „Wie geht es dir, Partner?“ ‚Gut, hab Dich vermisst’ sagte David mit Gebärden. ‚Ich Dich auch’ antwortete Harm ihm auf die gleiche Weise. „Hast du was Schönes gemacht?“ ‚Ich hab was geschenkt bekommen, soll ich dir das zeigen?’ „Klar“ meinte Harm, stellte David auf den Boden und ließ sich von ihm die Treppe hinaufziehen. David öffnete die Tür zu seinem Zimmer und zeigte Harm ein Poster, welches auf der Innenseite klebte. Harm schaute das Poster entgeistert an. „Wer hat dir denn das geschenkt?“ fragte er ihn. Es war das Recruiting-Poster der Navy, das ihn fast in Lebensgröße zeigte. ‚Jason hat mir das geschickt’ meinte David mit Handzeichen freudig. „Das hätte ich mir fast denken können“ grinste Harm und fragte David dann: „Und das gefällt dir wirklich?“ David nickte energisch und strahlte Harm an. Kopfschüttelnd nahm Harm ihn wieder auf den Arm und ging mit ihm hinunter. „David hat dir vermutlich sein neues Poster gezeigt, oder?“ meinte Marie lächelnd, als die beiden wieder ins Wohnzimmer kamen. Harm wurde leicht rot. „Ich hoffe, es stört Euch nicht?“ fragte er dann verlegen. „Nein, David darf in seinem Zimmer aufhängen, was er möchte.“ „Zumindest schläft er jetzt wohl mit geschlossener Tür, wie?“ grinste Harm. „Ja, aber mit Nachtlicht, wir machen langsam Fortschritte“ meinte Marie und strich David sanft über den Rücken. Der Kleine hatte sich an Harm gelehnt und hielt sich fest. „Hört sich gut an“ freute sich Harm. „Ansonsten hat er sich aber auch schon gut eingelebt, oder?“ „Ja, er erzählt mir was er möchte oder nicht möchte und was ihn bedrückt.“ „Was bedrückt ihn denn?“ fragte Harm nach. „Alles was in letzter Zeit so passiert ist“ sagte Marie. „Irgendetwas bestimmtes?“ fragte Harm und strich David über den Rücken. „Nein, er ist halt sensibel, aber ein ganz Lieber.“ „Ja, weiß ich“ lächelte Harm, „ich mag ihn ja auch. Kann sich David manchmal etwas Zeit für den Jungen nehmen?“ „Leider nicht so viel, wie er möchte. Das bringt der Beruf mit sich.“ „Ja, ich kann es ja nachvollziehen. Wenn es nicht so wäre, wäre David vielleicht jetzt auch bei mir“ meinte Harm bedauernd. „Aber du kannst ihn ja jederzeit besuchen.“ „Dafür danke ich Euch auch“ meinte Harm und setzte sich dann mit David auf die Couch. „Was sollen wir beide denn mal machen?“ fragte er David. David machte das Zeichen für Doppeldecker und streckte dann seine Arme aus, als wäre er ein Flugzeug. „Fliegen?“ fragte Harm ihn. „Da wirst du aber erst deine Eltern um Erlaubnis fragen müssen.“ David sah seine Mutter bettelnd an und Harm unterstützte ihn mit einem ähnlichen Blick, konnte sich aber ein Grinsen dabei nicht verkneifen. „Ist er dafür nicht noch zu klein?“ fragte Marie leicht besorgt. „Eigentlich ja“ gab Harm zu. „Aber ich könnte da etwas regeln, einen Kindersitz könnte ich auch in meinem Doppeldecker unterbringen und richtig festgeschnallt kann da nichts passieren. Und wenn es ihm Spaß macht…“ „Und wenn nicht? Er kann dir während des Fluges nicht sagen, ob es ihm gefällt oder“ gab Marie zu Bedenken. „Ja, schon richtig, aber der erste Flug wäre auch nur ganz kurz, und dann können wir ja sehen, was er davon hält“ meinte Harm. ‚Bitte’ bettelte David mit Zeichen. „Das muss ich erst mit deinem Vater besprechen, David“ erklärte Marie ihm mit Zeichen und laut. David nickte zaghaft und leicht enttäuscht. Harm schaute ihn aufmunternd an. „Sonst machen wir das, wenn du älter bist, David.“ David nickte und lehnte sich wieder dicht an Harm, der liebevoll wieder den Arm um ihn legte. „Kann ich dir was anbieten? Wasser, Saft oder was anderes?“ fragte Marie Harm. „Vielleicht ein Saft, ich denke, David wird auch etwas mögen. Kann ich dir helfen?“ „Ich schaffe das schon“ meinte sie und ging kurz in die Küche Getränke für Harm und David holen. „Gefällt es dir hier?“ fragte Harm David mit Zeichen. David nickte. ‚Sie sind nett zu mir.’ „Sag immer, wenn dir etwas nicht gefällt“ ermunterte Harm ihn. ‚Ich mag keinen Kohl’ sagte David prompt mit Zeichen. „Gemüse ist gesund“ grinste Harm ihn an. „Aber wenn du es nicht magst, musst du es auch nicht essen.“ „Na danke, jetzt wird es noch schwieriger beim essen mit ihm“ meinte Marie, die mit den Getränken wieder ins Wohnzimmer kam. „Hey, das ist das schlimmste für ein Kind, was essen zu müssen, was er nicht mag“ rechtfertigte sich Harm. „Ma hatte mich immer gezwungen, Rosenkohl zu essen, ich kann den Geruch bis heute nicht ertragen.“ „Gemüse ist gesund und gehört zu einer ausgewogenen Ernährung dazu“ argumentierte Marie. „Das musst du mir gerade sagen“ grinste Harm. „Mein Essen wird doch sowieso schon immer Hasenfutter genannt!“ Die Haustür wurde aufgeschlossen und Mr Walker kam nach Hause. „Hy“ begrüßte er Harm und gab Marie einen Kuss zur Begrüßung. „Hy“ gab Harm zurück. „Lange nicht gesehen.“ Walker grinste auf Harms Kommentar hin. ‚Dad, darf ich mit Onkel Harm fliegen gehen?’ fragte David seinen Vater mit Zeichen, nachdem er auf ihn zugelaufen war. „Fliegen?“ Walker sah Harm fragend an. „Ich hab das gerade schon mit Marie besprochen, möglich wäre es“ sagte er. „Ist er nicht noch zu klein dafür?“ fragte auch Mr Walker. „Vielleicht schon, aber das ließe sich schon regeln, und ich würde ihn auch nicht überfordern“ versprach Harm. ‚Bitte, Dad’ bettelte David mit Zeichen. „Du willst das wohl unbedingt“ meinte Mr Walker zu David. David nickte. ‚Sag ja, bitte.’ Mr Walker sah zu seiner Frau rüber, die ihm zu nickte. „OK, David, aber du hörst dabei ganz genau auf Harm, versprochen?“ sagte er dann zu David. David nickte und machte das Zeichen für ‚Versprochen’, er strahlte erst seinen Vater an und dann Harm. Harm schaute die beiden an, David verstand es wirklich schon, seinen Vater um den Finger zu wickeln. „Ok, David, wie wäre es mit Sonntag?“ David nickt Harm zu und sah dann seinen Vater fragend an. „Sonntag ist ok“ versicherte dieser. „Aber dann bist du ganz brav am Montag beim Arzt, David“ sagte Marie zu ihm mit Zeichen und laut. David nickte zögerlich, er schien von weiteren Arztterminen nicht begeistert zu sein. „David, dafür gehen wir fliegen!“ betonte Harm noch mal. David nickte mit einem Lächeln. Harm lächelte zurück, nahm ihn dann in den Arm und drückte ihn. „Ich denke, ich verabschiede mich dann jetzt mal“ meinte Harm, als er David wieder losließ. „Bis bald“ meinte Mr Walker. „Schön, dass du mal wieder hier warst“ sagte Marie. Nur David schien das gar nicht gern zu haben. ‚Bleib noch’ sagte er mit Zeichen. Harm stand auf und hielt David seine Arme hin. David ließ sich von Harm auf den Arm nehmen und drückte ihn fest. „Ich komm doch wieder“ versprach ihm Harm als er ihn wieder ansah. David nickte, ‚Wann am Sonntag?’ „Ich bin um 1400 hier“ antwortete Harm. ‚OK’ machte David. Harm drückte ihn noch mal an sich, streichelte ihm über den Rücken und setzte ihn dann ab. Mr Walker begleitete Harm zur Tür. „Also dann bis Sonntag“ verabschiedete sich Harm. „Wiedersehen.“

Freitag 09.08.2002 JAG HQ Falls Church, VA.

Als Harm am nächsten Morgen ins Büro kam, hatte Tiner ihm schon seine Post auf den Schreibtisch gelegt. Ganz oben auf lag ein dicker DIN A4 Umschlag, der anscheinend nicht mit der normalen Post gekommen war. In dem Umschlag fand Harm einen Zettel, ein Polaroid und ein Uniformhemd mit Blut drauf. Das Fliegerabzeichen und die Orden in dieser Anordnung, kamen ihm bekannt vor. Nach einem Blick auf das Polaroid war Harm schnell klar, wessen Hemd dies war, Lieutenant MacKay. Er war auf dem Foto, gut verschnürt, mit Augenbinde und einem Knebel im Mund. Auf dem Zettel stand mit einem schwarzen Filzer geschrieben: ‚Tausche gegen Nathan Stevens’. „Verdammt“ brüllte Harm, nahm den Umschlag mit dem Zettel und den Foto und ging zum Büro des Admirals. „Tiner, ist der Admiral zu sprechen?“ fragte er. „Ich frag ihn, Sir“ sagte Tiner und betätigte die Gegensprechanlage und informierte den Admiral darüber, dass Harm ihn sprechen wollte. „Sie können reingehen, Sir“ sagte Tiner zu Harm. Harm betrat das Büro und nahm Haltung an, man merkte ihm seine Anspannung an. „Rühren, Commander“ sagte AJ, „Was kann ich für Sie tun?“ Harm räusperte sich und begann dann zu reden. „Ich habe gerade ein Foto bekommen. Lieutenant MacKay ist entführt worden und der Entführer bietet einen Tausch gegen Kadett Stevens an.“ „Was?“ brüllte AJ und sah sich das Polaroid an, welches Harm ihm gegeben hatte. Harm schien sich fast zu ducken. „Sir, ich konnte das nicht erwarten.“ „Aber Webb“ bellte AJ, er griff nach dem Telefon. „Und er wird diesmal ernste Probleme bekommen.“ Er rief Webb an und war nicht gerade freundlich am Telefon zu ihm. Der Admiral setzte sich wieder hin, nachdem er aufgelegt hatte, er hielt das mit Blut befleckte Hemd in der Hand und war kreideweiß. „Sir?“ fragte Harm besorgt nach. „Wissen wir irgendwas, was uns helfen kann ihn zu finden?“ fragte AJ und klang gefasster als er war. „Ich fürchte nein, Sir, das ist alles, was ich bisher bekommen habe. Ich rechne damit, dass sich die Entführer wieder melden werden, wenn sie diesen Tausch wirklich durchführen wollen.“ Kaum hatte Harm das ausgesprochen, klingelte sein Handy. Mit einem Blick auf AJ holte er es hervor und nahm das Gespräch an. „Rabb“ „Wenn Sie den Lieutenant lebend wieder sehen wollen, sollten Sie keine Tricks versuchen“ meldete sich der Anrufer. Harm schluckte und gab AJ durch einen Blick zu verstehen, um was es bei dem Anruf ging. „Was wollen Sie?“ fragte er den Anrufer. „Nathan Stevens!“ „Warum wenden Sie sich gerade an mich, ich kann doch gar nicht an ihn ran?“ „Sie werden schon eine Weg finden, sonst gehen Sie demnächst auf die Beerdigung des Lieutenants“ verkündete der Anrufer, „ich melde mich wieder“ damit legte er auf. Harm starrte entgeistert den Hörer an, er war weiß wie ein Laken. Der Admiral sah ihn fragend an. „Er will Stevens, ansonsten soll ich mich auf eine Beerdigung einstellen“ erklärte er dem Admiral, nachdem er sich wieder gefasst hatte. Webb kam ins Büro gestürmt, so schnell war er die Strecke zu JAG noch nie gefahren. Er sah zwischen AJ und Harm hin und her, die beide aussahen, als hätten sie einen Geist gesehen. „Was ist passiert?“ fragte er. Harm zeigte auf das Foto und das Hemd, das noch auf dem Schreibtisch lag. „MacKay ist entführt worden, um ihn lebend wieder zu sehen sollen wir ihnen Stevens ausliefern“ erklärte er dann. „Von wem?“ wollte Webb wissen und klang dabei wie immer, es schien ihn nicht zu berühren. „Von wem? Verdammt, Sie wissen doch wohl eher als wir, wer ein Interesse an Stevens hat!“ herrschte Harm ihn an. „Sie haben die Wahl, Webb. Entweder Sie helfen uns, MacKay zu finden oder Sie bereiten sich auf Ihre eigene Beerdigung vor“ brüllte AJ ihn an, „Und hoffen Sie, dass wir ihn lebend finden.“ „OK, ganz ruhig, ich werde mich drum kümmern“ meinte Webb und wollte das Büro wieder verlassen. „WEBB!“ bellte AJ und Webb drehte sich wieder zu ihn um. „Ja?“ „Commander, Sie werden ihn begleiten und jeden Schritt beobachten und dafür sorgen, dass er auch wirklich alles, was möglich ist, unternimmt.“ „Ja, Sir“ beeilte Harm sich zu sagen. Webb schien dies nicht zu gefallen, aber fügte sich, er nickte und ging. „Behalten Sie ihm im Auge, Rabb, wegtreten“ sagte AJ. „Aye aye, Sir.“ Er folgte Webb auf dem Fuße.

Vor dem Gebäude stiegen die beiden in Webbs Auto und fuhren los. „Wem sind Sie auf die Füße getreten, Webb und jetzt sagen Sie mir nicht wieder, das wäre classified!“ „Niemanden, aber anscheinend weiß Stevens Vater wohl, dass wir seinen Sohn überwachen“ sagte Webb. „Und wie kann er das wissen, ich dachte, Ihre Leute verstehen Ihren Job!“ „Das würde mich auch interessieren.“ Webb fuhr auf den Highway nach Annapolis auf. Harm versuchte sich zu beruhigen und saß still auf dem Beifahrersitz. „Wäre der Lieutenant auf der Krankenstation geblieben, müssten wir ihn jetzt nicht suchen“ rutschte es Webb nach der Hälfte der Strecke heraus. „Wären Sie nicht gewesen, wäre MacKay gar nicht erst dort gelandet!“ brüllte Harm ihn an, und Webb konnte froh sein, dass er gerade am Steuer war. „Ich habe daraufhin gewiesen, dass er vorsichtig sein sollte“ verteidigte sich Webb. „Vorsichtig, Webb? Er hat nichts getan, was ihn in Gefahr bringen sollte und Sie können wohl kaum erwarten, dass er ständig einen Blick über die Schulter wirft, sobald er sich bewegt!“ Webb wurde durch das Klingeln von Harms Handy gerettet. „Rabb“ meldete er sich. „Ich hoffe für den Lieutenant, dass Sie eine Möglichkeit gefunden haben an Stevens ran zu kommen“ meldete sich der Anrufer. „Ich tue mein Bestes, geben Sie mir den Lieutenant, damit ich weiß, dass er lebt!“ sagte Harm und vermied es, MacKays Namen zu nennen, um dem Entführer nicht zu zeigen, wie sehr er dadurch betroffen war. „Dann hoffe ich mal, dass Ihr Bestes reicht. In zwei Stunden rufe ich wieder an und sage Ihnen, wann und wo die Übergabe stattfindet“ sagte der Anrufer und beendete das Gespräch, ohne auf Harms Bitte einzugehen. Harm steckte das Handy wieder ein, seine Hand zitterte leicht. „Wir haben zwei Stunden Zeit, dann meldet er sich wieder, wie der Tausch erfolgen soll, ansonsten...“ Er traute sich nicht, den Satz zu beenden. „Verstehe, zwei Stunden ist nicht viel, aber wir werden schon eine Lösung finden“ versuchte Webb Harm zu beruhigen. „Das will ich hoffen“ sagte Harm mit beherrschter Stimme.

Webb bog auf das Gelände der Academy ein, er hatte keine Probleme durch das Gate zu kommen. Er parkte vor dem Gebäude in dem MacKays Quartier war. Harm stieg aus, noch bevor Webb den Motor abgeschaltet hatte. Webb folgte Harm zu MacKays Quartier und öffnete die Tür ohne Schwierigkeiten. Beide betraten das kleine Apartment und sahen sich um. Der Raum war, wie für MacKay typisch, perfekt aufgeräumt. „Hier scheinen wir nicht weiter zu kommen“ stellte Webb fest, nachdem er sich gut umgesehen hatte. „Sie haben recht“ stimmte Harm, der zu demselben Ergebnis gekommen war, zu. Webb drehte sich um und verließ das Quartier wieder. „Mal sehen was Stevens macht.“ „Er ist doch unter der Bewachung Ihrer Leute, oder?“ fragte Harm ihn. „Ja“ sagte Webb nur und zog sein Handy raus, als sie das Gebäude wieder verlassen hatten. Nach einem kurzen Anruf wusste er wo sich Stevens aufhielt und machte sich auf den Weg dort hin. Harm blieb nichts anderes übrig als Webb zu folgen. Sie betraten das Gebäude mit den Unterrichtsräumen, Webb steuerte einen Raum an, den Harm kannte. Webb öffnete die Tür zu MacKays Klassenraum und trat ein. Stevens wartete schon in dem sonst leeren Raum. Er nahm Haltung an, als Harm den Raum betrat. „Rühren“ sagte Harm nur. „Ist was passiert, Sir?“ fragte Stevens. „Lieutenant MacKay ist verschwunden“ meinte Webb und weiter, „wann haben Sie ihn zu letzt gesehen?“ „Gestern mit Commander Rabb zusammen, Sir“ antwortete Stevens und sah Harm fragend an. „Er ist entführt worden, Stevens“ erklärte der ihm. „Wegen mir, Sir?“ fragte Stevens, der sich dafür verantwortlich fühlte. „Sie können nichts dafür, dass jemand hinter Ihnen her ist“ sagte Harm. „Ja, Sir. Werden Sie mich für ihn eintauschen?“ fragte Stevens, dem klar war, warum MacKay entführt worden war. Harm schaute ihn an, es fiel ihm schwer, dem Kadetten diese Frage zu beantworten. „Es wird hoffentlich eine andere Lösung geben.“ „Aber vielleicht die Beste, Sir, wenn Sie mich einfach meinem Vater übergeben“ gab Stevens auf. „Nein, das ist keine Alternative“ sagte Harm und schaute dann Webb an. Webb schwieg sich dazu aus, er schien keine Ahnung zu haben, wie er das wieder hin kriegen sollte. „Ja, Sir“ sagte Stevens und klang nicht sehr überzeugt. „Webb?“ sprach Harm ihn nun an. „Was ist, Rabb?“ Harm riss sich zusammen, er konnte nicht vor dem Kadetten mit Webb aneinander geraten. „Wie sieht Ihr Plan aus?“ fragte er stattdessen. „Auf die Bedingungen der Entführer eingehen“ fing Webb an. Harm biss die Zähne zusammen. „Und was soll dann geschehen?“ fragte er dann. „Stevens wird mit einem Peilsender ausgestattet, damit wir ihn nicht verlieren. Sobald er zu seinem Vater gebracht wird, greifen wir ein und haben seinen Vater“ erklärte Webb. „Und was ist, wenn er nicht dort hin gebracht wird, wo MacKay ist, Webb?“ fragte Harm ihn mühsam beherrscht. „Wir werden die ganze Zeit wissen wo Stevens sich aufhält und behalten ihn im Auge.“ „Das hilft uns bei MacKay nicht weiter, und wir setzen Stevens möglicherweise unnötig einer Gefahr aus, Webb!“ sagte Harm, obwohl er wusste, dass Stevens die einzige Möglichkeit war, an MacKays Entführer heranzukommen. Stevens hörte sich das ganze still an. „Dann machen Sie einen Vorschlag, Rabb!“ „Wir lassen ihn nicht allein gehen. Wir stellen es zur Bedingung an die Entführer, dass wir erst MacKay sehen, bevor wir Stevens überhaupt ins Blickfeld bringen und schlagen dann zu, sobald wir MacKay in den Händen haben. Auf keinen Fall dürfen wir es zulassen, dass die Entführer beide in ihre Gewalt bekommen!“ „Und was ist mit dem Vater von Stevens?“ wollte Webb wissen. „Der ist mir im Moment nicht wichtig, Webb, das ist dann Ihre Aufgabe, ihn zu bekommen.“ Webb nickt, er schien nicht ganz einverstanden zu sein, aber verstand, dass er keine andere Wahl hatte. „Stevens, ich habe nicht vor, Sie den Entführern in die Hände zu spielen, aber ich hoffe, Sie helfen uns, den Lieutenant wieder frei zu bekommen.“ „Ja, Sir“ sagte Stevens, ihm schien nicht wohl dabei zu sein, aber er wollte helfen. „Danke“ sagte Harm.

Nachdem Stevens in zivile Kleidung gewechselt war, fuhren die drei zurück. Kurz vor DC klingelte Harms Handy wieder, es war erst eine Stunde vergangen. „Rabb“ meldete er sich besorgt. „Chegwidden hier“ meldete sich AJ, „gibt es etwas neues?“ Harm atmete auf. „Die Entführer wollen sich in einer Stunde wieder melden“ sagte Harm mit einem Blick auf die Uhr, „und uns dann mitteilen, wie der Austausch erfolgen soll. Wir sind jetzt mit Stevens auf dem Weg nach Langley.“ „Ich will über alles auf dem Laufenden gehalten werden.“ „Ja, Sir.“ „Hat Webb einen Plan?“ wollte AJ wissen und klang besorgt. „Wir haben einen gemeinsamen Plan, mit dem wir hoffentlich beide in Sicherheit bringen können“ erklärte Harm mit einem Seitenblick auf Webb. „Verstehe“ meinte AJ, „viel Glück!“ AJ beendete das Gespräch. Harm steckte das Handy wieder ein und schaute nach vorn. Webb sagte während der Fahrt nichts, er parkte auf seinem Parkplatz in Langley und stieg aus. Harm und Stevens folgten ihm hinein. Sie gingen in Webbs Büro und tätigte einen Anruf, woraufhin jemand kam und Stevens mit einem Peilsender ausstattete. Webb ließ alles veranlassen, was für die Überwachung nötig war. Harm beobachtete das Ganze still, es passte ihm nicht, selbst nichts tun zu können. „Was passiert jetzt, Sir?“ fragte Stevens vorsichtig nach, als die drei wieder alleine im Büro waren. „Zunächst müssen wir warten, bis sich die Entführer wieder melden“ erklärte Harm. Stevens nickte, er fühlte sich unwohl in seiner Haut und rutschte ein wenig auf seinem Stuhl rum. „Es tut mir leid, dass wir Sie in eine solche Lage bringen“ entschuldigte sich Harm. Es klopfte an Webbs Bürotür und ein junger Mann mit einem dicken Briefumschlag in der Hand betrat den Raum. „Das wurde für Sie abgegeben, Sir“ sagte er, gab Webb den Umschlag und verließ wieder das Büro. Webb öffnete den Umschlag, zum Vorschein kam ein weiterer Umschlag. „Der ist für Sie, Rabb“ meinte er leicht irritiert. Harm nahm ihm den Umschlag ab, er öffnete ihn und nahm den Inhalt heraus. Was Harm auf den Polaroids sah, welche in dem Umschlag waren, verschlug ihm nicht nur die Sprache. Auf den Bildern hing MacKay wie ein Sandsack an den Händen gefesselt von der Decke, und anscheinend war er als solcher auch missbraucht worden. Er war noch immer geknebelt und hatte eine Augenbinde um, was aber unnötig war, da er offensichtlich bewusstlos war. Harm schloss kurz die Augen und schluckte schwer bevor er Webb die Fotos reichte. Webb sah sich die Fotos an atmete tief durch, bevor er was sagte. „Wir werden unseren Plan ändern müssen, die wissen vermutlich, was wir vorhaben.“ Stevens sah zwischen Webb und Harm hin und her, aber traute sich nicht zu fragen. Harm blickte Webb an. „Wie sollen wir dann vorgehen?“ fragte er leise. Harms Handy klingelte wieder, bevor er eine Antwort von Webb bekam. Er nahm es hervor und meldete sich, um eine ruhige Stimme bemüht. „Rabb“ „Ich habe Sie gewarnt“ sagte der Anrufer. „Ich versuche alles, um Ihre Bedingungen zu erfüllen“ versicherte Harm. „Und das können Sie nicht ohne Hilfe?“ „Nein, das kann ich nicht, ich hatte Ihnen doch bereits gesagt, dass ich nicht allein an ihn herankomme.“ „Jetzt haben Sie ihn ja“ stellte der Anrufer fest, ohne danach gefragt zu haben. Harm schaute Webb an und sprach dann wieder ins Telefon. „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ „Sie werden mit Stevens einen kleinen Ausflug machen, nur sie beide. Wenn wir noch jemanden sehen, wird ihr Freund hier dafür bezahlen“ sagte der Anrufer. „Wann und wohin?“ fragte Harm. „Woodley Park, sofort“ sagte der Anrufer und legte auf. Harm steckte das Telefon wieder ein. „Ich soll mit Stevens allein kommen, wenn er einen von Ihren Leuten sieht will er MacKay dafür büßen lassen. Und er weiß genau, was wir tun und dass Stevens in meiner Nähe ist“ erklärte er Webb. „Ich würde gerne wissen woher“ meinte Webb, „und jetzt?“ „Jetzt werde ich genau das tun, was er verlangt, ich sehe keine andere Möglichkeit“ meinte Harm niedergeschlagen. „Sie wollen da wirklich alleine hingehen, ohne Rückendeckung?“ fragte Webb nach. Stevens versuchte sich nichts anmerken zulassen, aber er wusste was das für ihn bedeutete. „Ich kann nicht anders. Stevens wird nicht in Gefahr sein, solange keiner Ihrer Leute auftaucht, Webb, und ich weiß keine andere Lösung, MacKay wiederzubekommen.“ „Der Admiral bringt mich um, wenn Ihnen was passiert, Rabb.“ „Und er wird uns beide umbringen, wenn wir MacKay nicht zurückbringen“ sagte Harm. „Viel Glück, Rabb“ sagte Webb und gab ihm die Hand. Harm schüttelte ihm die Hand. „Danke, kann ich gebrauchen.“ Webb holte eine Waffe aus seinem Schreibtisch und gab diese Harm. „Und die wohl auch.“ Harm nahm sie entgegen und steckte sie ein. „Ich brauche noch ein Auto“ sagte er. „Kriegen Sie“ sagte Webb, er nahm ein paar Schlüssel aus der Schublade und ging vor auf den Parkplatz. „Und denken Sie daran, Webb, es darf mir niemand folgen.“ „Ja“ sagte Webb leicht genervt und gab Harm die Autoschlüssel. „Kommen Sie, Stevens“ sagte Harm und versuchte, sicher zu klingen. „Ja, Sir“ sagte Stevens und setzte sich auf den Beifahrerplatz.

Harm fuhr vom Gelände und in Richtung Woodley Park. Vor dem Eingang des Parks stellte er den Wagen ab, stieg zusammen mit Stevens aus und sah sich um. „Und jetzt, Sir?“ fragte Stevens, da niemand in Sicht war. Harms Handy klingelte wieder und er nahm das Gespräch an. „Rabb“ „Fahren Sie in den alten Hafen und warten an Pier 5“ sagte der Anrufer nur und legte auf. „Steigen Sie ein“ forderte Harm Stevens auf. Stevens nickte und stieg ein, er schien Angst zu haben. Harm fuhr zu der angegebenen Stelle und stellte den Motor ab. Kaum war der Motor aus, klingelte sein Handy wieder. „Rabb“ „Wie ich sehe, sind Sie lernfähig“ meinte der Anrufer. Harm wurde nervös. „Nun sagen Sie mir endlich, was ich tun soll.“ „Der Junge soll aussteigen und Richtung Pier 4 gehen, alleine.“ „Nein, nicht allein“ sagte Harm. „Ich habe alles getan was Sie wollten, ich kann ihn nicht allein gehen lassen.“ „Sie wollen doch den Lieutenant lebend wieder bekommen, oder?“ „Ja, aber ich kann ihn nicht allein gehen lassen“ versuchte Harm es noch einmal. „Ich will MacKay sehen.“ Es war kurz still auf der anderen Seite des Telefons, anscheinend beriet sich der Anrufer mit seinem Kollegen. „OK, aber keine Tricks“ gab der Anrufer nach und legte auf. Harm stieg aus und forderte Stevens auf, dasselbe zu tun. Stevens folgte mit einem mulmigen Gefühl Harm Richtung Pier 4. Die beiden blieben abrupt stehen, als ein Wagen herangefahren kam und etwa hundert Meter vor ihnen hielt. Zwei Männer stiegen aus, beide bewaffnet. Der eine machte ein Zeichen, dass Harm und Stevens näher kommen sollten. Harm konnte keine Spur von MacKay entdecken. Stevens sah Harm fragend an. „Halten Sie sich ganz in meiner Nähe, solange niemand was anderes sagt“ befahl er ihm leise. „Wo ist der Lieutenant?“ fragte er dann laut. Der Mann, der auf der Beifahrerseite ausgestiegen war, gab dem anderen ein Zeichen und sagte etwas zu ihm, was Harm nicht verstand. Der Fahrer ging an den Kofferraum und öffnete ihn. Er griff in den Kofferraum schob die Decke, die auf Jason lag, beiseite und packte ihm ins Genick, er zog ihn so weit aus dem Wagen, dass Harm ihn sehen konnte. Jason war noch immer geknebelt, hatte die Augen verbunden, und da er sich nicht bewegte, war er wohl bewusstlos. Der Fahrer hatte seine Waffe weggesteckt und ein Messer in der Hand, welches er an Jasons Kehle drückte. „Kommen Sie langsam näher“ befahl der andere Mann Harm. Harm ging langsam auf das Auto zu, die Augen auf MacKay und das Messer gerichtet. „Das reicht, Commander, Sie sind nah genug. Der Junge soll alleine weitergehen.“ „Lassen Sie MacKay zuerst frei“ sagte Harm und hielt Stevens zurück. „Sie sind nicht in der Lage, Forderungen zu stellen, Commander“ sagte er und gab dem anderen ein Zeichen, der daraufhin die Klinge stärker an Jasons Kehle presste, ihn aber nicht verletzte. „Woher soll ich wissen, dass es ihm gut geht?“ „Er lebt, dass sollte Ihnen reichen.“ Noch bevor Harm antworten konnte griff Webb mit seinen Leuten ein und von mehreren Richtungen kamen Autos mit schwer bewaffneten und schwarz gekleideten Männer einer Spezialeinheit auf die Entführer zu. Stevens stand unter Schock und stand regungslos im Weg rum. „Nein!!!“ schrie Harm, der nur noch den Mann mit dem Messer sah. Er sprang auf ihn zu, versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht und rang ihm das Messer ab. Der andere, der die Anweisungen gegeben hatte, zielte mit seiner Waffe auf Harm und konnte noch einen Schuss abgeben, bevor Webbs Leute ihn überwältigen konnten. Harm spürte einen stechenden Schmerz in der Schulter und ging zu Boden. Als er die Augen wieder öffnete, drückte schon jemand von Webbs Leuten etwas auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen. Harm drehte seinen Kopf in Richtung des Wagens und beobachtete, wie auf Webbs Befehl hin zwei von der Sondereinheit Jason vorsichtig aus dem Kofferraum hoben und ihn auf die Decke legten, die ein anderer auf den Boden gelegt hatte. Jason trug nur noch seine Uniformhose und ein T-Shirt, beides schmutzig und mit seinem Blut beschmiert. Seine Hand- und Fußgelenke waren jeweils mit einem Seil zusammengebunden, so kräftig, dass es blutete. Webb nahm ein Taschenmesser zur Hand und schnitt so sanft wie möglich die Fesseln auf. Er drehte Jason langsam auf den Rücken und legte seine Arme neben ihn, dann nahm er ihm die Augenbinde ab und löste das Tuch, welches als Knebel diente. Darunter kam ein weiteres Tuch zum Vorschein, dass zusammen geknüllt in seinem Mund steckte, welches Webb ebenfalls entfernte. Einer seiner Leute hatte eine Wasserflasche und eine weitere Decke besorgt und reichte beides an Webb weiter. „Was ist mit dem Krankenwagen?“ fragte Webb. „Ist unterwegs, Sir.“ Webb sah kurz zu Harm rüber und legte dann die Decke zusammengefaltet unter Jasons Kopf. Er versuchte, ihm etwas von dem Wasser einzuflößen, was ihm aber nicht gelang. Harm wehrte sich gegen den Mann an seiner Schulter und wollte aufstehen um zu MacKay zu kommen. „Es ist besser, wenn Sie liegen bleiben, Sir“ versuchte der Mann Harm unten zu halten. „Ich muss wissen, wie es ihm geht“ sagte Harm mit schwacher Stimme und versuchte es noch einmal. „Bleiben Sie liegen, Harm“ versuchte es nun Webb, „wir machen das schon.“ Harm schaute Webb an und tat dann, was der ihm sagte. Er drehte den Kopf zur Seite und schloss die Augen und hörte noch die Sirene des herannahenden Krankenwagens.

Von der Ankunft des Krankenwagens bekam Harm nichts mehr mit, ebenso wenig davon, wie er und Jason ins Krankenhaus gebracht wurden. Er wachte erst wieder auf, als er vom Aufwachraum in ein Krankenzimmer geschoben wurde, in dem schon Jason in einem Bett lag. Eine Krankenschwester deckte ihn zu und überprüfte die Infusion. Admiral Chegwidden stand neben dem Bett und sah besorgt aus. „Sir, wie geht es ihm?“ erkundigte Harm sich mit rauer Stimme. „Er hat Glück gehabt“ sagte AJ. „Wie fühlen Sie sich, Harm?“ „Gut, Sir“ antwortete er matt. „Ruhen Sie sich aus“ meinte AJ und nahm seinen Hut vom Tisch. „Ja, Sir“ sagte Harm und schloss dann wieder die Augen. AJ ließ die beiden alleine und fuhr ins Büro zurück, wo er noch einiges zu erledigen hatte.

Etwa zwei Stunden später wachte Harm wieder auf und sah sich um. Auf dem Tisch neben seinem Bett lag eine Jogginghose und ein T-Shirt für ihn, Jason schlief noch immer. Harm fragte sich gerade, wer ihm die Sachen gebracht hatte, als die Tür aufging und Webb herein kam. „Wie ich sehe sind Sie schon wieder wach“ begrüßte Webb ihn. „Mmmh“ murmelte Harm. „Und schon sehr gesprächig.“ „Nett von Ihnen, mich zu besuchen“ sagte er leise. „Ich lass Sie lieber wieder in Ruhe schlafen, Rabb“ meinte Webb und wollte gehen. „Nein, warten Sie“ bat Harm. „Was ist, Rabb?“ fragte Webb und sah ihn an. „Was ist mit Stevens?“ fragte er leise. „Gut, ich habe ihn und seine Mutter in einem sicheren Haus untergebracht.“ „Wie wird es jetzt weitergehen?“ „Wir werden uns was neues einfallen lassen müssen“ meinte Webb nur. „Wie geht es MacKay?“ fragte Harm weiter und schaute zu dem anderen Bett, in dem Jason noch immer regungslos lag. „Er wird wieder“ sagte Webb und folgte Harms Blick, „er hatte eine Menge Glück.“ „Das hätte nicht passieren dürfen“ murmelte Harm. „Ich weiß, aber damit haben wir nicht gerechnet“ gab Webb zu. „Ich auch nicht“ erwiderte Harm leise und schaute dann wieder Webb an. „Ich geh jetzt lieber wieder, sie brauchen beide Ruhe“ meinte Webb und wollte gehen. „Webb?“ hielt Harm ihn noch mal auf. „Ja?“ fragte Webb und drehte sich wieder zu Harm, als er schon an der Tür war. „Danke“ sagte er nur und sah Webb an. Der nickte ihm zu und ging. Im Nachbarbett fing Jason sich leicht an zu regen. Harm schaute hinüber. Jason öffnete langsam die Augen, so weit dies möglich war und sah sich vorsichtig um. „Hey“ sagte Harm leise und versuchte zu lächeln. Jason öffnete seinen Mund und musste husten, als er was sagen wollte. „Ganz ruhig, Jason, streng Dich nicht an“ versuchte Harm ihn zu beruhigen. Jason hörte auf mit husten und seine Atmung normalisierte sich wieder. Er sah Harm nur an und sah elend aus. „Schlaf weiter“ sagte Harm. Die sonst sonnengebräunte Haut des Lieutenants war kreideweiß, nur seine Verletzungen leuchteten in allen Farben. Er schloss wieder die Augen und schlief ein. Harm fiel etwas ein und er versuchte vorsichtig, aufzustehen, Schließlich stand er mit wackeligen Beinen neben dem Bett und schob den Ständer mit der Infusionsflasche zum Tisch, auf dem seine Sachen lagen und versuchte, die Jogginghose anzuziehen. „Was wird das, wenn es fertig ist, Commander?“ fragte AJ streng, der in dem Moment das Zimmer betreten hatte. Harm drehte sich zur Tür. „Ich muss zu einem Telefon“ versuchte er zu erklären. „Und das ist so wichtig?“ „Ja, ist es, ich hatte David versprochen, am Sonntag mit ihm fliegen zu gehen.“ „Na gut, aber ich besorg ihnen einen Rollstuhl“ bestand AJ drauf. „OK“ willigte Harm ein, der nicht sehr sicher auf seinen Beinen stand. Der Admiral ging kurz raus und kam mit einem Rollstuhl wieder rein, dann half er erst Harm mit der Kleidung half ihm dann in den Rollstuhl. Der Admiral schob Harm bis zum nächsten Münzfernsprecher, drückte ihm den Hörer in die Hand und warf einen Quarter rein. „Ich warte da drüben“ meinte AJ und nahm Abstand. „Danke“ sagte Harm und wählte dann die Nummer der Walkers. „Walker“ meldete sich diesmal Davids Vater. „Hi, ich bin's, Harm“ meldete er sich. „Ist was passiert?“ „Ich habe ein Problem“ begann Harm, „ich bin im Krankenhaus und werde mein Versprechen an David am Sonntag nicht einhalten können.“ „Ich hoffe, es ist nichts ernstes“ meinte Walker. „Das wird schon wieder, aber im Moment bin ich aus dem Gefecht gezogen“ gab Harm zu. „Ich werde es David erklären“ versprach Walker ihm. „Ich mache es auch wieder gut, das Versprechen steht, ich muss es nur verschieben“ entschuldigte sich Harm. „Er wird es schon verstehen“ meinte Walker. „Ich hoffe es, es tut mir wirklich leid.“ „Mach dir keine Sorgen, werde erst mal wieder gesund.“ „In Ordnung. Drück David von mir und bestell Marie meine Grüße“ verabschiedete sich Harm. „Mach ich, gute Besserung“ sagte Walker und legte auf. Harm hängte den Hörer ein und schaute dann zum Admiral, der wieder herüberkam. „Alles geklärt?“ wollte AJ wissen. „Ich hoffe“ sagte Harm. Als sie wieder ins Zimmer kamen, saß Jason auf der Kante von seinem Bett und wollte gerade aufstehen. „Euch sollte man beide ans Bett binden“ sagte AJ streng. Jason sah ihn nur an und stand auf. AJ konnte ihn gerade noch auffangen, bevor er auf den Boden fiel, er hob ihn hoch, in dem er einen Arm unter Jason Kniekehlen legte und den anderen hinter seine Rücken. Jasons Kopf lehnte gegen seine Schulter. „Als Kind warst du leichter“ meinte er und legte Jason wieder aufs Bett. Er deckte Jason wieder zu. „Wo wolltest du hin?“ fragte er ihn. „Nach Hause“ flüsterte Jason und drehte sich auf die Seite, er schien Schmerzen zu haben. „Das geht jetzt nicht, Jason, du brauchst noch Ruhe“ versuchte AJ ihn zu besänftigen und strich ihm über die Haare. Jason zog die Decke höher und kuschelte sich in sie rein. Dann wandte sich AJ wieder Harm zu und half ihm ins Bett. „Wieso hört eigentlich keiner auf mich?“ fragte AJ eher sich selber. Harm zog es vor, zu schweigen. „Wie? Kein Widerspruch, Commander?“ „Ich würde es nicht wagen, Ihnen zu widersprechen, Sir“ meinte Harm mit einem leichten Grinsen. „Denke Sie das nächste Mal daran, Rabb“ schlug AJ vor. „Ich werde es versuchen, Sir“ meinte dieser. AJ warf einen kurzen Blick zu Jason rüber, der wieder schlief. „Was hat Ihnen Webb eigentlich erzählt?“ wollte Harm wissen. „Vermutlich nur die Hälfte“ sagte AJ. „Wahrscheinlich“ meinte auch Harm. „Wir waren auf dem Weg nach Annapolis um Stevens abzuholen“ begann Harm und erzählte dem Admiral dann alles, was ab dem Moment abgelaufen war, als er mit Webb das Büro verließ. „Ich versuchte gerade, die Entführer zu überreden, mich zu Jason zu lassen, als Webb mit seinen Leuten eingriff. Vielleicht einen Moment zu früh, der, der Jason in Gewahrsam hatte, hätte ihn im nächsten Moment... Ich musste dazwischen gehen, Admiral“ versuchte Harm sein Verhalten zu rechtfertigen und man merkte, dass ihn das Reden anstrengte. „Ich bin froh, dass Sie es getan haben, auch wenn es mir leid tut, dass Sie dabei verletzt wurden“ meinte AJ. „Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, wie ich das seinen Eltern erkläre.“ „Ich beneide Sie nicht, Sir“ meinte Harm. „Glaube ich Ihnen“ sagte AJ und sah Jason an, der ihm eher wieder wie der Junge von damals vorkam, den man wegen einem Spiel verprügelt hatte. „Aber es war auch gut, dass Webb dazukam“ sagte Harm noch. „Allein hätte ich es nicht geschafft.“ „Ich mache Webb keine Vorwürfe, die mache ich mir.“ „Dazu gibt es keinen Grund, Sir.“ „Ich hätte es verhindern müssen, dass Jason da überhaupt mit rein gezogen wird.“ „Das konnte ich auch nicht“ sagte Harm betreten. „Ich hatte darüber schon vorab eine Diskussion mit Webb.“ „Ich habe da ein paar Möglichkeiten mehr, als Sie, Harm.“ „Ich hätte Ihnen sagen sollen, wie ich darüber dachte, Sir“ meinte Harm leise. Jason regte sich wieder in seinem Bett und flüsterte etwas heiser, was aber unverständlich war. „Hey, ganz ruhig, Jason“ sagte AJ sanft zu ihm und strich ihm wieder über die Haare. Jason beruhigte sich wieder und sah AJ mit halb geöffneten Augen an. „Wie fühlst du dich?“ fragte AJ ihn. „Es tut weh“ flüsterte Jason kaum hörbar. „Das wird schon wieder. Soll ich den Arzt rufen?“ wollte AJ wissen. Jason schüttelte leicht mit dem Kopf. „Die Besuchszeit ist zu Ende, Sir“ meinte eine Krankenschwester, die ins Zimmer kam. „Ich bin schon weg“ meinte AJ, und die Schwester ging wieder. „Danke, dass Sie hier waren, Sir“ meinte Harm noch. AJ nickte. „Ach und noch was, und das gilt für beide“ fing AJ an, „es wird im Bett geblieben und auf die ärztlichen Anordnungen gehört, verstanden?“ „Ja, Sir“ kam kaum hörbar von Jason. „Aye, Sir“ bestätigte Harm leise. „Gute Nacht“ sagte AJ und ging.

„Harm“ flüsterte Jason heiser und sah zu Harm rüber. Der drehte sich zu ihm. „Ja, Jason?“ „Was ist passiert?“ „Das ist eine lange Geschichte“ meinte Harm. „Bist du sicher, dass du das heute noch hören willst?“ Jason nickte nicht sehr überzeugend. „Ich erzähl dir morgen alles genau“ versprach Harm, dem langsam die Augen zufielen. Jason war zu fertig, um zu diskutieren und schlief ein.

Am nächsten Morgen wurden die beiden von einer Krankenschwester geweckt und bekamen ihr Frühstück. Sie hatte beiden die Kopfteile aufgestellt, damit sie essen konnten. Harm schaute sein Frühstück misstrauisch an. Jason probierte nicht mal seins, sondern starrte nur die Wand neben sich an. „Jason, was ist los?“ fragte Harm. Jason reagierte nicht. „Jason?“ versuchte es Harm noch einmal. „Ich habe keinen Hunger“ sagte Jason heiser, ohne Harm anzusehen. „Komm schon, red mit mir“ ermunterte der ihn. „Lass mich einfach in Ruhe“ bat Jason nicht sehr glaubwürdig. „Jason, bitte“ bat Harm. Jason ignorierte ihn. Harm seufzte. „Was hätte ich anderes tun sollen, Jason?“ versuchte er es weiter. „Ich hab doch alles versucht.“ „Was ist den überhaupt alles passiert?“ wollte Jason wissen und sah Harm an, es liefen ihm Tränen die Wangen runter. Harm schaute ihn erstaunt an und schluckte dann, bevor er begann. „Sie haben versucht, über Dich und mich an Stevens zu kommen“ sagte Harm. „Gestern Morgen habe ich Fotos bekommen, und dein Hemd, und das Angebot, Dich gegen Stevens zu tauschen.“ Jason hörte zu, aber sagte nichts. „Ich bin damit zum Admiral gegangen, das war nichts, was ich auf eigene Faust hätte erledigen können. Ich glaub, er war mindestens genauso fertig wie ich. Er rief dann gleich Webb an und stauchte ihn zusammen.“ Jason nickte, er fand das alles verwirrend. „Ich kann dir nur sagen, so schnell war Webb noch nie bei uns im Büro“ versuchte Harm die Stimmung etwas aufzuheitern, doch es half Jason nicht. Harm dachte eine Sekunde nach und sprach dann weiter. „Der Admiral schickte mich mit Webb los, der war zwar gar nicht begeistert darüber, mich dabei zu haben, aber er fügte sich. Wir fuhren nach Annapolis, um dort festzustellen, dass von dir dort keine Spur war. Auf der Fahrt dort hin bekam ich einen Anruf der Entführer, die von mir wollten, dass ich Ihnen Stevens auslieferte.“ „Hast du Ihn ausgeliefert?“ wollte Jason wissen. Harm zögerte einen Augenblick, es fiel im schwer, weiter zu reden. „Ich hab mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, aber es gab keine andere Möglichkeit, als zumindest zum Schein hin auf die Bedingungen der Entführer einzugehen. Webb sah darin eine Möglichkeit, an den Vater von Stevens zu kommen, aber ich machte ihm klar, dass mir das in dem Moment völlig unwichtig war. Ich wollte Stevens nicht den Entführern in die Hände spielen, musste aber einsehen, dass wir erst einmal an sie herankommen mussten.“ „Hat es geklappt? Ich meine... wo ist Stevens?“ hakte Jason nach und musste kurz husten. „Beruhig Dich erst einmal wieder“ sagte Harm. „Du wirst alles erfahren.“ Jason nickte und griff nach dem Becher Wasser auf dem Tisch vor ihm, dabei sah Harm das bandagierte Handgelenk und die Verletzungen, die Jason sonst noch auf seinem linken Unterarm hatte. Jason bekam den Becher nicht gehoben und ließ ihn stehen. Harm stand vorsichtig auf und half Jason dann, etwas zu trinken. „Wie ist es dir ergangen?“ fragte er dann vorsichtig. Jason schüttelte den Kopf. „Das ist nicht mehr wichtig“ flüsterte er. „Jason, rede mit mir darüber“ bat Harm. „Nicht jetzt, Harm, bitte.“ „Na gut“ willigte Harm ein. „Dann erzähle ich dir noch ein bisschen was.“ Jason nickte. „Webb wollte Stevens mit einem Peilsender ausstatten, um so jeden Schritt von ihm verfolgen zu können, aber die Entführer hatten uns wohl schon beobachtet. Wir waren gerade in Langley um die Überwachung einzuleiten, als ich wieder Fotos bekam, die Dich zeigten.“ Harm stockte einen Moment und schloß bei dem Gedanken wieder kurz die Augen. „Kurz darauf bekam ich wieder einen Anruf. Die Entführer wollten nur mich und Stevens. Sie nannten mir einen Ort, zu dem ich mit Stevens fahren sollte. Webb stattete mich mit einem Wagen aus und versprach mir, uns nicht zu folgen.“ „Fotos?“ fragte Jason stockend. „Ja“ sagte Harm nur. Jason sah wieder in die andere Richtung, er konnte Harm nicht ansehen. „Jason, bitte schließ mich nicht aus“ meinte Harm. „Wieso? Du hast doch Hochglanz-Bilder“ brüllte Jason ihn an, oder besser versuchte es, was mit seiner rauen Stimme nicht sehr eindrucksvoll war. „Jason, glaubst du denn, das würde mir nicht nahe gehen?“ fragte Harm verzweifelt und fuhr sich mit der linken Hand durch die Haare. Das war zuviel für Jason gereizten Hals und Lunge, er fing an zu husten. Harm versuchte ihn zu stützen, soweit es ihm mit einem Arm gelang und hielt ihm den Becher hin. Jason zuckte schmerzerfüllt zusammen bei Harms Berührungen und wich vor ihm zurück. Harm zog seine Hand zurück. „Es tut mir leid“ sagte er und wollte sich abwenden. Jason beruhigte sich wieder, drehte sich leicht auf die Seite und sah Harm an. Er sah noch elender aus, als zuvor. „Harm“ fing er an, „danke.“ „Ich habe nicht genug getan“ meinte der und stand auf, um zu seinem Bett zurückzugehen. Jasons Ausbruch hatte ihn überrascht und betroffen gemacht. „Ich lebe und bin hier, reicht das nicht?“ versuchte Jason diesmal Harm aufzubauen. Harm schlug die Augen nieder. „Aber dir hätte erst gar nicht was passieren dürfen.“ „Harm, du hättest nichts dagegen tun können, ich bin kein Kind mehr.“ Jason schloss kurz seine Augen, es drängten sich ihm Erinnerungen auf, die ihm nicht gefielen. „Jason, dann lass mich doch wenigstens jetzt helfen“ bat Harm. „Das kannst du nicht, Harm“ meinte Jason. Harm wollte Jason nicht weiter bedrängen. „Dann denk wenigstens daran, dass du jederzeit zu mir kommen kannst“ sagte er noch. Die Tür ging auf und eine Krankenschwester kam rein. „Keinen Hunger, meine Herren?“ fragte sie, als sie die nicht angerührten Tabletts sah. Jason schwieg sich aus, er hatte keine Lust auf weitere Konversation. „Danke, ich kann ganz gut darauf verzichten“ meinte Harm und schob sein Tablett von sich. „Ich werde jetzt mal diesen Schweigsamen hier Ihnen entführen“ meinte sie mit einem Lächeln nachdem sie Jasons Tablett auf den Tisch gestellt hatte und löste die Bremsen an Jasons Bett. Sie löste den Tropf von Jasons Hand und schob ihn dann aus dem Zimmer.

Nach nicht allzu langer Zeit kam die Schwester wieder zurück, ohne Jason, dafür aber mit einer Metallschale in der Hand. „Und Sie befreien wir jetzt mal von Ihrem Tropf, Commander“ sagte sie wieder mit einem Lächeln. „Tun Sie, was Sie nicht lassen können.“ Sie zog das Pflaster ab, welches die Kanüle fixierte und zog diese vorsichtig aus Harms Handrücken, dann klebte sie ein Pflaster auf die Stelle. „Das war's schon!“ „Danke.“ „Soll ich das mitnehmen?“ fragte sie und meinte Harms Frühstück. „Ja, bitte.“ Die Krankenschwester lächelte Harm freundlich an und nahm dann die Schale und sein Tablett und auf dem Weg nach draußen noch Jasons Tablett mit.

Etwa 30 Minuten nachdem Jason von der Schwester aus dem Zimmer geschoben war, ging die Tür wieder auf, aber es war nicht Jason, sondern Jenn. Sie kam mit einem schlafenden Jamie auf dem Arm ins Zimmer, hatte die Wickeltasche umhängen und sah aus, als hätte sie die Nacht mit weinen und nicht mit schlafen verbracht. „Hey“ sagte Harm und bemühte sich um ein Lächeln. „Wo ist Jason?“ fragte sie besorgt. „Ich denke, er wird gerade untersucht“ antwortete Harm. „Was ist passiert? Admiral Chegwidden hat mir nur gesagt, dass er einen Unfall oder so hatte, Harm“ wollte sie wissen und klang aufgeregt. Jamie wurde langsam wach und fing an zu quengeln. Jenn versuchte verzweifelt ihn zu beruhigen und strich ihm über den Rücken. Harm hatte auf Jenns Frage nicht geantwortet und er wusste auch nicht, wie er anfangen sollte. Er zog es daher vor, auf Jamie zu reagieren. „Hey, wer wird denn da wach?“ fragte er. „Er hat Hunger“ sagte Jenn und setzte Jamie zu Harm aufs Bett, „ich habe irgendwo sein Frühstück.“ „Lass dir Zeit, ich hab Jamie gern bei mir.“ Jenn fing an in der Tasche zu wühlen, sie fand eine Flasche für Jamie, aber den Rest nicht. „Ich weiß, ich hab es eingepackt.“ „Was suchst du denn?“ fragte Harm. „Sein Erdnussbutter und Gelee Brot“ sagte Jenn verzweifelt und suchte weiter. Jamie hatte verstanden, was seine Mutter suchte und kicherte. Harm grinste. „Du bist mir ja ein ganz Süßer.“ „Ich habe es liegen gelassen“ sagte sie und war am Ende mit den Nerven. „He, ist ja schon gut“ versuchte Harm sie zu beruhigen. „Ich rufe einfach die Schwester, ich wette, irgendwo hier gibt es so was auch.“ „Nein, es geht schon, ich glaube ich habe noch irgendwo was“ meinte Jenn. Jamie wurde langsam ungeduldig. Harm streichelte ihn mit der linken Hand über den Rücken und fuhr ihm dann durch die Haare. „Ich geh schnell und hole was aus der Cafeteria“ sagte Jenn, als sie nichts fand für Jamie. „Und du bleibst so lange bei mir, ok?“ meinte Harm zu Jamie, der langsam etwas betrübt aussah. „Danke, Harm“ sagte Jenn und verließ das Zimmer, um runter in die Cafeteria zugehen. Harm stupste Jamie auf die Nase. „Na, wie geht es denn meinem kleinen Freund?“ Jamie sah Harm an, ihm liefen Tränen über die Wangen und er zog die Nase hoch. „Hey, ist doch gut“ versuchte er ihn zu beruhigen und wischte ihm mit dem Handrücken über das Gesicht. Die Krankenschwester brachte Jason wieder ins Zimmer, er hatte die Augen zu. Sie schloss eine neue Infusion an und deckte ihn dann vorsichtig zu. Jamie sah rüber zu dem anderen Bett, „DAD“ rief er und zeigte mit seinem Finger auf Jason. „Jamie, dein Daddy ist müde, sollen wir ihn nicht lieber schlafen lassen?“ „Dad“ sagte Jamie leise, als die Krankenschwester leise das Zimmer verließ. Harm versuchte weiter, Jamie ruhig zu halten und nahm dann ein Taschentuch, um Jamies Tränen zu trocknen. Jason drehte seinen Kopf leicht und öffnete langsam die Augen ein wenig. „Wo ist Jenn?“ fragte Jason leise. Harm war überrascht, dass Jason wach war. „Sie kommt gleich wieder, sie wollte Frühstück für Jamie besorgen“ erklärte er dann. Jamie streckte seinem Vater die Ärmchen entgegen und sagte traurig, „Dad.“ „Hey Kleiner, bleib bei Onkel Harm, ja?“ bat Jason schwach. Jenn kam mit einer Papiertüte in der Hand wieder ins Zimmer. „Jason“ sagte sie und lief fast an sein Bett. „Hy“ sagte Jason und versuchte so fit wie möglich zu klingen. „Was ist passiert?“ fragte Jenn besorgt und strich Jason sanft durch die Haare. „Nur ein kleiner Unfall, nicht weiter schlimm“ log Jason. „Klein? Sieh dich an“ meinte Jenn. „Es sieht schlimmer aus als es ist“ sagte Jason, und Harm war klar, dass Jason gerade seine gesamte Energie darin legte Jenn zu beruhigen. „Sag mir die Wahrheit, Jason“ bat Jenn und versuchte den Befehlston aus ihrer Stimme zu halten. „Es ist wirklich nicht schlimm, Jenn. Ich geh am Montag schon wieder zum Dienst“ log Jason weiter. Jenn war nicht überzeugt. Jamie fand es langweilig, nur rum zu sitzen und fing an sich für Harm zu interessieren, wobei er an Harms rechte Schulter kam. Harm stöhnte vor Schmerz auf, wollte Jamie aber nicht erschrecken und biss die Zähne zusammen, aber Jenn hatte ihn trotzdem gehört. Sie sah erschrocken zu Harm und sah was passiert war. Sie sprang auf und nahm Jamie auf den Arm. „Tut mir leid, Harm, geht es?“ fragte sie besorgt. Jamie verstand das ganze Theater nicht und streckte seine Ärmchen in Harms Richtung, „Ham!“ „Ist schon gut, Partner, du darfst gleich wieder kommen“ meinte Harm und versuchte sich wieder zu fassen. „Lieber nicht, Harm, er versteht nicht, dass er dir weh tun kann, nur wenn er dich anfasst.“ „Ich habe gerade einfach nicht darauf geachtet, ich pass schon auf“ versprach er. „Sicher?“ „Ja, es wird schon gehen, vielleicht hilfst du mir ja ein bisschen“ sagte er und versuchte sie weiter von Jason abzulenken. Jenn nickte und setzte Jamie wieder aufs Bett, der sich direkt gegen Harm lehnte. Harm lächelte ihn an und strubbelte ihm wieder durchs Haar. „Alles ok, Kleiner“ versicherte er ihm. Jenn holte die Papiertüte und gab Jamie einen Schokomuffin aus dieser. Jamie griff nach dem Muffin und biss rein, wobei er direkt etwas vom Papier erwischte. „Nicht, Jamie, das Papier kann man nicht mitessen“ sagte Jenn und nahm ihm den Muffin aus der Hand, entfernte das Papier und den Schnipsel aus seinem Mund. „Ihr zwei kommt klar?“ fragte Jenn noch mal nach. Jason beobachtete das ganze müde, er hatte Mühe, wach zu bleiben. Harm warf einen Blick auf Jason und dann wieder auf Jamie. „Wir werden es versuchen“ meinte er dann und sammelte ein paar der Krümel, die Jamie verloren hatte, von der Bettdecke. „Hier sind noch mehr drin, falls du auch einen willst“ bot Jenn an und legte die Tüte aufs Bett, bevor sie sich wieder Jason zuwandte. „Und jetzt will ich die Wahrheit, Jason“ befahl Jenn ihm. „Hilfst du mir mit dem Papier?“ fragte Harm, um Jason noch kurz zu erlösen. Jenn drehte sich zu Harm und machte das Papier von einem Muffin, gab ihm diesen und drehte sich erwartungsvoll zu Jason. „Mir geht's gut, ich bin nur müde. Mit genügend Schlaf geht es mir bald wieder gut“ versicherte Jason. „Ich nehme mir frei, Jason, dann kann ich mich um dich kümmern“ bot Jenn an. „NEIN, nein, das ist nicht nötig“ wehrte sich Jason, „außerdem ….“ Er sah Hilfe suchend zu Harm. „Jenn, ich bin doch auch noch hier“ sagte dieser. Jenn sah besorgt aus, sie kaufte Jason nicht ab, dass es ihm gut ging. „Wirklich, Jenn, wir sind bald wieder fit und spielen Basketball“ versuchte Harm sie aufzuheitern. „Jenn, sieh mich an, glaub mir, es geht mir wirklich gut. Am Montag gebe ich schon wieder Unterricht und alles ist ok. Du gehst, wie du es wolltest, zu eurer komischen Feldübung oder was auch immer, dieses matschrobben was ihr so gern macht, und Jamie freut sich doch schon auf die Woche mit Nic“ erklärte Jason und klang für seinen Zustand erstaunlich lebhaft. Jenn nickte zaghaft, sie war noch nicht ganz überzeugt. „Und jetzt fährst du mit Jamie wieder nach Hause, ich will nicht, das er den ganzen Tag im Krankenhaus verbringt“ sagte Jason. Harm merkte langsam, dass Jason die Energie für diese Show aus ging. Er kitzelte Jamie am Bauch und brachte ihn so zum Lachen, worauf Jenn wieder auf ihn aufmerksam wurde. „Jason“ fing Jenn noch mal an. „Ich will nur einen Kuss und eine Umarmung und dann mach dir ein schönes Wochenende mit Jamie“ sagte Jason. Jenn sah Harm an. „Harm, sag mir was passiert ist, bitte“ bat sie. „Das ist eine lange Geschichte, können wir später darüber sprechen?“ fragte Harm und gab vor, müde zu sein. „Squids“ sagte Jenn wütend und nahm Jamie wieder auf den Arm und hob die Tasche auf. „Und du brauchst erst wieder nach Hause kommen, wenn du mir sagen willst was passiert ist“ sagte Jenn und stürmte aus dem Zimmer. Harm seufzte und drehte sich in Richtung Jason. Der schloss die Augen, das hatte er nicht gewollt, und man konnte ihm ansehen, dass er Schmerzen hatte. „Soll ich sie zurückholen?“ bot Harm an. „Nein, ich will nicht, dass sie die Wahrheit erfährt“ sagte Jason leise. „Verdammt, Jason, was ist die Wahrheit?“ Jason schüttelte den Kopf. „Warum igelst du Dich ein, Jason?“ versuchte Harm es noch einmal. „Willst du wirklich was für mich tun?“ fragte Jason und sah Harm direkt an. „Was, Jason?“ fragte er. „Bring mich hier raus“ bat Jason und meinte es ernst. Harm schaute ihn ernst an, er hatte damit gerechnet, dass Jason ihn bitten würde, nicht weiter nachzufragen, aber nicht mit dieser Bitte. „Und wie soll ich das machen?“ fragte er verzweifelt. „Bitte Harm. Ich hasse Krankenhäuser“ sagte Jason. „Das weiß ich, Jason, meinst du, ich bin hier glücklich?“ „Dann lass dir bitte was einfallen“ bat Jason. „Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Harm überlegte kurz und versuchte dann vorsichtig, aufzustehen. In dem Moment kam eine Krankenschwester rein. „Sie sollen doch im Bett bleiben“ schimpfte sie direkt los. Harm schien sich fast zu ducken und setzte sich wieder auf sein Bett. Die Schwester sah ihn fragend an, aber lächelte wieder. „Kann ich irgendwas tun?“ Jason hatte die Augen wieder zu, Harm konnte nicht sagen, ob er schlief oder nur so tat. „Ja, lassen Sie mich nach Hause“ bat Harm. „Das kann nur der Arzt entscheiden“ sagte sie. „Würden Sie ihn dann bitte fragen?“ „Ich werde ihn holen, aber Sie gehen wieder ins Bett“ sagte sie und verließ das Zimmer. Kurze Zeit später kam ein Arzt ins Zimmer. „Sie wollen also nach Hause?“ fing der Arzt an. „Ja“ antwortete Harm. Der Arzt hatte Harms Krankenblatt in der Hand und lass es sich durch. „Vor Montag kann ich das auf keinen Fall zulassen“ sagte er dann. „Was ist mit dem Lieutenant?“ fragte Harm und blickte zu Jason hinüber. Der Arzt sah zu Jason rüber, sein Krankenblatt hatte er zwar nicht dabei, aber anscheinend kannte er den Zustand von Jason. „Ihn würde ich lieber noch etwas länger hier behalten“ meinte der Arzt. „Ich denke, das ist keine gute Idee“ wandte Harm ein. „Solange er in dem momentanen Zustand ist, wäre es unverantwortlich von mir ihn zu entlassen. Er isst nicht und wehrt sich gegen jede Behandlung“ gab der Arzt zu bedenken. „In seiner gewohnte Umgebung ist er anders“ versprach Harm. „Ich werde dann schon dafür sorgen.“ „Wie wollen Sie das machen?“ fragte der Arzt und zeigte auf Harms verletzte Schulter. „Lassen Sie das mein Problem sein, das wird gehen“ meinte Harm zuversichtlich. „Wenn es seine und Ihre Verfassung am Montag zu lässt können sie beide gehen, aber auf eigene Verantwortung“ gab sich der Arzt geschlagen. „Danke“ sagte Harm. „Ist schon gut, aber wenn es ihm oder Ihnen schlechter geht...“ „... werde ich anrufen und wieder herkommen“ beende Harm den Satz. „Wir haben uns verstanden“ sagte der Arzt, „dann mal gute Besserung.“ „Das will ich hoffen“ murmelte Harm. Der Arzt verließ das Zimmer wieder. Jason schien wirklich zu schlafen, er lag regungslos im Bett. Harm drehte sich um. Er hatte nicht einmal was zu lesen und langsam fiel im die Decke auf den Kopf. Außerdem jagte ihm immer wieder die Frage durch den Kopf, warum Jason sich so verhielt.

Mittags brachte eine Krankenschwester jedem ein Tablett mit Essen, sie weckte Jason sanft und stellte sein Kopfteil auf, damit er essen konnte, dann ging sie wieder. Auch diesmal sah Jason nur die Wand an, anstatt was zu essen. Harm stocherte lustlos in etwas herum, das nach Kartoffeln aussah und wollte das Tablett gerade wieder von sich schieben, als er sah, dass Jason nicht einmal sein Essen anrührte. „Jason?“ „Ja“ kam leicht genervt und noch immer heiser von Jason. „Wenn du willst, dass wir beide hier rauskommen, wirst du etwas essen müssen“ sagte er zu ihm. Jason sah Harm verwundert an. „Was?“ fragte Harm. „Ich versteh nicht“ meinte Jason. „Willst du nicht mehr hier raus?“ fragte Harm. „Doch!“ „Dann sieh mal zu, dass wir den Arzt zufrieden stellen und iss dieses... Zeug.“ Jason verstand nicht wirklich, nahm aber dann doch die Gabel zur Hand. Es schien ihm weh zu tun, sie fest zuhalten, aber er wollte da raus und aß. Harm schaute ihm zu. Er war sich nicht sicher, ob es richtig war, wenn Jason sobald das Krankenhaus verließ, aber wenn er länger hier bleiben würde, würde es ihm sicher auch nicht besser gehen. Etwas widerwillig nahm er ebenfalls die Gabel zur Hand und aß.

Der Rest vom Samstag verlief ruhig, Harm bekam besuch von seinen Kollegen bei JAG. Jason schlief die ganze Zeit. Er aß auch brav sein Abendbrot und auch am Sonntag war es ruhig, viel zu ruhig. Harm fing an sich zu langweilen, er ließ Jason mit Fragen in Ruhe, er würde noch genügend Zeit und Gelegenheiten bekommen, wenn Jason erst mal bei ihm zu Hause war und nicht mehr hier im Krankenhaus. Jason dagegen schlief fast die ganze Zeit.

Sonntagnachmittag ging die Tür auf und die Walkers kamen mit David ins Zimmer. David lief direkt auf Harms Bett zu und begrüßte ihn freudig mit Zeichen und kletterte auf den Stuhl, der an Harms Bett stand. Harm strahlte. „Was macht Ihr denn hier?“ fragte er und zog David aufs Bett. Ihm fiel es schwer, die wenigen Zeichen, die er konnte, mit einer Hand zu machen, also sah er David an und sprach zu ihm direkt. „Es tut mir leid, dass es heute mit dem Fliegen nicht klappt“ entschuldigte er sich. David machte viel zu viele und viel zu schnelle Zeichen. „Nicht so schnell“ bat Harm und sah sich Hilfe suchend nach Marie und David Walker um. „Er will wissen wie es dir geht und er versichert dir, dass er es versteht, das du heute nicht mit ihm fliegen kannst“ übersetzte Marie lächelnd. „Danke“ sagte Harm und strich David über den Kopf. „Es geht mir schon wieder besser“ versicherte er David, „und das Fliegen holen wir nach, versprochen!“ David nickte lächelnd. Mr Walker sah auf das andere Bett und erkannte Jason wieder, trotz der Verletzungen und Verbände in seinem Gesicht. Er sah Harm fragend an. „Lass uns später darüber reden“ schlug Harm vor. „Und in der Zwischenzeit könntest du Webb danach fragen.“ Walker nickte daraufhin nur. Auch David fiel auf, wer im anderen Bett lag und rutschte runter von Harms Bett. Er schob den Stuhl rüber zu Jasons Bett und kletterte wieder auf diesen. Harm beobachtete David. Mal sehen, ob er Jason aus seiner Lethargie holen konnte. Jason schlief, aber nicht ruhig, er schien einen leichten Alptraum zu haben. David fing an ihm über die Haare zu streichen, was zu helfen schien und Jason schlief ruhiger. Harm lächelte, David war wirklich etwas Besonderes. „Wie geht es ihm?“ fragte Marie besorgt Harm. „Ich weiß es nicht“ gab Harm offen zu. „Ich glaube, es geht ihm psychisch noch schlechter als physisch, aber er will nicht darüber reden.“ „Er sollte darüber reden“ sagte Marie. „Ich kann ihn nicht weiter danach fragen, je öfter ich davon anfange, desto einsilbiger wird er“ meinte Harm betrübt. „Lass ihm Zeit, aber nicht zu viel“ riet Marie ihm. „Ich werde es versuchen“ seufzte Harm. „Du machst das schon.“ „Deine Zuversicht möchte ich haben!“ David drehte sich wieder zu Marie um und machte Zeichen. „Ja, ihm geht es nicht gut, David, aber er wird wieder“ beruhigte Marie den Kleinen laut und mit Zeichen. David nickte und ließ sich von seinem Vater auf den Arm nehmen. Sie blieben noch eine kurze Zeit. David wollte zwar länger bleiben, aber Marie überzeugte ihn, dass Harm und Jason Ruhe bräuchten und er sie bestimmt bald wieder sehen würde. David willigte ein und gab Harm zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Jason war die ganze Zeit über nicht aufgewacht, woran seine Medikamente sicher nicht unschuldig waren.

Montag morgen

Der Arzt hatte Harm und Jason erlaubt auf eigene Verantwortung das Krankenhaus zu verlassen. Harm überlegte noch wie sie zu seinem Apartment kommen sollten, als Webb rein kam. „Morgen, ich habe gehört sie brauchen ein Taxi.“ „Oh, haben Sie die Branche gewechselt?“ fragte Harm und ging gutmütig darauf ein. Jason saß schweigend auf seinem Bett, er wollte nur raus, ihm war mittlerweile egal wie und wohin. „Sie können auch zu Fuß gehen“ meinte Webb. „Nein, nein, ich nehme gerne Ihre Dienste in Anspruch!“ „Gut“ sagte Webb, schob einen Rollstuhl herein und Jason ließ sich von ihm wortlos hinein helfen. Harm schaute Jason an und sah nicht sehr glücklich über dessen Zustand aus. Er hoffte, dass er auftaute, wenn er mit ihm allein war.

Webb fuhr die beiden zu Harms Apartment, dort half er noch Jason bis auf Harms Couch und verschwand dann wieder. Jason trug noch immer die Kleidung, die Webb ihm ins Krankenhaus gebracht hatte. Harm holte erst einmal ein paar Sachen für Jason aus dem Schrank und legte sie auf den Tisch. „Wie sieht es aus, was möchtest du heute essen?“ fragte er und vermied es, ihn danach zu fragen, wie es ihm ging. „Egal“ sagte Jason nur und starrte weiter auf seine Hände, allerdings mehr auf die noch immer bandagierten Handgelenke. Harm schaute ihn verzweifelt an. „Jason, du bist jetzt aus dem Krankenhaus raus, wie stellst du dir vor, dass es jetzt weitergeht?“ Jason fing plötzlich an seine Handgelenke zu reiben und versuchte die Verbände abzubekommen, seine Atmung wurde schneller und er wippte hin und her mit dem Oberkörper. Harm ließ stehen, was er gerade in der Hand hatte, eilte zu Jason hinüber und nahm ihn in den Arm um ihn zu beruhigen. „Sshh, es ist gut“ sagte er. Er hatte so was schon einmal miterlebt, aber nicht damit gerechnet, dass gerade Jason so reagieren würde. Jason fing an zu zittern, obwohl sein Körper eher kraftlos gegen Harm gelehnt war. Er hatte aufgehört an seinen Handgelenken zu kratzen und am Verband zu ziehen, aber es hatte gereicht, Blut drückte sich langsam durch den Verband. Langsam normalisierte sich seine Atmung wieder. Harm hatte ihm die ganze Zeit beruhigend über den Rücken gestrichen. Er war froh, dass er mit ihm allein war, und dass niemand die beiden sah. Wie sollte er das jemand anderem erklären, vor allem, wie sollte er das Jenn erklären? Jason löste sich von Harm, er setzte sich wieder hin und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Tut mir leid, ich...“ stotterte er mit noch immer kratziger Stimme. „Ist schon gut, beruhig Dich erst einmal“ sprach Harm leise auf ihn ein. Jason schüttelte mit dem Kopf. „Ich bin Kampfpilot, ich sollte nicht... ich sollte mich nicht wie ein Kind benehmen“ meinte Jason und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Das ist eine ganz natürliche Reaktion, es hat sich so viel in dir angestaut, das musste irgendwann raus“ sagte Harm verständnisvoll. Jason reagierte darauf nicht, die Verbände an seinen Handgelenken hatten sich mittlerweile deutlich rot verfärbt, aber das war ihm egal. Harm nahm die Papiertüte vom Tisch, die er im Krankenhaus für Jason mitbekommen hatte und fand darin auch Verbandmaterial und eine Salbe. Vorsichtig nahm er Jason die Verbände von den Handgelenken und bestrich die Verletzungen mit der Salbe. Anschließend verband er die Handgelenke wieder, verlor aber dabei kaum den Blickkontakt mit Jason. Er wunderte sich ein wenig über die Größe der Packung von der Wundsalbe. Jason ließ alles über sich ergehen, er war noch immer müde. Harm half Jason, seine Schuhe auszuziehen. „Jason, ich muss mir noch deine übrigen Verletzungen anschauen.“ Jason war plötzlich hellwach und wich von Harm zurück. „Nein, das ist nicht nötig“ wehrte er ab. „Doch, ist es, Anordnung vom Arzt. Er hat mir gesagt, wenn ich das nicht tue oder kann, soll ich Dich sofort wieder ins Krankenhaus bringen.“ „Bitte, Harm, nicht“ flehte Jason ihn an und ließ Harm dabei nicht an sich ran. „Jason, es muss sein. Ich habe dir geholfen, aus dem Krankenhaus zu kommen, jetzt musst du aber auch mir helfen.“ „Ich kann nicht.“ „Jason, bitte, es geht nicht anders.“ Jason zog die Beine an und schlang seine Arme drum, er klammerte sich an sich selbst und schüttelte mit dem Kopf. „Du lässt mir keine andere Wahl.“ Harm wollte es aufgeben und griff für Jason sichtbar zum Telefon um das Krankenhaus anzurufen. „NEIN!“ rief Jason, er stellte die Füße auf den Boden und zog sein T-Shirt aus, er lehnte sich direkt gegen die Rückenlehne der Couch, so dass Harm nur die Verletzungen auf seiner Vorderseite sah. Er war mit Blutergüssen übersäht, Schürfwunden und auch ein paar kleinere Schnittwunden. Jason schloss die Augen, er wollte Harms Blick nicht sehen. Es sah schlimm aus, aber nicht so schlimm, als dass es einen Grund gab, dass Jason sie vor ihm verheimlicht hätte. Harm fragte sich, was es sonst noch gab, was Jason ihm nicht zeigte. Er legte den Hörer wieder weg und ging auf Jason zu, um zunächst die Verletzungen auf der Vorderseite mit der Wundsalbe zu behandeln. Langsam begann er, seine Schulter wieder zu spüren, es war einfach zu früh, den Arm schon wieder zu belasten, er verteilte daher die Salbe mit der linken Hand und hielt rechts nur die Dose. Harms Berührungen taten Jason offensichtlich weh, und das obwohl Harm sich alle Mühe gab mit links so sanft wie möglich zu sein. Als Harm mit der Vorderseite fertig war, wollte Jason sein T-Shirt wieder anziehen. „Warte, Jason, ich bin noch nicht fertig, dreh Dich bitte um.“ „Da ist nichts“ wehrte Jason ab. „Da hat mir der Arzt aber was ganz anderes erzählt, dreh Dich um“ forderte Harm ihn noch einmal auf. „Nein“ sagte Jason mit ungewöhnlich fester Stimme. „Dreh Dich um!“ sagte Harm nun in einem Befehlston, der keinen Widerspruch erlaubte. „Ich dachte du bist mein Freund“ versuchte Jason Harm davon abzubringen. „Genau deswegen tue ich das“ erwiderte Harm streng. „Ich hasse Dich“ sagte Jason und legte sich auf seinen Bauch. Harm verstand plötzlich warum sich Jason so gewehrt hatte. Sein Rücken war nicht nur grün und blau von Schlägen und vermutlich auch Tritten, er war auch übersäht mit unzähligen Striemen, als hätte ihn jemand mit etwas regelrecht ausgepeitscht. Er schluckte, sagte aber nichts und begann, die Verletzungen auf dem Rücken zu versorgen. Jason weinte in sein T-Shirt, das er als Kopfkissen nutzte. Harm war noch immer damit beschäftigt, sämtliche Wunden mit der Salbe zu bestreichen, mit einer Hand dauerte es eben etwas länger. Als er fertig war, nahm er ein frisches T-Shirt, das er zuvor schon bereitgelegt hatte und hielt es Jason hin, nachdem er ihn aufgefordert hatte, sich wieder aufzusetzen. Jason sah ihn nicht an, er nahm das T-Shirt und zog es wortlos über. „Es tut mir leid, dass du wegen mir so viel durchmachen musstest“ entschuldigte sich Harm, der sich zumindest eine Teilschuld an der ganzen Geschichte gab. Er hätte ihn am Donnerstag nicht allein lassen dürfen. Jason schwieg weiter, er wollte nur alleine sein und in Ruhe gelassen werden. Harm holte noch ein Glas Wasser und gab Jason ein Schmerzmittel. Jason nahm alles entgegen und schluckte die Tablette, aber auch dabei sah er Harm nicht eine Sekunde an. Harm fühlte sich hilflos, es gab nichts, was er tun konnte, um es Jason einfacher zu machen. Er musste ihm einfach Zeit lassen. Jason saß auf der Couch, das Schmerzmittel schien schnell zu wirken und er hatte Probleme seine Augen offen zu halten, aber dafür war ihm alles egal. Harm nahm ihn in den Arm und brachte ihn in sein Schlafzimmer, wo er zuvor schon sein Bett vorbereitet hatte und half ihm, sich hinzulegen. Jason drehte sich sofort auf die Seite und rollte sich zusammen. Harm deckte ihn wortlos zu und ging dann ins Wohnzimmer, wo er versuchte, seine Couch mit einer Hand auszuziehen und in ein Bett zu verwandeln. Seine Schulter schmerzte mittlerweile höllisch und er gab es schließlich auf und legte sich so auf die Couch, der Gedanke an Essen war mittlerweile vergessen.

Harm wurde vom Klingeln seines Telefons wieder aufgeweckt. Mühsam drehte er sich um und griff nach dem Hörer, der auf dem Tisch lag. „Rabb“ meldete er sich. „Ich habe gehört, Sie haben das Krankenhaus gegen ärztlichen Rat hin verlassen und Jason mitgenommen“ sagte AJ nicht gerade begeistert. „Jason hatte jegliche Behandlung im Krankenhaus abgelehnt, ich dachte, in einer anderen Umgebung ist er vielleicht zugänglicher“ versuchte Harm verschlafen zu erklären. „Und? Haben Sie recht?“ wollte AJ wissen. „Ich denke schon“ sagte Harm, der AJ nicht beunruhigen wollte und ihm auch nicht sagen wollte, was vorhin vorgefallen war. „Wenn Sie bei irgendwas Hilfe benötigen, sagen Sie es“ meinte AJ. „Mach ich, Sir.“ „Dann schlafen Sie mal weiter, Rabb“ sagte AJ und legte auf. Harm legte den Hörer beiseite und wollte sich gerade wieder zurechtlegen, als er vom Schlafzimmer Geräusche hörte. Harm schloss für einen Moment die Augen und rieb sich mit der linken Hand über das Gesicht, ehe er aufstand und ins Schlafzimmer ging. Jason wälzte sich unruhig im Bett hin und her. Harm blieb einen Moment stehen und beobachtete ihn. Sollte er ihn wecken? Jason fing an immer wieder das gleiche Wort zu flüstern im Schlaf, ‚nein’. Harm ging hinüber und setzte sich auf die Bettkante. Wie er es zuvor im Krankenhaus bei David beobachtet hatte, begann Harm, Jason durch die Haare zu streichen. Jasons Gegenwehr gegen die Person in seinem Alptraum wurde stärker. Harm murmelte ein paar beruhigende Worte. Jason fing langsam an sich zu beruhigen. Er drehte sich langsam auf die Seite und sah Harm an. Der sagte kein Wort, hielt aber seinem Blick stand. „Es tut mir leid, Harm, was ich vorhin gesagt habe, ich ...“ flüsterte Jason. „Ist schon gut, schon vergessen“ sagte er. „Ich glaube, es wäre besser, wenn du mich zurück ins Krankenhaus bringst“ meinte Jason leise und sah verlegen auf die Matratze. „Warum?“ fragte Harm. „Wir kommen doch zurecht.“ Jason nickte und sah Harm wieder an. „Schlaf jetzt erst mal weiter“ sagte Harm zu ihm. „Und nachher gibt es was zu essen.“ Jason schloss wieder die Augen und schlief ein. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, stand Harm auf und ging zurück ins Wohnzimmer. Er nahm jetzt selbst eine Tablette und legte sich wieder auf die Couch.

Zwei Stunden später wachte er wieder auf und ging dann in die Küche und setzte Wasser für Reis im Kochbeutel auf. Er holte eine fertige Soße hervor, die er zum erhitzen in die Mikrowelle stellte. Alles mit der linken Hand zu machen, war ungewohnt, und so ließ er einen Teller fallen. „Verdammt“ knurrte er, ging in die Hocke und begann, die Scherben aufzusammeln. Er war gerade fertig, als das Klingeln der Mikrowelle zeigte, dass die Soße heiß war. Er schüttete sie in eine Schüssel und holte dann den Reis aus dem Topf, den er dann auch in eine Schüssel gab. Er nahm erst die Schüssel mit der Soße, dann nacheinander die Schüssel mit dem Reis, Besteck und Teller und brachte alles ins Esszimmer, bevor er ins Schlafzimmer ging um Jason zu wecken. „Jason?“ Er strich ihm über die Schulter. „Lass uns was essen.“ Jason öffnete die Augen und sah Harm an. „ich hab keinen Hunger“ kam leise von ihm. „Komm schon, du musst was essen. Bitte“ fügte er noch hinzu. „Warum? Hat doch keinen Sinn“ meinte Jason und drehte Harm den Rücken zu. „Was soll denn der Spruch?“ fragte Harm ihn. Jason flüsterte etwas in sein Kissen, was Harm nicht verstand. „Jason, nun komm, es wird sonst kalt“ versuchte er ihn noch mal zu animieren. „Wenn ich was esse, lässt du mich dann in Ruhe?“ fragte Jason. „Definiere das bitte näher, in Ruhe lassen.“ „Keine weiteren Fragen“ erklärte Jason und sah Harm diesmal an. Harm wusste, dass er aus Jason eh nichts herausbekommen würde, wenn er ihn fragte, er musste schon von selbst reden, also willigte er ein. „Einverstanden, ich frage nicht mehr.“ „Prima“ sagte Jason und stand auf, er war noch was wacklig auf den Beinen, folgte aber Harm zum Tisch. Jason nahm sich eine kleine Portion von dem Reis und wenig Soße. Harm tat das gleiche, aber man merkte, dass er neben sich stand, und das eine oder andere landete auf dem Boden, zwei Stunden Schlaf waren wohl doch zu wenig. Jason verzichtete auf jegliche Kommentare dazu, zum einen weil er viel zu müde war und zum anderen wollte er Harm nicht auf die Idee bringen, sich mit ihm zu unterhalten. Erst aß Jason noch von dem Reis, stocherte dann aber mehr in dem Rest rum, als davon zu essen. Harm sah ihn kurz an. Er durfte ihn jetzt nicht bedrängen, schließlich hatte er versprochen, keine weiteren Fragen zu stellen. Trotzdem würde er irgendwie an ihn herankommen müssen. Aber nicht mehr heute, dachte er und schloß kurz die Augen, bevor er seinen Teller von sich schob. Einen Moment später stand er auf, räumte das Geschirr zusammen und brachte es in die Küche. Jason nahm die beiden Schüssel und folgte Harm in die Küche. Harms Teller klapperten ein wenig, als er sie vorsichtig mit einer Hand in die Spüle stellte. Jason stellte die Schüsseln ab und holte noch die Gläser und die Wasserflasche in die Küche. Als Jason in die Küche kam hielt sich Harm gerade krampfhaft am Tischrand fest, er war blass und schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. Er drehte sich weg, so dass Jason ihn nicht ansehen konnte. Jason stellte alles schnell ab. „Harm?“ fragte er, hielt aber Abstand. Der antwortete ihm nicht, versuchte aber wieder, sich gerade hinzustellen. Jason ging langsam näher an Harm ran, er konnte sehen, dass Harm bleich war und anscheinend Schmerzen hatte. „Du solltest dich lieber hinlegen“ meinte Jason vorsichtig. „OK“ willigte er ohne Protest ein und ließ sich von Jason zur Couch bringen. Jason half ihm sich hinzusetzen und ließ sich dann selbst erschöpft auf die Couch fallen. „Entschuldige“ murmelte Harm und fing dann an zu zittern, obwohl er sich heiß anfühlte. Jason machte sich jetzt seinerseits Vorwürfe, Harm dazu gebracht zu haben, ihn aus dem Krankenhaus zu bringen. Er legte eine Hand auf Harms Stirn und musste feststellen, dass dieser Fieber hatte. „Ich bring dich jetzt ins Bett, und ... du brauchst dich für nichts zu entschuldigen, höchstens ich müsste...“ „Du musst gar nichts“ sagte Harm mit leiser Stimme, „und das Bett gehört dir, du brauchst es nötiger.“ Jason packte Harm am Arm und zog ihn hoch, so gut er konnte. „Dein Bett, also beweg Dich“ sagte Jason fest entschlossen. Harm wollte nicht, aber er hatte keine andere Wahl, Widerstand würde Kraft kosten, die ihm gerade fehlte. Er ließ sich von ihm ins Schlafzimmer bringen und sank auf das Bett. Jason half ihm sich hinlegen, das kostete ihn zwar fast seine letzten Kraftreserven, aber das war ihm egal. Harm wickelte sich in die Decke, die ihm Jason hinhielt und drehte sich auf die linke Seite.

Als Harm eingeschlafen war, ging Jason ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf die Couch. Er betrachtete die Verletzungen an seinen Unterarmen und schob das T- Shirt ein Stück hoch. Er strich mit den Finger über die Wunden, bei dem Gedanken wie die entstanden waren, lief es ihm eiskalt den Rücken runter.

Derweil schlief Harm unruhig, er drehte sich mehrmals und landete irgendwann auf seiner rechten Schulter. Er stöhnte und richtete sich wieder auf. Eigentlich hatte er höchstens Jason erwartet, der davon alarmiert zu ihm kommen würden und wunderte sich daher, dass Nic neben seinem Bett auftauchte. Er rieb sich über die Augen und glaubte zu träumen. „Hey, wie fühlst du dich?“ fragte Nic ihm und legte ihre Hand kurz auf seine Stirn. „Wo kommst du her?“ fragte er mit heiserer Stimme, als er merkte, dass sein Traum nicht verschwand. „Jason hat mich angerufen“ erklärte sie und setzte sich auf die Bettkante, „oder dachtest du ich wäre ein Traum?“ Harm versuchte zu grinsen und rieb sich noch mal über die Augen. „Ich glaube schon.“ „Also du träumst von mir“ sagte Nic geschmeichelt und half Harm sich wieder flach hinzulegen. „Ich erzähl doch meine Träume nicht jedem“ scherzte er, versuchte aber dann wieder aufzustehen. „Was ist mit Jason?“ „Ham“ sagte Jamie freudig, der die zwei Stufen zu Harms Schlafbereich hochkletterte und aufs Bett zulief. „Der liegt auf der Couch und schläft“ sagte Nic und hob Jamie hoch auf ihren Schoss. „Und du bleibst auch liegen.“ Harm fragte sich langsam, wie lange er wohl geschlafen hatte. „Ist Jenn auch hier?“ fragte er vorsichtig nach. „Nein“ antwortete Nic. „Nur wir zwei.“ „Oh“ meinte Harm, der gehofft hatte, dass Jenn wieder eingelenkt hätte. „Was hat Jason gesagt, als er Dich angerufen hat?“ wollte er noch wissen. „Nicht viel, er hat nur gefragt, ob ich rüber kommen könnte“ sagte Nic, „und du schläfst jetzt besser noch was.“ Harm merkte, dass seine Augen wieder schwerer wurden und willigte ein. „Ja, Mama“ meinte er leicht grinsend bevor er sich wieder auf die Seite legte und in die Decke wickelte. Nic schüttelte mit dem Kopf und ging dann mit Jamie zurück ins Wohnzimmer. Jason lag friedlich schlafend auf der Couch, die Nic für ihn zum Bett umgebaut hatte. „Also Jamie, dann passen wir mal auf die beiden Kinder auf“ sagte sie zu Jamie, der daraufhin kicherte. Sie setzte sich mit Jamie auf den Boden und spielte mit ihm, immer ein Auge auf Jason und ein Ohr Richtung Schlafzimmer, wo Harm schlief. Aber die nächsten zwei Stunden war von ihm nichts zu hören, er schlief tief und fest. Nic bereitete in der Küche etwas zu essen vor, dass man später auch gut aufgewärmt essen konnte. Sie machte etwas für Jamie fertig und setzte sich mit ihm an den Tisch. Jamie aß eigenständig mit einem Löffel, während er auf Nics Schoss saß, da Harm keinen Kinderstuhl hatte. Als Jamie satt war, hatte er mal wieder mehr Essen im Gesicht als im Magen. Nic nahm ihn hoch und brachte ihn ins Bad, wo sie versuchte, so leise wie möglich Jamie wieder sauber zu bekommen. „Na, wo leg ich dich denn jetzt noch hin, Jamie“ meinte Nic leise, als sie mit dem mittlerweile müden Jamie aus dem Bad kam. Nic suchte sich zusammen, was sie noch an Kissen und Decken fand und baute Jamie daraus ein Bett auf dem Boden. Als Jamie versorgt war, klopfte es an der Tür. Nic öffnete schnell, damit keiner wach wurde. Admiral Chegwidden sah sie etwas überrascht an. „Hy, kommen Sie doch rein“ bat Nic leise. „Hallo, und wie geht es den beiden?“ fragte AJ flüsternd. „Ich habe sämtliche Kinder so weit versorgt und im Bett“ scherzte Nic. „Verstehe, die Sturköpfe lassen sich wohl nicht so leicht bändigen wie Jamie“ meinte AJ mit einem Grinsen. Er betrachtete Jason, der still auf der Couch lag und schlief, bevor er ins Schlafzimmer ging, um einen Blick auf Harm zu werfen. Er legte seine Hand vorsichtig auf Harms Stirn, um zu sehen ob er Fieber hatte, da er recht blass war. In dem Moment erwachte Harm und sah erstaunt den Admiral an. „Sir?“ murmelte er. Der Admiral nahm seine Hand wieder weg. „Wie fühlen Sie sich, Harm?“ fragte AJ. „Müde“ meinte dieser nur. AJ sah Harm besorgt an, er legte seinen Hut auf den Nachttisch. „Ich will mir Ihre Schulter mal ansehen.“ Harm hatte keine Kraft sich zu wehren und fügte sich. Nic tauchte hinter AJ auf, als dieser sich auf die Bettkante setzte und Harm vorsichtig half, das T-Shirt auszuziehen. „Kann ich helfen?“ fragte sie. „Geh mal nachsehen, ob du eine Verbandsschere findest“ bat er Nic. Nic ging ins Bad und kam schnell mit einer Schere wieder. AJ nahm die Schere entgegen und schnitt vorsichtig den Verband an Harms Schulter auf. Er entfernte die Kompresse sanft. Harm bekam kaum mit, was um ihn herum geschah, er schlief halb, obwohl er aufgerichtet war. Der Admiral legte Harm flach aufs Bett. Er war mit dem Zustand der Wunde nicht zufrieden. „Er hätte im Krankenhaus bleiben sollen“ sagte AJ zu Nic. Jason, der unbemerkt von den Dreien im Durchgang stand, hatte das gehört, er senkte den Kopf und schlich zurück zur Couch, wo er sich wieder hinlegte. „Und was machen wir jetzt?“ fragte Nic. „Mich schlafen lassen“ murmelte Harm, der wieder aufgewacht war. „Sie sollten ins Krankenhaus zurück, Harm“ sagte AJ. „Nein, ich kann nicht, ich...“ meinte er, wollte aber nicht sagen, dass er es Jason versprochen hatte. „Warum nicht?“ wollte AJ wissen. „Es geht einfach nicht“ sagte er und drehte sich dann wieder um, um einer weiteren Antwort zu entgehen. „Commander, das ist keine Bitte“ sagte AJ im Befehlston. Harm konnte nicht anders, bei dem Ton musste er einfach reagieren, er drehte sich wieder nach vorn und versuchte sich aufzurichten. Nic hatte inzwischen alles zusammengesucht, was AJ brauchte um die Schulter neu zu verarzten. „OK, das wird jetzt weh tun, Commander“ warnte AJ ihn und desinfizierte die Wunde erstmal. Harm zog hörbar Luft ein, sagte aber nichts. AJ legte eine Mullkompresse auf die Wunde und sagte Harm, er solle sie festhalten, dann fing er an die Schulter zu bandagieren, wobei er nicht gerade zimperlich vorging. Harm biss die Zähne zusammen, als der Admiral den Verband mit einem Pflaster befestigte. Als AJ mit der Schulter fertig war, nahm er eine von den stärkeren Mullbinden in die Hand. „Was soll das werden?“ fragte Harm nichts Gutes ahnend nach. „Wenn Sie schon nicht ins Krankenhaus wollen, werde ich dafür sorgen, dass Sie ihre Schulter trotzdem schonen werden, Commander“ sagte AJ in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Bitte nicht“ versuchte Harm dem noch zu entkommen. „Ich kann Sie auch ins Krankenhaus bringen“ bot AJ an. Harm schloss verzweifelt die Augen, eine Alternative hörte sich schlimmer als die andere an. AJ fixierte Harms rechten Arm angewinkelt an seinem Körper und ließ ihm keine Bewegungsmöglichkeit mehr mit diesem. „Und jetzt wird was gegessen“ sagte AJ, „und das gilt auch für dich, Jason“ fügte er etwas lauter hinzu, als er aufstand und Harm hoch half. Harm fragte sich, wie viel Jason wohl von den letzten Minuten mitbekommen hatte. Nic ging in die Küche und machte für Harm und Jason je einen Teller mit dem Auflauf fertig, den sie gemacht hatte. Jason saß auf der Couch, er sah Harm und AJ nicht an, die auch aus dem Schlafzimmer kamen. Nic stellte die beiden Teller und für jeden noch ein Glas Saft auf den Tisch. Harms Essen hatte sie klein geschnitten. Jason setzte sich an den Tisch und aß wortlos seine Portion. Folgsam griff Harm zu der Gabel und aß ein paar Happen, schaute dabei aber wieder zu Jason. Er merkte, wie Jason seinem Blick auswich und wusste was das bedeutete, nämlich, dass Jason sich jetzt wieder mehr in sich selbst verstecken würde. „Möchtest du noch was, Jason?“ fragte Nic, als Jason seinen Teller leer hatte. Jason schüttelte nur mit dem Kopf und machte einen müden Eindruck. Harm war mittlerweile auch fertig und legte die Gabel beiseite. „Was ist mit dir, Harm, Nachschlag?“ wollte Nic wissen. „Nein, danke“ antwortete er. Nic räumte den Tisch wieder ab. „Können wir euch noch etwas gutes tun?“ fragte AJ. „Ich denke nicht, aber danke für Ihre Hilfe, Sir.“ „Nein, danke“ sagte Jason leise und ging wieder zur Couch rüber, wo er sich wieder hinlegte. „Gut, ich will noch deine Wunden versorgen, Jason“ meinte AJ. „Das ist nicht nötig, das hat Harm schon gemacht“ wehrte Jason ab. AJ sah Harm fragend an. „Ja, das ist schon in Ordnung“ sprang Harm Jason bei. „Ich schaff das später dann auch noch mal.“ AJ sah Harm zweifelnd an. „Und dann liegen Sie wieder flach, Commander“ gab er zu Bedenken merkte aber, dass Harm ihm nicht alles sagen wollte und ließ es dabei bewenden. „Na gut, aber wenn noch was ist....“ „...werde ich mich melden“ vervollständigte Harm den Satz. „Dann gute Nacht“ verabschiedete AJ, er holte noch seinen Hut und verließ dann das Apartment. „Ich muss jetzt auch langsam, Jungs“ verkündete Nic und fing an, Jamies Sachen einzusammeln. „Schade“ meinte Harm bedauernd. „Du kannst ja von mir träumen“ meinte Nic lächelnd. „Das hältst du mir jetzt wohl öfter vor, wie?“ grinste er zurück. „Ich halte dir nichts vor“ sagte sie und stellte die gepackte Tasche ab. „Gute Nacht“ verabschiedete sich Harm von ihr. „Ich bring Dich lieber noch ins Bett“ meinte Nic und nahm Harm an der Hand. „Ich hab schon genug gelegen, lass mich einen Moment hier“ bat Harm. „Bist du sicher?“ fragte sie besorgt nach. „Ja, bin ich“ versicherte er ihr noch mal. Er fühlte sich nach dem Essen wieder etwas besser. „Na gut, ich habe euch noch was zu essen vorbereitet, einfach aufwärmen und fertig“ erklärte sie. „Schlaft gut.“ Nic nahm Jamie hoch auf den Arm, der dabei nicht mal wach wurde und schulterte die Tasche. Jason lag auf der Couch mit geschlossenen Augen. „Danke, dass du gekommen bist“ sagte Harm noch. „Ruf einfach an, vielleicht komme ich auch so noch mal vorbei“ meinte Nic, sie gab Harm zum Abschied einen Kuss auf die Wange und ging. Harm schaute ihr überrascht hinterher. „Ein netter Abschied“ dachte er bei sich. Dann nahm er ein Buch aus dem Regal und setzte sich damit in den Sessel. Es fiel ihm schwer, das Buch richtig zu halten, aber es ging. Jason öffnete die Augen wieder und beobachtete Harm. Harm bemerkte Jasons Blick aus dem Augenwinkel, aber als er dann zu ihm hinüber sah, schloss Jason wieder die Augen. Harm blickte wieder in sein Buch, er wollte nicht den ersten Schritt tun. Ein paar Mal noch bemerkte Harm, wie Jason zu ihm hinüberschaute, bis dieser dann eingeschlafen zu sein schien. Harm legte sein Buch beiseite und ging zurück ins Schlafzimmer und schlief dann auch schnell ein.

Der Rest der Nacht verlief friedlich, erst gegen 0800 erwachte Harm. Wirklich gut geschlafen hatte er nicht, der Arm auf der Brust störte und die Schulter schmerzte noch immer. Harm stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo Jason noch immer zu schlafen schien. Gerade als Harm überlegte, den Auflauf einfach aufzuwärmen anstatt Frühstück zu machen, klopfte es an der Tür. Er öffnete sie und Nic stand mit Jamie auf dem Arm vor der Tür und lächelte ihn an. „Darf ich rein kommen?“ „Hey, Ihr zwei! Natürlich, immer doch!“ freute sich Harm und trat beiseite. „Wie geht es euch beiden heute?“ fragte sie Harm, nach einem kurzen Blick auf den anscheinend schlafenden Jason. „Ich bin völlig verspannt, war etwas unbequem heute Nacht. Was Jason betrifft, weiß ich es nicht, er war noch nicht wach.“ „Na, das ändern wir mal“ meinte Nic und weckte Jason sanft. „Morgen, nimmst du mal deinen Sohn?“ fragte sie, als er die Augen öffnete. Jason nickte und Nic legte Jamie vorsichtig auf dessen Bauch. Der Kleine kuschelte sich glücklich an seinen Vater, der seine Arme um seinen Sohn legte und die Augen zufrieden wieder schloss, genau wie Jamie. „Sehr erfolgreiche Weckaktion, jetzt schlafen beide“ meinte Harm grinsend. „Habt ihr schon gefrühstückt?“ fragte Nic, ohne auf Harm einzugehen. „Nein, ich hatte gerade noch über den Rest deines Auflaufs von gestern nachgedacht“ antwortete Harm. „Ah ja, der war aber eigentlich für heute Mittag gedacht“ sagte Nic und ging in die Küche. „Ist ja schon gut, ich hab ihn ja noch gar nicht angerührt. Aber irgendwie ist das etwas schwer nur mit einem Arm“ meinte Harm und beschwerte sich über seinen Verband. Nic nahm einen Teller aus dem Schrank und was sie sonst noch brauchte, um ein paar Brote zu schmieren. „Darum bin ich ja jetzt hier“ sagte sie lächelnd und fing mit dem ersten Brot an. Harm erwiderte ihr Lächeln. „Danke, Nic.“ „Nicht zu danken, ich handle im Auftrag“ sagte sie grinsend. „In wessen Auftrag?“ „Der Admiral hat mich gebeten, nach euch zusehen, außerdem soll ich dir helfen und den Verband abmachen, damit du dich waschen kannst“ sagte sie und fügte mit einem Lächeln hinzu, „Wenn du eine Badewanne hättest, wäre es allerdings einfacher.“ Sie brachte den Teller zusammen mit einem Glas Saft für Jason ins Wohnzimmer. „Ehm, ich weiß nicht recht...“ meinte Harm leicht verlegen. „Also Jamie hat sich heute früh nicht beschwert“ grinste Nic schelmisch, als sie zurück in die Küche kam, um für Harm Frühstück zu machen. Harm konnte nicht verhindern, dass er rot wurde. „Jamie geht ja auch noch nicht allein baden“ spielte er es herunter. „Was ist mit frühstücken, kannst du das schon alleine?“ lenkte Nic ein wenig ab, als sie merkte, dass Harm das Thema etwas unangenehm war. „Wenn du es mir mundgerecht servierst“ grinste er, dankbar für die Ablenkung. Sie brachte einen Teller mit zwei belegten Scheiben Brot zum Esstisch und holte dann noch zwei Gläser Saft. Er setzte sich an den Tisch und griff nach dem Glas. Nic saß ihm mit ihrem Glas gegenüber. „Das mit dem Baden war aber nicht dein Ernst?“ griff er das Thema wieder auf, als er in sein Käsebrot biss. Nic warf einen kurzen Blick zur Couch, wo Jason mit Jamie im Arm friedlich da lag und anscheinend schlief. „Geht ja nicht. Du hast ja keine Badewanne“ neckte sie Harm. „Puh, Glück gehabt!“ grinste er zurück. „Aber um deine Schulter werde ich mich trotzdem gleich noch kümmern und dich hinter den Ohren waschen“ grinste Nic übers ganze Gesicht. „Och, so groß sind meine Ohren nicht“ entgegnete Harm, sein Gesicht wurde langsam wieder rosarot. ‚Ist ja irgendwie süß, wenn er rot wird’ dachte sich Nic und nippte an ihrem Saft. Harm schaute sie an und gab dann vor, sehr mit seiner zweiten Scheibe Brot beschäftigt zu sein. „Soll ich dir noch eins machen?“ fragte Nic, als Harm fertig war mit seinem Brot. „Ähm, nein danke“ antwortete er. „OK, dann ist jetzt deine Schulter dran“ meinte Nic und räumte das Geschirr in die Küche. Sie suchte aus der Wickeltasche von Jamie das Verbandszeug raus, welches sie besorgt hatte und folgte Harm ins Schlafzimmer. „Dann setzt dich mal hin, damit ich dich von dem Verband befreien kann“ meinte sie und legte das Verbandszeug samt Schere aufs Bett. Nic fing an den Verband, der Harms Arm an seinen Oberkörper fixierte, vorsichtig abzuwickeln. Dann schnitt sie den anderen Verband auf und entfernte ihn sanft samt Mullkompresse. „Tat's weh?“ fragte sie. „Nein, überhaupt nicht“ log er. „Brauchst du Hilfe im Bad oder ...“ fing Nic an und klang diesmal selber etwas verlegen. „Ich... ich werde es schon allein schaffen“ meinte Harm und verließ eilig das Schlafzimmer.

Während Harm im Bad war, kümmerte sich Nic um das Geschirr und räumte die Küche auf. Als sie fertig war, ging sie zurück ins Schlafzimmer, wo Harm gerade aus dem Bad kam und noch mit seinem Handtuch nestelte. Nic suchte ihm wortlos ein paar frische Sachen aus dem Schrank, T-Shirt und Jogginghose fand sie noch auf Anhieb, aber bei der ersten Schublade erwischte sie nur dunkle Socken. „Zweite Schublade“ erklärte Harm, der sich denken konnte, was sie suchte. „Danke“ sagte Nic und versuchte dabei nicht rot zu werden. Als sie alles zusammen hatte legte sie die Sachen aufs Bett und sah Harm fragend und leicht verlegen an. „Danke, Nic, ich komm jetzt schon allein klar“ meinte er. „Ich dreh mich um“ sagte Nic gleichzeitig und drehte sich um. Er griff zuerst nach den Shorts und versuchte sie zuerst umständlich mit einer Hand anzuziehen, nahm aber dann doch die rechte Hand mit dazu, da die Schulter im Moment ja ohne Verband war. „Geht es mit einer Hand?“ fragte Nic, ohne sich umzudrehen. „Bis zur Hose schon“ sagte er und zog sie gerade hoch. „Kann ich?“ „Ja, bin bereit für die Folter an meiner Schulter.“ Nic war bei der Versorgung von Harms Schulter viel sanfter, als der Admiral und Harm hatte kaum Schmerzen dabei. Sie wickelte den Verband vorsichtig um Harms Schulter. „Ist das gut so, oder zu fest?“ fragte sie, als sie das Verbandsende befestigte, dabei war ihr Kopf nur ein paar Zentimeter von Harms entfernt. Harm schluckte ein wenig. „N-nein, ist in Ordnung so.“ Auch Nic nahm die festere Mullbinde zur Hand und winkelte Harms rechten Arm an seinen Körper, um ihn dort zu fixieren. Diesmal ließ Harm es ohne Protest geschehen. „Ist das so angenehm, oder zu fest?“ fragte sie sanft und war wieder nur wenige Zentimeter mit ihrem Gesicht von Harms entfernt. Sie sah ihm tief in seine blauen Augen. Harm erwiderte den Blick. „Es ist gut so“ meinte er dann. Nic kam Harm langsam näher und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Zuerst war Harm viel zu überrascht, aber dann erwiderte er den Kuss. Sie löste sich plötzlich von Harm. „Ich geh jetzt besser“ meinte sie verlegen und wollte gehen. „Warte“ rief er leise hinter ihr her. Nic blieb stehen und drehte sich langsam um. „Ich... es tut mir leid“ stotterte sie verlegen. Harm stand auf, ging auf sie zu und streichelte ihr zärtlich mit der linken Hand über die Wange. „Es muss dir nicht leid tun“ sagte er, beugte sich langsam zu ihr runter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Nun war sie an der Reihe, überrascht zu sein, aber ebenso wie zuvor Harm reagierte sie auf seinen Kuss, sie vertiefte den Kuss und legte vorsichtig ihre Arme um ihn. „Wir sollten das nicht tun“ meinte Nic, als sie den Kuss löste und strich ihm liebevoll über die Wange. Er sah ihr tief in die Augen. „Nein, das sollten wir nicht“ sagte er leise, nahm aber dann ihre Hand und küsste zärtlich die Fingerspitzen. Nic lächelte ihn an und strich ihm über den bandagierten Arm, als Jamie anfing zu weinen und die beiden sich widerwillig trennten. „Ich seh mal was Jamie hat“ meinte Nic und ging ins Wohnzimmer. Harm schaute ihr hinterher. ‚Was tust du da?’ - ‚Na, wonach sieht das wohl aus?’ kämpfte sein Gewissen in ihm und er setzte sich wieder auf das Bett.

Jamie saß weinend auf Jasons Bauch, der offensichtlich Schmerzen hatte und daher Jamie nicht beruhigen konnte. Nic nahm den Kleinen auf den Arm und strich ihm über den Rücken. „Was ist passiert?“ fragte sie besorgt. „Er hat sich zu schnell bewegt“ meinte Jason mit zusammen gebissenen Zähnen, „geht schon wieder.“ Als Harm Jason sprechen hörte, stand er wieder auf und ging ins Wohnzimmer. Jamie beruhigte sich wieder und drehte sich zu seinem Vater um. „Dad!“ „Jamie, dein Dad braucht Ruhe“ versuchte Nic ihn zu beruhigen. Harm ging nun auch auf Jamie zu und streichelte ihm übers Haar. „Ich denke, wir zwei lassen euch wieder alleine, damit ihr euch ausruhen könnt“ sagte Nic. „Kommst du wieder?“ fragte Harm nach. Sie nahm Jamies Windeltasche. „Morgen, außer ihr braucht mich früher, ruft einfach an“ sagte Nic. Harm brachte die beiden noch zur Tür. „Bis morgen dann“ verabschiedete er sich und gab ihr noch einen Kuss auf die Wange. „Bye“ verabschiedete sich Nic mit einem Lächeln und ging. Harm schaute ihr hinterher und schloss dann die Tür. Verlegen leckte er sich die plötzlich trocken gewordenen Lippen, bevor er sich wieder umdrehte und zur Couch zurückging. Jasons saß auf der Couch, aber sah Harm nicht an. „Jason?“ sprach Harm ihn an. „Darf ich duschen?“ fragte Jason ohne aufzusehen. „Ist zwar eigentlich keine gute Idee, aber in Ordnung, unter der Bedingung, dass ich mich danach um deine Verletzungen kümmern darf.“ „Ja“ sagte Jason nur und machte sich auf den Weg ins Bad. Harm holte die Wundsalbe, etwas Verbandmaterial und legte es zusammen mit ein paar Shorts im Schlafzimmer bereit. Jason ließ sich Zeit unter der Dusche, er drehte das Wasser ab und trocknete sich so gut es ging ab, er kam mit einem Handtuch um die Hüfte wieder ins Schlafzimmer. „Setz Dich“ forderte Harm ihn auf und versuchte, die Dose mit der Salbe zu öffnen. Es war Jason noch immer unangenehm, dass Harm ihn so sah, obwohl es, bis auf die leichten Schnitt und Schürfwunden an den Beinen, keine weiteren Verletzungen gab, die Harm nicht schon kannte. „Es ist einfacher für Dich, wenn ich liege“ meinte Jason und nahm ihm die Dose ab, um sie zu öffnen. Jason zog sich die Shorts über und legte sich auf den Bauch ins Bett. „Danke“ meinte Harm und begann, vorsichtig die Salbe aufzutragen. Jason hatte offensichtlich dabei Schmerzen, gab aber kein Ton von sich, nur seine Rückenmuskeln konnte er nicht kontrollieren, und Harm bemerkte das Zucken bei jeder Berührung. Jason drehte sein Gesicht von Harm weg und schloss die Augen. Harm sagte kein Wort, er bemühte sich, Jason so wenig wie möglich weh zu tun. Nachdem er fertig war gab er Jason noch ein T-Shirt. „Leg Dich jetzt erst mal hier hin, hier ist es bequemer als auf der Couch.“ „Danke“ sagte Jason leise und zog es an, er legte sich wieder hin und schloss die Augen. Harm ließ ihn allein und ging ins Wohnzimmer, um noch ein paar Seiten zu lesen.

Einen Moment später öffnete sich die Haustür und Webb kam rein, in der einen Hand hatte er eine Sporttasche und auf dem anderen Arm eine Tüte. „Sollten Sie nicht im Bett liegen?“ fragte Webb und ging in die Küche, auf den Weg dorthin stellte er die Tasche ab. „Jetzt fangen Sie nicht auch noch an“ brummte Harm. Webb fing an die Lebensmittel aus der Papiertüte wegzupacken, als wäre es selbstverständlich. Harm hatte schon lange aufgehört sich zu wundern, warum Webb sich in seiner Wohnung so gut auskannte. „Wie geht es ihm?“ fragte Webb und meinte Jason. „Es ging ihm schon besser.“ Webb kam zurück ins Wohnzimmer zu Harm und legte Autoschlüssel auf den Tisch. „Ihr Wagen steht unten.“ Harm schaute ihn verwundert an. „Danke.“ „Wir haben das Versteck gefunden und auseinander genommen, wo.... Sie wissen schon...“ fing Webb an. „Sämtliche Fotos und Negative, die wir von MacKay gefunden haben sind hier drin.“ Mit diesen Worten gab Webb Harm einen dicken Umschlag, den er aus seinem Mantel gezogen hatte. Harm schaute ihn ernst an und nahm dann den Umschlag entgegen. Er schaute nicht hinein, sondern legte ihn in ein Regal, in dem diverse Videokassetten und Bücher standen. „Hat er irgendwas gesagt?“ wollte Webb wissen. „Er redet nicht darüber.“ „Das ist nicht gut“ meinte Webb. „Ich weiß, aber ich habe ihm versprochen, ihn nicht mehr danach zu fragen“ erklärte Harm. „Wir haben die beiden verhört, die ihn in ihrer Gewalt hatten, aber sie nennen nicht den Namen ihres Auftraggebers. Sie passen allerdings nicht in das Schema der sonstigen Mitarbeiter von Stevens Vater“ sagte Webb. „Und was denkt Ihr sonst, wer dahinter steckt?“ „Wir haben keine Ahnung, wäre schon hilfreich, wenn er sagen würde, was passiert ist“ sagte Webb. „Was passiert ist, ist doch wohl eindeutig!“ „Aber nicht, ob er weiß, wer dahinter steckt“ sagte Webb und klang plötzlich leicht gereizt. „Und deswegen können Sie Ihn jetzt nicht in Ruhe lassen“ gab Harm zurück. „Rabb, irgend jemand sägt an meinem Stuhl, und das gefällt mir nicht“ konterte Webb. Harm sah ihn überrascht an. Selten hatte er Webb so offen erlebt. „Was ist passiert?“ „MacKay und Stevens sollten diese Übergabe nicht überleben und Sie sollten dann vermutlich bestätigen, dass ich es verbockt habe.“ „Das bedeutet, wir haben irgendjemand die Tour vermasselt. Von wem haben Sie diese Vermutungen?“ „Wir haben unsere Mittel und Wege, jemanden zum sprechen zu bringen“ war alles was Webb dazu sagte. „Als ich Sie gebeten hatte, mir und Stevens nicht zum Treffpunkt zu folgen, sah wahrscheinlich jemand seine Felle davonschwimmen. Wer hatte Sie aufgefordert, mir nachzukommen?“ „Niemand, Rabb“ antwortete Webb. „Fällt Ihnen jemand ein, der Ihnen Schaden zufügen will?“ „Die Liste bin ich schon durch, der einzige, der jetzt noch was wissen könnte ist MacKay.“ „Von ihm ist im Moment kaum Mithilfe zu erwarten.“ Webb schien nicht sehr begeistert von der Aussage zu sein. „Ich schick Ihnen dann eine Postkarte von Gott weiß wo“ meinte Webb und wollte gehen. „Bleiben Sie, Webb.“ Webb drehte sich wieder zu Harm um. „Ich kann ihn fragen, aber ich weiß nicht, ob es was bringt.“ „Versuchen Sie es, Rabb“ sagte Webb und ging wieder zur Tür, „bitte“ ergänzte er noch, bevor er das Apartment verließ. Harm schaute ihm erstaunt hinterher. Entweder war Webb ein sehr guter Schauspieler oder er hatte wirklich Probleme. Harm nahm den Umschlag, den Webb ihm gebracht hatte und ging damit zu Jason. Dieser lag noch schlafend im Bett, aber schien wieder einen Alptraum zu haben. Harm weckte ihn vorsichtig auf. „Komm schon, das ist nur ein Traum“ versuchte er ihn zu beruhigen. „NEIN!“ Jason wachte schwer atmend auf und sah Harm an. „Beruhig Dich, es ist alles gut. Du bist nicht mehr dort.“ Jason drehte sein Gesicht weg, um Harm nicht ansehen zu müssen. „Jason, weich mir nicht ständig aus!“ Jason drehte sich wieder, aber sah Harm nicht in die Augen. „Jason, wir haben doch bisher über alles reden können, warum kannst du mir jetzt nicht mehr vertrauen?“ „Ich kann nicht, ich ...“ flüsterte Jason unsicher. „Warum nicht, hab ich mich als so schlechter Freund erwiesen?“ „Nein, es liegt an mir“ gab Jason zu. „Dann kannst du es doch auch ändern“ meinte Harm. „Du verstehst das nicht, Harm, sie hat mich regelrecht gequält“ platzte es aus Jason raus und Tränen liefen ihm die Wangen runter. Harm gab ihm ein Taschentuch. „Jason, was dir angetan wurde, ist doch nicht deine Schuld. Wenn ich die Leute jemals erwische, die dahinterstecken...“ Jason schloss die Augen, er wollte das alles nur vergessen. „Jason, es hilft nicht, es zu verdrängen, das macht es nur schlimmer.“ Jason sah ihm in die Augen und Harm konnte die Angst und den Terror sehen. „Ich will dir nur helfen“ versicherte Harm. „Wer ist sie?“ Jason senkte seinen Blick. „ich habe sie nicht gesehen, aber ihre Stimme werde ich nie vergessen und auch nicht....“ Harm hoffte, nun einen entscheidenden Punkt erreicht zu haben. „Schau mich an. Was wirst du noch nicht vergessen?“ Jason zog nur sein T-Shirt hoch und zeigte auf die Verletzungen. Er konnte es nicht aussprechen. „Ist schon gut. Gab es irgend jemanden, den du erkannt hast, oder den du beschreiben könntest?“ Jason schüttelte nur mit dem Kopf und schob sein Shirt wieder runter. „Wie viele waren es?“ „Ich glaub drei oder vier, aber ich bin mir nicht sicher.“ „Diese Frau, du hast gesagt, du wirst Ihre Stimme nicht wieder vergessen, gab es an ihr etwas besonderes, vielleicht einen Akzent oder einen Sprachfehler?“ „Nein, nichts dergleichen“ sagte Jason leise. „Aber sie wusste alles über mich.“ Harm sah ihn an und wagte kaum zu fragen. „Du meinst, auch über deine... Pflegefamilie?“ „Ja, sie hat gesagt, dass sie Erinnerungen wecken wolle, bevor sie... zuschlug“ sagte Jason mit leicht zittriger Stimme. Harm schloss kurz die Augen und atmete tief ein. Er wollte Jason nicht weiter quälen, aber gleichzeitig wollte er auch Webb helfen. Informationen wie diese waren nur wenigen zugänglich, und die CIA war eine der wenigen. „Ist vielleicht einmal ein Name gefallen?“ fragte er nach einer kurzen Pause. „Nein, jedenfalls nicht wenn ich bei Bewusstsein war.“ „Ist überhaupt gesprochen worden, irgendetwas, auch wenn es dir im Moment unwichtig erscheint?“ Jason atmete tief durch, „ich war die meiste Zeit mit ihr alleine.“ „Was hat sie gesagt, Jason?“ hakte Harm nach. „Sie hat mir nur ständig klar gemacht, dass ich Jamie nie wieder sehen würde und Jenn nie mehr in den Arm nehmen könnte, da ich am Ende sterben würde und ....“ erzählte Jason, er zitterte mittlerweile am ganzen Körper. Harm nahm ihn in den Arm. „Warum hat sie es getan? Warum gerade du?“ „Ich weiß es nicht“ flüsterte Jason und hielt sich an Harm fest. Der drückte ihn noch mehr an sich. „Es ist vorbei, Jason. Wir werden sie kriegen, und dann Gnade ihr Gott...“ Jason ließ Harm los und rutschte ein Stück weg, er zog die Beine an und klammerte sich an diese. „Sie hat gesagt, dass sie dafür sorgt... dass du zu siehst und...“ sagte Jason und starrte dabei auf seine Knie. „Warum wollte sie das? Warum sollte ich zusehen?“ „Das hat sie nicht gesagt, nur dass sie dafür sorgt, dass ihr es nie vergesst.“ „Wer, ihr? Es ging also nicht nur darum, dass ich es sehe?“ „Ich weiß nicht mehr, kann sein, aber mir tat alles weh und ich...“ sagte Jason weinend. Es tat Harm weh, weiter nachzufragen, aber er musste es tun, so weit würde er so schnell nicht wieder kommen, und wenn Jason sich jetzt wieder zurückziehen würde, würde es nur noch schlimmer für ihn werden. „Versuch Dich zu erinnern, Jason, es könnte uns helfen, sie zu finden.“ Jason versuchte es, aber die Erinnerungen taten weh, er schloss die Augen und zitterte. „Jason, sieh mich an“ forderte Harm ihn auf und blickte ihn aufmunternd an. Jason hob langsam den Kopf und sah Harm an. „Webb war vorhin hier, er hat dies für Dich da gelassen.“ Er zeigte auf den Umschlag. „Sie haben die beiden Typen vom Hafen verhört, und konnten sich in dem Versteck umsehen, in dem... In diesem Umschlag sind sämtliche Fotos und Negative, die dort... von dir gefunden wurden.“ Jason sah auf den Umschlag. „Webb glaubt, dass die Entführung nicht Stevens gegolten hat, sondern dass Stevens nur Mittel zum Zweck war“ erklärte er weiter. „Hast du...?“ fragte Jason und nahm den Umschlag in die Hände. „Nein, habe ich nicht, Jason.“ Jason nickte, er starrte nur auf den Umschlag. „Wer ist Clay?“ fragte er plötzlich. Harm machte den Mund auf und wieder zu, bevor er endlich fragen konnte. „Was sagt dir der Name, Jason?“ „Sie hat ihn glaube ich mal erwähnt, aber ich bin mir nicht sicher“ meinte Jason. Er überlegte noch immer was er mit dem Umschlag und vor allem den Inhalt machen sollte. „Ich bewahre ihn gern für Dich zusammen mit dem Video auf“ bot Harm an und zeigte auf den Umschlag. „Video?“ fragte Jason panisch. „Nein, ich habe mir auch das nicht angeschaut, Jason“ versicherte ihm Harm. „Was für ein Video“ wollte Jason wissen, er war kurz vorm hyperventilieren. „Beruhig Dich wieder, Jason, ich spreche von dem Video, dass du mir in Kalifornien anvertraut hast“ erklärte Harm. „Hast du etwas anderes erwartet?“ Jason beruhigte sich langsam wieder und nickte nur. „Was hast du erwartet?“ hakte Harm nach. „Ich weiß nicht, dass sie alles aufgenommen hat?“ „Hat sie das gesagt, oder hast du etwas gesehen, dass darauf hindeuten könnte?“ „Ich habe nichts gesehen, verdammt, ich hatte die ganze Zeit eine Augenbinde um“ brüllte Jason ihn an. „Ja, komm, lass es raus, brüll mich an“ forderte Harm ihn auf. „Du kannst mir alles sagen, du kannst mit mir meckern, egal was du tust, ich bin für Dich da.“ Jason schüttelte mit dem Kopf und senkte wieder seinen Blick. „Es wird nichts ändern“ flüsterte er. „Doch, das wird es. Dafür sind Freunde da.“ „Du verstehst das nicht, Harm. Die Frau ist krank, sie hätte mich auch einfach nur erschießen können, aber nein, sie machte mich fertig, und das nicht nur körperlich“ sagte Jason und sah Harm mit Tränen in den Augen an. „Ich verstehe es“ versicherte Harm. „Sie hätte Dich nicht erschossen, weil es dann keine Zuschauer gegeben hätte und sie nicht denen hätte schaden können, die sie wirklich treffen wollte.“ „Und warum? Für was?“ „Das genau will ich auch wissen“ sagte Harm. „Übrigens, der Name Clay... Webbs Vorname ist Clayton.“ „Und warum dann ich? Ich kenne ihn nicht mal wirklich und ich habe doch keinem was getan.“ „Es ging nicht um Dich persönlich. Es ist, wie du es gesagt hast, du warst zur falschen Zeit am falschen Ort.“ „Falscher Ort? Ich war in meinem Bett“ gab Jason zu bedenken. Harm dachte einen Moment nach. „Du bist aus deinem Bett entführt worden? Wie gesagt, der Fall Stevens war vermutlich nur ein Mittel zum Zweck, um an Webb zu kommen und ihm zu schaden, und du warst halt in dem Fall verwickelt und eine gute Methode, um an mich heranzukommen. Ich sollte bestätigen, dass Webb Fehler gemacht hätte.“ „Warum so viel Aufwand?“ „Weil man einen CIA-Agenten nicht einfach so schaden kann, es muss schon spektakulär sein.“ Jason nickte, er sah furchtbar aus, ganz blass und müde. „Schlaf jetzt erst einmal wieder. Ich bin hier, und wenn du was brauchst, ruf einfach.“ Jason legte sich hin und zog die Decke hoch. „Danke.“ „Gern geschehen.“ Harm wartete noch, bis Jason eingeschlafen war und verließ dann leise das Schlafzimmer.

Im Wohnzimmer setzte er sich auf die Couch und rief Webb an. „Webb“ meldete sich dieser. „Harm hier. Können Sie reden?“ „Ja, der Einzige, der Ihr Telefon abhört, bin ich“ meinte Webb. „Na, danke, ich hoffe, Sie wissen dann jetzt auch genau, welche Pizza ich bevorzuge.“ „Dafür brauche ich keine Wanze in Ihrem Telefon, Rabb.“ „Ach nein?“ ging Harm weiter auf das lockere Gespräch ein. „Nein, aber Sie rufen doch nicht an, um mit mir über Pizza zu reden.“ Harm wurde ernst. „Nein, tue ich nicht. Ich habe mit Jason gesprochen.“ Man merkte ihm an, dass ihm nicht wohl dabei war, darüber zu reden. „Hat das Gespräch etwas ergeben?“ fragte Webb hoffnungsvoll. „Ich bin mir nicht sicher, er kennt nicht die Namen der Entführer. Aber eines ist besonders wichtig, es war eine Frau, die ihn gequält und so zugerichtet hat“ begann Harm. „Und in einem Punkt hatten Sie noch Recht, sie wollte, dass ich zusehe, wie Jason...“ „Verstehe“ sagte Webb, „kann er sich an sonst was erinnern?“ „Er hat niemanden gesehen, er trug die ganze Zeit über eine Augenbinde. Meistens war es die Frau, die bei ihm war, aber er meint, es wären wohl insgesamt 3 oder 4 gewesen. Und die Frau wusste sehr gut über Jason Bescheid, Dinge, die sonst niemand kennt.“ „Hat der Lieutenant irgendwelche Feinde?“ wollte Webb wissen. „Nein, das denke ich nicht. Zumindest niemand, der dann will, dass ich zusehe“ sagte Harm. „Und da ist noch was“ fügte er noch hinzu. „Was?“ „Jason meint, dass die Frau einmal den Namen Clay erwähnt hat. Und Jason wusste bisher nicht Ihren Vornamen.“ „Sonst noch was?“ fragte Webb weiter, ohne darauf einzugehen. „Höchstens noch, dass er in seinem Bett war, als er entführt wurde“ antwortete Harm. „Was wollen Sie denn sonst noch hören?“ „Alles was wichtig sein könnte, Rabb.“ „Ich weiß nicht mehr, Clay. Und ich kann Jason jetzt nicht mehr befragen, das war schon hart genug.“ „Würde er jemanden wieder erkennen?“ fragte Webb nach. „Vom Sehen her sicher nicht, wie gesagt, er trug die ganze Zeit über eine Augenbinde. Aber die Stimme der Frau, ich denke, die würde er wieder erkennen.“ „Ich melde mich wieder“ sagte Webb und legte auf. Harm legte den Hörer beiseite und dachte darüber nach, ob er irgendetwas vergessen hätte.

Zur Entspannung schaltete er den Fernseher ein. Er hoffte, so wieder etwas Ruhe zu finden, er war aufgewühlt und machte sich Vorwürfe, dass er sein Versprechen an Jason gebrochen hatte und ihn wieder nach dem gefragt hatte, was passiert war. Unter seinem Verband juckte es, es nervte ihn. Er versuchte, die Schulter zu drehen, um das Jucken einzudämmen, aber dadurch schmerzte es wieder. Schließlich nahm er eine Schmerztablette und setzte sich auf die Couch. Dem Fernsehprogramm konnte er nicht richtig folgen. Er bemühte sich vergeblich, einen klaren Kopf zu behalten, aber die Medikamente begannen zu wirken. Er legte sich auf die Couch, seine Augenlider wurden immer schwerer und er schloss die Augen.

Einige Zeit später wachte Harm wieder auf, als ihm der Geruch von Pizza in die Nase stieg. Jason war dabei den Tisch zu decken, er sah schon wieder besser aus, aber immer noch blass. Harm rieb sich die Augen und setzte sich auf. Jason ging wieder in die Küche und sah nach der Pizza im Backofen. Harm stand auf und folgte ihm. „Hey“ sagte er verschlafen. „Ich hoffe du hast Hunger“ meinte Jason. Erst jetzt merkte Harm, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte und dass sein Magen mehr oder weniger laute Geräusche von sich gab. „Ja, habe ich.“ „Gut“ sagte Jason und holte eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. „Kann ich was helfen?“ „Nein, alles so weit fertig“ antwortete Jason und die Uhr am Backofen klingelte. Er holte die Pizza mit den Krabbenhandschuhen aus dem Backofen. „Die sind praktisch“ grinste Jason. „Das war wenigstens mal ein zweckmäßiges Geschenk“ meinte Harm schmunzelnd. Jason schnitt die Pizza und legte alles auf ein Tablett. „Wir können essen“ verkündete er und ging mit der Pizza zum Tisch. „Sieht gut aus“ meinte Harm nachdem sie sich hingesetzt hatten. Er nahm ein Stück und biss ab. Jason tat das Gleiche. „Und sie schmeckt auch ebenso gut. Danke, Jason“ meinte Harm und leckte sich die Finger ab. „Ich habe doch gesagt, dass ich kochen kann“ grinste Jason zum ersten Mal seit Tagen. „Stimmt, hast du gesagt. Schön, mal einen Beweis dafür zu sehen“ grinste Harm zurück. Er war froh, Jason endlich wieder etwas lockerer zu sehen. „Also du magst Nic?“ fragte Jason unschuldig. Harm wurde leicht rot. „Wie kommst du jetzt da drauf?“ fragte er verlegen. „Ich bin zwar verletzt, aber nicht blind, taub und blöd, Harm.“ Harm zögerte einen Augenblick und konnte Jason nicht ansehen. „Ja, ich mag sie“ sagte er dann. „Irgendwie haben die Turner-Damen wohl was für Squids übrig“ witzelte Jason. Harm grinste und schaute wieder hoch. „Na, wenigstens ist sie kein Marine, sondern aus meiner Branche.“ „Wie gut kannst du eigentlich boxen?“ fragte Jason. Harm riss die Augen auf. „Warum willst du das jetzt wissen?“ „Nur so“ meinte Jason und aß seine Pizza. „Sollte ich mir vielleicht Sorgen machen?“ fragte Harm als er sich ein weiteres Stück Pizza nahm. „Ich denke nicht.“ „Ist es dir nicht recht, wenn Nic und ich...“ „Ich denke nicht, dass ich da ein Wort mit zu reden hätte.“ „Das wohl nicht“ grinste Harm wurde aber wieder ernst. „Aber ich will auch niemanden verletzen.“ „Hey, keine Panik, ich habe einen Marine geheiratet und das haben auch alle überlebt“ meinte Jason grinsend. Harm aß seine Pizza weiter. „Sie ist wirklich was besonders“ meinte er dann. „Jep, und ich werde Jenn noch die Wahrheit sagen müssen“ meinte Jason plötzlich wieder ernst. „Das verdient sie auch, Jason, sie will dir auch nur helfen und sie liebt Dich.“ „Ich weiß, aber wie soll ich ihr DAS erklären?“ „Erzähl es ihr einfach, sie wird es verstehen“ sagte Harm. „Oder möchtest du, dass ich mit ihr rede?“ Jasons Stimmung sank wieder auf den Boden. „Das werde ich wohl selbst machen müssen.“ „Jason, nun lass den Kopf nicht hängen, du bist nicht allein. Und Jenn wird nicht aufhören, Dich zu lieben, egal, was du ihr erzählst.“ Jason nickte und kaute etwas lustlos auf seinem Stück Pizza rum. „Glaub mir, sie wird nicht anders über Dich denken.“ „Ich hoffs“ sagte Jason, „also du und Nic“ versuchte er das für ihn unangenehme Thema zu wechseln. „Ja?“ fragte Harm. „Meinst du nicht, dass du etwas zu alt bist?“ neckte Jason ihn. „Tja, wo die Liebe hinfällt“ meinte Harm ernst. „Verstehe, so langsam, wie du bist, wird das vor der Rente bei euch aber nichts mehr“ sagte Jason. „Hey, nicht immer solche Anspielungen!“ „Was denn? Weißt du eigentlich seit, wann sie in Dich verknallt ist?“ Harm hätte sich fast an seiner Pizza verschluckt. „Bitte?“ „Nichts“ sagte Jason und biss wieder in seine Pizza. Harm zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts mehr sondern aß still weiter. „Cool, ich hab's geschafft, er ist sprachlos“ neckte Jason ihn. Harm sah ihn strafend an. „Du bist gemein“ schmollte er. „Ooooh.“ „Ja“ meinte Harm, musste aber grinsen. „Ich denke mal, dann soll ich wohl schnellst möglich zu Frau und Kind, damit ihr zwei ungestört seit“ meinte Jason. „Jetzt mal im Ernst, du kannst so lange bleiben, wie du möchtest. Sieh zu, dass es dir erst mal wieder gut geht.“ „Ich denke, wenn ich mich nicht am Samstag von Nic mit Jamie zusammen zuhause absetzen lasse....“ „Das wird schon“ meinte Harm. „Jep. Eine Frage, Harm.“ „Und was möchtest du wissen?“ „Ist das nicht unbequem?“ fragte Jason und zeigte auf Harms rechten Arm, der noch immer an seinen Körper bandagiert war. „Ja, ist es, und das habe ich dem Admiral zu verdanken“ meinte Harm. „Ok, Nic hat heute früh den Verband gewechselt, aber sie ist von ihm beauftragt worden“ fügte er noch hinzu. Jason grinste übers ganze Gesicht. „Du hast gut Lachen, nicht mal schlafen kann man damit!“ Es klopfte an der Tür. Harm stand auf um die Tür zu öffnen. „N’abend, Commander, wie geht’s?“ begrüßte AJ ihn. „Ich denke, besser als gestern, ich hab mich gerade über Sie beklagt, Sir“ sagte er scherzend. „Also wieder arbeitstauglich“ meinte AJ. Jason lag fast vor Lachen unterm Tisch. „Im Moment noch nicht, das hier ist die reinste Folter, Sir“ meinte Harm und zeigte auf den angebundenen Arm. „Selber schuld, Rabb“ sagte AJ und ging zu Jason rüber, der noch immer wie blöd grinste. „Hallo“ meinte Jason lachend. „Dir geht’s wohl wieder besser“ stellte AJ fest. „Ja, Sir!“ „Was haben Sie dem Lieutenant gegeben, Rabb?“ fragte AJ leicht irritiert Harm. „Iiiich? So was würde ich nie tun, Sir!“ AJ schüttelte ungläubig mit dem Kopf. „Kinder, also wirklich.“ In dem Moment klopfte es schon wieder an der Tür. „Wohnst du auf einem Bahnhof?“ fragte Jason grinsend. Harm ging wieder um die Tür zu öffnen. Diesmal stand Webb vor der Tür. „Hallo, Webb, kommen Sie herein“ sagte Harm und trat beiseite. „Hallo“ sagte er nur und ging rein. Er sah etwas überrascht aus, als er AJ sah. „Ich glaube, ich komme später lieber noch mal vorbei.“ Jason saß noch immer grinsend auf seinem Stuhl und verdrückte den Rest von seinem dritten Stück Pizza. „Nein, bleiben Sie, Webb, es gibt nichts, was der Admiral nicht hören dürfte.“ „Wie Sie meinen“ sagte Webb und zog ein Tonbandgerät aus der Manteltasche. „Sagen Sie mir, ob Sie diese Stimme kennen, Lieutenant“ forderte Webb Jason auf. Harm schaute ihn ernst an und fragte sich, ob das das richtige Timing ist. Jason wurde plötzlich wieder ernst, er sah Harm fast vorwurfsvoll an. „Du hast es ihm gesagt?“ wollte er wissen. Der Admiral beobachtete das ganze skeptisch, aber sagte nichts. Harm schaute ihn fast entschuldigend an. „Ja, habe ich, und ich habe dir auch gesagt, dass wir sie kriegen werden, aber das geht nicht ohne Hilfe.“ „Kann ich?“ fragte Webb und hob das Gerät etwas höher. Jason hatte Angst, aber er nickte. Unauffällig rutschte Harm näher an Jason heran, er wollte für ihn da sein, wenn der ihn brauchte. Zuerst hörte man ein Rauschen auf dem Band und leise Gespräche im Hintergrund, dann hörte man eine deutliche Frauenstimme. „Kann ich Ihnen helfen, Sir?“ fragte sie. „Nein, ist schon gut“ sagte Webb auf dem Band und stoppte es dann. Jason schluckte, er war wieder kreidebleich im Gesicht und konnte nur nicken. „Das war's schon“ meinte Webb und packte das Gerät wieder weg. „Wer ist das, Webb?“ wollte Harm wissen. „Das braucht Sie nicht zu interessieren, Rabb. Ich kümmere mich darum“ sagte Webb nur. „Webb, ich will es wissen. Ich will wissen, wer Jason das angetan hat!“ sagte Harm fordernd. „Das geht nicht“ meinte Webb lapidar. „Es geht alles, wenn Sie nur wollen!“ „Vertrauen Sie mir, ich werde mich um die Person entsprechend kümmern“ versicherte Webb. Jason zog an Harms T-Shirt. „Jason?“ fragte Harm. „Keinen Namen, bitte“ bat Jason leise, er wollte nicht, dass die Stimme, die ihn gequält hatte, einen Namen bekam. Widerwillig gab Harm auf. „Okay, Webb. Wäre aber schön, wenn Sie mich auf dem Laufenden halten würden.“ „So weit es mir möglich ist“ sagte Webb und ging Richtung Tür. „Passen Sie auf sich auf“ meinte Harm plötzlich. Webb drehte sich noch mal kurz um und nickte, bevor er das Apartment wieder verließ. Jason stand auf und trottete ins Schlafzimmer, wo er sich wieder ins Bett legte. Das nahm AJ, als Zeichen jetzt besser zu gehen. „Kümmern Sie sich bitte um ihn, Harm“ bat er. „Ich werd’s versuchen, Sir“ erwiderte Harm und brachte ihn noch zur Tür. Der Admiral verabschiedete sich und ging.

Nachdem Harm die Tür geschlossen hatte ging er ins Schlafzimmer. „Jason?“ „Ja“ kam leise von Jason. Harm kam näher. „Bist du sauer auf mich?“ „Nein.“ „Ich wollte nur helfen“ entschuldigte er sich. „Auch Webb“ fügte er noch hinzu. „Ich weiß, es war heute nur ein wenig viel auf einmal.“ „Verstehe. Ich... ich lass Dich jetzt wieder allein.“ „Ich will aber nicht allein sein“ sagte Jason. Das Telefon klingelte, bevor Harm antworten konnte. Harm nahm den Hörer vom Nachttisch und meldete sich. "Rabb" "Hi, ich bin's, Marie" meldete sich Marie. "Hi Marie. Ist was mit David?" fragte er besorgt. "Nein, gestern war doch sein Arztbesuch und da du dich noch nicht gemeldet hattest, dachte ich mir, ich ruf mal an" meinte sie. "Gestern? Ähm, was für einen Tag haben wir denn heute, ich glaub mir fehlt da ein bisschen was..." "Dienstag, Harm, geht es dir nicht gut?" fragte Marie besorgt. "Doch, heute geht's wieder, aber die letzten Tage stand ich irgendwie neben mir." "Eigentlich wollte ich dich ja um einen Gefallen bitten, aber das ist wohl jetzt keine gute Idee" sagte Marie. "Nein, sag ruhig, ich bin zwar noch krankgeschrieben, aber mir geht es schon wieder besser." "Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht ein oder zwei Tage auf David aufpassen könntest." "Ich denke, das schaffe ich schon. Ist bei Euch was passiert?" erkundigte er sich. "Nein, in seinem Kindergarten werden Reparaturen vorgenommen, und die Kinder müssen zuhause bleiben" erklärte Marie, "aber wir müssen beide arbeiten." "Ach so. Ja, kein Problem, wann möchtest du ihn denn vorbeibringen? Ich hoffe, es macht nichts, dass ich im Moment noch Jason zu Besuch habe." "Morgen früh, aber wenn es zu viel ist, nehm ich ihn auch mit zur Arbeit" meinte Marie. "Nein, bring ihn ruhig vorbei, ich freu mich doch, ein bisschen Zeit mit ihm zu verbringen" sagte Harm. "Danke, also dann bis morgen" verabschiedete sich Marie. "Moment, Marie, warte" "Ja?" "Du hattest doch die Tests erwähnt, was haben sie ergeben?" "David hat eine Chance, sogar eine gute, aber er muss operiert werden" berichtete sie. "Und, werdet Ihr es tun?" Harm wusste nicht recht, ob er sich für David freuen, oder sich Sorgen um ihn machen sollte. "Wir wissen es noch nicht" gab sie zu, "für David wäre es natürlich ein Stück mehr Lebensqualität, wenn es klappen würde." "Ja, verstehe. Ähm... welche Gefahren bestehen?" "Die gleichen Risiken, wie bei jeder anderen Operation und dann noch, das sich nichts ändern könnte an seinem Hörvermögen." "Letzteres wäre ja keine wirkliche Gefahr" meinte Harm. "Außer, wenn wir ihm zuviel Hoffnungen machen würden." "Er versteht nicht, was hören ist und ich weiß auch nicht wie ich es ihm erklären soll." "Habt Ihr mit ihm schon darüber gesprochen?" "Ja, wir konnten ihn ja nicht einfach von Arzt zu Arzt schleppen und ihn dann nicht sagen warum" meinte Marie. "Was hält er selbst davon?" "Er will nicht ins Krankenhaus" sagte Marie. "Soll ich mal mit ihm reden?" "Es wäre ein Versuch wert." "Okay, ich versuchs" "Danke, möchtest du sonst noch was wissen?" "Nein, ich glaube nicht. Also dann, bis morgen!" "Bis morgen" verabschiedete sich Marie und legte auf. "Das war Marie. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn David morgen und vielleicht übermorgen bei uns ist." "Nein, ist ok" sagte Jason. "Jason, bist du sicher, dass das ok ist?" "Ja." "Sollen wir vielleicht noch etwas fernsehen?" schlug er vor. Jason zuckte nur mit den Schultern, aber stand dann auf, um Harm ins Wohnzimmer zu folgen. "Was möchtest du gern sehen?" "Egal" antwortete Jason etwas lustlos und leicht müde. "Jason, komm schon, red wieder mit mir. Hab ich was Falsches gesagt?" "Nein, hast du nicht." Jason setzte sich auf die Couch, er zog ein Knie an und legte seine Arme drum. "Möchtest du vielleicht doch lieber allein sein?" "Nein, es ist ok so" meinte Jason und sah Harm an, er versuchte ein Lächeln, was aber nicht sehr überzeugend rüber kam. "Jason, was ist los? Und jetzt sag nicht wieder nichts." "Mr Webb hat nur ein paar Erinnerungen mit Ton versehen" gab Jason leise zu. "Möchtest du darüber reden? Ich bin ein guter Zuhörer." "Ich habe doch schon darüber geredet, Harm, lass es bitte gut sein" bat Jason. "Ich sehe doch, dass es Dich belastet, lass mich doch helfen." "Bitte, Harm" flehte Jason fast schon. Harm seufzte, er merkte, dass sich Jason wieder zurückzog, und er wieder fast am Anfang war, aber es hatte keinen Sinn, jetzt weiter zu fragen. "Okay, dann lass uns mal schauen, was es so gibt." Jason nickte, er war erleichtert, dass Harm endlich aufhörte zu fragen. Harm zappte durch die Kanäle, fand aber nichts was irgendwie interessant sein könnte.

Nach fast 20 Minuten des Anschweigens räusperte sich Jason. "Glaubst du, dass sie diesmal die Richtige ist?" fragte Jason vorsichtig nach. Harm drehte sich zu ihm, er wusste, worauf Jason abzielte, aber wollte nicht zugeben, dass er ständig an Nic dachte. "Was meinst du?" "Wie lange wird es diesmal halten?" "Jason, ich weiß noch nicht einmal, wohin das führt, wir haben doch gestern erst..." Langsam kroch die Röte unter seine Haarspitzen. "Was habt ihr gestern erst?" fragte Jason unschuldig, "geknutscht, als ich schlafend auf der Couch lag?" Harm schluckte und schaute verlegen zur Seite. "Es hat sich so ergeben, ich war irgendwie... machtlos." Jason bemerkte, dass Harm das Gespräch unangenehm war. "Ist ok" meinte er nur und sah auf den Fernseher. "Nein, gleiches Recht für alle, deine Frage war schon berechtigt, und ich würde mir wirklich wünschen, wenn ich mit Nic endlich die richtige gefunden habe. Ich könnte es mir fast vorstellen" gab er zu. "Dann wären wir auch noch verwandt miteinander" meinte Jason grinsend. "Angeheiratet vielleicht!" grinste Harm. "Der wird sich freuen, noch ein Squid." "Oh je, der wird sich noch fragen, was er falsch gemacht hat!" meinte Harm lachend. "Vielleicht haben seinen Töchtern die ganzen Warnungen vor uns ja gefallen." "So wird es sein, vor allem das mit den Navy-Piloten!" "Ich glaube er hat sich da mehr auf Matrosen im Allgemeinen bezogen" meinte Jason grinsend. "Tja, das hätte er besser definieren sollen! Vor allem, wenn es um eine Tochter geht, die Anwältin wird, da muss eine Definition exakt sein!" Jason drehte sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Armlehne, er zog beide Beine an. "Und was ist mit dem kleinen Altersunterschied?" Harm wurde wieder ernst und seufzte. "Warum nur muss das ein Problem sein?" fragte er resigniert. "Wenn es für euch keins ist, mir ist das egal" sagte Jason. "Danke, dann habe ich wenigstens einen auf meiner Seite." "Bei was?" fragte Jason nach. "Wenn es darum geht, wie andere darüber denken" meinte Harm. "Ich mag sie doch, muss man denn das unbedingt am Alter festmachen?" "Reg dich ab, es wird schon keinen stören" versuchte Jason ihn zu beruhigen. "Ich möchte Nic nicht in Verlegenheit bringen, nur weil ich..." "Weil du was? Dich langsam aber sicher auf die Rente zu bewegst" neckte Jason ihn. "Meine Gefühle nicht unter Kontrolle habe" meinte Harm ernst. "Seit wann?" fragte Jason nach. "Seit gestern. Vielleicht hätte ich sie nicht küssen sollen, vielleicht war es ein Fehler, wenn selbst du mich wegen des Altersunterschiedes ansprichst." "Das war doch nur ein Scherz" meinte Jason. "Und du magst sie seit gestern?" "Nein" sagte Harm nur. "Seit wann?" hakte Jason nach. Harm kaute verlegen auf seiner Lippe. "Seit wann ich sie mag? Weißt du noch, als Ihr mich für das Gotcha abgeholt habt?" "Jaa." "Am Anfang war es vielleicht nur... Zuneigung, aber später dann, als ich ihr bei den Prüfungsvorbereitungen geholfen habe... irgendwann wurde es ernster" erzählte Harm. "Ich hab's immer geschafft, das für mich zu behalten. Bis gestern..." "Ah ja" sagte Jason nur und grinste. "Was gibt es da zu grinsen?" fragte Harm. "Nichts" meinte Jason und hatte Schwierigkeiten, sein Grinsen unter Kontrolle zu bekommen. "Nun komm schon, spann mich nicht auf die Folter!" "Sagen wir es mal so" fing Jason an, "ihr zwei könntet schon seit fast einem Jahr zusammen sein." "Wie meinst du das jetzt?" "Nic bringt mich um, wenn sie das erfährt." "Das hat sie dir schon mehr als einmal angedroht. Und, hat sie es jemals wahr gemacht?" neckte Harm ihn. "Und wenn doch, hätte sie wohl einen guten Anwalt, wie?" "Na ja, bleibt ja dann alles in der Familie! Aber nun sag schon, wie meinst du das?" hakte Harm nach. "Sie fand dich schon auf meiner Hochzeit süß, und hat mich ausgefragt, es war auch ihre Idee dich zum Gotcha spielen mitzunehmen." "Oh" meinte Harm, "ich hätte nie gedacht, dass sie mich überhaupt beachtet hat." "Tja, hättest einfach mal fragen müssen" grinste Jason. "Vielleicht hätte ich das. Ich fühle mich halt wohl in ihrer Umgebung" gab Harm zu. "Na, hoffentlich ergeht es dir nicht am Ende genauso wie ihrem letzten Freund" lachte Jason. "Was willst du mir denn da unterstellen, Jason!" "Dir? Nichts!" "Und Nic unterstellst du das bitte auch nicht!" "Würde ich nie tun." Kopfschüttelnd wandte Harm sich zur Seite. "Nein, das könnte wirklich was Ernstes werden" sagte er dann. "Was denkst du darüber?" "Weiß nicht so recht. Nic ist nett. Und ihr zwei, warum nicht" meinte Jason. Harm schaute auf die Uhr. "Vielleicht sollten wir uns mal langsam aufs Ohr legen, morgen früh kommt David" sagte er. "Wie du meinst, Dad" grinste Jason. "Was nicht ist, kann ja noch werden" grinste Harm zu Jasons Bemerkung. "Dann würde ich mich an deiner Stelle von Steven fernhalten, nur so zur Sicherheit" sagte Jason und fing an zu lachen. "Verschwinde ins Schlafzimmer!" "Nein, ich nehm die Couch" sagte Jason. "Quatsch, geh schon, Nic hat die Couch so schön in ein Bett umgewandelt" grinste Harm. Jason zog eine Augenbraue hoch, aber sagte nichts mehr und stand auf. "Gute Nacht" sagte Harm noch. "Gute Nacht" sagte Jason und ging ins Schlafzimmer.

Am nächsten Morgen gegen 0700 stand Harm neben dem Bett. "Hey, Jason, aufwachen" sagte er leise und berührte ihn an der Schulter. Jason wurde murrend wach. "Wie spät ist es?" fragte er verschlafen ohne die Augen zu öffnen. "0700. Aber in einer Stunde kommt Marie mit David, bis dahin solltest du fertig sein." "Warum?" "Weil du noch duschen solltest, und weil ich nicht so schnell mit einer Hand bin, die Salbe zu verteilen" antwortete Harm. Jason öffnete die Augen und setzte sich auf. "Gutes Argument" meinte er und verschwand langsam im Bad. Harm holte derweil die Salbe und das Verbandsmaterial und nahm dann aus der Tasche, die Webb gestern mitgebracht hatte, etwas zum Anziehen für Jason heraus. Grinsend legte er die Snoopy-Boxer Shorts auf das T-Shirt und die Jogginghose. Als Jason wieder aus dem Bad kam, mit einem Handtuch um die Hüften sah er seine Klamotten. "Wo kommen die jetzt her?" fragte er erstaunt. "Da meinte wohl jemand, wir hätten nicht die gleiche Größe, und hat dir was von deinen Sachen mitgebracht" grinste Harm. "Webb hat gestern was vorbeigebracht." "Und die Shorts lagen wohl oben auf, wie?" meinte Jason und zog diese an. "Oben auf nicht, aber Webb fand das wohl auch witzig" grinste Harm noch immer. "Setz Dich jetzt" forderte er ihn dann auf. "Schön, dass ihr was zum lachen habt" sagte Jason und tat was Harm von ihm verlangte. "Bist du bitte so nett?" Harm hielt Jason die Dose mit der Salbe hin, mit einer Hand bekam er sie immer noch nicht auf. Jason nahm die Dose und öffnete sie Harm. "Ich wiederhol mich ungern, aber im liegen ist es einfacher für dich und angenehmer für mich" meinte Jason, als er Harm die Dose wieder gab. "Danke" sagte Harm, und nachdem sich Jason hingelegt hatte, begann er, die Salbe aufzutragen. Erleichtert stellte er fest, dass die Blutergüsse bereits anfingen zu verblassen und die Wunden nicht mehr so schlimm aussahen. "Soll ich mich jetzt um deine Schulter kümmern?" fragte Jason, als Harm fertig war und er sich sein T-Shirt anzog. "Nein, lass mal, ich hoffe, da kommt heute noch jemand vorbei, der das übernimmt" meinte Harm und man sah ihm an, an wen er dachte. "Verstehe" sagte Jason grinsend und stand auf. "Frühstück?" "Klar, ich geh nur kurz ins Bad. Mehr als Katzenwäsche ist zwar nicht drin, aber besser als nichts." "Ich kann dir auch den Verband abmachen und anschließend wieder dran" bot Jason an. "Nein, ist schon gut" meinte Harm und verschwand ins Bad "Ruf, wenn du Hilfe brauchst" sagte Jason noch und ging in der Küche nachsehen, was fürs Frühstück da war.

Fünf Minuten später kam Harm aus dem Bad und ging, nachdem er sich angezogen hat, in die Küche. "Frühstück ist fertig" meinte Jason, der gerade Rührei auf zwei Teller verteilte und je eine Scheibe Toast dazu legte. "Sieht gut aus" lobte Harm und setzte sich an den Tisch. Jason stellte die beiden Teller auf den Tisch und holte für Harm noch eine Tasse Kaffee und für sich ein Glas Saft. Die beiden aßen schweigend und Jason stellte gerade die Teller weg, als es an der Tür klopfte. Harm ging und öffnete die Tür. David streckte ihm direkt die Arme entgegen, als er ihn sah. "Morgen, Harm" begrüßte Marie ihn. Harm ging vor David in die Hocke und drückte ihn mit dem linken Arm an sich. Vorsichtig richtete er sich mit ihm auf den Arm wieder auf. "Harm, er ist doch zu schwer" sagte Marie besorgt. "Nein, das geht schon. Komm herein und schließ bitte die Tür, ja?" Harm ging mit David auf den Arm zur Couch und setzte sich hin. "Ich habe leider nicht viel Zeit" meinte Marie, als sie Harm folgte nachdem sie die Tür geschlossen hatte. "Hi" sagte Jason, der in der Küche wieder alles in Ordnung brachte. "Entschuldige, natürlich, darüber hab ich gar nicht nachgedacht. Gibt es etwas zu beachten?" "Hi" grüßte Marie zurück. "Nein, ich habe ihm hier ein paar Spielsachen mitgebracht, damit kann er sich beschäftigen" sagte Marie und stellte die kleine Reisetasche ab, die sie dabei hatte. "Danke, Marie. Ich will Dich auch gar nicht länger aufhalten." "Ich habe zu danke, ich hole ihn dann am späten Nachmittag ab, ist das in Ordnung?" Sie tippte David auf die Schulter, der sie daraufhin ansah, 'Du bist brav und hörst auf Onkel Harm" sagte sie ihm mit Zeichen. David nickte und winkte dann. "Bis dann" verabschiedete sich Harm. "Bis heute Nachmittag" verabschiedete sich Marie und ging.

David lächelte Harm an. Harm drückte ihn an sich und sah ihn dann an. "Was möchtest du machen?" fragte er ihn. David zuckte nur mit den Schultern. "Zeig mir mal dein Spielzeug" forderte Harm ihn auf. David kletterte vorsichtig von Harm und der Couch runter, er öffnete die Reisetasche und kippte den Inhalt auf den Boden. Harm grinste, als er David umringt von seinem Spielzeug sah. Er stand auf und setzte sich dann zu ihm auf den Boden. "Dann seit ihr zwei wohl beschäftigt" meinte Jason grinsend. "Willst du nicht mitmachen?" fragte Harm lachend. Jason zögerte nicht eine Sekunde und setzte sich dazu. "Wenn wir jetzt noch eine Eisenbahn hätten..." grinste Harm. "Spielkind" sagte Jason laut und mit Zeichen. David kicherte. "Er auch" meinte Harm mit dem Zeigefinger auf Jason zu David. "Na und" meinte Jason nur und stand auf, da es geklopft hatte. "Ich geh schon." Nic stand wieder mit Jamie vor der Tür und Jason ließ sie rein, dabei konnte er sich nur schwer einen Spruch verkneifen. "Hi" sagte Nic. David winkte. Jason nahm ihr Jamie ab und setzte sich mit ihm wieder zu David. "Hi" sagte Harm erfreut und stand auf. "Lasst euch durch uns nicht stören" meinte Jason, der gerade mit David und Jamie mit den Bausteinen, die rum lagen, einen Turm baute. Harm ging auf sie zu und sah ihr tief in die Augen. Nic stellte Jamies Wickeltasche ab und versank fast in Harms Blick. "Ich sollte mir deine Schulter noch mal ansehen." - "Kümmerst du Dich bitte um meine Schulter?" sagten beide gleichzeitig. Nic nahm seine linke Hand und führte ihn ins Schlafzimmer, sie machte die Blenden, welche den Schlaf- vom Wohnbereich trennten, zu. Sie suchte alles zusammen was sie brauchte und legte es aufs Bett, wo Harm sich schon hingesetzt hatte. Dann fing sie wortlos an, ihm langsam das T-Shirt auszuziehen und den Verband abzuwickeln, der seinen rechten Arm fixierte. Harm hatte Schmetterlinge im Bauch, das kannte er schon lange nicht mehr. Nic schnitt ganz vorsichtig den Verband an seiner Schulter auf und entfernte die Kompresse, dann reinigte sie die Wunde gründlich, aber sanft. "Sieht doch ganz gut aus" meinte sie, als sie eine frische Kompresse drauf legte. "Das freut mich" sagte Harm mit leiser Stimme. Nic versuchte sich weiter auf ihre Aufgabe zu konzentrieren und nicht daran zu denken, was sie jetzt lieber mit Harm tun würde. Sie nahm eine Mullbinde und begann, seine Schulter wieder zu bandagieren. Als sie damit fertig war, nahm sie die zuerst abgewickelte Binde zur Hand, nahm Maß und schnitt ein Stück ab. "Du machst das wirklich gut, woher kannst du das?" fragte Harm. "Ich weiß nicht, man bekommt wohl so einiges mit, wenn man auf Marines- Stützpunkten groß wird" meinte sie und nahm Harms T-Shirt zur Hand. Harm hielt ihr den linken Arm entgegen und ließ sich von ihr in das Shirt helfen. Sie knotete aus dem Stück Binde eine Schlinge, die sie ihm um den Hals legte und sein Handgelenk hinein. "Solange du mir versprichst, deinen Arm nicht zu benutzen, binde ich ihn auch nicht mehr fest" sagte sie mit einem Lächeln. Harm sah sie dankbar an. "Das war's schon" meinte Nic und klang ein wenig enttäuscht. "Ich hoffe nicht..." meinte Harm leise und näherte sich ihr. Nic hielt still und schloss die Augen, als Harm mit seinen Lippen ihre berührte. Ihre Lippen waren weich und warm, und als er den Kuss vertiefte, seufzte sie leise. Er schlang seinen linken Arm um sie und drückte sie an sich. Nic legte ihre Arme sanft um Harm und hielt sich fest, da sie das Gefühl hatte, dass ihre Knie weich wurden. Widerwillig ließ Harm sie schließlich wieder los und sah sie an. Er wollte sicher sein, dass sie genauso fühlte wie er. Nic öffnete langsam die Augen, als Harm sich von ihr gelöst hatte. Sie sah ihm tief in die Augen und er hätte in diesen dunkelbraunen Augen versinken können. "Wir sollten langsam wieder zu den anderen gehen..." sagte Harm schließlich. "Schade" flüsterte Nic. "Ja..." meinte auch Harm und gab ihr noch einen Kuss auf die Wange. Nic lächelte ihn an und ging dann vor ins Wohnzimmer. "Na, zu Ende geturtelt?" fragte Jason grinsend, als die beiden zurück ins Wohnzimmer kamen. "Ja, Jason, meiner Schulter geht es wieder gut" sagte Harm zu ihm und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Nic sah ihn mit einem nicht weniger strafenden Blick an. "Freut mich zu hören" grinste Jason weiter. Harm setzte sich wieder zu David und Jamie auf den Boden und zog Nic mit hinunter. "Also Jungs, was spielen wir?" fragte sie. "Turm!" rief Jamie freudig. David lächelte Nic an. "Wie geht es dir, David?" fragte sie ihn laut und mit Zeichen. 'Gut, bin bei Onkel Harm zu Besuch' antwortete er mir Zeichen. "Für wie lange?" fragte sie ihn weiter. Verwundert schaute Harm Nic zu. "Du beherrscht die Gebärdensprache?" fragte er dazwischen. 'Heute und vielleicht morgen auch.' "Ja, habe ich dir das nicht erzählt?" fragte sie lächelnd. "Und da lässt du mich mit Jason lernen?" fragte Harm. "Du hast nie gefragt und ich dachte ...." fing Nic an. "Was dachtest du, Nic?" fragte Harm vorsichtig nach. "Ich dachte nicht, dass du mit mir lieber lernen würdest" meinte sie leise. Harm traute sich nicht, Nic anzurühren. "Was denkst du, warum ich so gern zu deinen Prüfungsvorbereitungen gekommen bin" sagte er stattdessen ebenso leise. "Ich weiß nicht" meinte sie. "Weil ich gern mit dir zusammen bin" sagte er. "Ich auch mit dir" flüsterte sie und kam etwas näher. Harm näherte sich ihr ebenfalls und ihre Lippen berührten sich. Nic legte eine Hand sanft auf seinen Hinterkopf und zog ihn so näher. Der Kuss wurde intensiver und Harm streichelte mit der Hand ihren Nacken. Jason räusperte sich. "Falls wir stören, ich kann auch mit den beiden auf einen Spielplatz gehen" bot er an. Jamie lachte die beiden an und David hatte von allem nichts mitbekommen, er versuchte gerade ein paar Bausteine zu einem hohen Turm zu stapeln. Schuldbewusst trennten sie sich voneinander. Nic wurde knallrot im Gesicht, sogar ihre Ohren. "Nein, nicht nötig" meinte sie und versuchte sich wieder zufassen. "Sicher?" fragte Jason nach und sah zwischen Harm und Nic hin und her. "Bleib" sagte Harm, ohne ihn anzuschauen. Er war sich nicht sicher, was passieren würde, wenn er jetzt mit Nic allein wäre. Nic nickte nicht sehr überzeugend. "Falls ihr eure Meinung noch ändert, sagt Bescheid" meinte Jason und half David bei seinem Turm, den Jamie auch wieder umschubste. David sah Jason an. 'Warum macht er das?' wollte er wissen und war den Tränen nah. "Hey, wir können den Turm doch wieder aufbauen" versuchte Jason ihn mit Zeichen zu beruhigen. David nickte und fing wieder an die Steine zu stapeln, bis Jamie wieder gegen den Turm schlug und alles zusammenbrach. David sah Harm an und seine Augen füllten sich schon mit Tränen. Harm rutschte zu ihm, legte den linken Arm um ihn und streichelte ihm beruhigend den Rücken. David lehnte sich an Harm und beruhigte sich langsam. Jamie kicherte und klopfte mit den Bausteinen auf den Boden. Jason nahm ihm die Steine aus den Händen und zog ihn auf seinen Schoss. Harm griff um David herum und begann zusammen mit ihm einen neuen Turm aufzubauen.

Sie verbrachten den ganzen Vormittag auf dem Boden mit Davids Spielsachen. "Spielt mal schön weiter, ich mach uns was zu Mittag" sagte Nic gegen zwölf und legte die Baustein hin, die sie in der Hand hatte. Sie stand auf und ging in die Küche, um zu sehen was da war. "Ja, Mama" scherzte Jason. Harm grinste dümmlich mit und dachte sich seinen Teil. "Werdet erwachsen" meinte Nic nur und suchte sich alles zusammen, was sie brauchte. Während die Nudeln und die Soße kochten, deckte Nic schon mal den Tisch. Sie holte ein Kissen und auch ein dickes Buch für einen Stuhl, damit David an den Tisch kam. Harm beobachtete sie dabei, während er sich weiter mit David beschäftigte. Sie schüttete die Nudeln ab und tat sie in eine Schüssel, die sie auf den Tisch stellte. Sie holte noch die Soße, welches sie auch in eine Schüssel gegeben hatte. "Essen ist fertig, Kinder" sagte sie lächelnd und stellte David auf seine Füße, bevor sie Harm hoch half. "Danke" sagte Harm und hielt ihre Hand ein wenig länger fest als notwendig. Jason setzte sich mit Jamie auf den Schoss auf einen Stuhl. "Sieht lecker aus" meinte er.

Der Nachmittag verlief ruhig, sie spielten bis David abgeholt wurde. Nic ging dann auch so langsam mit Jamie, kam aber am nächsten Tag wieder, wie versprochen. Davids Kindergarten brauchte noch einen Tag länger für die Renovierungsarbeiten und so verbrachten die fünf einen weiteren Tag zusammen. Nic versorgte Harms Schulter jeden Tag und war froh, dass die Wunde gut heilte. Sie fragte erst gar nicht, ob sie sich um Jasons Verletzungen kümmern sollte, sie wusste von Harm, dass er das tat. Aber auch die heilten gut und wurden von Tag zu Tag blasser.

Freitag kam Nic früh, da Harm und Jason einen Termin im Krankenhaus zur Untersuchung hatte. "Seit ihr fertig?" fragte sie lächelnd. "Ja, bereit" antwortete Harm grinsend und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Langsam hatte er sich daran gewöhnt, vor Jason mit Nic natürlich umzugehen. "Können wir?" fragte Jason, der das so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. "Ja" sagte Nic und hielt die Tür auf. Bevor sie hinuntergingen warf Harm ihr den Schlüssel seines Autos zu. "Hier, nimm den, ich weiß wie klein dein Auto ist" meinte er. "Irgendwas gegen mein Auto?" fragte Nic scharf, musste aber grinsen. Jason ging schon mal mit Jamie runter, da wollte er nicht stören. "Nein, aber ich bezweifle, dass da vier reinpassen, einer davon mit Kindersitz" grinste er zurück. "Also gut, und du vertraust mir deinen Wagen an?" fragte sie skeptisch, als die beiden auch runter gingen. "Klar, warum denn nicht?" "Ich frag nur" sagte sie mit einem Lächeln und baute den Kindersitz aus ihrem Wagen aus und in Harms Auto ein. Jason plazierte Jamie in dem Kindersitz und setzte sich dann zu ihm auf die Rückbank.

Im Krankenhaus wurde Jason als erstes zur Untersuchung rein gebeten, er kam nach fast 20 Minuten wieder raus und setzte sich stillschweigend hin. Er nahm Jamie aus seinen Schoss. Harm sah ihn besorgt an. "Alles ok?" fragte er ihn leise. "Commander Rabb, Sie sind der nächste" sagte die Krankenschwester, und rettete Jason vor einer Antwort. Harm stand auf. "Kommst du mit, Nic?" fragte er. Nic sah kurz Jason an, der ihr zunickte. "Wenn du das möchtest" sagte sie dann zu Harm. "Halt die Stellung, Jason" meinte Harm aufmunternd. Jason nickte nur. Harm folgte mit Nic der Schwester in den Behandlungsraum. "Guten Tag" begrüßte der Arzt die beiden, "nehmen Sie doch platz." "Guten Tag, Doktor" sagte Harm, als er sich setzte. "Tag" sagte auch Nic und setzte sich ebenfalls. "Wie fühlen Sie sich, Commander?" fragte der Arzt. "Gut" antwortete dieser. "Den Arm und die Schulter geschont?" "Ich hatte kaum eine andere Wahl" grinste er. "Ich wurde dazu gezwungen." "Dann will ich mir das mal ansehen, wenn Sie sich mal oben rum frei machen" bat der Arzt. Harm folgte den Anweisungen, setzte sich auf den Behandlungstisch und zog sein Hemd aus. Der Arzt schnitt vorsichtig den Verband auf und entfernte die Kompresse. "Sieht gut aus" meinte er und drückte etwas am Rand der Einschussstelle rum. Harm zuckte ein wenig zusammen. "Gefällt mir" meinte der Arzt und holte eine neue Kompresse hervor, die er diesmal mit Klebestreifen befestigte. "Sie können sich wieder anziehen" sagte der Arzt, setzte sich an seinen Schreibtisch und notierte etwas in Harms Krankenblatt. "Wie lange muss ich den Arm noch schonen?" fragte Harm. "Ich würde sagen für mindestens zwei Wochen noch." Harm sah ihn nicht sehr begeistert an, sagte aber nichts. Nic drückte aufmunternd seine linke Hand. "Das war es schon, Commander" sagte der Arzt. "Danke, Sir" sagte Harm. "Muss ich noch etwas beachten?" "Sie sollten die Schulter nicht zu stark bewegen und nicht schwer heben" meinte der Arzt. "Ich werde es beachten, Sir." "Und weiter so gut versorgen" ergänzte er noch. "Das werde ich" meinte Nic lächelnd und Harm grinste nur. Der Arzt sah sie an und nickte. "Gut, also dann bis in einer Woche, wenn ich sie vielleicht wieder diensttauglich schreibe. Um die gleiche Zeit" verabschiedete sich der Arzt. "Bis dann, Doktor" sagte Harm und verließ mit Nic den Raum. Als die beiden wieder in den Flur kamen, stand Jason mit Jamie auf dem Arm auf. "Können wir?" "Ja, bin fertig" meinte Harm.

Jason schwieg die ganze Zeit im Auto auf dem Weg zurück zu Harms Apartment. Als sie wieder in seinem Apartment waren, zog Harm Nic mit in die Küche. "Lässt du mich etwas mit Jason allein? Ich glaub, irgendwas ist nicht in Ordnung bei ihm und er redet höchstens dann, wenn außer mir sonst keiner da ist" bat Harm. "Natürlich" sagte sie. "Ich glaube, ich leg mich was hin" meinte Jason laut, der noch immer Jamie auf dem Arm hatte. "Tu das" sagte Nic, ging auf Jason zu und nahm ihm Jamie aus dem Arm, "ich muss jetzt eh los." "Meinetwegen musst du nicht gehen, Nic" meinte Jason und strich seinem Sohn über die Haare. "Ich muss noch so einiges für die Uni erledigen" sagte sie mit einem Lächeln. Jason nickte. "Ich bringe morgen um 10 Jamie nach Hause, soll ich dich mitnehmen, Jason?" fragte sie Jason. "Ja" sagte Jason nur. Nic lächelte ihn an. "Bis morgen." Harm begleitete Nic noch zur Tür. "Ich meld mich später noch mal" versprach er und gab ihr einen flüchtigen Kuss. "Werde ich jetzt wieder ausgefragt?" fragte Jason und setzte sich auf die Couch. Harm ahnte, wo Jason der Schuh drückte, beschloss aber, eine andere Taktik einzuschlagen. "Bin ich vielleicht dein Seelenklempner?" forderte er ihn heraus. "Nein, also darf ich mich jetzt ohne Verhör hinlegen?" "Klar, igel Dich ein" meinte Harm provozierend. "Werde ich" sagte Jason und stand auf. "Na, hoffentlich gefällt es Jenn auch, wenn du den großen Schweiger spielst" drückte Harm seinen wunden Punkt, bevor Jason im Schlafzimmer verschwinden konnte. "Das ist nicht fair" meinte Jason nur und sah Harm vorwurfsvoll an. "Findest du? Und was ist dann fair? Vielleicht, dass du mich jedes Mal schneidest, wenn dir etwas zusetzt? Denk doch mal darüber nach, dass es Leute gibt, die sich Sorgen um Dich machen!" Jason stand nur da mit gesenkten Kopf. Gerade als Harm sich fragte, ob er vielleicht zu weit gegangen ist, flüsterte Jason, "es tut mir leid." "Entschuldigung angenommen" sagte Harm. "Warum bist du nur manchmal so schwierig?" "Ich weiß nicht, frag meine Mom" sagte Jason leise und kam zurück zur Couch, wo er sich wieder setzte. "Vielleicht solltest du dann meine auch fragen, warum ich ständig alles hinterfragen will" meinte Harm entschuldigend. Jason versuchte ein leichtes Lächeln. "Ich kann es einfach nicht akzeptieren, wenn du alles in Dich hineinfrisst" sagte Harm. "Es ist einfacher, als zu reden" meinte Jason. "Aber es schadet dir mehr." "Mmmmh." "Und es stimmt die Leute traurig, denen du etwas bedeutest, Jenn zum Beispiel" sagte Harm. "Meinst du nicht, sie verdient es, dass du ihr sagst, was Dich bedrückt?" "Ja, schon..." "Dann solltest du mit ihr reden, was anderes will sie doch gar nicht" sagte Harm. "Werde ich, morgen." "Wirst du ihr alles erzählen?" hakte Harm nach. "Ich versuchs" versprach Jason. "Bereit für ne Trockenübung?" Harm blickte ihn aufmunternd an. "Was willst du hören?" fragte Jason, aber sah ihn nicht an. "Stell dir einfach mal vor, ich wäre Jenn" schlug Harm vor. "Ehm..." Jason sah ihn überrascht an und schluckte. "Was ist, passt dir die Figur nicht?" meinte Harm leicht grinsend. "Jep, Jenns ist besser" grinste Jason. "Ich denke, das ist Ansichtssache!" "Also ich weiß nicht, was Nic wohl an dir findet" grinste Jason. "Danke für die Blumen" entgegnete er und ließ zu, dass Jason vom Thema ablenkte. "Gern geschehen" meinte Jason, "und nein ich weiche dir nicht schon wieder aus." "Ok, dann fang mal an." "Ich werde ihr schon alles sagen, habe ja keine andere Wahl, sie wird die Verletzungen ja sehen" sagte Jason. "Wobei der Arzt meint, dass in einer Woche wohl schon einiges verschwunden sein wird und ich wieder zum Dienst kann, wenn ich will." "Er scheint es eilig damit zu haben, so was ähnliches hat er mir auch schon angekündigt" grinste Harm, wurde dann aber wieder ernst. "Hast du ein Problem damit, deinen Dienst wieder anzutreten?" "Nein, er wollte mir nur die Möglichkeit lassen, so lange nicht zur Academy zu müssen, bis alle Zeichen verschwunden sind." "Verstehe. Macht es dir etwas aus?" fragte Harm vorsichtig nach. "Würde es dir etwas ausmachen, wenn jemand die Striemen auf deinen Rücken sehen würde?" "Schon, aber im Unterricht sieht man die doch wohl nicht, oder?" meinte Harm. "Nein, sieht man nicht, darum werde ich auch in einer Woche zum Dienst zurückkehren, wenn nichts dazwischen kommt" sagte Jason. "Gut, bei mir wird es wohl ähnlich sein. Der Admiral würde sich auch bedanken, wenn ich noch länger fehlen würde." "Hast dich ja für eine gute Sache anschießen lassen" meinte Jason dankbar. "Ja, und es war es wert" erwiderte Harm. "Danke noch mal!" "Nicht der Rede wert" wehrte Harm ab. "Darf ich mich jetzt was hinlegen? Der Arzt hat mich ein wenig drangsaliert" fragte Jason. "Natürlich, ich lass Dich jetzt zufrieden. Und wenn was ist, kannst du jederzeit kommen, ok? Schlaf gut." "OK" sagte Jason und ging ins Schlafzimmer, wo er sich hinlegte und direkt einschlief.

Harm nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Wie nicht anders erwartet fand er nichts passendes, also nahm er schließlich wieder sein Buch. Langsam begann er sich zu wünschen, wieder im Büro zu sein. Da klingelte sein Telefon. Harm nahm schnellstmöglich ab, um Jason nicht zu stören. "Rabb" "Chegwidden hier, wie geht es Ihnen, Commander?" "Gut, der Arzt war ganz zufrieden, Sir." "Und wann gedenkt der Arzt, Sie wieder zum Dienst zu schicken?" "Frühestens in einer Woche, Sir, am nächsten Freitag wird er darüber entscheiden, Sir. Aber vielleicht..." "Vielleicht was?" "Vielleicht könnten Sie mir bis dahin was rüberschicken lassen, damit ich nicht... einroste, Sir" sagte Harm vorsichtig. "Und damit Sie sich dann überanstrengen und noch eine Woche länger ausfallen, Commander?" bellte AJ ihn an. "Ja, Sir... Nein, Sir" sagte Harm kleinlaut. "Wie geht es Jason?" fragte AJ, nachdem das geklärt war. "Besser, Sir, es ist nur manchmal schwer, ihn zum reden zu bringen." "Verstehe, er ist mal wieder stur." "Stur ist noch vorsichtig ausgedrückt, Sir." "Kann ich ihn mal sprechen?" "Er schläft im Moment, soll ich ihm nachher Bescheid sagen, dass er anrufen soll?" "Nein, ist schon gut, Rabb, er hört ja auch nicht auf mich" meinte AJ resigniert. "Ich hoffe, dass er sich zumindest gelegentlich was von dem annimmt, was man ihm sagt" meinte Harm. "Hoffen wir das Beste. Ruhen Sie sich aus. Und dann bis demnächst" verabschiedete sich AJ. "Bis dann. Danke für Ihren Anruf, Sir" sagte Harm und legte auf. Als nächstes wählte Harm Nics Nummer. "Ja?" meldete sich eine männliche Stimme. "Hi, ist Nic da?" fragte Harm. "Ja, wer soll ich sagen ist dran?" "Harmon Rabb" "OK" sagte der junge Mann. Harm wartete geduldig. 'Nic, Telefon' hörte Harm ihn im Hintergrund rufen, 'Harmon für dich!' Man hörte Nic angelaufen kommen. 'Gib her' sagte sie. 'Ist das etwa der Gutaussehende...' fing der Mann an. 'Hörer her, oder ich brech dir was' drohte Nic ihm und bekam den Hörer. "Hi" sagte sie. "Was ist denn bei Euch los?" fragte Harm grinsend. "Nichts, wieso?" "Nur so, ich fand Euer Gespräch gerade witzig" meinte Harm. "Wem hast du denn da gedroht?" "Du hast das gehört?" fragte sie entsetzt und leise, "ich bring den Kerl um." "Du wirst doch wohl wegen mir nicht zum Mörder werden wollen, oder?" "Wenn Steven so weiter macht, schon." 'Das hab ich gehört' hörte man im Hintergrund. 'Gut, dann merk es dir' brüllte Nic ihm zu. Harm grinste vor sich hin. "Nu sei nicht so hart zum ihm." "Er nervt rum, jedes Mal wenn ihn ein Kerl sitzen lässt wird er zickig." "Ist ja auch keine angenehme Sache" meinte Harm. "Aber kein Grund, einen ganzen Haushalt zu tyrannisieren" konterte sie. "Was hat er denn angestellt?" wollte Harm wissen. "Das ist nicht wichtig" meinte Nic, "wie geht es euch?" "Gut, ich glaube, wir sind beide wieder ganz ok" antwortete Harm. "Freut mich" sagte Nic, und im Hintergrund konnte man immer lauter werdendes Kindergeschrei hören. Harm bekam große Ohren. "Wer schreit denn da, ist das Jamie?" fragte er besorgt. "Ssssh, ist ja schon gut, Jamie" hörte er Nic sagen. "Ja, ich glaub er braucht eine frische Windel und hat schon wieder Hunger" erklärte sie Harm. "Oh" sagte er ein wenig enttäuscht. "Dann stör ich Dich jetzt nicht länger. Vielleicht hören wir ja später noch mal voneinander?" "Vielleicht, sonst morgen früh um 10" sagte sie genau so enttäuscht. "Okay, ich freu mich schon. Gute Nacht, Nic, träum was Schönes." "Dir auch, und du darfst auch von mir träumen, wenn du willst." "Das kann ich dir sogar fast versprechen" meinte Harm belustigt. "Schön, dann bis morgen" verabschiedete sich Nic. Harm legte auf.

Jason kam etwas verschlafen ins Wohnzimmer getrottet. "Hi" sagte Harm. "Brauchst du etwas?" "Ruhe und Frieden" meinte er und ging in die Küche. "Ist ja schon gut" meinte Harm. Nach dem Gespräch mit Nic konnte ihn erst mal nichts aus der Ruhe bringen. "Meinst du, es ist noch was von Nic's Essen da?" fragte Jason, der im Kühlschrank kramte. "Ich denke schon, schau einfach nach." "Ah, da" stellte Jason fest und holte ein paar Reste aus dem Kühlschrank. "Auch was?" "Nein, ich habe keinen Hunger" meinte Harm und hatte noch immer dieses leichte Grinsen auf dem Gesicht. "Dann nicht" meinte Jason und stellte etwas davon auf einem Teller in die Mikrowelle. "Du weißt schon, dass man Schmerzmittel vorsichtig dosieren sollte" grinste Jason, dem Harms Gesichtsausdruck nicht entgangen war. "Welche Schmerzmittel?" fragte Harm nach. "Nach deinem Grinsen zu urteilen, die die du genommen hast, oder sollte man Nic verschreibungspflichtig machen?" neckte Jason ihn. "Nein, dieses Medikament ist einmalig" grinste Harm noch immer. Jason schüttelte grinsend mit dem Kopf. "Also wer kriegt heute Nacht die Couch?" fragte er dann. "Mir egal" meinte Harm. "Tut mir leid, das ist aus." "Such dir was aus" Nachdem Jason was gegessen hatte und sich die beiden geeinigt hatten, wer wo schlief, gingen sie zu Bett.

Am nächsten Morgen stand Nic um Punkt 10 Uhr vor der Tür. "Morgen" sagte Harm lächelnd, als er die Tür öffnete. "Na dann können wir ja direkt los" meinte Jason, der schon mit gepackter Tasche bereit stand. "Morgen" erwiderte Nic und lächelte zurück. "Hallo?" rief Jason, da sie ihn ignorierten. Nic drückte ihm Jamie in den Arm, anstatt zu antworten. "Ham!" rief Jamie und kicherte. "Na du hast gut lachen, Kleiner" meinte Jason und sah sich die beiden an, die nur Augen füreinander hatten. Er entschloss sich zu handeln. "Also dann, Harm, danke für die Gastfreundschaft" sagte er, drängte sich zwischen Nic und Harm und gab Harm die Hand. "Ähmm, okay, gern geschehen" sagte Harm, der sich nur schwer von Nics Blick trennen konnte. "Und meld Dich, wenn was ist. Bestell Jenn Grüße von mir." "Mach ich, und danke noch mal, bis bald" verabschiedete sich Jason und schob Nic fast die Tür raus. "Bye, Harm" sagte sie noch, bevor Jason sie ihm Fahrstuhl hatte. "Bye" sagte Harm, bevor er die Tür schloss.

'Das kann ja eine lange Woche werden, bevor der Arzt sich entscheidet' dachte Harm bei sich. 'Ohne Jason fällt mir spätestens heute Abend die Decke auf dem Kopf.' Er nahm die Fernbedienung und zappte sich durch die Programme. Wieder einmal fragte er sich, warum er sich überhaupt einen Fernseher gekauft hatte. Verzweifelt schaltete er nach der zweiten Gameshow und der dritten Talkrunde den Fernseher wieder ab. Sein Buch war auch kein Ersatz, er konnte sich nicht darauf konzentrieren. Er ging an seinen Schreibtisch und kontrollierte die Post der letzten Tage, die noch immer achtlos dort herumlag. Zwei Rechnungen, ansonsten nur Werbung. 'Toll', dachte er, 'was soll ich wohl mit einer Einladung zu einer Tupperparty?' Er stand auf, nahm den Staubwedel aus der Ecke und begann, sein Bücherregal abzustauben. Nachdem er sein Apartment, so weit ihm das mit nur einem Arm möglich war, auf Vordermann gebracht hatte, setzte er sich genervt auf die Couch. In dem Moment klopfte es an seiner Tür und er stand wieder auf und öffnete sie. Nic stand vor der Tür, diesmal ganz allein. "Stör ich?" fragte sie. "Nein, du störst nie, komm rein!" Nachdem Harm ihre Jacke aufgehängt hatte, drehte er sich zu ihr um. Nic stand mit dem Rücken zu ihm, sie trug ein paar hautenge Jeans und ein T-Shirt, welches so kurz war, das man jedes Mal Haut sah, wenn sie sich streckte oder bückte. Und sie hatte ihre langen haselnussbraunen Haare offen, und nicht wie sonst zu einem Zopf zusammen oder geflochten. Sie drehte sich schwungvoll zu ihm um. "Geht es dir nicht gut?" fragte sie besorgt und sah ihn mit ihren dunkelbraunen Augen an, da Harm sie anschwieg. Der Anblick verschlug Harm den Atem. "Ähm...." war alles was er herausbrachte. Nic ging auf ihn zu und strich ihm sanft mit einer Hand über die Wange, dann gab sie ihm einen innigen Kuss. "Das war die längste Autofahrt meines Lebens" sagte sie, als sie sich wieder von Harm löste. "Und die längsten fünf Stunden und vier Minuten, die ich jemals hier verbracht habe" entgegnete Harm. "So lang?" fragte sie und gab ihm einen weiteren Kuss. "Oh ja, das weiß ich genau" sagte Harm und erwiderte ihren Kuss. Seine Hand glitt über ihren Rücken und hoch in ihren Nacken. "Weißt du eigentlich, wie lang diese Woche für mich war? Nie wirklich mit dir alleine" meinte Nic und küsste Harm noch einmal. "Wem sagst du das?" meinte er zwischen zwei Küssen. "Aber jetzt sind wir endlich alleine und haben eine ganze Woche für uns" sagte Nic und legte ihre Arme um Harm und zog ihn ganz dicht an sich, bevor sie ihn wieder küsste. "Was ist mit der Uni?" brachte Harm hervor, bevor er sich mit ihr auf der Couch fallen ließ. "Ich muss nur noch eine Arbeit nächste Woche abgeben und dann heißt es abwarten" sagte sie, "und beten, dass ich meinen Abschluss bekomme." Nic ließ ihre Hände über Harms Rücken wandern. "Du wirst es schaffen, bei der Vorbereitung" meinte er, während er an ihrem Ohrläppchen knabberte. "Bei so tatkräftige Hilfe war das auch einfach." Sie stöhnte leise und zog Harms T- Shirt langsam aus seiner Jogginghose. Sein Puls begann zu rasen und er glitt mit der Hand unter ihr knappes Shirt. Nic streifte ihr Turnschuhe ab und drückte Harm weiter auf die Couch, als sie mit ihren Händen unter seinem T-Shirt über seinen Oberkörper fuhr und dabei nicht aufhörte ihn zu küssen. Harm stöhnte leise. "Nic, bist du sicher, das ist das, was du jetzt möchtest?" schaffte er zu fragen, während er ihren Hals und ihren Nacken weiter mit Küssen bedeckte. "Ja. Der Verschluss ist vorne" flüsterte sie ihm ins Ohr, da sie ganz genau merkte auf welchen Kurs Harms Hände waren. Harm wollte sich in eine andere Position bringen und stöhnte plötzlich vor Schmerz auf. Nic schreckte hoch. "Habe ich dir weh getan?" fragte sie besorgt. "Nein, das war ich selbst, entschuldige bitte" meinte er und versuchte, das Pochen in seiner Schulter zu unterdrücken. "Ich bring Dich wohl lieber ins Bett" meinte Nic besorgt und strich ihm über die Wange. Er sah sie mit traurigen Augen an. "Bleibst du bei mir?" Sie stieg von ihm runter und half ihm hoch. "Ja" sagte sie mit einem Lächeln. Nic löschte sämtliche Lichter und folgte Harm dann ins Schlafzimmer. "Ich nehme an, du hast kein Schlafzeug bei dir?" fragte Harm und zog eine Schublade hervor. "Nein, ist das schlimm?" "Nein, natürlich nicht. Vielleicht magst du ja eines meiner Shirts stattdessen tragen?" sagte er und reichte ihr eines. "Gerne" sagte sie lächelnd. Sie verschwand im Bad und kam kurze Zeit später wieder raus, nur mit dem Navy T-Shirt bekleidet, das Harm ihr gegeben hatte. Bei ihr war es aber eher ein kurzes Nachthemd, als ein T-Shirt, sie lächelte Harm an, der aufgehört hatte nach einem Pyjama für sich zusuchen und sie anstarrte. "Brauchst du bei irgendwas Hilfe?" fragte sie ihn lächelnd. "Nur beim Atmen" murmelte er während er sie anstarrte. "Na dann bring ich dich wohl lieber mal ins Bettchen" meinte sie und half ihm bei T- Shirt und Jogginghose. Sie deckte das Bett auf und sah Harm einladend an. Der ließ sich das nicht zweimal sagen und war im nächsten Moment neben ihr. Nic kuschelte sich an Harms gesunde Schulter, nachdem sie ihm noch einen Kuss gegeben hatte. "Eigentlich schlaf ich ja sonst nur im Slip" meinte sie beiläufig. "Und was hält Dich heute davon ab?" flüsterte er ihr ins Ohr. Nic versuchte nicht zu kichern, aber tat es dann doch. "Ich will dich nicht auf Ideen bringen, immerhin bist du verletzt" sagte sie. "Oh, du hast mir aber gesagt, ich darf träumen, und im Moment komme ich mir wie in meinem Traum vor" murmelte er, während er ihren Nacken küsste. Nic rutschte ein wenig von Harm ab und hantierte mit dem Shirt, was dann schließlich neben dem Bett auf dem Boden landete, sie kuschelte sich wieder an Harm. Der drückte sie, soweit seine Schulter es zuließ, an sich und strich ihr sanft über die Brust. "Du weißt was der Arzt gesagt hat" flüsterte sie ihm ins Ohr, Harm konnte hören, dass sie seine Berührungen genoss. "Ja, ich solle sie weiter gut versorgen" flüsterte er zurück. "Mmmh" stöhnte Nic und strich ihrerseits mit den Fingern über Harms Oberkörper. Er wanderte weiter mit den Fingerspitzen über ihren Oberkörper und ließ die Hand schließlich auf ihren Bauch ruhen. "Versuch zu schlafen" flüsterte Nic. Er hielt sie fest an sich gedrückt und schlief schließlich mit ihr zusammen ein.

Ungewöhnlich spät am nächsten Morgen wachte Harm wieder auf. Nic lag noch immer an ihn gelehnt und schlief, sein Arm war um sie geschlungen. Er konnte es kaum fassen, sie neben sich liegen zu haben. Langsam strich er über ihre Seite, von der Hüfte bis hoch zum Nacken. Nic drehte sich im Schlaf auf den Rücken. Das ermöglichte Harm es, diese Berührungen über die Mitte ihres Körpers zu wiederholen. Nic lief ein angenehmer Schauer durch den Körper und sie öffnete die Augen. "Hey" sagte Harm leise. "Selber hey" antwortete Nic genauso leise. Er gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. Sie streckte einen Arm aus und legte ihre Hand in seinen Nacken, dann zog sie Harm runter und gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Lippen, den dieser sofort erwiderte. "Was machen wir heute schönes?" fragte Nic, als Harm sich von ihr löste. "Ich... weiß... nicht... bin... für... alle... Vorschläge... offen..." meinte er während er ihren Nacken küsste. "Da der Arzt ja meinte, dass du dich schonen sollst, wäre ich für hier bleiben" sagte Nic und genoss Harms Bemühungen. "Bevor dein Magen noch mehr knurrt, sollten wir ihn ruhig stellen" meinte Harm schließlich grinsend und versuchte aufzustehen. "Da spricht der Experte, wie?" neckte Nic ihm und gab ihm noch einen Kuss. "Ja, bei mir hilft da ein anständiges Frühstück, aber vorher sollte ich noch unter die Dusche" meinte er grinsend. "Dann mach mal" sagte sie lächelnd und sah ihm hinter her. Sie überlegte kurz, ob sie ihm einfach unter die Dusche folgen sollte, verdrängte aber erst mal den Gedanken. Es war zu früh für so was und sie wollte nicht, dass Harm glaubte sie, würde das nur machen weil sie glaubte, es machen zu müssen.

Die nächsten fünf Minuten hörte man das Wasser rauschen, dann kam Harm nur mit einem Handtuch bekleidet wieder heraus. "Das Bad gehört dir" sagte er. "Danke" sagte Nic und verschwand dann selbst im Bad. Während Nic im Bad war, frottierte Harm seine Haare und zog sich etwas an, bevor er in die Küche ging, um Frühstück vorzubereiten. Nic kam die zwei Stufen, die von Harms Schlafbereich führten, runter, sie trug ein paar Wollsocken und einen grauen Navypulli, alles von Harm und viel zu groß, dazu glaubte Harm noch erkennen zu können, dass sie wohl auch eine von seinen Boxershorts trug. Ihre noch feuchten Haare fielen in leichten Wellen ihren Rücken runter. "Ich habe mich an deinem Kleiderschrank bedient, ich hoffe, dass macht dir nichts aus" meinte sie lächelnd, als sie auf Harm zu ging. Harm schluckte und war froh, bereits angezogen zu sein. "Nein, nichts dagegen, bei dir sieht es auch wesentlich besser aus" meinte er anerkennend. "Danke" sagte sie lächelnd und gab Harm einen Kuss, als sie in der Küche bei ihm war. Harm war gerade dabei, Pfannkuchenteig in die Pfanne zu geben, auf einem Teller neben dem Herd lagen bereits ein paar fertige Pfannkuchen. "Wie hast du die hinbekommen mit einer Hand?" fragte sie und betrachtete sich die Form der Pfannkuchen genauer. "Wenn man will klappt alles " meinte er. "Die Herzen sind süß, aber du sollst deine Schulter schonen" sagte sie streng, gab ihm aber doch einen liebevollen Kuss auf die Lippen. Er erwiderte den Kuss, löste sich dann aber von ihr um den Pfannkuchen nicht zu gefährden. Sie machte ihm Platz, damit er ihn Ruhe fertig backen konnte. "Honig und Sirup sind im Schrank" sagte er noch. Sie holte die Sachen und stellte sie auf den schon gedeckten Frühstückstisch. "Brauchen wir sonst noch was?" fragte sie. "Alles, was dir dazu schmeckt. Vielleicht Schokolade oder Marmelade?" "Sirup ist ok" sagte sie lächelnd, "außer du willst noch was anderes?" "Nein, ich habe alles was ich brauche" grinste er, als er mit dem Teller Pfannkuchen zum Tisch kam. "Ich auch" meinte Nic und gab ihm einen Kuss, als er sich neben sie setzte. Nic und Harm fütterten sich gerade gegenseitig mit Pfannkuchen, als es an der Tür klopfte. Widerwillig stand Harm auf, nachdem er Nic noch einen Kuss auf den Mund gegeben hatte. "Erwartest du jemanden?" fragte Nic überrascht. "Nein" sagte er auf dem Weg zur Tür, die er dann öffnete. "Hallo, Harm, wie geht es dir?" begrüßte seine Mom ihn freudig. Harm entgleisten ein wenig die Gesichtszüge. "Oh.... Hi, Mom" grüsste er verlegen zurück. "Hallo, ich hoffe wir stören nicht?" fragte Frank. "Lässt du uns rein?" fragte sie, da Harm noch immer in der Tür stand. "Äh, ja, natürlich." Er trat beiseite und ließ sie herein. Nic war verschwunden. Verwundert schaute sich Harm nach ihr um. "Oh, hast du Besuch?" fragte seine Mom, als ihr die zweite Tasse und der zweite Teller auf dem Tisch auffielen. In dem Moment kam Nic aus dem Schlafzimmer, sie hatte sich schnell ihre Jeans übergezogen, trug aber ansonsten noch immer Harms Kleidung. "Ähm... darf ich vorstellen, das ist Nicole. Nic, das sind meine Eltern" sagte Harm. "Hallo" sagte Nic lächelnd und versuchte so zu tun, als wäre es ganz normal, dass sie bei Harm war und auch noch seine Kleidung trug. "Hallo" begrüßten die beiden Nic. Trish warf Harm einen fragenden Blick zu und musterte ihn gleichzeitig von oben bis unten. "Hat Euch eigentlich der Admiral letzte Woche erreicht?" fragte Harm und lenkte von Nic ab. "Nein, ist denn was passiert?" fragte Trish besorgt. "Ja, ich hatte einen Unfall" erklärte Harm. "Das wollte er Euch sagen." "Einen Unfall? Ich hoffe nichts schlimmes" sagte Trish und musterte ihren Sohn nach Verletzungen. "Es geht schon wieder. Es ist eine lange Geschichte, Jason hat es schlimmer erwischt, er war bis gestern noch hier. Ich erzähl es Euch irgendwann mal" sagte Harm und blickte dann auf Nic. "Nic... ich meine Nicole, ist Jasons Schwägerin, sie hatte sich in der letzten Woche um uns gekümmert und..." Er zögerte einen Augenblick. "Wir kennen uns schon länger, aber letzte Woche sind wir uns... näher... gekommen..." "Sie sind Krankenschwester, Nicole?" fragte Frank nach. "Näher?" fragte Trish nach. "Frank, so ist das nicht gemeint" sagte Harm. "Nein, angehende Anwältin" sprang Nic ihm bei und griff nach seiner Hand. "Ja, Mom" sagte Harm noch und drückte Nic an sich. Dabei merkte er, dass ihre Jeans unter dem Pulli offen war. Seine Mom schien etwas sprachlos zu sein und auch Frank schien nicht zu wissen was er sagen sollte. "Mom? Frank?" fragte Harm schüchtern nach. "Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf" wollte Trish wissen. Harm seufzte leise, weil er diese Frage bereits erwartet hatte. "Mom, bitte..." "Ist ok, Harm" sagte Nic lächelnd. "Ich bin 24." Trish nickte nur. "Das ist ein schönes Alter" meinte Frank. Harm schaute Frank dankbar an. "Findest du das nicht etwas jung?" wollte Trish wissen. "Wenn es ihn glücklich macht" warf Frank ein. "Nein, Mom, es ist mir egal" antwortete Harm. "Ich denke, wir gehen jetzt" sagte Frank. "Aber..." setzte Trish noch mal an. "Wiedersehen, Harm, war nett Sie kennen gelernt zu haben, Nicole" verabschiedete sich Frank. Harm ließ Nic einen Moment los und nahm dann erst Frank in den Arm. "Danke" flüsterte er ihm zu. Auch Trish umarmte ihren Sohn, kam dabei aber an seine verletzte Schulter. Harm zog hörbar die Luft ein und biss sich auf die Lippen. "Harm?" fragte Nic besorgt. Trish ließ ihn sofort los. "Was ist?" fragte auch sie besorgt. "Ist schon gut. Das mit dem Unfall war kein Scherz, Mom" erklärte Harm. "Was ist passiert?" fragte Trish ihn. "Ich bin angeschossen worden, aber wie gesagt, das ist eine lange Geschichte" erklärte er kurz. Trish wurde vor Schreck ganz bleich. "Der Arzt hat gesagt, dass er in ein oder zwei Wochen wieder ganz in Ordnung ist" versuchte Nic sie zu beruhigen. "Es ist schon gut, Mom, ich bin in guten Händen." "Wir lassen euch zwei jetzt auch wieder alleine, dann kannst du dich ausruhen, Harm" sagte Frank. Harm brachte die beiden noch zur Tür.

"Willst du dich noch was hinlegen?" fragte Nic besorgt, als die Tür zu war. "Nein, ich bin ok" sagte Harm. "Auch nicht, wenn ich mit komme?" bot Nic an. "Tut mir leid, was da gerade abgelaufen ist" entschuldigte sich Harm. "Das macht doch nichts, mein Eltern werden das noch überbieten" meinte sie. "Noch ein Squid mehr oder weniger fällt doch kaum auf" grinste Harm. "Ich mag Squids" meinte Nic lächelnd, "auch wenn ich vermutlich sämtliche Vorurteile auswendig kenne" ergänzte sie und gab Harm einen Kuss. "Wir sind gar nicht so schlimm, wie immer gesagt wird" meinte Harm und küsste sie zurück. "In jedem Hafen ein Mädchen" neckte Nic ihn. "Für mich gibt es nur einen Hafen, und da wartet nur ein Mädchen..." Er begann, ihren Nacken mit Küssen zu bedecken. "Das war die richtige Antwort" bestätigte Nic und ließ ihre Arme unter Harms T-Shirt wandern. Seine Zunge fand ihr Ohr und er knabberte an ihrem Ohrläppchen. "Wolltest du dich nicht noch was ausruhen?" bekam Nic schwer raus. "Ich bekomme doch gerade die beste Medizin" flüsterte er heiser. "Ich glaube nicht, dass der Arzt das meinte" gab Nic zu bedenken und trennte sich nur schweren Herzens von Harm. Harm atmete schwer. "Schade, dass du recht hast." Er führte sie zur Couch und setzte sich dort mit ihr an seiner Seite hin. "Hey, ich bin ja nicht nur heute hier" versuchte sie ihn aufzumuntern und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Hab ich dir eigentlich schon gesagt, dass dir meine Sachen wirklich gut stehen?" fragte Harm lächelnd. "Die sind auch schön bequem" meinte Nic. "Bedien Dich, solange noch genug da ist, ich teile gern mit dir" sagte er und streichelte ihre Wange. Sie lächelte ihn an. "Soll ich mich die ganze Woche um die kümmern, oder willst du endlich mal ein wenig allein sein?" wollte sie wissen. "Allein? Nur wenn ich mit dir allein sein kann..." "Dann darf ich wohl nicht mal nach Hause zum schlafen" neckte sie Harm. "Gerade dann nicht" entgegnete er. "Aber meine Abschlussarbeit darf ich noch abgeben gehen, ja?" "Hmmm, ok, und wie lange muss ich dann ohne Dich allein bleiben?" fragte Harm schmollend. "Willst du vielleicht mitkommen?" bot Nic an. "Musst du denn dafür noch was tun?" fragte Harm und riss sich ein wenig zusammen. "Nein, ich muss es nur Morgen abgeben, das ist alles." "Sollen wir dann vielleicht gleich mal zu dir fahren und deine Unterlagen holen? Dann brauchen wir morgen nur zur Uni" schlug Harm vor. "Können wir machen, dann kann ich auch direkt ein paar Klamotten mitnehmen und muss nicht in deinen rumlaufen" meinte Nic. "Obwohl ich Dich ja viel lieber in denen sehe als in deinen." "Bist du sicher?" fragte Nic und zog den Pulli hoch, damit Harm einen Blick auf die Boxershorts werfen konnte, die aus ihrer offenen Jeans hervorschauten. "Ja, eindeutig" meinte Harm, dessen Blick weiter nach oben gewandert war. Nic ließ den Pulli wieder runter und über ihre Hüften fallen. "Ich hätte schon gern meine eigene Unterwäsche" meinte sie und gab Harm einen liebevollen Kuss auf den Mund. "Ok, aber nur die" meinte Harm, während seine Hand dem Weg folgte, den eben noch sein Blick nahm. "Wie gnädig" spottete Nic und stoppte Harms Hand mit ihrer auf halber Strecke, in dem sie ihre auf seine legte. Bedauernd nahm er die Hand weg und schaute sie mit einem traurigen Blick an. "Später, ok? Deine Shorts werden langsam unbequem in der engen Jeans" gab Nic zu Bedenken. "Dann solltest du vielleicht die Jeans ausziehen?" schlug Harm mit fast ernstem Gesicht vor. "Ich dachte eigentlich daran, zu mir zufahren und ein paar Sachen zuholen. Ich beeil mich auch" versprach Nic und stand auf. "Und du willst mich gaaaanz allein lassen?" fragte er und hielt sie an der Hand fest "Willst du mitkommen? Ein wenig frische Luft täte dir bestimmt gut." "Hilfst du mir beim Anziehen?" fragte er grinsend nach. "Na dann komm mal mit, Kleiner" neckte Nic ihn und ging mit Harm an der Hand ins Schlafzimmer. Harm ließ sich von ihr willig führen und hatte seinen Spaß daran. Er holte eine Jeans hervor und schlüpfte hinein, aber bei den Knöpfen musste Nic ihm helfen. "Das gefällt dir wohl" meinte Nic, als sie ihm noch bei den Socken und Turnschuhen half. Dann verschwand sie kurz im Bad und als sie wieder raus kam hatte sie ihre Sachen wieder an und dazu Harms Pulli. In einer Hand hatte sie ihr Oberteil vom Tag davor. "Wir können!" Harm blickte auf das T-Shirt und musste daran denken, wie sie gestern darin ausgesehen hatte. Noch jetzt wurde ihm bei der Vorstellung der Hals trocken. Er stand auf, als Nic ihm ihre Hand reichte. "Ich glaube für längere Ausflüge bist du noch nicht fit genug" sagte Nic sanft, als sie Harms Apartment verließen. "Was bringt Dich zu dieser Erkenntnis?" fragte er nach. "Du reagierst ein wenig langsam und siehst so abwesend aus, manchmal." "Das hat einen ganz anderen Grund" meinte Harm schmunzelnd. "Und der wäre?" fragte Nic interessiert, als sie Harm die Autotür aufhielt. "Da gibt es so eine Jura-Studentin, die mich ganz aus dem Konzept bringt" meinte er mit gespielt ernstem Gesicht. Nic lächelte und schlug die Tür zu, sie eilte auf die Fahrerseite und stieg ein. "Ah ja, kenne ich die Dame?" fragte sie und startete ihren Wagen. "Ich weiß nicht, hast du Dich schon selbst kennengelernt?" scherzte Harm. "Wie alt bist du noch mal?" "Sechs, aber bald werde ich sieben!" grinste er.

Sie brauchten nicht lange bis zu Nic, es war ein Haus mit Garten am Rande von Georgetown. Nic schloss die Haustür auf und ließ Harm und sich hinein. "Ich pack nur ein paar Sachen und wir können gleich wieder los" meinte sie, "willst du hier so lange warten, oder…?" "Klar, lass dir Zeit" sagte er. Nic gab ihm noch einen Kuss und verschwand dann in ihrem Zimmer. Während Harm auf Nic wartete setzte er sich auf die Couch im Wohnzimmer. "Hy" sagte Steven, der mit einem Buch in der Hand an Harm vorbei kam ohne ihn wirklich zusehen. "Hi" grüßte Harm zurück. Steven sah ihn überrascht an, ging dann aber weiter und Harm sah, dass er in Nics Zimmer verschwand.

Nic beeilte sich und packte ein paar Sachen zusammen, sie wollte Harm nicht lange warten lassen. Nachdem sie die kleine Reisetasche zugemacht hatte, nahm sie noch ihre fertige Arbeit und ging ins Wohnzimmer zu Harm. "Ich hab alles." "Schön" sagte Harm und legte den Arm um sie. "Und wann bist du wieder da?" fragte Steven, der ihr nachkam. "Am Wochenende" antwortete sie knapp. "Ich dachte, da musst du zu diesem Geburtstag?" fragte Steven nach. "Ich bin alt genug, um ohne deine Erlaubnis wegzubleiben" meinte Nic nur und schob Harm zur Tür hinaus. "Dann viel Spaß" rief Steven ihr grinsend hinterher und schloss die Tür. "Welcher Geburtstag?" fragte Harm, als die beiden draußen waren. "Meine Mutter hat am Samstag Geburtstag und wir sollen alle kommen" seufzte sie und packte die Tasche in den Kofferraum. "Oh" sagte Harm, "wirst du..." "Was? Hingehen?" fragte Nic, "Natürlich, der einzige, der nicht kommen braucht ist mein lieber Bruder Matt." "...mich mitnehmen?" fragte er schüchtern nach. "Nur wenn du möchtest" antwortete Nic und lächelte ihn an. "Wäre doch ein Ausgleich dafür, dass du heute morgen meine Eltern ertragen musstest" meinte Harm und lächelte zurück. "Glaub mir, dass war wirklich harmlos im Gegensatz zu dem, was uns da erwartet" sagte Nic und stieg in den Wagen. "Also 'Harm'los war das ganz sicher nicht" grinste er. Nic lachte. "Du musst aber nicht mit" meinte sie wieder ernst, "ich habe Ihnen seitdem ich auf der Uni bin noch keinen meiner Freunde vorgestellt." "Ich wäre aber gern mehr als ein Freund" meinte Harm ernst. "Das bist du, aber ich dachte, dir ist das vielleicht unangenehm, ich meine ...." "Nichts in deiner Anwesenheit ist mir unangenehm" meinte Harm. Nic lächelte ihn nur an und parkte den Wagen wieder vor Harms Apartmentgebäude.

Nic stellte die Tasche ab und legte die Mappe mit ihrer Arbeit darauf, als die beiden ins Apartment kamen. "Du ruhst dich aus und ich kümmere mich mal um die Wäsche und die Küche" sagte Nic mit einem Lächeln. "Ja, Mommie" grinste er. "Wenn du meinst" grinste Nic und ging ins Schlafzimmer, um Harms Wäsche einzusammeln. Während Nic erst Harms Wäsche in die Maschine tat und sich dann den Resten vom Frühstück zuwandte, setzte Harm sich auf die Couch und rief Jason an. "MacKay" meldete sich Jenn. "Hi Jenn, ich bin's, Harm. Wie geht's dir?" "Gut, was macht deine Schulter?" fragte Jenn. "Das geht schon wieder. Was macht Jamie?" "Der liegt mit seinem Vater kuschelnd im Bett." "Na, da liegt er gut! Ist Jason wach, oder ist es im Moment eher ungünstig, mit ihm zu reden?" "Da muss ich nachsehen gehen, einen Moment" sagte Jenn und ging mit dem Hörer ins Schlafzimmer. Harm hörte im Hintergrund Jamie und Jason kichern. "Ja?" fragte Jason in den Hörer. "Hi, ich bin's" meldete sich Harm. "Wie ist die Stimmung" "Gut, du hattest recht" gab Jason zu. "Also ist alles in Ordnung mit Euch?" freute sich Harm. "Ja, alles Bestens. Und bei dir?" "Ich kann mich wirklich nicht beschweren" meinte Harm. "Hast du Jenn etwas erzählt von... na, du weißt schon... Nic und mir?" "Nein." "Du kannst es gern tun." "Nö, nicht nötig" meinte Jason grinsend. "Wieso?" fragte Harm verwirrt nach. "Das dürft ihr selber tun, bin ich hier der Bote?" "Nic hat mir erzählt, dass sie am Wochenende zum Geburtstag ihrer Mutter fährt. Sind Jenn und du auch dort?" "Ja, du auch?" fragte Jason überrascht. "Mal sehen, wenn Nic mich mitnimmt?" "Ich hoffs" sagte Jason lachend. "Wieso, du möchtest wohl unbedingt das Gesicht des Colonels sehen, wie?" "Nicht nur seines!" "Nic hat übrigens heute morgen meine Eltern kennen gelernt" erzählte Harm noch. "War bestimmt ein prickelndes Erlebnis." "Genau, die Details lass ich jetzt besser aus. Aber es ist mal wieder die Frage gefallen, die ich schon befürchtet hatte, und die ich sicher nicht das letzte Mal gehört habe" meinte Harm ein wenig bedrückt. "Damit musst du leben, aber wenn es dir ernst ist, ist dir das egal" sagte Jason. "Du hast recht, und das hab ich meiner Mom auch gesagt." "Dann ist ja alles geklärt. Dann freu dich mal auf ein langes Wochenende" grinste Jason, dem das einen Heidenspaß zu machen schien. "Na, dir gefällt's wohl, wie?" meinte Harm lachend. "Und wie, damit werden die beiden Tage echt amüsant." "Oh je, worauf lasse ich mich da nur ein!" meinte Harm im Scherz. "Selber schuld." "Ich weiß. Aber ich möchte auch nicht tauschen." "Gut, damit bist du ja auf der sicheren Seite" sagte Jason. "Sicher? Bei einer Familie von Jarheads? Na, ich weiß nicht" scherzte Harm. "Hey, ich leb auch noch." "Okay, ich werd mich schon dran gewöhnen. Also dann, ich wollte mich ja eigentlich nur erkundigen, wie es Euch geht. Dann macht's mal gut!" "Also dann bis bald" verabschiedete sich Jason und legte auf. Harm legte den Hörer beiseite und lehnte sich in die Couch. Nic räumte das gespülte Geschirr noch in den Schrank und ging dann zu Harm rüber. "Müde?" fragte sie ihn besorgt, da er ihr blass erschien. "Hmm, eigentlich nicht" meinte Harm. Nic setzte sich neben ihn und Harm legte seinen Arm um sie. "Ich muss dir noch was sagen, Harm" fing Nic an, "wegen dem Wochenende." "Möchtest du doch nicht, dass ich mitkomme?" "Doch, ich will Dich dabei haben, aber bis zu meinen Eltern sind es ja so drei Stunden Fahrt und darum will meine Mom, dass wir immer über Nacht bleiben" erklärte Nic. "Wenn du jetzt nicht mehr...." "Und wo ist da das Problem?" unterbrach Harm sie. "Ich dachte nur, es wäre vielleicht etwas viel für den …... Anfang." "Nein, es macht mir nichts aus, Nic. Ich möchte gern mit dir und deiner Familie zusammensein." "Ich hoffe, dass du das danach noch immer so siehst" sagte sie mit leichten Bedenken. "Nic, es geht mir doch vor allem um Dich. Was die anderen sagen oder tun ist da für mich zweitrangig" versuchte Harm ihr zu erklären. Sie lächelte ihn an und gab ihm einen langen und sehr liebevollen Kuss auf den Mund für diese Aussage. "Aber wir haben noch eine Woche" sagte sie. "Eine Woche wofür, Nic?" fragte er. "Um uns einzustimmen" grinste Nic und gab ihm einen weiteren Kuss. "Das brauchen wir nicht" meinte er zwischen zwei Küssen, "mir scheint, wir sind bereits auf der gleichen Welle…" "Schön, und was machen wir jetzt?" fragte Nic und kuschelte sich an Harms gesunde Schulter. "Am liebsten würde ich jetzt hier stundenlang so mit dir sitzen bleiben" meinte Harm und schmiegte sie an sich. "Dann machen wir das doch" sagte Nic, "alles was du willst." Sanft begann Harm, zunächst ihre Wange zu streicheln und ließ dann seine Hand tiefer wandern. Er versuchte dabei, seine verletzte Schulter ruhig zu halten. Nic gab Harm einen sanften Kuss und legte ihre Hand auf seinen Bauch. Seine Finger streiften ihre Brüste, als er langsam die Hand von ihrer Schulter zu ihren Hüften hinabwandern ließ. Nic stand kurz auf, aber nur um sich auf Harms Oberschenkel zusetzen und zwar so das sie ihn ansah. Sie fing an, sein T-Shirt aus der Jeans zu ziehen. Harm küsste sie leidenschaftlich auf den Mund, bevor er seine Hand unter ihr T-Shirt gleiten ließ. Nic zog ihm vorsichtig das T-Shirt aus und fing, an ihn mit Küssen zu verwöhnen. Beide begannen leise zu stöhnen. Um ihren BH zu öffnen, brauchte er beide Hände. Er ignorierte den leichten Schmerz in seiner Schulter und streifte ihr erst das Shirt und dann den BH ab. Nic streifte ihre Turnschuhe ab und widmete sich Harms Hals- und Nacken-Partie mit ihrem Mund, als es an der Tür klopfte. Harm seufzte und ließ sie dann enttäuscht von seinem Schoss gleiten. Nic hob den Pulli auf und zog ihn auf dem Weg zur Tür über. In der Zwischenzeit zog sich Harm sein T-Shirt wieder an, das Nic achtlos auf den Boden geworfen hatte. Nic atmete tief durch, bevor sie die Tür öffnete. "Hi, ich hoffe ich störe nicht" begrüßte AJ sie. "Hi, kommen Sie rein" sagte Nic lächelnd und ließ AJ vorbei. Sie drehte sich um und ihr Blick fiel auf ihren BH, der noch auf der Couch lag. "Guten Tag, Admiral" sagte Harm und ließ unauffällig das besagte Kleidungsstück unter ein Kissen verschwinden. "Wie geht es Ihnen, Rabb?" fragte AJ, dem der BH nicht entgangen war. "Ganz gut, Sir. Was gibt es neues bei JAG?" "Es läuft ganz gut ohne Ihre Eskapaden, Rabb" meinte AJ. "Haben Sie was von Webb gehört, Sir?" fragte Harm und ignorierte AJs Bemerkung. "Nur, dass er sich wohl um alles gekümmert hat und die Sache jetzt erledigt sei" meinte AJ und klang nicht sehr begeistert von den mangelnden Informationen, die er von Webb über den Fall und das weitere Vorgehen erhalten hatte. "Verstehe, Sir, wie immer. Und was ist mit Stevens?" wollte Harm wissen. "Er kommt mit seiner Mutter in ein Zeugenschutzprogramm, aber er wird wohl nicht in der Navy bleiben können, zu riskant" erklärte AJ. "Das hatte ich auch nicht wirklich erwartet, Sir." "Sie sind ja in guten Händen, da brauche ich mir ja keine Sorgen zu machen." "Ja, Sir" sagte Harm ernst, konnte aber nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel verräterisch nach oben zogen. "Ich bin dann mal wieder" meinte AJ, "falls Sie was brauchen oder wissen, wann Sie wieder zum Dienst kommen, rufen Sie an." "Werde ich machen, Sir" sagte Harm noch und brachte den Admiral zur Tür. "Wiedersehen" verabschiedete sich AJ und ging. Auf dem Weg zum Auto musste er grinsen.

Harm fuhr sich mit der Hand durch die Haare, nachdem er die Tür geschlossen hatte. "Meinst du, er hat was mitbekommen?" fragte er Nic. "Ja, ich denke schon" antwortete Nic. "Sogar sehr wahrscheinlich" meinte Harm grinsend und ging dann wieder auf sie zu. "Wo waren wir doch gleich stehen geblieben...." "Auf der Couch" sagte Nic und schob Harm in die Richtung. Sie stolperte über ihre Turnschuhe und landete auf Harms Schoss mit ihm auf der Couch, dabei stützte sie sich unbeabsichtigt auf seinen Schultern ab. Harm stöhnte vor Schmerz auf. Nic schreckte sofort auf und zog ihre Hände weg. "Tut mir leid, das wollte ich nicht" sagte sie leicht panisch und strich sanft über Harms Stirn. Harm schloss die Augen und versuchte seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen, aber die Schmerzen in seiner Schulter waren zu stark. "Ich hol dir was gegen die Schmerzen" sagte Nic sanft und stand auf, sie holte in der Küche ein Glas Wasser und die Schmerzmittel, die Harm vom Arzt bekommen hatte. Sie nahm eine von den Pillen aus der Verpackung. "Hier, schluck die" sagte sie, gab ihm die Tablette und half ihm mit dem Wasserglas. Harm schluckte die Tablette und ließ sich dann in die Couch zurücksinken. Er war kreidebleich geworden und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. "Ich bring dich lieber ins Bett, da ist es bequemer für dich" bot Nic an, sie fühlte sich schuldig für Harms momentanen Zustand. "Nein, warte, es wird gleich besser" meinte Harm heiser. "Bist du sicher? Du hast auch leichtes Fieber, Harm" sagte Nic besorgt und strich ihm sanft über die Wange. "Bestimmt, es wird schon" versicherte er leise. Nic nickte und setzte sich mit etwas Abstand zu Harm auf die Couch. "Komm hierüber" bat Harm sie. "Ich will dir nicht weh tun" sagte Nic leise. "Ich weiß doch, dass es keine Absicht war" sagte er. Nic rutschte langsam näher an Harms gesunde Seite und nahm seine Hand in ihre Hände. "Vielleicht sollten wir ein wenig langsamer vorgehen" meinte sie. "Ja, ich bin halt nicht in Form" meinte er und versuchte wieder zu lächeln. "Gut, wir machen uns eine ruhige Woche, nur faulenzen und ein bisschen kuscheln" schlug Nic vor. "Klingt gut" sagte er und drückte sie an sich. Langsam begann die Tablette zu wirken und er wurde schläfrig. "Willst du nicht doch ins Bett?" fragte Nic, der das auffiel. "Ich trau mich nicht, mich zu bewegen" antwortete er, halb im Scherz, halb ernst. "Verstehe, aber wenn du hier einschläfst, wird es Dir nachher nur noch mehr weh tun" gab Nic zu Bedenken. "Na gut" gab er sich geschlagen. Nic half Harm vorsichtig auf die Beine. Sie stützte seinen rechten Arm auf dem Weg ins Schlafzimmer und half ihm, sich dort ins Bett zu legen. Nic legte ein Kissen unter seinen rechten Arm um ihn zu stützen. "Geht es so?" fragte sie, als sie ihm die Turnschuhe und Socken auszog. "Ja, danke. Du lässt mich aber nicht allein, oder?" fragte er nach. "Nein, mach ich nicht" versprach sie, als sie ihm erst den Gürtel und dann die Jeans öffnete. Harm half ihr dabei die Jeans auszuziehen, indem er seine Hüfte anhob. Nic legte seine Sachen auf die Seite und setzte sich wieder auf die Bettkante. "Sag mir bitte, wenn das Schmerzmittel wirkt, damit ich noch mal nach der Wunde sehen kann" bat sie. "Hmmm" murmelte er. Nic lächelte und strich ihm sanft über die Stirn und die Wange. "Harm?" fragte Nic nach, ob er noch wach war. "Ja?" kam leise von ihm. "Dein T-Shirt, wir müssen es noch ausziehen" sagte sie sanft und half ihm schon vorsichtig auf. Sie zog ihm so vorsichtig wie möglich sein T-Shirt aus und half ihm dann, sich wieder flach hinzulegen. "Schlaf ein wenig" flüsterte sie ihm zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er legte sich wieder hin und war schon im nächsten Moment eingeschlafen. Nic wartete noch einen Moment um sicher zu sein, dass er schlief, bevor sie alles holte was sie brauchte, um seine Schulter zu versorgen. Obwohl sie wusste, dass Harm nichts mehr mitbekam, war sie sehr sanft und vorsichtig mit seiner Schulter. Die Wunde war so weit in Ordnung, es hatte nicht wieder angefangen zu bluten, aber sie war an den Rändern leicht gerötet. Sie reinigte die Einschussstelle sanft und verband die Schulter neu.

Als sie damit fertig war, ging sie in die Küche und sah nach, ob alles da war, was sie brauchte fürs Abendessen, denn vorher würde Harm nicht mehr aufwachen. Nic entschied sich für eine Gemüsesuppe, den viel Auswahl hatte sie nicht mehr an Lebensmitteln.

Es dämmerte bereits, als Harm langsam wieder wach wurde. Er rieb sich mit der linken Hand über die Augen und fühlte sich steif an. Vorsichtig schwang er die Beine aus dem Bett und versuchte aufzustehen, aber als er sich mit der rechten Seite abstützen wollte, zog der Schmerz durch seine Seite und er fiel zurück. Nic kam zu ihm ans Bett gelaufen. "Harm!" rief sie besorgt. "Schon gut, ich habe einen Moment nicht daran gedacht" sagte er noch immer schläfrig. "Bleib liegen" sagte Nic lächelnd und strich Harm über die Wange. "So was braucht seine Zeit, Harm, es ist gerade mal gut eine Woche her." "Ich hab da aber ein dringendes Problem" meinte er und versuchte noch mal, hochzukommen. "Na gut, aber danach gehst du sofort wieder ins Bett." Nic half ihm auf die Beine. Er ging kurz ins Bad und kroch ein paar Minuten später wieder unter seine Decke. "Harm? Wie fühlst du dich?" fragte Nic besorgt und legte eine Hand auf seine Stirn. "Ich bin ok" flüsterte er leise und drehte sich auf die Seite. "Hey, du hast noch immer Fieber" sagte Nic, "und du solltest was essen, ich habe gekocht." Er schlug wieder die Augen auf. "Was gibt es denn?" fragte er. "Eine leckere Gemüsesuppe." "Ah so. Okay, ich komme" sagte er und versuchte wieder aufzustehen. "Du bleibst liegen" sagte Nic streng, "wenn du mir umkippst, kriege ich dich nicht ins Bett getragen." Er gab sich geschlagen und ließ sich wieder zurücksinken. Nic lächelte ihn zufrieden an und ging dann in die Küche, sie kam kurze Zeit später mit einem Tablett wieder, auf dem ein Suppenteller und ein Glas Saft stand. Sie stellte es neben das Bett ab und half Harm dann, sich aufzusetzen. Nachdem sie ihm noch ein Kissen in den Rücken gelegt hatte, stellte sie das Tablett, das ausklappbare Füße hatte, aufs Bett. "Aber jetzt bleibst du hier, ja?" bat er. "Nur wenn du ein braver Patient bist und artig im Bett bleibst" sagte Nic ernst und nahm den Löffel zur Hand, um Harm zu füttern. "Nic, das kann ich doch allein" meinte er. "Aber das macht dann nicht halb soviel Spaß" grinste Nic und wartete noch immer, dass Harm den Mund öffnete, damit sie ihn füttern konnte. Er sah sie schmunzelnd an und spielte dann mit. Nach dem Essen rutschte Harm wieder in seine Kissen, hielt er aber Nic am Arm fest. "Es tut mir leid" entschuldigte er sich. "Was tut dir leid?" fragte Nic nach mit einem Lächeln. "Dass ich dir so viel Arbeit mache" meinte er ernst. "Du machst mir keine Arbeit" sagte Nic sanft, "dafür hab ich dich viel zu lieb." Sie gab ihm einen sanften Kuss um ihre Aussage zu unterstützen. 'Vielleicht bilde ich mir das nur ein', dachte er, 'aber hat sie gerade nicht was von lieb haben gesagt?' Mit einem zufriedenen Lächeln drehte er sich zur Seite und schlief wieder ein. Nic strich ihm durch die Haare und kraulte ihm sanft den Nacken, bis sie sicher war, dass er fest eingeschlafen war, bevor sie das Geschirr in die Küche brachte. Anschließend rief sie noch ihre Mutter an, um ihr zu sagen, dass sie am nächsten Wochenende ihren Freund mitbringen würde, dabei behielt sie aber für sich, dass es sich bei diesem Freund um Harm handelte. Ihre Mutter freute sich, dass Nic endlich einen Freund hatte, den sie ihren Eltern vorstellen wollte.

Nic kümmerte sich die ganze Woche um Harm, sie versorgte jeden Tag seine Schulter und sorgte für ihn. Harm schonte sich brav und verbrachte fast die ganze Zeit im Bett. Er und Nic hielten sich in den nächsten Tagen etwas zurück bei dem Versuch, sich näher zukommen. Nic gab Montag alleine ihre Abschlussarbeit ab und ging anschließend noch schnell einkaufen, sie ließ Harm nur selten und wenn nur kurz alleine.

Am Freitag brachte Nic Harm wieder zum Arzt, der sehr zufrieden mit dem Zustand der Wunde war und Harm für Montag bedingt diensttauglich schrieb. Auf dem Rückweg zu Harms Apartment kauften die beiden noch einen schönen Blumenstrauß für den Geburtstag von Nics Mutter.

Den Abend verbrachten sie gemeinsam vor dem Fernseher, Nic eng an Harms linker Schulter gekuschelt. So schliefen sich auch ein, und es war bereits Mitternacht, als Harm wieder erwachte. Sanft weckte er Nic und gemeinsam gingen sie dann ins Schlafzimmer.