Die Entführung JAG HQ 05.08.2002 Montag, 08:15 Uhr Die neue Woche begann ruhig, es stand kein neuer Fall an. Harm war pünktlich im Büro und konnte sich endlich einmal seinem Aktenberg zuwenden. Erstaunlicherweise hatte er heute seine Ruhe und so hatte er sechs Stunden später endlich alles geschafft und klappte die letzte Akte zu. Er schaute auf die Uhr und entschied, dass es zu früh war, den Tag bereits zu beschließen, also nahm er noch die Bücher, die sich in der letzten Zeit bei ihm angesammelt hatten und brachte sie zurück zur Bücherei. Anschließend sortierte er noch die bearbeiteten Akten ab und nahm dann gegen 1600 seine Tasche um das Gebäude zu verlassen. Er konnte sich nicht helfen, er traute der Ruhe nicht, es war wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm... Am nächsten Morgen bearbeitete er gerade die Post, die Harriet ihm gebracht hatte, als Tiner an seinen Türrahmen klopfte. „Ja, Tiner?“ „Der Admiral will Sie sprechen, Sir.“ „Ich bin unterwegs“ sagte Harm und stand auf. Tiner ging zurück zu seinem Schreibtisch, während Harm an der Tür zum Büro des Admirals klopfte. „Herein!“ Harm betrat das Büro und nahm Haltung an. „Commander Rabb wie befohlen zur Stelle.“ „Stehen Sie bequem, Commander“ sagte der Admiral. „Mr Webb braucht mal wieder unsere Hilfe.“ Harm zog die Augenbrauen nach oben, sagte aber nichts. „Allerdings kann er aus irgendwelchen Gründen, die er mal wieder für sich behält, nicht hierhin kommen“ sagte der Admiral und seufzte. „Er hat gebeten, dass Sie doch bitte nach Langley kommen.“ „Wissen Sie schon, was mich erwartet, Sir?“ fragte Harm nach. „Nein, Commander, aber der SECNAV hat, was immer es ist, genehmigt.“ „Aye, Sir. Ich könnte mich sofort auf den Weg machen, bei mir liegt gerade nichts an.“ „Dann tun Sie das, Rabb. Weggetreten!“ Harm nahm wieder Haltung an. „Aye-Aye, Sir“ sagte er und verließ dann das Büro des Admirals. Er holte seine Tasche und sein Handy aus seinem Büro und machte sich auf den Weg. Im CIA-Hauptquartier meldete Harm sich beim Empfang und ging dann direkt zu Webbs Büro. „Guten Morgen“ begrüßte er ihn. „Was gibt es so dringendes?“ „Herzlichen Glückwunsch, Webb, Sie haben es tatsächlich geschafft, die Festplatte zu frittieren!“ war eine Stimme unter Webbs Schreibtisch zu hören, die nicht gerade begeistert klang und Harm außerdem noch bekannt vorkam. „Ich bin sofort so weit, Rabb“ meinte Webb nur zu Harm. „Was heißt das jetzt?“ fragte er dann den Mann, der unter seinem Schreibtisch die entsprechende Festplatte ausbaute. „Für mich Arbeit und für Sie eine Pause ohne PC“ sagte Walker und stand mit der Festplatte in der Hand auf. „Guten Morgen“ sagte Harm, als er erkannte, warum ihm die Stimme bekannt vorkam. „Lange nicht gesehen.“ Walker sah Harm überrascht an. „Was machen Sie denn hier, Commander?“ „Sie kennen sich?“ fragte Webb. „Ja“ sagte Harm nur. „CIA und Navy arbeiten ab und an mal zusammen“ sagte er dann zu Walker. „Wo wir schon beim Thema sind, ich brauch die Daten schnell und dazu noch einen lauffähigen PC“ mischte Webb sich ein. „Sie haben doch noch einen Laptop“ meinte Walker nur, verließ das Büro und schloß die Tür hinter sich. „Also, worum geht es diesmal?“ fragte Harm nicht sehr begeistert. „Es ist ganz einfach und überhaupt nicht gefährlich“ meinte Webb während er sich setzte und Harm andeutete, ebenfalls Platz zu nehmen. „Das sagen Sie immer“ meinte Harm und setzte sich. „Sie haben doch sicherlich irgendwelche Kontakte zur Naval Academy, oder, Rabb?“ fragte Webb nach, obwohl er die Antwort vermutlich schon kannte. „Sie würden nicht fragen, wenn Sie das nicht wüssten.“ „Ist das ein Ja?“ Harm verdrehte die Augen. „Wollen Sie es schriftlich?“ „Ich nehme jetzt mal an, dass das ein Ja ist“ sagte Webb. „Sie sind doch sonst nicht so schwer von Begriff“ entgegnete Harm. „Ja, ich habe Kontakt zur Naval Academy, jetzt zufrieden?“ „Geht doch“ meinte Webb nur. Harm schaute genervt zu Decke. „Wo wir das nun geklärt hätten, worum geht's jetzt?“ „Könnten Sie Lieutenant MacKay darum bitten, dass er jemanden für uns beobachtet und herausfindet mit wem sich diese Person so trifft?“ fragte Webb. „Ach, jetzt wissen Sie auf einmal, wen ich dort kenne? Ja, ich kann ihn fragen, vorausgesetzt, Sie sagen mir endlich, was Sie wollen!“ „Es geht um Kadett Nathan Stevens, MacKay soll nur herausbekommen, mit wem sich der Kadett trifft und was er so macht, nicht mehr und nicht weniger, aber er soll dabei unauffällig vorgehen“ erklärte Webb unbeirrt weiter. „Was liegt gegen ihn vor?“ wollte Harm wissen. „Nichts, was Sie wissen müssen.“ „Ich habe nicht vor, MacKay irgendwie in Gefahr zu bringen, nur weil Sie für sich behalten, was da vor sich geht“ entgegnete Harm. „Es kann nichts passieren, solange sich der Lieutenant nicht zu blöd dabei anstellt.“ „Falsche Antwort“ meinte Harm nur und wollte aufstehen. „Ich habe die Genehmigung vom Secnav dafür, Rabb“ sagte Webb und legte ihm das Schreiben vor. „Und wenn Sie nicht wollen, dass das Auswirkungen auf die Karriere des Lieutenant hat...“ „Drohen Sie mir nicht, Webb, das bekommt Ihnen nicht, das ist nicht das letzte Mal, dass Sie was von JAG wollen“ meinte Harm. „Ich droh Ihnen nicht, Rabb.“ „Ach, und wofür soll ich das hier halten?“ fragte Harm sarkastisch. „Eine Feststellung, Rabb.“ „Wenn es Ihnen um den Lieutenant geht, wozu brauchen Sie dann mich?“ „Das ganze soll so unauffällig wie möglich ablaufen, darum sollen Sie auch mit dem Lieutenant reden“ meinte Webb. „In Ordnung, ich werde mich mit ihm unterhalten“ lenkte Harm ein. „Aber ich möchte zumindest wissen, was passieren kann, wenn der Lieutenant nicht vorsichtig genug ist.“ „Kann ich nicht sagen“ sagte Webb. „Webb, ich habe nicht vor, meine Freunde in Gefahr zu bringen, dazu können weder Sie noch der Secnav mich zwingen.“ „Ich kann Ihnen nicht sagen was passieren kann, weil ich es nicht weiß“ gab Webb zu. „Was wissen Sie überhaupt?“ „Das darf ich Ihnen nicht sagen, nur das es wichtig ist.“ „Na wunderbar, das liebe ich so an Ihnen: ‚Es ist ganz ungefährlich‘ und im nächsten Moment steht mir dann jemand mit einer Waffe gegenüber.“ Walker kam mit einer Festplatte in der Hand in Webbs Büro. „Hier, Ihre Daten, viel Spaß beim Einbau“ meinte er, legte die Platte auf den Tisch und dazu noch vier Schrauben und einen Schraubenzieher. „Was soll das?“ fragte Webb leicht gereizt. „Ich habe gleich einen Termin, entweder warten Sie oder bauen das Teil selber wieder ein, ist gar nicht so schwer“ sagte Walker und schloß die Tür hinter sich. Webb sah ihm entgeistert hinterher und nahm dann die Festplatte in die Hand. Harm grinste. „Na, der mag Sie aber.“ Webb sah Harm nur mit einen strafenden Blick an. „Ok, also wann brauchen Sie Ihre Informationen?“ „So schnell wie möglich.“ Harm sah auf die Uhr. „Bis Annapolis brauche in eine Stunde, ich werde MacKay am besten persönlich informieren, das fällt nicht auf, ich war erst am Wochenende dort. Wie lange soll er den Kadetten in Augenschein nehmen?“ „So lange es geht, und jeden Tag einen Bericht über die Beobachtungen.“ „Hervorragend, und gaaanz unauffällig.“ Harm ging zur Tür. „Ich nehme an, die Berichte soll er direkt an mich schicken?“ „Ja.“ „Ich melde mich, sobald ich was weiß“ sagte Harm und verließ das Büro. Harm kam während der großen Pause in Annapolis an und ging zu dem Gebäude, in dem MacKay unterrichtete. Er fand ihn in dem ansonsten leeren Klassenraum vor. „Guten Morgen“ begrüßte er ihn und winkte gleich ab, als Jason Haltung annehmen wollte. „Morgen, Sir“ sagte Jason und setzte sich wieder. „Wenn es nach meinen Vorgesetzten geht, bin ich hier ganz privat“ begann Harm und setzte sich ebenfalls. „Aha“ meinte Jason und zog eine Augenbraue hoch, „und um was geht es, Sir?“ „Ich sag ja, privat, also lass das ‚Sir’ weg“ meinte Harm. „Ist vielleicht auch zu deiner eigenen Sicherheit.“ „OK.“ Harm sah sich um. „Gibt es hier irgendwo einen Raum, wo uns ganz sicher niemand hört?“ fragte er dann leise. „Keine Ahnung, wir können ja raus gehen, auf den Hof“ schlug Jason vor. „Super Idee, soll ich vielleicht gleich ein Megafon nehmen?“ murmelte Harm. „Ich denke, dann bleiben wir besser hier.“ Er stand auf und schloß die Tür. „Also, was ist denn so geheim?“ wollte Jason wissen. „Die CIA braucht unsere Hilfe, genauer gesagt, deine. Ich war heute Morgen in Langley und habe mich beinahe mit Webb in die Haare bekommen, weil er mir nicht sagen wollte, worum es genau geht. Aber da hätte ich auch gegen eine Wand reden können.“ Harm setzte sich wieder. „Die CIA möchte, dass du einen Kadetten namens Nathan Stevens unter die Lupe nimmst, aber bitte unauffällig.“ „Und weswegen?“ fragte Jason nach. „Diese Frage war der Grund, weshalb ich mit ihm aneinander geraten bin, ich weiß es nicht“ gab Harm zu. „Er hat mir nur gesagt, dass du vorsichtig dabei sein sollst. Ach ja, der Secnav hat die Operation abgesegnet.“ „Verstehe. Und was soll ich raus finden?“ „Du sollst ihn beobachten, was er so macht, oder mit wem er sich trifft. Ich bin dein Mittelsmann, du erstattest täglich Bericht an mich, aber bitte auch unauffällig“ erklärte Harm. „Wie unauffällig? Soll ich dir jeden Tag einen Liebesbrief schreiben oder wie?“ grinste Jason. „Versuchs doch lieber mit einer simplen E-Mail“ schlug Harm vor. „Bei einem Liebesbrief kann ich Jenn nicht mehr unter die Augen treten“ fügte er schmunzelnd hinzu. „OK, mailen wir uns eben“ gab sich Jason geschlagen. „Ich erwarte dann morgen einen Bericht. Und bitte sei wirklich vorsichtig, ich sag das nicht nur so, Webb hat mich schon mehr als einmal in eine brenzlige Situation gebracht, die doch angeblich ganz ungefährlich war.“ „Ich bin doch immer vorsichtig, kennst mich doch.“ „Wäre mir neu“ meinte Harm grinsend und stand dann auf.
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