Nachrichten Für Filmschaffende
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442 | 14. Februar 2019 Nachrichten für Filmschaffende herausgegeben von Peter Hartig, Oliver Zenglein und Vincent Lutz 442 | 14. Februar 2019 Fair Film Award | 2 Im zehnten Jahr bewerteten die Filmschaffenden die Produktionsbedingungen des vergangenen Jahres. Der »Fair Film Award« wurde dieses Jahr im Rahmen des Crew Call verliehen. Besser arbeiten Die Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände ist verschwunden. Ihr Preis ist geblieben. Am Eröffnungsabend der Berlinale wurden beim Crew Call die »Fair Film Awards« verliehen. Tex t Jan Fedesz Titel und Foto: Alena Sternberg 442 | 14. Februar 2019 Fair Film Award | 3 Nach zwölf Jahren darf man’s wohl eine Traditi- den Tarifverhandlungen festlegen: Die Vereinte on nennen: Am Eröffnungsabend der Berlinale Dienstleistungsgewerkschaft und der Schau- feierten die Filmschaffenden ihre eigene Party spielverband BFFS. »Wir hoffen sehr, dass nach beim Crew Call, es war der 22. überhaupt. Bevor der Berlinale die Branche einen Weg diskutiert, die Feier aber losging, gehörte die Bühne für eine wie dieser Preis weitergehen kann«, sagte Zeng- halbe Stunde der Arbeit – und den Bedingungen, lein. unter denen sie sich auch bei den Werken voll- zieht, die in den kommenden Tagen in den Festi- Weil’s bei dem Preis eben nicht um Ruhm und valkinos vorgestellt wurden: Die »Fair Film Glamour geht, diente auch die »Mini-Gala« (der Awards Fiction« wurden verliehen. Organisator nannte es eine »Notlösung«), wieder Das ist »ungewöhnlich und sicherlich eine moderiert von Lisa Basten und Rüdiger Suchs- Ausnahme, denn das ist nicht unser Preis«, be- land, ein wenig der Weiterbildung und dem tonte Oliver Zenglein von Crew United, die in die Netzwerken. Als Laudatorinnen traten Film- Berliner Kulturbrauerei eingeladen hatten, an schaffende aus der Schweiz und Österreich auf das Publikum gerichtet. »Wenn dieser Preis die Bühne: überhaupt jemandem gehört, dann gehört er Die Schauspielerin Mercedes Echerer hatte euch.« sich von 1999 bis 2004 als Abgeordnete im Euro- Die Idee, faire Arbeitsbedingungen auszu- päischen Parlament für Urheberrechtsfragen zeichnen, um auf das Thema aufmerksam zu stark gemacht, danach gründete sie das Film- machen, hatte die Bundesvereinigung der Film- netzwerk EU XXL. In Berlin erklärte sie kurz, war- schaffenden 2010 – anfangs nannte sie ihren um die Branche als erstes Aufmerksamkeit Preis noch zaghaft »Hoffnungsschimmer«. Crew braucht: »Wir überlassen das Feld denjenigen, United hatte die Auswertungen ab dem zweiten die viel zu wenig über unsere Belange und Be- Jahr organisiert. Doch im vorigen Jahr stand zu- dürfnisse wissen. Wer sitzt denn in den Parla- mindest die Preisverleihung plötzlich in Frage – menten? Wer sitzt denn in den Entscheidungs- die Bundesvereinigung wird vermisst. Das klingt positionen? Wenige von den Kreativen bis gar ziemlich seltsam, ist aber die einzig treffende keine. Wer weiß denn, was entstehen muss, be- Formulierung. vor überhaupt das erste Wort in einem Drehbuch Fast alle Berufsverbände der Branche unter- niedergeschrieben wird? Wer weiß denn in der stützten damals die Alternative: eine Preisverlei- Politik, was passieren muss, damit ein richtiges hung am Nachmittag vor dem Crew Call, mit Im- Catering zum richtigen Zeitpunkt da ist, ein pulsvorträgen und Podiumsdiskussion, wie die Casting funktioniert? Die richtige Besetzung, das Branche sich besser organisieren könne. Das richtige Team da ist? Niemand weiß es. Wir müs- Medienboard Berlin-Brandenburg förderte. sen es ihnen erzählen. Dann, wenn sie uns viel- In diesem Jahr waren die Filmschaffenden auf leicht verstehen, können wir mit unseren Be- sich gestellt. Und 22 Institutionen und Verbände dürfnissen einen Schritt weiterkommen.« zahlten mit, damit der Preis für faire Arbeitsbe- Nicole Barras ist Geschäftsführerin des dingungen wieder über die Bühne gehen konnte. Schweizer Syndikats Film und Video, das zwölfc Nicht dabei waren ausgerechnet die beiden Or- Berufsgruppen vertritt. In Deutschland sei das ganisationen, die diese Arbeitsbedingungen in leider unvorstellbar, staunten die Moderatoren. 442 | 14. Februar 2019 Fair Film Award | 4 Diese Verbände trugen den Preis für faire Produktionsbedingungen. Berufsverband Kinematografie Berufsvereinigung Filmton Bundesverband Beleuchtung und Bühne Bundesverband Casting e.V., Bundesverband der Fernsehkameraleute Bundesverband deutscher Stuntleute Bundesverband Filmschnitt Editor Bundesverband Locationscouts Bundesvereinigung Maskenbild Deutsche Akademie für Fernsehen Deutsche Filmakademie fairTV EU XXL Film Interessenverband Deutscher Schauspieler Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild e.V., Verband der Requisiteure & Set Decorator Verband Deutscher Filmproduzenten VdNA-Film Verband Deutscher Nachwuchs-Agenturen Verbände PRO Tarif (VPT) Filmverband Südwest VRFF Die Mediengewerkschaft – BG Freie Produktionswirtschaft 442 | 14. Februar 2019 Fair Film Award | 5 Die Schweiz sei halt zu klein für einzelne Berufs- > Chancengerechtigkeit, Gleichbehandlung und verbände, meinte Barras. Deshalb musste man Diversität; sich schon am Anfang zusammenraufen, »und > Vertragskonditionen, Gagenhöhe und Entgelte; so funktioniert das seit 44 Jahren.« > Kommunikation und Arbeitsklima; Ist demnach alles besser in der Schweiz? > Arbeitszeiten und Arbeitsschutz; »Überhaupt nicht«, sagte Barras. Auch dort drän- > Professionalität und Qualifizierung; ge alles zur Serie, der Preisdruck steige, es gebe > Umweltschutz; keine Mindestlöhne … »Wir müssen uns auf die > Nachhaltigkeit, Solidarität und Perspektiven. Hinterbeine stellen.« Ihr Lösungsweg: »Mit allen Partnern reden … Und natürlich würden wir ger- Die Gesamtnote bestimmt die Preisträger in ne auch einen ›Fair Film Award‹ in der Schweiz den beiden Kategorien Spielfilm und Serie. Die auf die Beine stellen. Da sind wir noch in den An- Unterteilung war im vorigen Jahr erfolgt, um die fängen.« unterschiedlichen Produktionbedingungen zu berücksichtigen. Für Dokumentarfilme gibt es Über die Preisträger hatten wieder alle Mitar- den eigenen »Fair Film Award Non-Fiction«, der beiter der jeweiligen Produktionen geurteilt. im Mai auf dem Dokfest München vergeben Erstmals wurden aber sieben Kategorien einzeln wird. mit Schulnoten bewertet: Die Preisträger dieses Jahres: Spielfilm: Polizeiruf 110 – Tatorte Serie: Das Wichtigste im Leben Regie: Christian Petzold Regie: Till Franzen, Laura Lackmann, Stefan Produktionsleiter: Cecile Lichtinger Bühling Produktion: Claussen & Putz Produktionsleiter: Olav Henk Produktion: Bantry Bay Productions Die Bewertungen für den »Fair Film Award 2019«: Der Stream zur Preisverleihung: http://tinyurl.com/yygxucpd http://tinyurl.com/y6bxt487 http://tinyurl.com/ycu3kbc9 Fotos: Alena Sternberg Du kannstt mal wiedder nicht in den SSpiegelSpiegel seehen ? Wir ändeern Pere sppektiven ! wwww.tannhaus.coom 442 | 14. Februar 2019 Filmfestivals | 7 Nur kommende Filme schauen und staunen? Von wegen! Auf Filmfestivals wird getroffen, gelernt, geredet und noch viel mehr. Wie neulich beim Max-Ophüls-Preis im Werkstattgespräch zwischen Urs Spörri und Iris Berben. Eine eigene Welt Berlin strahlt zur Zeit im Scheinwerferlicht. Doch Filmfeste sind meist mehr als Glitzer und Party. Sondern Werkstätten der Filmkultur – und eine Chance fürs Kino, erklärt die Festivalforscherin Tanja C. Krainhöfer. Interview Peter Hartig Foto: Max Ophüls Preis, Oliver Dietze 442 | 14. Februar 2019 WORLD OF ENTERTAINMENT TECHNOLOGY Frau Krainhöfer, seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Filmfestivals rund um die Welt INTERNATIONALE vervielfacht. Woher kommt dieses plötzliche, ra- pide Wachstum? FACHMESSE UND KONGRESS Zuallererst ist der Film neben seiner Funktion als BERLIN · 18.–20. JUNI 2019 Wirtschaftsgut das Kulturmedium mit der größ- ten Attraktivität und dem breitesten Zugang un- ter einem möglichen Publikum. Unabhängig von Herkunft, Bildung oder sozialem Hintergrund verfügt der Film über eine Beliebtheit weit über Literatur, Theater, Tanz hinaus. Auch deshalb gelingt es Filmfestivals auf vie- len Feldern, Wirkung zu erzielen und wertvolle Impulse zu setzen: In Deutschland zum Beispiel erweitern sie an kleinen Standorten wie auch auf dem Land deutlich das kulturelle Angebot oder erhalten die Kinokultur, wo die Kinos selbst oft verschwunden sind. Aber auch in den Städten sprechen sie ein Publikum an, das im normalen Kinobetrieb kaum oder gar nicht bedient wird. Das gilt nicht nur für spezielle Interessen, wie sie etwa das rumänische Filmfestival für die ru- mänische Diaspora oder Freunde des südosteu- ropäischen Films bedient oder wie Underdox als Festival für Dokument und Experiment den Ci- neasten herausragende künstlerische Positionen präsentiert. Gleichzeitig sind sie eine der letzten Bastio- nen des (europäischen) Arthouse-Kinos. Sie zäh- len dabei zu den wenigen Orten einer öffentli- chen Auseinandersetzung mit aktuellen gesell- schaftlichen Themen. Diese Qualität, einen Diskurs anzuregen, zeigt sich auch in den zahl- reichen deutschen Filmfestivals, die das Goethe- Messegelände Berlin Institut oder auch German Films im Ausland ver- www.stage-set-scenery.de anstalten, ebenso wie die Filmfestivals der welt- weiten diplomatischen Einrichtungen der Europäischen Union. Und schließlich dienen viele Filmfeste an den unterschiedlichsten Orten als wertvolle kulturel- 442 | 14. Februar 2019 Filmfestivals | 9 le Leuchttürme, die enorme Effekte für die lokale foren, selbst auf kleineren Festivals finden sich Wirtschaft haben und dabei Image und Attrakti- weiterführende Angebote