KEYS 12-2015 Leseprobe
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Schritt für Schritt zum perfekten Mix MAGAZIN Interview Chvrches Clinch Danny Foto: Interview: Chvrches Klare Linie Auf ihrem zweiten Album findet die schottische Elektropop-Band Chvrches zu einem noch klareren Sound. Iain Cook und Lauren Mayberry haben uns verraten, wie „Every Open Eye“ entstanden ist. er große Erfolg ihres Debüts nun noch einmal einen drauf, vor allem was sollten aber fokussierter klingen, und „The Bones of What You Believe“ die Effi zienz ihrer Arrangements angeht. ich glaube, das haben wir auch erreicht. D erwischte Chvrches 2013 unvor- Bei den drei Schotten regiert jetzt die klare Meines Erachtens klingt das Album viel bereitet. Iain Cook (Synths, Gitarren, Bass) Linie. Iain Cook und Lauren Mayberry selbstsicherer – wie eine veredelte Version und Martin Doherty (Synths, Vocals) waren sprachen mit uns über die Produktion ihres derselben Band. zwar schon ewig befreundet, hatten aber neuen Albums. jahrelang getrennt in eher obskuren Bands KEYS: Beim Aufnehmen von aus Glasgow gespielt beziehungsweise – in KEYS: Euer Debüt „The Bones of What „Every Open Eye“ habt ihr euch an Cooks Fall – auch als Film- und Fernseh- You Believe“ hat sich seit seinem Quincy Jones orientiert. komponist gearbeitet, bevor sie sich 2011 Erscheinen 2013 als ziemlich einfl uss- Könnt ihr das ein wenig erläutern? entschlossen, endlich ein gemeinsames reich erwiesen. Wart ihr da verleitet, Iain Cook: Uns hat Quincy Jones‘ He- Projekt zu starten. Die beiden baten wenig diesmal bewusst in eine andere rangehensweise ans Produzieren und später die freiberufl iche Journalistin Lauren Richtung zu gehen? Arrangieren inspiriert, besonders seine Mayberry, zu einigen ihrer Demos zu singen Lauren Mayberry: Wir haben uns gar Arbeiten mit Michael Jackson. Die von – Chvrches waren geboren. Es folgte ein nicht richtig darüber unterhalten, was für Quincy produzierten Stücke aus dieser Top-10-Album im Vereinigten Königreich eine Art Album wir genau schreiben wollen, Zeit klingen richtig voll und groß, aber und internationale Hits wie „Recover“ oder bevor wir damit angefangen haben. Wir wenn man sie analysiert, fällt auf, dass es „The Mother We Share“. wollten eine natürlich Entwicklung von eigentlich nur recht wenige Elemente im Mix Mit dem im Sommer erschienenen neuen unserer ersten zur jetzigen Platte. Die gibt. Auf unserem ersten Album haben wir, Album „Every Open Eye“ legen Chvrches Produktion und das Songwriting als Ganzes vielleicht aus Unerfahrenheit oder weil uns 22 KEYS 12/2015 www.keys.de Interview Chvrches MAGAZIN >> Es fühlt sich wie ein Stück an, dass aus einem Ort der Anspannung und Trau- rigkeit zu einem Platz gelangt, in dem Klarheit und Befreiung herrschen. << nur wenige Synths zur Verfügung standen, Partei helfen, noch etwas zu entdecken duktionstechnisch ist uns besonders der etwas überkompensiert, indem wir alles in und vielleicht weiterzuentwickeln, dass wir Moment, als wir die End-Sektion eingespielt die Songs geschmissen haben, was sich übersehen oder einfach beiseitegeschoben haben, in guter Erinnerung geblieben. Wir irgendwie anbot. Die Arrangements wurden haben. Abgesehen davon hat Mark auch sind da im Studio wie Idioten herumgetanzt mit jeder Menge Sounds überfrachtet, schlicht ein unglaubliches Paar Ohren, und – was normalerweise der Zeitpunkt ist, an anstatt einfach einen einzelnen passenden seine Gesangs- und Drum-Bearbeitungen dem wir wissen, dass wir etwas Handfestes Klang zu suchen und dafür einen Platz sind Weltklasse. Besonders, was er mit geleistet haben. im Mix zu fi nden. Der Gedanke an diesen Laurens Vocals anstellte, hat uns einfach schlankeren Weniger-ist-mehr-Ansatz kam umgehauen. KEYS: Welche Instrumente wurden uns dann tatsächlich schon lange, bevor auf „Clearest Blue“ eingesetzt? wir überhaupt einen Fuß ins Studio gesetzt KEYS: Das Stück „Clearest Blue“ diente Iain: Wir haben den DSI Prophet 12 für eine haben. euch in mancher Hinsicht als Vorlage für Menge Sounds in diesem Stück benutzt. den Rest des Albums. Welche Aspekte Die meiste Zeit kristallisieren Songs sich bei KEYS: „Every Open Eye“ wurde von hat das genau eingeschlossen? uns heraus, wenn wir im Studio mit Synths, Mark „Spike“ Stent gemischt, der in der Lauren: Ich denke, die Stimmung dieses Drum-Maschinen oder anderen Instrumen- Vergangenheit zum Beispiel schon für Songs, sowohl klanglich wie emotional, hat ten herumspielen. Aus dem ursprünglichen seine Arbeiten mit Madonna, Muse und uns defi nitiv geholfen, herauszufi nden, in Funken entsteht dann in der Regel das Beyoncé Grammys gewonnen hat. Wel- welche Richtung wir das Album anlegen Grundgerüst des Songs. Ich liebe den Pro- chen Einfl uss hatte Mark auf das Album? wollten. Es war auch großartig, das Stück phet 12. Er ist sehr modern und fl exibel, hat Iain: Mark stellte von Anfang an klar, live zu spielen, weil die Leute wirklich auf aber trotzdem eine Menge vom Charakter dass es um unser Album und daher auch den emotionalen Aufbau des Songs reagie- und der Wärme meiner Lieblings-Analog- ausschließlich um unsere Vision geht. Sein ren. Diese Art von Publikumsreaktion ist Gear. An einigen Stellen hört man auch Job sollte also nur darin bestehen, unsere die wichtigste Form von Feedback, die wir einen Moog Voyager, einen Jupiter-8 und Vorstellungen umzusetzen – und zwar so überhaupt bekommen können. einen DSI Pro 02. gut wie möglich. Wir waren schon immer Iain: Ich glaube auch, dass „Clearest Blue“ der Meinung, dass es essenziell ist, jeman- perfekt das Gleichgewicht zwischen Me- KEYS: Waren das auch generell den außerhalb der Band, der mit frischen lancholie und Anmut hält. Was meiner Mei- eure Hauptinstrumente? Ohren an die Musik geht, mischen und nung nach generell der Grundstein unseres Iain: Ja, aber in diese Reihe gehören dann mastern zu lassen. Das gilt besonders für Songwritings ist. Es fühlt sich wie ein Stück auch noch der Juno 106 und der Oberheim eine Konfi guration, wie sie bei uns gegeben an, dass aus einem Ort der Anspannung OB-XA. Der Jupiter-8 ist meiner Meinung ist. Wir schreiben, recorden und produzie- und Traurigkeit zu einem Platz gelangt, in nach schlicht die Mutter aller analogen ren ja selbst. Manchmal kann eine dritte dem Klarheit und Befreiung herrschen. Pro- Poly-Synths, vor allem die Flächen sind SPECIAL Schritt für Schritt zum perfekten Mix KEYS-Special, Teil 1 Der Mix in der Theorie shutterstockcom/PrinceOfLove FC: Eher Hand- als Hexenwerk Die Mischung eines Musikstücks wird oft zu einem mythischen Vorgang verklärt, bei dem Eingeweihte okkultes Wissen in einem für Außenstehende undurchschaubarem Ritual zele- brieren. Dabei ist eine Mischung eigentlich banales Handwerk und kein Voodoo. Wir zeigen Ihnen, wie es in der Praxis funktioniert, Schritt für Schritt. ass die Musik-Mischung für viele Unterschied gehört. Nicht, weil es den men und vielleicht gerade mal 5 Prozent den Anschein eines Voodoo-Rituals nicht gegeben hätte, sondern, weil ich nicht machen spezielle Geräte, Mischpulte und D hat, liegt zum einen an der Natur wusste, auf was ich achten sollte. Arbeitstechniken aus. Doch was zeichnet der Musik. Musik ist in der Lage, uns Und Toningenieure pfl egen den Mythos emotional zu bewegen. Da kann es einem auch gerne. Gerade wenn Kunden bei schon wie Magie vorkommen, wenn ein einer Mischung anwesend sind, kann man Toningenieur innerhalb einiger Stunden aus beobachten, dass so mancher Kollege KEYS INHALT SPECIAL einem dumpfen, verwaschenen Klangbrei einen Millimeter hier und einen Millimeter eine Nummer destilliert, die die Füße zum da dreht und, obwohl eigentlich kaum ein Wackeln bringt oder uns zu Tränen rührt. Unterschied zu hören ist, anschließend Ein weiterer Faktor sind die vielen Knöpfe, proklamiert, dass es um 300 Hertz jetzt Special, Teil 1 Fader und Meter und für Laien mysteriöse transparent klingt. Der Mix in der Theorie Seite 36 Geräte wie etwa ein Kompressor. Ich kann mich noch genau an die Mischung des Was macht eine gute Special, Teil 2 ersten 8-Spur-Banddemos erinnern. Unser Mischung aus? Der Mix in der Praxis Seite 40 Mischer hatte extra einen sündhaft teuren Eine gute Musikmischung ist keineswegs Kompressor ausgeliehen und schwärmte Hexerei, sondern zu 60 Prozent solides vom warmen Sound und dem knackigen Handwerk. Die übrigen 40 Prozent setzen Autor: Björn Eichelbaum Attack – ich habe damals überhaupt keinen sich aus Erfahrung, Fleiß und Talent zusam- 36 KEYS 12/2015 www.keys.de >> Eine gute Musikmischung ist keineswegs Hexerei, sondern zu 60 Prozent solides Handwerk. << eigentlich eine gute Mischung aus? Für die und welche für das Genre typischen einen ist der technische Aspekt am wich- Erwartungen erfüllt werden sollen. tigsten. Alle am Arrangement beteiligten In- strumente sollen zu jedem Zeitpunkt mittels Arbeitsweisen Einsatz von Dynamics gut hörbar sein und Die eine immer gültige und perfekte mithilfe von chirurgischer EQ-Bearbeitung Art, ein Musikstück zu mischen, gibt es brillant und frei von Resonanzen erklingen. nicht. Je nach Musikstil und Toninge- Für andere hingegen steht der emotionale nieur unterscheiden sich die Abläufe Aspekt der Musik im Vordergrund. Die mitunter erheblich. Im Rock-Bereich Mischung soll vor allem homogen klingen beginnen viele Mixing-Ingenieure gerne und die emotionale Qualität des Stücks mit der Bearbeitung des Schlagzeugs, herausarbeiten. Wenn hier und da mal ein es folgen Bass, Gitarre und abschlie- Instrument im Pegel absäuft oder die Toms ßend die Vocals. Im Vocal-Jazz beginnt ein wenig mumpfeln, egal. Hauptsache, die man auch mal gerne mit der Stimme, da Nummer knallt. Ein schönes Beispiel ist sie das zentrale Element