CHRISTUSKIRCHE BREMERHAVEN Karfreitag, den 3. April 2015, 17.00 Uhr Passionsgottesdienst Johann Valentin Meder (1649 – 1719): Oratorische Passion nach Matthäus »Actus Musicus de passione et morte Jesu Christi«

Evangelist: Benjamin Kirchner · Jesus: Ralf Grobe Blockflöten: Julia Fritz & Barbara Heindelmeier Violinen: Corinna Hildebrand & Anette Keimel G-Violone: Marthe Perl · Orgel: Folker Froebe Leitung: Eva Schad · Predigt: Pastorin Friederike Anz

www.kreiskantorat-bremerhaven.de Johann Valentin Meder (1649 –1719)

Johann Valentin Meder entstammte einer großen fränkisch-hennebergischen Musikerfamilie, war der jüngste Sohn des Wasunger Kantors Johann Erhard Meder und wurde am 3. Mai 1649 in der Wasunger Stadtkirche getauft. Da schon seine älteren Brüder als Kantoren tätig waren, sein Bruder David Bern- hard sogar als angesehener Organist an der Frauenkirche in Kopenhagen, schien auch für Johann Valentin die Musikerlaufbahn vorbestimmt. Er be- gann aber 1669 zunächst ein Theologiestudium, das er 1670 – vermutlich aus finanziellen Gründen – abbrach. In der Folgezeit (1671–72) diente Meder als Sänger an verschiedenen Höfen: in Gotha, Meiningen, Eisenach und Kassel. 1672–73 hielt er sich in und auf, reiste von dort zu seinem Bruder nach Kopenhagen und besuchte 1674 Dietrich Buxtehude in Lübeck. Dass die Nachwelt über Meders Wanderschaften so gut informiert ist, liegt an seinem teilweise erhalten gebliebenen Stammbuch, das er seit seiner Studentenzeit stets mit sich führte. In ein Stammbuch schrieben sich gute Bekannte und Freunde mit Namen, Beruf, Ort und Datum ein und fügten oftmals auch einen Spruch, eine Zeichnung oder einen musikalischen Gruß hinzu. So widmete ihm Dietrich Buxtehude 1674 einen vierstimmigen Ca- non duplex per augmentationem. Da Meders Besuch 1674 bei seinem Bruder in Kopenhagen zu keiner An- stellung geführt hatte, reiste er weiter nach Estland und trat noch 1674 am Revaler Gustav-Adolf-Gymnasium die Nachfolge des gerade verstorbenen Kantors an. In Reval komponierte er unter anderem seine erste Oper Die beständige Argenia (1680), die als die älteste in Text und Musik vollständig erhaltene deutsche Oper gilt. Nach einer kurzen Dienstzeit in Mitau (Lett- land) kam Meder 1684 zum ersten Mal nach und fand 1685–86 Anstel- lung als Sänger am Rigaer Dom. Eine Aufführung seiner dort komponier- ten, heute aber verschollenen Lukaspassion lehnte der Rigaer Rat ab, weil das Werk für die Kirche nicht geeignet sei. 1687 trat Meder das angesehene Amt des städtischen Musikdirektors der Freien Stadt Danzig an. Dort schrieb er zahlreiche chorische Choralbearbeitungen, Konzertmotetten und führte, so Meders Wortlaut, »pompose Musiquen« bei Ratswahlen, Amtseinführungen und ähnlichen Anlässen auf. Seine große Begeisterung für die Oper teilte der Rat nicht. Seine Oper Nero durfte, obwohl sie beim Publikum gut ankam, nur einmal gespielt werden. Eine weitere Oper Die wiederverehelichte Coelia, musste er außerhalb Danzigs aufführen. Sie brachte ihm nicht nur ein wei- teres Verbot des Rats ein, sondern auch große finanzielle Probleme, so dass er, aus Furcht vor dem Schuldengefängnis, aus Danzig floh. Nach einer kurzen Anstellungszeit in Königsberg kam Meder 1699 nach Riga, in die Stadt, die schon lange sein Ziel gewesen war. Aber die Freunde und Musikliebhaber, die er noch aus seiner Sängerzeit kannte, waren größtenteils schon tot, und ein geeignetes Amt stand zunächst nicht zur Verfügung, so dass sich Meder mit Unterricht, Auftragsarbeiten und Vertretungen seinen Unterhalt verdienen musste, bis er 1701 als Domorganist angestellt wurde. In Riga komponierte Meder vermutlich 1701 die in diesem Konzert aufgeführte Oratorische Passion nach Matthäus. Ihr vollständiger Titel lautet Actus Mu- sicus de passione et morte Jesu Christi. Aus den zahlreichen handschriftlichen Notizen und Einschüben in die erhalten gebliebene Dirigierpartitur lässt sich ableiten, dass Meders Passion noch mehr als 35 Jahre nach seinem Tod von verschiedenen Dirigenten aufgeführt worden ist. Dies belegen in Meders Komposition eingefügte Stücke aus der seinerzeit populären Passionsmu- sik von Carl Heinrich Graun Der Tod Jesu, die erst 1755 uraufgeführt wurde. Nach Ansicht des Musikwissenschaftlers Toomas Siitan besetzt »Meders Matthäuspassion zwischen zwei Jahrhunderten eine wichtige Stelle […]: Sie fasst frühere Traditionen zusammen und bereitet spätere oratorische Werke vor«, insbesondere die großen deutschen Passionsmusiken des 18. Jahrhun- derts, und markiert somit »eine historische ›Wasserscheide‹«. Meder lässt seine Matthäuspassion – ganz in der Tradition der oratorischen Passionen des 17. Jahrhunderts – instrumental begleiten, und erreicht dabei mit nur wenigen Instrumenten einen großen Farbenreichtum. Choralarien – Liedstrophen aus seinerzeit bekannten Passionschorälen von Johann Heermann, Johann Rist, Nikolaus Herman, Martin Behm und Paul Ebner – gliedern und kommentieren das vom Evangelisten vorgetragene Passions- geschehen. Diese Einlagen überträgt Meder zumeist dem Sopran und leitet sie durch eine Sinfonia oder ein Ritornell ein. Besonders modern und ide- enreich gestaltet sind die Rezitative. So verwendet Meder gekonnt Mittel der Lautmalerei, um beispielsweise das Zerrreißen des Vorhangs oder das Erd- beben plastisch darzustellen, und hebt die Worte Jesu durch eine bewegende Streicherbegleitung hervor. In zahlreichen Turba-Chören (Chören des Volks bzw. der Menge), die äußerst kurz gehalten sind, stellt der Chor die verschie- denen am Geschehen beteiligten Gruppen dar. Ein jeweils fünfstimmiger Eingangs- und Schlusschor rahmen das Geschehen. Meder starb 1719 in Riga und hinterließ zahlreiche Kompositionen, darun- ter zwölf Messen, vier Passionen, zahlreiche Konzertmotetten, zwei Opern, einige weltliche Vokal- und Kammermusikwerke und zahlreiche kleinere Werke. Nur weniges davon ist bis heute erhalten geblieben, darunter seine – nach wie vor eher selten aufgeführte – Matthäuspassion. Johann Valentin Meder: Oratorische Passion nach Matthäus

ERSTER TEIL 7. Rezitativ (Evangelist, Judas) / Arioso (Jesus) 1. Sinfonia (Instrumental) EVANGELIST: Da das Jesus merkte, 2. Chor sprach er zu ihnen: Höret das Leiden und Sterben unsers JESUS: »Was bekümmert ihr das Weib? Herren Jesu Christi nach dem heilgen Sie hat ein gut Werk an mir getan. Ihr Evangelisten Matthäo. habt allezeit Arme bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. Dass sie das 3. Rezitativ (Evangelist) / Wasser hat auf meinen Leib gegossen, Arioso (Jesus) hat sie getan, dass sie mich zum Grab EVANGELIST: Und es begab sich, da bereite. Wahrlich, ich sage euch: Wo Jesus alle diese Reden vollendet hatte, dies Evangelium geprediget wird in der sprach er zu seinen Jüngern: ganzen Welt, da wird man auch sagen JESUS: »Ihr wisset, dass nach zweien zu ihrem Gedächtnis, was sie getan Tagen Ostern wird und des Menschen hat.« Sohn wird überantwortet werden, dass EVANGELIST: Da ging hin der Zwöl- er gekreuziget werde.« fen einer, mit Namen Judas Ischarioth, EVANGELIST: Da versammelten sich zu den Hohenpriestern und sprach: die Hohenpriester und Schriftgelehr- JUDAS: »Was wollt ihr mir geben? Ich ten und die Ältesten im Volk in dem will ihn euch verraten.« Palast des Hohenpriesters, der da hieß EVANGELIST: Und sie boten ihm drei- Caiaphas, und hielten Rat, wie sie ßig Silberling. Und von da an suchte er Jesum mit Listen griffen und töteten. Gelegenheit, dass er ihn verriet. Aber Sie sprachen aber: am ersten Tage der süßen Brot traten 4. Chor die Jünger zu Jesu und sprachen: »Ja nicht auf das Fest, auf dass nicht ein 8. Chor Aufruhr werde im Volk.« »Wo willst du, dass wir dir bereiten das 5. Rezitativ (Evangelist) Osterlamm zu essen?« Da nun Jesus war zu Bethanien im 9. Rezitativ (Evangelist) / Hause Simonis, des Aussätzigen, trat Arioso (Jesus) zu ihm ein Weib, die hatte ein Glas EVANGELIST: Er sprach: mit köstlichem Wasser, und goss es auf JESUS: »Geht hin in der Stadt zu ei- sein Haupt, da er zu Tische saß. Als das nem und sprecht zu ihm: Der Meister seine Jünger sahen, wurden sie unwil- lässt dir sagen: Meine Zeit ist hie, ich lig und sprachen: will bei dir die Ostern halten mit mei- 6. Chor nen Jüngern.« »Wozu dienet dieser Unrat? Dieses EVANGELIST: Und die Jünger taten, Wasser hätte möcht teuer verkauft und wie ihnen Jesus befohlen hatte, und den Armen gegeben werden.« bereiteten das Osterlamm. Und am Abend setzte er sich zu Tische mit den 14. Aria Zwölfen. Und da sie aßen, sprach er: Herr Jesu Christe, dein teuer Blut JESUS: »Wahrlich, ich sage euch: Einer stärke und bewahre mich im rechten unter euch wird mich verraten.« Glauben zum ewigen Leben. EVANGELIST: Und sie wurden sehr 15. Arioso (Jesus) betrübet und huben an, ein jeglicher »Ich sage euch: Ich werde von nun an unter ihnen, und sagten zu ihm: von diesem Gewächs des Weinstocks 10. Chor nicht mehr trinken bis an den Tag, »Herr, bin ich’s?« da ich’s neu trinken werde mit euch in 11. Rezitativ (Evangelist, Judas) / meines Vaters Reich.« Arioso (Jesus) 16. Aria EVANGELIST: Er antwortet’ und Dein Blut, der edle Saft, sprach: Hat solche Stärk’ und Kraft, JESUS: »Der die Hand mit mir in die Dass auch ein Tröpflein kleine Schüssel tauchet, der wird mich verra- Die ganze Welt kann reine, ten. Des Menschen Sohn gehet zwar Ja, gar aus Teufels Rachen, dahin, wie von ihm geschrieben stehet; Frei, los und selig machen. doch weh’ dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten 17. Rezitativ (Evangelist, Petrus) / wird! Es wäre ihm besser, dass dersel- Arioso (Jesus) bige Mensch noch nie geboren wäre.« EVANGELIST: Und da sie den EVANGELIST: Da antwortet’ Judas, der Lobgesang gesprochen hatten, ihn verriet, und sprach: gingen sie hinaus an den Ölberg. JUDAS: »Bin ich’s, Rabbi?« Da sprach Jesus zu ihnen: EVANGELIST: Er sprach zu ihm: JESUS: »In dieser Nacht werdet ihr JESUS: »Du sagest’s.« euch alle ärgern an mir. Denn es stehet EVANGELIST: Da sie aber aßen, nahm geschrieben: Ich werde den Hirten Jesus das Brot, dankte und brach’s, schlagen, und die Schafe der Herde und gab’s seinen Jüngern und sprach: werden sich zerstreuen. JESUS: »Nehmet, esset, das ist mein Wenn ich aber auferstehe, will ich vor Leib.« euch hingehen nach Galilaeam. EVANGELIST: Petrus aber antwortet’ 12. Aria und sprach zu ihm: Herr Jesu Christe, dein heiliger Leib PETRUS: »Wenn sich auch alle an dir stärke und bewahre mich im rechten ärgerten, so will ich mich doch nimmer- Glauben zum ewigen Leben. mehr ärgern.« 13. Rezitativ (Evangelist) / EVANGELIST: Jesus sprach zu ihm: Arioso (Jesus) JESUS: »Wahrlich ich sage dir: EVANGELIST: Und er nahm den In dieser Nacht, ehe der Hahn krähet, Kelch, dankte und sprach: wirst du mich dreimal verleugnen.« JESUS: »Trinket alle daraus; das ist EVANGELIST: Und Petrus sprach zu ihm: mein Blut des neuen Testaments, PETRUS »Und wenn ich mit dir welches vergossen wird für viele zur sterben müsste, so will ich dich nicht Vergebung der Sünden.« verleugnen.« EVANGELIST: Desgleichen sagten auch des Menschen Sohn überantwortet alle Jünger. Da kam Jesus mit ihnen zu wird. Stehet auf und lasst uns gehen! einem Hofe, der hieß Gethsemane, Siehe, er ist da, der mich verrät!« und sprach zu seinen Jüngern: EVANGELIST: Und als er noch redet’, JESUS: »Setzet euch hie, bis dass ich siehe, da kam Judas, der Zwölfen dort hingehe und bete.« einer, und mit ihm eine ganze Schar, mit Schwertern und mit Stangen, von 18. Sinfonia (Instrumental) – Adagio den Hohenpriestern und Ältesten des * * * Volks. Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Lesung JUDAS: »Welchen ich küssen werde, EVANGELIST: Und nahm zu sich der ist’s, den greifet.« Petrus und die zweene Söhne Zebedäi EVANGELIST: Und alsbald trat er zu und fing an zu trauern und zu zagen. Jesus und sprach: Da sprach Jesus zu ihnen: JUDAS: »Gegrüßet seist du, Rabbi!« JESUS: »Meine Seele ist betrübet bis in EVANGELIST: Und küsset ihn. den Tod; bleibet hie und wachet mit mir!« Jesus aber sprach zu ihm: EVANGELIST: Und ging ein wenig, JESUS: »Mein Freund, warum bist du fiel auf sein Angesicht, betet’ und sprach: gekommen?« JESUS: »Mein Vater, ist’s möglich, so EVANGELIST: Da traten sie hinzu und gehe dieser Kelch von mir; doch nicht legten die Hände an Jesum und griffen wie ich will, sondern wie du willst!« ihn. Und siehe, einer von denen, die EVANGELIST: Und er kam zu seinen mit Jesu waren, reckte die Hand aus, Jüngern und fand sie schlafend und zog sein Schwert aus und schlug des sprach zu Petro: Hohenpriesters Knecht und hieb ihm JESUS: »Könnt ihr denn nicht eine ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm: Stunde mit mir wachen? Wachet und JESUS: »Stecke dein Schwert in die betet, dass ihr nicht in Anfechtung Scheide, denn wer das Schwert nimmt, ­fallet! Der Geist ist willig, aber das der soll durch’s Schwert umkommen. Fleisch ist schwach.« Oder meinst du, dass ich nicht mei- EVANGELIST: Zum andern Mal ging nen Vater bitten könnte, dass er mir er aber hin, betet’ und sprach: zuschickte mehr denn zwölf Legion JESUS: »Mein Vater, ist’s nicht mög- Engel? Wie würde aber die Schrift lich, dass dieser Kelch von mir gehe? erfüllet? Es muss also gehen.« Ich trinke ihn dann, so geschehe dein Wille!« * * * EVANGELIST: Und er kam und fand 24. Sinfonia (Instrumental) sie abermal schlafend, und ihre Augen waren voll Schlafs. Und er ließ sie 25. Rezitativ (Evangelist, Kaiphas) / und ging abermal hin und betet’ zum Arioso (Jesus) / dritten­mal und redet’ dieselbigen Duett (Falsche Zeugen I / II) Worte. Da kam er zu seinen Jüngern EVANGELIST: Zu derselbigen Stunde und sprach zu ihnen: sprach Jesus zu den Scharen: JESUS: »Ach, wollt ihr nur schlafen und JESUS: »Ihr seid ausgegangen als zu ruhen? Siehe, die Stunde ist hie, dass einem Mörder, mit Schwertern und mit Stangen, mich zu fangen. Bin ich KAIPHAS: »Er hat Gott gelästert! doch täglich gesessen bei euch und Was dürfen wir weiter Zeugnis? habe gelehret im Tempel, und ihr habt Ihr habt nun seine Gott’slästerung mich nicht gegriffen.« gehört. Was dünket euch?« EVANGELIST: Aber das ist alles EVANGELIST: Sie antworteten und geschehen, dass erfüllet würden die sprachen: Schriften der Propheten. 26. Chor Da verließen ihn alle Jünger und flohen. »Er ist des Todes schuldig.« Die aber Jesum ergriffen hatten, führeten ihn zu dem Hohenpriester 27. Sinfonia (Instrumental) Caiaphas, dahin die Schriftgelehrten 28. Aria und Ältesten sich versammelt hatten. Herzliebster Jesu, Petrus aber folgete ihm nach von ferne was hast du verbrochen, bis in den Palast des Hohenpriesters Dass man ein solch scharf und ging hinein und setzte sich bei die Urteil hat gesprochen? Knechte, auf dass er sähe, wo es hinaus Was ist die Schuld, wollte. Die Hohenpriester aber und in was für Missetaten die Ältesten und der ganze Rat suchten Bist du geraten? falsches Zeugnis wider Jesum, auf dass sie ihn töteten, und fanden keines. 29. Rezitativ (Evangelist) Zuletzt traten herzu zween falsche Da spei’ten sie aus in sein Angesicht Zeugen und sprachen: und schlugen ihn mit Fäusten. Etliche FALSCHE ZEUGEN I / II: »Er hat aber schlugen ihn ins Angesicht und gesagt: Ich kann den Tempel Gottes sprachen: abbrechen, und in dreien Tagen den­ 30. Chor selben bauen.« »Weissage uns, Christe, wer ist’s, EVANGELIST: Und der Hohepriester der dich schlug?« stand auf und sprach zu ihm: KAIPHAS: »Antwortest du nichts zu 31. Aria dem, was diese wider dich zeugen?« Was ist doch wohl EVANGELIST: Aber Jesus schwieg stille, die Ursach solcher Plagen? und der Hohepriester antwortet’ und Ach! meine Sünden sprach zu ihm: haben dich geschlagen. KAIPHAS: »Ich beschwöre dich bei Ich, ach, Herr Jesu, dem lebendigen Gott, dass du uns habe dies verschuldet, sagest, ob du seist Christus, der Sohn Was du erduldet. Gottes?« 32. Rezitativ (Evangelist, Magd I / II, EVANGELIST: Jesus sprach: Petrus) JESUS: »Du sagst es; doch sage ich EVANGELIST: Petrus aber saß draußen euch: Von nun an wird’s geschehen, im Palast; und es trat zu ihm eine dass ihr sehen werdet des Menschen Magd und sprach: Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und MAGD: »Und du warest auch mit dem kommen in den Wolken des Himmels.« Jesu aus Galiläa.« EVANGELIST: »Da zerriss der Hohe- EVANGELIST: Er leugnet’ aber vor priester seine Kleider und sprach: ihnen allen und sprach: PETRUS: »Ich weiß nicht, was du führeten ihn hin und überantworteten sagest.« ihn dem Landpfleger Pontio Pilato. EVANGELIST: Als er aber zur Türe Da das Judas sahe, der ihn verraten hinausging, sahe ihn eine andere und hatte, gereute es ihn, und bracht’ sprach zu denen, die da waren: herwieder die dreißig Silberlinge den MAGD: »Dieser war auch mit dem Jesu Hohenpriestern und Ältesten und sprach: von Nazareth.« JUDAS: »Ich habe übel getan, dass ich EVANGELIST: Er leugnet’ abermals unschuldig Blut verraten habe.« und schwur dazu: EVANGELIST: Sie sprachen: PETRUS: »Ich kenne des Menschen 37. Chor nicht.« »Was gehet uns das an? EVANGELIST: Und über eine kleine Da siehe du zu!« Weile traten hinzu, die da stunden, und sprachen zu Petro: 38. Rezitativ (Evangelist) Und er warf die Silberlinge in den 33. Chor Tempel, hub sich davon, ging hin »Wahrlich, du bist auch einer von denen, und er hing sich selbst. denn deine Sprache verrät dich.« Aber die Hohenpriester nahmen die 34. Rezitativ (Evangelist, Petrus) Silberlinge und sprachen: EVANGELIST: Da hub er an, 39. Chor sich zu verfluchen und schwören: »Es taugt nicht, dass wir sie in den PETRUS: »Ich kenne des Menschen Gotteskasten legen, denn es ist Blutgeld.« nicht.« EVANGELIST: Und alsbald krähet’ der 40. Rezitativ (Evangelist, Pilatus, Frau Hahn. Da gedachte Petrus an die Wort: des Pilatus) / Arioso (Jesus) Ehe der Hahn krähet, wirst du mich EVANGELIST: Sie hielten aber einen dreimal verleugnen. Und ging hinaus Rat und kauften eines Töpfers Acker und weinet’ bitterlich. darum zum Begräbnis der Pilger. Daher ist derselbige Acker genennet 35. Sinfonia coll’ aria: der Blutacker bis auf den heut’gen Tag. Mein’ Sünd’ mich werden kränken sehr, Da ist erfüllet, was gesagt ist durch den Mein Gewissen wird mich nagen; Propheten Jeremiam, der da spricht: Denn ihr sind viel, wie Sand am Meer: Sie haben genommen dreißig Silberling, Doch will ich nicht verzagen, damit bezahlet ward der Verkaufte, Gedenken will ich an deinen Tod. welchen sie kauften von den Kindern Herr Jesu, deine Wunden rot, Israel, und haben sie gegeben um Die werden mich erhalten. eines Töpfers Acker, als mir der Herr – Predigt – befohlen hat. Jesus aber stand vor dem Landpfleger, und der Landpfleger fragte ZWEITER TEIL ihn und sprach: 36. Rezitativ (Evangelist, Judas) PILATUS: »Bist du der Jüden König?« EVANGELIST: Des Morgens aber EVANGELIST: Jesus sprach zu ihm: hielten alle Hohenpriester und Ältesten JESUS: »Du sagst’s.« des Volks einen Rat über Jesum, EVANGELIST: Und da er verklagt ward dass sie ihn töteten, und bunden ihn, von den Hohenpriestern und Ältesten, antwortet’ er nichts. Da sprach Pilatus 43. Chor zu ihm: »Lass ihn kreuzigen!« PILATUS: »Hörest du nicht, 44. Rezitativ (Evangelist, Pilatus) wie hart sie dich verklagen?« EVANGELIST: Der Landpfleger sagte: EVANGELIST: Und er antwortet’ ihm PILATUS: »Was hat er denn Übels getan?« nicht auf ein Wort, also, dass sich auch EVANGELIST: Sie schrieen aber noch der Landpfleger sehr verwunderte. mehr und sprachen: Auf das Fest aber hatte der Landpfleger Gewohnheit, dem Volk einen Gefange- 45. Chor nen loszugeben, welchen sie wollten. »Lass ihn kreuzigen!« Er hatte aber zu der Zeit einen Gefan- 46. Rezitativ (Evangelist, Pilatus) genen, einen sonderlichen vor andern, EVANGELIST: Da aber Pilatus sahe, der hieß Barrabas, der war fast rüchtig. dass er nichts schaffte, sondern dass Und da sie versammelt waren, sprach ein größer Getümmel ward, nahm er Pilatus zu ihnen: Wasser und wusch die Hände vor dem PILATUS: »Welchen wollt ihr unter Volk und sprach: diesen zweien, den ich euch soll losge- PILATUS: »Ich bin unschuldig an dem ben? Barrabam oder Jesum, den man Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu! Christum nennet?« EVANGELIST: Da antwortete das EVANGELIST: Denn er wusste wohl, ganze Volk und sprach: dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten. Und da er auf dem Richtstuhl 47. Chor saß, schickte sein Weib zu ihm und ließ »Sein Blut komme über uns und über ihm sagen: unsere Kinder!« FRAU DES PILATUS: »Habe du nichts 48. Rezitativ (Evangelist) zu schaffen mit diesem Gerechten; Da gab er ihnen Barrabam los, aber denn ich habe heut’ viel erlitten im Jesum ließ er geißeln und überantwor- Traum von seinetwegen!« tet’ ihn, dass er gekreuziget würde. EVANGELIST: Aber die Hohenpriester und die Ältesten überredeten das Volk, 49. Sinfonia (Instrumental) / Aria dass sie um Barrabas bitten sollten und Ach mein Jesu der muss sterben, Jesum umbrächten. Da antwortet’ der Der doch nichte hat verschuld’t, Landpfleger und sprach zu ihnen: Nur dass ich nicht soll verderben, Leid’t für alles mit Geduld. PILATUS: »Welchen wollet ihr unter Unser Sünden müss er büßen, diesen zweien, den ich euch soll los­ Und die Kraft nimmt er auf sich, geben?« Die ich Sünder leiden müssen: EVANGELIST: Sie sprachen aber: Ach, wie liebt mein Jesu mich. 41. Chor 50. Rezitativ (Evangelist) »Barrabam!« Da nahmen die Kriegsknechte des 42. Rezitativ (Evangelist, Pilatus) Landpflegers Jesum zu sich in das EVANGELIST: Pilatus sprach zu ihnen: Richthaus und sammelten über ihn PILATUS: »Was soll ich denn machen die ganze Schar und zogen ihn aus und mit Jesu, den man Christum nennet?« legten ihm einen Purpurmantel an EVANGELIST: Sie sprachen alle: und flochten eine Krone von Dornen und setzten sie auf sein Haupt und ein Und da wurden zween Mörder mit Rohr in seine rechte Hand und beuge- ihm gekreuziget, einer zur Rechten ten die Knie vor ihm und sprachen: und einer zur Linken. Die aber vorübergingen, lästerten ihn und 51. Chor schüttelten ihre Köpfe und sprachen: »Gegrüßet seist du, der Jüden König!« 57. Chor 52. Rezitativ (Evangelist) »Der du den Tempel Gottes zerbrichst Und speieten ihn an und nahmen ein und bauest ihn auf in dreien Tagen, Rohr und schlugen damit sein Haupt. hilf dir selber! Bist du Gottes Sohn, Und da sie ihn verspottet hatten, zogen so steig herab vom Kreuz! sie ihm seine Kleider an und führeten ihn hin, dass sie ihn kreuzigten. 58. Rezitativ (Evangelist) Desgleichen auch die Hohenpriester 53. Aria spotteten sein, samt den Schrift­ O süßer Mund! O Glaubensgrund, gelehrten und Ältesten und sprachen: Wie bist du doch zuschlagen? Alles, was auf Erden lebt, 59. Chor Muss dich ja beklagen. »Andern hat er geholfen, und kann sich selber nicht helfen. Ist er der 54. Rezitativ (Evangelist) König von Israel, so steig er nun vom Und indem sie hinausgingen, fanden Kreuz, so wollen wir ihm glauben. sie einen Menschen von Kyrene mit Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn Namen Simon; den zwangen sie, dass nun, lüstet’s ihn; denn er hat gesagt: er ihm sein Kreuze trug. Und da sie an Ich bin Gottes Sohn. die Stätte kamen mit Namen Golga- tha, gaben sie ihm Essig zu trinken 60. Rezitativ (Evangelist) mit Gallen vermischt; und da er’s Desgleichen schmäheten ihn auch schmeckte, wollt’ er’s nicht trinken. die Mörder, die mit ihm gekreuziget waren. 55. Aria Dein Durst und Gallentrunk mich lab, 61. Aria Wann ich sonst keine Stärkung hab. Nacket muss mein Jesus hangen Dein Angstgeschrei komm mir zugut; In der Marter Angst und Pein Bewahr mich für der Höllenglut. Und am Kreuz viel Schmach empfangen. Könnt ein Schmerz wohl größer sein? 56. Rezitativ (Evangelist) Doch aus großer Lieb für mich Da sie ihn aber gekreuziget hatten, Leid’t er das geduldiglich. teileten sie seine Kleider und warfen das Los d’rum, auf dass erfüllet würde, 62. Rezitativ (Evangelist) / was gesagt ist durch den Propheten: Arioso (Jesus) Sie haben meine Kleider unter sich EVANGELIST: Und von der sechsten geteilet, und über mein Gewand haben Stunde an, bis zur neunten Stunde, sie das Los geworfen. ward eine Finsternis über das ganze Und sie saßen allda und hüteten sein. Land. Und um die neunte Stunde Und oben zu seinem Häupt hatten sie rief Jesus laut und sprach: die Ursach seines Tod’s geschrieben: JESUS: Eli, Eli, lama asabthani? Dies ist Jesus, der Jüden König. EVANGELIST: Das ist: Mein Gott! mein Gott! warum hast du mich verlassen? 70. Ritornello (Instrumental) / Aria Etliche aber, die da standen, da sie das Elemente selbst erschrecken höreten, sprachen sie: über Christi Kreuz und Tod, Und die Sonne muss bedecken 63. Chor Ihr goldprahlend Purpurrot: »Er rufet den Elias!« Erd und Felsen die bezeugen 64. Rezitativ (Evangelist) Ihren Schmerz bei dieser Leich, Und bald lief einer unter ihnen, nahm Ja, der Hauptmann kann nicht schweigen einen Schwamm und füllet’ ihn mit Und wird ganz vor Trauern bleich. Essig und steckt’ ihn auf ein Rohr und 71. Rezitativ (Evangelist) tränkte ihn. Die andern aber sprachen: Und es waren viel Weiber da, die 65. Chor von ferne zusahen, die da Jesu waren »Halt, lass sehen, ob Elias komme und nachgefolget aus Galiläa und hatten ihm helfe!« ihm gedienet; unter welchen war Maria Magdalena und die Mutter Jacobi 66. Rezitativ (Evangelist) und Joses’, und die Mutter der Kinder Aber Jesus schrie laut und verschied. Zebedäi. 67. Aria Am Abend aber kam ein reicher Mann Herr Jesu Christ, wahr’ Mensch und Gott, von Arimathia, der hieß Joseph, wel- Der du litt’st Marter, Angst und Spott, cher auch ein Jünger Jesu war. Für mich am Kreuz auch endlich starbst Der ging zu Pilato und bat um den Leib Und mir deins Vaters Huld erwarbst: Jesu. Da befahl Pilatus, man sollt’ ihn Ich bitt’ durch’s bitter Leiden dein, ihm geben. Und Joseph nahm den Leib Du wollst mir Sünder gnädig sein, und wickelte ihn in ein rein Leinwand Wenn ich nun komm in Sterbens Not und legte ihn in sein eigen neu Grab, Und ringen werde mit dem Tod. welches er hatte lassen in einen Felsen hauen, und wälzte einen großen Stein 68. Rezitativ (Evangelist) vor des Grabes Tür und ging davon. Und siehe! der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stück, von oben an bis 72. Sinfonia (Instrumental) / Aria unten aus. Und die Erde erbebete, und O Traurigkeit, o Herzeleid! die Felsen zerrissen, und die Gräber Ist das nicht zu beklagen? ­taten sich auf, und standen auf viel Gott des Vaters einig Kind ­Leiber der Heiligen, die da schliefen, Wird ins Grab getragen. und gingen aus den Gräbern nach seiner O große Not! Gott selbst liegt tot Auferstehung und erschienen vielen. Am Kreuz ist er gestorben; Aber der Hauptmann und die bei Hat dadurch das Himmelreich ihm waren und bewahreten Jesum, Uns aus Gnad erworben. da sie sahen das Erdbeben und was O Menschen Kind, nur deine Sünd da geschah, erschraken sie sehr und Hat dieses angerichtet, sprachen: Da du durch die Missetat 69. Rezitativ (Evangelist) Warest ganz vernichtet. »Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn Dein Bräutigam, das Gotteslamm, gewesen!« Liegt hier mit Blut beschlossen, Welches es ganz mildiglich die Hohenpriester und Pharisäer Hat für dich vergossen. sämtlich zu Pilatus und sprachen: O süßer Mund. O Glaubensgrund, 74. Chor Wie bist du doch zu schlagen! »Herr, wir haben gedacht, dass dieser Alles, was auf Erden lebt, Verführer sprach, da er noch lebte: Muss dich ja beklagen. Ich will nach dreien Tagen auferstehen. O lieblichs Bild, schön, zart und mild, Darum befiehle, dass man das Grab Du Söhnlein der Jüngfrauen, verwahre bis an den dritten Tag, auf Niemand kann dein heil’ges Blut dass nicht seine Jünger kommen und Sonder Reu anschauen. stehlen ihn und sagen zu dem Volk: Hochselig ist zu aller Frist, Er ist auferstanden; und werde der Der dieses wohl bedenket, letzte Betrug ärger denn der erste.« Wie der Herr der Herrlichkeit 75. Rezitativ (Evangelist, Pilatus) Wird ins Grab versenket. EVANGELIST: Pilatus sprach zu ihnen: O Jesu du, mein Hilf und Ruh! PILATUS: Da hab’t ihr die Hüter; Ich bitte dich mit Tränen: gehet hin und verwahret, wie ihr wisset. Hilf, dass ich mich bis ins Grab EVANGELIST: Sie gingen hin und Nach dir möge sehnen. verwahreten das Grab mit Hütern und versiegelten den Stein. 73. Rezitativ (Evangelist) Es war aber allda Maria Magdalena 76. Chor und die andere Maria, die setzten sich Dank sei unserm Herren Jesu Christo, gegen das Grab. Des andern Tages, der der uns erlöset hat durch sein Leiden da folget nach dem Rüsttage, kamen von der Hölle.

Programmvorschau Karsamstag, den 4. April, ab 21.00 Uhr Die Osternacht in der Christuskirche Orgelmusik zur Passion mit Organisten aus Bremerhaven Sonntag, den 26. April, 10.00 Uhr (Gottesdienst) Wolfgang Amadeus Mozart: Missa brevis in B-Dur, KV 275 Vokalsolisten · Projektchor des Kirchenkreises · Bremerhavener Kammerorchester Kantorin Eva Schad · Pastor Christian Schefe Sonntag, den 31. Mai, 20.00 Uhr Barocke Europareise mit zwei Traversflöten und Cembalo Flöten: Iris Höfling & Anna Svejdova · Cembalo: Eva Schad Samstag, den 13. Juni, ab 18.00 Uhr Die Lange Nacht der Kultur in der Christuskirche 18.00 Uhr: Knabenchor, Kinder- und Jugendchöre der Christuskirche 19.30 Uhr: Georg Friedrich Händel: Dettinger Te Deum 21.00 Uhr: Konzert mit dem Klarinettentrio Sayaka Schmuck