Erinnern Und Gedenken
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Erinnern und Gedenken Die Entstehung der Kriegerdenkmale SeifertFoto:Karl Wolfgang Merk und Karl Seifert Die Kriegerdenkmale in den Gemeinden denkmal“. Allerdings konnte sich dieser Be- und Teilgemeinden sind heute sichtbare griff im Volksmund nicht durchsetzen und Zeichen der vergangenen Kriege. so wird auch in dieser Arbeit der Begriff Erstmals in den Napoleonischen Kriegen „Kriegerdenkmal“ verwendet. traten Bürgerheere an die Stelle von Söld- Im 19. Jahrhundert entstanden die ersten nertruppen früherer Zeit. „Erst seit Einfüh- Militär- und Kriegervereine. Sie initierten rung der Wehrpflicht und des Kriegsdienstes meistens die Errichtung der Kriegerdenk- als patriotische Pflichterfüllung für Volk und male. Ihnen lag nicht nur das Gedenken an Vaterland wird der Kriegstod von Soldaten die Gefallenen am Herzen, sie verbanden ‚denkmalwürdig‘ “. 1 Friedrich Wilhelm III. damit auch die Ehrung der Veteranen. (1770-1840) erließ 1813 die „Verordnung Der Erste Weltkrieg veränderte wegen über die Stiftung eines bleibenden Denkmals, der hohen Opferzahlen das Gedenken an für die, so im Kampfe für Unabhängigkeit und die Kriegsteilnehmer in der Bevölkerung Vaterland blieben“. Schließlich übertrug ein grundlegend. Es waren nicht nur einige we- Reichsgesetz im Jahr 1890 die Befugnis, nige, die den Tod „fürs Vaterland“ starben, Kriegerdenkmal in Langenenslingen Kriegerdenkmale zu errichten, auf die Ge- es waren in jeder Ortschaft und in jeder zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 in der typischen Form meinden. Diese Art von Gedenkkultur ist Stadt viele junge Männer, die mit großen eines Obelisken. in Einzelfällen heute noch sichtbar. Für die Hoffnungen in diesen Krieg gezogen waren Zeit der Koalitionskriege existieren Denk- und deren Angehörige nun die traurige Mit- male in Ertingen und nahe der Kreisgrenze teilung erhalten hatten, dass der Sohn, der in Obermarchtal im Alb-Donau-Kreis. Ein- Verlobte, der Ehemann oder der Vater nicht zelgrabmale sind u. a. noch in Ochsenhau- mehr wiederkehrten. Manche Familien hat- sen, in die Friedhofsmauer eingelassen, ten sogar mehrere Kriegsopfer zu beklagen. erhalten. In der Pfarrkirche von Fischbach Die Gräber der Gefallenen lagen meist fern- findet man eine Gedenktafel in Form eines ab im Feindesland; Gräber auf dem heimat- kleinen Epitaphs. Denkmale zum Deutsch- lichen Friedhof für die gefallenen Soldaten Französischen Krieg 1870/71 sind u. a. noch waren die Ausnahme, es sei denn, der Leich- in Langenenslingen, Mietingen, Baustetten nam wurde überführt oder ein verwunde- Ernst Bildquelle: Archiv und auf dem evangelischen Friedhof in Bi- ter Soldat starb in einem Lazarett in der Hei- berach erhalten. Sie hatten meist die Form mat. Für die Kosten der Überführung der eines Obelisken und umfassten manchmal sterblichen Überreste und der Beerdigung zusätzlich auch noch die Gefallenen der in einem „Heldengrab“ hatten die Familien- Einigungs kriege von 1864 und 1866. angehörigen aufzukommen. Bei diesen vor dem Ersten Weltkrieg ent- Bereits Ende 1915 erging vom württem- standenen Denkmalen ist die Bezeichnung bergischen Ministerium des Innern an die „Kriegerdenkmal“ korrekt im Wortsinne, Kreisregierungen, Oberämter und Gemein- denn auf ihnen sind „Krieger“ aufgeführt, die debehörden ein Erlass betreffend „Kriegs- am jeweiligen Krieg teilgenommen haben erinnerungszeichen“: „Nach einer Mitteilung und die Gefallenen, falls überhaupt welche des Württ. Landesausschusses für Natur- und Ein sogenanntes „Heldengrab“, in dem zu beklagen waren. Im Ersten Weltkrieg gab Heimatschutz macht sich in zahlreichen Ge- ein an der Front gefallener Soldat in es dann auch in kleineren Gemeinden zahl- meinden des Landes der Wunsch geltend, der Heimat beigesetzt ist. Leutnant reiche Gefallene und auf den Denkmalen jetzt schon der Errichtung von Gedenkzeichen Karl Ernst war am 5. Februar 1916 bei Reims gefallen. Die Familie hatte wurden nur Gefallene aufgeführt. Deshalb an den gegenwärtigen Krieg oder an die ge- die Überführung nach Ochsenhausen entstand der präzisere Begriff „Gefallenen- fallenen Krieger näher zu treten.“ Dasselbe organisiert. 220 Oberschwaben im Ersten Weltkrieg Die Kriegerdenkmale im Kreis Biber- Ministerium verabschiedete kurze Zeit spä- der sie plant, als etwas Eigenes geschaffen ach sind von der Gestaltung her sehr ter mit einem Erlass vom 11. Febr. 1916 (Nr. werden.“ 4 Die Künstler waren meist Bildhau- unterschiedlich. Kaum ein Denkmal gleicht dem anderen. Die aufgeführten II. 446) Richtlinien für die Erstellung von er, Steinmetze, Stuckateure, Maler, Holz- vier Beispiele sind Ausnahmen eines Kriegs erinnerungszeichen. In einer neun- schnitzer und verwandte Handwerksberufe sich ähnelnden Typs aus Sandstein. seitigen Broschüre heißt es in der Einlei- aus der Umgebung. Die Kunstwerke hatten tung: „Das Bedürfnis und Verlangen, Zeichen sowohl religiöse als auch profane Elemente. der Erinnerung an den jetzigen Weltkrieg zu Neben allegorisierenden und neubaro- schaffen, ist ebenso allgemein volkstümlich cken Gestaltungsformen sind auch Anleh- als verständlich, und es wird nach dem Krieg nungen an antike und germanische Figuren Foto: Johannes Angele Foto: noch dringender empfunden werden, wenn zu finden. Christliche Motive, die Darstel- unser Volk sich von den Opfern, die es gegen- lung Gottes, von Maria und Jesus, wie auch wärtig zu bringen hat, zu erholen beginnt.“ die Abbildung bestimmter Heiliger wurden Dieser Landesausschuss sollte beratend häufig in die Gestaltung der Kriegerehren- Kriegerdenkmal Ringschnait. eingreifen und begutachtend mithelfen. male einbezogen. Darstellungen, die als An- Eine Beratung durch die Sachverständigen klage gegen den Krieg als Ursache von Tod dieser behördlichen Organisation erfolgte und Vernichtung zu verstehen wären, sind kostenlos. selten zu finden oder wurden in der NS-Zeit An die evangelischen Pfarrämter bzw. Kir- wieder abgebaut.5 chengemeinden in Württemberg erging Zusammengefasst waren die Forderungen Foto: Johannes Angele Foto: im März 1919 ein Merkblatt des „Vereins für an die Ehrungen und die Gestaltungsgrund- christliche Kunst“ mit der Frage, „welche Ge- sätze für die Errichtung von Denkmalen „ein meinden die Dienste des Vereins in dieser Sa- Gebot ‚einfacher Gestalt‘ nach dem Prinzip mi- che in Anspruch zu nehmen gedenken.“ 2 Ent- litärisch nationaler, kollektiver Einheitlichkeit, halten sind darin auch einige Abbildungen die Forderung einer ‚zeitgemäßen‘ Orientie- als Mustervorgaben und Anschauungsbei- rung an Krieg und Frieden. Das Kriegsgesche- Das Maselheimer Kriegerdenkmal hat spiele, jeweils mit Kostenangaben und Skiz- hen sollte nicht oberflächlich hingenommen viel Ähnlichkeit mit dem von Ring- zen für Holztafeln, Steintafeln, Steindenk- werden, sondern mit ‚ernstem Sinn‘ und ‚Wür- schnait. Doch hier sind die Gefallenen male und Steinkreuze, die im Freien oder im de‘ betrachtet werden.“ 7 des Zweiten Weltkrieges auf separaten Tafeln mit Abstand dargestellt. Innern der Kirche aufgestellt werden konn- ten. Die ursprünglichen Denkmale für die Toten Die Kirchengemeinden selbst waren von des Ersten Weltkriegs wurden nach dem Amts wegen berufen, das Gedenken an die Zweiten Weltkrieg entweder ergänzt im Gefallenen religiös zu gestalten.3 Eine Be- gleichen Stil, um Platz zu schaffen für die sonderheit war, dass diese Ehrenzeichen im Gefallenen „1939-1945“. Oder es wurden Foto: Johannes Angele Foto: Eigentum der Kirchengemeinde standen, komplett neue Kriegerdenkmale errichtet für die Kosten aber die Kommunen aufzu- um die Namen der Gefallenen beider Welt- Kriegerdenkmal Mittelbuch. kommen hatten. Dies war oft auch Ursache kriege aufzunehmen. Teilweise blieb das für Streitigkeiten, wie die Kosten anteilig alte Kriegerdenkmal bestehen wie in Och- aufzuteilen seien, vor allem dann, wenn die senhausen, teilweise wurde es auch woan- Pfarrei und die betroffene politische Ge- ders aufgestellt, wie in Schwendi, wo die meinde nicht identisch waren. Skulptur davon jetzt bei einer Kapelle im Foto: Karl Hagel Foto: 1920 wurden von der Vaterländischen Bau- Wald bei Dietenbronn steht hütte über den Verlag Deutscher Bund Hei- matschutz in Berlin Grundsätze und Emp- Im heutigen Kreis Biberach findet man eine fehlungen für Gedenktafeln und andere erstaunliche Vielfalt an unterschiedlich ge- Kriegerehrenmale herausgegeben. Die Auf- stalteten Kriegerdenkmalen. Es sind keine traggeber entschieden sich in der Regel für Serienprodukte, jedes Denkmal ist individu- heimische Architekten und Gestalter. Die ell gestaltet. Am ähnlichsten sind sich noch Vorgaben der Behörden sahen vor, dass die die in rötlichem Sandstein ausgeführten Anschaffung von Markt- oder Massenware Denkmale, wie sie etwa in Maselheim, Äp- Kriegerdenkmal Laubach. unterbleiben sollte: „[...] stets soll sie dem Ort, fingen, Laubach oder Mittelbuch stehen. Oberschwaben im Ersten Weltkrieg 221 Auch bei den Materialien findet sich eine politische Lage zum Ausdruck: „Es braucht Auf den Kriegerdenkmalen ist die Rede breite Vielfalt. Bevorzugt wurden heimische wohl nicht besonders betont zu werden, daß von „tapferen Helden“ und „gutem Kampf“ und anderen heroischen Natursteine, wie z. B. Nagelfluh oder Sand- die Feiern so zu gestalten sind, daß alle Kreise Formulierungen. steine wie Baltringer oder Dettenhauser der Bevölkerung gerne daran teilnehmen und Sandstein. Gelegentlich findet man auch jeder Mißklang vermieden wird. Außerdem ist, Schilfsandstein aus Maulbronn und Crails- wo es je notwendig werden sollte, darauf hin- heimer oder Haller Muschelkalk. Seltener zuwirken, daß am 3. August Veranstaltungen, wurden Granit, Gneis,