Das Lied Von Der Erde Cornelia Kallisch | Siegfried Jerusalem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden Und Freiburg · Michael Gielen
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Gustav Mahler Das Lied von der Erde Cornelia Kallisch | Siegfried Jerusalem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg · Michael Gielen 993269MahlerLiedBookletPrint.indd3269MahlerLiedBookletPrint.indd 0101 227.01.20117.01.2011 12:56:0312:56:03 UhrUhr !" Gustav Mahler (1860 – 1911) Das Lied von der Erde | The Song of the Earth Texts Texte Sinfonie für eine Tenor- und eine Altstimme und Orchester nach Hans Bethge „Die chinesische Flöte“ | Symphony for Tenor and Contralto and Orchestra on Texts from Hans Bethge “The Chinese Flute” 1 Das Trinklied vom Jammer der Erde | The Drinking Song of Earth’s Sorrow (tenor) [!":#$] 2 Der Einsame im Herbst | The Lonely One in Autumn (alto) [#!:#%] 3 Von der Jugend | Of Youth (tenor) [!%:!&] 4 Von der Schönheit | Of Beauty (alto) [!':#(] 5 Der Trunkene im Frühling | The Drunken Man in Spring (tenor) [!):%(] 6 Der Abschied | The Farewell [%!:!)] T O TA L T I M E [#$:$%] Cornelia Kallisch Mezzosopran Siegfried Jerusalem Tenor SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg Michael Gielen Conductor ORCHESTRA 993269MahlerLiedBookletPrint.indd3269MahlerLiedBookletPrint.indd 0202 227.01.20117.01.2011 12:56:1012:56:10 UhrUhr Das Lied von der Erde !& Gustav Mahler war, so erfährt man von seiner zwungene Rückzug aus dem Wiener Amt und die Frau Alma, nach der Beendigung seiner achten Diagnose der Herzkrankheit, die wenige Jahre Sinfonie von der Angst gepackt worden, mit der später seinen Tod herbeiführen sollte. Dabei koin- Komposition einer „Neunten“ – wie Beethoven, zidiert Mahlers autobiografisches „großes Lebe- Schubert, Bruckner, Dvořák – würde er ebenfalls wohlsagen“ mit der allgemeinen „Fin-de-siècle“- sein Opus ultimum schreiben. Deshalb kompo- Vorahnung drohenden Unheils, für das die Künst- nierte er mit dem Lied von der Erde eine Art sinfo- ler in der Donaumonarchie ja ein besonderes nischer Kantate ohne Nummerierung. Dieser rüh- Sensorium entwickelten. rende Versuch, das Schicksal zu überlisten, miss- lang bekanntlich: auch Mahlers Oeuvre endet mit Die Uraufführung des Lieds von der Erde hat der ominösen sinfonischen Neunzahl – die Zehn- Mahler nicht mehr erlebt. Ein halbes Jahr nach te blieb Torso. seinem Tod, am 19. November 1911, dirigierte in München sein Schüler, Assistent und Freund Bru- Im Jahr 1907 war er in den Besitz von „Nachdich- no Walter die Premiere dieser Vermächtniskom- tungen“ alter chinesischer Lyrik gekommen, die position. Bruno Walter charakterisierte Mahler der damals viel gelesene (und viel vertonte) deut- mit den Worten: „Auf dem Grunde seiner Seele sche Dichter Hans Bethge im selben Jahr publi- lagerte ein schweres Weltleid, dessen aufsteigen- ziert hatte – wobei er sich nicht auf eigene Chi- de Kältewellen ihn mit eisigem Schauer ergrif- nesisch-Kenntnisse hatte stützen können, son- fen.“ In seiner Autobiografie mutmaßte der dern auf englische, französische und deutsche Dirigent: „Zum ersten Mal war es, dass Mahler Übersetzungen. Die chinesische Flöte hieß der mir ein neues Werk nicht selbst vorspielte – Band, über dessen Inhalt die Literaturwissen- wahrscheinlich fürchtete er sich vor der Erre- schaftler heute eher die Nase rümpfen; die gung.“ Dafür spricht auch der von Walter überlie- Kunstlandschaften dieser Verse liefern mit ihren ferte Ausspruch Mahlers: „Ist das überhaupt aus- Teichen, Lotosblüten, Porzellan-Pavillons und Ja- zuhalten? Werden sich die Menschen nicht da- de-Brücken einen ähnlich jugendstilhaft exotisie- nach umbringen?“ (Was wiederum an Richard renden Hintergrund wie die edlen Dekadenz-Ku- Wagners halb erschrockene, halb selbstbewusste lissen in Stefan Georges Buch der hängenden Gär- Vermutung zu seinem Tristan erinnert: „Vollstän- ten (das Arnold Schönberg zur gleichen Zeit in dig gute Aufführungen müssen die Leute ver- freier Atonalität vertonte). rückt machen …“) Entscheidend für Mahlers Wahl war der Grund- Dass es sich beim Lied von der Erde zu gleichen ton von Vergänglichkeit und Todesahnung, der Teilen um einen Liederzyklus wie um eine Sinfo- Das Lied von der Erde Deutsch | die Gedichte durchzieht. Seine Biografie gibt ge- nie handelt, ließe sich am ersten Satz exemplifi- nügend Aufschlüsse über seine damalige zieren, der sowohl Strophenlied als auch Sona- Empfäng lich keit für Verse wie „Dunkel ist das Le- tensatz ist, wobei die Dialektik zwischen „Jam- ben, ist der Tod“ und „Mein Herz ist müde“ oder mer der Erde“ und der verzweifelt lustigen Welt- „Und müde Menschen schließen ihre Lider“. Drei sicht des Trinkers im Orchesterzwischenspiel Ereignisse dieses Jahres 1907 hatten den selbst- nach der zweiten Strophe eine Art Durchführung bewussten Hofoperndirektor in eine Lebenskrise nach sich zieht. Die refrainartig wiederkehrende gestürzt: der Tod der ältesten Tochter, der er- Anfangsgeste – der auffahrende Hornruf, scharfe GUSTAV MAHLER 993269MahlerLiedBookletPrint.indd3269MahlerLiedBookletPrint.indd 0303 227.01.20117.01.2011 12:56:1112:56:11 UhrUhr !' Klangfärbungen durch Doppel- und Flatterzunge, Entschwinden, eine andere Luft weht herein, ein Pralltriller und Springbogen – enthüllt sich in der anderes Licht leuchtet darüber… Hier wird, wäh- Reprise als das schauerliche Bild der „wildge- rend die Welt unter ihm wegsinkt, das Ich selbst Deutsch spenstischen Gestalt“, des auf Gräbern hocken- zum Erlebnis“ (Bruno Walter). Dieses auskompo- den und heulenden Affen (der ja in der chinesi- nierte Verschwinden und Verstummen wirkt um- schen Mythologie eine wichtige Rolle spielt). Die- so anrührender, je mehr man sich die „Fallhöhe“ ser Anfang enthält auch schon das pentatonische von der affirmativen achten Sinfonie „der Tau- Motto, das sowohl klingende Chinoiserie ist wie send“ zu dieser kammermusikalisch-sublimen To- auch thematische Klammer aller sechs Gesänge. desbereitschaft bewusst macht. Noch in den letzten Takten des „Abschied“ mit ih- ren „gänzlich ersterbenden“ Orchesterklängen Zwischen diesen beiden sonatenhaften Ecksätzen zum siebenmal wiederholten „Ewig“ des Alt er- stehen vier Orchesterlieder, die in der vermute- klingt es als „Sixte ajoutèe“-Akkord – als milde ten sinfonischen Form den langsamen Satz (Der und „entgrenzende“ Dissonanz der dem C-Dur Einsame im Herbst) und eine Art dreiteiliges hinzugefügten großen Sexte A. Scherzo (Von der Jugend, Von der Schönheit, Der Trunkene im Frühling) darstellen – wobei die Jah- In diesem halbstündigen Adieu spricht Mahler, reszeit Metapher für „den Herbst in meinem Her- wie nie zuvor ein Komponist, vom Tod. Lastende zen“ ist, Jugend, Schönheit und Liebe als vergäng- Orgelpunkte und Tamtam-Schläge grundieren lich betrauert werden und die Trunksucht (wie schicksalhaft einen Text, den Mahler nicht nur schon im ersten Satz ) als illusionärer Lebens- aus zwei Bethge-Gedichten zusammengesetzt, rausch gemeint ist. sondern auch mit eigenen Versen ergänzt hat, et- wa: „Still ist mein Herz und harret seiner Stun- Der Zyklus bekam bald eine gewisse Popularität. de.“ Nur wenige Motive (eine als „Doppelschlag“ Einige der häufigsten Argumente gegen Mahlers geläufige Verzierungsfigur, eine Seufzerfigur, Sinfonik konnten gegen ihn nicht vorgebracht später eine Kleinterz-Pendelbewegung und Vo- werden: Weder war Das Lied von der Erde unmä- gelrufe als letzter „Naturlaut“) bestimmen, mit ßig lang und instrumental aufwendig, noch fin- kostbaren Aufgaben für Holzbläser und Hörner, den sich in ihm die Schocks collageartiger Ein- das gesamte kompositorische Geschehen, stei- blendungen von Trivialmaterial oder jene selbst- gern sich in kühnen Kontrapunkten aneinander zerstörerischen Negativhöhepunkte, mit denen und geraten dann in einen unwiderruflichen Zer- Mahler in den Sinfonien die Hör-Erwartungen so fallsprozess, der die Zeit anzuhalten scheint. irritierte. Arnold Schönberg allerdings hat Das „Häufig wird die Musik ihrer selbst müde und Lied von der Erde als das Werk Mahlers bezeich- klafft auseinander: dann trägt der innere Fluss net, das „am weitesten in die Zukunft ragt“. über das Versiegen des äußeren hinweg, das Lee- re wird selber Musik“ (Adorno). Gegen Ende wird Rainer Peters das „magische Instrumentarium“ von Harfen und Tamtam noch um Mandoline und Celesta erwei- tert, die einen klingenden Begriff von der trans- zendentalen Landschaft geben, in die der Ab- schiednehmende sich aufmacht. „Die Erde ist im ORCHESTRA 993269MahlerLiedBookletPrint.indd3269MahlerLiedBookletPrint.indd 0404 227.01.20117.01.2011 12:56:1112:56:11 UhrUhr Michael Gielen Dirigent !( wurde 1927 in Dresden geboren und emigrierte 1940 mit seiner Familie nach Argentinien. Seine Karriere begann er daselbst als Korrepetitor am Teatro Colón. 1949 brachte er, noch in Buenos Aires, das gesamte Klavierwerk von Arnold Schönberg zur Aufführung. Nach Europa zurück- gekehrt, wurde er 1950 Korrepetitor und Dirigent an der Wiener Staatsoper, 1960 zum musikali- schen Leiter der Königlichen Oper in Stockholm und 1968 zum Chefdirigenten des Belgischen National orchesters berufen. Später leitete er bis zum Jahr 1975 die Niederländische Oper. Er hat als Gast die Mehrzahl der bedeutenden Orchester Europas dirigiert; von 1978 bis 1981 war er „Chief Guest Conductor“ des BBC Symphony Orchestra in London. Auslandstourneen führten ihn nach Australien, Japan und in die Vereinigten Staaten, wo er mit Beginn der Saison 1980/81 die Position des „Music Director“ des Cincinnati Symphony Orchestra übernahm. Von 1977 bis 1987 war Michael Gielen Direktor der Frankfurter Oper und Generalmusikdirektor der Stadt Frankfurt. An der Hochschule „Mozarteum“ in Salzburg leitete er von 1987 bis 1995 die Klasse für Dirigieren. Mit Beginn der Spielzeit 1986/87 übernahm Michael