Sprachrohr Meinung
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S PRACHROHR Mitgliederzeitung d e s Fachbereiches Me d i e n , 19.JahrgangNr.04 Ku n s t u n d in d u s t r i e be r l i n -br a n d e n b u r g 31.August2009 Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de Zwei kreuze! »Wer nicht wählt, verliert«, meint Wladimir Klitschko, Dieter Hildebrand fordert dazu auf, die Ignoranz gegenüber der letz ten Europawahl am 27. September »wieder gutzumachen« und et- was in die Wahlurne zu werfen – »und wenn’s Ihre Stimme ist«. Oliver Pocher rappt: »Bundes- tagwahl. Ein geiler Akt!« Und Geigerin Anne-Sophie Mutter mahnt: »Stellen sie sich vor, Ihr Nachbar würde bestimmen, in welches Konzert Sie gehen. Und das vier Jahre lang...« – Achtzig Prominente mit insgesamt 160 »Promi-Lockrufen in die Wahl- kabine« hat die Bundeszentrale für politische Bildung gesammelt und schon 540 Hörfunkredaktio- nen – öffentlich-rechtlichen, pri- va ten, aber auch nichtkommer- ziellen Sendern – zur Verfügung gestellt. Dieses sei, so die Initia to- Die Kandidatinnen arbeiten mit allen Mitteln. Wie reagiert das Wahlvolk – sportlich? ren, »die bislang größte bun des- weite Initiative zur Wählermobi- lisierung«, ohne par tei politi sche Färbung, aber inhaltlich bunt. Zum WonAIR-Radio-Kit, das von Spitze beim Hungerlohn den Berliner Journalis ten Jörg Wenzel und Thomas Röhr erar- Brandenburg: Jeder Vierte bekommt weniger als 7,50 Euro beitet wurde, gehört neben den Promi-Spots auch ein Journa- Erfolgreicher Warnstreik in Frankfurt/Oder: Mindest lohn in Höhe von 7,50 Euro. Ab Januar listen-Reader mit Programm- Die Beschäftigten eines Callcenters setzten einen steigt der Lohn um zehn Cent. Dass sich Be- ideen und Hintergrund. Außer- Tarifvertrag durch und bekommen seit Mai schäftigte in Brandenburg gegen Hungerlöhne dem lobt die Bundeszentrale den statt 5,11 bis 6,64 den von ver.di geforderten wehren, ist leider noch die Ausnahme. Wahl-Award 09 für die beste Vor-Wahlberichterstattung aus. randenburg gehört zu den lern aufgebracht werden müssen. Unter nehmen, sondern auch die www.bpb.de und bei ver.di: Babsoluten Niedriglohnländern Der DGB berichtet auch von Politik mitverantwortlich: »Mit dem www.klarzurwahl.de der Republik. Laut einer Studie des einem brandenburgischen Solar- Lock angebot ›Standortfaktor Nie- DGB Berlin-Brandenburg arbeiten unternehmen, das den Produk- drig lohn‹ warben unterschiedlich von den insgesamt 730.000 so- tionsarbeitern in der Höchststufe zusammengesetzte Landesregie- nicht für eine Verbesserung der zial versicherungspflichtigen Be- run gen, damit Firmen hierher zie- eigenen Arbeits- und Einkommens- schäftigten 250.000 in prekären hen.« Von der nächsten Landesre- situation.« Als Stellvertreter könn- Jobs. Gut 100.000 Frauen und 153 Millionen Euro gie rung erwartet die Gewerkschaf- ten die Gewerkschaften nicht tä- Männer tun das zu einem Hunger- für Unternehmer terin, dass zumindest ein Verga- tig sein. »Die Leute müssen selbst lohn von weniger als 700 Euro – begesetz auf den Weg gebracht aktiv werden.« Unterdessen hat das heißt, sie leben unterhalb der wird, in dem Firmen, die den Zu- der Dumpinglohnsektor auch die Armutsdefinition der OECD. Für acht Euro brutto löhnt. »In west- schlag für öffentliche Aufträge be- Medienin dustrie erreicht. »Nach die gut 38.000 Brandenburgerin- deutschen Solarunternehmen wird kommen, zur Zahlung eines Min- unseren Beobachtungen nimmt nen und Brandenburger, die ge- für die identische Arbeit doppelt destlohns nicht unter 7,50 Euro die Zahl der prekären Arbeitsplät- zwungen sind, ihren kargen Lohn soviel Geld bezahlt«, zitiert der verpflichtet werden müssen. ze vor allem in Bereichen wie mit Hartz IV aufzustocken, werden DGB einen Beschäftigten. Den Handlungsspielraum der Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit jährlich 153 Millionen Euro benö- Doro Zinke, DGB-Vizechefin von Gewerkschaften sieht Zinke eher immer mehr zu«, so Andreas tigt. Lohnsubventionen für Unter- Berlin-Brandenburg, macht für gering. »Das Gros derjenigen, die Köhn, ver.di-Vizechef von Berlin- nehmer, die von allen Steuerzah- sol che Zustände nicht nur die in Brandenburg bleiben, kämpft Brandenburg. (s. S.7 u.12) fre 3|09sprachrohr meinung ann sich noch jemand an nen Zusatzbeitrag zu erheben. dass unsere Lebenserwartung bei gerade auch seiner Schöpfer. Al- KZeiten erinnern, in denen Der zusätzliche Café-Besuch geht einer schweren Erkrankung von len voran der Liberalen. Bereits im nicht eine Gesundheitsreform die nach hinten los. unserer finanziellen Leistungs - Februar hat die FDP einen Antrag nächste jagte und von der fol- Die finanzielle Schwächung der fähigkeit abhängt! Kurz und bru- eingebracht, der »die Bundesre- genden überrollt wurde? Jüngstes gesetzlichen Krankenversicherung tal: Wer arm ist, muss früher ster- gierung auffordert, das SGB V Produkt der Reformwut ist der scheint dagegen politisch gewollt. ben! Das Gesundheitswesen in auf den Prüfstand zu stellen und Gesundheitsfonds – ein Kompro- Ein seit Jahrzehnten funk tionie- den USA beweist, dass das keine komplett neu zu fassen«. Dabei miss, weder Fisch noch Fleisch, ren des System soll als unbezahl- Übertreibung ist. will die FDP zahlreiche Kriterien eines aber ganz sicher: brandge- berücksichtigt wissen, die sich im fährlich für das System der solida- Detail vielleicht sogar sinnvoll an- rischen Krankenversicherung. Teil hören, etwa wenn von der »Stär- dieses Kompromisses waren der AufeinWort kung der Patientenautonomie« Einheitsbetrag und eine Beitrags- die Rede ist. Insgesamt läuft das transitfoto.de / satzsenkung zum 1. Juli um 0,6 Konzept auf eine Minimalversor- Prozentpunkte. Das Ganze wird gung mit der Notwendigkeit hi- von der Bundesregierung als Stüt- naus, selbst Zusatzleistungen ein- zungsmaßnahme für die deut- Krankenkasse zukaufen. sche Konjunktur dargestellt. Bedenklich stimmt das dröh- Foto: Chr. v. Polentz v. Foto: Chr. Rechnen wir nach: Bei einem nende Schweigen der möglichen Bruttoeinkommen von 2.000 Eu- passéoder Koalitionspartner. Die CDU zum ro haben Sie monatlich dadurch Beispiel will die Kopfpauschale 6,00 Euro netto mehr zur Verfü- mit gleichen Beiträgen für alle. Ei- gung. Dafür bekommen Sie im dieReformwut ne Minimalversorgung und Zu- Café eine gute Tasse Kaffee und kauf von notwendigen Leistungen ein Stück Kuchen. Diese 2 mal 6 über private Krankenversiche- Euro (Arbeitgeber- und Arbeit- HorstKastenbetreutdiever.di-Landesfachgruppe rungsanbieter. Ähnlichkeiten? Das nehmeranteil) fehlen jedoch mit- GesetzlicheKrankenversicherungBerlin-Brandenburg alles lässt für die Zeit nach der telfristig »im Kuchen« der gesetz- Bundestagswahl das Schlimmste lichen Krankenversicherung. Da- erwarten: Rot-Grün und Schwarz- bei wissen wir, dass sich die Wirt- bar dargestellt werden, um es an- Wer ungezählte Milliarden in Rot haben bisher besonders Un- schaftskrise negativ auf die Ein- schließend durch eine private einen Rettungsschirm für Banken ternehmen und Vermögende be- nahmesituation der Krankenkas- Krankenversicherung abzulösen. – oder sollte man sagen: Banker? günstigt. sen auswirkt und nach neueren Vergegenwärtigen wir uns: 90 – pumpt und gleichzeitig be- Viele Milliarden fehlen dem Schätzungen ca. 5 Mrd. Euro im Prozent der Bevölkerung sind in hauptet, der Sozialstaat sei nicht Staat jetzt. Entweder gelten wirk- Gesundheitsfonds fehlen. Das, diesem System versichert. Gerade finanzierbar, setzt den sozialen same Steuererhöhungen für Rei- was die Bundesregierung heute in Krisenzeiten wächst der Wert Frieden endgültig aufs Spiel! Ob- che nicht länger als Tabu. Oder als Konjunkturpaket verkauft, des Sozialstaates. Eine Privatisie- wohl der Gesundheitsfonds erst Beschäftigte, Alte, Kranke und wird spätestens 2010 zahlreiche rung der gesetzlichen Kranken- im Januar 2009 eingeführt wur- Arbeitslose werden erneut bela- Krankenkassen dazu zwingen, ei- versicherung würde dazu führen, de, mehren sich die Angriffe – stet. Das müssen wir verhindern! BUCHTIPP Michwundert,dass nicht in den Metropolen, sondern lichen Freiburg trifft. Es scheint, Parolen« sei. Das ist es, auch ichfröhlichbin in Wittenberg und Bayreuth, dass er ein wenig von oben herab wenn es nicht restlos dem Zeit- Hildesheim und Halberstadt... mit dem Jüngeren umgeht. Etwa: geist entgeht. Da die Beiträge für einen be- »Hat Sie Ihr Erfolg wirklich über- Bei aller Vorliebe für Reporta- CH.Links 2009 stimmten Zeitungsplatz geschrie- rascht? ›Der Turm‹ ist doch ein gen – der beste Teil des Buches ben sind, haben sie nahezu glei- Konsensschmöker.« sind die »Vorgeschichten«, 13 Zum Vorzug guter Zeitungen che Längen, rasch zu lesen. Die Dieckmann schreibt in einer Kapitel voller Erinnerungen, Be- gehört, die große Reportage wei- Themen sind abwechslungsreich: klaren, anschaulichen, bildhaften gegnun gen, Rückblicken, verfasst terhin zu pflegen. Wie fast zu be- unterhaltend die Reise zu Wil- Sprache, die das Lesen zur Freude Ende 2008, also nahe an der Ge- fürchten, ist es ein aussterbendes helm Busch, tief berührend das macht. Da ist eine gewisse Ma- genwart. Hier legt Dieckmann Genre; denn es kostet zeitauf- Schicksal des unangepassten nieriertheit nicht eigentlich ver- viel Inneres bloß. wendige Recherche und verlangt DDR-Sportlers Wolfgang Lötzsch, ständlich, Wörter zu erfinden, Autor und Rezensent gehören einen sprachgestaltenden Jour- amüsant die Erinnerung an einen wie »arbeiterliches Volk«, «lach- unterschiedlichen Generationen nalisten. »Die Zeit« besitzt dieses Wanderslebener Dichter. Vorur- blond«, »das Beschweigen bre- an mit dem entsprechend ver- Genre. 1991 kam Christoph teilsfrei sachlich das Gespräch mit chen«, »Ensslin behimmelt Baa- schieden geprägten Blick auf