Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte

Die Bank

Kaspar Klippgen Seminar für Wirtschaftsgeschichte Ludwig-Maximilians-Universität München 16. Mai 2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte

Agenda

1. Der Mythos Rothschild 2. Geschichte der Familie 3. Der Ausbau der Macht 4. Machtsicherungsmechanismen 5. Die Rothschilds im Industriezeitalter 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert 7. Die heutige Rothschild-Bank 8. Literatur

2| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 1. Der Mythos Rothschild Eine legendäre Familie Wofür stehen sie? Was haben sie bewirkt? Sind sie wirklich so mächtig?

Ì Der Name Rothschild ist Synonym für Reichtum: Ì In Frankreich steht der Satz "le goût Rothschild," für einen glamourösen Lebensstil. Ì Die israelische Sprache kennt den gängigen Satz “lu ha'yiti Rothschild” der “Wenn ich ein reicher Mann wäre” bedeutet.

Ì Mystifizierung und Diffamierung: Ì Ihre jüdische Herkunft gab Antisemiten Anlaß für Verschwörungstheorien und diente der Instrumentalisierung in Propagandafilmen wie “Der ewige Jude”. Ì Die Rothschilds sind bzw. galten als so mächtig, dass der Schriftsteller Ezra Pound im II. Weltkrieg die Theorie aufstellte, dass die Rothschild gemeinsam mit einer Clique von mächtigen Bankhäusern den Weltkrieg verursacht haben, um davon finanziell und somit politisch zu profitieren.

Ì Nachdem sie ein beträchtliches Vermögen angehäuft haben, wurde der Name weltweit zum Inbegriff für das Bankwesen und großen Reichtum. Die Familie ist darüber hinaus bekannt für ihre Kunstsammlungen und ihre Philanthropie.

3| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 1. Der Mythos Rothschild Eine legendäre Wirtschaftsgeschichte Ì Die Rothschilds gelten als Pioniere der internationalen Hochfinanz während der Napoleonischen Zeit und der darauf folgenden Industrialisierung Europas. Ì Sie waren wesentlich an der Finanzierung des weltweiten Eisenbahnbaus beteiligt und organisierten komplexe Regierungsfinanzierungen. Ì Eine große Zahl noch heute erfolgreicher Unternehmungen geht auf Rothschild-Kapital zurück:

Ì Ì Alliance Assurance (1824) (heute: Royal & SunAlliance) Ì Chemin de Fer du Nord (1845) Ì Group (1873) Ì Société Le Nickel (1880) (heute: ) Ì Imétal (1962) (heute: )

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2. Geschichte der Rothschild-Familie

Ì Mayer Amschel Bauer (*23.2.1744 - + 19.9.1812) ist Begründer der Rothschilddynastie. Sein Vater Moses Amschel Bauer begann bereits im Jahr 1750 einen Münzhandel in der zu betreiben.

Ì Mayer Amschel Bauer lernte als Bankgehilfe bei Oppenheimer in Hannover.

Ì Zurück in änderte er seinen Namen in Mayer und betrieb das Geschäft des Vaters weiter.

Ì Der Name Rothschild rührt vermutlich von einem roten Schild, welches vor dem Geschäft hing.

Ì Über den gemeinsamen Bekannten General von Estorff begann Rothschild im Jahr 1760 Geschäfte mit dem Hof zu Hanau.

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2. Geschichte der Rothschild-Familie (II)

Ì Ab 1769 durfte er die Plakette (mit Wappen von Hessen-Hanau) und die Inschrift „M.A. Rothschild, Hoflieferant Seiner Erlauchten Hoheit, Erbprinz Wilhelm von Hessen, Graf von Hanau“ führen.

Ì Seit 1783 verwaltete er das Vermögen Wilhelms I. von Hessen Kassel und dessen Vaters, womit dieser zum reichsten Fürsten im Heiligen römischen Reich deutscher Nation wurde.

Ì 1798 geht Nathan Rothschild (der dritte Sohn) nach und handelt erfolgreich in Manchester mit Textil-Rohstoffen. 1803 geht er nach und steigt 1804 ins Bankgeschäft ein

Ì 1801 wurde Mayer Amschel zum Hoffaktor benannt (höchste, denkbare Würde für einen Juden im absolutistischen Zeitalter)

Ì 1802-1804 Zeichnung von Staatsanleihen (Schuldverschreibungen) am Dänischen Hof Ì Enger Kontakt zum wichtigsten Finanzberater des Fürsten, Carl Buderus. Alleinige Verantwortung über die Wertpapiere und Schuldwechsel des Kurfürsten. Rothschild trieb Zinsen in ganz Europa ein und konnte mit dem ihm überantworteten Geld spekulieren.

Ì 1810 macht Mayer Amschel seine fünf Söhne zu Teilhabern (von nun an „M.A. Rothschild & Söhne“) und sendet sie in die Welt

6| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 1. Der Mythos Rothschild Das erste große multinationale Unternehmen wird gegründet WORMS/ Schönche Jeanette Rothschild (1771-1859) FRANKFURT Benedikt Moses Worms (1772-1824) Mayer Amschel Begründer des Zweigs „von Worms“ (keine Träger des Rothschild Namens „Rothschild“) WIEN Salomon Rothschild (1774-1855), Bankier Begründer des Wiener Zweigs LONDON (1777-1836), Bankier Begründer des Londoner Zweigs NEAPEL Kalmann Mayer Rothschild (1788-1855), Bankier Begründer des neapolitanischen Zweigs

PARIS James de Rothschild (1792-1868), Bankier Begründer des Pariser Zweigs

LONDON NEAPEL WIEN LONDON PARIS NEAPEL WIEN FRANKFURTFRANKFURT

7| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte

2. Geschichte der Rothschild-Familie (III)

Ì 1812 stirbt Mayer Amschel Ì Nach der Widerherstellung des europäischen Staatensystems auf dem Wiener Kongress restrukturierten die fünf Rothschild-Söhne im Jahr 1815 die geschäftliche Organisation des Hauses Ì Die fünf Söhne flechten ein Europa umspannendes Firmenkonglomerat Ì In der Zeit von 1815 bis 1818 wächst das Kapital der Familie von 3,3 Mio. auf sagenhafte 42,5 Mio. Franc (die Forschung konnte bis heute nicht klären, wie es zu diesem exorbitanten Wachstum kam) Ì Vier Brüder wurden 1816 durch den österreichischen Kaiser Franz I. geadelt. Nathan, der fünfte Bruder, wird 1818 ebenfalls geadelt. Alle erhielten den österreichischen Titel „Freiherr“ bzw. „Baron“ am 29. September 1822.

8| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 3. Der Ausbau der Macht Kriegsfinanzierung in London Ì Die Grundlage für den unbeschreiblichen, finanziellen Erfolg der Rothschild Familie wurde in den letzten Wochen der Napoleonischen Kriege gelegt. Der Londoner Familiensprössling Nathan Mayer Rothschild hatte wesentlichen Anteil an der Kriegsfinanzierung der britischen Kriegsleistungen in den Jahren 1813 bis 1815.

Ì Zu Beginn beteiligte sich Nathan an Schmuggelgeschäften mit Textilien, um die von auferlegte Kontinentalsperre zu durchbrechen. Ì Die Warenverknappung machte Schmuggelgeschäfte trotz ihrer Gefahr hoch lukrativ.

Ì Durch das Netzwerk seines Vaters gelangte er bald an die richtigen Kontakte

Ì 1805 eröffnete er ein Büro in Londoner, betrieb aber nach wie vor den Textilienhandel in Manchester

9| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 3. Der Ausbau der Macht Kriegsfinanzierung in London (II) Ì Die Bank N. M. Rothschild and Sons wurde 1811 in der St Swithin's Lane in London gegründet (und besteht noch heute).

Ì Nathan Rothschild übernahm die Gold- und Silberbarrenlieferungen an den Grafen Wellington, der in Portugal und Spanien stationiert war und gegen Napoleon kämpfte.

Ì Außerdem arrangierte er die Subventionszahlungen an die Kontinentalalliierten. Allein durch die Kommissionsgebühren für diese Transaktionen machte Rothschild ein Vermögen.

Ì Alle vier anderen Rothschild-Brüder unterstützten die Aktivitäten über den europäischen Kontinent.

Ì Die Familie entwickelte ein hochgradig effektives Netzwerk von Agenten, Kurieren, Informanten und Lieferanten, um ihren Goldtransport und ihren – fast genauso wichtigen – Informationsaustausch transeuropäisch zu organisieren.

10| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 3. Der Ausbau der Macht Kriegsfinanzierung in London (III) Ì Sie waren durch ihren Nachrichtendienst immer als Erste über geplante Anleihen, Kurse, Regierungskrisen und Kriegsgefahren informiert und konnten diese Informationen an den Finanzmärkten gezielt und sehr gewinnbringend einsetzen

Ì Die Intelligenz der Rothschilds zeigte sich hier in aller Deutlichkeit. Sie machten sich Kursdifferenzen verschiedener Börsen und die Möglichkeit schneller Geldtransaktionen zu nutze

Ì Besonders 1815: Der Nachrichtendienst ermöglichte es Nathan Rothschild in London einen Tag vor dem offiziellen Regierungs-Boten von Wellingtons Triumpf in Waterloo zu erfahren.

Ì Sofort reagierte er und verkaufte seine Börsenpapiere. Viele folgten ihm, im Glauben, England hätte verloren. Die Kurse fielen und Nathan kaufte schnell die billigen Wertpapiere wieder auf.

11| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 3. Der Ausbau der Macht Kriegsfinanzierung in London (IV) Ì Schon bald kristallisierte sich das Geschäft der Zukunft heraus: Im Jahr 1818 arrangierte Nathan Rothschild einen Bankkredit über 5 Mio. Pfund an die Preussische Regierung. Die Ausgabe von Wertpapieren auf Regierungskredite bildete ab da an die Haupteinkommensstütze der Bank.

Ì Rothschild wurde so mächtig in London, das er der Bank von England im Jahr 1825 genug Münzen zur Vefügung stellen konnte, um eine massive Liquiditätskrise abzuwenden.

12| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 3. Der Ausbau der Macht Rothschild in Paris, Wien und Neapel Paris Ì James de Rothschild stand seinem älteren Bruder Nathan in Sachen Finanzgenius in nichts nach. Neben seinem beachtlichen finanziellen Erfolg, knüpfte er wertvolle politische Kontakt zu höchsten Kreisen der Pariser Gesellschaft. Ì Lange galten die Rothschilds als führende Bankfamilie Frankreichs. Ì Sie investierten in das Eisenbahnwesen und Industrieunternehmen. Wien Ì Salomon von Rothschild pflegte enge Kontakte zu den Habsburgern, gewährte ihnen beachtliche Kredite und machte sich um den Aufbau des österreichischen Eisenbahnwesens verdient. Zusätzlich führte er die Wittkowitzer Stahlwerke. Ì Anselm von Rothschild (der Sohn Salomons) gründete die , später die größte Aktienbank Österreichs. Der Zusammenbruch der Creditanstalt 1931 leitete das Ende der Rothschilds in Österreich ein. Neapel Ì Carl Mayer von Rothschild war für das neapolitansiche Geschäft zuständig. Die dort ansässige Rothschild-Bank operierte bis 1863 und kann als Sub-Unternehmen der österreichischen Niederlassung angesehen werden. Durch die Einigung Italiens endete das Rothschild-Engagement dort.

13| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 4. Machtsicherungsmechanismen Die Erhaltung der Balance Familie Ì Alle Schlüsselpositionen sind mit Familienmitgliedern zu besetzen. Ì An Geschäften dürfen nur männliche Familienmitglieder teilnehmen. Ì Der älteste Sohn des ältesten Sohnes soll Familienoberhaupt sein, soweit die Mehrheit der Familie nicht anders entscheidet. Ì Die Familie soll sich untereinander mit ihren Cousins und Cousinen ersten und zweiten Grades verheiraten.

Bank Ì Es soll keine juristische Bestandsaufnahme und keine Veröffentlichung des Vermögens geben. Ì Das Kapital wurde nach Einfluss und Erfolg aufgeteilt. Ì Keiner durfte vor Ende des Gesellschaftsvertrages seinen Gewinn ganz oder teilweise herausziehen. Ì Keiner durfte persönliche Nebengeschäfte machen. Ì Gesellschaftsvertrag: Dauer des Vertrages war jeweils auf drei Jahre angesetzt und wurde stillschweigend alle drei Jahre erneuert bzw. leicht modifiziert.

14| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 4. Machtsicherungsmechanismen Erfolg durch schnelle Kommunikation Ì Die Rothschilds lernten von der Familie Thurn und Taxis den Wert schneller Informationsübermittlung kennen. Ì In den Folgejahren etablierte die Familie einen effektiven Nachrichten- und Kurierdienst , um sich auf den sich entwickelnden Finanzmärkten und dem Markt mit Kriegsanleihen in der unruhigen Zeit einen Informationsvorsprung zu sichern. Ì Jede Woche mussten die Gesellschafter, auch wenn sie auf Reisen waren, Nachrichten über den aktuellen Stand von Aktiva und Passiva und dem Gang der Geschäfte austauschen. Ì Jährlich wurden die Bilanzen der drei Banken (Frankfurt, London, Paris) im Frankfurter Haus zu einer Rothschild-Gesamtbilanz zusammengefasst Ì Die Informationsübermittlung erfolgte durch eine effektive aber kostenintensive Kombination aller Transportmittel Ì Die Rothschilds hielten enge Kontakte zu Schiffskapitänen und sponnen ein enges Netzwerk an Agenten (Bankiers, Verwandte, Handelsleute, Journalisten), die Informationen als Kuriere übers Festland brachten. Ì Die hohen Kosten für das Aufrechterhalten des Netzwerkes holten sie über etwaige Kursgewinne fast immer wieder rein.

15| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 4. Machtsicherungsmechanismen Erfolg durch schnelle Kommunikation Ì Rom Ì Turin Ì Florenz Ì Mailand Ì Neapel Ì Triest Ì Konstantinopel Ì Odessa Ì Sankt Petersburg Ì Brüssel Ì Amsterdam Ì New York Ì Baltimore Ì San Francisco

16| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte

5. Die Rothschilds im Industriezeitalter

Ì 1825-26 gab es eine massive Bankenkrise aufgrund von Überspekulationen nach dem Krieg (145 Banken brachen zusammen). Ì Die Reserven der Bank of England schmolzen rapide. Nathan wusste dies zu verhindern, da er die Bank of England mit ausreichend liquiden Mitteln versorgte. (10 Mio. Pfund).

Ì In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde selten in neue Geschäfts- felder investiert (anders als die Wiener und Pariser Zweige). Beteiligungen an den industriellen Aktivitäten der anderen Rothschild- Zweige (z.B. Ölindustrie). Ì Investments jedoch in lukrative Goldminen, Diamanten und Öl. Ì Die Rothschilds etablierten sich als führende Goldhändler in der Welt.

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5. Die Rothschilds im Industriezeitalter

Ì Zwischen 1880 und 1914 hatten die Rothschilds den größten Einfluß:

Suez-Kanal Ì 1875 sah sich Ismail Pascha von Ägypten gezwungen seine 44 % Beteiligung am Suez-Kanal zu verkaufen und bot ihn Frankreich an. Rothschild organisierte 4 Mio. Pfund, damit die britische Regierung zuschlagen konnte. (Rothschild Verdienst: 100 000 Pfund)

Südafrika Ì 1867 wurden große Diamanten-Vorkommen entdeckt. Ì Die Rothschilds investierten sofort. Ì Die Bank beteiligte sich an zahlreichen Bergbaufirmen (Anglo-African Diamond Mining, später De Beers) Ì 1887 unterstützt die Rothschild-Bank Cecil Rhodes‘ Expansionspläne mit 1 Mio Pfund Ì Bis heute besitzen die Rothschilds Beteiligungen an dem Gold- und Diamantenkonzern De Beers.

18| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert Überblick Ì Die Familie zerfiel zunehmend. Nicht persönlich aber unternehmerisch.

Ì Beispiel 1901: Ohne männlichen Erbfolger wird das Frankfurter Bankhaus nach über 100 Jahren geschlossen. Erst knapp 90 Jahre später lassen sich N M Rothschild & Sons (England) und Bank Rothschild AG (Schweiz) wieder in Frankfurt nieder.

Ì Darunter litt jedoch der Familienzusammenhalt nicht

Ì Viele Mitglieder lösten sich aber vom alten Kodex ab und gingen eigene berufliche Wege (Weingüter, Kunst, etc.)

Ì Zwei Themen eint die Familie im letzten Jahrhundert:

Ì Antisemitische Diffamierung und Verfolgung in der NS-Zeit Ì Engagement für den Staat Palestina bzw. Israel

19| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert NS-Verfolgung und Antisemitismus Ì Die Nationalsozialisten instrumentalisierten gezielt die exponierte Stellung der Familie und nutzten den bekannten Namen als Ziel für Diffamierung und antisemitische Propaganda

Antisemitische Propaganda Ì Propaganda-Filme wie „Die Rothschilds“, „Jud Süss“ oder „Der ewige Jude“ sind angefüllt mit klischeehaften Bezügen und falschen, pseudo- dokumentarischen Tatsachenberichten über die Familie und ihr Leben. Ì In dem Film „Die Rothschilds“ werden die „Finanzjuden“ als undurchsichtige, finstere und geldgierige Betrüger dargestellt. Ì Die Geschichte des Films orientiert sich an dem Aufstieg der Familie unter Wilhelm von Hessen, der von Napoleon flüchtend, Mayer Amschel sein Geld anvertraute. Ì Die Botschaft ist deutlich: „Während die englischen und deutschen Soldaten verbluten, schaffen die Rotschilds und ihre jüdischen Helfer (…) das für die Soldaten bestimmte Geld zur Seite.“

20| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert NS-Verfolgung und Antisemitismus (II) Ì Die nationalsozialistische Stereotypisierung liefert im Film und in der Presse die vermeintlichen Ziele jüdischer Existenz, die sich in der Familie Rothschild manifestieren: Betrug, Weltherrschaft und „Blutschande“ (vgl. Heuberger, G., 1995)

Die Besetzung Österreichs Ì Der Wiener Teil der Rothschild-Familie und ihr Stammhalter Louis de Rothschild wurden verhaftet und enteignet . Herman Göring hatte es insbesondere auf die Rothschildschen Stahlwerke abgesehen, die er für die Kriegsproduktion nutzen wollte. Ì Nach erfolgter Enteignung durfte die Familie Österreich verlassen, nachdem sie eine „Fluchtsteuer“ über 5 Mio. Mark geleistet hatten. Ì Das repräsentative Wiener Anwesen der Familie beherbergte nach der Vertreibung die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ unter Adolf Eichmann. Ì Wertvollste Kunstschätze wurden „arisiert“ und enteignet und sind bis heute nicht vollständig in Rotschildschen Besitz zurückgegangen.

21| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert NS-Verfolgung und Antisemitismus (III)

Besetzung Frankreichs Ì Ebenso wie der Wiener Familienteil wurden auch die Pariser Rotschilds Opfer von Verfolgung, Verhaftung und Enteignung Ì Die Familie floh nach England oder Amerika Ì Einige Angehörige wurden deportiert und fanden in den Konzentrationslagern den Tod (z.B. Elisabeth de Chambure, die Ehefrau von )

Einsatz aus England Ì Der englische Familienteil setzte sich bereits 1933 für die europäischen Juden ein, machte ihre Position in der Öffentlichkeit geltend ein und ermöglichte zahlreichen jüdischen Familien und vor allem 10.000 Kindern (bis 1940) die Ausreise.

22| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert Engagement für Israel

Ì Familiäre Tradition des finanziellen Einsatzes für die heiligen Städten Jerusalem, Hebron, Tiberias, und Safed und die dort lebenden Juden.

Ì Edmond de Rothschild (Sohn des James de Rothschild, Paris) war der engagierteste Unterstützer Palestinas.

Ì Ab seinem 37. Lebensjahr widmete er sich fast ausschließlich dem Aufbau jüdischer Siedlungen in Palestina (ab 1882).

Ì Aber die Familie war in Zionisten und Nicht-Zionisten gespalten.

Ì Nach Ende des 1. Weltkriegs wurde mit einer Wohlwollenserklärung der englischen Regierung die Staatsgründung vorangetrieben. Teile der Rothschild waren vorne an mit dabei. Zuvorderst Edmond.

23| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 6. Die Rothschilds im 20. Jahrhundert Engagement für Israel (II)

Ì Die PICA – „Palestine Jewisch Colonization Assocation / Edmond de Rothschild Foundation“ (1918 gegr.) war größter Landbesitzer in Palestina und stellte Boden und Geld für aus Russland kommende Einwanderer zu Verfügung. Edmond kaufte massiv Land, um die Ansiedlung von jüdischen Siedlungen voranzutreiben.

Ì Nach seinem Tod 1934 übernahm sein Sohn James Armand die Geschäfte (z.B. finanzielle Unterstützung beim Bau der Knesset).

Ì Seine Frau gründete die Stiftung „“ (Wahrzeichen des Wohltäters), die bis heute aktiv ist.

24| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 7. Die heutige Rothschild Bank Erneuter Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg

Ì Paris: Nach dem 2. Weltkrieg gelangte die Bank unter zu neuer Blüte Ì Guy übernahm die Führung und verfügte, dass wesentliche Anteile der Familie wieder in die Bank eingebracht werden, um über nötiges Kapital zur Kreditvergabe zu verfügen Ì Guy stieg ins Aktienmaklergeschäft ein Ì Die Bank wurde mit Hilfe familienexterner Kräfte zur Investmentbank umgebaut:

Ì Rene Mayer - späterer Finanzminister, Ministerpräsident (1953) und Vorsitzender der Europäischen Kohle- und Stahlbehörde Ì - 2. Präsident der 5. Republik und enger Vertrauter von

25| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 7. Die heutige Rothschild Bank Die Bank im neuen Jahrtausend

Ì London: Das Kerngeschäft von N M Rothschild & Sons ist die strategische M&A Beratung. Ì Die Bank beschäftigt über 2000 Mitarbeiter und unterhält 40 Büros in mehr als 30 Ländern. Ì Dabei unterscheidet man die N. M. Rothschild & Sons Ltd. (Company) und die Bankengruppe, also die, die nicht in England oder den Kanalinseln registriert sind. Bis März 2004 war Sir Vorsitzender, seit April 2004 nimmt David de Rothschild diesen Posten ein. Ì Der Gewinn vor Steuern betrug 2004 22,5 Mio. engl. Pfund, 3,3 Mio. mehr als im Jahr zuvor, und nach Steuern 15 Mio. Pfund. Die größte Gruppe, die Einnahmen verzeichnete, war die Concordia BV in den Niederlanden, Tochterunternehmen der Rothschild Concordia AG in der Schweiz, die über das Jahr von der Rothschild-Familie und ihrer Interessen verwaltet wurde. Die Rothschild Concordia AG in der Schweiz ist auch das Dachunternehmen der gesamten Rothschild-Banken.

26| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 7. Die heutige Rothschild Bank Die Bank im neuen Jahrtausend (II) Ì 2006 lag Rothschild auf dem 2. Platz in UK M&A mit einem Totalumsatz von 104.9 Milliarden Pfund. Ì Zuletzt wurde im Juli 2003 eine massive Reorganisation der Gruppe vorgenommen. Die Rothschild-Banken in London und Paris wurden unter einer Master Holding mit Namen Concordia BV zusammengelegt. Ì Die Aufsicht führt hierbei bis heute David René de Rothschild. Ì Im Rahmen dieser Reorganisation wurde die Kontrolle folgendermaßen aufgeteilt:

Ì Rothschild et Cie Banque kontrolliert das Bankengeschäft in Frankreich und Kontinentaleuropa, Ì Rothschilds Continuation Holdings AG kontrolliert das Banking überall sonst, dazu gehört auch N M Rothschild & Sons in London. Ì 2005 wurden 20% der Rothschild Continuation Holdings AG an Jardine, Matheson & Co. , Hong Kong verkauft

27| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 7. Die heutige Rothschild Bank Die Bank im neuen Jahrtausend (III) Ì Bis zum Jahr 2000 hat Rothschild u. a. fast 40 Regierungen im Rahmen von Privatisierungen beraten. Ì Folgende Deals wurden in den letzten Jahren u.a. von Rothschild beraten: Ì Verkauf von Viterra durch E.ON Ì Verkauf von Wella an Procter & Gamble Ì Aufkauf der Dial Corp. durch Henkel Ì Aufkauf von König und Licher Brauereien der Holsten AG durch Bitburger Ì Aufkauf von Scout24 AG (Schweiz) durch T-Online Ì Übernahme der Mannesmann AG durch Vodafone Ì Börsengang und An- und Verkauf des Kabelnetzes der Deutschen Telekom und T- Online Ì Neubildung der ProSiebenSat.1 Media AG durch KirchMedia Ì Beratung der Saban Capital Group

28| 25.06.2008 Kaspar Klippgen - Die Rothschild Bank - 16.05.2008 Ludwig-Maximilians-Universität Seminar für Wirtschaftsgeschichte 8. Die heutige Rothschild Bank Ausblick Ì Die Rothschild-Bank ist heute nicht mehr das, was sie mal war Ì Die Pionierarbeit erledigen heute andere Ì Dennoch zehrt die Bank noch heute von dem Mythos ihrer Gründer und baut auf die Werte, mit denen das Imperium vor mehr als zwei Jahrhunderten erschaffen wurde. Ì Die Rothschilds haben in 200 Jahren immer Weitblick bewiesen. Ì Insofern können die Werte der Familie

Concordia (Eintracht) Integritas (Redlichkeit) Industria (Fleiß)

auch in der heutigen Zeit als wichtige und gültige Leitlinien für erfolgreiche Unternehmensführung betrachtet werden.

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9. Literatur

Ì Born, Karl Erich (1977) „Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert“ Stuttgart: Alfred Kröner Verlag. Ì Bornefeld, Andreas: „Die Rothschild-Dynastie - 2 Jahrhunderte einer Finanzdynastie“. Abgerufen am 14.05.08 unter: http://www.bornpower.de/r-index.htm. Ì Heuberger, Georg (Hrsg.) (1995) „Die Rothschilds – Eine europäische Familie“. Frankfurt: Jan Thorbeke Verlag. Ì Pohl, Manfred (1995) „From Court Agent to State Financier – The Rise of the Rothschilds“ In: „The Rothschilds – Essays on an European Family“. Frankfurt: Jan Thorbeke Verlag. Ì Rothschild Archive: http://www.rothschildarchive.org Ì Website des Bankhauses N. M. Rothschild, London: Abgerufen am 11.05.08 unter: http://www.rothschild.com. Ì Website der Familie Rothschild: www.rothschild.info. Abgerufen am 13.5.08 unter: http://www.rothschild.info/history/default.asp?doc=articles/chistory1-4. Ì Wikipedia: „Rothschild“. Abgerufen am 11.05.08 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Rothschild. Ì Wikipedia: „Amschel Mayer Rothschild“. Abgerufen am 11.05.08 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Amschel_Mayer_Rothschild. Ì Wikipedia: „Hoffaktor“. Abgerufen am 11.05.08 unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Hoffaktor.

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