INNOVATIONEN FÜR DIE ENERGIEZUKUNFT Energieforschung und Technologieentwicklung in Österreich

www.energieforschung.at INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung – Innovative Lösungen für die Energiewende...... 5

Energiesysteme & Netze...... 9 Industrielle Energiesysteme...... 19 Umwandlungstechnologien...... 31 Speichertechnologien...... 41 Produkte und Services für EnergiekonsumentInnen...... 53

2 it unserer Klima- und Energiestrategie #mission2030 haben wir einen sehr wichtigen Startschuss für das Ende des fossilen Zeitalters gesetzt. Nun heißt es den nachhaltigen Weg Österreichs weiterzugehen und mit konkreten Maßnahmen zum Leben zu erwecken. Der Klima- und MEnergiefonds ist dafür ein wichtiger Partner der Bundesregierung. Die sehr intensive Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren hat bereits zahlreiche Innovationen ermöglicht und die Transformation der heimischen Energie- und Mobilitätssysteme in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität vorangetrieben.

Im Bereich innovativer Energietechnologien präsentiert sich der Klima- und Ener- giefonds als treibende Kraft. Seine Aktivitäten stärken den Standort Österreich. Das Energieforschungsprogramm ermöglicht die Entwicklung und Demonstration bahnbrechender Innovationen. Gemeinsam mit dem Klima- und Energiefonds Foto: bmvit wird unsere Aufgabe darin bestehen, die Energie- und Mobilitätswende so zu ge- stalten, dass sie sowohl ökologisch als auch ökonomisch zu einem Erfolg wird. Die Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und das immense Innovations­ potenzial österreichischer ForscherInnen stimmen mich sehr zuversichtlich. BM Norbert Hofer Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

as Energiesystem ist im Wandel. Mit Technologien von heute werden diese tiefgreifenden globalen Veränderungen nicht machbar sein. Die Innovationskraft heimischer Unternehmen ist eine enorme Chance, um mit neuen Schlüsseltechnologien das Energiesystem zu modernisieren Dund auf Sektorkopplung zu setzen. Schon heute sind in der heimischen Industrie 195.000 Arbeitsplätze den sogenannten „Green Jobs“ zuzurechnen. Wir unterstützen zukunftsweisende österreichische Unternehmen bei der Entwicklung und Markteinführung innovativer Technologien und Verfahren – eine Win-win- Situation: Diese kommen in den österreichischen Produktionsunternehmen zum Einsatz und werden andererseits durch den exportorientierten österreichischen Anlagenbau weltweit nutzbar gemacht.

Mit dem Energieforschungsprogramm bieten wir einen passenden Mix an Förder- Foto: Klima- und Energiefonds/ instrumenten für Wissenschaft und Wirtschaft von der Grundlagenforschung bis Andreas Scheiblecker zur Produktimplementierung entlang der gesamten Innovations- und Wertschöp- fungskette. Wir sind ein One-Stop-Shop der Energiewende, der national und inter- national seinesgleichen sucht. DI Theresia Vogel Geschäftsführerin Klima- und Energiefonds

3 EINLEITUNG

Foto: Klima- und Energiefonds/Ringhofer

4 EINLEITUNG

Testreihen print.PV bei crystalsol Foto: crystalsol GmbH

Forschung und Technologieentwicklung aus Österreich INNOVATIVE LÖSUNGEN FÜR DIE ENERGIEWENDE

ie Energiewelt befindet sich in onsarmer Energietechnologien. Bis 2030 vativen Technologien für die Energiezu- einem grundlegenden Wandel. strebt die EU 40 % weniger Treibhausgas- kunft auf dem Weltmarkt erfolgreich po- Um den Zugang zu sicherer, emissionen (verglichen mit 1990), 27 % sitionieren. Dieses Know-how gilt es auch sauberer und leistbarer Ener- höhere Energieeffizienz (verglichen mit weiterhin auszubauen. gie in Zukunft gewährleisten dem „Business as usual“-Szenario) und Dzu können, bedarf es einer umfassenden einen Anteil erneuerbarer Energien am #mission2030 – die österreichische Kli- Transformation unseres Energiesystems Gesamtenergieverbrauch von 27 % an.* ma- und Energiestrategie (Bundesminis- in Richtung Dekarbonisierung sowie den Bis 2050 zielt der SET-Plan darauf ab, terium für Nachhaltigkeit und Tourismus Übergang zur breiten Nutzung erneuer- die Energietechnologien so weiterzuent- und Bundesministerium für Verkehr, barer Ressourcen. wickeln und umzusetzen, dass sich die Innovation und Technologie, 2018) folgt Treibhausgasemissionen der EU um 80 bis dem Leitsatz, Österreich als „Energiein- Weltweit steigt die Nachfrage nach grünen 95 % absenken lassen und die Begrenzung novationsland“ in Sachen Forschung und Produkten, Verfahren und Dienstleistun- der globalen Erwärmung auf 2 °C unter- Entwicklung von Zukunftstechnologien gen, die dazu beitragen, die Energiewende stützt wird. zu positionieren und fokussiert auf The- zu bewältigen. Die Energie- und Umwelt- menfelder, in denen sich die wirtschaft- technik hat sich zu einem bedeutenden lichen Chancen, die mit dem Umbau des Wirtschaftszweig mit hohen Wachstums- Chancen der Energiesystems einhergehen, optimal chancen entwickelt. 2016 wurde in die- Energiewende nutzen von innovativen österreichischen Unter- ser dynamischen Querschnittsbranche nehmen nutzen lassen. weltweit ein Umsatz von 3.214 Milliarden Euro erwirtschaftet (Quelle: http://www. Der weltweite Umbruch in Energieversor- Neben der Entwicklung und Weiterent- greentech-made-in-.de). gung und -nutzung eröffnet große Chan- wicklung von neuen Technologien sowie cen für die heimische Wirtschaft. Neue, Komponenten ist eine der zentralen He- Auf europäischer Ebene wurden mit dem intelligente Technologien und Konzepte rausforderungen die Einbettung vorhan- Strategieplan für Energietechnologie werden benötigt, um den Wandel tech- dener Technologien und Lösungen in ein (SET-Plan) wichtige Ziele zur Stimulie- nisch und wirtschaftlich umsetzen und integriertes Gesamtsystem. Forschung, rung der energiebezogenen Forschung sozial verträglich gestalten zu können. Entwicklung und Innovation haben hier und der Industrieaktivitäten in den Mit- Im Bereich innovativer Energielösungen entscheidende Beiträge zur Analyse kom- gliedsländern definiert. Der SET-Plan im Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor plexer Wirkungszusammenhänge und zur stellt den Rahmen für die Entwicklung konnte Österreich in den letzten Jahren Ableitung von Lösungsoptionen zu leisten. und Umsetzung kosteneffizienter emissi- international punkten und sich mit inno-

* Europäische Kommission (2014): Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 [ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030_de; abgerufen am 23. September 2018] 5 In dieser Broschüre stellen wir herausragende und zu- kunftsweisende Vorzeigeprojekte der österreichischen Energieforschung vor, die mit Unterstützung des Klima- und Energiefonds realisiert wurden oder sich aktuell in der Umsetzung befinden.

Hochdruck-Wärmespeicher Kraftwerk Simmering Foto: Wien Energie/Ian Ehm

Österreichische Stärkefelder ausbauen

Der Klima- und Energiefonds unterstützt mit seinen Energie- und Mobilitätsfor- schungsprogrammen Innovationen in Bereichen, in denen Österreich Stärke- felder besetzt und im internationalen Vergleich hohe Kompetenzen aufweist. Forschung und Entwicklung beziehen sich auf die gesamte energetische Wert- schöpfungskette und fokussieren auf Forschungsthemen sowie -aktivitäten, die einen besonders wirkungsvollen Bei- trag zum Ausbau des Innovationsstand- orts Österreich leisten können.

Die Aufwendungen des Klima- und Ener- giefonds für energiebezogene F&E im Rahmen seiner Energie- und Mobilitäts- forschungsprogramme summierten sich von 2007 bis 2016 auf 379 Millionen Euro. AKTUELLE TREIBER UND TRENDS Sie hatten damit einen wesentlichen An- FÜR DIE ENERGIEFORSCHUNG IN ÖSTERREICH: teil an der allgemeinen Steigerung der Energieforschungsausgaben in diesem ▷ die weitgehende Dekarbonisierung der Wirtschaft Zeitraum. Im Schnitt der einzelnen Jahre ▷ die zukünftige Dominanz erneuerbarer, meist volatiler Energieträger von 2008 bis 2016 machen die Fördermit- ▷ die erwartete zunehmende Bedeutung von Elektrizität durch Verschiebungen tel des Klima- und Energiefonds einen im Energieträgereinsatz Anteil von 36 % an den Gesamtausgaben ▷ die Sektorkopplung, d. h. die Verzahnung von Strom, Wärme und Mobilität, um aus. erneuerbare Energien optimal in das Energiesystem integrieren zu können ▷ die umfassende Digitalisierung

6 EINLEITUNG

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0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Klima- & Energiefonds 0 30.191.351 30.836.148 51.210.247 49.484.424 31.998.188 38.226.899 45.824.462 50.049.465 51.491.365 GESAMT (Euro) 31.886.023 71.166.956 92.268.114 120.979.645 120.821.607 120.098.940 124.545.848 143.100.718 128.415.085 140.891.866

Klima- und Energiefonds Universitäten Fachhochschulen Außeruniversitäre Forschung Austria Wirtschaftsservice (AWS) Fonds zur Förderung der wissen- schaftlichen Forschung (FWF) Österreichische Forschungs- förderungsgesellschaft mbH (FFG) Basisprogramme Bundesländer Energieforschungserhebung, Bundesministerien Klima- und Energiefonds 2007 bis 2016 Quelle: Austrian Energy Agency

7 8 THEMA

ENERGIESYSTEME & NETZE

ie Energieinfrastrukturen be- Mit Hilfe von Smart Grid-Technologien In Österreich wird seit Jahren bran- finden sich im Umbruch. Der sollen Flexibilisierungspotenziale bei chenübergreifend (F&E-Einrichtungen, wachsende Anteil erneuerba- smarten Verbrauchern, Speichern und E-Wirtschaft und Industrie) an smarten rer Energieträger (Sonnen- Erzeugern genutzt werden. Gefragt Lösungen für die Weiterentwicklung energie, Wasser- und Wind- sind Konzepte für ein integriertes Ge- eines nachhaltigen Energiesystems Dkraft sowie Biomasse) und die zuneh- samtsystem, das unter realen, ökono- geforscht. Zahlreiche Technologien und mende Dezentralisierung erfordern eine mischen, rechtlichen und sozialen Be- Komponenten wurden bereits bis zur Anpassung der Energienetze. Zusätzli- dingungen funktionieren kann. Marktreife entwickelt. Innovationen che Verbraucher (wie z. B. E-Fahrzeuge eröffnen für Hersteller der „Enabling oder Wärmepumpen) sowie Speicher Einen wichtigen Schwerpunkt bil- Technologies“ wie z. B. Leistungselek- müssen zukünftig in unser Energiesys- det die sogenannte Sektorkopplung, tronik, Kommunikationstechnik und tem integriert werden. Eine der größten also die Verzahnung von Strom, Wär- elektrotechnische Komponenten die Herausforderungen stellt der Ausgleich me und Mobilität, damit erneuerbare Chance, österreichisches Know-how zwischen Erzeugung und Verbrauch in Energien optimal genutzt und in das am stark wachsenden internationalen der Energieversorgung dar, da sich die Energiesystem integriert werden kön- Smart Grid-Markt zu positionieren und Beziehung zwischen Energieversor- nen. Digitalisierung wird dabei zur damit hoch qualifizierte F&E- und Pro- gern und VerbraucherInnen grund- Schlüsselkompetenz und ermöglicht duktionsarbeitsplätze in Österreich zu sätzlich wandelt. EnergiekundInnen die Vernetzung innerhalb der Infra- schaffen. werden zunehmend zu aktiven Teil- struktur, transsektoral zwischen den nehmerInnen am Energiesystem. Netzen und mit allen Energieakteu- Viele der neuen Technologien und Kon- ren. IKT-Technologien bilden die Basis zepte werden aktuell in international Die Energienetze der Zukunft brauchen für die Beherrschung von komplexen beachteten Demonstrationsprojekten intelligente, miteinander kommunizie- Steuerungsprozessen, das Datenma- in den österreichischen Smart Grid- rende Komponenten, um trotz schwan- nagement und die Entwicklung neuer Modellregionen im Realbetrieb erprobt kender Einspeisung einen sicheren und Geschäftsmodelle. und evaluiert. stabilen Netzbetrieb zu ermöglichen.

9 ENERGIESYSTEME & NETZE

DER INIGRID-DEMONSTRATOR Der speziell entwickelte iniGrid-De- monstrator bildet ein fiktives Strom- netz ab, bei dem der Energiebedarf und die Erzeugung mittels erneuerbarer Energieträger über Leistungsprofile hinterlegt sind. Eine Simulation zeigt die Auslastung der Infrastruktur in Abhängigkeit von der gewählten Jahres- und Tageszeit. BesucherInnen der Ausstel- lung „Sonnenwelt Großschönau“ können die Funktio- nalität der neuen Technologie testen sowie interaktiv in die Erzeugung und den Verbrauch eingreifen, um potenzielle Problemsituationen zu generieren, zu ver- meiden oder automatisch über den neu entwickelten Smart Breaker und iniGrid-Algorithmen aufzulösen. iniGrid-Demonstrator @ Sonnenwelt Großschönau Foto: AIT Austrian Institute of Technology GmbH

Abb. rechts: Domänenübergreifende Sicherung, Überwachung und Steuerung durch die Integration neuer intelligen- ter Komponenten Abb.: AIT Austrian Institute of Technology GmbH

Foto links: diyanadimitrova/fotolia.de

10 ENERGIESYSTEME & NETZE

iniGrid INTELLIGENTE KOMPONENTEN FÜR AKTIVE VERTEILNETZE

Smarte Steuerung der Energieflüsse erhöht die Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe.

Digitale Vitrine mit Smart Breaker @ Ars Electronica Festival 2016 Foto: Ars Electronica Solutions/Garamantis

ie Integration erneuerbarer kers transparent gemacht werden. Ein tungsanlage als auch die Beleuchtung Energie in unsere Stromnetze Energiemanagementsystem sammelt die und die Bildschirme – abhängig von der erfordert intelligente und fle- Datenflüsse und steuert Erzeuger und Luftqualität und der Bewegung der Besu- xible Komponenten für ein ef- Verbraucher, um vorgegebene Leistungs- cherInnen – automatisch gesteuert. fizientes Netzmanagement. Im und Spannungsgrenzen einzuhalten so- DProjekt iniGrid (Integration of Innovative wie Einsparungen bei den Energiekosten Das iniGrid-Konzept wurde 2017 am Ars Distributed Sensors and Actors in Smart zu erzielen. Durch den Einsatz von Halb- Electronica Festival in und im „We- Grids) entwickelte das AIT Austrian Ins- leitertechnik lässt sich der innovative lios Science Center“ in Wels (Oberöster- titute of Technology in Kooperation mit Schalter der neuen Generation kompakt reich) präsentiert. Partnern aus Industrie und Wissenschaft und kostengünstig herstellen. innovative Sensorik und Aktorik für in- www.inigrid.at telligente Verteilnetze. Feldtest mit intelligenten Komponenten

Kostengünstige All-in-one-Lösung Weiters entwickelte das Konsortium einen KONSORTIUM neuen Spannungssensor für luftisolier- AIT Austrian Institute of Tech- Schlüsselinnovation ist der „Smart Brea- te Mittelspannungsanlagen. Gemeinsam nology GmbH (Projektleitung), Eaton Industries (Austria) ker“, ein halbleiterbasiertes Schaltgerät mit bereits existierenden Technologien GmbH, für Niederspannungsanwendungen, ins- wie Smart Metering und anderer vor- Austria AG, Zelisko GmbH, besondere geeignet für Industrie und Ge- handener Sensorik wurden die neu ent- Sprecher Automation GmbH, werbe. Jeder Produktionsbetrieb verfügt wickelten Komponenten in eine sichere TU Wien – Institut für Compu- tertechnik, FH OÖ Forschungs über verschiedene Stromkreise z. B. für sowie übergreifende Automatisierungs- & Entwicklungs GmbH, Maschinen, Beleuchtung oder Lüftung. infrastruktur integriert und mit Hilfe von Linz Strom Netz GmbH, Wenn herkömmliche Sicherungsautoma- Algorithmen im Energiemanagementsys- MOOSMOAR Energies OG ten durch das intelligente Schaltgerät er- tem unterstützt. setzt werden, gewinnt man zusätzlich zur Sicherung verschiedene Monitoring- und Von Sommer 2017 bis Frühjahr 2018 wur- ▷ KONTAKT Steuerungsfunktionen. de das Konzept in einem Feldtest in Tei- Dr. Mark Stefan AIT Austrian Institute of len der Ausstellung „Sonnenwelt Groß- Technology GmbH Sämtliche Energieflüsse im Unterneh- schönau“ in Niederösterreich erfolgreich Giefinggasse 2, 1210 Wien men können mit Hilfe des Smart Brea- getestet. Dabei wurden sowohl die Lüf- E [email protected] W www.ait.ac.at

11 10 ENERGIESYSTEME & NETZE

LEAFS DEZENTRALE SPEICHER UND FLEXIBLE LASTEN IM NIEDERSPANNUNGSNETZ

Foto: Klima- und Energiefonds/Ringhofer

n Österreich gibt es derzeit rund 125.000 Photovoltaikanlagen, die 1.096 GWh Strom erzeugen. Seit einiger Zeit kom- men kleine elektrochemische Strom- speichereinheiten auf den Markt, mit Idenen die Haushalte den selbst erzeugten Strom lokal speichern und später für den Eigenbedarf verwenden können. Diese können, gleich wie andere flexible Ver- braucher (Wärmepumpen, Warmwas- serboiler, Elektrofahrzeuge) für zusätz- liche Anwendungen (z. B. Teilnahme am Spotmarkt) eingesetzt werden. Bei einer weiten Verbreitung kann eine solche Zu- satznutzung durch eine hohe Gleichzei- tigkeit zu thermischer Überlastung und Spannungsproblemen in den Verteilnet- zen führen.

In LEAFS (Integration of Loads and Elec- tric Storage Systems into Advanced Flexi- Zentraler Speicher Heimschuh bility Schemes for LV Networks) werden Foto: Energie Steiermark/Symbol Technologien und Betriebsstrategien für die aktive, netz- und marktgetriebene Steuerung von dezentralen Speichersys- temen und flexiblen Lasten entwickelt Neue Konzepte für die Speicherung von Energie und in Feldversuchen getestet. Das Leit- aus dezentraler Erzeugung werden projekt der Energieforschung wird vom in drei österreichischen Gemeinden getestet. AIT Austrian Institute of Technology in Kooperation mit Unternehmens- und Forschungspartnern durchgeführt.

Anhand repräsentativer Modellnetze wurden mögliche Auswirkungen einer

12 ENERGIESYSTEME & NETZE

Speicherblock des zentralen Speichers Foto: Energie Steieramark/Symbol

Energiemonitor Eberstalzell Foto: Netz Oberösterreich GmbH

erhöhten marktgetriebenen Nutzung von Er ist dabei nicht Markteilnehmer, son- trale Speichersystem kann so von meh- Speichern und Lastflexibilität in Verteil- dern stellt die Infrastruktur zur Kommu- reren Haushalten gleichzeitig genutzt netzen simuliert. Zu verschiedenen An- nikation und Steuerung bereit. werden. Mit dem bis März 2019 laufenden wendungsfällen entwickelte das Projekt- Versuch will man testen, wie diese zent- team neue Steuerungsansätze: die direkte In Eberstalzell/Littring (Energie AG/ rale Stromspeichereinheit für das lokale Steuerung von zentralen (z. B. Netzspei- Netz Oberösterreich GmbH) wurden drei Stromnetz, aber auch für die KundInnen cher) und dezentralen Komponenten Heimspeichersysteme installiert. Der und für den Markt eingesetzt werden (z. B. Heimspeichersysteme) sowie die Netzbetreiber überträgt über Powerline kann. Neben sinkenden Kosten für die indirekte Steuerung dezentraler Kom- basierend auf Wettervorhersagen täglich NetzkundInnen wird eine Optimierung ponenten, wie z. B. Wärmepumpen oder Netzrestriktionen, die die Speicher ein- des Energieverbrauchs sowie die Entlas- dezentrale Speicher bei den KundInnen halten müssen. Ein etwaiges Marktsignal tung und Stabilisierung des Stromnetzes durch ein Energiemanagementsystem. wird von einem Aggregator (in diesem erwartet. Fall FRONIUS International GmbH) direkt Feldversuche in Salzburg, Ober- über das Internet an das Gerät übertragen. österreich und der Steiermark Mit dem „Sonnenbonus“, einem zweiten KONSORTIUM Feldversuch, an dem mehr als 200 Haus- AIT Austrian Institute of Tech- Aktuell werden die innovativen Speicher- halte in dieser Region teilnehmen, wer- nology GmbH (Projektleitung), FRONIUS International GmbH, und Steuerungsansätze in drei Feldversu- den monetäre Anreize in Abhängigkeit AG Österreich, Salz- chen untersucht und unter rechtlichen, der lokalen PV-Erzeugung getestet. Ziel burg Netz GmbH, Netz Oberös- wirtschaftlichen und regulatorischen As- ist es, die Haushalte zu motivieren, den terreich GmbH, Energienetze pekten analysiert. vor Ort erzeugten Strom in bestimmten Steiermark GmbH, TU Wien – Zeitfenstern zu verbrauchen. Energy Economics Group, Energieinstitut an der Johannes In der Smart Grid-Modellgemeinde Kös- Kepler Universität Linz, tendorf (Salzburg Netz GmbH) wurden in In der südsteirischen Gemeinde Heim- MOOSMOAR Energies OG fünf Haushalten mit Photovoltaikanlage schuh (Energienetze Steiermark GmbH) Heimspeichersysteme installiert und in speisen neun Haushalte mit ihren Pho- ein lokales Energiemanagementsystem tovoltaikanlagen grünen Strom in einen integriert, d. h. mit dem Building Energy zentralen Speicher ein und holen ihn ▷ KONTAKT Agent (BEA), dem regelbaren Ortsnetz- zurück, wenn er gebraucht wird. Für den Johannes Kathan, MSc AIT Austrian Institute of trafo und den lokalen Elektrofahrzeugen Feldversuch wurde eine Batterie mit einer Technology GmbH vernetzt. Die Komponenten werden in- Speicherkapazität von 100 kWh instal- Giefinggasse 2, 1210 Wien direkt über den BEA geregelt. Der Netz- liert. Das entspricht in etwa der Kapazität E [email protected] betreiber übernimmt die Rolle des Ag- von 20 Heimspeichern. Die Leistung des W www.ait.ac.at gregators und überträgt das Marktsignal. Speichers beträgt 100 kW. Das neue zen-

13 ENERGIESYSTEME & NETZE

AIT SmartEST Labor Foto: AIT Austrian Institute of Technology GmbH/Harry Krischanz AIT SmartEST Labor FORSCHUNGSINFRASTRUKTUR FÜR SMARTE ENERGIESYSTEME

Das AIT Austrian Institute of Technology bietet eine einzigartige Prüf- und Forschungsinfrastruktur für intelligente Energienetze der Zukunft.

14 ENERGIESYSTEME & NETZE

as SmartEST Labor stellt For- Simulatoren, Geräte für „Power-Hard- scherInnen, Netzbetreibern und ware-in-the-Loop“-Simulationen sowie Herstellern von Komponenten eine Klimakammer zur Durchführung von für dezentrale Energieanlagen Tests unter definierten Temperatur- und eine ideale experimentelle Ent- Feuchtigkeitsbedingungen. Dwicklungsumgebung zur Verfügung. In den so genannten „Power-Hardware- Hier können die Wechselwirkungen in-the-Loop“-Simulationen (P-HIL) zwischen Anlagen und dem Netz ana- wird ein Netzabschnitt in Echtzeit simu- lysiert und Produkte wie Wechselrich- liert und die zu testenden Komponenten ter, Speichersysteme und Smart Meter als Hardware in die virtuelle Netzumge- sowie Regelkonzepte getestet und wei- bung eingekoppelt. Die Simulationen zei- terentwickelt werden. Die Palette der gen, ob die einzelnen Komponenten mit Testkomponenten reicht von Photovol- der Netzstruktur sowie mit anderen an- taik-Wechselrichtern über elektrische geschlossenen Geräten kompatibel sind. Energiespeicher wie Akkus oder Brenn- stoffzellen bis hin zu Einheiten der Kraft- Wärme-Kopplung oder Ladestationen für Smart Meter, AIT SmartEST Labor Elektrofahrzeuge.

Das Labor verfügt auf einer Fläche von 400 m2 über Indoor- und Outdoor-Prüf- bereiche mit zahlreichen Funktionen. Die FUNKTIONEN SmartEST Labor Infrastruktur umfasst drei frei konfigu- rierbare Labornetze, die mit einer Dauer- > Akkreditierte Prüfung von Komponenten und Systemen der dezentralen leistung von bis zu 1.000 Kilowatt betrie- Erzeugung mit simulierten Netzen und Primärenergiequellen (z. B. PV-Wech- ben werden können. Zu den technischen selrichter) Einrichtungen zählen Netzsimulatoren, > Elektrische Tests, Funktions- und Leistungstests gemäß Norm eine Anlage für Inselnetzbildung, PV- > Gleichzeitige Prüfung von Leistungs- und Kommunikationsinterfaces der Komponenten > Leistungs- und Alterungstests bei kontrollierten Umweltbedingungen > Simulation und Prüfung einzelner Komponenten sowie ganzer Systeme und Anlagen > P-HIL-Tests mittels Echtzeitsimulationen und Multi-Domain-Co-Simulation > Simulation von Smart Grid-Szenarien

KONTAKT DI Dr. Wolfgang Hribernik Head of Center for Energy AIT Austrian Institute of Technology GmbH Giefinggasse 2, 1210 Wien AIT SmartEST Labor Smart Meter Prüfstand, AIT SmartEST Labor E [email protected] Alle Fotos: Nick Waldhör/Projektfabrik W www.ait.ac.at

15 Dr. Barbara Schmidt Generalsekretärin Österreichs Energie Foto: Österreichs Energie/Regina Hügli

16 INTERVIEW

ENERGIESYSTEME UND -NETZE Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Österreichs Energie

Strom ist der Energieträger der Zukunft – wie werden wir in Österreich langfristig (d. h. nach 2030 bzw. 2050) unseren Energiebedarf decken können?

Durch den Beschluss der integrierten Klima- und Energiestrategie am 28.5.2018 wissen wir, wie sich die Politik die Entwicklung bis 2030 vorstellt. Wenn es bis da- hin gelingt, den heimischen Strombedarf im Jahresschnitt zu 100 % mit Strom aus erneuerbaren Quellen im Inland abzudecken, werden wir im Vergleich zu heute die Stromproduktion aus nicht-fossilen Ressourcen auf Basis der Vorgaben der inte- grierten Klima- und Energiestrategie um rund 30 Milliarden Kilowattstunden ge- steigert haben. Strom wird dann einen weitaus größeren Teil des Energiebedarfs deutlich effizienter abdecken als heute. Wir brauchen aber noch viel weitergehende Effizienzmaßnahmen, um eventuell 2050 oder danach unseren gesamten Energie- bedarf mit erneuerbarem Strom decken zu können. Dazu sind große technologische und soziale Veränderungen, beispielsweise im NutzerInnenverhalten, erforderlich. Man sollte daher nicht Ziele mit Prognosen verwechseln, sondern mit hoher Inten- sität an der Verwirklichung einzelner Etappenziele arbeiten.

Was werden smarte Technologien, insbesondere sogenannte „intelligente“ Netze, für das Energiesystem leisten?

Wie die Netze der Zukunft funktionieren werden, lässt sich heute noch gar nicht sagen, weil viele Technologien und Systeme gerade erst einmal im Forschungs­ stadium sind. Es werden aber sicherlich hochautomatisierte, hochleistungsfähige und hochkomplexe Einheiten sein, die auf der Basis intelligenter und lernfähiger Systeme aufsetzen.

Welche Rolle spielt die Sektorkopplung, also die Verbindung von Strom, Wärme- und Kälteversorgung, Industrie und Mobilität zu einem integrierten Gesamtsystem?

Sektorkopplung und Flexibilität sind die großen Herausforderungen für eine sichere Stromversorgung der Zukunft. Mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern ver- liert das Stromsystem viel von seiner bisherigen Lenkfähigkeit. Diese muss durch Verzahnung bisher getrennter Bereiche wieder zurückgewonnen werden. Jede po- tenzielle Energiequelle muss in Zukunft ihren Beitrag zum Gesamtsystem leisten. Hier wird insbesondere die Industrie eine bedeutende Rolle spielen, einerseits als Abnehmer, andererseits als ausgleichender Faktor.

17 18 THEMA

INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

ie österreichische Industrie Ressourceneffizienz in der industriel- Sekundärbrennstoffen, die Speiche- ist ein bedeutender Wirt- len Produktion zu erhöhen. Der effizi- rung von Energie und ihre Wieder- und schaftsfaktor mit hoher ente Einsatz von Energie in industriel- Weiterverwendung sowie die Nutzung Produktivität. Sie leistet ei- len Produktionsprozessen hilft Kosten von Abwärme zu betriebsinternen und nen wesentlichen Beitrag zu senken und Wettbewerbsvorteile zu betriebsübergreifenden Zwecken. Dzu Wachstum und sicheren Arbeits- erzielen. In einigen Industriefeldern plätzen. Die industrielle Produktion ist es österreichischen Unternehmen In vielen industriellen Prozessen sind ist auch ein energieintensiver Sektor. durch die Entwicklung zukunftswei- die Energieeffizienzpotenziale heute Der energetische Endverbrauch in der sender Lösungen gelungen, eine Vor- bereits weitgehend ausgeschöpft, teils heimischen Industrie macht rund 30 % reiterrolle einzunehmen. werden thermodynamische Grenzen des Gesamtenergieverbrauchs in Ös- erreicht. Weitere Verbrauchsreduk- terreich aus. Zu den energieintensiven Forschung und Technologieentwick- tionen sind bei gleichem Output oft Industriezweigen zählen die Eisen- und lung fokussiert auf die Produktions- nur durch sogenannte Breakthrough Stahlerzeugung, Chemie- und Petro- prozesse, wo Prozessoptimierungen zu Technologies, also völlig neue Herstel- chemie, Steine-, Erden- und Glasin- einer Erhöhung der Energieeffizienz lungsprozesse, zu erzielen. Daher wird dustrie sowie die Papier- und Druckin- pro erzeugtem Produkt führen können. intensiv an solchen innovativen Tech- dustrie. nologien geforscht. Innovation ist der Ein zukunftsweisendes Forschungs- zentrale Fokus, um Technologievor- Seit vielen Jahren entwickeln österrei- thema ist die kaskadische Nutzung sprung und Wettbewerbsfähigkeit der chische Unternehmen in Kooperation von Energie und Rohstoffen in der in- Industrie in Zukunft zu erhalten und mit der Forschung neue Technologi- dustriellen Produktion. Beispiele dafür weiter ausbauen zu können. en und Prozesse, um die Energie- und sind der Einsatz von Sekundärroh- und

19 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

Laboranlage an der TU Wien Foto: TU Wien/Julius Pirklbauer

Wirbelschicht-Stufe des Adsorbers Foto: TU Wien/Julius Pirklbauer

20 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

ViennaGreenCO2

NEUES VERFAHREN FÜR DIE CO2-ABSCHEIDUNG AUS ABGASEN

Eine kostengünstige Technologie für die Abtrennung

von CO2 aus Abgasen wird in Wien getestet.

Pilotanlage Foto: Shell n einem Leitprojekt der Energiefor- ten in der Versuchsanlage abgeschieden schung entwickeln ForscherInnen der werden. Wirbelschichtsysteme können Technischen Universität (TU) Wien und im Vergleich zu herkömmlichen Abschei- der Universität für Bodenkultur (BOKU) desystemen wesentlich kompakter und in Kooperation mit Shell ein kostengüns- kostengünstiger gebaut werden. Daher Itiges und energieeffizientes Verfahren, um gehen die ForscherInnen davon aus, dass

CO2 aus den Abgasen von Kraftwerken oder die Abtrennkosten pro Tonne CO2 um bis aus industriellen Prozessen filtern, kon- zu 25 % niedriger ausfallen als bei der zentrieren und nutzen zu können. Die neue herkömmlichen Methode. Technologie wird in einer Pilotanlage am Biomassekraftwerk Simmering der Wien Pilotanlage in Wien Simmering Energie im Realbetrieb getestet. Die Versuchsanlage an der TU Wien kann Energie und Kosten einsparen pro Tag etwa 50 kg CO2 abscheiden. In der Pilotanlage in Wien-Simmering soll eine Gasanalyseraum in der Pilotanlage Die Abscheidung von CO2 aus den Abga- Abscheidekapazität von ca. 1 Tonne CO2 Foto: Shell sen erfolgte bisher mit Hilfe wässriger pro Tag demonstriert werden. In Langzeit- Aminlösungsmittel in einem sehr ener- tests will man die Wirtschaftlichkeit des

gieintensiven Prozess. Der Energieauf- Konzepts erproben. Neben der CO2-Ab- KONSORTIUM wand liegt bei einer Abscheideeffizienz scheidung aus Industrieprozessen wären TU Wien – Institut für Verfah-

von 90 % bei rund 4 GJ pro Tonne CO2. Die weitere zukunftsweisende Optionen, die renstechnik, Umwelttechnik und Kosten für das Verfahren werden mit bis neu entwickelte Technologie mit Biomas- technische Biowissenschaften zu 100 Euro pro Tonne CO beziffert. Mit seanlagen zu kombinieren (BECCS-Tech- (Projektleitung), Universität für 2 Bodenkultur Wien (BOKU) – dem an der TU Wien entwickelten Wirbel- nik) oder CO2 für die weitere Nutzung in Institut für Verfahrens- und Ener- schichtverfahren soll der Energieeinsatz Syntheseprozessen bereitzustellen (z. B. gietechnik, Shell Global Solutions um bis zu 40 % gesenkt werden. Der neu zur Energiespeicherung unter Nutzung International BV, Bertsch Energy entwickelte Prozess arbeitet ebenfalls von Überschussstrom). Neben der Weiter- GmbH & CoKG

mit Aminen, allerdings nicht in flüssi- entwicklung der CO2-Abscheidetechnolo-

ger Form. Es wird ein Wirbelschichtver- gie wird im Rahmen von ViennaGreenCO2 KONTAKT fahren eingesetzt, bei dem feste Partikel untersucht, ob das abgeschiedene CO2 als ▷ mit dem Rauchgas in Kontakt gebracht Düngemittel in den angrenzenden Ge- DI Dr. Gerhard Schöny TU Wien – Institut für chemische werden. Tests in den Laboranlagen der TU wächshäusern der LGV Frischgemüse ein- Verfahrenstechnik und Energietechnik Wien waren sehr erfolgreich und haben gesetzt werden kann. Getreidemarkt 9, 1060 Wien gezeigt, dass das Prinzip funktioniert. E [email protected] Mehr als 90 % des Kohlendioxids konn- W http://vt.tuwien.ac.at

21 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

Innovative Software-Lösungen für die Energie- und BaMa Ressourcenoptimierung in industriellen Prozessen BALANCED MANUFACTURING

Management-Zielfunktion

BaMa BaMa-Optimierung IKT BaMa- BaMa-

- Monitoring Prädiktion BaMa-Tool-Chain

BaMa-Methode Gebäude Energiesystem ment und Logistik Produktionsanlagen

Produktionsmanage Produktionsanlagen Implementierung & Change Management

Grafik: TU Wien – Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik

m Rahmen von BaMa, einem Pro- Das BaMa-System sind. So lassen sich Teilsysteme mit be- jekt, geleitet vom Institut für Ferti- sonders hohem Einfluss auf den Energie- gungstechnik und Hochleistungs- Produzierende Unternehmen werden verbrauch identifizieren. Aufbauend auf lasertechnik (IFT) an der TU Wien, mit Hilfe des Balanced-Manufacturing- Energie- und Ressourcenfluss-Analysen wird erstmals eine simulationsba- Systems in die Lage versetzt, den Ener- werden auf Produktebene Übersichten Isierte Methodik zur Planung und Steu- giebedarf ihrer Prozesse zu analysieren, zum Energieverbrauch sowie ein Pro- erung des Energiebedarfs in der in- zu prognostizieren und durch angepass- dukt-Fußabdruck (Zeit, Kosten, Energie,

dustriellen Produktion entwickelt. te Betriebsführungsstrategien zu opti- CO2-Ausstoß etc.) dargestellt. mieren. Alle relevanten Bausteine einer Anwendungsorientierte Software-Tools Produktionsstätte (Produktion, Gebäude, Demonstration ermöglichen die Energieoptimierung von Energie, Logistik) werden unter Berück- Produktionsprozessen und berücksichti- sichtigung von Managementaspekten Die entwickelten Methoden und Soft- gen dabei die ökonomischen Erfolgsfak- modelliert. ware-Lösungen werden in Produktions- toren Zeit, Kosten und Qualität. 18 Partner anlagen der Partnerunternehmen MPREIS aus Forschung und Industrie kooperie- Die Methode basiert auf einem modula- und Infineon Technologies Austria einge- ren in diesem Leitprojekt der Energiefor- ren Ansatz. Die Produktionsanlage wird setzt und getestet. Bei beiden Unterneh- schung. in einzelne Bereiche mit definierten Sys- men erwarten die ExpertInnen Energie- temgrenzen (die sogenannten „Cubes“) einsparungen im Bereich von 10 bis 20 %. untergliedert, die durch eine klare Schnittstellendefinition gekennzeichnet

22 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

Die Software-Tool-Chain umfasst folgende Kernmodule:

> Monitoring-Funktion: Informationen zu Ressourcenverbräuchen werden gesam- melt, aufbereitet und visualisiert. > Vorhersage-Funktion: Aufbauend auf dem Produkt-Fußabdruck und dem Pro- duktionsplan wird der Energieverbrauch der Fabrik prognostiziert. > Optimierungsfunktion: Basierend auf Da- ten- und numerischen Simulationsmo- dellen zu den Fertigungsteilsystemen wird Kältemaschine die Betriebsführung der Produktionsanla- Foto: Infineon Technologies Austria ge in Hinblick auf die Optimierungszie- le (Reduktion des Energieeinsatzes, der Durchlaufzeit und der Kosten sowie zur Steigerung der Qualität) angepasst. bama.ift.tuwien.ac.at

KONSORTIUM TU Wien – Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik (Projektleitung) / Institut für Energietechnik und Thermodyna- mik / Institut für Rechnergestützte Automation / Institut für interdisziplinäres Bauprozessma- nagement / Institut für Managementwissen- schaften, researchTUb GmbH, AutomationX GmbH, Siemens AG Österreich, ATP sustain GmbH, Daubner Consulting GmbH, dwh GmbH – Simulation Services & Technical Solutions, Wien Energie GmbH, GW St. Pölten Integrative GmbH, Berndorf Band GmbH, Infineon Tech- nologies Austria AG, Franz Haas Waffel- und Keksanlagen-Industrie GmbH, Metall- und Kunststoffwaren Erzeugungs GmbH, MPREIS Warenvertriebs GmbH

▷ KONTAKT DI Benjamin Mörzinger TU Wien – Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik (IFT) Getreidemarkt 9, 1060 Wien Produktionsbetrieb MPREIS E [email protected] Foto: Thomas Jantscher W http://bama.ift.tuwien.ac.at

23 Mag. Georg Kapsch Präsident der Industriellenvereinigung Foto: IV/Kurt Prinz

24 INTERVIEW

INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME Mag. Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung

Die österreichische Industrie investiert seit Jahren in die Dekarbonisierung von Herstellungsverfahren und die Entwicklung energieeffizienter Produkte – ist der Industriesektor ein Innovationsmotor für den Klimaschutz?

Die Industrie ist Teil der Bewältigung der Jahrhundertaufgabe, ein weltweit klima- verträgliches Energiesystem zu schaffen. Um diese weitgehende Dekarbonisierung unserer Zivilisation zu ermöglichen, wie sie letztendlich erforderlich ist, um dem Klimawandel wirksam Einhalt zu gebieten, sind alle Sektoren der Volkswirtschaft gefordert. Diese ungeheure Aufgabe erfordert neue Lösungen, technische wie organisatorische. Es ist die Industrie und sie wird es in Zukunft noch mehr sein, die mit ihren Innovationen in allen Bereichen, neben der eigentlichen industriellen Produktion insbesondere auch beim Wohnen und in der Mobilität, diese Lösungen entwickeln und bereitstellen wird.

Welche Chancen entstehen durch die digitale Transformation der Energiewirt- schaft für die energieintensive Industrie – Stichwort „Energie 4.0“?

Die neue digitale Energiewelt hält nicht nur allgemein Chancen im Sinne einer kli- maverträglichen Energiezukunft bereit, sondern auch ganz konkret für die ener- gieintensive Industrie. Einerseits ist es die Vernetzung und Steuerung zahlloser dezentraler Energieproduzenten, die in ihrer Summe der energieintensiven In- dustrie eine dekarbonisierte und dennoch versorgungssichere Perspektive bietet. Andererseits­ sind es ebendiese digitalen Möglichkeiten, die es energieintensiven Unternehmen erlauben, selbst Teil eines verwobenen und integrierten Energie- systems zu werden, indem sie über die intelligente Steuerung ihres Energiebezugs zur Stabilisierung der Stromnetze bei volatiler erneuerbarer Energiebereitstellung beitragen.

Was bedeuten Forschung und Innovation für den Erfolg österreichischer Unternehmen auf den internationalen Märkten?

Um Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Wirtschaftsmächten wie USA und halten und steigern zu können, spielen Forschung, Entwicklung und Innovation eine essenzielle Rolle. Nur durch innovative, hochqualitative Produkte und Dienst- leistungen ist eine Differenzierung am Weltmarkt möglich. F&E-intensive Unter- nehmen wachsen schneller, schaffen mehr Arbeitsplätze und sind krisenrobuster. Zusätzlich zur Sicherung des Innovationsnachwuchses sind vor allem wirkungs- volle Förderinstrumente – wie insbesondere die Forschungsprämie oder direkte F&E-Projektförderung – entlang der gesamten Innovationskette bis zur Markt- einführung daher wesentlich und mit Planungssicherheit zu gestalten, um unsere erfolgreichen Unternehmen weiterhin im internationalen Wettbewerb zu stärken.

25 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

FORWÄRTS 2.0 TROCKENE GRANULATION VON HOCHOFENSCHLACKE

Ein neues Granulationsverfahren mit Wärmerückgewinnung nutzt das energetische Potenzial der Schlacke.

ei der Roheisengewinnung im Hochofenprozess entstehen pro Tonne Roheisen als Nebenpro- dukt ca. 300 kg heiße, flüssige Schlacke, deren Wärmeinhalt Bbei der weiteren Verarbeitung nicht wei- ter genutzt wird. Bei langsamer Abküh- lung an der Luft bildet sich kristalline Hochofenstückschlacke, beim schnellen Abkühlen im Wasser glasiger Hütten- sand, ein Rohstoff, der überwiegend in der Zementindustrie zum Einsatz kommt. Das gängige Verfahren zur Herstellung von Hüttensand ist die Nassgranulation. Dabei geht das energetische Potenzial der Hochofenschlacke von ca. 1,8 GJ pro Ton- ne Schlacke verloren.

Von Austria GmbH wurde ein neuartiges Konzept für die trockene Granulation von Hochofen- schlacke entwickelt, das aktuell an einer Pilotanlage am Hochofen der Stahl GmbH in Linz getestet wird. Dieses innovative Verfahren ermöglicht es, die an die Luft abgegebene Wärme mittels Wärmerückgewinnung für weitere Pro- zesse zu nutzen.

Oben: Granulationsprozess Unten: Pilotanlage zur Trockenschlackengranulation 26 am Hochofen der voestalpine Stahl GmbH Fotos: Primetals Technologies Austria GmbH INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

Schlackenfluss zum Granulator Foto: Primetals Technologies Austria GmbH

Feuerfestausmauerung der Abluftleitung Foto: voestalpine Stahl GmbH

Innovatives Verfahren Energie und Wasser einsparen

Die Anlage arbeitet mit dem sogenannten Mit dem neu entwickelten Verfahren „Rotating Cup“-Prinzip. Dabei wird die zur Trockenschlackegranulation können flüssige Schlacke auf einen schnell rotie- Wassereinsparungen von bis zu 95 % er- renden Drehteller aufgebracht. Durch die zielt werden. Außerdem wird keine Ener- auftretenden Kräfte wird die Schlacke in gie für die Trocknung des Hüttensands feine Tropfen zerrissen und radial an eine benötigt. Bei der Nassgranulation liegt mit Wasser gekühlte Wand geschleudert. der Energiebedarf für die Nachtrock- Auf dem Millisekunden dauernden Flug nung bei rund 130 kWh pro Tonne. Welt- werden diese Partikel mit Luft gekühlt, weit werden jährlich etwa 400 Millionen die heiße Abluft wird abgeführt. Derzeit Tonnen Hochofenschlacke mit bis zu wird der Granulationsprozess an der An- 1.500 °C erzeugt. Gegenüber dem Stand lage getestet. Ziel in dieser Projektpha- der Technik wären daher weltweit jähr- se ist es, hochqualitativen Hüttensand lich Einsparungen von rund 280 PJ ther- Granulator der Pilotanlage herzustellen. Bei einem erfolgreichen mischer Energie möglich. Mit der Option Foto: Primetals Technologies Austria GmbH Abschluss der jetzigen Projektphase, mit der elektrischen Energierückgewinnung

der Bestätigung des anlagentechnischen entspricht dies einem weltweiten CO2- Konzepts und der Qualität des Hüttensan- Einsparungspotenzial von rund 17 Milli- KONSORTIUM des, kann in weiterer Folge ein Gesamt- onen Tonnen pro Jahr. Primetals Technologies Austria konzept inklusive Wärmerückgewinnung GmbH (Projektleitung), voestalpine im industriellen Maßstab erstellt werden. Stahl GmbH, Montanuniversität Leoben – Lehrstuhl für Thermo- prozesstechnik, FEhS – Institut für Baustoff-Forschung e.V.

▷ KONTAKT DI Robert Neuhold Primetals Technologies Austria GmbH Turmstraße 44, 4031 Linz E [email protected] W www.primetals.com

27 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

Solaranlage Fleischwaren Berger, Sieghartskirchen, Niederösterreich Foto: Fleischwaren Berger GmbH & Co KG

28 INDUSTRIELLE ENERGIESYSTEME

InSun SOLARTHERMIE FÜR INDUSTRIELLE PROZESSWÄRME

Ein niederösterreichisches Unternehmen demonstriert die Nutzung von Prozesswärme aus einer großen Solaranlage.

Energiespeicher Foto: Fleischwaren Berger GmbH & Co KG

ie Firma Fleischwaren Berger Solare Wärme im Produktionsprozess Für die Vorwärmung des Kesselspeise- verarbeitet am Standort Sieg- wassers wurden 64 MWh herangezogen. hartskirchen in Niederöster- Die solare Wärme wird an zwei Stellen in Dies stellt rund 0,7 % des gesamten Ener- reich Frischfleisch zu Schinken den Produktionsprozess eingespeist. Zum giebedarfs für die Dampferzeugung dar. und Wurstprodukten. Täglich einen wird sie für die Brauchwassererzeu- Um diesen Anteil zu erhöhen, wurde 2015 Dwerden rund 100 Tonnen Fleischwaren gung verwendet. Der Bedarf an Brauch- zusätzlich ein 122 m2 großes Parabolrin- produziert. 2014 errichtete das Unter- wasser (40 bis 60 °C) für Reinigungszwe- nen-Kollektorfeld mit einer maximalen nehmen eine thermische Solaranlage cke beträgt 7 m3/h. Das Wasser wird zum Heizleistung von 60 kW integriert, das als mit einer Kollektorfläche von 1.0672 m Abduschen der Wurstprodukte, für Trock- Temperatur-Booster für die Flachkollek- und einem 60-m3-Energiespeicher. Dabei nungsprozesse sowie für die Kisten- und toren dient. kamen Flachkollektoren des Typs Gluat- Maschinenreinigung benötigt. Zum ande- mugl HT des österreichischen Herstellers ren wird höher temperiertes Warmwasser Durch die Nutzung der Solarwärme wer- S.O.L.I.D. zum Einsatz. (> 60 °C) für die Vorwärmung des Zusatz- den bei Fleischwaren Berger jährlich bis wassers zweier Dampfkessel eingesetzt. zu 46.500 Liter Heizöl eingespart, dies be-

Die Installation und Evaluierung des deutet eine Reduktion der CO2-Emissionen Systems war Teil des EU-Projekts „In- Ergebnisse des Monitorings um jährlich 150 Tonnen. In Relation zum Sun – Industrial Process Heat by Solar gesamten Heizölbedarf des Unternehmens Collectors“ (gefördert im 7. EU-For- Die Solaranlage zeigte im Betrachtungs- ist dies eine Ersparnis von 4 bis 5 %. schungsrahmenprogramm). Sechs Part- zeitraum ein solides Betriebsverhalten

ner aus Österreich, Italien, Spanien und und lieferte zufriedenstellende solare Er- KONSORTIUM Deutschland kooperierten mit dem Ziel, träge. Mit einem kumulierten jährlichen Fleischwaren Berger GmbH & Co KG (Projekt- die Qualität und Zuverlässigkeit großer Solarertrag von 408 kWh/m2 sowie einem leitung), S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstal- solarthermischer Anlagen für die Anwen- solaren Deckungsgrad von rund 3,5 % wur- lation und Design mbH, AEE INTEC, Hochschule dung in industriellen Prozessen zu testen. den die Prognosewerte erreicht. Rund 83 % für Technik Stuttgart, EURAC research, Laterizi Gambettola SRL / Soltigua, SOLERA GmbH Das bei Fleischwaren Berger installierte (314 MWh) des gesamten solaren Ertrags System liefert seit Juni 2013 detaillierte wurden im Betrachtungszeitraum für die Messdaten und wurde von der AEE INTEC Brauchwasserbereitung eingesetzt. Der ▷ KONTAKT im Zeitraum 2013 bis 2015 einem Monito- jährliche solare Anteil am gesamten Ener- DI Bernd Maderner Fleischwaren Berger GmbH & Co KG ring unterzogen. gieverbrauch für die Warmwasserberei- Koglerstraße 8, 3443 Sieghartskirchen tung beträgt 11 %, wobei speziell in den E [email protected] Sommermonaten solare Deckungsgrade W www.berger-schinken.at von rund 60 % erreicht werden konnten.

29 30 THEMA

UMWANDLUNGS- TECHNOLOGIEN

rneuerbare Energieträger bil- und Optimierung von Umwandlungs- Energieeffizienzmaßnahmen zukünf- den die Basis für eine zukunfts- technologien ab. Betrachtet wird die tig zu intelligenten und auf die Anwen- fähige, nachhaltige Energie- gesamte Wertschöpfungskette von der dung angepassten Systemen verbun- versorgung. Die europäischen Produktion über den Betrieb bis zum den werden. Klimaziele sehen bis 2030 eine Recycling. ESenkung der Treibhausgasemissionen Zentral sind dabei Konzepte zur Sek- um 40 % gegenüber 1990 vor. Der An- In den Bereichen Bioenergie, Brenn- torkopplung. Durch das Zusammen- teil der erneuerbaren Energien an der stoffzellen, Geothermie, Photovoltaik, führen verschiedener Technologien Energieversorgung sowie die Energie- Solarthermie, Wärmepumpen und Käl- in hybriden Systemen in Gebäuden, effizienz sollen auf mindestens 27% teanlagen, Wasserkraft und Windener- der Industrie, im Netzbereich sowie erhöht werden. Österreich hat gemäß gie werden laufend neue, effiziente und in Verkehrs- und Mobilitätssystemen Vorschlag der Europäischen Kommis- kostengünstige Technologien entwi- sollen Lösungen für ein integriertes sion die Treibhausgasemissionen der ckelt. Durch die konsequente techno- Gesamtsystem auf Basis erneuerbarer nicht vom Emissionshandel erfassten logische Weiterentwicklung sollen die Ressourcen geschaffen werden. Quellen um 36 % gegenüber 2005 zu re- Kosten für Herstellung und Anwendung duzieren. dieser Energieträger kontinuierlich ge- Neue Ansätze für integrierte Systemlö- senkt und so dazu beigetragen werden, sungen eröffnen auch neue Zielmärkte Eine Dekarbonisierung ist aus derzei- den Anteil erneuerbarer Energien am für exportorientierte österreichische tiger Sicht nur durch einen raschen Gesamtenergieverbrauch zu erhöhen. Unternehmen und Industrien und tra- Umstieg auf Technologien zur Nutzung gen dazu bei, deren Wettbewerbsfähig- erneuerbarer Energiequellen möglich. Für eine nachhaltige, umweltverträgli- keit zu erhöhen. Forschung und Entwicklung zielen auf che Energiebereitstellung müssen alle die konsequente Weiterentwicklung verfügbaren Einzeltechnologien und

31 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

SolPol POLYMERWERKSTOFFE FÜR DIE SOLARTECHNIK

Solarsystem Sunlumo Foto: Sunlumo Technology GmbH

SolPol ist die weltweit größte Forschungs- initiative zum Thema Kunststoffinnovationen für die Solartechnik.

as Großforschungs- stärkt und ausgebaut werden. vorhaben führt die Die solartechnischen Lösungen in Voll- Kompetenzen füh- kunststoffbauweise bzw. mit einem ho- render österreichi- hen Kunststoffanteil zeichnen sich durch scher Polymer- und folgende Merkmale aus: DSolar-Forschungseinrichtun- > hoher Vorfertigungsgrad und optimier- gen mit der Expertise heimischer te Funktionsintegration Kunststoff- und Solarthermie-Unter- > Reduzierung des Gewichts und einfache nehmen zusammen. Seit 2010 arbeiten Montage (plug & function) Speicherkollektor GREENoneTEC zehn wissenschaftliche und 19 Unterneh- > hohe Zuverlässigkeit und Lebensdauer, Foto: GREENoneTEC Solarindustrie GmbH menspartner unter Leitung der Johannes > attraktiveres Design Kepler Universität (JKU) Linz – Institut > reduzierte Kosten/Preise bzw. besseres für Polymerwerkstoffe und Prüfung an Kosten-Nutzen-Verhältnis der Entwicklung von neuen, kunststoff- basierten thermischen Kollektorsyste- Zukunftsweisende neue Produkte men und PV-Modulen. Einige der SolPol-Entwicklungen wer- Ziel ist es, die Herstellungskosten von den bereits erfolgreich am Markt ein- solarthermischen Kollektoren und PV- gesetzt. Dazu gehören die Hochtempe- Modulen bei gleicher oder höherer Leis- ratur-Kunststoffdichtungsbahnen der tungsfähigkeit zu senken. Im Bereich PV- AGRU Kunststofftechnik GmbH, die nicht Module wird die Kostenreduzierung durch nur für großvolumige solarthermische neue Einkapselungsmaterialien mit ver- Speicher in Kombination mit Nah- und besserter Verarbeitbarkeit erreicht. Bei Fernwärmenetzen, sondern auch in der solarthermischen Kollektoren wird ein Geothermie verwendet werden. High- komplettes Re-Design von Kollektoren Performance-Kunststoffe der Borealis AG in Vollkunststoffbauweise umgesetzt. Mit kommen in Kunststoffkollektorsystemen den neuen Entwicklungen soll die Posi- sowie in der Fahrzeugtechnik und im An- tion österreichischer Solar- und Kunst- lagenbau zum Einsatz. Optimierte Kunst- stoffunternehmen in den global - wach stofflaminate und Folienverbunde der senden Solartechnologie-Märkten ge- Lenzing Plastics GmbH & Co KG eignen

32 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

SolPol-1 JKU Linz Foto: Klima- und Energiefonds/Ringhofer

SolPol-Kollektor am Solarprüfstand Foto: AEE INTEC

Eine-Welt-Solarkollektor sich für PV- und solarthermische Anwen- KONSORTIUM dungen sowie für Wärmedämmsysteme, Johannes Kepler Universität (JKU) Linz – Institut für als Fassadenelemente und als Baufolien. Eine herausragende Entwicklung im Polymerwerkstoffe und Prüfung (Projektleitung) / Rahmen des Projekts ist der zu 100 % Institut für Analytische Chemie / Institut für Chemie Verbesserte Ökobilanz der Polymere / Institut für chemische Technologie aus Kunststoff hergestellte Eine-Welt- organischer Stoffe / Institut für Polymer-Spritz- Solarkollektor der Sunlumo Technology gießtechnik und Prozessautomatisierung, Kunststoffkollektorsysteme zeichnen GmbH. Er dient zur Brauchwassererwär- AEE INTEC, Österreichisches Institut für Wirt- sich gegenüber herkömmlichen Kollek- mung und Heizungsunterstützung, lässt schaftsforschung (WIFO), AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Kunstuniversität Linz – torsystemen durch deutlich bessere Öko- sich sehr leicht installieren und mit welt- Industrial Design scionic®, Universität Innsbruck bilanzen (LCA/EcoFootPrint-Werte) aus. weit gängigen Speichersystemen verbin- – Arbeitsbereich für Energieeffizientes Bauen, Die Betrachtung verschiedener Szenarien den. AGRU Kunststofftechnik GmbH, ALANOD GmbH & zeigte, dass im Vergleich zum jetzigen Co. KG, APC Advanced Polymer Compounds, Status quo in Österreich im Niedertem- Halbierte Herstellungskosten, 50 % we- Borealis AG, Calus GmbH, Easol e.U, ENGEL Austria GmbH, Gabriel-Chemie GmbH, peratur-Wärmesektor bis zum Jahr 2050 niger Gewicht und ein um 60 % besserer GREENoneTEC Solarindustrie GmbH, Greiner etwa 70 bis 84 % an CO2-Emissionen ein- ökologischer Fußabdruck im Vergleich zu Technology & Innovation GmbH, KE KELIT gespart werden können. Kollektoren aus Metall und Glas sind die Kunststoffwerk GmbH, Kioto Photovoltaics GmbH, Vorteile dieses innovativen Produkts. Für Lenzing Plastics GmbH & Co KG, PerkinElmer Vertriebs GmbH, Schöfer GmbH, SENOPLAST Die energetischen Amortisationszeiten ein vollpolymeres Eine-Welt-Solarsys- KLEPSCH & Co GmbH, SUN MASTER Energie- 2 in der Photovoltaik liegen mit den ent- tem mit 4 m Kollektorfläche und 150 l systeme GmbH, Sunlumo Technology GmbH, wickelten Einkapselungsmaterialien Wärmespeicher beträgt der Energiebe- Sunplugged GmbH

und neuen Solarzellen sowie Modulfer- darf 5.000 MJ bei einem CO2-Fußabdruck tigungstechniken mittlerweile bei etwa von 250 kg. 1,5 bis zwei Jahren. Bei einer garantierten Servicelaufzeit von 20 Jahren lassen sich www.solpol.at damit auch hier im Vergleich zu fossi- KONTAKT len Kraftwerken Einspareffekte bei 2 CO - ▷ Emissionen von zumindest 80 % ableiten. o. Univ.-Prof. DI Dr.mont. Reinhold W. Lang Johannes Kepler Universität (JKU) Linz – Institut für Polymerwerkstoffe und Prüfung Altenberger Straße 69, 4040 Linz E [email protected] W http://ipmt.jku.at

33 Mag. Ulrike Rabmer-Koller Vizepräsidentin der österreichischen Wirtschaftskammer Foto: WKO

34 INTERVIEW

UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN CHANCEN FÜR ÖSTERREICHISCHE UNTERNEHMEN Mag. Ulrike Rabmer-Koller, Vizepräsidentin der österreichischen Wirtschaftskammer (WKO)

Für die Energie- und Umwelttechnik wird weltweit ein durchschnittliches Wachs- tum von 6,9 % prognostiziert.* Wie sind die Wachstumschancen für österreichi- sche Unternehmen?

Die Wachstumschancen sind sehr gut – unsere Betriebe sind wettbewerbsfähig und agieren in vielen Bereichen an vorderster Front. Die österreichische Umwelttechnik gehört zu den innovativsten der Welt und genießt international einen exzellenten Ruf. Daten zum Wachstum gibt es in der 2016 erstellten Studie „Österreichische Umwelttechnik – Motor für Wachstum, Beschäftigung und Export“, die u. a. von der WKO beauftragt wurde. Demnach hat sich der Umsatz der Branche von 2011 bis 2015 um 18 % erhöht, die Beschäftigung um rund 9 %. Seit Beginn der Erhebungen zur Umwelttechnik-Industrie in Österreich im Jahr 1993 ist die Anzahl der Arbeits- plätze auf das 3-fache gestiegen, der Umsatz auf das 6,5-fache. Und es ist noch Luft nach oben, wenn man den Pariser Klimavertrag weltweit mit Leben erfüllt.

In welchen Segmenten der Energieinnovation sind österreichische Unternehmen besonders stark? Wo werden neue Arbeitsplätze entstehen?

Das Themenspektrum ist breit gefächert, auch das zeigt die Studie: Auf die Frage, ob das Unternehmen in den letzten drei Jahren eine Innovation am Markt einge- führt hat, die eine positive Umweltauswirkung hatte, führten fast zwei Drittel an, dass der Schwerpunkt der F&E-Aktivitäten in der Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen zur Steigerung der Energieeffizienz lag. 51 % befassten sich mit der Frage, wie fossile Energiequellen durch erneuerbare ersetzt werden können.

Welche Rolle spielen Forschung und Innovation für Wachstum und die Beschäfti- gungsentwicklung in Energie- und Umwelttechnikunternehmen?

Eine zentrale Rolle, denn Stehenbleiben bedeutet Rückschritt. Vorsprünge müs- sen durch Innovation verteidigt werden – wir brauchen daher eine ambitionierte Forschungs- und Technologiepolitik. Denn gute Ideen, die Innovation in Form von betrieblicher F&E sind die Basis für ein erfolgreiches Wirtschaften. In der Umwelt- technik liegt die Innovationsfreude traditionell hoch, in den vergangenen Jahren auch gestützt von einer erfreulicherweise erhöhten öffentlichen Energieforschung.

* Quelle: GreenTech made in Germany 2018, Hrsg. Deutsches Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Text: Roland Berger GmbH

35 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

Bei Wienerberger wird die Wärmepumpen- technologie zur Ziegeltrocknung eingesetzt. Fotos: Zinner/Wienerberger AG

36 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

DryPump KOMPRESSIONSWÄRMEPUMPEN FÜR INDUSTRIELLE TROCKNUNG

Demonstration einer innovativen Technologie für Trocknungsprozesse in österreichischen Industriebetrieben.

Foto: Zinner/Wienerberger AG

ie Kompressionswärmepum- wird mit der Abwärme ein Kältemittel ver- In der Zucker- und Stärkeproduktion pe ist in der Klimatechnik und dampft und durch Verdichtung auf eine von AGRANA wird das Wärmepumpen- Baufeuchtebeseitigung eine höhere Temperatur gebracht. system in der Produktion und Trocknung etablierte Technologie zur Ent- von Stärke aus Kartoffeln, Weizen und feuchtung von Luftströmen. Im Für ausgewählte Prozesse wurden in Ko- Mais installiert. Es soll etwa 25 % des DProjekt DryPump wurde vom AIT Austri- operation mit den Projektpartnern Wie- Wärmerückgewinnungspotenzials vor an Institute of Technology untersucht, ob nerberger, AGRANA und Bitzer Kühlma- Ort abdecken. sich diese innovative Technologie auch für schinen Bau GmbH technisch umsetzbare den Einsatz in industriellen Trocknungs- Konzepte entwickelt und wirtschaftlich Bei Wienerberger wird die Wärmepum- prozessen eignet. Produktentwässerung bewertet. Energieintensive Trocknungs- pentechnologie zur Ziegelsteintrocknung und Trocknung zählen zu den energiein- prozesse kommen vor allem in der Pa- eingesetzt. tensivsten industriellen Prozessen. pierindustrie, aber auch in der Holz-, Zu- cker-, Lack-, Textil- und Ziegelindustrie www.dryficiency.eu Weltweit werden bis zu 25 % des Ener- vor. Die ForscherInnen gehen davon aus, gieverbrauchs in der Industrie für diese dass mittelfristig mit der neuen Tech- Prozessschritte aufgewendet. In etwa nologie Energieeinsparungen von bis zu

85 % aller Trocknungsprozesse kommen 80 % sowie CO2-Emissionseinsparungen fossil befeuerte Ablufttrockner zum Ein- von bis zu 68 % möglich sind. Die Ergeb- satz. Der bei der Trocknung entstehende nisse des Projekts dienen als Basis für KONSORTIUM Wasserdampf wird in 99 % dieser Systeme nachfolgende Demonstrationsprojekte. AIT Austrian Institute of Technology GmbH über die Abluft abgeführt und nicht wei- (Projektleitung), Wienerberger AG, AGRANA Beteiligungs-AG, Bitzer Kühlmaschinen Bau ter energetisch genutzt. Demonstration im EU-Projekt DryFiciency GmbH, TU Wien – Institut für Energietechnik und Thermodynamik, Institut für Ziegelfor- Energieeffizienz und CO2-Reduktion schung Essen e.V., AMT Kältetechnik GmbH Mit Unterstützung des EU-Förderpro- Mit der neuen Technologie wird der Ener- gramms Horizon 2020 (EC Grant Agree- giegehalt des Wasserdampfs aus der Abluft ment No 723576) läuft zum Thema „In- ▷ KONTAKT zurückgewonnen und wieder in den Trock- dustrielle Wärmepumpen“ das Projekt DI Dr. Michael Lauermann AIT Austrian Institute of nungsprozess überführt. Für die indust- DryFiciency. In diesem Rahmen wird die Technology GmbH rielle Trocknung müssen sehr hohe Tem- innovative Wärmepumpentechnologie zur Giefinggasse 2, 1210 Wien peraturen von bis zu 170 °C bereitgestellt industriellen Trocknung bei österreichi- E [email protected] werden. In Kompressionswärmepumpen schen Industriebetrieben demonstriert. W www.ait.ac.at

37 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

print.PV NEUES HERSTELLUNGSVERFAHREN FÜR FLEXIBLE PV-FOLIEN

Flexible PV-Folien Fotos: crystalsol GmbH, Helmut Mitter www.helmut-mitter.com Kosten- und Ressourceneinsparungen durch „Next generation“-Technologie.

ie Photovoltaiktechnologie ist auf dem Einsatz von kostengünstigen aufgrund der nahezu unbe- Materialien und hocheffizienten Ferti- grenzten und kostenlosen Ver- gungstechnologien aus der Druckindus- fügbarkeit von Sonnenenergie trie. Ziel ist es, mittelfristig in Österreich eine der attraktivsten Formen Solarmodule auf einem global wettbe- Dder erneuerbaren Energiegewinnung. Das werbsfähigen Niveau von 0,3 Euro pro rapide Wachstum des Markts für PV-Mo- Watt Peak produzieren zu können. dule in den letzten Jahren hat zu einem enormen Preisverfall und einem mar- Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren kanten Anstieg der Produktionsmenge (100 GW im Jahr 2017) geführt. Die aktu- Für die neue Technologie wird eine bereits elle Situation ist geprägt vom Wettbewerb patentierte PV-Folie der Firma crystalsol bestehender Technologien (kristallines verwendet. Sie weist attraktive Produkt- Silizium vs. Emerging Technologies) und eigenschaften, vor allem im Hinblick globaler Produktionsstandorte (Europa auf die Gebäude- und Geräteintegration, und USA vs. Asien). auf. Dazu gehören Flexibilität, geringes Gewicht und einfache Konfektionierbar- Mit „print.PV“ haben zwei österreichi- keit der Photovoltaikbahnen. Durch die sche Unternehmen, crystalsol GmbH Nutzung einer voll integrierten hochpro- und Forster Werbetechnik GmbH in Zu- duktiven Rolle-zu-Rolle-Drucktechnik, sammenarbeit mit wissenschaftlichen wie z. B. den Flexodruck, werden bei der Partnern, eine „Next generation“-Tech- Herstellung der Folie Kosteneinsparun- nologie zur Herstellung von flexiblen PV- gen erzielt. Folien entwickelt. Das Konzept basiert

38 UMWANDLUNGSTECHNOLOGIEN

Testreihen print.PV bei crystalsol Fotos: crystalsol GmbH, Helmut Mitter, www.helmut-mitter.com

Das Druckverfahren wurde entsprechend Im Rahmen des Projekts wurde aufgezeigt: adaptiert: > wie 40 m/min Bandgeschwindigkeit

> Ersatz verschiedener Prozessschritte zur Fertigung der Solarmodule erreicht KONSORTIUM im Rolle-zu-Rolle-Druck durch neue, werden kann crystalsol GmbH (Projektleitung), innovative Verfahren > wie Edelmetalle, wie z. B. Silber, voll- Forster Werbetechnik GmbH, > Reduktion der Menge an eingesetzten ständig eliminiert werden können PCCL – Polymer Competence Absorbermaterialien Center Leoben, JOANNEUM RESEARCH Materials, AIT Austrian > Entwicklung eines vakuumfreien Kon- Die neuen, innovativen Materialien und Institute of Technology GmbH taktierungsprozesses, der einen we- Prozesse wurden vom ersten Proof-of- sentlichen Beitrag zur Reduktion der Concept bis zur Validierung in realis- Anlagen- und Produktionskosten leistet tischen Umgebungen entwickelt. Mit ▷ KONTAKT > Senkung der Qualitätsschwankungen in Erfolg durchgeführt wurden Testreihen Rumman Syed, CEO der Produktion durch einen innovativen bei crystalsol in Wien im Labormaßstab crystalsol GmbH Laserprozess sowie im Realbetrieb auf den Druckma- Am Kanal 27, 1110 Wien schinen der Firma Forster Werbetechnik E [email protected] W www.crystalsol.com GmbH in Waidhofen an der Ybbs (Nieder- österreich).

39 40 THEMA

SPEICHER- TECHNOLOGIEN

it dem wachsenden Anteil Wird der Strom vor der Speicherung vielen Bereichen – vom Gebäudesektor erneuerbarer Energien in umgewandelt, z. B. in Wasserstoff oder über netzgebundene Wärmeversor- der Energieversorgung in andere chemische Energieträger, gungsanlagen bis hin zu Industriean- werden Energiespeicher besteht neben der Wiederverstromung wendungen – zum Einsatz. Ziele sind für Strom und Wärme die Möglichkeit, die Energie in ande- dabei die Steigerung der Energieeffizi- Mzu zentralen Bausteinen im Energie- ren energiewirtschaftlichen Sektoren enz, die Erhöhung des Anteils erneuer- system. Sie ermöglichen die zeitli- zu nutzen. Power-to-Heat-, Power-to- barer Wärme und die Verbesserung der che Entkopplung von Erzeugung und Gas- und Power-to-Chemicals-Tech- Wirtschaftlichkeit. Verbrauch und tragen dazu bei, die nologien bilden die Basis für die Kopp- Nutzung und Systemverträglichkeit lung der verschiedenen Sektoren in Die Entwicklung von innovativen erneuerbarer, fluktuierender Energie- einem integrierten Energiesystem. Technologien und Konzepten für die quellen deutlich zu verbessern. Speicherung von Energie ist ein zu- Auch Wärme- und Kältespeicher wer- kunftsweisendes Forschungsfeld in

Um eine CO2-arme Wirtschaftsweise den im zukünftigen Energiesystem eine Österreich. Der Fokus muss zukünf- zu erreichen, muss der Strombedarf wichtige Rolle einnehmen. Es ist zu tig auf der Auswahl und Kopplung der zunehmend auf Basis von erneuer- erwarten, dass der Wärmebedarf wei- verschiedenen Systeme und Lösungen baren Energien (Wasserkraft, Sonne, terhin einen hohen Anteil am gesam- in einem integrierten Gesamtsystem Wind und Biomasse) gedeckt werden. ten Endenergiebedarf ausmachen wird. liegen. Die wachsenden Mengen an Solar- und Die Speicherung von Wärme ist im Windstrom müssen dabei für wind- Vergleich zur Stromspeicherung we- schwache Zeiten und für die Nacht ge- sentlich kostengünstiger. Wärme- und speichert werden. Kältespeicher kommen schon heute in

41 SPEICHERTECHNOLOGIEN

DURCHSCHNITTLICHE DATEN ZUM WÄRMESPEICHER: (Auswertung der Betriebsdaten von 1.1.2014 bis 31.12.2017) Eingespeicherte bzw. abgegebene Wassermenge: Beladen 944.736 t / 1.022.376 m3 Entladen 934.983 t / 1.010.237 m3

Betriebsstunden: Beladen 2.015 h Entladen 1.909 h Eingespeicherte bzw. abgegebene Wärmemenge: Beladen 90.104 MWh Entladen 89.072 MWh Maximale Be- und Entladeleistung: Beladen 110 MW Entladen 147 MW

Speicherinhalt: Mittelwert 370 MWh Maximal 981 MWh

Gesamte eingesparte CO2-Emissionen: 53.810 t

Hochdruck-Wärmespeicher am Gelände des Kraftwerks Simmering Foto: Wien Energie/Ian Ehm

42 SPEICHERTECHNOLOGIEN

ProWäSpe HOCHDRUCK-WÄRMESPEICHER IM WIENER FERNWÄRMENETZ

Eine Reduktion des Energiebedarfs und

CO2-Einsparungen zeigen sich im Betrieb des Wärme-Großspeichers der Wien Energie. Hochdruck-Wärmespeicher am Gelände des Kraftwerks Simmering Foto: Wien Energie/Ian Ehm

und 380.000 Wiener Haushalte onen und Analysen der Betriebszustände kapazität der Anlage im Schnitt auf rund und mehr als 6.800 Großkun- konnte der elektrische Energieeigenbe- 980 MWh eingependelt. Pro Jahr werden dInnen werden über das Wiener darf der Speicheranlage gesenkt und die die beiden Speicher durchschnittlich Fernwärmenetz mit Wärme für Be- und Entladezeiten beschleunigt wer- rund 2.000 Stunden beladen und rund Heizung und Warmwasser ver- den. Durch die dynamischen Berechnun- 2.000 Stunden entladen. Durch die Spei- Rsorgt. 2013 ging in Wien-Simmering der gen wurde nicht nur die Betriebssicher- cherung der überschüssigen Wärme von weltweit erste Hochdruck- und Hochtem- heit des Wärmespeichers erhöht, sondern den Kraftwerksanlagen verringert sich peratur-Speicher in Betrieb. Mit der Inte- auch zusätzlich fossiler Brennstoff einge- bei hohem Wärmeverbrauch der Einsatz

gration der neuen Speicheranlage in das spart und CO2-Emissionen reduziert. der Spitzenkessel, was zu einer Redukti- Wiener Fernwärmesystem konnten Ener- on des Primärenergiebedarfs führt. Das gieerzeugung und Verbrauch voneinander Wärme speichern mit Hochdruck Wiener Fernwärmesystem wird so noch entkoppelt werden. Bei geringem Wär- energieeffizienter und umweltschonen- mebedarf wird heißes Vorlaufwasser aus Der Kern der Anlage besteht aus zwei der: Seit der Inbetriebnahme des Hoch- verschiedenen Erzeugungsanlagen wie baugleichen Speicherbehältern mit ei- druck-Wärmespeichers konnten rund 3 dem Wald-Biomassekraftwerk Wien, dem nem Gesamtvolumen von 11.000 m . Die 54.000 Tonnen an CO2-Emissionen ein- KWK-Kraftwerk Simmering und vorrangig Wärmespeicherung funktioniert nach gespart werden. aus einigen Abfallverwertungsanlagen in dem Schichtenspeicherprinzip: Der Spei- den Wärmespeicher gepumpt und für Be- cher ist immer mit Wasser gefüllt, im darfsspitzen aufbewahrt. oberen Teil befindet sich heißes, im un- teren Teil kaltes Wasser. Aufgrund des KONSORTIUM Betriebsoptimierung durch Dichteunterschieds bildet sich zwischen Wien Energie GmbH (Projektleitung), Bilfinger wissenschaftliche Begleitung den Wasserschichten eine sogenannte Bohr- und Rohrtechnik GmbH, Bilfinger VAM Trennschicht. Bei erhöhtem Wärmebe- Anlagentechnik GmbH, TU Wien – Institut für Ener- gietechnik und Thermodynamik, Integral – Montage Planung und Errichtung der innova- darf wird heißes Wasser aus dem Spei- Anlagen- und Rohrleitungstechnik GmbH, ABB AG, tiven Anlage wurden im Rahmen des cher entnommen und direkt in das Fern- Porr Bau GmbH, Pöyry Energy GmbH Forschungsprojekts „ProWäSpe“ vom wärmenetz eingeleitet. Die entnommene Institut für Energietechnik und Ther- Wassermenge wird mit kaltem Wasser modynamik der Technischen Universi- gleichzeitig nachgefüllt und somit wer- tät (TU) Wien in Kooperation mit Wien den die Druckverhältnisse im Speicher ▷ KONTAKT Energie wissenschaftlich begleitet. Mit aufrechterhalten. DI Dr. Armin STEINER Wien Energie GmbH Hilfe von dynamischen Simulationsrech- Energieeffizient und umweltschonend Geschäftsbereich Asset Betrieb nungen wurden mögliche Optimierungen Abteilung Technik, thermische und im Gesamtprozess aufgezeigt und in der regenerative Erzeugung (ABT) Planungs- und Inbetriebsetzungsphase Nach einer über vierjährigen Betriebs- Kraftwerk Simmering 1. Haidequerstraße 1, 1110 Wien direkt realisiert. Auf Basis von Simulati- phase hat sich die maximale Speicher- E [email protected] W www.wienenergie.at 43 SPEICHERTECHNOLOGIEN

Wind2Hydrogen PRODUKTION UND SPEICHERUNG VON ERNEUERBAREM WASSERSTOFF

Wind2Hydrogen-Pilotanlage am OMV-Standort Auersthal, Niederösterreich Foto: OMV

ower-to-Gas ist eine zukunfts- Im Projekt Wind2Hydrogen wurde un- weisende, sektorenübergreifen- ter Leitung der OMV in Zusammenarbeit de Systemlösung für das Ener- mit Forschungs- und Unternehmens- giesystem der Zukunft. Dabei partnern die Produktion von „grünem wird überschüssiger Strom aus Wasserstoff“ mit Hilfe eines neuartigen Perneuerbaren Quellen verwendet, um Hochdruck-Elektrolyseurs untersucht In einer OMV-Pilotanlage wurde Wasserstoff und erneuerbare flüssige sowie die Einspeisung in das Erdgasnetz oder gasförmige Kohlenwasserstoffe (z. B. bzw. die Abfüllung und mögliche Ver- erstmals die Einspeisung Methan) herzustellen. Der erneuerbare wendung des Wasserstoffs 2(H ) in der von grünem Wasserstoff ins Wasserstoff oder das erneuerbare- Me Mobilität getestet. Erdgasnetz getestet. than kann direkt genutzt oder in der Gas- infrastruktur transportiert, gespeichert Primäres Ziel der Forschungsarbeiten war und anschließend in verschiedenen An- es, die Wasserstofftoleranz der Erdgas- wendungsbereichen eingesetzt bzw. bei infrastruktur (Transit- und Verteilnetz) Bedarf wieder verstromt werden. Schlüs- sowie die Speicherkapazität für „Green seltechnologien in diesem System sind Hydrogen“ im österreichischen Erdgas- flexible, effiziente und wirtschaftliche netz zu ermitteln. Elektrolyseanlagen.

44 SPEICHERTECHNOLOGIEN

Wind2Hydrogen-Pilotanlage Wasserstofftankstelle Foto: OMV Foto: OMV

Innovatives Elektrolyseverfahren terprojekt HylyPure wurde die Rückge- winnung des erneuerbaren Wasserstoffs Eine Weltneuheit stellte der von FRONIUS nach dem Transport im Erdgasnetz mit- International GmbH entwickelte Hoch- tels Membrantechnologie und Druck- druck-PEM-Elektrolyseur dar, der hoch- wechseladsorption getestet. reinen Wasserstoff mit 163 bar erzeugt und aufgrund der modularen Konzeption Die Pilotanlage mit zwölf Elektrolyse- optimal für einen hochdynamischen und modulen war im Rahmen der gesamten ausfallsicheren Betrieb in Verbindung Betriebsdauer in Summe für 40.400 Be- mit wechselndem Wind- oder PV-Strom­ triebsstunden im Einsatz. In diesem Zeit- angebot geeignet ist. Das hohe Druckni- raum konnten 4.610 kg Wasserstoff pro- veau ist primär dann notwendig, wenn duziert und erfolgreich ins Erdgasnetz eine Einspeisung in das Hochdruck-Gas- eingespeist bzw. in Flaschen abgefüllt netz erfolgt oder wenn Anlagen an einer werden. Tankstelle eingesetzt werden. Mit Wind2Hydrogen konnten wertvolle Wind2Hydrogen-Pilotanlage Erfolgreicher Betrieb der Pilotanlage Erfahrungen in der gesamten Wasser- Foto: OMV stoffwertschöpfungskette – von der Pla- Am OMV-Standort in Auersthal (Nieder- nung bis zum operativen Betrieb – gene- österreich) wurde 2015 eine Pilotanlage riert werden. Zudem wurden rechtliche, KONSORTIUM OMV AG (Projektleitung), mit 100 Kilowatt realisiert. Im experi- wirtschaftliche und ökologische Bewer- EVN AG, FRONIUS International mentellen Betrieb konnten zukünftige tungen durchgeführt und verschiedene GmbH, HyCentA Research Geschäftsfälle (stromseitig und aus Sicht Geschäftsmodelle als Vorbereitung für GmbH, Energieinstitut an der des Erdgasnetzbetreibers) simuliert wer- den Rollout konzipiert. Die gewonnenen Johannes Kepler Universität Linz den. Von September 2015 bis Mai 2017 Erkenntnisse werden von den beteiligten wurde hier Wasserstoff in eine Erdgas- Projektpartnern in zahlreiche Folgepro- leitung der OMV eingespeist. Es war die jekte im Rahmen der Wasserstoffinitiati- erste Pilotanlage dieser Art und Größe ve Vorzeigeregion Austria (WIVA Power & ▷ KONTAKT weltweit. Ein Teil der Wasserstoffpro- Gas) einfließen. DI Dr. Paul Schöffl OMV Refining & Marketing GmbH duktion wurde auf 200 bar komprimiert Mannswörther Straße 28, und für eine mögliche Verwendung in der 2320 Schwechat Mobilität oder Industrie in Hochdruck- E [email protected] Speicherbehälter abgefüllt. Im Schwes- W www.omv.com

45 Martin Hackl Leiter Business Unit Solar Energy, FRONIUS International GmbH Foto: FRONIUS

46 INTERVIEW

SPEICHERTECHNOLOGIEN Martin Hackl, Leiter Business Unit Solar Energy, FRONIUS International GmbH

Welche Rolle wird die Speicherung von Energie im zukünftigen Energiesystem spielen?

Das natürliche Angebot an Wind und Sonne ist mengenmäßig groß genug für ein 100 % erneu- erbares Energiesystem. Die Herausforderung besteht nun darin, Angebot und Nachfrage in Ein- klang zu bringen. Entspricht der aktuelle Energieverbrauch der aktuellen Energieerzeugung, so kann von einer funktionierenden Stromversorgung gesprochen werden. Da die Realität anders aussieht, muss die Differenz dazwischen gepuffert werden. Die Zwischenspeicherung von Ener- gie ist in diesem Fall die Lösung und stellt deshalb eine tragende Säule des zukünftigen Energie- systems dar.

Welche Speichertechnologien haben aus Ihrer Sicht das größte Potenzial?

Die unterschiedlichen Ansprüche an Speichermöglichkeiten, etwa vom Tag in die Nacht oder auch längerfristig, können mit geeigneten Technologien bedient werden. Kurzfristig bieten Batterie- speicher bei intelligenter Bewirtschaftung maximale Flexibilität und erlauben die Integration vieler dezentraler Erzeuger – ganz ohne Netzausbau. Langfristig stehen mit den Infrastrukturen für Gase große Speichervolumina zur Verfügung, die als Zwischenlager für erneuerbare Energie in Form von Wasserstoff oder Methan dienen können. Darüber hinaus bestehen große und güns- tig erschließbare Speicher- und damit Flexibilitätspotenziale im Bereich der Sektorenkopplung zwischen Strom und Wärme.

FRONIUS ist Pionier im Erzeugen und Nutzbarmachen von grünem Wasserstoff. Das Unterneh- men leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Sektorenkopplung und zur saisonalen Energie- speicherung. Bereits seit 15 Jahren forscht FRONIUS an entsprechenden Nutzungsmöglichkeiten und kann sich heute als verlässlicher Partner in der Energiewende bezeichnen.

Entstehen hier Exportchancen für innovative Entwicklungen österreichischer Unternehmen?

24 Stunden Sonne, das ist unser großes Ziel. Wir bei FRONIUS arbeiten täglich daran, diese Vision von einer Zukunft, in welcher der weltweite Energiebedarf aus 100 % Erneuerbaren gedeckt wird, zu verwirklichen. Dementsprechend konzentrieren wir uns auf Lösungen, Sonnenenergie kos- teneffizient und intelligent zu erzeugen, zu speichern, zu verteilen und zu verbrauchen.

Daraus entstehen Produkte und Dienstleistungen, die wir heute mit einer Quote von über 90 % exportieren. Der Erfolg im technologisch komplexen Umfeld der Energiespeicherung erfordert viel Erfahrung und Know-how sowie die intensive Vernetzung mit Kooperationspartnern. Seit Jahren engagieren wir uns auf nationaler und internationaler Ebene in kooperativen Projekten, um gemeinsam mit Netzbetreibern, Industriepartnern sowie universitären und außeruniversitä- ren Forschungspartnern unsere Expertise weiter auszubauen.

47 SPEICHERTECHNOLOGIEN

Underground Sun Conversion ERDGAS NATÜRLICH ERZEUGEN UND UMWELTFREUNDLICH SPEICHERN

RAG-Anlage in Pilsbach/Oberösterreich Foto: RAG Austria AG/Karin Lohberger Photography

Vorhandene Erdgasinfrastruktur wird für m bis 2020 laufenden Projekt „Under- Wasserstoff könnte vorhandene Erdgas- die Speicherung erneuerbarer Energie ground Sun Conversion“ erforscht ein infrastruktur, bestehend aus Pipelines und die Produktion von Erdgas aus österreichisches Konsortium unter und Erdgasspeichern, als Pufferspeicher Wasserstoff genutzt. Leitung der RAG Austria AG die Grund- für überschüssige Ökoenergie genutzt lagen, um in Zukunft große Mengen werden. Mit „Underground Sun Storage“

Ivon erneuerbarem Erdgas CO2-bindend wurde die Wasserstoffverträglichkeit der produzieren, umweltfreundlich in natür- Untergrund-Gasspeicher untersucht und lichen Lagerstätten speichern und jeder- neben Laborversuchen und Simulationen zeit flexibel nutzen zu können. erstmals ein Feldversuch im industriellen Maßstab an einer ehemaligen natürlichen Saisonale Speicherung von Wind- und Erdgaslagerstätte in der Gemeinde Pils- Sonnenenergie bach in Oberösterreich durchgeführt.

Das Forschungsvorhaben baut auf dem Erdgas erneuerbar produzieren Leitprojekt der Energieforschung „Un- derground Sun Storage“ zur Speicherung Im Folgeprojekt „Underground Sun Con- von Wind- und Sonnenenergie in natürli- version“ wird aktuell ein weltweit ein- chen Erdgaslagerstätten auf. Im Vergleich zigartiges Verfahren erforscht, das den zu den derzeit verfügbaren Speichertech- natürlichen Prozess der Entstehung von nologien für Strom sind die Speicher- Erdgas kopiert. Dabei soll direkt in der RAG-Anlage in Pilsbach/Oberösterreich kapazitäten im Gasnetz enorm. Mit der Erdgaslagerstätte durch einen gezielt Foto: RAG Austria AG Umwandlung von elektrischer Energie in initiierten mikrobiologischen Prozess

48 SPEICHERTECHNOLOGIEN

Quelle: RAG Austria AG

Laborversuche aus dem Vorläuferprojekt haben gezeigt, dass der in die Lagerstätte

eingebrachte Wasserstoff mit CO2 in rela- tiv kurzer Zeit mikrobiologisch in Methan umgewandelt wird. Der Methanisierungs- prozess findet somit auf natürlichem Weg in untertägigen Gesteinsschichten statt, abgekürzt um Millionen von Jahren. Gleichzeitig wird ein nachhaltiger Koh- lenstoff-Kreislauf geschaffen. Das in der Tiefe erzeugte erneuerbare Erdgas kann KONSORTIUM RAG Austria AG (Projektleitung), direkt in der Lagerstätte gespeichert, bei Montanuniversität Leoben, Univer- RAG-Anlage in Pilsbach/Oberösterreich Bedarf entnommen und über die vorhan- Foto: RAG Austria AG/Karin Lohberger Photography sität für Bodenkultur Wien (BOKU) denen Leitungsnetze zu den Verbrauche- – Department IFA Tulln, acib GmbH rInnen transportiert werden. (Austrian Centre of Industrial Biotech- Erdgas erzeugt werden. Die vorhandenen nology), Energieinstitut an der Johan- nes Kepler Universität Linz, Axiom (Poren-)Erdgaslagerstätten werden dabei Im Rahmen des Projekts werden Labor- Angewandte Prozesstechnik GmbH als natürliche „Reaktoren“ genutzt. versuche, Simulationen und ein wissen- schaftlicher Feldversuch an der existie- In einer oberirdischen Anlage wird aus renden Lagerstätte der RAG in Pilsbach ▷ KONTAKT Sonnen- sowie Windenergie und Was- durchgeführt. Die Übertragbarkeit der DI Stephan Bauer Leiter Green Gas Technology ser zunächst Wasserstoff hergestellt. gewonnenen Ergebnisse auf viele andere RAG Austria AG Gemeinsam mit CO2 (z. B. aus einer Bio- Lagerstätten weltweit soll ebenfalls ge- Schwarzenbergplatz 16, 1015 Wien masseverbrennung) wird der Wasserstoff prüft werden. E [email protected] in eine vorhandene Erdgaslagerstätte in W www.rag-austria.at über 1.000 Meter Tiefe gepumpt. www.underground-sun-conversion.at

49 SPEICHERTECHNOLOGIEN SPEICHERTECHNOLOGIEN

Tes4seT NEUE THERMISCHE ENERGIESPEICHER FÜR GEBÄUDE, INDUSTRIE UND MOBILITÄT

Kooperation von Forschung Liebherr Air-Cycle-Air-Conditioning Unit ICE 3 Foto: Liebherr Transportation Systems GmbH & CO KG und Industrieunternehmen bei der Entwicklung neuer Speichertechnologien.

nnovative Technologien für die Kurz- > Wärmerückgewinnung in der Industrie und Langzeitspeicherung von thermi- mit neuen thermochemischen Speichern scher Energie sind wesentlich für die > neue Mitteltemperatur-Phasenwech- Versorgungssicherheit und Steigerung selmaterial-Wärmespeicher für indus- der Energieeffizienz bei Energieum- trielle Anwendungen Sorptionskollektor am Labor von AEE INTEC Iwandlung, Energieverteilung und End- Foto: AEE INTEC verbrauch. Im Leitprojekt der Energie- Zukunftsweisende Entwicklungen forschung Tes4seT wurden Technologien für eine neue Generation von kompakten Ziel der Entwicklung eines saisonalen thermischen Energiespeichern erforscht Speichersystems für Gebäude auf Basis und Konzepte für deren Integration in der Feststoffsorption ist es, Überschuss- Energiesysteme von Gebäuden, der Indus- wärme aus einer Solarthermieanlage vom trie und der Fahrzeugtechnik entwickelt. Sommer bis zum Winter zu speichern. Unter Leitung von AEE INTEC kooperier- Im Rahmen von Tes4seT wurde ein neuer ten 19 Forschungspartner und Industrie- Sorptionskollektor entwickelt. Dadurch unternehmen, um die Basis für weitere konnte die Effizienz des Speichersystems industrielle Entwicklungen zu legen. In für das eingesetzte Sorptionsspeicher- fünf Entwicklungslinien wurden neue material Zeolith X13BF wesentlich gestei- Konzepte und Lösungen entwickelt: gert werden. Das System wird kompakter > saisonale Sorptionsspeicher für Gebäude und gleichzeitig werden Materialkosten > Wärmespeicher für die Temperatur- reduziert. konditionierung von Elektrobatterien in elektrischen und hybriden Fahrzeugen Der Einsatz thermischer Energiespeicher > Speicher für effiziente Energiesysteme zur Temperierung von Fahrzeugbatterien in Schienenfahrzeugen wurde in einer Versuchsanlage getestet.

50 SPEICHERTECHNOLOGIEN

Testaufbau AEE INTEC DBAG ICE 3 in der Nähe des Kölner Hauptbahnhofs Foto: AEE INTEC Foto: Rolf Heinrich, Köln, Creative Commons Attribution 3.0 Unported

Lithium-Ionen-Batterien können nur in werden können, ohne die Grenzwerte der KONSORTIUM einem engen Temperaturbereich effizient Innenraumtemperatur und -feuchte zu AEE INTEC (Projektleitung), TU Graz – Institut betrieben werden und müssen während überschreiten. für Wärmetechnik, AIT Austrian Institute des Fahrbetriebs und der Schnellladung for Technology GmbH, FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH, TU Wien – Institut gekühlt bzw. vor dem Start des Fahrzeugs Im Rahmen des Projekts wurden auch für Energietechnik und Thermodynamik / im Winter vorgeheizt werden. Die Tests Versuche durchgeführt, um die Effizienz Institut für angewandte Synthesechemie, zeigten mögliche Energieeinsparungen von Aircycle-Cooling-Systemen (ACS), Kompetenzzentrum – Das virtuelle Fahrzeug von 60 % für die Kühlung während des wie sie in Hochgeschwindigkeits-Schie- Forschungsgesellschaft mbH (Virtual Vehicle Research Center), Südzucker AG Mannheim/ Schnellladens im Vergleich zu herkömm- nenfahrzeugen zum Einsatz kommen, zu Ochsenfurt, AMMAG GmbH Schüttguttech- lichen Kühlsystemen. verbessern. Dabei wurde die Enthalpie nik, GREENoneTEC Solarindustrie GmbH, der Prozessluft durch Einsatz spezieller S.O.L.I.D. Gesellschaft für Solarinstallation Weiters wurden effiziente Energiesyste- Materialien, wie z. B. Zeolith oder Silizi- und Design mbH, Liebherr-Transportation me in Schienenverkehrsfahrzeugen er- um-Aluminium-Phosphat (SAPO), redu- Systems GmbH & CO KG, STM Schweißtechnik Meitz eU, i2m Unternehmensentwicklung forscht. In Kühlkreisen mit nicht-regel- ziert. Mittels zusätzlicher Speicherkom- GmbH, Technisches Büro Dr. Walter Somitsch, baren Kompressoren ist höhere Effizienz ponenten wird die Prozessluft am Eintritt Odörfer Haustechnik, qpunkt GmbH, RHI AG, realisierbar, indem Wärmespeicher mit entfeuchtet und gekühlt, um eine höhere KIOTO Photovoltaics GmbH Phasenwechsel-Materialien (PCM) auf der Kühlleistung im Niederdruckbereich des Niedertemperaturseite (z. B. Speicher- Systems zu erreichen. Erste Ergebnisse verdampfer oder kleine Speicher im Ver- zeigen, dass bei zusätzlicher Kühlung des teilsystem) genutzt werden. Im Rahmen Sorbenten eine Reduktion der spezifi- von Simulationen des Anlagenverhaltens schen Luftfeuchte um 10 g/kg möglich ist, konnte demonstriert werden, dass bei was theoretisch bis zu 20 % mehr Effizi- ▷ KONTAKT Komfortanwendungen einer Straßen- enz bewirkt. Dr. Wim van Helden AEE INTEC oder U-Bahn die Start/Stopp-Zyklen des Feldgasse 19, 8200 Gleisdorf Kompressors um den Faktor 3 verlängert www.tes4set.at E [email protected] W www.aee-intec.at

51 52 THEMA

PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIE- KONSUMENTiNNEN

m Zuge der Energiewende werden werke sollen dazu beitragen, weni- Produkte durch die VerbraucherInnen neben hocheffizienten Verfahren ger Energie zu verbrauchen, ohne auf fördern. Im aktuellen Ökodesign-Ar- für die Umwandlung, Speicherung Komfort und Lebensqualität verzichten beitsprogramm (2016 bis 2019) werden und Verteilung von Energie auch zu müssen. neue energierelevante Produktgruppen neue Dienstleistungen, Produkte und Richtlinien definiert.* Iund Geschäftsmodelle benötigt. Ziel Der SET-Plan (Strategic Energy Tech- ist es, ein intelligentes, verbraucher- nology Plan) der Europäischen Kom- In Österreich entwickeln zahlreiche zentriertes Energiesystem zu schaf- mission stellt die BürgerInnen in den innovative Unternehmen in enger Ko- fen, in dem die BürgerInnen als aktive Mittelpunkt eines dezentralisierten operation mit der Forschung neue in- TeilnehmerInnen einen wichtigen Part und digitalisierten Energiesystems telligente Komponenten und Systeme einnehmen. In flexiblen, dezentralen und will die Verbreitung von intelli- für eine Vielzahl von energieeffizien- Energieversorgungssystemen können genten Energiedienstleistungen und ten Consumer-Anwendungen, wie z. B. die EnergiekonsumentInnen selbst -anwendungen in den nächsten Jahren Komponenten für mobile Kleinstgerä- saubere Energie z. B. aus kleinen PV- beschleunigen. Ziel ist es, bis zum Jahr te aus den Bereichen Kommunikation, Anlagen gewinnen und in die Netze 2030 in 80 % der europäischen Haus- Versorgung oder Medizin. Der Fokus einspeisen und ihren Energieverbrauch halte mindestens 80 % des Strom- liegt in der Forschung u. a. darauf, neue den Marktsignalen des Energiemarktes verbrauchs und mindestens 80 % des Lösungen zu entwickeln, mit denen ef- anpassen. Informations- und Kommu- Energieverbrauchs über IKT zu steuern. fiziente, kostengünstige und umwelt- nikationstechnologien (IKT) werden freundlichere Energiequellen genutzt bei der Transformation des Energie- Mit Hilfe der europäischen Ökode- werden können. Auch die Kopplung systems die zentrale Rolle spielen. Der sign- und Energiekennzeichnungs- mit zuverlässigen Energiespeicher­ Einsatz von intelligenten Zählern und richtlinien will die EU die Verbreitung systemen ist ein wichtiges Thema. Steuerungen sowie intelligente Geräte energieeffizienter Produkte am Markt und deren Einbindung in Heimnetz- unterstützen und den Kauf solcher * Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/ de/TXT/?uri=CELEX:52016DC0773

53 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

Fotomontage: Infineon Technologies AG Future LED Bulb ENERGIESPARENDE LICHTTECHNOLOGIE FÜR DEN MASSENMARKT

Innovative österreichische Produktentwicklungen für den weltweiten LED-Markt.

it dem Leitprojekt der Ener- gieforschung „Future LED Bulb“ wurde bereits 2007 von Infineon Technologies Austria AG in Kooperation Mmit Zumtobel Lighting GmbH und Trido- nic Jennersdorf GmbH eine breit angeleg- te F&E-Kooperation gestartet, um ener- gieeffiziente LED-Lampen zu entwickeln. Diese sollten höchsten Komfortansprü- chen genügen und sich als Ersatz für kon- ventionelle Glühbirnen auf dem Massen- markt eignen.

Folgende Anforderungen wurden an die LED-Entwicklung gestellt: > höchste Energieeffizienz > konstante angenehme Farbtemperatur > konstante Intensität > extrem lange Lebensdauer (ca. 50.000 Stunden) > attraktiver Marktpreis > Dimmbarkeit über bereits existierende Systeme

Im Rahmen des Projekts wurden extrem langlebige Lampen entwickelt, die über hocheffiziente Netzspannungswandler bei kleinster Kubatur und über verlust- arme LED-Treiber mit neuen Regelalgo- rithmen zur Einstellung der Farbtempe-

54 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

LED-Treiber Foto: Infineon Technologies AG Foto: Infineon Technologies AG

auskopplung vorgenommen. Zumtobel Infineon legt seinen Fokus im Beleuch- gründete 2009 die Tochter LEDON für die tungsbereich auf hochwertige, energie- Verwertung der neuen Produkte. Infineon effiziente Produkte und Lösungen und brachte den LED-Treiber ICL8001G und produziert u. a. maßgeschneiderte LED- das dazu passende Demoboard auf den Treiber-ICs, MOSFETs (Metall-Oxid-Halb- Markt. Mit der im Projekt entwickelten leiter-Feldeffekttransistoren) und Sen- primärseitigen Regelung konnte die An- soren für gewerbliche Beleuchtung und zahl der benötigten Bauteile von mehr als Autolichtanwendungen. Infineon hat heu- 50 auf ca. 30 reduziert werden. te 15 Ansteuer-ICs (Integrated Circuits/ Integrierte Schaltkreise) für industrielle Die Lichttechnologie hat seither eine LED-Beleuchtungssysteme im Programm. rasante Entwicklung genommen. Auf- Diese LED-Komponenten werden weltweit grund des hohen Energieeinsparpoten- jährlich mehrere zehn Millionen mal ver- zials und ihrer langen Lebensdauer sind kauft. Anwendung High-Bay-Halle LED-Leuchten bei den meisten Beleuch- Foto: LEDON GmbH tungsanwendungen heute die erste Wahl. ratur und Stabilisierung des Lichtstroms Die Vorarlberger LEDON GmbH ist seit- verfügten. Spezielle Herausforderungen her auf die Entwicklung hocheffizien- bei der Entwicklung waren die attraktive ter LED-Lichtlösungen spezialisiert. Das KONSORTIUM Formgebung der LEDs sowie die Licht- Angebot des Unternehmens umfasst Infineon Technologies Austria AG (Projektleitung), Zumtobel Lighting verteilung bei gleichzeitiger Lösung des klassische „Retrofit“-Produkte, die im GmbH, Tridonic Jennersdorf GmbH Wärmehaushalts aller Systemkompo- Austausch für Glühlampen, Energiespar- nenten. Das Thermomanagement, die lampen und Halogenlampen in herkömm- Mechanik und die Leistungselektronik liche Sockel passen. Zusätzlich produziert stellten zum Projektzeitpunkt weitere LEDON leistungsstarke Rasterleuchten für ▷ KONTAKT wichtige Forschungsthemen dar. Büros, Feuchtraumleuchten für Keller und DI Herbert Pairitsch Head of R&D Funding PMM/ Garagen sowie High Bays für die Indust- Power Management & Multimarket Als Reaktion auf das 2009 erlasse- rie- und Hallenbeleuchtung. Infineon Technologies Austria AG ne Glühbirnenverbot der EU wurde von Siemensstraße 2, 9500 Villach den Projektpartnern rasch die Produkt­ E [email protected] W www.infineon.com/austria

55 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

Prototyp für Rucksack mit ergonomisch geformten Photovoltaikmodulen (Design SUNNYBAG) Foto: SUNNYBAG GmbH

Solarlampe SIARQ/Barcelona Prototyp noch mit rechteckigen Solarmodulen Foto: SIARQ, Spanien 56 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

Monoscribe NEUE TECHNOLOGIE FÜR DÜNNSCHICHTSOLARZELLEN

Ein neuartiges Verschaltungskonzept für Solarzellen Grundidee der Monoscribe-Verschaltung ermöglicht die Produktion von PV-Modulen mit Bild: Sunplugged GmbH ungewöhnlichen Geometrien und Spannungen.

as österreichische Unter- und die einzelnen funktionalen Schichten Anhand von Photovoltaikmodulen mit nehmen Sunplugged – Solare der Solarzellen mittels Laser freigelegt. außergewöhnlichen Geometrien wurde Energiesysteme entwickelt seit Die Elektroden der Solarzelle können die Machbarkeit des Konzepts auf indus- Jahren in Kooperation mit Un- dann mit leitfähigen Materialien verbun- triellem Niveau demonstriert. In Koope- ternehmens- und Forschungs- den werden. ration mit dem österreichischen Herstel- Dpartnern flexible Photovoltaikfolien bei ler SUNNYBAG konnte ein Prototyp für denen Größe, Form und elektrische Span- Sowohl der Laserprozess als auch das ergono­misch geformte PV-Module für nung frei eingestellt werden können. Auftragen der leitfähigen Materialien Taschen und Rucksäcke entwickelt wer- Mit der innovativen Technologie werden sind digital steuerbar. Im Rahmen des den. Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist maßgeschneiderte Lösungen für viele Projekts wurde die innovative Druck- und eine Solar-Straßenlampe der spanischen Anwendungen in Gebäuden, Geräten und Lasertechnologie entwickelt sowie eine Firma SIARQ, bei der speziell geformte Fahrzeugen realisiert. experimentelle Rolle-zu-Rolle-Pilotpro- PV-Module mit Monoscribe-Verschal- duktionsanlage errichtet und in Betrieb tung zum Einsatz kommen sollen. Im Projekt Monoscribe wurde ein inno- genommen. vatives Verfahren für die Herstellung KONSORTIUM von Dünnschichtsolarzellen entwickelt, Innovative Produktentwicklungen Sunplugged GmbH (Projektleitung), SUNNYBAG GmbH, die aus nur wenigen Mikrometer dicken Universität Innsbruck – Institut für Konstruktion und Schichten bestehen und mittels großflä- Die druckbare Solarzellenverschaltung Materialwissenschaften, Riegler Elektronik GmbH, Tyrolight DI (FH) Mathias Gfall, Laser Systems GmbH/ chiger Dünnschichttechnik auf Glas oder ermöglicht die Produktion von Photovol- Deutschland, Inkron Oy, Espoo/Finnland, VTT Technical flexiblen Folien abgeschieden werden taikmodulen mit variierenden Spannun- Research Centre of Finland, Espoo/Finnland können. gen, Formen und Größen. Kombiniert mit der Flexibilität von Dünnschichtsolar- Diese kostengünstig herstellbaren Solar­ zellen eignen sich diese Module für eine zellen dienen als Basismaterial für ein Vielzahl von innovativen Anwendungen, ▷ KONTAKT neues Verschaltungskonzept, das geringe von Produkten mit integrierter Photovol- Mag. Andreas Zimmermann Sunplugged GmbH Herstellkosten und neue Anwendungs- taik wie z. B. Sensoren und Ladegerät, bis Affenhausen 80, 6413 Wildermieming möglichkeiten verspricht. Dabei werden hin zu PV-Modulen für die Gebäudeinte- E [email protected] großflächige, endlos gefertigte Solar­ gration. W www.sunplugged.at zellen in kleinere Abschnitte unterteilt

57 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

Kombination von zwei Einzelsystemen zu einem Hybriden aus Batterie und Solarzelle Foto: Lunghammer – TU Graz

SolaBat SOLARZELLE & BATTERIE

▷ Die TU Graz erforscht ein Hybrid-Energiesystem, das Photovoltaikzellen mit elek- trochemischen Energie- speichersystemen zu einem Gerät kombiniert.

m Zuge der Energiewende soll ein hoher Anteil des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen abgedeckt wer- den. Aber wie kann trotz schwanken- dem Energieangebot aus Sonnen- und IWindenergie die Energieversorgung nachhaltig sichergestellt werden? Ein Lösungsansatz für diese Problematik be- steht darin, umweltfreundliche Energie- quellen mit zuverlässigen Energiespei- chersystemen zu koppeln.

Im Forschungsprojekt SolaBat wird ein hybrides Energiesystem entwickelt, das Solarzellen und elektrochemische Spei- cher (z. B. Li-Ionenbatterien) in einem Gerät verbindet. Damit soll die Um- wandlung und Speicherung von Energie in einem einzigen, intelligenten System ermöglicht werden. Das Projekt wird vom Institut für Chemische Techno- logie von Materialien der Technischen

58 PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTINNEN

SolaBat-Forschungsarbeiten am Institut für Chemische Technologie von Materialien der TU Graz Fotos: Lunghammer – TU Graz

Universität (TU) Graz in Kooperation Anwendungsmöglichkeiten mit dem Zentrum für Elektronenmik- roskopie (ZFE) der Austrian Cooperative Im Projekt SolaBat werden die Grundla- Research durchgeführt. Im Rahmen des gen für die neue Technologie erarbeitet. Projekts wird das innovative, anwen- Ziel ist es, am Ende der Projektlaufzeit dungsrelevante Konzept ausgearbeitet ein funktionierendes Konzept für ei- und auf seine Leistungsfähigkeit über- nen Photovoltaik-Batterie-Hybriden prüft. vorstellen zu können. Das System soll platzsparend, effizient und einfach in Neue Materialien kombinieren der Handhabung sein. Wo das System erstmals zum Einsatz kommen wird, Leistungsstarke Materialien sind der lässt sich in der Grundlagenforschung Schlüssel zum Erfolg, um intelligente noch nicht festlegen. Aber es zeichnen Energiespeicher mit langlebigen Um- sich bereits vielfältige potenzielle Ein- wandlungssystemen zu koppeln. Ein satzmöglichkeiten ab. wichtiger Fokus der Forschungsarbeiten KONSORTIUM liegt auf der Untersuchung geeigneter Die Anwendungsgebiete reichen vom TU Graz – Institut für funktioneller Materialien. Diese müs- Handyakku über Autobatterien bis hin Chemische Technologie von Materialien (Projektleitung), sen einerseits ihre jeweiligen Aufgaben zu größeren Solaranlagen. In der Bat- Zentrum für Elektronenmik- in der Solarzelle sowie in der Batterie terieforschung bringen verschiedene roskopie (ZFE) der Austrian zuverlässig erfüllen und zugleich elek- Anwendungsfälle auch unterschiedliche Cooperative Research trochemisch kompatibel sein, damit Anforderungen und Forschungsthe- sie in einem Gerät kombiniert werden men mit sich. So steht bei Batterien in können. Statt umweltschädlicher, ko- Mikroanwendungen oder Kleingeräten balthaltiger Elektroden wollen die For- wie beispielsweise Smartphones die ▷ KONTAKT scherInnen umweltfreundliche Titanate Platzfrage an erster Stelle, das Gewicht Dr. Ilie Hanzu TU Graz – Institut für Chemische als Aktivmaterialien einsetzen. Auch ist hier zweitrangig. Im Fall von Auto- Technologie von Materialien polymerbasierte, also organische Solar- batterien ist hingegen das Gewicht der Stremayrgasse 9, 8010 Graz zellen könnten zum Einsatz kommen. wichtigste Parameter. E [email protected] W www.tugraz.at/institute/ictm www.tugraz.at/institute/ictm/projects/solabat

59 DI Dr. Sabine Herlitschka, MBA Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG Foto: Infineon Technologies Austria AG

60 INTERVIEW

PRODUKTE UND SERVICES FÜR ENERGIEKONSUMENTiNNEN DI Dr. Sabine Herlitschka, MBA, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG

Wie werden intelligente Energielösungen unseren Alltag verändern?

Intelligente Energielösungen leisten einen wesentlichen Beitrag, um die wichtigste Energie­ ressource, die Energieeffizienz, optimal zu nutzen. Angesichts der weltweit immer stärker wahr- nehmbaren Auswirkungen der Klimakrise haben energieeffiziente Technologien eine Schlüssel- funktion, um die notwendige Reduktion von Treibhausgasen konkret zu ermöglichen. Insofern haben sie unmittelbar positive Auswirkungen auf unsere zukünftige Lebensqualität.

In unserem Alltag werden intelligente Energielösungen in Verbindung mit digitalen Technologien zukünftig allgegenwärtig sein. Beispielsweise, um das Wohnen – „Stichwort „Smart Home“ – durch die intelligente Steuerung von Wärme-, Sicherheits- oder Lichtsystemen sicherer, einfacher und umweltfreundlicher zu machen. Auch unsere Mobilität wird sich mit dem massiven Anstieg von Elektrofahrzeugen und dem Einsatz von Technologien zum autonomen Fahren nachhaltiger, bequemer und sicherer gestalten.

Die Leistungselektronik ist ein Schlüssel für Energieeffizienz. Welche Chancen haben österreichische Entwicklungen auf den internationalen Märkten?

Innovationen sind eine wesentliche Erfolgsgrundlage für den Technologiestandort Österreich, aber sie müssen auch am globalen Markt wettbewerbsfähig sein. In der Leistungselektronik verfügt Infineon Austria über diese global führenden Kompetenzen. Mit dem Resultat, dass der Infineon- Konzern seit über einem Jahrzehnt die Weltmarkt- und Technologieführerschaft bei Leistungs- halbleitern hält. In Villach entwickelte, produzierte und vermarktete Energiesparchips steuern in acht der zehn meistverkauften Elektroautos den Antrieb und sorgen in 50 % der Server weltweit für eine effiziente Stromwandlung.

Die Digitalisierung ist ein dynamischer und branchenübergreifender Prozess. Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Partnern wie Universitäten, Forschungseinrichtungen oder Start- ups im Innovationsprozess für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen?

Die Digitalisierung bietet erstmals seit langer Zeit wieder eine echte Chance auf Wettbewerbs­ vorteile für Europa, weil das Know-how zum entscheidenden Faktor wird. Daher ist es für Unter- nehmen wesentlich, ihre Innovationsfähigkeit im Rahmen von strategischen Partnerschaften und Forschungsnetzwerken im In- und Ausland laufend zu stärken. Dabei spielt die Kooperation mit allen Partnern des Innovationssystems eine wichtige Rolle. So koordiniert Infineon seit Jahren federführend EU-Forschungsinitiativen zur Stärkung von Europas Position in der Entwicklung und Fertigung innovativer Mikroelektronik.

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Für den Inhalt verantwortlich Klima- und Energiefonds Stand: Oktober 2018

Zitate und Interviews spiegeln die persönliche Meinung der Befragten wider. Wir haben diese Broschüre mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt und die Daten überprüft. Rundungs-, Satz- oder Druckfehler können wir dennoch nicht aus- schließen.

Redaktion, Projektmanagement, Gestaltung, Produktion Projektfabrik Waldhör KG Am Hof 13/7, 1010 Wien, Österreich www.projektfabrik.at

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Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens. gugler*print, Melk, UWZ-Nr. 609, www.gugler.at

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