Les Espaces Électroacoustiques II Masterpieces of Electroacoustic Music – Presented in 5.1 Surround and Stereo
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Les Espaces music Électroacoustiques II Masterpieces of electroacoustic music – presented in 5.1 surround and stereo EDITOR’S NOTE Die Idee, bedeutende elektroakustische Kompositionen des 20. Jahrhunderts in ihrer Aufführungspraxis zu erforschen und auf dieser Basis eine Neuinter- pretation in 5.1.-Mischung anzufertigen, hat Wellen geschlagen. Sie entstand am Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) der Zürcher Hoch- schule der Künste und fand ihren Niederschlag in der Doppel-SACD Les Espaces Électroacoustiques I. — Mit diesem Album erscheinen nun weitere Meilensteine elektroakustischer Musik in adäquater und informierter Wiedergabe: von Luigi Nonos erster Studioarbeit über die Produktion serieller elektronischer Klänge, die Gottfried Michael Koenig bereits 1955 im WDR-Studio Köln realisierte, bis hin zu Karheinz Stockhausens Stück Kontakte, einem frühen Beispiel gelungener Zwiesprache zwischen Instrumenten und Elektronik sowie Luciano Berios Altra Voce, eine Art Nachhall zur »azione musicale« Cronaca del Luogo, 1999 uraufgeführt bei den Salzburger Festspielen. 2 The idea of studying performance practice aspects of important 20th century electroacoustic compositions, and using this as the basis for the production of a new interpretation in 5.1 surround sound, has created quite a stir. It origina- ted at the Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) at the Zurich University of the Arts, and found its expression in the double SACD Les Espaces Électroacoustiques I. — This album now brings us further milestones of electro- acoustic music in appropriate and informed renditions: from Luigi Nono’s first studio work, to the production of serial electronic sounds, which Gottfried Michael Koenig carried out at the WDR studio in Cologne as early as 1955, and on to Karlheinz Stockhausen’s piece Kontakte, an early example of successful dialogue between instruments and electronics, as well as Luciano Berio’s Altra Voce, a kind of echo of the “azione musicale” Cronaca del Luogo, which premiered at the Salzburg Festival in 1999. 3 Les Espaces Électroacoustiques II Masterpieces of electroacoustic music – presented in 5.1 surround and stereo Disc I 01 Luigi Nono Omaggio a Emilio Vedova (1960) for 4-channel tape 04:59 02 Luigi Nono La fabbrica illuminata (1964) for female voice and tape [4-channel] Texts by workers of the Italsider foundry, Genoa, from union contracts, and by Giuliano Scabia and Cesare Pavese (from »Due poesie a T« for the finale) 17:02 03 Luigi Nono A floresta é jovem e cheja de vida (1965 – 1966) for soprano, three actors’ voices, B flat clarinet, [copper] plates (five players) and two 4-channel tapes Texts from poems by Cesare Pavese and other documents, compiled by Giovanni Pirelli Surround mix by Veniero Rizzardi and Alvise Vidolin 40:26 04 Luciano Berio Altra voce (1999) for alto flute, mezzo-soprano and live electronics [6-channel] Text by Talia Pecker Berio 14:30 total time 76:59 4 Disc II 01 Gottfried Michael Koenig Klangfiguren II (1955 – 1956) Electronic composition, 4-channel 10:23 02 Karlheinz Stockhausen Kontakte (1958 – 1960) for electronic sounds, piano and percussion [4-channel] 34:47 03 Gottfried Michael Koenig Terminus X (1967) Electronic composition [2-channel] 5.1 mix of Kees Tazelaar’s 8-channel version 11:43 total time 56:55 5 Musicians Sarah Maria Sun, soprano (I, 02) Liliana Poli, Kadigia Bove, Elena Vicini and Berto Troni, voice (I, 03) William O. Smith, clarinet (I, 03) Monica Bacelli, mezzo-soprano (I, 04) Michele Marasco, alto flute (I, 04) Francesco Giomi, Damiano Meacci and Kilian Schwoon, live electronics (I, 04) Johannes Herrmann, piano (II, 02) Lucía Carro Veiga, percussion (II, 02) Kees Tazelaar, sound projection (II, 03) Carlos Hidalgo, sound projection (II, 02) Germán Toro Pérez, sound projection (I,02) and artistic direction Florian Bogner, recording (I, 02), mix (I, 01, 02, 03 st., 04; II, 01, 02) and mastering Leandro Gianini, recording (II, 02) 6 ARTIST’S NOTES Les Espaces Électroacoustiques II Von Germán Toro Pérez Die vorliegende Doppel-SACD ist eine Ergänzung zur 2016 ebenfalls bei col legno erschienenen Veröffentlichung Les espaces électroacoustiques, Masterpieces of elec- troacoustic music presented in 5.1 surround and stereo. Auch auf diesem Album prä- sentieren wir eine Auswahl von historisch bedeutsamen Werken mit Elektronik, die ursprünglich für Mehrkanalformate konzpiert wurden und hier zum ersten Mal in Surround zugänglich gemacht werden. Eine wesentliche Motivation für dieses Projekt war das positive Echo auf die erste Ausgabe. Es belegt das große Interesse an dem Repertoire und das wachsende Bewusstsein der Notwendigkeit einer adäquaten und informierten Wiedergabe dieser Werke. Beide SACDs spiegeln die Schwerpunkte verschiedener Projekte zur Aufführungs- praxis elektroakustischer Musik wider, die seit 2012 am Institute for Computer Music and Sound Technology der Zürcher Hochschule der Künste realisiert wurden. Die vorliegende Publikation bildet den vorläufigen Abschluss der Auseinanderset- zung mit frühen Produktionen aus dem Studio di Fonologia della RAI di Milano und dem Studio für elektronische Musik des WDR in Köln sowie mit Werken von Kompo- nistInnen, die in den Sammlungen der Paul Sacher Stiftung in Basel vertreten sind. Die drei ausgewählten Werke Luigi Nonos dokumentieren die weite Entwicklung seines formal-räumlichen Denkens innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne (1960 – 66) und exemplifizieren die verschiedenen Herausforderungen, die sich 8 heutigen Interpreten stellen. Im Fall von Omaggio a Emilio Vedova, Nonos erster Studioproduktion, betrifft dies zunächst die Frage nach dem Format selbst. -Ob wohl das Aufführungsmaterial heute vom Verlag im 4-Spur-Format vertrieben wird, sind sich Experten uneinig, ob dieses auch ursprünglich intendiert war. Die anfangs der 1960er-Jahre eingeführten 4-Kanal-Tonbandmaschinen wurden auch bei Mono-Stücken in der Montagephase eingesetzt. Werke wie Omaggio a Emilio Vedova waren zunächst für eine Rundfunkausstrahlung in mono vorgesehen. Die in konzertanten Aufführungen erfahrbare Räumlichkeit ist aus heutiger Sicht dennoch ein gewichtiges Argument für die Verwendung des 4-Kanal-Bandes; die dynamische Raumverteilung betont die inhärente Beweglichkeit der auf Kleinschnitten basierenden Faktur und trägt zur Transparenz der mitunter durch- aus dichten, geräuschhaften Textur bei. Der Unterschied kann im Vergleich der Mehrkanal-Abmischung in 5.1. (4 Kanäle ohne center) und der Stereoversion (2 × mono) direkt nachvollzogen werden. Die Frage des Formates ist bei La fabbrica illuminata hingegen eindeutig. Die interpretatorische Herausforderung liegt vielmehr in der Ausgestaltung eines Dialogs zwischen der Solistin und dem Tonband. Die Disposition für Sopran und 4-Kanal-Tonband bildet die formale Grundlage des Stückes. Der Gegenüber- stellung der Solistin und einer Klangumgebung, die zwischen der Darstellung kollektiver Erfahrung (Stimmen und Lärm in der Fabrik und in der Stadt) und der Zerbrechlichkeit des individuellen Daseins wechselt, kann nur eine räumlich umgebende Klangprojektion gerecht werden. Erst dadurch kann das Werk seine Materialität und seine dramatische Kraft vollkommen entfalten; man hört die metallischen Geräusche der Fabrik im Raum, die Härte und Rohheit der Werk- 9 ARTIST’S NOTES zeuge und der Stimmen, spürt die Körperlichkeit der arbeitenden Menschen, imaginiert den Rauch und die Dämpfe. Die grosse dynamische Bandbreite zwi- schen vierfachem piano und dreifachem forte (in Nonos eigener Transkription des Bandes für Klangregiezwecke sogar als bis zu achtfaches forte angegeben) unterstreicht dies. Diese autografische »Klangregie-Partitur«, die sich im Besitz des Archivio Luigi Nono in Venedig befindet, sowie die von Luca Cossetini her- ausgegebene kritische Edition (Ricordi 2010) bilden die Grundlage für die hier präsentierte Interpretation.1 In A floresta é jovem e cheja de vida für Sopran, drei Schauspielerstimmen, B-Klari- nette, [Kupfer-] Platten und zwei 4-Kanal-Tonbänder, ausgehend von Gedichten von Cesare Pavese und anderen, durch Giovanni Pirelli zusammengestellten Texten, geht Nono in mancherlei Hinsicht deutlich weiter. Mit der Verdoppe- lung von Kanälen und einer spezifischen Anordnung von Lautsprechern für Tonbänder und Live-Verstärkung lotet er zusätzliche räumliche Konstellationen aus. SchauspielerInnen und MusikerInnen nehmen weitere Positionen im Raum ein und fügen sich in ein klanglich und semantisch differenziertes Netzwerk ein. In engem Dialog mit der Sopranistin Liliana Poli, den SchauspielerInnen Kadigia Bove, Elena Vicini und Berto Troni und dem Klarinettisten William O. Smith entwickelte Nono dann ein Theaterprojekt, von dem es aufgrund des partizipativen Entstehungsprozesses keine Gesamtpartitur geben konnte; es existierten lediglich zahlreiche Teilmaterialien, Notationen und in der Erin- nerung der Beteiligten gespeicherte Aktionen und Abläufe. In den elf Teilen, »eleven moments of the anti-imperialist struggle«,2 wurden Livestimmen mit weiteren Materialschichten räumlich verwoben. Darunter befinden sich Auf- 10 nahmen der Live-VokalperformerInnen und anderen Schauspielerinnen (Franca Piacentini und Enrica Minini), Aufnahmen mit SchauspielerInnen des »Living Theatre«, elektronische Klänge sowie live gespielte und elektroakustisch verar- beitete Klarinetten- und Kupferplattenklänge. Die hier präsentierte, von Veniero Rizzardi und Alvise Vidolin realiserte Surround-Abmischung ist das Ergebnis eines Rekonstruktionsprozesses. Er beruht auf vier Tondokumenten: den