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Banner waren zugelassen beim Geisterspiel Foto: KS-MediaNET Jubeln ins Nichts Das Spiel AS Rom – geriet per Publikumsverbot zur Farce.

n der gefürchteten „Curva Sud“, laufen sich mit den Ordnern vielleicht Kinder den symbolischen Ball und ver- dort, wo sonst bei jedem Heimspiel 250 Menschen im Stadion) schütteln schwinden alsbald in den Katakomben. Ider Roma trojanische Schlachtgesän- ab und an den Kopf, weil sie kein Ver- Aber spätestens mit Spielbeginn merkt ge die Arena erbeben lassen, herrscht ständnis entwickeln für dieses bizarre jeder, wie sehr auch die angeblich so gähnende Leere. Auf der Gegengera- Schauspiel, das ihnen dieser eigentlich abgezockten Fußballpro s auf eine an- den, der „Curva Tevere“, stehen 19 wohlig-warme 3. November 2004 in der gemessene Umgebung angewiesen sind. gelangweilte Stewards der UEFA und italienischen Hauptstadt bietet. Es ist keine Hilfe, dass nun jedes Kom- „bewachen“ die zumeist weinroten Verantwortlich für die triste Kulis- mando ankommt auf dem Platz: „Ran Transparente der einheimischen Fans. se ist ein Münzwurf aus dem Spiel der an den Mann“, schreit Keeper Hans- „Semper Forza Roma“, steht auf einem. Roma gegen Dynamo Kiew. Als Schieds- Jörg Butt permanent – die Leverkuse- Immer sind sie sonst da, nur heute wird richter Anders Frisk beim Stand von 0:1 ner Pro s sind insgesamt lauter. Aber ihnen der Eintritt verwehrt. Allein auf in die Kabine schreiten wollte, traf ihn das Niveau passt sich der trostlosen der Haupttribüne des „Stadio Olim- ein Feuerzeug an der Schläfe. Oder eine Atmosphäre an: Kaum Chancen, kaum pico“, das normalerweise 73.000 Zu- Münze. Jedenfalls etwas Hartes, das hinreißende Zweikämpfe, die Minuten schauer fasst, sind von Zeit zu Zeit ein von der Haupttribüne ge ogen kam. verrinnen ereignisarm und zäh. „Das paar Worte zu vernehmen. Denn auch Der Schwede brach blutüberströmt zu- Spiel hat keine Zuschauer verdient“, die wenigen, die hineingelangten in sammen, das Spiel wurde abgebrochen sagt WDR-Reporter Armin Lehmann ins diese mächtige Schüssel – Vereinsver- und mit 3:0 für Kiew gewertet. Und die Mikrofon. Er hat Recht: Alle Dribblings antwortliche, Betreuer, Spieler, Trai- UEFA beschloss, zur Strafe die beiden und Flanken unter diesem Reagenzglas, ner, Journalisten –, sind beeindruckt restlichen Gruppenspiele gegen Le- diese Erkenntnis reift schnell, sind eine von der eigenartigen Atmosphäre vor verkusen und Real Madrid vor leeren Farce. Die Reaktionen von den Rängen, dem Champions League-Vorrunden- Rängen statt nden zu lassen. die wütenden Gesänge, die enttäuschten spiel zwischen dem AS Rom und Bay- Die Rituale werden dennoch durchge- Gesichter, das infernalische Anwachsen er Leverkusen. Es herrscht Schweigen, zogen. Die wunderschöne Vereinshym- des Geräuschpegels just in dem Mo- als die Mannschaften zum Aufwärmen ne der Roma wird gespielt, genauso die ment, in welchem sich eine gefährliche einlaufen. Die meisten der 150 of ziell Erkennungsmelodie für die Champions Torchance bietet – all das, was ein Fuß- zugelassenen Personen (insgesamt ver- League. Am Mittelkreis schwenken die ballspiel ausmacht, ist nicht da.

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Passwort geknackt… Foto: joggeli.ch Basel Internes FCZ-Forum: Basels Fans lasen mit

Beim Gastspiel des FC Basel im Let- zigrund des FC Zürich erschien im Gä- steblock zunächst ein ungewöhnliches Transparent. Was sich hinter der Web- Adresse verbarg, war der geheime Zugang Kulturhopping statt Champions League Foto: Leverkusen zu einem szeneinternen Forum der FCZ- Anhänger. Denen, die dort ihre Beiträge Kurz vor dem Halbzeitp ff eine Dass der europäische Fußballver- hinterlassen hatten, war schon jetzt klar: Ahnung von einem Fangesang. Rund band die of zielle Protestnote des Ver- Die Fans aus Basel haben mitgelesen. 300 Fans der Roma haben es bis kurz eins beantwortet oder gar die betreffen- Damit nicht genug. Während des Spiels vors Stadion geschafft, aber die hohe den Fans entschädigt, glaubt Paffrath wurden nach und nach Zitate aus dem Betonwand schluckt den Schall. Zwei- nicht: „Bisher hat die UEFA sich noch Forum per Spruchband vorgetragen – ins- mal zünden sie Chinaböller in die Stille nicht gemeldet“, sagt er, „denen sind gesamt ein gutes Dutzend –, vollgepackt hinein, teilweise zucken dann sogar die wir Fans sowieso egal“. Schade,  ndet mit Interna aus der FCZ-Szene, möglichst Spieler zusammen – nach 20 Minuten er, „aber so ist das“. entlarvend, aber allesamt zur öffentlichen sind die Tifosi wieder weg. Kurz vor dem Ende des Spiels er- Enthüllung im Stadionrund freigegeben. Die 60 Leverkusen-Fans (darunter wacht das Spiel aus dem Koma. In Es stellt sich die Frage, wie die Basel- 30 Ultras), die trotz der Aussperrung Minute 72 springt Totti mit dem Stol- Fans sich den Zugang verschafft haben: nach Rom gekommen sind, weil sie len voran auf Ramelow, der ihn vor- „Es ist weder ein öffentliches Forum, früh einen Billig ug und Hotel gebucht her foulte. Die Leverkusener Betreuer noch irgendwo auf einer Homepage ver- hatten, sitzen derweil in einer der römi- springen auf und protestieren, aber der linkt. Wie das Forum dann geknackt wur- schen Tavernen und schauen sich das portugiesische Schiedsrichter Batista de, bleibt szeneintern“, sagt Andreas Spiel im Fernsehen an. „In den Knei- gibt nur gelb – für beide. Zehn Minuten Thommen, einer der führenden Köpfe der pen gab es keine Zwischenfälle“, sagt darauf lupft Berbatov zuerst den Ball Szene Basel. Die Zürcher Fans reagier- Andreas Paffrath, „bis auf die Blasen, über Dellas, dann über Keeper Zotti. ten entsprechend überrascht. „Es hat die sich die Jungs beim Kulturhopping Und nach diesem Treffer, der so gar sie getroffen“, so Thommen weiter, „die während des Tages geholt haben“. Ei- nicht in diese 90 Minuten passen will, Stimmung in deren Blöcken schien mir nige der rot-schwarz gewandeten An- laufen er und Babic Richtung Eckfah- schon sehr gedämpft zu sein. Wir haben hänger hatten es um 16:30 Uhr probiert, ne und jubeln gemeinsam ins Nichts. sie ‚gedisst‘.“ zumindest in die Nähe des weiträumig Allerdings: Berbatovs Tor, so virtuos abgesperrten Stadions am Nordrand es war, wird im Fußball-Almanach als der Stadt zu gelangen. Die Ordner Teil der Statistik verschwinden. Weil hatten sie – freundlich, aber bestimmt keiner dem Bulgaren zuschaute, außer – zurückgewiesen. kalten Kameras. Und was ist die Mona Die klinisch reine Atmosphäre ragt Lisa, wenn sie keiner betrachtet? Das sogar hinüber bis an den Rhein, in die exakt nämlich ist die Essenz aus diesem Bayarena. Dort verfolgen 562 Fans Abend: Das Gesamtkunstwerk Fußball das Spiel auf einer riesigen Leinwand, gerät ohne die Begeisterung und Hin- „aber die Stimmung war gedrückt, viel gabe der Fans zu einem profanen Akt. schlechter als noch während der EM“, Es fehlt die Weihe, es fehlt die Dichte. sagt Paffrath. Diejenigen der 127 Fans, Wie sagte es Trainer Klaus Augenthaler die sich vor der Absage für eine Reise nach diesem erbärmlichen Kick? „Da gemeldet hatten und nun in der Bay- sieht man, dass die Spieler auch für die arena sind, bekommen freies Essen und Zuschauer spielen und nicht nur für die freies Trinken. Kohle.“ ��Erik Eggers …und aus dem Forum zitiert Foto: joggeli.ch

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