Notizen Zur Ökologie Einer Population Von Zygaena Transalpina (Esper, 1803) Im Feuchtbereich (Lepidoptera: Zygaenidae)
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Nachr. entomol. Ver. Apollo, N. F. 22 (4): 193–196 (2002) 193 Notizen zur Ökologie einer Population von Zygaena transalpina (Esper, 1803) im Feuchtbereich (Lepidoptera: Zygaenidae) Wolfgang Wagner Wolfgang Wagner, Anton-Hohl-Straße 21a, D-87758 Kronburg, E-Mail: [email protected] Zusammenfassung: Zygaena transalpina (Esper, 1803) ist alles Fabaceae) gefressen. Hofmann (in Ebert 1994: 295) in ihren beiden mitteleuropäischen Stämmen hippocrepidis zitiert aber auch einen „Bodenständigkeitsnachweis“ aus und transalpina allgemein von trockenwarmen Habitaten dem Schwarzwald im Übergangsbereich zu einem Hoch- mit oft kalkreichem Untergrund bekannt. 2001 wurde vom Verfasser eine individuenreiche transalpinoide Population moor. Der Lebensbereich der Larvalstadien war allerdings im westbayerischen Voralpenland auf nassen und sauren unbekannt. Im Sommer 2001 konnte vom Verfasser im Kahlschlagsflächen im Fichtenforst anLotus uliginosus (Rau- schwäbischen Voralpenland südwestlich von Memmingen pen) und Cirsium palustre (Falter) beobachtet. Insbesondere (Bayern, 2–3km von der Grenze zu Baden-Württemberg) durch zahlreiche Funde von Präimaginalstadien kann eine ein individuenreiches Vorkommen auf Kahlschlags- und ökologische Charakterisierung der sich im Untersuchungs- Windwurfflächen in nassen und sauren Fichtenforsten gebiet invasiv verhaltenden Population erfolgen. am Sumpfhornklee (Lotus uliginosus Schkuhr 1796 [= L. pedunculatus Cav. 1793], Fabaceae) beobachtet werden. Notes on the ecology of a population of Zygaena transalpina (Esper, 1803) in a wet habitat Im folgenden soll die ökologische Einnischung der dor- (Lepidoptera: Zygaenidae) tigen, anscheinend sich invasiv verhaltenden Population Abstract: Both of the central european tribes hippocrepidis beleuchtet werden. and transalpina of Zygaena transalpina (Esper, 1803) are principally known from dry, warm and often calcarious loca- Das Untersuchungsgebiet lities. In 2001 an abundant transalpinoid population on wet and acidous clearings of a spruce forest was investigated by Das Fundgebiet liegt auf etwa 600–660mNN im bay- the author. The larvae feed there on Lotus uliginosus and risch-schwäbischen Voralpenland südwestlich von Mem- the moths on Cirsium palustre. An ecological characteriza- mingen zwischen Dickenreishausen und Kronburg. Das tion of this invasive population is carried out also through ziemlich ebene Waldgebiet besteht fast vollständig aus numerous records of preimaginal stages. Fichtenmonokulturen (Picea abies (L.) Karsten 1881, Pinaceae), die von den Stürmen der letzten Jahrzehnte Einleitung stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Deshalb wei- Das Hufeisenkleewidderchen (Zygaena transalpina) ist sen sie momentan ausgedehnte Lichtungen und Kahl- bisher in beiden Stämmen vor allem an Trockenstandor- schläge mit angepflanzten jungen Fichten, Schwarzerlen ten nachgewiesen worden (vergleiche Hofmann in Ebert (Alnus glutinosa (L.) Gaertner 1791, Betulaceae) und 1994: 292–295). So leben die Populationen des hippo- anderem auf. Die Waldwege werden von üppigen Bestän- crepidoiden Stammes (Glazialrefugium in SW-Europa) den mit Flatterbinse (Juncus effusus Linnaeus 1753, Jun- auf Kalktrockenrasen (beispielsweise Schwäbische Alb), caceae), Sumpfhornklee (Lotus uliginosus), Sumpfkratz- besonders an Säumen, etwa in Kontakt zum Wald, oder distel (Cirsium palustre (L.) Scopoli 1772, Asteraceae), Felshängen. Auch der transalpinoide Stamm (Glazialrefu- Waldengelwurz (Angelica sylvestris Linnaeus 1753, Apia- gium in Italien) ist von trockenen Magerwiesen bekannt, ceae) sowie einigen weiteren Pflanzen begleitet. In Rei- beispielsweise von Rheindämmen, Hängen im Kai- fenspuren und ähnlichen Eintiefungen bleibt das Regen- serstuhl, trockenen Weiden der Kalkalpen sowie trocke- wasser lange stehen. Weiterhin durchziehen einige Grä- nen Auwaldlichtungen von Alpenflüssen (zum Beispiel ben und kleinere Bäche das Gebiet, das in längeren Lech, Isar). In der Taxonomie der beiden Stämme Hitzeperioden oberflächlich aber stärker austrocknen wie auch des gesamten Superspezieskomplexes von kann. Neben diesem Feuchtcharakter ist der saure Unter- grund erwähnenswert. Typische Säurezeiger wie Heidel- Z. transalpina herrscht in der älteren Literatur ein beere (Vaccinium myrtillus Linnaeus 1753, Ericaceae), erhebliches Durcheinander (vergleiche beispielsweise Fingerhut (Digitalis purpurea Linnaeus 1753, Scrophu- Alberti 1956 oder Daniel 1954). Spätestens seit der lariaceae) oder Graue Segge (Carex canescens Linnaeus Untersuchung von Hille (1995) wird eine Zusammen- 1753, Cyperaceae) kommen zahlreich vor. Auch die fassung des hippocrepidoiden und des transalpinoiden Heuschreckenfauna besteht aus hygro- und mesophilen Stammes unter der Art Z. transalpina jedoch allgemein Arten wie Tetrix subulata (Linnaeus 1758) (Tetrigidae), akzeptiert. Chorthippus parallelus Zetterstedt 1821, C. montanus Raupennahrungspflanze ist besonders der Hufeisenklee (Charpentier 1825), Omocestus viridulus (Linnaeus 1758) (Hippocrepis comosa Linnaeus 1753), eine kalkstete (alles Acrididae), Tettigonia cantans (Fuessly 1775) Pflanze magerer Wiesen und Weiden. Daneben wird (Tettigoniidae) und anderen. Unter den Tagfaltern sind noch die Bunte Kronwicke (Coronilla varia Linnaeus Ochlodes sylvanus (Esper, 1777), Pyrgus malvae (Lin- 1753) und der Hornklee (Lotus corniculatus Linnaeus naeus, 1758) (beide Hesperiidae), Aporia crataegi (Lin- 1753; zum Beispiel am Oberrhein oder im Schwarzwald; naeus, 1758) (Pieridae), Boloria selene ([Denis & Schif- © Entomologischer Verein Apollo e. V., Frankfurt am Main 194 195 fermüller], 1775), Araschnia levana (Linnaeus, 1758), Gebiet vorkamen. Etwa 3⁄4 davon besuchten die Sumpf- Aphantopus hyperantus (Linnaeus, 1758) (alle Nym- kratzdistel (Cirsium palustre), während sich das letzte phalidae) sowie einige mehr vertreten. In der Umge- Viertel auf Ackerkratzdistel (Cirsium arvense (L.) Sco- bung des Fichtenforstes finden sich vor allem Gülle-In- poli 1772), Vogelwicke (Vicia cracca Linnaeus 1753, Faba- tensivwiesen, einige kleine Flachmoorreste (mit Glau- ceae) sowie an einer Stelle Waldwitwenblume (Knautia copsyche (Maculinea) alcon ([Denis & Schiffermüller], dipsacifolia Kreutzer 1840, Dipsacaceae) und Blutweide- 1775) [Lycaenidae], Boloria eunomia (Esper, 1799) [Nym- rich (Lythrum salicaria Linnaeus 1753, Lythraceae) (alles phalidae], Zygaena trifolii (Esper, 1793) [Zygaenidae]) Pflanzen mit violetten Blüten) verteilten. Die meisten und im äußersten Norden des Gebietes ein im höher- Falter waren frisch, nur einige ♂♂ bereits abgeflogen. Die gelegenen Bereich trockener stillgelegter Bahndamm sechs Flecken der Vorderflügel waren — wie typisch mit Zygaena ephialtes (Linnaeus, 1767) (Zygaenidae; beim transalpinoiden Stamm — deutlich getrennt und trockene Dammkrone) und Aricia eumedon (Esper, 1780) neigten nicht zur Konfluenz. Am 23.vii. 2001 wurden (Lycaenidae; feuchter Dammfuß). Zygaena transalpina noch 39 Falter gezählt, wobei jetzt die ♀♀ in der Überzahl konnte in dem Gebiet bereits Anfang der 90er Jahre waren. Auf großen, sonnigen Lichtungen, wo die Art (beispielsweise Mitte Juli 1993) in geringer Anzahl als am 14.vii. 2001 häufig war, konnten deutlich weniger Falter auf den kleinflächigen Lichtungen festgestellt wer- Falter beobachtet werden. An kühler-schattigeren Stellen den. Damals kamen dort auch noch Z. filipendulae (Lin- schien dagegen jetzt die Hauptflugzeit zu sein. naeus, 1758) und Z. lonicerae (Scheven, 1777) vor. 2001 Hier gelang eine Eiablagebeobachtung. Ein ♀ fiel durch fehlte von beiden jede Spur. Auf den Windwurfflächen seinen langsamen, schwirrenden und etwas torkelnden konnte kein einziges Fünffleckwidderchen beobachtet Flug auf, der sich deutlich vom schnelleren und höher werden. Zygaena trifolii findet sich hingegen nach wie über dem Boden erfolgendenden gewöhnlichen Nah- vor auf Flachmooren (Raupen- und Falterfunde 2001). rungsflug unterschied. Auf der nur drei Meter breiten Ökologische Einnischung der Population Flur zwischen etwa 20jähriger Fichtenkultur und Weg landete das Tier vormittags gegen 11h MESZ an zahlrei- Aufgrund des Fundes eines ♂ an Cirsium palustre Ende chen Stellen (Gräser, andere Pflanzen), um nach kurzem Juni 2000 wurde im Sommer 2001 nach Raupen gesucht Umherlaufen wieder abzufliegen. Dabei setzte es sich und das ganze Waldgebiet auf das Vorkommen der Art mehrmals auf die einzige Fabaceae Lotus uliginosus, wo es überprüft. Am 28.vi. 2001 konnten neben 18 Kokons seine Erregung durch abwechselndes Tippen der Anten- noch 11 erwachsene Raupen im Gebiet der Abbildung 1 nen auf das Blatt zeigte. Doch da sich die Blätter zu stark gefunden werden, von denen abends bei sonnigem Wet- durchbogen, fand es wohl keinen geeigneten Ablageplatz. ter fünf an Sumpfhornklee fraßen und sechs an Stengeln Nach insgesamt etwa acht Minuten hängte sich der Falter der Flatterbinse ruhten. Sie waren transalpinoid gezeich- schließlich in etwa 25cm Höhe frei unter ein breites Blatt net mit deutlicher Rückenlinie, insgesamt aber etwas des Grases Calamagrostis epigejos (L.) Roth 1788 (Poaceae) mehr cremefarben und nicht so gelb wie etwa Z. transal- und legte einen Eispiegel mit 28 Eiern ab (Abb. 3). pina aus den Südalpen. Ähnlich sind viele Raupen aus den Allgäuer Nordalpen (Hindelang, eigene Beobachtun- Kopulae waren auf den Windwurfflächen ebenfalls zu gen), so daß trotz des starken Vorherrschens transalpi- beobachten, so am 14.vii. 2001 und am 23.vii. 2001. noider Merkmale ein hippocrepidoider Einfluß vermutet Eine Paarung fand am Kokon des frisch geschlüpften ♀ werden muß. Diese