Veronika Eberle Violine Oliver Schnyder Klavier
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VERONIKA EBERLE VIOLINE OLIVER SCHNYDER KLAVIER Abo: Solisten III – »Junge Wilde« In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handy- klingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis! 2,50 E 4I5 Franz Schubert FRANZ SCHUBERT (1797 – 1828) Sonate für Violine und Klavier A-Dur D 574 (1817) Allegro moderato Scherzo. Presto – Trio Andantino Allegro vivace CLAUDE DEBUSSy (1862 – 1918) Sonate für Violine und Klavier g-moll (1917) Allegro vivo Intermède. Fantasque et léger Finale. Très animé – Pause ca. 19.45 Uhr – ROBERT Schumann (1810 – 1856) Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 d-moll op. 121 (1851) Ziemlich langsam. Kurz und energisch – Lebhaft Sehr lebhaft Leise, einfach Bewegt – Ende ca. 20.50 Uhr – Einführung mit Ulrich Schardt um 18.15 Uhr im Komponistenfoyer Nach dem Konzert: »meet the artist!« im Backstage-Bereich 6I7 PROGRAMM 8I9 KURZ VOR DEM KONZERT kerndem Charme; wahrlich wienerisch mit viel Schmäh wirkt das Trio mit kühner Harmonik. INDIVIDUELLE ENTWÜRFE DER VIOLINSONATENKUNST Auch das folgende Andantino steht im 3/4-Takt. Elegant präsentiert die Violine das Thema, es folgt eine »Szene am Bach« von zartester Lyrik. So hat bis dato kein Komponist Instrumen- Schubert, Debussy und Schumann – ein kammermusikalischer Gemischtwarenladen? Bei näherem talkammermusik komponiert, liedhaft gedacht und doch von instrumentaler Abstraktion. Der Hinhören findet sich Einendes wie Trennendes. Schuberts feine melodische Faktur, seine Trans- melodiöse Einfallsreichtum in kürzesten Zeiteinheiten und die gestische Klarheit sind Stil be- parenz, seine Tanzsätze sind Debussy näher, als man zunächst denken könnte. Dieser arbeitet stimmend für dieses zarte Satzgemälde. Der letzte Satz ist der dritte Satz in Folge im 3/4-Takt. ebenfalls mit einer brillanten Konzentration auf die für ihn wesentlichen Mittel: Durchsichtigkeit Schubert schafft aber wiederum einen ganz eigenen Tanzcharakter. Die hochfahrende Motivik und verdichtete Motivik. Natürlich bleibt Robert Schumann ein Sonderfall der deutschen Roman- erinnert an das vorhergehende Andantino. Der Dialog zwischen Klavier und Geige ist souverän tik und doch eint ihn mit den beiden anderen Komponisten des Abends der konsequente Fokus und gleichrangig. Jedes Instrument darf präsentieren, um dann wieder zu begleiten. auf einen Parameter. Bei Schumann ist es die Verarbeitung knappsten motivischen Materials. Der Kern muss reichen, um den musikalischen Dialog zu befeuern. Im Grunde ist es ein Abend des Reichtums durch die Maxime »weniger ist mehr«: Schuberts scheinbar einfache Liedhaf- KURZ UND GUT tigkeit, Debussys »Kompositionsdestillerie« und Schumanns Themenverzicht, der allerdings zu CLAUDE DEBUSSY SONATE FÜR VIOLINE UND KLAVIER G-MOLL einer umfangreichen Verarbeitung führt. Die Violinsonate ist Claude Debussys letztes größeres Werk, das er ein Jahr vor seinem Tod komponiert und mit dem Geiger Gaston Poulet noch am 5. Mai 1917 in Paris uraufgeführt LYRIK UND TANZ hat. Der Uraufführung war ein großer Erfolg beschieden, gleichwohl der Kompositionspro- FRANZ SCHUBERT SONATE FÜR VIOLINE UND KLAVIER A-DUR D 574 zess in eine Zeit von Krebserkrankung und erstem Weltkrieg fällt. Debussy schreibt dazu in einem Brief: »Diese Sonate wird aus dokumentarischen Gründen interessant sein und ein Das Jahr 1817 bringt in Schuberts Leben einige wesentliche Veränderungen. Sein erstes Beispiel dafür, was ein kranker Mann während eine Krieges schreiben kann.« In einem wei- bezahltes Auftragswerk, die Kantate »Prometheus«, ist erfolgreich und motiviert den Kom- teren Schreiben merkt der Komponist an: »Einer vielleicht ganz natürlichen Selbstspaltung ponisten, sein Lehramt aufzugeben, das Elternhaus zu verlassen und in die Wiener Innen- zufolge ist sie voller Leben, fast fröhlich.« Die dreisätzige Sonate wird von einem Allegro stadt umzuziehen. Den Kompositionsunterricht bei Salieri beendet Schubert schließlich vivo eröffnet, dessen Charakter allerdings weniger Lebendigkeit denn Musik aus der Stille auch. Seine fünfte Sinfonie ist komponiert, Anregungen bekommt Franz Schubert von Ros- heraus darstellt. Geheimnisvolle Klavierakkorde stehen im Raum. Die Violine sucht sich sinis Operntruppe, die in Wien gastiert. Das umfangreiche Liedschaffen bringt Blüten wie tastend ihren Weg, entwirft ein lapidares Thema – schlicht schön. Debussy bearbeitet sein ›Der Tod und das Mädchen‹ und ›Der Wanderer‹ hervor. Material wie eine Skulptur, detailliert und präzise. Nur rätselhaft lassen sich die verschie- denen Elemente als Ganzes erkennen. Die A-Dur-Sonate ist ein im Grundcharakter heiteres bis nachdenkliches Werk – ein ty- pischer Schubert. In ihrer selbstbewusst und sicher beherrschten viersätzigen Anlage mit sehr Geniehaft verspielt erklingt der zweite Satz. Die Melodien sind klar und übersichtlich geord- individueller Satzfolge und -dimensionierung ist sie eine kompositorische Innovation für das net. Mal scheinen musikalische Kobolde der Moderne miteinander zu spielen und zu spre- Jahr 1817. Der erste Satz hat mit elf Minuten Spieldauer beinahe Schumann’sche Ausmaße, chen. Dann scheint ein Seidenpapierboot auf einem Seerosenteich zu gleiten. Der Klaviersatz die folgenden drei Sätze leben alle von stark individualisierten und kunstvollen Tanzcharak- ist fast schon Satie, die Violine beinahe mehr Kolorit als bestimmend. Debussy berichtet teren. Ein wahrhaft typischer Beginn mit wiegendem Klaviersatz und einschmeichelnd ein- zu diesem Satz von der Uraufführung: »Man verlangte eine Wiederholung des Intermezzos, steigender Violine eröffnet die Sonate. Nur Franz Schubert kann mit solch selbstbewusster was ich aber um der Einheit der Komposition willen nachdrücklich verweigerte: Wir mussten Selbstverständlichkeit die Violine ein Lied von scheinbar schlichter Schönheit zum Sonaten- also die Sonate wiederholen.« anfang intonieren lassen. Für das Kompositionsjahr 1817 ist diese Sonate mit ihrem groß dimensionierten ersten Satz vollkommen neuartig. Von unbezähmbarer Tanzdynamik ist der Debussy erweist sich als Kammermusikkomponist, der Klavier und Geige nicht nur gleich- zweite Satz mit kühn abreißender Motivik in Beethoven’scher Stringenz und doch augenzwin- rangige Partien zuerkennt, sondern vor allem für akustische Aufgeräumtheit sorgt. Niemals 10I11 WERKE herrscht Dominanz des Klaviers, obschon der Klaviersatz selbstbewusst gesetzt ist. De- Leipzig. Die erste Privataufführung spielt im November 1851 der in Düsseldorf lebende David- bussys Musik überzeugt durch die intellektuelle Beherrschung kompositorischer Mittel Schüler Wilhelm Joseph von Wasielewski, ebenfalls mit Schumanns Ehefrau am Klavier. Ein und Prozesse, ohne jemals kühl, erstarrt oder gar akademisch zu wirken. Im Finale lässt weiterer Schüler Ferdinand Davids, Joseph Joachim, der auch für Johannes Brahms Inspirati- Debussy die Violine ein Perpetuum mobile von wirkungsvoll und nur scheinbar schlichten onsquelle für dessen Violinwerke sein sollte, ist Widmungsträger von Violinkonzert und Fantasie. Tonleitern abfeuern. Es folgt ein Abschnitt von purer Eleganz, bis das Klavier erneut die transparente Motorik anwirft. Die Geige bietet kurze aber effektvolle Motivketten an; das Kompromisslose Akkordschläge von Beethoven’scher Prägung stehen zu Beginn der mit Klavier sekundiert mit lapidaren Akkorden. Ein feines Gewirk lässt die Stimmen aufeinan- »Ziemlich langsam« überschriebenen Einleitung des ersten Satzes. Arios sucht die Kom- der zurasen und sich wieder voneinander entfernen. position den Absprung für den »Lebhaft«-Teil. Aus winzigen motivischen Keimzellen ent- wickelt Schumann groß dimensionierte Phrasen und Steigerungen. Im Kern fokussiert die Die Sonate ähnelt einem Gourmetmenü in drei Gängen: ein Konzentrat an fantastischer musikalische Idee sowohl der Violinstimme als auch des romantisch-selbstbewussten Kla- Handwerkskunst, die als solche kaum erkennbar ist. Alleine die Wirkung lässt vermuten, vierparts eine punktierte rhythmische Geste. Diese scheinbare Einfachheit der Idee dient wie meisterhaft Material, Technik und Verarbeitung zusammenspielen. Der bedeutendste immer wieder als Antriebsquelle der Komposition. Blockartig stehen geisterhafte Piano- zeitgenössische Komponist Frankreichs, Pierre Boulez, sagt über Debussys Sonatenwerk: Abschnitte neben auftrumpfender Romantik. Die Dimension dieses Eröffnungssatzes mit »An dieser letzten, ausschließlich kammermusikalischen Werkgruppe lässt sich ablesen, über zwölf Minuten Spieldauer ist erheblich und anspruchsvoll. Schumann verlangt von wie der Komponist sich um eine Kunst von schärferer Spannung, asketischer Haltung Geige und Klavier engste musikalische Verzahnung, damit die Monothematik nicht zur mu- bemüht, die auf unmittelbare Verzauberung verzichtet, aber von einem Reichtum der sikalischen Ermüdung führt. Inspiration ohnegleichen ist.« Ein dahinjagendes Scherzo im elegant bewegten 6/8-Takt setzt einen vitalen Kontrast und ist von thematischer Stringenz. Zwei Trios mit gegeneinander laufendem 6/8- und INstRUMENTALER DIALOG ÜBER WENIGE MOTIVE 2/4-Takt verfehlen ihre Wirkung ebenso wenig. Der dritte Satz bietet wiederum cha- ROBERT SCHUMANN SONATE FÜR VIOLINE UND KLAVIER NR. 2 D-MOLL OP. 121 rakteristisches Überraschungspotenzial. Das traurig tastende Choralthema – Verwandt- schaft zu Bachs »Aus tiefer Not schrei ich zu dir« ist zu hören – setzt sich aus getupften Robert Schumann, dessen 200. Geburtstag dieses Jahr gefeiert wird, schreibt in seiner letz- Klavierakkorden