Eingereicht von Gerhard Peter Weixelbaumer, B.A.

Angefertigt am Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte

Beurteiler / Beurteilerin Positionierung: Standort- Univ.-Prof. Dr. Marcus Gräser und Imagefaktor Kultur

Juli 2018 Die Schwerpunkte kommunaler Kulturpolitik der beiden Kulturhauptstädte Linz und seit den 1990er Jahren im Vergleich

Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts im Masterstudium Politische Bildung

JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument iden- tisch.

Ort, Datum

Unterschrift

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ……………………………………………………………………………..… 6 1.1 Vorwort ………………………………………………………………………………...…. 6 1.2 Forschungsfokus, Forschungsfragen und zentrale Hypothese …………..………... 6 1.3 Methodik und inhaltlicher Aufbau der Arbeit …………………………………….…… 7

2 Das kulturelle Profil zweier österreichischer Kulturhauptstädte …………...… 9 2.1 Prolog: Linz vs. Graz – zwei einführende Kurzporträts ……………………...…….. 9 2.1.1 Linz: Zentrum der digitalen Medienkunst ………………………………….…..… 10 2.1.2 Graz: Tradition trifft Moderne ……………………………………...……………… 11 2.2 Das Projekt Europäische Kulturhauptstadt ……………………….………………… 12 2.2.1 Die Projektidee …………………………………………….………….……………. 15 2.2.2 Das Prozedere ……………………………………………...……………………… 16 2.2.3 Der Titel Europäische Kulturhauptstadt ……………………………………….… 18 2.3 Die bisherigen österreichischen Projektteilnehmer ……………..………………..... 19 2.3.1 Ohne nationale Konkurrenz: Linz 2009 …………………………………….……. 19 2.3.2 Im dritten Anlauf: Graz 2003 …………………………………………..………….. 20 2.3.3 Der urbane Mega-Event Kulturhauptstadtjahr im direkten Vergleich …...... … 20 2.3.3.1 Die Bewerbung …………………………………………………………………. 20 2.3.3.2 Die Durchführung …………………………………………….……..…………. 24 2.3.3.3 Die Bewertung ……………………………………………………….…….…… 27 2.3.4 Nachhaltigkeit – was ist geblieben? ……………………………………………..… 33

3 Stadtentwicklung aus kultureller Perspektive ………………………………….... 37 3.1 Stadtentwicklung als Metadisziplin ………………………………….……………….. 37 3.2 Standort- und Imagefaktor Kultur ……………………………………………………. 38 3.2.1 Kultur als Wirtschaftsfaktor …………………………………….………………..... 38 3.2.2 Alleinstellungsmerkmale als Erfolgsfaktoren ………………………………..….. 40 3.2.2.1 Kulturelle Infrastruktur …………………………………………………..……... 40 3.2.2.2 Positionierung, Image und Städtewettbewerb ……………………..…...….. 41 3.2.2.3 Kultur- und Kreativwirtschaft …………………………………………..……… 42

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3.3 Kulturentwicklung am Beispiel der beiden Kulturhauptstädte Linz und Graz: ein historischer Rückblick in drei Etappen ………….………….…. 43 3.3.1 Die Zeit vor 1945 ………………………………………………….………..……… 43 3.3.2 Die Nachkriegszeit bis Ende der 1980er Jahre …………………………….…… 46 3.3.3 Die frühen 1990er Jahre bis heute ………………………………..……………… 50 3.4 Kommunale Kulturpolitik im Vergleich ………………………………………………. 55 3.4.1 Gremien städtischer Kulturpolitik ………………………………..…………..…… 55 3.4.2 Kulturentwicklungsplanung ……………………………………………...…….….. 56 3.4.2.1 Kulturentwicklungsplan am Beispiel Linz ……………………..…………...… 57 3.4.2.2 Dialogischer Prozess am Beispiel Graz ……………………………………... 58 3.4.3 Kulturfinanzierung und –förderung als Aufgabe der öffentlichen Hand …..…. 59 3.4.4 Ausgewählte Schwerpunkte kommunaler Kulturpolitik in Linz und Graz ………………………………………………………………...…….. 62

4 Hard- und Software: die kulturelle Infrastruktur ………………………..……… 63 4.1 Kulturelle Einrichtungen, Angebote und Sparten …………………………………. 63 4.2 Hardware: Investitionen in die bauliche Infrastruktur …………………………….... 63 4.3 Software: Programm- und Kulturangebot …………………………….…………..… 66 4.3.1 Im Zeichen der kulturellen Vielfalt ………………………………………………... 66 4.3.2 Festivals, Veranstaltungsreihen und Publikumsmagnete ……………………... 68

5 Inszenierung: die Akteurinnen und Akteure ……………………………….…..…. 72 5.1 Die Kulturmacherinnen und -macher …………………………………………..…… 72 5.1.1 Institutionelle Anbieter ………………………………………………….………….. 72 5.1.2 Freie Szene / Freischaffende Künstlerinnen und Künstler ……………………. 73 5.2 Die politischen Parteien …………………………………………………………...….. 76 5.3 Das Publikum: kulturelle Teilhabe großgeschrieben ……………………….....…….. 78

6 Im internationalen Rampenlicht: die Programmgestaltung des Kulturhauptstadtjahres …………………………………………………………..…... 80 6.1 Schwerpunktsetzung und Programmschienen ………………………………..…… 80 6.2 Ausgewählte Projekte ………………………………………………………….….…… 81 6.2.1 Linz: Labor der Zukunft …………………………………………………….……… 81 6.2.2 Graz: Schnittpunkt der Kulturen ……………………………………………...….. 82

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7 Wider die Verdrängung: die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ………...... 84 7.1 Linz: „Patenstadt des Führers“ ……………………………….……………….……… 84 7.2 Graz: „Stadt der Volkserhebung“ …………………………..………………….…….. 86 7.3 Die Verantwortung gegenüber der eigenen (Stadt-)Geschichte ……….……….... 88

8 In guter Gesellschaft: die Netzwerke und Kooperationen ……………...…….. 89 8.1 UNESCO Creative Cities Network ………………………………………………...… 89 8.1.1 Linz: City of Media Arts …………………………………….……………………… 89 8.1.2 Graz: City of Design ……………………………………………….……….……… 90 8.2 UNESCO Weltkulturerbe Graz ………………………………………..………….….. 90 8.3 Städtepartnerschaften ………………………………………………….……………... 91 8.4 Sonstige Projekte ……………………………………………...………………………. 92

9 Fazit – ein abschließender Vergleich ………………..…………………………… 93

10 Literaturverzeichnis …………………………….……………………………..……. 101

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1 Einleitung

1.1 Vorwort Linz und Graz haben vorweg zumindest eine Gemeinsamkeit: nämlich den Titel Kultur- hauptstadt Europas. Sie sind die bislang einzigen österreichischen Städte, die sich er- folgreich um die Durchführung dieses prestigeträchtigen, gesamteuropäischen Kultur- projektes beworben haben. Die Ausrichtung dieses kulturellen Mega-Events war für bei- de Landeshauptstädte der vorläufige Höhepunkt im Rahmen einer bemerkenswerten, eigenständigen und konsequent durchgeführten kulturellen Entwicklung. Linz und Graz haben sich vor allem in den letzten drei Jahrzehnten ein unverwechselbares Kulturprofil aufgebaut und erarbeitet. Kunst und Kultur haben heute einen zentralen Stellenwert und prägen das urbane Image der beiden Landeshauptstädte ganz entscheidend mit.

Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit den wichtigsten Schwerpunkten kom- munaler Kulturpolitik der beiden Kulturhauptstädte, analysiert diese und stellt einen un- mittelbaren Vergleich zwischen ihnen an. In Linz und Graz spielte in der jüngeren Ver- gangenheit gerade eine durch kulturelle Impulse stimulierte Stadtentwicklung eine wich- tige Rolle für die aktuelle und zukünftige, nationale und internationale Positionierung der beiden Kommunen. Es hat hier in den letzten Jahrzehnten ein bemerkenswerter Image- wandel - nicht zuletzt auch durch die Austragung des Europäischen Kulturhauptstadtjah- res - stattgefunden. Linz und Graz, die lange Zeit im kulturellen Schatten von Wien und Salzburg gestanden sind, haben sich innerhalb relativ kurzer Zeit zu modernen, dynami- schen und weltoffenen Städten weiterentwickelt, in denen Kunst und Kultur nicht nur eine bedeutende Rolle spielen, sondern auch mittlerweile das urbane Image entschei- dend mitprägen.

1.2 Forschungsfokus, Forschungsfragen und zentrale Hypothese Im Forschungsfokus stehen die jeweilige kommunale Kulturpolitik der beiden Landes- hauptstädte der letzten 30 Jahre sowie deren Beitrag zur Stadtentwicklung im direkten Vergleich. Die zentrale Hypothese der Masterarbeit lautet: Die Standortfaktoren Kunst und Kultur haben seit den 1990er Jahren grundsätzlich und maßgeblich die Stadtent- wicklung von Linz und Graz mitgeprägt und beeinflusst. Dies ist allerdings auf unter- schiedliche Art und Weise und in unterschiedlicher Intensität erfolgt. Diese Hypothese, 6

dass nämlich zum einen die kulturellen Aktivitäten in diesen beiden Städten für die je- weilige Stadtentwicklung eine große Rolle gespielt haben und zum anderen, dass allfäl- lige Transformationsprozesse in Linz und Graz unterschiedlich verlaufen sind und der damit verbundene Imagewandel entsprechend auch unterschiedlich stark ausgefallen ist, gilt es im Rahmen dieser Arbeit zu belegen.

Ausgehend von der Hypothese lassen sich nachfolgend angeführte Forschungsfragen, die in den einzelnen Kapiteln entsprechend abgearbeitet werden, ableiten: Welche Be- deutung haben Kunst und Kultur für die Standorte Linz und Graz und deren kommunale Stadtentwicklung? Was waren kulturelle Meilensteine und Schwerpunkte, was entschei- dende Bestandteile städtischer Kulturpolitik? Welche Rolle spielte dabei eine regionale Schwerpunktsetzung, z.B. digitale Medienkunst in Linz oder Design und Kreativwirt- schaft in Graz? Welche Bedeutung hatte ganz generell das Europäische Kulturhaupt- stadtjahr bezüglich der kulturellen Neuausrichtung? Welchen Stellenwert spielte die NS- Vergangenheit der beiden Städte und wie wurde diese im Endeffekt aufgearbeitet? Ha- ben Leitbilder und Planungsinstrumente wie z.B. ein Kulturentwicklungsplan maßgeblich zur kulturellen Neupositionierung beigetragen? Welche Akteurinnen und Akteure präg- ten die kommunale Kulturpolitik in Linz und Graz? Gibt es eine signifikante Symbiose von Industrie, Gewerbe, Kreativwirtschaft und Kultur? Wie hat sich die kulturelle Infra- struktur in der Vergangenheit entwickelt und welche Bedeutung spielte der Standortfak- tor Kultur für die Wettbewerbsfähigkeit? All diesen Fragen wird im Rahmen der Master- arbeit nachgegangen.

1.3 Methodik und inhaltlicher Aufbau der Arbeit Methodisch handelt es sich um eine Literaturarbeit. Neben der Verwendung von Sekun- därliteratur wurde im Rahmen der Recherchearbeit vor allem aber auch auf zahlreiche Primärquellen und Originaldokumente, wie beispielsweise Behördenschriftstücke unter- schiedlicher Ebenen (Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Europäischer Rat, Bundeskanzleramt, Magistratsabteilungen), Gemeinderatsprotokolle, Kontrollbe- richte des Landes- bzw. Stadtrechnungshofes, in Auftrag gegebenen Untersuchungen und Analysen, Evaluierungen, Dokumente der Stadtverwaltungen, aber auch auf Medi- enberichte und Pressekonferenzen zurückgegriffen.

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Inhaltlich setzt sich die Arbeit im Hauptteil mit den drei großen Themenblöcken Kultur- profil und Kulturhauptstadtjahr, Stadtentwicklung aus kultureller Perspektive sowie den ausgewählten Schwerpunkten kommunaler Kulturpolitik auseinander. Einführend wer- den in Kapitel 2 die beiden österreichischen Kulturhauptstädte kurz porträtiert und erst- malig einander gegenübergestellt. Im Anschluss daran wird das Projekt Europäische Kulturhauptstadt näher vorgestellt, welches für beide Städte einen Meilenstein in ihrer jeweiligen kulturellen Entwicklung darstellte. Es kommt zu einem Vergleich der beiden österreichischen Teilnehmer in den einzelnen Projektphasen Bewerbung, Durchführung und Bewertung. Die Überprüfung der Nachhaltigkeit des Projekts Kulturhauptstadtjahr schließt das Kapitel ab. Kapitel 3 untersucht die Bedeutung der Stadtentwicklung aus kultureller Perspektive. Im ersten Teil geht es um Themen wie Stadtentwicklung und -planung, um die Bedeutung von Kultur als Wirtschaftsfaktor, um Alleinstellungsmerkma- le, Image, Positionierung, den Städtewettbewerb oder den Begriff der Kultur- und Krea- tivwirtschaft. Der zweite Teil setzt sich anschließend in Form einer historischen Rück- blende mit der kulturellen Entwicklung der beiden Landeshauptstädte näher auseinan- der. Das Kapitel endet mit einer Betrachtung einiger Teilbereiche der kommunalen Kul- turpolitik wie der Instrumente der Kulturentwicklungsplanung, den städtischen Gremien und der Kulturförderung).

In den fünf Folgekapiteln (Kapitel 4 - 8) geht es um ausgewählte Themenschwerpunkte kommunaler Kulturpolitik. Kapitel 4 hat die kulturelle Infrastruktur von Linz und Graz zum Inhalt. Sowohl die Hardware, d.h. die getätigten Investitionen in die bauliche Infrastruk- tur, als auch die Software, d.h. die Bespielung, das Programmangebot in Form von Fes- tivals und Veranstaltungen, werden dabei näher untersucht. Im Folgekapitel geht es um die Kulturmacher, d.h. die Akteurinnen und Akteure, aber auch um den Kulturkonsum. Kapitel 6 beschäftigt sich mit der Programmgestaltung des jeweiligen Kulturhauptstadt- jahres, da diese viel über das kulturelle Selbstverständnis einer Bewerberstadt aussa- gen kann. So hat beispielsweise Linz bei der Programmerstellung große Bedeutung der Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit beigemessen. Kapitel 7 beschäftigt sich explizit mit diesem Thema. Gerade wenn man sich mit der Gegenwart und Zukunft be- schäftigt, ist es wichtig sich auch mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das Kapital 8 untersucht schließlich die Städtenetzwerke und Kooperationen von Linz und Graz. Im abschließenden Fazit wird nochmals auf die eingangs aufgestellte Hypo- these eingegangen und ein abschließender Vergleich zwischen Linz und Graz gezogen.

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2 Das kulturelle Profil zweier österreichischer Kulturhauptstädte

2.1 Prolog: Linz vs. Graz – zwei einführende Kurzporträts Kunst und Kultur haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einem sehr wichtigen Faktor kommunaler Politik entwickelt und stellen mittlerweile einen enormen Mehrwert für den urbanen Raum dar. Sie prägen entscheidend das jeweilige Stadtimage mit, sind wichtige Standortfaktoren und dienen im unmittelbaren Wettbewerb untereinander die eigene Unverwechselbarkeit sowie die standorttypischen Alleinstellungsmerkmale erfolgswirk- sam herauszuarbeiten.1 Gerade für mittelgroße Städte, die vorrangig als Standorte für Gewerbe, Industrie und Dienstleistungen gelten, hat die Kultur als indirekt wirkender Wirtschaftsfaktor entscheidend an Bedeutung gewonnen. Die entsprechende Kulturpoli- tik der betroffenen Kommunen sowie die dadurch entstandene Kunst- und Kulturszene sind wesentliche Voraussetzungen für einen nachhaltigen Erfolg.2

Bei den beiden österreichischen Landeshauptstädten, die in der jüngeren Vergangenheit vor allem aufgrund ihrer Kulturpolitik reüssiert haben und dabei aus dem lange vorhan- denen Schatten der beiden Kulturstädte Wien und Salzburg herausgetreten sind, han- delt es sich um Linz und Graz. Beide haben zumindest vorab eine Gemeinsamkeit: Sie tragen jeweils den Titel Europäische Kulturhauptstadt. Spätestens seit der Ausrichtung dieses Mega-Events ist es den Verantwortlichen gelungen, ihre Städte nicht nur ins na- tionale, sondern auch ins internationale Rampenlicht zu rücken.

Noch in den 1970er Jahren war gerade der Ruf der oberösterreichischen Landeshaupt- stadt doch ein eher enden wollender. Linz war damals eine Industrie-, eine Stahlstadt ohne jeden Glanz, geografisch irgendwo zwischen Salzburg und Wien situiert. Aber auch Graz war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die strahlende Kulturmetropole. Sie ver- fügte allerdings bereits über das Forum Stadtpark bzw. den steirischen herbst als kultu- relle Aushängeschilder und arbeitete konsequent an einem moderneren Ruf.3

1 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008): Der Mehrwert von Kunst und Kultur für den städtischen Raum. LIquA – Linzer Institut für qualitative Analysen. Wien. S. 9. 2 Vgl. Österreichischer Städtebund (2008). S. 35. 3 Vgl. Winkler, Wolfgang (2011): Graz – Linz. In: Luger, Klaus, Mayr, Johann (Hrsg.) (2011): Stadtgesellschaft. Werte und Positionen. Linz. S. 911. 9

2.1.1 Linz: Zentrum der digitalen Medienkunst Die erste urkundliche Erwähnung von Linz reicht auf das Jahr 799 zurück, aber bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. befand sich an dieser Stelle ein römisches Kastell namens Lentia. Für die kurze Zeit von 1489 bis 1493 war Linz sogar als Residenzstadt von Kai- ser Friedrich III. die Hauptstadt des „Heiligen Römischen Reiches“. Bis ins 20. Jahrhun- dert war Linz eine eher unbedeutende, gewerblich-industrielle geprägte Provinzstadt, ehe sie Adolf Hitler zur „Patenstadt des Führers“ machte. Nach 1945 stieg die nunmeh- rige Industriestadt Linz rasch zum zweitgrößten Wirtschaftszentrum Österreichs auf.4

Ab Mitte der 1970er Jahre versuchte sich Linz nicht nur als Industrie-, sondern zusätz- lich auch vermehrt als Kulturstadt zu positionieren. Mit der Eröffnung des Brucknerhau- ses 1974 setzte ein diesbezüglicher Imagewandel ein. Neue, international renommierte Festivals wie das Brucknerfest, die Klangwolke oder das Festival Ars Electronica präg- ten in der Folge das kulturelle Bild von Linz. Ab den 1990er Jahren verstärkten sich die Bemühungen um eine Neupositionierung. Indizien für diese Entwicklung waren bei- spielsweise die Ausrichtung des Europäischen Kulturmonats 1998, der 2000 im Linzer Gemeinderat beschlossene Kulturentwicklungsplan sowie letztendlich die Durchführung der Europäischen Kulturhauptstadt 2009.5 Einer der erklärten Schwerpunkte im ersten Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz war der Bereich Technologie und Neue Medien. Im Mittelpunkt stehen dabei bis heute das Ars Electronica Festival bzw. das Ars Electro- nica Center als Flaggschiff.6 Auch der ECOTEC-Abschlussbericht an die Europäische Kommission anlässlich der externen Evaluierung von Linz09 weist auf diese Schwer- punktsetzung explizit hin und spricht diesbezüglich von einem „particular focus on mo- dern, contemporary and digital/electronic arts and media“7.

Der ehemalige Kulturdirektor der Stadt Linz, Siegbert Janko, unterstreicht ebenfalls die Bedeutung der digitalen Medienkunst, vor allem die Vorreiterrolle durch das Ars Electro- nica Festival, das seit beinahe vier Jahrzehnten eine herausfordernde Auseinanderset- zung mit Zukunftstechnologien und -visionen bietet. Dieses Festival habe gemeinsam

4 Vgl. Magistrat Linz (2018h): Die Linzer Stadtgeschichte. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/geschichte/de/geschichte.asp, aufgerufen am 1. 4. 2018. 5 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008a): Linz 2009. Kultur- hauptstadt Europas. Endbericht der Lehrveranstaltung KS Projektmanagement und IK Projektbegleitung. Winterse- mester 2007/08. Linz. S. 7. 6 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008): Kultur für alle. End- bericht der Lehrveranstaltung KS Projektmanagement und IK Projektbegleitung. Sommersemester 2008. Linz. S. 51 f. 7 ECOTEC Research and Consulting (2010): Ex-Post Evaluation of 2009 European Capitals of Culture. Final Report to DG Education und Culture oft he European Commission. Birmingham. P. iv. 10

mit dem Prix Ars Electronica und der in Linz ansässigen Kulturszene ein entscheidendes Klima der Innovation geschaffen, an der auch Wirtschaft und Industrie partizipieren wür- den. Insgesamt sei mit Prix Ars Electronica, Ars Electronica Festival, Ars Electronica Center sowie dem angeschlossenen Futurelab ein international einzigartiges Kompe- tenzzentrum für neue Medien und neue Technologie entstanden. Durch die Vernetzung dieser Kompetenzen und Ressourcen würde ein enormer Mehrwert für den Großraum Linz entstehen.8 Das kulturelle Feld der Stadt Linz ist überaus mannigfaltig und umfasst u.a. die Bereiche Museen, Ausstellungshäuser und Galerien (u.a. Lentos, Ars Electroni- ca, Nordico, Schlossmuseum, Landesgalerie oder OK Offenes Kulturhaus Oberöster- reich), Theater und Tanz (Landestheater mit Musiktheater, Schauspielhaus und Kam- merspielen, Theater Phönix oder Theater des Kindes), Musik (, Posthof, Stadtwerkstatt, Musikschule etc.), Festivals und Großveranstaltungen (Brucknerfest, Klangwolken, Festival Ars Electronica, Crossing Europe, Pflasterspektakel etc.), Film und Kino, Literatur, Foto, Neue Medien (Ars Electronica, Future Lab des AEC, Prix Ars Electronica), oder die Freie Szene.9

2.1.2 Graz: Tradition trifft Moderne Graz schien urkundlich erstmals im Jahr 1128 auf, erste Siedlungen rund um den Schlossberg dürften aber vermutlich in das 9. Jahrhundert zurückgehen. Kaiser Fried- rich III. verbrachte allerdings einen Großteil seiner Regierungszeit nicht in Linz, sondern in Graz, das er vor allem städtebaulich prägte. 1619 zog der Grazer Hof allerdings gänz- lich nach Wien, was das Ende von Graz als Residenzstadt bedeutete. In den folgenden Jahrhunderten wurde Graz zu einem Bollwerk des „Heiligen Römischen Reiches“ vor allem gegen die Gefahr aus dem Südosten ausgebaut und galt lange Zeit als ein Schmelztiegel der Kulturen.10

Nach dem Krieg gelang es der Grazer Kulturpolitik ab den 1960er Jahren den Wider- spruch zwischen Tradition auf der einen und Avantgarde auf der anderen Seite zu ver- binden. 1959 wurde das Forum Stadtpark als eine erste Anlaufstelle für zeitgenössische Kultur gegründet. 1963 folgte das ebenfalls zeitgenössische Kunstformat trigon und

8 Vgl. Janko, Siegbert (2011): Linz – Von der Stahlstadt zur modernen Industrie- und Kulturstadt. In: Luger, Klaus, Mayr, Johann (Hrsg.) (2011): Stadtgesellschaft. Werte und Positionen. Linz. S. 435. 9 Vgl. Österreichischer Städtebund (2008). S. 93 – 110. 10 Vgl. Magistrat Graz (2018k): Kleine Stadtgeschichte. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10034480/7773129/Kleine_Stadtgeschichte.html, aufgerufen am 1. 4. 2018. 11

1968 setzte man mit dem Beginn des steirischen herbstes ein starkes Zeichen für das kulturelle Leben von Graz. Zu Beginn der 1990er Jahre wurde Kultur vermehrt auch als wirtschaftlicher Faktor gesehen. Zum steirischen herbst kamen neue Formate und Events wie die styriarte, La Strada oder das Festival des österreichischen Films Diago- nale.11 Im Zentrum des von Graz 1993 ausgerichteten Europäischen Kulturmonats stand die Rolle der Stadt als Brücke nach Südosteuropa. Auf der Basis dieses Konzepts wurde schließlich auch die Bewerbung für die Kulturhauptstadt Europas forciert, wäh- rend zeitgleich in Linz und Salzburg Kulturentwicklungspläne ausgearbeitet wurden. 1999 wurde die Altstadt von Graz zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.12 2003 folgte schließlich das lang erwartete Kulturhauptstadtjahr. Im für die Europäische Kommission erstellten Palmer/Rai-Associates-Bericht 2004 wurde Graz u.a. als eine eher konser- vative Stadt beschrieben, die allerdings im Laufe der letzten 50 Jahre zu einem Zentrum innovativer Kultur avanciert sei. Im Evaluationsbericht ist man auch kurz auf das Ver- hältnis von Graz zu den Kulturstädten Wien und Salzburg eingegangen und hat dabei konstatiert, dass Graz diesbezüglich lange Zeit an einer Art „minority complex“ gelitten habe.13

Das kulturelle Feld der Stadt Graz ist - ähnlich wie das der Stadt Linz - sehr umfangreich und beinhaltet u.a. die Bereiche Museen, Ausstellungshäuser und Galerien (u.a. Lan- desmuseum Joanneum, Kunsthaus Graz, Stadtmuseum Graz oder Kindermuseum Fri- da&FreD), Theater (Theaterholding Graz/Steiermark mit Opernhaus, Schauspielhaus und Jugendtheater), Festspiele und Festivals (steirischer herbst, styriarte, La Strada, Diagonale etc.), Musik und Konzertsäle, Film und Kino, Literatur, Foto, Medienkunst und Kulturzentren.14

2.2 Das Projekt Europäische Kulturhauptstadt Im Rahmen ihrer Kulturpolitik verfolgt die Europäische Union u.a. die Förderung kulturel- ler Vielfalt um dadurch die Entwicklung einer solidarischen Gesellschaft weiter voranzu- treiben. Der interkulturelle Dialog zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten soll langfris-

11 Vgl. Mösinger, Tanja (2010): Graz: Kulturhauptstadt 2003 – (2010): Eine Analyse aus der Sicht der Nachhaltigkeit. Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz. Graz. S. 37 f. 12 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007): Das kulturelle Profil der Stadt Graz. Wien. S. 20. 13 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004): European Cities and Capitals of Culture – City Reports. Study prepared for the European Commission. Part II. Brussels. P. 336. 14 Vgl. Österreichischer Städtebund (2008). S 133 – 138. 12

tig eine Verbesserung der Lebensbedingungen mit sich bringen.15 In Artikel 151(1) des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union in seiner konsolidierten Fassung von 1997 (EGV) heißt es: „Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.“16

In den weiteren fünf Absätzen des Artikels 151 EGV wird u.a. festgehalten, dass es Auf- gabe der Europäischen Gemeinschaft, der für den Kulturbereich zuständigen Organisa- tionen sowie der Mitgliedsstaaten ist, die Zusammenarbeit der einzelnen Staaten in den Bereichen der Weitergabe von Kultur und Geschichte, des Schutzes kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung, literarisches und künstlerisches Schaffen sowie des nicht- kommerziellen Kulturaustausches zu fördern und zu unterstützen.17 Der Artikel 151 EGV legt darin die grundsätzlichen Handlungsvorschriften und Tätigkeitsbereiche der Europä- ischen Union fest, einen erklärenden Kulturbegriff in Form einer Legaldefinition enthält er allerdings nicht.18

Eines der prägnantesten und wirkungsvollsten kulturpolitischen Programme der Europä- ischen Union ist die Initiative Europäische Kulturhauptstadt. Seit ihrem Bestehen haben bereits zahlreiche europäische Städte unterschiedlicher Größenordnung diesen Mega- Event für eine erfolgreiche kulturelle (und wirtschaftliche) Selbstpräsentation genutzt. Hitzler spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Euphemismus für den urba- nen Konkurrenzkampf, von einem Wettbewerb kultureller Projekte, die den austragen- den Städten dabei helfen sollen, ihre wirtschaftliche Attraktivität weiter zu steigern.19

Kulturelle Events dieser Größenordnung haben dabei sowohl nach innen, als auch nach außen gerichtete Ziele. Bei der Innenwirkung geht es dem Veranstalter primär darum die Attraktivität der Stadt für die eigenen Bewohnerinnen und Bewohner zu steigern, neue Infrastruktur und neue Angebote zu schaffen, die eigene Kultur zu erhalten und entspre- chend zu fördern. Weitere wichtige Punkte sind die eigene Stadtentwicklung und natür-

15 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz (2008a). S. 20. 16 Europäische Union (1997): Konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Luxemburg. S. 107. 17 Vgl. Europäische Union (1997). S. 108. 18 Vgl. Schuster, Julia (2009): Kulturraum EU: Das Projekt „Europäische Kulturhauptstadt“ als ein Weg zur Schaffung einer europäischen Identität. Eine rechtshistorische Darstellung. Diplomarbeit an der Karl-Franzen-Universität Graz. Graz. S. 20. 19 Vgl. Hitzler, Ronald (2011): Eventisierung. Drei Fallstudien zum marketingstrategischen Massenspaß. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 49. 13

lich auch die Realisierung entsprechend positiver wirtschaftlicher Effekte. Im Rahmen der Außenwirkung stehen u.a. die Steigerung der Besucherinnen- und Besucher- sowie der Nächtigungszahlen, die erhöhte Attraktivität für Touristinnen und Touristen, die Ver- besserung des Images sowie eine Steigerung des Bekanntheitsgrades der jeweiligen Kulturhauptstadt im Vordergrund.20

Der grundsätzliche Charakter des Projekts Europäische Kulturhauptstadt hat sich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte verändert. Standen anfangs strahlende, außergewöhn- liche Veranstaltungen und Festivals mit Glamour-Charakter im Vordergrund, so haben sich mittlerweile die Prioritäten der Veranstalter verschoben. Aktuell geht es den durch- führenden Städten eher um die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und Alleinstel- lungsmerkmalen, um eine Erhöhung des Images und einer Steigerung des Bekannt- heitsgrades, die Erweiterung der kulturellen Infrastruktur, um die Erreichung neuer Ziel- gruppen und Publikumsschichten oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft.21 Die Europäische Kommission nennt als aktuelle Beweg- gründe für eine Teilnahme an der Initiative, neben den bereits in Art. 151 EGV ausge- führten Punkten, auch die Bereiche Stadterneuerung, Profilstärkung und Imageverbes- serung und Tourismusbelebung.22

Trotz aller Unterschiedlichkeiten bei den einzelnen Kulturhauptstadtkonzepten gibt es interessanterweise eine Gemeinsamkeit aller zu entdecken: die jeweilige Selbstpositio- nierung in „der Mitte Europas“. Exemplarisch sind nachfolgend die beiden österreichi- schen Kulturhauptstädte angeführt. Graz hat sich beispielsweise mit dem Hinweis be- worben, dass die Stadt seit Jahrhunderten am Schnittpunkt europäischer Kulturen liegt und in der Linzer Bewerbung ist nachzulesen, dass die oberösterreichische Landes- hauptstadt, situiert im Herzen des europäischen Donauraums, im Schnittpunkt seiner Ost-West- und Nord-Süd-Achsen Kreuzung und Brücke zugleich sei.23

20 Vgl. Mösinger (2010). S. 44 ff. 21 Vgl. Beier, Nikolaj, Scheytt, Oliver (2010): Begreifen – Gestalten – Bewegen – Die Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010. In: Volke, Christina (Hrsg.) (2010): Intervention Kultur. Von der Kraft kulturellen Handelns. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 45. 22 Vgl. European Commission (2018): Kulturhauptstädte Europas. Quelle in Internet: URL: https://ec.europa.eu/programmes/creative-europe/actions/capitals-culture_de, aufgerufen am 3. 4. 2018. 23 Vgl. Schuster (2009). S. 75. 14

2.2.1 Die Projektidee Ausgehend von der ursprünglichen Idee die europäische Integration über die rein politi- schen Strukturen hinaus verfestigen zu wollen, wurde Mitte der 1980er Jahre mit der Kulturhauptstadt ein neues Instrument europäischer Kulturpolitik geschaffen. Am 13. Juni 1985 beschloss der Rat der EU auf Vorschlag der damaligen griechischen Kul- turministerin Melina Mercouri die Umsetzung dieses Projektes und beauftrage Athen mit der erstmaligen Durchführung. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Titel Kulturhaupt- stadt Europas (European Capital of Culture) offiziell auf Empfehlung der Europäischen Kommission durch den Europäischen Rat alljährlich verliehen.24 Während ursprünglich immer nur eine Stadt durch die jeweiligen Mitgliedsstaaten und nach der Bestätigung durch eine Jury auserwählt wurde, gilt seit 2007 diesbezüglich ein geänderter Modus. Um die neueren Mitgliedsstaaten ebenfalls rasch einbinden zu können, wurden seit diesem Zeitpunkt immer zwei Kulturhauptstädte – jeweils eine aus einem alten und ei- nem neuen Mitgliedsstaat – ernannt. Es ist allerdings geplant ab 2019 wieder zur ur- sprünglichen Regelung mit nur einer Kulturhauptstadt zurückzukehren. Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, können in diesem Fall dann zusätzlich Kultur- hauptstädte nennen.25

Am Anfang der Geschichte der Kulturhauptstadt Europas waren es die großen, klassi- schen Kulturmetropolen wie Athen, Florenz, Amsterdam, Berlin oder Paris, die die Auf- gabe übernahmen die Grundidee dieses Europaprojekts umzusetzen und zu etablieren. Danach setzte allerdings rasch ein Paradigmenwechsel ein. Bereits 1990 gab es mit Glasgow einen nicht zu den traditionellen Kulturgroßstädten gehörenden Vertreter, der das Kulturhauptstadtjahr erfolgreich dazu nutzte, das Image der eigenen Stadt zu ver- bessern und den Bekanntheitsgrad langfristig zu erhöhen. Zusätzlich rückte die Kultur als europäischer Identitätsfaktor, spätestens mit der Ablehnung der EU-Verfassung 2005, wieder vermehrt in den Mittelpunkt allgemeinen Interesses und die Kulturhaupt- stadt-Idee gewann weiter an Bedeutung.26

In der aktuellen Ausschreibung des Bundeskanzleramtes für die nächste österreichische Bewerbung 2024 werden als allgemeine Ziele der Aktion Kulturhauptstadt Europas u.a. die Stärkung der europäischen Identität, die Erhöhung der Zustimmung zur europäi-

24 Vgl. Beier, Nikolaj, Scheytt, Oliver (2011): Kulturhauptstadt. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 150. 25 Vgl. Frenz, Walter (2011): Handbuch Europarecht. Band 6. Institutionen und Politiken. Berlin/Heidelberg. S. 1190. 26 Vgl. Beier, Scheytt (2011): S. 151. 15

schen Integration, die Förderung der Vielfalt der Kulturen, aber auch der Beitrag der Kul- tur zur Förderung der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Städte, speziell auch auf urbaner, sozialer und wirtschaftlicher Ebene genannt.27 Einen wichtigen Punkt stellt auch die Nachhaltigkeit von Kulturhauptstädten aus der gesamteuropäischen Sicht dar. Es geht um die Notwendigkeit längerfristiger Wirkungen. Hier ist allerdings anzumerken, dass es sich um einmalige Events handelt. Die im Kulturhauptstadtjahr durchgeführten Aktionen können nicht alle auch zukünftig weitergeführt werden. Es finden sehr viele Veranstaltungen statt, denen keine Nachhaltigkeit attestiert werden kann.28 Nachhaltige Effekte finden sich beispielsweise im Bereich einer langfristigen Imageveränderung der durchführenden Stadt, bei der Weiterführung von erfolgreichen Projekten aus dem Kul- turhauptstadtjahr, bei neu angeeignetem Know-how oder im Ausbau der kulturellen Infrastruktur.29 Die Europäische Kommission empfiehlt in diesem Zusammenhang das Thema der Nachhaltigkeit bereits in einer frühen Planungsphase rechtzeitig zu berück- sichtigen, weil sich erfahrungsgemäß im Kulturhauptstadtjahr selbst bzw. unmittelbar davor kaum die notwendige Zeit dafür findet.30

2.2.2. Das Prozedere Das Projekt Kulturhauptstadt Europas umfasst im Wesentlichen die vier Phasen Bewer- bung, Vorbereitung, Durchführung sowie die entsprechende Nachbereitung. Schluss- punkt des knapp zweijährigen Auswahlprozesses ist die Nominierungsempfehlung einer Jury unabhängiger Expertinnen und Experten. Diese Entscheidung muss anschließend vier Jahre vor dem betreffenden Kulturhauptstadtjahr dem Europäischen Parlament, der Kommission, dem Rat sowie dem zuständigen Ausschuss der Regionen mit der ent- sprechenden Begründung mitgeteilt werden.31 Am Anfang des Entscheidungsprozesses steht für potentielle Bewerber das Abwägen allfälliger Vor- bzw. Nachteile einer Bewer- bung an. Das Kulturhauptstadtjahr kann einerseits enorme kulturelle, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben, auf der anderen Seite ist eine Bewerbung auch mit einer Vielzahl an Risiken verbunden. Die Europäische Kommission empfiehlt daher bereits im

27 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich, Kunst und Kultur (o. A.): Ausschreibung zur Einreichung von Bewerbungen für die EU-Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ für das Jahr 2024 in Österreich. Wien. S. 1. 28 Vgl. Siebel, Walter (2011): Stadtpolitik mittels großer Ereignisse. In: Betz, Gregor, Hitzler, Roland, Pfadenhauer, Michaela (Hrsg.) (2011): Urbane Events. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 64. 29 Vgl. Schachl, Sandra (2015): Was blieb von Linz09? Die Nachhaltigkeit von „Linz Kulturhauptstadt Europas 2009“. Diplomarbeit an der Johannes Kepler Universität Linz. St. Georgen/Gusen. S. 33. 30 Vgl. European Commission (2017): Compendium of Recommendations from ex-post Evaluations of European Capi- tals of Culture 2007 – 2015. Brussels. P. 13. 31 Vgl. Beier, Scheytt (2011). S. 151 f. 16

Vorfeld abzuklären, ob eine Stadt über die dafür notwendigen Kapazitäten und Potentia- le verfügt und ob auch die Bereitschaft da ist, sich ausreichend in Richtung Europa zu öffnen.32

Die Kommission legt weiters potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern die Beachtung einiger entscheidender Schlüsselfaktoren nahe, wie etwa eine ausreichende Mindest- größe, die eine entsprechende finanzielle und personelle Leistungsfähigkeit der Stadt garantiert, eine kreative, zukunftsorientierte Programmplanung im europäischen Sinn oder die Vermeidung eines rein am Tourismus orientierten Projektes.33 Ein ganz zentra- ler Punkt im Rahmen einer Bewerbung ist auch die Beachtung der europäischen Di- mension. Damit soll sichergestellt werden, dass es sich bei der Kulturhauptstadt Euro- pas nicht um eine rein nationale oder regionale Veranstaltung, sondern um ein internati- onales Programm handelt. Diese europäische Dimension soll sowohl auf die Bewohne- rinnen und Bewohner als auch auf das internationale Publikum ausgerichtet sein. Für die Bewerberstadt bedeutet dies die Verknüpfung eines lokalen Kontexts mit dem großen gesamteuropäischen Rahmen.34

Eine weitere zentrale Frage ist die Finanzierung. Hier ist grundsätzlich festzustellen, dass die Höhe der einzelnen Budgets in der Vergangenheit teilweise sehr stark variiert hat. Die Kosten (ohne Infrastrukturinvestitionen) für die Kulturhauptstadtprogramme schwankten zwischen 20 und über 100 Millionen Euro. Die Einnahmen setzen sich da- bei aus Zuschüssen der öffentlichen Hand wie Kommunen, Regionen, Bundesländer bzw. Bund, EU-Programmen sowie Finanzmittel aus dem privaten Sektor und sonstigen Einnahmen wie etwa Ticketverkauf, Merchandising oder Crowdfunding zusammen.35

Die Vergabekriterien für die Bewerbungs-Bewertung sind in insgesamt sechs Kategorien unterteilt. Der „Beitrag zur Langzeitstrategie“ befasst sich etwa mit dem Vorhandensein einer Kulturstrategie oder Plänen zur Erhöhung der Effizienz im Kultur- und Kreativbe- reich, die Kategorie „Europäische Dimension“ zielt auf die kulturelle Vielfalt Europas ab, bei den „Kulturellen und künstlerischen Inhalten“ geht es um ein stimmiges Kulturpro- gramm und die Einbeziehung regionaler Kulturschaffender. Weitere Vergabekriterien

32 Vgl. Europäische Kommission, Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur (2014): Kulturhauptstädte Euro- pas. 2020 bis 2033. Leitfaden für Städte, die sich um den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ bewerben möchten. Brüs- sel. S. 6 f. 33 Vgl. Europäische Kommission (2014). S. 11 ff. 34 Vgl. Europäische Kommission (2014). S. 20 f. 35 Vgl. Europäische Kommission (2014). S 24 f. 17

sind die Umsetzungsfähigkeit, die Errichtung einer Betreibergesellschaft sowie eine ent- sprechende Verwaltung, die sich um die reibungslose Umsetzung kümmert.36 Die for- melle Ernennung erfolgt vier Jahr vor dem tatsächlichen Start und soll eine ausreichen- de Vorlaufzeit für die Planung gewährleisten. Ein von der Europäischen Kommission unterstützter Ausschuss steht ab diesem Zeitpunkt dem Veranstalter mit Empfehlungen und Ratschlägen zur Verfügung.37

Nach Abschluss des Kulturhauptstadtjahres ist eine externe, unabhängige durch die Kommission veranlasste Evaluierung des Projekts vorgesehen. In der Vergangenheit wurde dabei schon festgestellt, dass die Veranstaltung Kulturhauptstadt Europas gene- rell bezüglich der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung, der Medienresonanz und der Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner der jeweiligen Städte positive Aus- wirkungen hat. Gleichzeitig wurde aber auch festgehalten, dass die Maßnahmen – ge- rade auch in Hinblick auf ihre Langfristigkeit – weiter fortlaufen zu verbessern sind.38

2.2.3 Der Titel Europäische Kulturhauptstadt Dieser Titel hat einerseits einen direkten, unmittelbaren Mehrwert, der sich anhand der entsprechenden Umsatz-, Wertschöpfungs- und Beschäftigungszahlen relativ leicht quantifizieren lässt. Andererseits bringt der Titel natürlich auch qualitative Vorteile wie etwa eine erhöhte Lebensqualität oder positive Auswirkungen im Image- oder Kompe- tenzbereich mit sich. Langfristig kann es durch den Bau einer zusätzlichen kulturellen Infrastruktur, durch die Schaffung einer neuen urbanen Identität oder einen entspre- chenden Imagegewinn zu einer Neupositionierung der jeweiligen Stadt kommen.39 Wie bereits erwähnt, kamen ab den 1990er Jahren vermehrt kleinere, nicht so bekannte Städte zum Zug. Die Verleihung des Titels war ab diesem Zeitpunkt plötzlich weniger repräsentativ, sondern nun mehr eher strategisch zu verstehen, da diese Kommunen häufig noch keine Kulturhauptstädte waren, sondern es erst werden wollten. Es ging plötzlich darum über den Faktor Kultur Stadtentwicklung zu betreiben, das alte Image abzulegen und einen Transformationsprozess einzuleiten, an dessen Ende eine Neupo- sitionierung stehen sollte. Prisching nennt in diesem Zusammenhang u.a. auch Linz

36 Vgl. Bundeskanzleramt Österreich (o. A.). 4 f. 37 Vgl. European Commission (2018). 38 Vgl. Europäisches Parlament (2006): Beschluss Nr. 1622/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhaupt- stadt Europas“ für die Jahre 2007 bis 2019. Brüssel. S. 1. 39 Vgl. Johannes Kepler Universität (2008a). S. 13. 18

2009, wo er diesen Wandlungsprozess weg vom alten Industriegebiet hin zur neuen, kulturell geprägten Kreativregion wahrgenommen hat.40 Auch Ulrich Fuchs, stellvertre- tender Intendant von Linz09 sieht in dem Titel Kulturhauptstadt Europas weniger eine Auszeichnung als vielmehr eine Art Stipendium für einen langfristigen Entwicklungspro- zess.41

2.3 Die bisherigen österreichischen Projektteilnehmer

2.3.1 Ohne nationale Konkurrenz: Linz 2009 Seit Mitte der 1970er Jahre gab es in Linz erste Versuche sich als Kulturstadt neu zu positionieren. Klare Anzeichen dafür waren 1974 die Eröffnung des Brucknerhauses sowie die Einführung international erfolgreicher Formate wie Brucknerfest, Festival Ars Electronica oder Linzer Klangwolke. Mitte der 1980er Jahre kam es zur Verstaatlichten- Krise, die Linz aufgrund ihrer Industrielastigkeit besonders schwer traf. Der geplante Imagewandel weg von der reinen Industrie-, hin zur Kulturstadt beschleunigte sich dadurch weiter. Ein Meilenstein innerhalb dieses Wandlungsprozesses in den 1990er Jahren war zweifelsohne die Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplanes.42

Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Kulturhauptstadt war schließlich die Ausrich- tung des Europäischen Kulturmonats im September 1998. Mehr als 2.000 Künstlerinnen und Künstler präsentierten in mehr als 30 Projekten ein zeitgenössisches Kulturpro- gramm und begeisterten damit mehr als 400.000 Besucherinnen und Besucher. Gleich- zeitig wurden damals auch schon die Weichen für eine Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas gestellt. Diese wurde im Juli 2004 im Linzer Gemeinderat beschlossen und im September 2005 wurde Linz offiziell seitens der Europäischen Union der Titel Kultur- hauptstadt Europas verliehen. Obwohl sich u.a. auch Salzburg, Innsbruck sowie St. Pöl- ten und Krems dafür interessiert hatten, war Linz im Endeffekt die einzige Stadt in Öster- reich, die eine Bewerbung eingereicht hatte.43

40 Vgl. Prisching, Manfred (2011): Die Kulturhauptstadt als Groß-Event. In: Betz, Gregor, Hitzler, Roland, Pfaden- hauer, Michaela (Hrsg.) (2011): Urbane Events. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 88 f. 41 Vgl. Fuchs, Ulrich (2006): Kultur als Motor der Stadtentwicklung. Linz soll Neues wagen und einen weiteren mutigen Schritt tun in seiner Entwicklung! Xing 05/06. Linz. S. 44. 42 Vgl. Schachl (2015). S. 46. 43 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010): Das war Linz09. Abschluss-Bericht 2005 – 2009. Linz. S. 4 f. 19

2.3.2 Im dritten Anlauf: Graz 2003 Im Gegensatz zu Linz, das im ersten Anlauf ohne nationalen Gegenkandidaten zur Kul- turhauptstadt gekürt wurde, war der Weg von Graz diesbezüglich ein etwas mühsame- rer. Es bedurfte insgesamt dreier Anläufe, ehe die steirische Landeshauptstadt mit der Ausrichtung betraut wurde. Bereits in den 1970er Jahren galt Graz als eine Art heimliche Hauptstadt der deutschsprachigen Literatur. Es gab die Dreiländer-Biennale trigion, den avantgardistischen steirischen herbst und die Stadt an der Mur hatte sich gerade auch kulturell zu einer Drehscheibe in Richtung Südosteuropa entwickelt.44

Erstmalig beworben hat sich Graz 1988 und wurde dabei schlussendlich mit der Durch- führung des Europäischen Kulturmonats im Jahr 1993 beauftragt. Bei der zweiten Be- werbung für das Jahr 1998 oder 1999 scheiterte man an Stockholm und Weimar. Von einer Bewerbung für das Milleniumsjahr, wo die Möglichkeit bestand als insgesamt zehnte Stadt dabei zu sein, sah man bewusst ab. 1998 war es dann endlich soweit. Die Stadt Graz erhielt als einzige europäische Stadt den Zuschlag für die Ausrichtung des kulturellen Mega-Events im Jahr 2003.45 Graz hatte sich bei seiner dritten Bewerbung gegen den unmittelbaren Konkurrenten St. Petersburg durchgesetzt, das sich trotz der Nichtzugehörigkeit Russlands zur EU aufgrund seiner Dreihundert-Jahr-Feier gute Chancen ausgerechnet hatte.46

2.3.3 Der urbane Mega-Event Kulturhauptstadtjahr im direkten Vergleich

2.3.3.1 Die Bewerbung Die Idee Linz zur Europäischen Kulturhauptstadt zu krönen, entstand bereits in den frühen 1990er Jahren. Die oberösterreichische Landeshauptstadt bewarb sich aber vor- erst um den Titel einer Europäischen Kulturmonatsstadt mit dem Hintergedanken im Rahmen eines Probelaufs die bestehenden internationalen Kontakte zu vertiefen bzw. neue zu knüpfen. Linz bestand mit der erfolgreichen Ausrichtung des Europäischen Kul- turmonats im September 1998 seine erste internationale Bewährungsprobe und stellte damit gleichzeitig bereits die Weichen in Richtung Bewerbung Europäische Kulturhaupt- stadt. Der fünfwöchige Event erwies sich als eine fruchtbare Partnerschaft zwischen der

44 Vgl. Trenkler, Thomas (2003): Graz. Wer hätte das gedacht? In: Der Standard, Printausgabe (Album) 4./5./6. 1. 2003. Wien. Printausgabe, Online-Version. O. A. 45 Österreichische Kulturdokumentation (2007). S. 20. 46 Vgl. Trenkler (2003). O. A. 20

städtischen Kulturpolitik, den Kulturinstitutionen, den Künstlerinnen und Künstlern sowie der Wirtschaft und zeigte sich als tragfähige Basis für den geplanten Weg zur Kultur- hauptstadt Europas.47

Im Rahmen der späteren Bewerbung zur Kulturhauptstadt wurde auch entsprechend darauf hingewiesen, dass Linz bereits mit der Ausrichtung des Europäischen Kulturmo- nats 1998 sowohl dem regionalen wie auch dem internationalen Publikum seine Kompe- tenz aufgezeigt hätte, als Kulturstadt entsprechend reüssieren zu können.48 Die städti- sche Kulturdirektion hatte bereits zwei Jahre zuvor das Projekt Kulturentwicklungsplan, welches unter Einbeziehung vieler Kulturschaffender erarbeitet wurde, gestartet. Im Kul- turentwicklungsplan wurden Ziele, Werte und Visionen für eine zukünftige kulturelle Ge- staltung von Linz formuliert und im Jahr 2000 vom Linzer Gemeinderat verbindlich be- schlossen. Eines der darin ausdrücklich formulierten Ziele war bereits der Titel Europäi- sche Kulturhauptstadt.49

Wenig später begann man bereits mit der Vorbereitung der Bewerbung. Bei deren For- mulierung galt es eine Reihe von Leitlinien, wie beispielsweise die barrierefreie Stadtge- staltung, die aktive Förderung autonomer kultureller Entfaltungsmöglichkeiten gerade auch für soziale und ethnische Minderheiten, die ausreichende Berücksichtigung einer Kinder- und Jugendkultur, die partizipative Einbindung der Bewohnerinnen und Bewoh- ner, das Bekenntnis zur gemeinsamen und humanen Gestaltung der Arbeitswelt, die Beachtung von Gender Mainstreaming oder – für Linz von besonderer Bedeutung – eine offensive Rolle bei der Bewältigung der eigenen Vergangenheit zu berücksichtigen.50 Inhaltlich setzte sich Linz mit seiner Bewerbung das Ziel, die oberösterreichische Lan- deshauptstadt als technologieaffine Metropole zeitgenössischer Medien- und Digital- kunst zu präsentieren. Die zukünftige Kulturhauptstadt Europas sollte dabei Schlüssel- bereiche wie Digitalisierung, Vernetzung, Medien, Kultur für alle, Kunst im öffentlichen Raum, Integration und Kommunikation zu einem einzigen, stimmigen und innovativen Konzept zusammenfassen und als Motor der Zukunft wirken.51

47 Vgl. Janko (2011). S. 446. 48 Vgl. Schachl (2015). S. 47. 49 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010a): Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas. Eine Bilanz. Linz. S. 13. 50 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz (2008). S. 78. 51 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2011): Kulturhauptstadt Europas – Linz 2009. Initiativprüfung. Bericht. Linz. S. 4. 21

Im Juli 2004 bewarb sich Linz schließlich mit dem Thema „Linz – Labor der Zukunft“ offi- ziell um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt. Im September 2004 übergab eine Linzer Delegation, angeführt von Landeshauptmann Josef Pühringer und dem Linzer Bürgermeister Franz Dobusch die 115 Seiten umfassende Bewerbungsunterlage an Kul- turstaatssekretär Franz Morak. Der Schwerpunkt lag dabei erwartungsgemäß im Be- reich der Medienkunst und Linz präsentierte sich in der Bewerbung als innovative In- dustrie- und Kulturstadt mit ausgeprägtem Blick in die Zukunft.52

Da sich andere interessierte österreichische Städte wie Klagenfurt, Innsbruck oder St. Pölten/Krems selbst aus dem Rennen genommen hatten, schickte die österreichi- sche Bundesregierung ohne nationales Auswahlverfahren die alleinige Bewerbung von Linz nach Brüssel. Im November 2005 ernannten schließlich die europäischen Kulturmi- nister Linz und Vilnius gemeinsam zur Europäischen Kulturhauptstadt für das Jahr 2009. Ausschlaggebend für die Titelverleihung waren laut Expertenmeinung u.a. die klare Aus- richtung und Fokussierung auf den Themenkomplex Technologie, die intensive Ausei- nandersetzung und Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit sowie das Konzept Kultur für alle.53

Die Grazer Ambitionen auf den Titel Europäische Kulturhauptstadt gehen auf das Jahr 1988 zurück. Die Bewerbung blieb zwar erfolglos, aber immerhin durfte Graz alternativ 1993 den Kulturmonat austragen. Das Budget war mit knapp einer Million Euro nur sehr mäßig dotiert, trotzdem wollte man eine gute Performance hinlegen. Allein, das Resü- mee war anschließend ein ernüchterndes. Die einzelnen Veranstaltungen waren schlecht besucht, es gab viele Terminüberschneidungen, die Programmatik kam zu kurz, das retrospektive Mammut-Programm fiel weitgehend durch. Es kam die Befürch- tung auf, dass die Chance, sich neben Wien, Salzburg und dem unmittelbaren Konkur- renten Linz entsprechend zu positionieren, vertan sei. Trotz der eher durchwachsenen Performance wurde man in Brüssel dennoch auf die Grazer Europa-Aktivitäten aufmerk- sam.54

52 Vgl. Österreichischer Städtebund (2018a): Kulturausschuss – Linzer Bewerbung für Kulturhauptstadt 2009. Quelle in Internet: URL: https://www.staedtebund.gv.at/oegz/archiv-alt/aus-dem-staedtebund/aus-dem-staedtebund- details/artikel/kulturausschuss-linzer-bewerbung-fuer-kulturhauptstadt- 2009/?tx_felogin_pi1%5Bforgot%5D=1%3Faction%3Dadd&cHash=8415c1fac73445cbdc8de766b1c9173d&no_cache =1&sword_list%5B0%5D=kulturhauptstadt, aufgerufen am 5. 4. 2018. 53 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz (2008a). S. 72. 54 Vgl. Trenkler (2003). O. A. 22

Nachdem auch die zweite Bewerbung für die Jahre 1998 oder 1999 negativ ausfiel, be- kam 1998 das noch junge EU-Mitglied Österreich die Möglichkeit eine seiner Städte zu nominieren und diesmal wusste Graz seine Chance – nicht zuletzt aufgrund seiner geo- politischen Lage - zu nutzen. Während des „Kalten Krieges“ fungierte Graz in unmittel- barer Nähe des „Eisernen Vorhangs“ als eine Art Brückenkopf für Kulturschaffende aus Osteuropa. Die Stadt avancierte in den letzten Jahrzehnten zu einem Tor und zu einem Drehkreuz zum Südosten des europäischen Kontinents. Und genau diese besondere Kompetenz betreffend Ost- und Südost-Europa fiel u.a. in Brüssel auf fruchtbaren Bo- den. Aber auch der interreligiöse Dialog, der in der Geschichte von Graz eine wichtige Rolle spielte, wurde wohlwollend aufgenommen und schlug sich schlussendlich auch im Programm nieder.55

Bei der Unterlage für die Einreichung der Bewerbung von Graz für 2003 der österreichi- schen Bundesregierung wurden die wesentlichen Argumente angeführt. Im Mittelpunkt stand dabei die multikulturelle Tradition, die den spezifischen Charakter von Graz seit vielen Jahrhunderten prägt. „Die Stadt liegt an einem Schnittpunkt der europäischen Kulturen. Hier konnten sich romanische und slawische, auch magyarische und natürlich germanisch-alpine Einflüsse zu einem ganz spezifischen Charakter verbinden.“56 Ein weiteres Hauptargument beschäftigte sich mit der speziellen Rolle, die Graz aufgrund der geografischen Lage und seiner Geschichte zukommt und wies darauf hin, dass die Stadt während des „Kalten Krieges“ als westeuropäischer Brückenkopf für Kulturschaf- fende, insbesondere für Künstlerinnen und Künstler aus Osteuropa fungierte. Viele von ihnen konnten hier ihr Schaffen präsentieren und gleichzeitig über die aktuellen Strö- mungen der Gegenwartskunst informieren. Des Weiteren wurde Graz als die Stadt des internationalen Dialogs beschrieben, die erfolgreich Gespräche zwischen den benach- barten Konfliktpartnern fördere.57

Die Bewerbungsprozesse von Linz und Graz sind unterschiedlich zu beurteilen. Wäh- rend sich Linz mit seiner Nominierung relativ leicht getan hatte, musste Graz diesbezüg- lich wesentlich größere Anstrengungen unternehmen. Beide Städte richteten im Vorlauf,

55 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018): Graz 2003 Portal. Die Erfüllung einer großen Erwar- tung. Online-Archiv: Quelle in Internet: URL: http://www.graz03.at/servlet/sls/Tornado/web/2003/design/E9C5613DD9C9DB98C1256CA5005BD90B, aufgerufen am 5. 4. 2018. 56 Österreichische Bundesregierung (1997): Argumente für Graz – Kulturhauptstadt Europas 2003. Unterlage für die Bewerbung von Graz als Kulturhauptstadt Europas 2003 bei der Europäischen Union durch die österreichische Bun- desregierung. Wien. S. 1. 57 Vgl. Österreichische Bundesregierung (1997). S. 1 f. 23

quasi als Generalprobe den Europäischen Kulturstadtmonat aus. Linz hatte sich dafür direkt beworben, Graz erhielt diesen Event als eine Art „Trostpflaster“ für eine verpasste Nominierung als Kulturhauptstadt Europas. Die oberösterreichische Landeshauptstadt konnte 1998 mit dem gezeigten Kulturprogramm durchaus reüssieren und sich einem internationalen Publikum erfolgreich präsentieren. Der Erstauftritt der steirischen Lan- deshauptstadt auf dem europäischen Parkett 1993 hingegen war offensichtlich aufgrund von Budgetierungs- und Programmfehlern kein so durchschlagender Erfolg. Linz setzte bei seiner ersten, erfolgreichen Bewerbung auf die beiden inhaltlichen Schwerpunkte Neue Technologien und Digitale Medienkunst sowie auf die Aufarbeitung der eigenen NS-Vergangenheit. Graz konnte schließlich im dritten Anlauf mit seiner geopolitischen Lage während des „Kalten Krieges“ punkten und präsentierte sich erfolgreich als (kultu- relles) Drehkreuz in Richtung Südost-Europa und betonte seine ehemalige Brückenfunk- tion.

2.3.3.2 Die Durchführung In Linz lag die Zuständigkeit für die Durchführung bei der „Linz 2009 - Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH“ (Linz 2009 GmbH), die als hundertprozentiges Tochter- unternehmen der Stadt gegründet wurde. Martin Heller wurde mit der Intendanz beauf- tragt, sein Stellvertreter und Verantwortlicher für die Projektentwicklung war Ulrich Fuchs, für die kaufmännischen Belange war Walter Putschögl zuständig. Zu den Haupt- aufgaben der Linz 2009 GmbH zählten u.a. die Entwicklung, Planung, Produktion und Umsetzung des Gesamtprogramms, die Organisations- und Personalentwicklung, die Budgetierung, die Projektsteuerung und die Gesamtvermarktung. Darüber hinaus hatte die Linz 2009 GmbH auch den Auftrag, für das Kulturhauptstadtjahr geschaffene Struk- turen in den alltäglichen Linzer Kulturbetrieb überzuleiten.58 Es gab für die Durchführung einen klaren künstlerischen Auftrag, der in einem Mission Statement festgehalten wurde. Es ging dabei u.a. um die internationale Ausrichtung, die Qualität der Darbietungen, die Vielschichtigkeit des Programms, die Beachtung der regionalen Besonderheiten, die Gestaltung der Programmentwicklung als offener Prozess sowie die intensive Aus- einandersetzung mit der Linzer NS-Vergangenheit.59

58 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010). S. 5 f. 59 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010a). S. 15. 24

Ausgehend von diesem Mission Statement wurden jene Ziele definiert, die es bei der Programmplanung und Durchführung im Auge zu behalten galt. Ein wesentlicher Schwerpunkt war die Positionierung von Linz als eine offene, dynamische und moderne Industriestadt mit einem attraktiven und umfangreichen Kulturangebot als ein Alleinstel- lungsmerkmal im direkten Wettbewerb mit Wien, Salzburg und Graz. Gleichzeitig galt es sowohl Bekanntheitsgrad und Image, den Stolz der Linzerinnen und Linzer auf ihre Heimatstadt sowie die Internationalität als auch die Qualität der Kulturarbeit zu steigern und Kooperationen und Netzwerke weiter auszubauen. Bei der Entwicklung des Kultur- hauptstadt-Programms mussten sowohl die regionalen Besonderheiten von Linz als auch die vorgeschriebene europäische Dimension berücksichtigt werden.60

Dazu wurden mehrere unterschiedliche Programmschienen wie z.B. Linz Macht, Linz Gedächtnis, Linz Welt oder Linz Lust entwickelt. Bereits ab 2006 startete ein umfangrei- ches Vorprogramm. Mit einer großen Feier wurde schließlich am 31. 12. 2008 das 365- Programmtage umfassende Kulturhauptstadtjahr 2009 in Linz offiziell eröffnet.61 Infolge besuchten mehr als 2,8 Millionen Menschen Kulturevents im Rahmen von Linz09. Unter Aufrechnung des Vorprogramms im Zeitraum von 2006 bis 2008 waren es insgesamt ca. 3,4 Millionen Besucherinnen und Besucher, die an einer der mehr als 7.700 Veran- staltungen teilnahmen, die im Rahmen von 220 Projekten von über 5.000 Künstlerinnen und Künstlern aus insgesamt 66 Nationen durchgeführt wurden.62

Analog zu Linz war auch in Graz die Durchführungsphase als jene Zeit anzusehen, die zwischen der Gründung der Organisations-GmbH unmittelbar nach erfolgter Ernennung durch die Europäische Union und dem Ende der Veranstaltungen des Kulturhauptstadt- jahres, vorbehaltlich einer Verlängerung aufgrund vertraglich vereinbarter Abschlussar- beiten in den Folgejahren, lag. Die detaillierte Programmgestaltung, die Befassung mit den inhaltlichen Schwerpunkten sowie eine umfangreiche Bewertung der beiden Forma- te erfolgt in nachfolgenden Kapiteln. Im Jänner 1999 wurde der vom damaligen Finanz- referenten Siegfried Nagl eingebrachte Antrag auf Gründung einer „Graz 2003 - Kultur- hauptstadt Europas Organisations GmbH“ im Grazer Gemeinderat beschlossen. Mit die- ser Gesellschaft, die im alleinigen Eigentum der Stadt Graz stand, wurde infolge das Projekt Kulturhauptstadtjahr abgewickelt. Für die Beratung und Kontrolle der Geschäfts-

60 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmBH (2010). S. 7. 61 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008): Das Programm. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas. Linz. S. 4 f. 62 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010). S. 75. 25

führung wurden ein Aufsichtsrat sowie ein Beirat als programmgebendes Gremium ein- gesetzt. Wolfgang Lorenz, der bereits federführend beim Bewerbungskonzept tätig ge- wesen war, wurde mit der Intendanz beauftragt. Als wesentliche Aufgaben wurden u.a. die Programmplanung, die Erstellung des inhaltlichen Basiskonzepts, das Projektma- nagement, die Adaptierung des Ursprungkonzepts an die laufenden Entwicklungen, die Erstellung eines Veranstaltungs- und Programmkalenders oder die Durchführung beglei- tender Marketingaktivitäten wie z.B. der Entwurf eines eigenen Kulturhauptstadt-Logos festgelegt.63 Ausgehend von der Motivation, Graz international bekannter zu machen und die Stadt kulturell neben Wien und Salzburg neu zu positionieren, lautete die Official Mission, Graz einerseits auf der europäischen Kulturlandkarte sichtbar zu machen und andererseits den Bewohnerinnen und Bewohnern das Gefühl zu geben, dass Kultur ein Teil des Alltagslebens ist.64

Im Frühjahr 1999 nahm der sog. Programmarbeitskreis, der als Instrument zur Entwick- lung und Steuerung des Kulturhauptstadt-Programms diente, unter der Leitung von Lorenz, der sich allerdings vorbehielt, Letztentscheidungen autonom zu treffen, seine Arbeit auf. Die primären Hauptaufgaben waren die Erstsichtung der vorgeschlagenen Projekte sowie in Folge die Erstellung der Programmlinien bzw. die konkrete Entwick- lung der Projekte. Im Rahmen der Programmerstellung wurde schließlich die in der Be- werbung fixierte Festlegung auf den südosteuropäischen Raum in eine gesamteuropäi- sche Annäherung umgewandelt.65

Die Intendanz legte bei der Programmgestaltung größten Wert darauf eine Verbindung zwischen möglichst hoher künstlerischer Qualität einerseits und einer breiten Akzeptanz andererseits zu schaffen. Die Grundphilosophie war es, sowohl Hoch- als auch Alltags- kultur anzubieten, die Grazerinnen und Grazer entsprechend einzubinden, insbesondere auch die Zielgruppe der Jugendlichen zu berücksichtigen und sich sowohl national als auch international gut zu präsentieren. Im Jänner 2003 wurde schließlich das Kultur- hauptstadtjahr 2003 mit einem großen, mehrtägigen Straßenfest offiziell eröffnet.66 Be- endet wurde das Mega-Event allerdings nicht wie etwa bei Linz09 mit Jahresende, son-

63 Vgl. Magistrat Graz (1999): Bericht an den Gemeinderat. A8W-K 964/1998-1. Gründung einer „Graz 2003 – Kultur- hauptstadt Europas Organisations GmbH“. Graz. S. 2 f. 64 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004). P. 319 f. 65 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018a): Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas: Philosophie und Projektgeschichte. Quelle in Internet: URL: http://www.graz03.at/servlet/sls/Tornado/web/2003/content/E1AB419ADCCACAC0C1256E350056CA7E, aufgerufen am 6. 4. 2018. 66 Vgl. Mösinger (2010). S.53 f. 26

dern - nach 6.000 Einzelveranstaltungen im Rahmen von 108 Projekten, die insgesamt 2,75 Millionen Besucherinnen und Besucher gesehen haben - bereits Ende November 2003.67

Sowohl bei Linz09 als auch bei Graz 2003 ist es zu einer Gründung einer stadteigenen Organisations-GmbH gekommen, die mit der Durchführung beauftragt wurden. Die je- weiligen Intendanzen erhielten eine weitreichende Autonomie in Programmfragen einge- räumt und haben diese auch ausgenutzt. Wesentliche Aufgaben waren die Programm- gestaltung, die Produktentwicklung, Planung, Finanzgebarung und Vermarktung des Kulturhauptstadt-Events. Auf die inhaltliche Programmgestaltung wird gesondert in Kapi- tel 6 eingegangen. Unterschiede gab es vor allem bezüglich der den diversen Veranstal- tungen zugrunde liegende Laufzeit. Während Linz09 bereits ab 2006 über ein Vorpro- gramm verfügte und das Kulturhauptstadtjahr selbst 365 Tage lang bespielte wurde, hatte Graz 2003 insgesamt eine Laufzeit von nur knapp elf Monaten.

2.3.3.3. Die Bewertung Die beiden Veranstaltungen Kulturhauptstadt Europas in Linz und Graz wurden im Nachhinein ausführlich, sowohl in- als auch extern auf drei verschiedenen Ebenen über- prüft und bewertet. Zum einen wurde intern jeweils durch den zuständigen Veranstalter, d.h. die Linz 2009 GmbH bzw. die Graz 2003 Organisation GmbH eine ausführliche Bi- lanz gezogen. Darüber hinaus hat auch auf regionaler politischer Ebene eine entspre- chende Evaluierung der Events stattgefunden. Für Linz09 existiert eine Initiativprüfung des Oberösterreichischen Landesrechnungshofes, in Graz erfolgte diese Überprüfung durch den Stadtrechnungshof der Landeshauptstadt Graz.

Auf europäischer Ebene ist es für die beiden Kulturhauptstädte 2009, Linz und Vilnius, zu einer Überprüfung im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen des ECO- TEC Final Report gekommen. Die Evaluierung von Graz 2003 erfolgte durch die eben- falls durch die Europäische Kommission initiierte Palmer/Rae Associates Study. Auf die- se Prüfungen, Berichte und Evaluierungen wird nachfolgend näher eingegangen.

67 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2004): Graz 2003 Final Report. That was the Cultural Capital of Europe 2003. Graz. S. 2. 27

Im Abschlussbericht von Linz 2009 Kulturhauptstadt EuropasGmbH, der einen Schwer- punkt auf die Bereiche Programm, Kommunikation und Marketing legte, wurde grund- sätzlich eine positive Bilanz gezogen. Es wurde festgehalten, dass die Linz 2009 GmbH die selbstdefinierten Ziele erreicht hat und Linz09 nunmehr als Rollenmodell für das wei- tere Projekt Kulturhauptstadt Europas in den EU-Gremien und unter Expertinnen und Experten gelte.68 Von touristischer Seite aus konnte Linz09 ebenfalls als eine Erfolgsge- schichte betrachtet werden. Wie bereits ausgeführt, wurde das Kulturhauptstadtjahr von ca. 2,8 Millionen Besucherinnen und Besuchern gesehen. Neben einer Vielzahl an zu- sätzlichen Tagesbesuchen (über zwei Millionen), kam es - trotz der schwierigen Bedin- gungen durch die Wirtschaftskrise - zu einem Zuwachs von knapp zwölf Prozent an Nächtigungen gegenüber dem Jahr 2008, während es in den anderen Landeshauptstäd- ten zu Rückgängen gekommen ist.69

Es wurde auch darüber berichtet, dass die Medienpräsenz - ganz besonders auf interna- tionaler Ebene - sehr positiv ausgefallen ist. Im Vordergrund der Berichterstattung ist dabei jener Veränderungsprozess gestanden, den die Stadt seit Ende der 1980er Jahre vehement vorangetrieben hat. Positiv wurde auch hervorgehoben, dass es im Gegen- satz zu anderen Kulturhauptstädten mit teilweise sehr unklaren Führungsprinzipien in Linz eine unabhängige Intendanz gegeben hat. Auch auf die positive Allianz zwischen Kultur und Tourismus, die neu geschaffene Infrastruktur sowie das gesteigerte Image und den Respekt, den sich Linz international durch die Austragung verschafft hat, wurde entsprechend hingewiesen.70 Julius Stieber, der seit Mai 2010 amtierende Linzer Kul- turdirektor, sah bei Linz09 neben vielen Erfolgen wie der internationalen Präsenz, neuen Formen der Zusammenarbeit oder der verstärkten Bespielung der öffentlichen Räume auch einige Kritikpunkte wie beispielsweise den weitgehenden Ausschluss der Freien Szene, die „Eventisierung“ des Kulturhauptstadtjahres oder das Fehlen eines schlüssi- gen Nachhaltigkeitskonzepts von Seiten der Intendanz.71

Der Oberösterreichische Landesrechnungshof hat die Linz 2009 – Kulturhauptstadt Eu- ropas OrganisationsGmbH geprüft. Gegenstand war dabei der Einsatz der 20 Millionen Euro Landesförderungsmittel sowie die Wirkung von Linz09. Die Landesinstitution kam

68 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010). S. 3. 69 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010b): Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas zieht Bilanz. Linz. S. 1. 70 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010b). S. 6 f. 71 Vgl. Stieber, Julius (2011): Kulturentwicklung für das nächste Jahrzehnt. Leitlinien, Perspektiven, Zukunftssze- narien. In: Luger, Klaus, Mayr, Johann (Hrsg.) (2011): Stadtgesellschaft. Werte und Positionen. Linz. S. 924 f. 28

dabei vorweg zu dem Schluss, dass es sich bei der Kulturhauptstadt Europas 2009 um eine gelungene Kulturinitiative gehandelt hat. Aufgrund der bereits vorliegenden Berich- te sowie der positiven Medienresonanz gingen die Prüfer von einem Erfolg der Kulturini- tiative aus. Kritisch wurde dabei allerdings der hohe Einsatz von Steuergeldern ange- merkt. Die Stadt Linz, das Land Oberösterreich und die Republik Österreich hatten da- bei jeweils 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Mit zusätzlichen 1,5 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union belief sich daher das Gesamtbudget exklusive Ein- nahmen aus Sponsoring, Ticketing und Merchandising auf 61,5 Millionen Euro. Der Landesrechnungshof stellte diesbezüglich die widmungsgemäße Verwendung der Steu- ergelder fest.72 Darüber hinaus konstatierte der Prüfbericht auch eine gesteigerte Ko- operationsbereitschaft von Tourismus und Kultur, gerade aber auch zwischen einzelnen Kultureinrichtungen der Stadt Linz und des Landes Oberösterreich. Neben den städte- baulichen Impulsen bei der Errichtung der kulturellen Infrastruktur wurden u.a. die Erhö- hung der Nächtigungszahlen, der Imagewert des Kulturhauptstadttitels, die gemeinsa- men Aktivitäten zwischen Kultur- und Tourismusinstitutionen oder die Umwegrentabilität als Erfolgskriterien genannt.73

Die im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführte ECOTEC-Ex-Post Evalua- tion ist zu dem Schluss gekommen, dass das Kulturhauptstadtjahr Linz 2009 ein Erfolg gewesen ist. Man verwies dabei u.a. auf die gute Zusammenarbeit und Kooperation aller Beteiligten. Es wurde auch extra darauf hingewiesen, dass es sich bei dem dargebote- nen Kulturprogramm um eines der größten und innovativsten in der Geschichte dieses europäischen Projektes gehandelt hat. Es wurde allerdings auch angedeutet, dass es durchaus ein Konfliktpotential gab zwischen der Stadt Linz, dem Land Oberösterreich und einer autonomen, nicht weisungsgebundenen Intendanz. Die vorweg gesteckten Ziele wurden generell erreicht. Es ist Linz gelungen, sich von anderen österreichischen Städten wie Salzburg oder Wien deutlich abzuheben. Desgleichen hat das Image und Profil der Stadt von der Veranstaltung profitiert, der Tourismus wurde weiter angekur- belt, der Stolz der Bewohnerinnen und Bewohner auf die eigene Stadt ausgebaut und neue Kooperationen und Allianzen wurden geschmiedet.74 Das Fazit des Final Report: „As such, Linz can be considered a successful ECOC.“75

72 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2011). S. 1. 73 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2011). S. 2. 74 Vgl. ECOTEC Research and Consulting (2010). S. 43. 75 ECOTEC Research and Consulting (2010). S. 43. 29

Im anschließenden Bericht der Europäischen Kommission an das Europäische Parla- ment, den Europäischen Rat sowie an den Ausschuss der Regionen wurde u.a. auf die Kriterien Effizienz und Erfolg im kulturellen Bereich näher eingegangen. Diesbezüglich wurde dabei festgehalten, dass es Linz – im Gegensatz etwa zu Vilnius 2009 – gelun- gen war, ein effektives Kulturhauptstadtjahr durchzuführen. Das Projekt war attraktiv, hat zu erheblichen Investitionen geführt und fand die entsprechende Resonanz in der Öf- fentlichkeit. Es wurde auch angemerkt, dass aufgrund des Titels größere und innovative- re Veranstaltungen durchgeführt sowie beträchtliche wirtschaftliche Vorteile lukriert wer- den konnten.76

In Graz wurde der Final Report im Rahmen einer Pressekonferenz, an der neben dem Intendanten von Graz 2003 Wolfgang Lorenz u.a. auch der zu Beginn des Jahres 2003 neugewählte Bürgermeister Siegfried Nagl teilnahm, präsentiert. Man zeigte sich dabei grundsätzlich mit den über 2,7 Millionen Besucherinnen und Besuchern sowie dem ge- zeigten Programm zufrieden. Es wurde des Weiteren festgehalten, dass die Nächti- gungszahlen gegenüber dem Vorjahr um 24,8 Prozent erhöht werden konnten. Andere österreichische Städte wie etwa Wien, Salzburg oder Linz hätten im selben Zeitraum nur sehr moderate Zuwächse bei den Übernachtungen verzeichnet. Auch die hervorgerufe- ne Medienresonanz wurde positiv erwähnt.77

Insgesamt wurden im Zeitraum von 1999 bis 2003 mehr als 12.000 Artikel über Graz publiziert. Die Webseite der Kulturhauptstadt konnte bis Ende 2003 auf knapp 23 Millio- nen abgerufene Seiten verweisen. Das Kulturhauptstadtjahr ist von insgesamt 120 nati- onalen und internationalen Delegationen besucht worden. Speziell hingewiesen hat der Veranstalter auch auf das Marketing von Graz 2003. Es wurde dabei vom größten Kommunikationsprojekt gesprochen, das bis dato im Bereich des Kultur- und Stadtmar- ketings in Österreich stattgefunden hat.78 Grundsätzlich wurde angemerkt, dass Graz durch die Austragung des Kulturhauptstadtjahres sowohl national, als auch international einen großen Imagegewinn verbuchen konnte. Aus finanzieller Sicht ist grundsätzlich festzuhalten worden, dass es keine gravierenden Probleme gab. Das geplante Budget

76 Vgl. Europäische Kommission (2010): Ex-Post Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ 2009 (Linz und Vilnius). Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Ausschuss der Regio- nen. Brüssel. S. 7 ff. 77 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2004). S. 2. 78 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018b): Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas: Bilanz. Quel- le in Internet: URL: http://www.graz03.at/servlet/sls/Tornado/web/2003/content/F62A5C043C8950C1C1256E3F0050D7FB, aufgerufen am 12. 4. 2018. 30

wurde eingehalten, wenngleich es allerdings Kritik seitens des Stadtrechnungshofes - vor allem bezüglich nicht vorhandener Kostenrechnungsdaten sowie mangelhafter be- triebswirtschaftlicher Dokumentation - gab.79

Der Grazer Stadtrechnungshof hat grundsätzlich festgestellt, dass den Gesamteinnah- men in der Höhe von ca. 62 Millionen Euro Ausgaben in etwa gleicher Höhe gegenüber gestanden haben. Das Land Steiermark hat dabei 20 Millionen, die Stadt Graz 18,8 Mil- lionen und die Republik 14,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die restlichen Ein- nahmen stammten aus dem Ticketverkauf, Sponsorengeldern sowie weiteren Kosten- übernahmen der Stadt. Einen Großteil der Aufwendungen machten mit rund 50 Prozent die Projektkosten (ohne Infrastruktur) aus.80 Der Stadtrechnungshof-Bericht merkte an, dass es aufgrund der ganzjährigen Bespielung der Stadt immer wieder zu einem enor- men Zeitdruck gekommen war, der eine extrem kurzfristige Auftragsvergabe nach sich zog. Beanstandet wurde vor allem, dass die Preise und Honorarforderungen von Künst- lerinnen und Künstlern bzw. Subunternehmen teilweise nicht klar dokumentiert wurden. Es ließ sich aufgrund der Aktenlage nicht immer zweifelsfrei nachvollziehen, ob günsti- gere Künstler- bzw. Subunternehmer-Honorare realisierbar gewesen wären. Auch die Prüfung gewisser Aufzeichnungen sei schwierig gewesen, da die Kostenrechnung nicht gesamthaft vorhanden war. Die Programmgestaltung hingegen wurde als ausgewogen betrachtet und es folgte abschließend die Empfehlung, den durch das Kultur-Mega- Event erworbenen guten Ruf der Stadt durch geeignete Maßnahmen bestmöglich zu sichern, beispielsweise durch eine verstärkte Kooperation mit dem Land Steiermark.81 Ein wenig schmeichelhaftes Bild zeichnete ein Die Presse-Artikel vom Dezember 2008 von Graz 2003 wenige Tage vor dem Start von Linz09. Es war darin die Rede von einer ernüchternden Bilanz des Grazer Kulturhauptstadtjahres. Im Jahr 2008 würde nur mehr wenig an das einstige Kulturhauptstadtjahr erinnern. Geblieben seien gerade einmal Vorzeigebauten wie das Kunsthaus, die Helmut-List-Halle oder die mit Problemen kämp- fende Murinsel. Betont wurde allerdings das positive Image der Stadt, dass sich Graz mit dem Kulturhauptstadtjahr erworben hatte.82

79 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010a). S. 36. 80 Vgl. Stadtrechnungshof der Landeshauptstadt Graz (2005): Graz 2003 Kulturhauptstadt Europas Organisations- GmbH Graz. 2. Prüfantrag. Graz. S. 89. 81 Vgl. Stadtrechnungshof der Landeshauptstadt Graz (2005). S. 100 ff. 82 Vgl. Die Presse (2008): Die Zukunft von Linz09: Das blieb von Graz03. Onlineausgabe vom 16. 12. 2008. Quelle in Internet: URL: https://diepresse.com/home/kultur/linz09/438163/Die-Zukunft-von-Linz09_Das-blieb-von-Graz03-, auf- gerufen am 12. 4. 2018. 31

Der Palmer/Rae Associates-Bericht im Auftrag der Europäischen Kommission berichtete vor allem von den umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur, den stark gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Nächtigungszahlen sowie von dem neu entstandenen, positi- ven Image, das Graz als eine dynamische, kulturell interessante Stadt ausweise. Des Weiteren wurde auch die positive Medienresonanz hervorgehoben.83

Bezüglich des dargebotenen Programms wurde auf dessen Vielfalt sowie die Einbin- dung des lokalen Publikums hingewiesen. Bei der Programmentwicklung habe man be- sonders auf Qualität und zeitgenössische Kultur Wert gelegt. Eingegangen wurde auch auf die Berücksichtigung der europäischen Dimension. Der Bericht hat dabei festgestellt, dass es diesbezüglich keine spezielle, durchgehende Strategie gab, einzelne Pro- grammpunkte allerdings sehr wohl aber einen stärkeren Europabezug gehabt hätten. Auch auf die Kooperation mit St. Petersburg, welches parallel das Europäische Kultur- monat ausgerichtet hatte, wurde hingewiesen. Das Kulturhauptstadtjahr 2003 wurde grundsätzlich positiv bewertet. Bezug nehmend auf einen Bericht des Joanneums84 wurden dabei mehrere Gründe für einen Erfolg von Graz 2003 genannt. Wichtig für eine erfolgreiche internationale Positionierung war sicherlich der Umstand, dass Graz im Jahr 2003 die einzige Kulturhauptstadt Europas war. Ferner stand genügend Planungszeit zur Verfügung, um die umfangreichen Infrastrukturprojekte entsprechend zu realisieren. Auch die Tatsache, dass ein knappes Drittel des Gesamtbudgets in die Bereiche Kom- munikation und Marketing gingen und das Kulturprogramm generell gut durchdacht war und viele unterschiedliche kulturelle Facetten gezeigt habe, hätten zum Gesamterfolg beigetragen.85

Die Bewertungen der beiden Kulturhauptstadtjahre fielen grundsätzlich sowohl für Linz als auch für Graz von allen Seiten positiv aus. Die beiden Intendanzen zogen wenig überraschend in den jeweiligen Berichten der Organisations-GmbHs eine zufriedenstel- lende Bilanz. Linz09 wurde dabei als eine Erfolgsgeschichte gesehen, auch in Graz äußerte man sich über das Kulturhauptstadtjahr sehr zufrieden. Die ordnungsgemäße Verwendung der Gelder wurde durch die befugten Prüfungsinstanzen festgestellt. Der oberösterreichische Landesrechnungshof stellte Linz09 ein gutes Zeugnis aus, merkte allerdings die Höhe der für die Kulturinitiative verwendeten Steuergelder kritisch an. Der

83 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004). S. 330 f. 84 Vgl. Joanneum Research, Institut für Technologie- und Regionalpolitik (2004): Graz 2003: Retrospektive Betrach- tungen und längerfristige Chancen. Graz. 85 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004). S. 337 ff. 32

Grazer Stadtrechnungshof kritisierte, dass die Aufzeichnungen der Kostenrechnung teilweise nicht vorhanden waren und die Nachvollziehbarkeit nicht immer gegeben war. Auch auf europäischer Ebene wurden beide Kulturhauptstadtjahre als erfolgreich be- trachtet. Linz09 galt als ein Erfolg mit einem umfangreichen und attraktiven Kulturpro- gramm und auch Graz 2003 wurde positiv bewertet und hervorgehoben. Für beide Städ- te wurde angemerkt, dass es aufgrund der Durchführung des Kulturhauptstadtjahres u.a. zu einem Imagegewinn, einer erfolgreichen Neupositionierung, einer Steigerung des Bekanntheitsgrades, einer Erhöhung der touristischen Attraktivität, einer positiven Medienresonanz, einem Ausbau der kulturellen Infrastruktur und nicht zuletzt zu einer Stärkung des Stolzes der Bewohnerinnen und Bewohner von Linz und Graz auf ihre Stadt gekommen ist.

2.3.4 Nachhaltigkeit – was ist geblieben? Die Definitionen zum Begriff der (kulturellen) Nachhaltigkeit sind mannigfaltig und ent- ziehen sich beharrlich einer einheitlichen Diskussion. Stellvertretend sei an dieser Stelle ein Zitat von Wolfgang Lorenz, dem Intendanten von Graz 2003 erwähnt, der „Nachhal- tigkeit im Sinn von Verbesserung des Lebensraums und Nachhaltigkeit im Sinne einer attraktiven Positionierung im neuen Europa als lebenswerte Stadt für Bürger wie Besu- cher“86 sieht.

Auch der Bericht des Oberösterreichischen Landesrechnungshofes merkte diesbezüg- lich an, dass der Begriff der Nachhaltigkeit zwar fortlaufend diskutiert, allerdings nicht präzisiert wurde. Der Rechnungshof bedauerte, dass es keine einheitlichen Messgrößen bezüglich einer nachhaltigen Wirkung gegeben hat. Nach Auffassung der oberösterrei- chischen Landeskulturdirektion zeigt sich kulturelle Nachhaltigkeit vor allem in Form steigender Besucherzahlen, erhöhter Aufmerksamkeit, steigender gesellschaftlicher Wertigkeit von Kultur oder im Weiterbetrieb geschaffener Kultureinrichtungen.87

Siebel weist darauf hin, dass nachhaltige, langandauernde Imagegewinne vor allem jene Städte erzielen, die erstmals mit einem Großereignis auf die internationale Bühne treten und denen es dabei gelingt Attraktionen anzubieten, die unabhängig vom Event auch

86 Mettler, Elisabeth (2005): Was blieb von „Europäischen Kulturhauptstädten“? Nachhaltige Effekte oder Strohfeuer für ein Jahr. Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz. Graz. Zitiert nach: Linz 2009 Kulturhauptstadt Euro- pas OrganisationsGmbH (2010a). S. 44. 87 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2011). S. 19. 33

später weiterhin Bestand haben. Imagegewinne sind gerade dann besonders nachhaltig, wenn die Stadt einerseits sehr attraktiv und andererseits international noch wenig be- kannt ist.88

Der stellvertretende Intendant von Linz09 Ulrich Fuchs war der Ansicht, dass nicht nur das Kulturhauptstadtjahr selbst, sondern vor allem auch die nachfolgenden Jahre sehr wichtig sind. Er prognostizierte eine gewisse Ernüchterungsphase für die Zeit nach Linz09 und warnte davor, ähnliche Fehler wie vorangegangene Kulturhauptstädte zu begehen. Wichtig sei es, die Besonderheit von 2009 zu nutzen, um die nachfolgende kulturelle Entwicklung auf ein insgesamt höheres Niveau zu bringen. Sein Chef Martin Heller hat diesbezüglich drei nachhaltige Ziele für Linz angegeben, nämlich ein Mehr an kultureller Qualität, ein Mehr an Internationalität sowie ein Mehr an Wettbewerb.89 Bei der Bilanzierung von Linz09 wurde explizit festgehalten, dass sich Linz bereits vor 2009 nachhaltig – von einer reinen Industriestadt zu einer Stadt der Arbeit und Kultur mit hoher Lebensqualität – weiterentwickelt hat. Es wurde allerdings auch darauf hingewie- sen, dass sowohl die Stadt Linz als auch das Land Oberösterreich vor allem in Hinblick auf das Europäische Kulturhauptstadtjahr insgesamt 338 Millionen Euro in die kulturelle Infrastruktur investiert haben. Es sei damit gelungen, die Stadt erfolgreich neu zu positi- onieren und sich klar von Wien und Salzburg abzuheben. Abschließend verwies man noch auf die Weiterführung einiger Programmteile von Linz09 wie etwa das Format Kepler Salon oder das Projekt Höhenrausch.90

Für die Folgejahre standen noch Restmittel in der Höhe von ca. 1,5 Millionen Euro aus dem Linz09-Budget zur Verfügung. Neben den beiden bereits genannten Veranstaltun- gen ist es zu weiteren Verlängerungen von Linz09-Projekten wie z.B. dem Akustikon, den „Kulturlotsinnen“ oder der „Turmmusik“ gekommen, Folgeprojekte wie beispielswei- se Déjà vu wurden teilweise neu konzipiert. Es erfolgte auch die weitere Kofinanzierung von Projekten mit Linz-Bezug wie etwa Next Comic Festival oder Crossing Europe Film- festival.91 Der Oberösterreichische Landesrechnungshof hat, trotz der bereits angespro- chenen Schwierigkeit nachhaltige Wirkungen umfassend darzustellen, u.a. festgestellt, dass der Titel Kulturhauptstadt Europas einen sehr hohen kulturellen Stellenwert besitzt und dass es trotz schwieriger ökonomischer Rahmenbedingungen gelungen war die

88 Vgl. Siebel, Walter (2011). S. 60. 89 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010a). S. 105 f. 90 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010b). S. 8. 91 Vgl. Schachl, Sandra (2015). S. 61 f. 34

Zahl der Nächtigungen zu steigern. Auch auf die städtebaulichen Impulse durch die Realisierung zahlreicher Bauten im Kulturbereich sowie auf die Nutzung allfälliger effizi- enzsteigernder Synergien wurde nochmals hingewiesen.92 Im Evaluierungsbericht der Europäischen Kommission wurde im Kapitel Nachhaltigkeit ebenfalls darauf eingegan- gen, dass zahlreiche kulturelle Aktivitäten über das Jahr 2009 hinaus weiterverfolgt wur- den. Es wurde festgehalten, dass die gesamte Kulturszene in Linz aufgrund der Austra- gung des Kulturhauptstadtjahres pulsierender und komplexer geworden war und ent- sprechendes Potential für eine erfolgreiche Weiterentwicklung vorhanden sei.93

In Graz nannte man kurz vor Ablauf des Kulturhauptstadtjahres vor allem drei wichtige Punkte im Bereich der nachhaltigen Wirkung. Zum einen wurde die positive Stadtent- wicklung und die damit verbundenen Infrastrukturinvestitionen wie der Ausbau von Hauptbahnhof und Flughafen, die Neugestaltung des Hauptplatzes, der Bau der Stadt- halle oder die Insel in der Mur betont. Zweiter wichtiger Punkt waren die Investitionen unmittelbar in die kulturelle Infrastruktur wie etwa die Helmut-List-Halle, das Kunsthaus oder das Kindermuseum. Zum dritten wurde auf die Nachhaltigkeit des Programms hin- gewiesen, vor allem in Hinblick auf die Nachnutzung und den Mehrwert für die lokale Kulturszene.94 Eines der Hauptziele von Graz 2003 war es hinsichtlich der Nachhaltig- keit, die Stadt international entsprechend zu positionieren, aus dem „Geheimtipp“ Graz durch die entsprechende Steigerung des Bekanntheitsgrades eine Kulturstadt ersten Ranges zu machen, gleichzeitig aber auch das Selbstwertgefühl der Bewohnerinnen und Bewohner zu steigern.95 Ein wichtiger nachhaltiger Effekt des Kulturhauptstadtjah- res war das seit 2003 stattfindende Projekt des „Kulturdialogs“, welches bis heute dem Austausch zwischen den Kulturschaffenden, der Politik, der Kulturinstitutionen und der Freien Szene dient. Man hat sich dadurch eine verbesserte Kooperation zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren versprochen.96 Das Joanneum stellte 2004 fest, dass die Frage nach einem Erfolg von Graz 2003 nur aus einer längerfristigen Perspek- tive heraus beurteilt werden kann. Mit der Durchführung der Veranstaltung haben sich für die steirische Landeshauptstadt Chancen eröffnet. Die Standortqualität hat sich so- wohl durch temporär wirkende Image- und Werbeeffekte als auch durch die getätigten Infrastrukturmaßnahmen sowie die stärkere touristische Nachfrage erhöht. Es gelte

92 Vgl. Oberösterreichischer Landesrechnungshof (2011). S. 19 f. 93 Vgl. Europäische Kommission (2010). S. 8 f. 94 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2003): Nachhaltigkeit von Graz 2003. Graz. S. 9 ff. 95 Vgl. Mösinger, Tanja (2010). S. 88. 96 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008a). S. 45. 35

allerdings jene Maßnahmen wahrzunehmen, die zur Nachhaltigkeit dieser Effekte führen können. Vorgeschlagen wurden diesbezüglich etwa auch der integrative Ansatz eines systematischen Cultural Plannings, der Kultur als Ressource menschlicher Entwicklung sieht, weiters eine stärkere Vernetzung mit den Bereichen Wirtschaft und Tourismus sowie geeignete kulturpolitische Maßnahmen.97

Auch knapp eineinhalb Jahrzehnte nach Graz 2003 herrscht keine einheitliche Meinung darüber, wie erfolgreich man das Kulturhauptstadtjahr aus dem Blickwinkel der Nachhal- tigkeit beurteilen kann. Ziele wie die internationale Positionierung, die Verbesserung der Infrastruktur oder die Erhöhung des Selbstwertgefühls in der Stadt können weitgehend als erfüllt angesehen werden. Probleme gibt es auf der anderen Seite mit der Bespie- lung der einst geschaffenen Infrastruktur, was größtenteils auf die vergleichsweise ge- ringen Kulturbudgets nach 2003 zurückzuführen ist.98 Der Palmer/Rae Associates- Bericht merkte an, dass es nicht zur Aufgabe von Graz 2003 gehörte, über das Kultur- hauptstadtjahr hinaus Aufgaben zu übernehmen. 2003 kam es zu einem Machtwechsel im Rathaus und die Debatten darüber, wie man zukünftig mit dem Erbe des Kultur- hauptstadtjahres umgehen könnte, setzte erst sehr spät ein. Einige Projekte wie Psalm oder Homeless Street-Soccer Cup wurden schließlich 2004 weitergeführt. Als Probleme in Bezug auf die Nachhaltigkeit nannte der Bericht u.a. die unzureichende Finanzierung in Folge, geringere Sponsoren-Einnahmen, mangelhaftes Interesse, neue politische Machtverhältnisse oder die Abwesenheit von Leadership.99

Die Frage der Nachhaltigkeit ist – da nicht einheitlich definiert - schwierig zu beantwor- ten. Eine Erweiterung der kulturellen Infrastruktur gehört sicherlich ebenso dazu wie steigende Besucherinnen- und Besucherzahlen, eine attraktive (Neu-)Positionierung, ein erhöhtes städtisches Selbstwertgefühl, der Werbewert des Titels oder eine Verbesse- rung der Standortqualität. All diese Punkte können sicherlich für beide Städte bejaht werden. In anderen Bereichen wie z.B. der langfristigen Bespielung der neu geschaffe- nen Infrastruktur bzw. der Weiterführung von Programmteilen aus dem Kulturhauptstadt- jahr ist eine Beurteilung schon wesentlich schwieriger.

97 Vgl. Joanneum Research, Institut für Technologie- und Regionalpolitik (2004). S. 10 98 Vgl. Mracek, Wenzel (2017): Kulturhauptstädte – Graz und die anderen. Kommentar vom 25. 7. 2017. In: GAT – Verein zur Förderung steirischer Kultur im Internet. Quelle in Internet: URL: http://www.gat.st/news/kulturhauptstaedte-graz-und-die-anderen, aufgerufen am 14. 4. 2018. 99 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004). P. 334. 36

3 Stadtentwicklung aus kultureller Perspektive

3.1 Stadtentwicklung als Metadisziplin Stadtentwicklung ist ein konzeptionelles Wirkungssystem, das die vorweg definierten Ziele mit den Ressourcen abgleicht, auf vorhandenen Instrumenten und Angeboten auf- baut und dabei in der Lage ist, die entscheidenden Potentiale zu nutzen und zufrieden- stellende Antworten auf die an die Stadt gestellten Herausforderungen zu geben.100 Städte befinden sich heute im unmittelbaren Wettbewerb untereinander, Unternehmen wählen nach ganz bestimmten Kriterien ihre Standorte aus. Die Kommunen sind daher gezwungen ihre Stadtentwicklung aktiv voranzutreiben und vorhandene Möglichkeiten auszunützen geeignete Erfolgspotentiale zu realisieren. Es geht in diesem Prozess vor allem darum, Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren, zu entwickeln und zu einzigarti- gen, nicht leicht zu kopierenden Ressourcen aufzubauen.101

Die Stadtentwicklung kann als eine Art Metadisziplin für die Stadtpolitik gesehen wer- den. Es geht um das Aufzeigen von Stärken und Schwächen und die entscheidende Frage, welche von ihnen weiterentwickelt werden. Dem entsprechend weit sind die un- terschiedlichen Themen und Bereiche: Wirtschaft, Soziales, Gesundheit, Bildung, Ver- kehr oder eben Kultur. Es bedarf hier vielfältiger Zugänge, zumal Stadtentwicklung tradi- tionellerweise eher eng aufgefasst wird - meist als Synonym für Stadtplanung.102 Das System der Stadtplanung umfasst ein umfangreiches Instrumentarium an Steuerungs- maßnahmen. Dieses zielt zum einen auf baulich-infrastrukturelle, zum anderen aber auch auf gesellschaftliche, soziale und kulturelle Bereiche ab.103

Der umfassende gesellschaftliche Strukturwandel der letzten Jahrzehnte stellt auch den Bereich der Stadtplanung vor neue Probleme und Herausforderungen. Mit dem Über- gang der Industriegesellschaften hin zu den Wissens-, Informations- und Dienstleis- tungsgesellschaften ist die Bedeutung lokal vorhandener Kreativität immer bedeutsamer

100 Vgl. Förster, Agnes, Langer-Wiese, Anne, Thierstein, Alain (2011): Ein Wirkungsmodell für Stadtentwicklung: Krea- tiv, attraktiv, wettbewerbsfähig. In: Frey, Oliver, Koch, Florian (Hrsg.) (2011): Die Zukunft der Europäischen Stadt. Stadtpolitik, Stadtplanung und Stadtgesellschaft im Wandel. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 105. 101 Vgl. Förster et al. (2011). S. 108. 102 Vgl. Androsch, Peter, Brunner, Bettina et al. (2015): Stadtentwicklung. In: Luger, Klaus (Hrsg.) (2015): Betreff: Lebensstadt Linz. Vernetzte Gespräche. Linz. S 38. 103 Vgl. Frey, Oliver, Koch, Florian (2011): Einführung: die Zukunft der Europäischen Stadt. In: Frey, Oliver, Koch, Florian (Hrsg.) (2011): Die Zukunft der Europäischen Stadt. Stadtpolitik, Stadtplanung und Stadtgesellschaft im Wan- del. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 14. 37

geworden. Kultur, Großevents und Images werden vermehrt von ehemals weichen zu harten Standortfaktoren. Die entsprechende Förderung von Kultur und Kreativität wird zu einem entscheidenden Anliegen der Stadtentwicklung.104

Die Stadt ist der zentrale Ort für Innovationen. Die gesamte Stadtentwicklung wird ver- mehrt bestimmt durch grundlegende Veränderungen der wirtschaftlichen, sozialen, kul- turellen und politischen Rahmenbedingungen. Als ein Musterbeispiel für den oben be- schriebenen Übergangsprozess kann exemplarisch Linz genannt werden, wo sich, wie in keiner anderen österreichischen Stadt im 20. Jahrhundert, ein dramatischer sozialer, wirtschaftlicher und demografischer Wandel vollzogen hat. Linz veränderte sich inner- halb weniger Jahrzehnte von einer grauen Stadt der Schwerindustrie zu einer innovati- ven Technologie- und Kulturstadt.105 Dieser Transformationsprozess soll im Folgenden - nach einer kurzen theoretischen Einführung - parallel und im direkten Vergleich mit der anderen österreichischen Kulturhauptstadt Graz nachvollzogen und veranschaulicht werden.

3.2 Standort- und Imagefaktor Kultur

3.2.1 Kultur als Wirtschaftsfaktor Im Rahmen der kulturwissenschaftlichen Diskussion erfolgt die Unterscheidung in einen „engen“ und einen „weiten“ Kulturbegriff. Letzterer definiert sich darüber, dass alles was nicht Natur ist, der Kultur zuzurechnen ist. Der engere Kulturbegriff hingegen umfasst Institutionen und Aktivitäten im Rahmen traditioneller Kunstsparten wie Darstellende Kunst, Bildende Kunst, Musik, Literatur, Architektur etc. Für die Stadt- bzw. Kulturent- wicklungsplanung sind beide Definitionen nicht zu gebrauchen. Der enge Kulturbegriff ist mit seiner Spartenaufteilung als zu einschränkend zu betrachten, beim weiten Kulturbe- griff verschwimmt der eigentliche Gegenstand einer Stadt- bzw. Kulturentwicklungspla- nung. Haselbach schlägt diesbezüglich einen Perspektivenwechsel vor. Ausgehend von den eingesetzten Mitteln kommunaler Kulturpolitik, vor allem in Form von Direktinvestiti- onen oder als Förderung und Subvention Dritter entsteht dann der Kulturbegriff erst mit

104 Vgl. Frey, Oliver (2008): Stadtpolitik kreativ! Aber wie? Handlungsempfehlungen zur Entwicklung einer kreativen Stadt. In: Heinrich Böll Stiftung (Hrsg.) (2008): Kreativen: Wirkung. Urbane Kultur, Wissensökonomie und Stadtpolitik. Berlin. S. 31. 105 Vgl. Janko, Siegbert (2004): Linz - Von der Stahlstadt zur Kulturstadt. In: Archiv der Stadt Linz (2004): Stadtarchiv und Stadtgeschichte. Forschungen und Innovationen. Linz. S. 608.

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der Beantwortung der Frage, wer oder was das eigentliche Ziel kommunaler Kulturpla- nung ist. D.h. es gilt festzulegen, wer von öffentlichen Zuwendungen im Kulturbereich profitiert und was durch entsprechende Subventionierung und Förderung erreicht wer- den soll.106

Die städtische Kulturpolitik ist ein integraler Bestandteil der kommunalen Daseinsvor- sorge. Alleine dadurch rechtfertigt sich die Subventionierung und Förderung von Kultur, die mittlerweile eine zentrale Bedeutung für die Standortentwicklung hat. Kulturförderung ist dabei als ein strategisches Element der Stadtentwicklung zu sehen. Es gilt die kultu- relle Infrastruktur, die eine wesentliche Grundlage für die Produktion und Vermittlung von Kultur darstellt, dauerhaft und nachhaltig weiterzuentwickeln. Dieser Aufbau einer funktionierenden kulturellen Infrastruktur kann allerdings nur mittel- bis langfristig erfol- gen und bedarf einer entsprechenden strategischen Planung. Der Deutsche Städtetag fordert diesbezüglich allerdings auch eine entsprechende Kooperation und Zusammen- arbeit zwischen den Kommunen, der Zivilgesellschaft, privaten Sponsoren und Mäzenen sowie der regionalen, freien Kulturszene.107

Kultur ist ein bedeutender städtischer Wirtschaftsfaktor. Durch das Betreiben kultureller Einrichtungen, das Ausrichten von Events, die Durchführung kultureller Aktivitäten ent- stehen auf lokaler und regionaler Ebene wichtige ökonomische Effekte. Neben den un- mittelbaren Beschäftigungseffekten durch die Bespielung von Kulturinstitutionen entste- hen vor allem Umwegrentabilitäten wie zusätzlich Umsätze im Umfeld, erhöhte Steuern und Abgaben an die Kommunen und Multiplikatoreffekte durch die Einkommensverwen- dung der im Kulturbetrieb Beschäftigten. Die lokalen Kulturbetriebe und -initiativen sind, selbst wenn sie mit öffentlichen Geldern gefördert werden, ein wichtiger Teil des städti- schen Wirtschaftskreislaufes.108

Standortfaktoren, d.h. Elemente, die einen entscheidenden Einfluss auf betriebliche Standortentscheidungen im Sinne einer Neuansiedlung oder eines Verbleibens haben, sind im unmittelbaren Wettbewerb der Städte untereinander von größter Bedeutung. Grundsätzlich lassen sich diese in weiche und harte Faktoren unterteilen. Zu den wei-

106 Vgl. Haselbach, Dieter (2017): Exkurs: Kulturbegriff und kommunale Kulturentwicklungsplanung. In: Tröndle, Mar- tin (Hrsg.) (2017): Kulturkonzeption. Stadtentwicklung und Kulturpolitik am Beispiel der Stadt Ravensburg. Wiesba- den. S. 25 f. 107 Vgl. Deutscher Städtetag (2013): Standortfaktor Kultur. Positionspapier des Deutschen Städtetages. Berlin. S. 1 ff. 108 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 186. 39

chen, qualitativen, bewertungstechnisch schwer zu fassenden Standortfaktoren zählen u.a. Image, innovatives und kreatives Milieu, Wirtschaftsklima, Kultur und Kulturangebot, Bildung, Freizeit oder die soziale Infrastruktur. Harte Standortfaktoren wie Absatzmärkte, Gewerbeflächen, Arbeitsmarkt, Energiekosten, Verkehrsanbindung, Forschungseinrich- tungen oder Förderangebote lassen sich hingegen ökonomisch zumeist leicht quantifi- zieren.109 Kultur, die zunehmend zu einem Motor für Wachstum und Beschäftigung wird, hat sich in den letzten Jahren immer mehr von einem weichen Standortfaktor, mit dem man bestenfalls Werbung betreiben kann, zu einem harten Standortfaktor entwickelt. Man kann Kultur mittlerweile als einen wirklich relevanten Wirtschaftsbereich wahrneh- men.110

3.2.2 Alleinstellungsmerkmale als Erfolgsfaktoren

3.2.2.1 Kulturelle Infrastruktur Eine nachhaltige kulturelle Infrastruktur im unmittelbaren Zusammenhang mit Überle- gungen zur Stadtentwicklung benötigt zeitgemäße, partizipative Governance-Strukturen. Mehrere Punkte müssen dabei Berücksichtigung finden. Es bedarf dazu u.a. einer Öff- nung der Kultureinrichtungen, einer Schaffung von Freiräumen sowie Räumen der Kommunikation und der Begegnung. Auf den Aufbau neuer Netzwerke und Kooperatio- nen ist dabei ebenso zu achten wie die Möglichkeit auf Teilhabe und Partizipation, nied- rigschwelligen Zugang, Vermittlungsarbeit sowie die Berücksichtigung der kulturellen Vielfalt.111

Kultur ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung einer Gesellschaft. Pros- perierende Kommunen verfügen daher für gewöhnlich über eine entsprechende kulturel- le Infrastruktur, die die Eigenständigkeit und Individualität der eigenen Stadt entspre- chend zum Ausdruck bringt. Zum Bereich der kulturellen Infrastruktur gehören dabei u.a. Bauten und kulturelle Institutionen, Theater, Museen, Galerien, Orchester, Produktions- stätten, die freie Szene, Events, Kunst- und Kulturveranstaltungen, Festivals, Open-Air- Veranstaltungen, Ausstellungen, aber auch Einrichtungen der kulturellen Bildung wie

109 Vgl. Umlauf, Konrad (2008): Kultur als Standortfaktor. Öffentliche Bibliotheken als Frequenzbringer. Heft 245. Ber- liner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Berlin. S. 10. 110 Vgl. Hirschler, Herbert (2004): „Kultur ist mehr als ein weicher Standortfaktor“. Kulturpolitische Mitteilungen Nr. 104 I/2004. Bonn. S. 18. 111 Vgl. Kolland, Dorothea (2011): Kulturelle Infrastruktur und soziale Stadtentwicklung. Für einen Paradigmenwechsel im Verständnis kultureller Infrastruktur und deren Planung. Kulturpolitische Mitteilungen Nr. 133, II/2011. Bonn. S.40 f. 40

etwa Musikschulen, Bibliotheken oder Volkshochschulen.112 Aber nicht nur der Errich- tung von Kulturbauten (Hardware) sowie deren Auslastung in Form kultureller Veranstal- tungen und Aktivitäten (Software), sondern auch den Bereichen der Kreativität und der Innovationskraft kommt für die positive kulturelle Entwicklung einer Stadt große Bedeu- tung zu.113

3.2.2.2 Positionierung, Image und Städtewettbewerb Die attraktive internationale Positionierung von Städten hängt wesentlich von den ange- botenen kulturellen Aktivitäten sowie deren Attraktivität und Unterscheidbarkeit ab. Es ist eine Aufgabe kommunaler Kulturpolitik Alleinstellungsmerkmale und Unverwechselbar- keiten im Wettbewerb zwischen den Städten zu schaffen. Durch gezielte Investitions- maßnahmen in die kulturelle Infrastruktur kann eine erfolgreiche Imagepolitik betrieben werden, die den Standort langfristig stärkt und die Stadt für die Wohnbevölkerung attrak- tiver macht.114

Eine Stadt, die im Wettbewerb bestehen will, benötigt ein eigenständiges, unverwech- selbares kulturelles Profil mit dem entsprechend abgeleiteten kulturellen Leitbild, das wiederum als Vorlage für die entsprechenden kulturpolitischen Handlungskonzepte dient.115 Für die kulturelle Positionierung gewinnt der langfristige und nachhaltige Pro- zess der Markenbildung immer mehr an Bedeutung. Der Schwerpunkt liegt hier bei der Wiedererkennung, dem Aufbau von Reputation und Loyalität sowie dem Abgrenzen und Differenzieren gegenüber den Mitbewerbern.116

Um Image und Identität zusammenzubringen, bedarf es eines entsprechenden Bran- dings - die Kommune muss zur Marke werden. Bestes Beispiel ist etwa die internationa- le Marke European Capital of Culture. Auf dieser Marke aufbauend, muss nun jede teil- nehmende Stadt selbst bestrebt sein, im Rahmen dieser Plattform die eigene Marke zu forcieren um vom Titel Kulturhauptstadt Europas langfristig zu profitieren. Auch Instituti-

112 Vgl. Vgl. Deutscher Städtetag (2013). S. 2. 113 Vgl. Jost, Frank (2016): Kultur als Triebfeder für eine positive Stadtentwicklung. vhw FWS 3 / Mai – Juni 2016. Berlin. S. 113. 114 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 183. 115 Vgl. Sliwka, Reinhard (2011): Kommune. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 99. 116 Vgl. Pöllmann, Lorenz (2011): Marke. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 236.

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onen wie etwa die UNESCO betreiben Branding als Wettbewerb. Sie verleiht nicht nur den Titel „Weltkulturerbe“, sondern auch Dauermarken für Creative Cities.117 Die Städte bzw. Regionen stehen in einem harten Wettbewerb untereinander und kämpfen um die besten Plätze gegeneinander. Es geht dabei im Endeffekt um Wirtschaftlichkeit, Le- bensqualität, Arbeitsplätze und Profit. Mit Hilfe von Topplätzen in diversen Städteran- kings wird versucht, ein entsprechend positives Image von der Stadt in der breiten Öf- fentlichkeit zu schaffen und damit die Standortwahl für sich zu entscheiden. Die Adres- saten von Städterankings sind zum einen Investoren und Unternehmen, die sich wirt- schaftliche Vorteile davon versprechen, zum anderen Privatpersonen, die an einer ent- sprechenden Lebensqualität interessiert sind.118

3.2.2.3 Kultur- und Kreativwirtschaft Unter dem Begriff der Kultur- und Kreativwirtschaft sind jene Betriebe und Unternehmen zu verstehen, die in erster Linie einer erwerbswirtschaftlichen Orientierung unterliegen, d.h. die sich primär nicht über öffentliche Gelder oder Zuwendungen, sondern durch den Markt finanzieren. Zur Kulturwirtschaft zählt man i.d.R. die Musik-, die Film- und Rund- funk- und die Designwirtschaft, den Kunst-, den Buch-, den Presse- und den Architek- turmarkt sowie den Markt für darstellende Künste. Als Kreativbranchen werden der Werbemarkt sowie der Digital- und Softwarebereich betrachtet.119 Die Kulturwirtschaft trägt mit ihrem Kreativpotential zur Entwicklung und Förderung kreativer Milieus bei und hat die Aufgabe gute Rahmenbedingungen für die ökonomische und kulturelle Entwick- lung einer Stadt zu schaffen. Wirtschaft und Kultur werden dabei nicht als gegensätzli- che Bereiche betrachtet, sondern sie beeinflussen sich gegenseitig positiv. Vorausset- zung für eine gut funktionierende Kulturwirtschaft ist eine aktive kommunale Kulturpolitik und umgekehrt.120

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist seit einigen Jahren in vielen europäischen Städten ein wichtiges kommunales Handlungsfeld. Es geht dabei im Wesentlichen darum, Ziele der Stadtentwicklung und der Kulturförderung mit ökonomischen Zielen in Einklang zu bringen. In einer vergleichenden ILS-Studie, die sich mit den kommunalen Strategien

117 Vgl. Prisching, Manfred (2011). S. 94. 118 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 24. 119 Vgl. Reich, Mathias Peter (2013): Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland. Hype oder Zukunftschance der Stadtentwicklung. Wiesbaden. S. 15 f. 120 Vgl. Deutscher Städtetag (2013). S. 4. 42

und Konzepten der Städte Berlin, Manchester, Amsterdam und Linz auseinandergesetzt hat, wurden u.a. folgende gemeinsame Erfolgsfaktoren festgestellt: eine Vielzahl unter- schiedlicher, nebeneinander bestehender Handlungskonzepte, eine große Bandbreite an strategischen Leitbildern, Grundlagenstudien zur Kultur- und Kreativwirtschaft oder Gründungszentren als zentrale Bausteine für die Unternehmen der Kultur- und Kreativ- wirtschaft.121

3.3 Kulturentwicklung am Beispiel der beiden Kulturhauptstädte Linz und Graz: ein historischer Rückblick in drei Etappen

Rückblickend auf die letzten hundert Jahre haben Linz und Graz eine unterschiedliche kulturelle Entwicklung durchlaufen. Gemeinsam ist ihnen dabei allerdings der Titel Euro- päische Kulturhauptstadt, der für beide Kommunen einen Meilenstein und einen vorläu- figen Höhepunkt in ihren Bestrebungen darstellt sich über den Faktor Kultur sowohl na- tional als auch international neu zu definieren und schlussendlich auch zu positionieren. Nachfolgend wird der jeweilige kulturelle Werdegang von Linz und Graz überblicksmä- ßig in drei Etappen skizziert. Die erste Periode beschäftigt sich mit dem Zeitraum des beginnenden 20. Jahrhunderts bis 1945. Anschließend erfolgt eine Betrachtung der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre. Auf die letzten 30 Jahre, d.h. auf die Kulturpolitik der beiden Landeshauptstädte beginnend mit den späten 1980er bzw. den frühen 1990er Jahren bis herauf in die Gegenwart, konzentrieren sich anschließend in den nachfolgenden Kapiteln die weiteren Untersuchungen.

3.3.1 Die Zeit vor 1945 Linz galt bis weit in das 20. Jahrhundert primär als provinziell und verfügte zu diesem Zeitpunkt über kein nennenswertes kulturelles Profil wie etwa andere österreichische Landeshauptstädte, beispielsweise Salzburg oder Graz. Kultur wurde um bzw. kurz nach der Jahrhundertwende kaum öffentlich, sondern hauptsächlich in Privatvereinen gepflegt und war konservativ bis nationaldeutsch geprägt.122 Nach dem Zusammen- bruch der Monarchie wurde in Linz unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister

121 Vgl. ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung GmbH (2008): Kreative Ökonomie und Kreative Räume: Kultur- und Kreativwirtschaft in der integrierten Stadtentwicklung. Dortmund. S. 15 f. 122 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 43. 43

Josef Dametz - analog zum „Roten Wien“ - ein umfangreiches Wohnbauprogramm, wel- ches bis heute das Stadtbild noch mitprägt, initiiert. Vorsitzender des parteiinternen Bil- dungsausschusses war der spätere Bürgermeister Ernst Koref, der u.a. eine eigene Kunststelle einrichtete, um durch preisliche Vergünstigungen mehr Menschen den Zu- gang zu kulturellen Veranstaltungen zu ermöglichen.123 Linz kann - rein kulturell betrach- tet - im Vergleich zu anderen österreichischen Städten, allen voran Wien, als eine relativ junge Stadt gesehen werden. In den 1920er und 1930er Jahren konnte sich Linz auf Initiative der Arbeiterbewegung über die Stadtgrenzen hinaus mit einigen Großveranstal- tungen im öffentlichen Raum erstmals profilieren, die bereits als Vorläufer für das später praktizierte Prinzip der „Kultur für alle“ gesehen werden konnten. Der öffentliche Raum wurde bespielt und es gab bereits erste innovative Anzeichen für die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Technologien. Das 1928 aufgeführte Monumentalprojekt „Die Flam- men der Nacht“ kann heute im Nachhinein als eine Art erste Linzer Klangwolke betrach- tet werden.124

Der große Umbruch, der das Image von Linz als Stahlstadt nachhaltig und über Jahr- zehnte hinweg prägen und beeinflussen sollte, erfolgte 1938 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Adolf Hitler hatte Linz den mehr als zweifelhaften Ruhm einer „Patenstadt des Führers“ zuteilwerden lassen. Die relativ kleine Gewerbe- und Handels- stadt mit einer zu diesem Zeitpunkt nur mäßig entwickelten Industrie sollte zu einer mehr als 400.000 Einwohnerinnen und Einwohner umfassenden, monumentalen Kulturmetro- pole an der Donau ausgebaut werden.125 Wenngleich die meisten dieser Größenwahn- Ideen glücklicherweise nicht mehr realisiert wurden, kam es mit der Ansiedelung der „Hermann-Göring-Werke“ im Osten der Stadt zur Errichtung weitflächiger Industrieanla- gen. Linz wurde zu einem bedeutenden Standort der Schwerindustrie.126 Insgesamt hat die NS-Zeit Linz eine bis in die Gegenwart anhaltende Prägung gegeben. Die Linzer Historikerin Birgit Kirchmayr merkt diesbezüglich Folgendes an: „Die Idee und Propa- ganda von der „Heimatstadt des Führers“ wirkte allerdings nachhaltig und bestimmte die Linzer Kulturpolitik und die kulturelle und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der Stadt bis heute.“127

123 Vgl. Kirchmayr, Birgit (2008): Kultur- und Freizeiträume in Linz im 20. Jahrhundert. Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2005/2006. Archiv der Stadt Linz. Linz. S. 29 ff. 124 Vgl. Janko, Siegbert (2004). S. 608 f. 125 Vgl. Katzinger Willibald, Mayrhofer, Fritz (1990): Geschichte der Stadt Linz. Band II. Von der Aufklärung zur Ge- genwart. Linz. S. 314. 126 Vgl. Janko, Siegbert (2004). S. 609. 127 Kirchmayr, Birgit (2008). S. 217. 44

Im Gegensatz zur oberösterreichischen kann die steirische Landeshauptstadt auf eine lange kulturelle Tradition zurückblicken. Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts setz- te man mit einem eher konservativen heimatverbundenen Kulturbegriff einen bewussten Kontrapunkt zur Wiener „Moderne“, danach startete man mit der Avantgarde im deut- schen Sprachraum durch. Graz, die viertgrößte Stadt innerhalb der österreichischen Reichshälfte galt gegen Ende des 19. Jahrhunderts als ein deutschnationales Zentrum, an dem die meisten Errungenschaften und Innovationen der „Moderne“ des Fin de Siècle spurlos vorüber gingen.128 Man verfügte bereits frühzeitig über eine gut ausge- baute kulturelle Infrastruktur. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestanden beispielsweise in der traditionsreichen Theaterstadt Graz bereits zwei große Schauspiel- bzw. Musik- häuser, nämlich die neue Oper und das Theater am Franzensplatz, dem heutigen Schauspielhaus. Es gab in Graz zahlreiche Erstaufführungen, darunter u.a. Stücke von Gerhart Hauptmann und Henrik Ibsen oder die von Richard Strauss persönlich dirigierte österreichische Erstaufführung seiner Salome 1906.129

Besonders literarisch war die Stadt an der Mur ein sehr fruchtbarer Boden. Zu den meistgelesenen Grazer Autoren zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Peter Rosegger, der sich mit seiner heimatverbundenen steirischen Dichtung großer Beliebtheit erfreute. Um Franz Schütz versammelten sich einige junge Dichter und gründeten den Künstler- bund „Freiland“ und auch der Steirische Schriftstellerbund leistete seinen Beitrag zum literarischen Geschehen in der Grazer Zwischenkriegszeit.130 1923 kam es zur Grün- dung der Grazer Sezession. Die neue Künstlervereinigung versuchte vor allem auf dem Gebiet der Malerei und der Architektur neue, moderne Wege zu gehen, die sich in der internationalen Kunstszene bereits durchgesetzt hatten.131

Während Linz in der NS-Zeit als „Patenstadt des Führers“ tituliert wurde, haftete Graz der ebenso zweifelhafte Ruf als „Stadt der Volkserhebung“ an. Nach dem Anschluss 1938 sollte Graz zum politischen Verwaltungszentrum der „Südmark“ des Deutschen Reiches werden. Als Hauptstadt des „Grenzgaues“ und „Stadt der Volkserhebung“ ran- gierte Graz ebenfalls in der Rangordnung der NS-Städte auf höchster Ebene und wurde

128 Vgl. Karner, Stefan (2000): Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur. Graz, Wien, Köln. S. 25. 129 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 85 f. 130 Vgl. Lambauer, Hannes (2003): Literatur und Theater. In: Brunner, Walter (Hrsg.) (2003): Geschichte der Stadt Graz. Band 3. Kirche – Bildung – Kultur. Graz. S. 572 ff. 131 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 211. 45

mit den großen Städten in Deutschland gleichgestellt.132 Ähnlich wie in Linz, waren auch in „Groß-Graz“ zahlreiche überdimensionierte, im Endeffekt nicht realisierte Architektur- projekte, wie beispielsweise ein gigantischer Ausbau des Grazer Schlossbergs, ge- plant.133 Während das Image von Linz als Stahlstadt mit dem Bau der „Hermann-Göring- Werke“ für die kommenden Jahrzehnte festgelegt wurde, hatte die NS-Zeit keine unmit- telbare und nachhaltige Bedeutung für die zukünftige kulturelle Entwicklung und Positio- nierung von Graz. Was beiden Städten allerdings gemeinsam geblieben ist, ist die Ver- antwortung gegenüber der eigenen Stadtgeschichte und die Notwendigkeit ihrer lücken- losen Aufarbeitung.

Während Linz zu Beginn des 20. Jahrhunderts über keinerlei kulturelles Profil verfügte und erst in der Zwischenkriegszeit mit ersten Kunstaktionen im öffentlichen Raum für überregionales Aufsehen sorgte, konnte Graz auf eine reiche kulturelle, eher boden- ständig-heimatverbundene Tradition zurückblicken. Dementsprechend unterschiedlich waren auch die Ausgangssituationen der beiden Städte. Die NS-Zeit brachte sowohl für Linz als auch für Graz Veränderungen mit sich, wenngleich diese für die oberösterrei- chische Landeshauptstadt ungleich einschneidender ausfielen. Zum einen prägte die Ansiedlung der Schwerindustrie stark das Image der Stadt bis in die 1980er Jahre, zum anderen beeinflusste die massive Vereinnahmung von Linz durch Adolf Hitler nachhaltig die weitere Linzer Kulturpolitik.

3.3.2 Die Nachkriegszeit bis Ende der 1980er Jahre Die Situation für die weitere kulturelle Entwicklung von Linz war unmittelbar nach 1945 keine einfache. Zum einen galt es einen Rückfall in die Provinzialität zu vermeiden, zum anderen bedurfte es einer ganz klaren Abgrenzung von der nationalsozialistischen Ideo- logie.134

Es gab daher bereits frühzeitig die entsprechenden politischen Anstrengungen unter dem bereits in der Zwischenkriegszeit aktiven neuen Linzer Bürgermeister Ernst Koref sehr deutliche Akzente in Richtung Moderne und künstlerische Offenheit zu setzen. In der Ära Koref kam es u.a. zur Errichtung einer Kunstschule, der heutigen Universität für

132 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 221. 133 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 287. 134 Vgl. Janko, Siegbert (2004). S. 609. 46

künstlerische und industrielle Gestaltung, zur Gründung der Volkshochschule, die im Wesentlichen auf der Tradition der Arbeiterbildungsvereine fußte, zum Ausbau der städ- tischen Büchereien sowie zum Aufbau eines vielfältigen Kulturangebots.135

Linz verfügte lange Zeit kaum über eine nennenswerte kulturelle Infrastruktur. Erst Mitte der 1970er Jahre begann man mit der Errichtung wichtiger Kunst- und Kultureinrichtun- gen. 1974 kam es zur Eröffnung des Brucknerhauses sowie zur erstmaligen Durchfüh- rung des Internationalen Brucknerfestes. Weitere wichtige Meilensteine auf dem Weg von Linz zur Kulturstadt waren das „Forum Metall“ und das „Forum Design“. Das Image der Stadt wurde zu dieser Zeit aber auch nachhaltig durch die Linzer Klangwolke und das Festival Ars Electronica geprägt.136 Linz versuchte sich verstärkt als Kulturstadt zu positionieren. Die 1970er Jahre waren vor allem geprägt durch das partizipative Konzept „Kultur für alle“. Die von Hilmar Hoffmann entwickelte Konzeption sah im Wesentlichen einen unlimitierten, barrierefreien und unbeschränkten Zugang zu Kunst und Kultur vor und sollte in der weiteren kulturellen Entwicklung von Linz noch eine große Rolle spielen.137

Mitte der 1980er Jahre war Linz - wie viele andere industriell geprägte Städte - von massiven strukturellen Umbrüchen betroffen. Durch die Stahlkrise kam es zum Verlust vieler Arbeitsplätze im Bereich der Industrie. Als Stadt galt es nun diesen Strukturwandel erfolgreich zu meistern, ein neues Bild von sich selbst zu finden.138 Linz hatte aber in den 1980er Jahren nicht nur mit der Krise in der Verstaatlichten-Industrie, sondern vor allem auch mit schweren Umweltproblemen, die durch Schadstoffemissionen entstan- den sind, zu kämpfen.139 Die Kommune hat mit einem umfangreichen städtischen In- vestitions- und Wirtschaftsprogramm reagiert, um den Standort für Investoren attraktiver zu gestalten. Es kam u.a. zum Bau des Design Centers, der Errichtung neuer Industrie- parks sowie zum Ausbau der Naturwissenschaftlichen Fakultät an der Johannes Kepler Universität. Man setzte sich das Ziel, die sauberste Industriestadt Österreichs zu wer- den. Gleichzeitig wurden die Weichen dahin gehend gestellt, den Wandel von der klas- sischen Industriestadt hin zu einer modernen, progressiven Kultur- und Technolo- giestadt erfolgreich zu vollziehen. Kultur und Industrie sollten in Zukunft als Alleinstel-

135 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 44 f. 136 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008a). S. 56. 137 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008): S. 12. 138 Vgl. Fuchs, Ulrich (2006). S. 42 f. 139 Vgl. Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008a). S. 63. 47

lungsmerkmal gegenüber anderen Städten gemeinsam nebeneinander stehen. Es kam in Folge zu fruchtbaren Vernetzungen zwischen der Industrie und Wirtschaft auf der ei- nen und der Kunst und Kultur auf der anderen Seite.140

Die „neue“ Kulturpolitik in der Steiermark und in Graz setzte in den späten 1950er Jah- ren erste entscheidende Akzente. Ziel war ein eigenständiges, von Wien oder Salzburg - Linz war zu dieser Zeit noch keine unmittelbare Konkurrenz - unabhängiges Konstrukt, eine Entprovinzialisierung sowie die Modernisierung des kulturellen Lebens. Kulturlan- desrat Hanns Koren, einer der späteren Hauptinitiatoren des steirischen herbstes, nutzte dazu das reichlich vorhandene Potential an Personen und kulturellen Einrichtungen. Er versuchte dabei eine Brücke zwischen der Tradition auf der einen und der Moderne auf der anderen Seite zu schlagen. In den Folgejahren manifestierte sich dieser neue An- satz von Kulturpolitik organisatorisch in zahlreichen Veranstaltungsreihen, Events und Künstlervereinigungen. Viele Persönlichkeiten aus den Bereichen Literatur, Musik, Geis- teswissenschaften, Architektur oder Malerei fanden eine neue, geförderte Heimstätte. Von diesem Diskurs profitierte die Grazer Kulturszene infolge für einige Jahrzehnte. Die unnmittelbare Resultate waren u.a. das Forum Stadtpark, trigon oder der steirische herbst.141

Ein verfallenes Grazer Stadtpark-Café war 1958 der Ausgangspunkt für die spätere Gründung einer legendären Grazer Kulturinstitution, dem Forum Stadtpark. Erklärtes Ziel der Initiatoren war die Förderung von Talenten sowie der internationale Austausch von Ideen.142 Künstlerinnen und Künstler aller Sparten stellten die Weichen für den Start in die Moderne und veränderten dabei nachhaltig die bis dahin konservative Kulturland- schaft in Graz. Das Forum Stadtpark bekannte sich zu einer zeitgenössischen, radikalen und richtungsweisenden Kulturpolitik.143 Das Forum Stadtpark strahlte weit über die Grenzen des Landes hinaus. In Graz setzte man bewusst, im Gegensatz zur Evolution in Linz, auf eine „Revolution im Stadtpark“144. Im Jahr 1963 fand die erste „Steirische Biennale“, die trigon 63, statt. Prominente Vertreterinnen und Vertreter der zeitgenössi- schen Kunst aus Italien, Jugoslawien und Österreich präsentierten ihre Werke in Graz. Diese Veranstaltung sollte mitten im Kalten Krieg und über ideologische Blöcke hinweg

140 Vgl. Janko, Siegbert (2004). S. 611 f. 141 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 471 f. 142 Vgl. Schöpfer, Gerald, Teibenbacher, Peter (1995): Graz seit 1945. Daten, Fakten, Kommentare. Unsere Zeitge- schichte, Band 2. Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Graz. S. 79. 143 Vgl. Lambauer, Hannes (2003). S. 591. 144 Karner, Stefan (2000). S. 480. 48

Graz zu einem speziellen Ort der Begegnung machen. Die Intention war, jungen Künst- lerinnen und Künstlern über alle Grenzen hinweg die Möglichkeit eines friedlichen Aus- tausches ihrer Ideen einzuräumen.145

Ein weiteres Erfolgsformat aus den späten 1960er Jahren war der steirische herbst. Auch hier war wieder die Grundidee, sich mit der internationalen Moderne künstlerisch auseinanderzusetzen. Er fand sich in den vielen Jahren seines Bestehens aufgrund zahlreicher Provokationen immer wieder im Mittelpunkt öffentlicher Kritik.146 In Koopera- tion mit dem steirischen herbst entstand auch das musikprotokoll. Diese Konzertreihe wurde seit 1968 im Rahmen des Festivals durchgeführt. In den 1950er und 1960er Jah- ren war Graz auch eine heimliche Hauptstadt des Jazz. Zahlreiche internationale Jazz- größen traten immer wieder in der Stadt auf. An der Akademie für Musik und darstellen- de Kunst in Graz wurde 1965 erstmalig in Europa ein eigenes Institut für Jazz eingerich- tet.147 Graz spielte in dieser Zeit aber gerade auch im Bereich der Literatur eine große Rolle. Rund um das Forum Stadtpark hatten sich Mitte der 1960er Jahre zahlreiche jun- ge Autorinnen und Autoren, darunter u.a. Alfred Kolleritsch, Barbara Frischmuth, Wolf- gang Bauer, Peter Handke oder Gerhard Roth zur „Grazer Gruppe“ zusammengefun- den. Diese Gruppe diente vor allem dem gegenseitigen Austausch und der Vernetzung. Es einte sie ihre gemeinsame Grundhaltung gegen reaktionäres Denken sowie der Wi- derstand gegen alles Provinzielle.148

Aus Protest gegen die Anschauungen des PEN-Clubs als Sammelbecken konventionel- ler österreichischer Autoren wurde 1973 auf Initiative von Ernst Jandl im Rahmen des Forum Stadtparks die „Grazer Autorenversammlung“ gegründet, deren erster Vorsitzen- der H. C. Artmann wurde.149 Im Jahr 1985 wurde mit der styriarte ein neues Festival für Alte Musik geschaffen. Als Schwerpunkt wurde die Musik zwischen Mittelalter und Romantik definiert, die es möglichst authentisch im Sinne einer historischen Auffüh- rungspraxis zu interpretieren galt. Mit der styriarte wollte man den gebürtigen Grazer Dirigenten Nikolaus Harnoncourt enger an seine Heimatstadt binden.150

145 Vgl. Schöpfer, Gerald, Teibenbacher, Peter (1995). S. 99. 146 Vgl. Schöpfer, Gerald, Teibenbacher, Peter (1995). S. 124. 147 Vgl. Staudacher, Ilse (2003): Musik in Graz. In: Brunner, Walter (Hrsg.) (2003): Geschichte der Stadt Graz. Band 3. Kirche – Bildung – Kultur. Graz. S. 708 f. 148 Vgl. Lambauer, Hannes (2003). S. 592. 149 Vgl. Lambauer, Hannes (2003). S. 598. 150 Vgl. Staudacher, Ilse (2003). S. 711. 49

In Linz gab es nach 1945 im Kulturbereich einen enormen Aufholbedarf. Vor allem Ernst Koref setzt hier erste richtungsweisende Akzente. Allerdings gab es bis in die 1970er Jahre, bis zum Bau des Brucknerhauses und der Durchführung erster Festivals wie der Ars Electronica oder dem Brucknerfest kaum eine nennenswerte kulturelle Infrastruktur in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Ganz anders lag die Situation in Graz. Hier kam es ab Ende der 1950er Jahre zu einem radikalen Umbruch in der Kulturpolitik, man setzte nunmehr weniger auf Tradition, sondern vielmehr auf Avantgarde und Mo- derne. Die steirische Landeshauptstadt war kulturell ein sehr fruchtbarer Boden für die Gründung zahlreicher innovativer Initiativen und Kulturinstitutionen wie beispielsweise Forum Stadtpark oder steirischer herbst. Vor allem aber auch im Bereich der Literatur startete man in Graz durch.

3.3.3 Die frühen 1990er Jahre bis heute Zu Beginn der 1990er Jahre verstärkten sich die bereits angelaufenen Bestrebungen der Linzer Kommunalpolitik unter Bürgermeister Franz Dobusch, den geplanten Image- wechsel von der staubigen Stahl- und Industriestadt hin zu einer Technologie- und Kul- turstadt sichtbar zu vollziehen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Erarbei- tung eines eigenen Kulturentwicklungsplans. 36 Expertinnen und Experten erarbeiteten infolge ein normatives Grundsatzpapier, das die wesentlichen Prioritäten, Leitlinien und Rahmenbedingungen für die zukünftige Linzer Kulturpolitik festlegte. Dieser erste Kul- turentwicklungsplan wurde 2000 vom Linzer Gemeinderat ebenso wie die Errichtung des neuen Lentos Kunstmuseums beschlossen.151

Schwerpunkte im Kulturentwicklungsplan waren Technologie und Neue Medien, Kultur für alle, Offene Räume sowie die Freie Szene. Das Arbeitspapier wurde von Anfang an bewusst als „work in progress“ verstanden.152 Der Kulturentwicklungsplan 2000 hatte eine außerordentlich nachhaltige Wirkung auf die weitere Kulturpolitik und kulturelle Entwicklung von Linz. Es wurde deutlich sichtbar, dass in Linz Kultur ein wichtiger, ein entscheidender Bestandteil der Stadtentwicklung ist. Die oberösterreichische Landes- hauptstadt gab mit dem ersten Kulturentwicklungsplan ein deutliches Bekenntnis, dass Kultur und Kunst einen wichtigen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Stadt und der

151 Vgl. Schachl, Sandra (2015). S. 46. 152 Vgl. Magistrat Linz, Kulturdirektion (2000): Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/kep/k-start.htm, aufgerufen am 20.4. 2018. 50

Lebensqualität ihrer Bewohnerinnen und Bewohner leisten, ab. Vor allem die Bereiche Technologie und Neue Medien sollten bei der geplanten Neupositionierung zukünftig eine entscheidende Rolle spielen.153

Im Zentrum standen dabei das bereits seit 1979 bestehende Festival Ars Electronica, das seinerzeit die weltweit erste Veranstaltungsreihe für Kunst, Technologie, Wirtschaft und Wissenschaft war, der seit 1985 verliehene Prix Ars Electronica, der einer der wich- tigsten globalen Preise für Computerkunst ist, sowie das 1996 errichtete Ars Electronica Center – Museum of the Future (AEC). Bei Letzterem handelt es sich um ein For- schungslabor für die diversen Bereiche neuer Informationstechnologien und Medien. Die Ars Electronica und das AEC hatten von Beginn an die Aufgabe die lokalen und regiona- len Ressourcen und Kompetenzen in den Bereichen Kunst und Kultur, Wirtschaft, Wis- senschaft und Technologie zu bündeln und zu vernetzen.154 Große Bedeutung hatte auch das im Kulturentwicklungsplan verankerte Konzept der Kultur für alle. Möglichst alle Linzerinnen und Linzer sollte dabei eingebunden werden, sollten sich im umfangrei- chen Kulturangebot der Stadt wiederfinden. Es wurden dabei u.a. große Open-Air- Veranstaltungen wie etwa das Pflasterspektakel oder das LINZFEST ins Leben gerufen. Die Kulturpolitik zielte darauf ab, allen Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit zu geben, ohne finanzielle Hindernisse, völlig barrierefrei, an kulturellen Aktivitäten teil- zunehmen.155

Das erklärte Ziel in den 1990er Jahren war es, Linz mittel- bis langfristig als eine Stadt der Kultur und der Technologie neu zu positionieren. Ein wichtiger Meilenstein auf den Weg dorthin war auch der Titel Europäische Kulturmonatstadt. Diese Veranstaltung wurde bis 2003 alljährlich von der Europäischen Union an eine mittelgroße, europäische Stadt vergeben und 1998 durfte Linz diesen Kulturmonat durchführen. Die Stadt erhielt dadurch die Möglichkeit, ihr neues kulturelles Selbstverständnis kompakt einem interna- tionalen Publikum zu präsentieren. Im Mittelpunkt der 30 Projekte, die von über 2000 Künstlerinnen und Künstlern umgesetzt wurden, stand wieder die Linzer Symbiose von Technologie, Gesellschaft und Kultur.156 Zu diesem Zeitpunkt reifte auch der Ent- schluss, sich für den Titel Kulturhauptstadt Europas 2009 zu bewerben. Die im Jahr

153 Vgl. Janko, Siegbert (2011). S. 443. 154 Vgl. Janko, Siegbert (2004). S. 612 f. 155 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 53. 156 Vgl. Magistrat Linz (2018n): Europäischer Kulturmonat 1998. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/1031.asp, aufgerufen am 20. 4. 2018. 51

2004 eingereichte Bewerbung enthielt bereits die wesentlichen Schwerpunkte und Leitli- nien des späteren Kulturhauptstadt-Programms. Die offizielle Ernennung erfolgte schließlich 2005.157

Das Projekt Kulturhauptstadt Europas ist als ein vorläufiger Höhepunkt in der kulturellen Entwicklung von Linz zu sehen. Im Vorfeld von Linz09 ist es zu einem weiteren, massi- ven Ausbau der kulturellen Infrastruktur gekommen. So wurden z.B. der Wissensturm, das AEC, der Südflügel des Schlosses, die Landesbibliothek, das Atelierhaus Salzamt, die voestalpine Stahlwelt neugebaut bzw. erneuert und saniert.158 Die Erfahrungen aus dem Kulturhauptstadtjahr sind in Folge in den neuen Kulturentwicklungsplan eingeflos- sen, der 2013 vom Linzer Gemeinderat verabschiedet wurde und die neu definierten Schwerpunkte Potentiale fördern, Stadt öffnen, Zugänge schaffen und Chancengleich- heit erhöhen, beinhaltet.159 Seit 2014 ist Linz zusätzlich Mitglied des Creative Cities Network und trägt den Titel UNESCO City of Media Arts. Diese Auszeichnung ist zu- gleich ein Auftrag für Linz sich zukünftig noch stärker in den Bereichen Digitale Medien- kunst und Kreativwirtschaft weiterzuentwickeln und entsprechend zu positionieren.160

Während in Linz Anfang der 1990er Jahre die Weichen auf Zukunft gestellt wurden, zeigten sich in Graz, wo man auf eine jahrhundertealte Tradition als kulturelles Zentrum zurückblicken konnte, zu Ende des 20. Jahrhunderts Ermüdungserscheinungen. Die Kulturpolitik hatte etwas an Kraft, an Originalität und Elan verloren. Die dominierenden Kunstschaffenden der 1960er Jahre, die Avantgarde des Forum Stadtpark oder des stei- rischen herbstes waren in die Jahre gekommen. Letzterer war zu einem großen Festival herangewachsen und wurde im Wesentlichen nur mehr verwaltet, die Grundidee des trigon wurde durch die politischen Ereignisse in Mittel- und Osteuropa obsolet und das Forum Stadtpark hatte an frischen Schwung verloren.161 Wenngleich es bis Mitte der 1990er Jahre weiterhin eine wichtige Position innerhalb der österreichischen Kultursze- ne innehatte, schwand jedoch die internationale Bedeutung im deutschsprachigen Raum. Das lag zum einen an einem Qualitätsverlust, zum anderen aber auch im gerin- geren Bekanntheitsgrad der nachrückenden Schriftstellergeneration. Man lebte zuneh-

157 Vgl. Schachl, Sandra (2015). S. 47. 158 Vgl. Vgl. Janko, Siegbert (2011). S. 446. 159 Vgl. Magistrat Linz (2013): Kulturentwicklungsplan neu der Stadt Linz. Linz. S.5. 160 Vgl. Magistrat Linz (2018m): Linz – UNESCO City of Media Arts. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/cityofmediaarts.asp, aufgerufen am 20.4. 2018. 161 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 532. 52

mend von der Erinnerung der vergangenen Erfolge.162 Gleichzeitig wurde allerdings Kultur zu einem immer wichtigeren wirtschaftlichen Faktor. Die Stadtverantwortlichen setzten dabei auf Großveranstaltungen und die Organisation von Events. Im Jahr 1993 organisierte Graz – quasi als Trostpflaster für die Nichtberücksichtigung für den Titel Kulturhauptstadt Europas im selben Jahr – den Europäischen Kulturmonat. 1998 kam es zur erstmaligen Austragung von La Strada, dem internationalen Straßen- und Figuren- festival und der Diagonale, dem Festival des österreichischen Films. Auch die Premiere des Jazzsommers Graz ging im selben Jahr über die Bühne.163

Anfang der 1990er Jahre nahm das Cultural City Network Graz seine Arbeit auf und ging dabei dem Ziel nach, Kontakte und kulturelle Beziehungen zwischen unterschiedlichen Städten im zentraleuropäischen Raum zu knüpfen. Im Vordergrund stand dabei die Bil- dung multilateraler Partnerschaften und Kooperationen. Der Schwerpunkt lag auf dem südosteuropäischen Raum. Inhaltlich ging es u.a. um die Unterstützung diverser interna- tionaler Kulturprojekte, die Abhaltung von Konferenzen oder die gemeinsame Umset- zung von Kunstprojekten.164 Graz setzte aber auch wichtige europaweite Impulse mit dem „Internationalen Städteforum“ und revitalisierte seinen Altstadtkern, was infolge zur Erklärung als UNESCO-Weltkulturerbe im Jahr 1999 führte.165

Graz befindet sich mit dieser Auszeichnung in einem elitären Kreis von ungefähr 900 Weltkulturerbe-Stätten und hat sich dabei auch gleichzeitig dazu verpflichtet, das histori- sche Erbe, nämlich die innerstädtische Bausubstanz zu erhalten und darauf zu achten, dass sich moderne Architektur harmonisch in das über Jahrhunderte gewachsene Stadtbild einfügt und ein gleichzeitiges Nebeneinander von Alt und Neu ermöglicht wird. Im Jahr 2010 wurde schließlich das Grazer Weltkulturerbe um das Schloss Eggenberg erweitert.166 Analog zu Linz kann auch in Graz die Abhaltung des Kulturhauptstadtjahres als der Meilenstein in der kulturellen Entwicklung der Stadt gesehen werden. Rund um diesen Mega-Event bzw. im Vorfeld wurde seitens der Stadt Graz und des Landes Steiermark ebenfalls massiv in die kulturelle Infrastruktur investiert. So wurde u.a. die Mur-Insel, das Kunsthaus, die Helmut-List-Halle, das Kindermuseum, das Literaturhaus,

162 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 535. 163 Vgl. Mösinger, Tanja (2010). S. 38. 164 Vgl. Cultural City Network Graz (2018): Das CCN – Graz. Quelle in Internet: URL: http://www.ccn-graz.net/, aufge- rufen am 23. 4. 2018. 165 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 534. 166 Vgl. Magistrat Graz (2018j): UNESCO Weltkulturerbe. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10135889/8033447/UNESCO_Weltkulturerbe.html, aufgerufen am 23. 4. 2018. 53

der Grazer Flughafen und der Bahnhof sowie der Grazer Hauptplatz neugebaut, adap- tiert, erweitert oder renoviert.167 Neben tangiblen Effekten wie der Schaffung von zusätz- lichen Arbeitsplätzen oder der Steigerung von Übernachtungszahlen hat Graz 2003 vor allem auch intangible Effekte wie Kompetenz-, Netzwerk- und Werbeeffekte mit sich ge- bracht.168

Aus dem Kulturhauptstadtjahr heraus entwickelte sich der Grazer Kulturdialog, der erst- mals Ende 2003 stattfand und Grundlage für die weitere Kulturplanung für die Stadt sein sollte. Im Mittelpunkt dieses ersten Kulturdialogs standen das abgelaufene Kulturhaupt- stadtjahr, das kulturelle Stadtprofil sowie die weitere Kulturentwicklung. Infolge kam es u.a. auch zur Einrichtung von Fachbeiräten sowie zu einer jährlichen Erstellung eines städtischen Kulturberichts.169 Auch Graz ist ebenso wie Linz Mitglied im Creative Cities Network und trägt seit 2011 den Titel UNESCO City of Design. Als inhaltliche Schwer- punkte wurden u.a. die Stärkung der Grazer Kreativwirtschaft durch internationale Ko- operationen und Wissensaustausch, der Kapazitätsaufbau innerhalb der Design- Community, die Förderung der Sichtbarkeit von Design-Städten sowie ganz allgemein die Attraktivierung der Stadt als starker Standort für die Bereiche Kultur, Bildung, Wis- senschaft und Wirtschaft festgelegt.170

Während die Kulturpolitik in Linz zu Beginn der 1990er Jahre zunehmend Fahrt auf- nahm, waren in Graz kurzfristig leichte Ermüdungserscheinungen festzustellen. Beide Städte entwickelten allerdings infolge neue, teilweise sehr erfolgreiche Formate und sammelten erste internationale Erfahrungen mit kulturellen Großprojekten im Rahmen des Europäischen Kulturmonats und richteten schlussendlich – als jeweils größten Er- folg – das Projekt Europäische Kulturhauptstadt aus. Die Grazer Altstadt wurde zusätz- lich noch zum Weltkulturerbe ernannt. In den letzten Jahren engagierten sich sowohl Linz als auch Graz im Creative Cities Network und waren dabei bestrebt ihre Stärken und Alleinstellungsmerkmale - digitale Medienkunst und Kreativwirtschaft in Linz bzw. Design und Kreativwirtschaft in Graz - weiter konsequent auszubauen.

167 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2004). S. 3. 168 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 28 169 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 141. 170 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018a): UNESCO Creative Cities. Auf Kreativität setzen, nachhaltige Stadtentwicklung fördern. Quelle in Internet: URL: https://www.unesco.at/kultur/unesco-creative-cities/, aufgerufen am 23. 4. 2018.

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3.4 Kommunale Kulturpolitik im Vergleich Städtische Kulturpolitik bedeutet aktives kommunales Handeln im Kulturbereich. Es geht dabei um die Unterstützung und Förderung künstlerischer Aktivitäten, die Schaffung ge- eigneter, kulturfreundlicher Rahmenbedingungen sowie um die Sicherung der infrastruk- turellen Grundlagen.171 Kulturpolitik findet dabei nicht im luftleeren Raum statt, sondern sie ist immer auch ein Spiegelbild der gesellschaftlichen und politischen Ordnung.172 Moderne kommunale Kulturpolitik soll darüber hinaus mit der Bevölkerung und der Wirt- schaft in eine positive Wechselwirkung treten, Austausch- und Informationsprozesse initiieren, Vielfalt und kulturelle Breite sicherstellen, bei Fragen der Finanzierung unter- stützend mitwirken und Kooperationen zwischen Kulturschaffenden und Entscheidungs- trägern bei der Vergabe öffentlicher Förderungen ermöglichen. Kulturpolitik ist ein Teil der Gesellschaftspolitik, identitätsstiftend und fördert Teilhabe und Partizipation. Sie si- chert die Versorgung der städtischen Bevölkerung mit den entsprechenden kulturellen Angeboten.173

3.4.1 Gremien städtischer Kulturpolitik Das oberste Organ ist in Linz und Graz, wie in jeder anderen Gemeinde auch, der Ge- meinderat soweit es sich um Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich handelt. Ihm sind die wichtigsten Entscheidungen zur Beschlussfassung vorzulegen. Des Weiteren sind dem Gemeinderat sämtliche anderen Organe der Stadt direkt verantwortlich.174 In Linz setzt sich der Gemeinderat aus 61 Mitgliedern zusammen. Die Stadtregierung be- steht aus den acht Mitgliedern des Linzer Stadtsenats. Die Zuständigkeit für die kulturel- len Angelegenheiten obliegt aktuell der Kulturreferentin Stadträtin Doris Lang- Mayerhofer. Sie steht dem Ausschuss für Kultur und Tourismus vor. In diesem Gremium werden Entscheidungen in kulturellen Angelegenheiten – vor der eigentlichen Be- schlussfassung im Gemeinderat – vorberaten und aufbereitet. Organisatorisch zuständig ist die Geschäftsstelle Kultur und Bildung unter der Leitung von Kulturdirektor Julius Stieber, der dabei u.a. für die kulturstrategische Planung der Stadt, für die Mitgliedschaft von Linz im UNESCO-Netzwerk der Creative Cities sowie die Bereiche Kunst- und Kul-

171 Vgl. Wagner, Bernd (2011): Kulturpolitik. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 183. 172 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 33. 173 Vgl. Joanneum Research, Institut für Technologie- und Regionalpolitik (2004a): Graz 2003 – Langfristige Chancen zum Erhalt der induzierten ökonomischen Effekte des Kulturhauptstadtjahres. Graz. S. 28. 174 Vgl. Magistrat Linz (2018k): Der Linzer Gemeinderat. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/politik_verwaltung/6232.asp, aufgerufen am 26. 4. 2018. 55

turförderung oder die Organisation und Durchführung eigener Kulturveranstaltungen zuständig ist.175 Der Grazer Gemeinderat besteht aus insgesamt 48 Mandatarinnen und Mandataren, die Stadtregierung umfasst sieben Mitglieder. Politischer Referent für den Bereich Kultur (ohne Stadtbibliotheken) ist Stadtrat Günter Riegler. Die Vorberatungen finden im Ausschuss für Kultur und Wissenschaft statt. Mit der Leitung des Kulturamts betraut ist Michael Grossmann, in dessen Verantwortungsbereich u.a. die Unterstützung des kulturellen Lebens in Graz durch gezielte Förderungen sowie die Vermittlung kultu- reller Kontaktaufnahmen mit Kommunen im mitteleuropäischen Raum liegt.176

Sowohl Linz als auch Graz verfügen darüber hinaus jeweils über ein beratendes Gremi- um, das sich aus externen Kulturexpertinnen und -experten zusammensetzt. Der Linzer Stadtkulturbeirat (SKB) ist eine Plattform, die sich mit der kulturellen Entwicklung von Linz und der daraus abgeleiteten Kulturarbeit kritisch auseinandersetzt. Zu seinen Auf- gaben gehören das Setzen von Initiativen, das Aufzeigen neuer kultureller Perspektiven sowie die Anregung von Evaluierungsmaßnahmen. Der SKB besteht aus 24 Personen aus unterschiedlichen Kultursparten und -branchen und hat eine ausschließlich beraten- de Funktion in kulturpolitischen und künstlerischen Fragen der Stadt.177 Der Grazer Kul- turbeirat besteht aus 23 Mitgliedern und dient als Beratungsorgan im Bereich der strate- gischen Kulturentwicklung bzw. für die Entwicklung kultureller Großprojekte. Er versteht sich als eine Lobby für die künstlerische und kulturelle Produktion. Der Kulturbeirat ist dabei weder operativ tätig, noch fungiert er als ein Vergabegremium. Die Stadt Graz verfügt darüber hinaus über ein weiteres Beratungsgremium, die Fachbeiräte. Die ins- gesamt neun Fachbeiräte, die jeweils für unterschiedliche Kultursparten zuständig sind, dienen als Grundlagen für Entscheidungen über die Vergabe von Subventionen durch die Stadt und sollen die Transparenz der Förderungsentscheidungen erhöhen.178

3.4.2 Kulturentwicklungsplanung Es gibt unterschiedliche Ansätze und Formen kultureller Planung. Neben dem wichtigs- ten Instrument, dem Kulturentwicklungsplan (KEP) sind hier beispielsweise noch der Kulturplan, das Kulturprofil, der Kulturperspektivenplan, kulturpolitische Leitlinien oder

175 Vgl. Magistrat Linz (2018k), aufgerufen am 26. 4. 2018. 176 Vgl. Magistrat Graz (2018c): Politik. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10287765/7686275/Politik.html, aufgerufen am 26. 4. 2018. 177 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 112. 178 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 23. 56

Kulturrahmenplanung und ähnliche zu nennen.179 Der Kulturentwicklungsplan fokussiert dabei primär auf die kulturelle Infrastruktur und die kulturelle Entwicklung der Stadt oder Region. Es geht grundsätzlich um die Eruierung von Stärken und Schwächen. Der KEP sollte die wesentlichen strategischen Ziele der Kulturpolitik beinhalten.180

Die systematische Planung der kulturellen Entwicklung ist für eine progressiv ausgerich- tete, erfolgsorientiert Kulturpolitik von entscheidender Bedeutung. Auf die Notwendigkeit eines starken und eigenständigen kulturellen Profils wurde bereits eingegangen. Der dafür notwendige Entwicklungsprozess sollte ein umfangreicher, öffentlicher Diskurs sein.181 Die beiden Städte Linz und Graz haben diesbezüglich jeweils einen völlig ande- ren Weg eingeschlagen. Während Linz seit dem Jahr 2000 auf einen – bereits einmal erneuerten – Kulturentwicklungsplan setzt, ist Graz diesbezüglich im Anschluss an das Kulturhauptstadtjahr 2003 den völlig anderen Weg eines dialogischen Prozesses ge- gangen.

3.4.2.1 Kulturentwicklungsplan am Beispiel Linz Der Linzer Gemeinderat hat im März 2000 einstimmig einen Kulturentwicklungsplan ver- abschiedet. Dieses Positionspapier enthielt die wesentlichen Rahmenbedingungen, Pri- oritäten und Leitlinien für die zukünftige Kulturpolitik der oberösterreichischen Landes- hauptstadt. Er wurde auf der Basis eines breit angelegten, partizipatorischen und demo- kratischen Prozesses erarbeitet.182 Im Gegensatz zu anderen Städten, wo es ebenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits kulturpolitische Konzepte und Leitlinien gegeben hatte, war der Linzer Kulturentwicklungsplan nach Ansicht des damaligen Kulturdirektors Siegbert Janko „das erste kulturpolitische Konzept einer österreichischen Stadt, das Leitlinien und Konzepte für eine systematische kulturelle Neupositionierung vorgibt, also für eine langfristige und zielgerichtete Neugestaltung von Linz“183. Inhaltlich bekannte sich der KEP u.a. deutlich zu einer kulturpolitischen Schwerpunktsetzung in den Bereichen der Technologie und der Neuen Medien, definierte Kultur als öffentliche Aufgabe und formu- lierte die zukünftigen Grundsätze der Kulturförderung und -politik. Das Ziel Linz zur Kul-

179 Vgl. Morr, Markus (2011): Kulturentwicklungsplanung. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 141 f. 180 Vgl. Morr, Markus (2011). S. 138. 181 Vgl. Sliwka, Reinhard (2011). S. 99. 182 Vgl. Magistrat Linz (2000). Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz. Beschluss des Gemeinderates der Stadt Linz am 2. März 2000. Linz. S. 2. 183 Janko, Siegbert (2004). S. 620. 57

turhauptstadt Europas zu machen, wurde ebenfalls in den KEP hineingeschrieben.184 Knapp dreizehn Jahre und ein Kulturhauptstadtjahr später wurde der Kulturentwick- lungsplan neu vom Linzer Gemeinderat verabschiedet. Er stützt sich auf die vier Säulen, Chancengleichheit erhöhen, Potentiale fördern, Zugänge schaffen und Stadt öffnen. Die Erfahrungen von Linz09 sind dabei ebenso eingeflossen wie die Ergebnisse der Evaluie- rungen der Kulturpolitik der vergangenen Dekade. Explizit wird dabei nochmals betont, dass Kunst und Kultur als ein wesentlicher Teil der Stadtentwicklung betrachtet werden müssen.185

3.4.2.2 Dialogischer Prozess am Beispiel Graz Während Linz - ebenso wie beispielsweise Salzburg186 - bereits zwei Kulturentwick- lungspläne verabschiedet hat, ist Graz bewusst einen anderen Weg in Sachen Kul- turentwicklung gegangen. Ende der 1990er Jahre - als Linz bereits den ersten KEP- Prozess initiiert hatte - beschloss man in Graz zwei Stadtentwicklungskonzepte, eröffne- te sich mit der Aufnahme in die Weltkulturerbeliste der UNESCO eine weitere „Entwick- lungsschiene“ und konzentrierte sich auf die Bewerbung zur Europäischen Kulturhaupt- stadt.187 Es gab diesbezüglich allerdings auch Kritik. Es wurde etwa angemerkt, dass ein Kulturleitbild die Grundlage für Planungen im Kulturbereich sei und Graz eben diese Grundlagenplanung – im Gegensatz zu anderen Städten – nicht entsprechend betreiben würde.188 Im Kulturhauptstadtjahr 2003 startete man schließlich mit dem Grazer Kul- turdialog. Rund 300 Grazer Kulturschaffende diskutierten die weitere kulturelle Entwick- lung und das kulturelle Profil der Stadt. Es ging dabei vor allem um die kulturelle Infra- struktur und die Vergabekriterien städtischer Fördermittel. Die Kulturschaffenden wünschten sich diesbezüglich mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Es kam in Folge zur Einrichtung des bereits erwähnten Kulturbeirates und von neun Fachbeiräten. Eine weitere Forderung des 1. Grazer Kulturdialogs war die jährliche Erstellung eines städtischen Kulturberichts.189

184 Vgl. Magistrat Linz (2000). S. 8 ff. 185 Vgl. Magistrat Linz (2013). S. 6 f. 186 Vgl. Stadt Salzburg, Magistratsabteilung 2 – Kultur, Bildung und Wissen (2014): Kulturleitbild / Kulturentwicklungs- plan II der Stadt Salzburg. Salzburg. S. 5. 187 Vgl. Magistrat Graz, Kultur- und Sportausschuss (2003): Grazer Kulturdialog. Informationsbericht an den Gemein- derat. Graz. S. 2 f. 188 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 26. 189 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 20 f. 58

Im Rahmen des Kulturdialogs wurde grundsätzlich festgehalten, dass ein entsprechen- des Kulturprofil seit Jahren vorhanden sei, dieses aber weiter nach den Grundsätzen der Interdisziplinarität, der Pluralität und der Kontinuität auszubauen sei. Stärken seien ent- sprechend zu forcieren. Interessant ist diesbezüglich, dass in diesem Zusammenhang exemplarisch auch die neue Medienkunst angesprochen wurde. Auch für den Bereich der Kulturförderung wurden einige Ziele bzw. Gestaltungsprinzipien genannt wie etwa die Einsetzung von Jurys und Beiräten, die transparente und unbürokratische Förder- vergabe oder etwa auch ein Bekenntnis zur Bespielung des öffentlichen Raums wie es in Linz bereits seit den 1970er Jahren der Fall war.190 Als konkrete Projekte der Kul- turentwicklung im Rahmen des dialogischen Prozesses wurden u.a. die Weiterentwick- lung der Positionierung der Diagonale, die Einrichtung eines fixen Budgets für die Freie Szene oder die Entkoppelung eines Kinder- und Jugendkulturbudgets angedacht.191 Es gab bis dato sieben Folgeveranstaltungen des Grazer Kulturdialogs. 2008 erfolgte im Grazer Gemeinderat ein Beschluss zur „Mittelfristigen Kulturentwicklung“. Schwerpunkt- themen, die sich im Rahmen der Kulturdialoge herauskristallisiert hatten, wurde infolge in einem „work in progress“ weiterentwickelt. Der vorerst achte und letzte Kulturdialog fand 2015 zum Thema „Das Miteinander des Verschiedenen“ – Offener Denkraum für künstlerische und kulturelle Handlungsstrategien statt.192

3.4.3 Kulturfinanzierung und -förderung als Aufgabe der öffentlichen Hand Die österreichischen Bundesländer und deren Gemeinden geben im Jahr ca. 1,6 Milliar- den Euro für den Bereich Kultur aus. Oberösterreich liegt dabei mit einer Pro-Kopf- Ausgabe von 213 Euro knapp über dem, das Land Steiermark mit 196 Euro ziemlich am österreichweiten Durchschnitt von 193 Euro.193 Bei einer für das Jahr 2005 erhobenen Umfrage der Kulturausgaben der Landeshauptstädte in Bezug auf die Gesamtausgaben des ordentlichen Haushalts nahm Bregenz mit 8,6 Prozent den Spitzenplatz ein. Graz mit 5,19 Prozent und Linz mit 4,4 Prozent lagen jeweils nur im Mittelfeld.194

190 Vgl. Magistrat Graz, Kulturabteilung (2004): Kunst- und Kulturbericht der Stadt Graz 2003. Graz. S. 26 f. 191 Vgl. Magistrat Graz, Kultur- und Sportausschuss (2003). S. 7. 192 Vgl. Magistrat Graz (2018d): Kulturentwicklung. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.graz.at/kulturamt/64, aufgerufen am 27. 4. 2018. 193 Vgl. Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung KG (2016): Regionalwirtschaftliche Analyse der Umweg- rentabilität der Ausgaben im Kulturbereich. Eine regionalwirtschaftliche Analyse für das Bundesland Oberösterreich. August 2016. Innsbruck. S. 23 f. 194 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 16. 59

Es lassen sich grundsätzlich drei Säulen der Kulturfinanzierung ausmachen. Zuschüsse erfolgen national aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Stadt, des Bundeslandes oder des Bundes, die eigenen Einnahmen setzen sich aus den Umsatzerlösen wie Entgelten, Mitgliedsbeiträgen, Nutzungsgebühren, aus Merchandising, Licensing oder sonstigen betrieblichen Erträgen zusammen und Drittmittel schließlich können entweder öffentliche Unterstützungsleistungen sein oder aus den Bereichen Sponsoring und Fundraising luk- riert werden.195 Nachfolgend wird nur auf die erste Säule der Zuschüsse, Subventionen und Förderungen der öffentlichen Hand näher eingegangen. Die Förderung von Kultur rechtfertigt sich durch den Umstand, dass städtische Kulturpolitik ein integraler Bestand- teil kommunaler Daseinsvorsorge ist.196 Der Deutsche Städtetag weist dabei auf die Notwendigkeit hin, dass städtische Kulturpolitik nachhaltig finanziert werden muss. Da die finanzielle Absicherung für viele Städte mittlerweile zur großen Herausforderung ge- worden ist, sind gerade auch die Länder verstärkt aufgefordert, die Städte bei der Wahr- nehmung ihrer kulturellen Aufgaben entsprechend zu unterstützen.197

Die Stadt Linz betrachtet Kultur grundsätzlich als eine öffentliche Aufgabe und der Ge- meinderat hat mit der Verabschiedung der beiden Kulturentwicklungspläne eine klare Absichtserklärung hinsichtlich Kunst- und Kulturförderung abgegeben. Insbesondere die Schaffung von Freiräumen und offenen Strukturen sowie die Stärkung der Freien Kultur- szene standen dabei im Mittelpunkt der Förderpolitik. Als Schwerpunkte wurden u.a. die Förderung gemeinsamer Produktionsstätten z.B. im Bereich der Neuen Medien, die Förderung prozessorientierter Projekte, die Bereitstellung von Risikokapital für innovati- ve Kulturprojekte oder die Bereitstellung von Veranstaltungshardware gesetzt. Darüber hinaus wurden mehrjährige Subventionszusagen gegeben. Da die Stadt immer wieder auch selbst als Veranstalter auftritt, besteht zusätzlich die Möglichkeit junge, noch nicht etablierte Kulturschaffende entsprechend zu fördern.198 Grundsätzlich lassen sich die Kulturförderungen der Stadt in zwei Gruppen untergliedern: in Strukturförderungen wie die Bereitstellung von entsprechender Hardware oder die Förderung von Kulturinitiativen und -vereinigungen sowie die Individual- und Projektförderung in Form von Auftragsar- beiten oder Direktankäufen.199

195 Vgl. Hausmann, Andrea (2011): Finanzierung. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 57 f. 196 Vgl. Deutscher Städtetag (2013). S. 1. 197 Vgl. Deutscher Städtetag (2013). S. 3. 198 Vgl. Magistrat Linz (2018g): Leitfaden durch die Kunst- und Kulturförderung der Stadt Linz: Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/2270.asp, aufgerufen am 27. 4. 2018. 199 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 55. 60

Die Stadt Graz hat bereits im Jahr 1993 erstmalig Richtlinien für die Vergabe von Sub- ventionen beschlossen. 2004 wurden als ein Resultat des Kulturdialogs für insgesamt neun Sparten Fachbeiräte eingesetzt. Diese Fachbeiräte beurteilen die eingelangten Subventionsansuchen und sprechen Empfehlungen aus, die dem Kulturstadtrat als Grundlage für die Entscheidung dienen.200

Auch die Stadt Graz sieht Kultur als einen unverzichtbaren gesellschaftlichen Beitrag und möchte mit ihrer Subventionsvergabe sowohl Einzelpersonen als auch Projekte, kulturelle Institutionen und Initiativen entsprechend unterstützen.201 Die Stadt Graz ver- fügt darüber hinaus seit 2003 über einen jährlichen Kunst- und Kulturbericht nach der LIKUS-Systematik. LIKUS (Länder-Initiative Kultur-Statistik) wurde 1995 zwischen Bund und Bundesländern als österreichweiter Standard eingeführt. Es gibt dabei insgesamt 16 Hauptkategorien, die in die fünf übergeordneten Domänen Kulturelles Erbe, Darstellen- de Kunst, Visuelle Kunst, Buch und Presse, Audiovisueller und Transversaler Bereich unterteilt werden. Das LIKUS-System ist von den Verwaltungsstrukturen unabhängig, geht dabei über die Tätigkeitsbereiche des Grazer Kulturamtes hinaus und bezieht Kul- tur- und Förderausgaben anderer Geschäftsstellen mit ein.202

Die beiden Landeshauptstädte bekennen sich im Linzer Kulturentwicklungsplan bzw. im Rahmen des Grazer Kulturdialoges klar zur Notwendigkeit einer kommunalen Kunst- und Kulturförderung im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Es kommen dabei so- wohl Strukturförderungen als auch individuelle Projektförderungen zum Einsatz. In Linz werden die einzelnen Maßnahmen der Kunst- und Kulturförderung im Rahmen des Rechnungsabschlusses203 (Budgetgruppe 3 – Kunst, Kultur und Kultus, ordentlicher und außerordentlicher Haushalt) sowie im Subventions- und Transferbericht204 ausgewiesen. Graz hingegen verfügt seit 2003 über einen eigenen Kulturbericht205, der auf dem LIKUS-System aufbaut und eine entsprechende Transparenz und Nachvollziehbarkeit ermöglicht.

200 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 13. 201 Vgl. Magistrat Graz (2018g ): Förderungen. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.graz.at/kulturamt/5, aufgeru- fen am 28. 4. 2018. 202 Vgl. Magistrat Graz, Kulturamt (2017): Kunst- und Kulturbericht 2016. Graz. S. 9. 203 Vgl. Magistrat Linz (2018o): Rechnungsabschluss 2016. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/politik_verwaltung/RA2016.asp, aufgerufen am 28.4. 2018. 204 Vgl. Magistrat Linz (2016): Subventions- und Transferbericht 2015. Linz. S. 22 ff. 205 Vgl. Magistrat Graz, Kulturamt (2017): Kunst- und Kulturbericht 2016. Graz. S. 10 ff. 61

3.4.4 Ausgewählte Schwerpunkte kommunaler Kulturpolitik in Linz und Graz Nachfolgend sollen anhand von insgesamt fünf Themenbereichen die wesentlichen Elemente der Kulturpolitik von Linz und Graz der vergangenen drei Jahrzehnte noch- mals im Detail schwerpunktmäßig aufgezeigt werden. Jedem dieser ausgewählten Themenblöcke wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Städte werden dabei herausgearbeitet und aufgezeigt.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit der kulturellen Infrastruktur, Kapitel 5 mit den Akteurinnen und Akteuren, die diese entsprechend bespielen. Kapitel 6 setzt sich mit der jeweiligen Programmgestaltung des Kulturhauptstadtjahres auseinander. Im Kapitel 7 geht es um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Linz und Graz und im Kapitel 8 stehen der Aufbau von Netzwerken und Kooperation sowie die Teilnahme an nationalen und inter- nationalen Kultur- und Städteprojekten im Vordergrund.

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4 Hard- und Software: die kulturelle Infrastruktur

4.1 Kulturelle Einrichtungen, Angebote und Sparten Die kulturelle Infrastruktur einer Stadt spielt – wie bereits erörtert – eine entscheidende Rolle als Standortfaktor. Nicht alle Sparten werden dabei als gleich wichtig betrachtet. Es ist die Aufgabe einer Kommune die entsprechenden Schwerpunkte zu setzen und ein eigenständiges, unverwechselbares Kulturprofil infolge zu entwickeln.206 Das kulturelle Feld einer Stadt ist für gewöhnlich durch eine große Anzahl von Einrichtungen, Instituti- onen und Initiativen gekennzeichnet. Die Statistik untergliedert in ihrer alljährlich erscheinenden Kulturstatistik in die Bereiche Museen, baukulturelles Erbe, Volkskultur, Archive, Bibliotheken, Theater und Musik, Festspiele und Festivals, Kinos und Filme, Hörfunk und Fernsehen, visuelle Kunst, Bücher und Presse sowie Ausbildung und Wei- terbildung.207 Eine LIquA-Studie im Auftrag des Österreichischen Städtebunds teilt die kulturellen Einrichtungen und Angebote u.a. in die Bereiche Museen, Ausstellungshäu- ser und Galerien, Architektur und baukulturelles Erbe, Theater und Tanz, Musik, Festi- vals und Veranstaltungen, Film und Kino, Literatur, Foto, Neue Medien, Freie Szene ein.208

4.2 Hardware: Investitionen in die bauliche Infrastruktur Beide Landeshauptstädte verfügen über eine sehr umfangreiche bauliche Infrastruktur im Kulturbereich auf die im Folgenden nicht im Detail eingegangen werden kann. Ledig- lich jene Kulturbauwerke, die in den eigentlichen Beobachtungszeitraum fallen bzw. die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr stehen, werden kurz erörtert. Linz hat bis Mitte der 1970er Jahre - im Gegensatz zu Graz - kaum über eine nennenswerte kulturelle Infrastruktur verfügt. Der Startschuss in eine neue Ära erfolgte mit dem Bau des Brucknerhauses, es folgten die Adaptierung des Stadtmuseums Nor- dico, der Bau des Ars Electronica Center sowie die Errichtung des Posthofs und zahlrei- cher anderer Gebäude und Institutionen.209 Ende der 1990er Jahre kam es schließlich zu einem richtigen kultureller Bauboom. Sowohl die Stadt Linz, als auch das Land

206 Vgl. Deutscher Städtetag (2013). S. 2. 207 Vgl. Statistik Austria (2016): Kulturstatistik 2014. Wien. S. 13 f. 208 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 93 – 110. 209 Vgl. Dobusch, Franz (2008): Von der Stahlstadt zur Kulturstadt: Kultur und Kreativität in Linz. In: SPÖ Linz-Stadt (Hrsg.): 20 gute Jahre für Linz. Bürgermeister Franz Dobusch: 137 ff.

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Oberösterreich haben einige zentrale Projekte, die durchaus schon im Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr gesehen werden konnten, realisiert. So wurde 2003 das Lentos Kunstmuseum Linz im Donaubereich in unmittelbarer Nähe zum Brucknerhaus - als Teil der „Linzer Kulturmeile“ - errichtet. Aus der ehemaligen Sammlung Wolfgang Gurlitt und den Beständen der Neuen Galerie entstand im Laufe von 50 Jahren eine um- fassende Sammlung österreichischer Gegenwartskunst, die im Lentos eine neue Heimat gefunden hat.210 Eine weitere wichtige Investition in die kulturelle Zukunft von Linz war die Errichtung des zum Lernort ausgebauten Wissensturms, der u.a. die Volkshoch- schule, die Stadtbibliothek, die Medienwerkstatt und ein Lernzentrum unter einem Dach beherbergt.211

Das Land Oberösterreich leistete mit dem Ausbau des Schlossmuseums (Südflügel) sowie der Errichtung der Bruckneruniversität, dem Offenen Kulturhaus und der Landes- bibliothek ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Vervollständigung der Linzer Infrastruk- tur.212 Ebenfalls rechtzeitig vor Beginn des Kulturhauptstadtjahrs wurde vonseiten der Stadt Linz das Atelierhaus Salzamt213 als neue Kultureinrichtung ins Leben gerufen so- wie der Erweiterungsbau des 1996 errichteten Ars Electronica Centers (AEC) fertigge- stellt. Die Stadt Linz verfügt mit dem AEC über ein richtungsweisendes Museum der Zu- kunft, in dem an der Verschmelzung unterschiedlicher Kunst-, Technologie- und Wis- senschaftsrichtungen gearbeitet wird.214 2013 schließlich erhielt Linz sein neues Musik- theater, eines der modernsten Opernhäuser Europas am Volksgarten, das die Sparten Oper, Operette, Ballett und Musical umfasst.215 Eine Sonderstellung nimmt die Linzer Tabakfabrik ein. Die Stadt Linz hat das denkmalgeschützte Bauwerk von Pop und Beh- rens 2009 angekauft und nutzt es für die weitere Stadtentwicklung. Am Rand der östli- chen Innenstadt gelegen, bildet die Tabakfabrik als neues Zentrum der oberösterreichi- schen Kreativwirtschaft zum einen die Fortsetzung zur Linzer Kulturmeile, zum anderen stellt sie eine Art Brückenkopf zum Hafen- und Industrieareal dar.216

210 Vgl. Kirchmayr, Birgit (2008). S. 135. 211 Vgl. Magistrat Linz (2018e): Wissensturm. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/wissensturm/, aufgerufen am 4. 5. 2018. 212 Vgl. Janko, Siegbert (2011). S. 442. 213 Vgl. Magistrat Linz (2018f): Atelierhaus Salzamt. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/salzamt.asp, aufgerufen am 4. 5. 2018. 214 Vgl. Ars Electronica Center (2018): Ars Electronica. Quelle in Internet: URL: https://www.aec.at/news/, aufgerufen am 4. 5. 2018. 215 Vgl. Landestheater Linz (2018): Musiktheater. Quelle in Internet: URL: https://www.landestheater- linz.at/musiktheater, aufgerufen am 4. 5. 2018. 216 Vgl. Amesberger, Gunter (2011): Gedanken zur Stadtentwicklung von Linz. In: Luger, Klaus, Mayr, Johann (Hrsg.) (2011): Stadtgesellschaft. Werte und Positionen. Linz. S. 557.

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Graz gilt bereits seit geraumer Zeit als ein besonderer Ort der Architektur. Vor allem die Grazer Schule, der es nicht um regionale Ausrichtung, sondern primär um einen eige- nen Beitrag zum Internationalismus ging, hat ab den 1960er Jahren städtebauliche Ak- zente gesetzt.217 Die Stadt an der Mur verfügte bereits Anfang der 1990er Jahre über eine entsprechende Infrastruktur im Kulturbereich. Der nachfolgende Schwerpunkt liegt aber auch - analog zu Linz - in der steirischen Landeshauptstadt bei jenen bedeutenden baulichen Investitionen in die kulturelle Infrastruktur, die rund um die Jahrtausendwende und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr unternommen wur- den. Das architektonische Highlight war diesbezüglich sicherlich das Kunsthaus Graz, welches allerdings nicht zu Beginn von Graz 2003, sondern erst gegen Ende des Kul- turhauptstadtjahres von den Baukränen befreit und offiziell eröffnet wurde.218 Das am rechten Murufer situierte Bauwerk (Spitzname „Friendly Alien“) wirkt aufgrund seiner blauen, über das Bauskelett gestülpten Plastikhülle sehr spektakulär. Das biomorphe Gebilde der preisgekrönten Architekten Peter Cook und Colin Fournier gilt heute als ei- nes der architektonischen Wahrzeichen von Graz.219 Das Kunsthaus wurde als ein Aus- stellungsort für moderne und zeitgenössische Kunst konzipiert, verfügt als Teil des Jo- anneums über keine eigene Sammlung und organisiert vor allem interdisziplinäre Aus- stellungen zu zeitgenössischen, gesellschaftspolitischen Fragestellungen.220

Die feierliche Eröffnung der Helmut-List-Halle fand im Rahmen der Eröffnungsfeierlich- keiten zum Kulturhauptstadtjahr statt. Eine alte Fabrikshalle mutierte zu einem innovati- ven und multifunktionalen Veranstaltungszentrum, das je nach Produktion eine variable und flexible Raumgestaltung zulässt.221 Ein Jahr zuvor wurde bereits die Stadthalle Graz als eine ebenfalls architektonisch anspruchsvolle Multifunktions- und Mehrzweckhalle in Betrieb genommen. Sie dient vor allem als Veranstaltungsort für Kongresse, Konzerte und Großveranstaltungen.222 Ein bleibendes, nachhaltig wirkendes Bauwerk, das Pro- grammbestandteil des Kulturhauptstadtjahres war, ist die Insel in der Mur. Der New Yor-

217 Vgl. Biedermann, Gottfried (2003): Kunstgeschichte der Stadt Graz. In: Brunner, Walter (Hrsg.) (2003): Geschichte der Stadt Graz. Band 3. Kirche – Bildung – Kultur. Graz. S. 513 f. 218 Vgl. Schmickl, Gerald (2003): Blasen, Kräne und Schatten. Graz als „Kulturhauptstadt 2003“ – eine Zwischenbi- lanz. Onlineausgabe Wiener Zeitung vom 19. 9. 2003. Quelle in Internet: URL: https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wz_reflexionen/kompendium/162134_Blasen-Kraene-und- Schatten.html, aufgerufen am 5. 5. 2018. 219 Vgl. Biedermann, Gottfried (2003). S. 519. 220 Vgl. Universalmuseum Joanneum (2018): Kunsthaus Graz. Quelle in Internet: URL: https://www.museum- joanneum.at/kunsthaus-graz, aufgerufen am 5. 5. 2018. 221 Vgl. Staudacher, Ilse (2003). S. 726. 222 Vgl. mcg graz (2018): Stadthalle Graz. Quelle in Internet: URL: http://www.mcg.at/stadthallegraz/stadthalle- graz.php, aufgerufen am 5.5. 2018.

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ker Künstler Vito Acconci verankerte diese außergewöhnliche Architektur, die sowohl als Plattform als auch als Brücke dient, mitten im Fluss. 2017 wurde die Insel generalsa- niert. Aktuell wird seitens der Stadt Graz der Versuch unternommen die Insel im Rah- men einer kombinierten Mehrfachnutzung wieder vermehrt für künstlerische oder de- signaffine Veranstaltungen und Events attraktiv zu machen.223 Ebenfalls neu im Kultur- hauptstadtjahr gegründet wurde das Literaturhaus Graz, das sich in einem revitalisierten Stadtpalais befindet und sich gemäß Programmkonzept als diskursiver literarischer Raum versteht.224 Auch das Grazer Kindermuseum FRida & freD wurde im Jahr 2003 erbaut und ist Mitglied in der Vereinigung europäischer Kindermuseen.225

Es bleibt abschließend festzuhalten, dass sowohl Linz als auch Graz bzw. die Bundes- länder Oberösterreich und Steiermark im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahres massiv in die kulturelle Infrastruktur der beiden Landeshauptstädte investiert haben. Es ist dabei durchaus davon auszugehen, dass diese baulichen Investitionen ohne das Europäische Kulturhauptstadtjahr nicht oder zumindest nicht in diesem Ausmaß erfolgt wären. Die hier getätigten Investitionen können - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - als we- sentliche Komponenten der Nachhaltigkeit des Kulturhauptstadtjahres betrachtet wer- den. Sämtliche Kultureinrichtungen gilt es allerdings, bei hohen jährlichen Folgekosten für den Alltagsbetrieb, in Folge auch mit dem entsprechenden Programm, erfolgreich zu bespielen.

4.3 Software: Programm- und Kulturangebot

4.3.1 Im Zeichen der kulturellen Vielfalt Ein detailliertes Eingehen auf das mannigfaltige kulturelle Programmangebot der beiden Kulturhauptstädte würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es folgt daher im An- schluss nur ein kurzer Überblick über die wichtigsten Veranstaltungen, Programme und Institutionen. Auf den Bereich der großen Festivals, der ganz wesentlich für das Image und die Positionierung einer Kulturstadt ist, wird etwas näher eingegangen.

223 Vgl. Magistrat Graz (2018e): Insel in der Mur: URL: http://kultur.graz.at/kulturamt/90, aufgerufen am 5. 5. 2018. 224 Vgl. Literaturhaus Graz (2018): Literaturhaus Graz. Quelle in Internet: URL: http://www.literaturhaus-graz.at/haus/, aufgerufen am 5. 5. 2018. 225 Vgl. KIMUS Kindermuseum Graz GmbH (2018): Grazer Kindermuseum FRida & fredD. Quelle in Internet: URL: http://kimus.at/#ueber-uns, aufgerufen am 5. 5. 2018.

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Die Stadt Linz verfügt über mehr als ein Dutzend Museen, Galerien oder Ausstellungs- häuser wie etwa das Kunstmuseum Lentos, das Stadtmuseum Nordico, das Ars Electronica Center sowie die Sammlungen des OÖ. Landesmuseums in der Landesga- lerie Linz, im Schlossmuseum und im Biologiezentrum sowie über das ebenfalls landes- eigene OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich.226 Im Bereich der Ausstellungen domi- niert in Graz das Landesmuseum Joanneum, das u.a. die Alte und Neue Galerie, das Schloss Eggenberg und das Kunsthaus Graz beinhaltet. Im Letzteren befindet sich auch der Sitz der Camera Austria. Weitere nennenswerte Museen sind das Stadtmuseum Graz, FRida & freD – Das Grazer Kindermuseum, das Museum der Wahrnehmung (MUWA) sowie eine größere Anzahl an Galerien.227

Linz verfügt über zahlreiche Institutionen und Einrichtungen im Theaterbereich. Dazu zählen u.a. das Landestheater Linz (Musiktheater, Schauspielhaus, Kammerspiele und Junges Theater), das Theater Phönix, das Theater des Kindes und das Kinderkultur- zentrum Kuddelmuddel, das Linzer Kellertheater, das Forumtheater oder die Austria Theater Werke.228 In Graz dominiert die Theaterholding Graz/Steiermark GmbH, die je zu 50 Prozent der Stadt Graz und dem Land Steiermark gehört, mit ihren vier Tochter- gesellschaften Opernhaus Graz GmbH, Schauspielhaus Graz GmbH, Next Liberty Ju- gendtheater GmbH und Theater Service Graz GmbH. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Theatergruppen im Bereich der Freien Szene.229

Zu den bedeutendsten Linzer Einrichtungen in der Sparte Musik gehören die Linzer VeranstaltungsGmbH (LIVA) mit dem Brucknerhaus sowie dem Posthof, das Musikthea- ter am Volksgarten, die Anton Bruckner Universität sowie die Linzer Musikschule, die Stadtwerkstatt sowie der Kulturverein KAPU oder der Verein Musica Sacra.230 In Graz befindet sich u.a. das Opernhaus, der für Steiermark, die Ballettschule Graz sowie zahlreiche Orchester, Chöre, Ensembles und Jazzclubs.231 In den Sparten Litera- tur, Neue Medien bzw. Medienkunst, Foto, Film und Kino sind beide Städte ebenfalls mit den entsprechenden Einrichtungen bzw. Programmen stark vertreten.

226 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S 93. 227 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008): S. 133. 228 Vgl. Magistrat Linz (2018d): Theater und Tanz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/2100.asp, aufge- rufen am 5. 5. 2018. 229 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008): S. 135. 230 Vgl. Magistrat Linz (2018j): Musik in Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/2132.asp, aufgerufen am 5. 5. 2018. 231 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008): S. 137. 67

4.3.2 Festivals, Veranstaltungsreihen und Publikumsmagnete Überregionale kulturelle Bedeutung haben Linz und Graz vor allem durch zahlreiche Festivals und Großveranstaltungen erlangt. Mit einigen dieser Events haben sich die beiden Städte unverkennbare, einzigartige kulturelle Alleinstellungsmerkmale geschaf- fen. Bei einem erfolgreichen (Groß-)Event handelt es sich zumeist um eine interdiszipli- näre Produktion, die auf die jeweiligen Publikumsbedürfnisse der angesprochenen Ziel- gruppe eingeht und sich vor allem durch Einzigartigkeit und ein Gefühl der Gemein- schaftlichkeit und Beteiligung auszeichnet. Entscheidend für die Wirkung einer solchen Veranstaltung ist die aktive Miteinbeziehung, die emotionale Involvierung der Teilneh- merinnen und Teilnehmer.232

Das Brucknerfest Linz kann auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken. Gemein- sam mit der Eröffnung des Brucknerhauses 1974 entstand dieses internationale, drei- wöchige Musikfestival, das sich programmmäßig nicht nur auf das Werk des Namens- gebers Anton Bruckner beschränkt. Das Programm umfasst dabei u.a. Orchesterkonzer- te, konzertante Opernaufführungen, Kammermusik und Liederabende.233 Aktuell wird an einer Neukonzeptionierung des Brucknerfestes gearbeitet, eine diesbezügliche Resolu- tion an die LIVA wurde bereits mehrstimmig durch den Linzer Gemeinderat verabschie- det.234 Das Brucknerfest Linz wird traditionellerweise durch die Klassische Linzer Klangwolke eröffnet. Seit 1979 erklingt diese alljährlich im September als Open-Air- Veranstaltung und lockt bis zu hunderttausend Besucherinnen und Besucher in den Lin- zer Donaupark. Neben der klassischen Linzer Klangwolke gibt es auch eine visualisierte sowie seit 1998 eine eigene Kinderklangwolke.235 Die ebenfalls 1979 erstmals durchge- führte Ars Electronica ist bis heute eine einmalige Plattform für digitale Medienkunst. Im Rahmen dieses interdisziplinären, internationalen Festivals für Computerkunst kommt es alljährlich auch zur Verleihung des Prix Ars Electronica, der weltweit als einer der wich- tigsten Wettbewerbe im Bereich der Cyber Arts gilt.236 Im Mittelpunk der zahlreichen Events, Ausstellungen, Performances und Symposien steht die wissenschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung rund um den technologischen Wandel.237

232 Vgl. Mandel, Birgit (2011): Event. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kul- turmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 51. 233 Vgl. Magistrat Linz (2018b): Festivals in Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/2418.asp, aufgeru- fen am 6. 5. 2018. 234 Vgl. Magistrat Linz (2016a): Protokoll über die 6. Sitzung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz, 21. April 2016. Beilage zum Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz. Linz. S. 402 ff. 235 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 62. 236 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 107 f. 237 Vgl. Magistrat Linz (2018b). Aufgerufen am 6. 5. 2018. 68

Seit 1987 findet im Juli das Linzer Internationale Pflasterspektakel statt. Hunderte von Künstlerinnen und Künstlern aus über 30 Nationen verwandeln die Linzer Innenstadt alljährlich für drei Tage in einen einzigartigen Ort internationaler Klein- und Straßen- kunst. Das dargebotene Programm umfasst dabei u.a. Comedy, Clownerie, Pantomime, Objekt- und Improtheater, Akrobatik und Artistik sowie musikalische Darbietungen.238 Drei Jahre später, zum 500-Jahr-Jubiläum der oberösterreichischen Landeshauptstadt wurde das LinzFest ins Leben gerufen. Dieses Festival, das im Donaupark zwischen Lentos und Brucknerhaus stattgefunden hat, bot bei freiem Eintritt ein abwechslungsrei- ches und umfassendes Programm aus Musik, Kleinkunst und Kinderkultur.239 Nachfol- geprojekt für das LinzFest ist das Stream Festival, das 2018 erstmals stattgefunden hat. Im Mittelpunkt dieses neuen städtischen Musikfestivals stehen die digitalen Technolo- gien der Gegenwart und Zukunft.240 Das seit 2004 bestehende internationale Linzer Filmfestival Crossing Europe bietet primär jungen Filmschaffenden abseits des Mainstreamkinos aus ganz Europa ein Präsentationsforum.241 Darüber hinaus finden in Linz noch zahlreiche weitere Festivals wie z.B. Ahoi! Pop. Zeitmusik am Hafen, Festival 4020, Kidsparade, Brass Festival Linz, Linzer Kleinkunstfestival, Linzer Tanztage, Musi- ca Sacra oder NEXTCOMIC in regelmäßigen Abständen statt.242

Auch die steirische Landeshauptstadt Graz ist Jahr für Jahr Schauplatz einer Reihe von international bedeutenden Festivals. Kein Festival, kein Event im eigentlichen Sinn, al- lerdings eine Institution, die seit ihrer Eröffnung 1960 einen ununterbrochenen Veran- staltungsbetrieb bietet, ist das weit über die Grenzen von Graz hinaus bekannte Forum Stadtpark.243 Es handelt sich dabei heute um einen Produktions- und Präsentationsort zeitgenössischer Kunst und Kultur. Das Forum ist gleichzeitig auch Publikationsort und Verlag. Jährlich finden etwa 150 Veranstaltungen im Forum Stadtpark statt. Im Mittel- punkt stehen dabei interdisziplinäre, spartenübergreifende Arbeiten im Bereich der Lite- ratur, der Bildenden Kunst, der Medienkunst, der Musik oder des Theaters.244 Ebenfalls einen hohen internationalen Bekanntheitsgrad hat der seit 1968 alljährlich stattfindende

238 Vgl. Linzer Pflasterspektakel (2018): 32. Linzer Pflasterspektakel. Internationales Straßenkunstfestival. Quelle in Internet: URL: http://www.pflasterspektakel.at/2018/de/index.asp, aufgerufen am 6. 5. 2018. 239 Vgl. Dobusch, Franz (2008). S. 145. 240 Vgl. Magistrat Linz (2018b). Aufgerufen am 6. 5. 2018. 241 Vgl. Crossing Europe (2018): Crossing Europe Filmfestival Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.crossingeurope.at/, aufgerufen am 6. 5. 2018. 242 Vgl. Magistrat Linz (2018b). Aufgerufen am 6. 5. 2018. 243 Vgl. Lambauer, Hannes (2003). S. 591. 244 Vgl. Forum Stadtpark (2018): Forum Stadtpark. Quelle in Internet: URL: http://forumstadtpark.at/index.php?idcat=59, aufgerufen am 6. 5. 2018.

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steirische herbst, der immer wieder für gesellschaftspolitische Diskussionen, Auseinan- dersetzungen und Skandale sorgte.245 „Eine politische Konstellation von Kulturkonserva- tiven gründete ein Avantgarde-Festival um die Faschisten in ihrer Mitte zu bekämp- fen“246, so lautet etwa die Begründung für die damalige Gründung des steirischen herbs- tes auf der aktuellen Festival-Homepage.247 Im Rahmen des steirischen herbstes wurde auch das musikprotokoll gegründet. Diese Konzertreihe beschäftigt sich ausschließlich mit zeitgenössischer Musik. Die Veranstalter hoben sich damit von Beginn an vom übli- chen Festspielwesen ab.248 Die styriarte hingegen ist ein Festival der Alten Musik, das 1985 ins Leben gerufen wurde. Sie ist dabei der historischen Aufführungspraxis ver- pflichtet und soll die Zugänge zur Alten Musik zwischen Mittelalter und Romantik ermög- lichen.249

Analog zum Linzer Pflasterspektakel versucht auch das Festival La Strada, welches 1998 erstmals über die Grazer (Altstadt-)Bühne ging, professionelle Straßenkunst, aber auch Figurentheater einem interessierten Publikum näherzubringen und den öffentlich- urbanen Raum zu bespielen.250 Das Internationale Tanztheaterfestival Graz soll - im Einklang mit der Internationalen Bühnenwerkstatt - den zeitgenössischen Tanz und das Tanztheater fördern und forcieren und dient gleichzeitig jungen Künstlerinnen und Künstlern als Bühne für neue Stücke sowie Auftritts- und Präsentationsforum.251 Wäh- rend das Linzer Filmfestival Crossing Europe primär auf das europäische Kino- und Filmschaffen fokussiert, ist die Grazer Diagonale das Festival des österreichischen Films. Die Diagonale, die ebenfalls bereits seit dem Jahr 1998 besteht, ist ein wichtiges Forum für die Präsentation und Diskussion österreichischen Filmschaffens.252 Weitere Grazer Festivals sind u.a. assembly – das Designerfestival in Graz, Artimage, Elevate – das Schlossbergfestival, Fototriennale, HOHRCH Hörspielfestival, Spring Festival oder Vokal Total.253

245 Vgl. Karner, Stefan (2000). S 473. 246 steirischer herbst (2018): steirischer herbst’18. Volksfronten. Quelle in Internet: URL: http://www.steirischerherbst.at/, aufgerufen am 6. 5. 2018. 247 Vgl. steirischer herbst (2018). Aufgerufen am 6. 5. 2018. 248 Vgl. Staudacher, Ilse (2003). S. 709. 249 Vgl. Staudacher, Ilse (2003). S. 711. 250 Vgl. La Strada (2018): La Strada Graz. Quelle in Internet: URL: http://www.lastrada.at/ziele-und-entwicklungen/, aufgerufen am 6. 5. 2018. 251 Vgl. Magistrat Graz (2018l): Internationale Bühnenwerkstatt und Internationales Tanztheaterfestival Graz. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.graz.at/v/buehnenwerkstatt.html, aufgerufen am 6. 5. 2018. 252 Vgl. Diagonale (2018): Diagonale – Das Festival. Quelle in Internet: URL: http://www.diagonale.at/festival/, aufge- rufen am 6. 5. 2018. 253 Vgl. Magistrat Graz (2018h): Festivals. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.graz.at/kultura2z/?kat=Festival, aufgerufen am 6. 5. 2018.

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Sowohl Linz als auch Graz verfügen über einige renommierte, international beachtete Festivals und jährlich wiederkehrende Veranstaltungsreihen mit denen sie sich in der Vergangenheit erfolgreich am überregionalen Kulturmarkt positioniert haben. Dabei können manche Kulturevents bereits auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Die Ars Electronica beispielsweise erbrachte bei ihrer Gründung 1979 eine Pionierleistung auf dem Gebiet der Computerkunst und zählt auch heute noch - Jahrzehnte später - zu den Vorreitern und Trendsettern im Bereich der Neuen Medien und Technologien bzw. der digitalen Medienkunst.254 Andere Formate wie z.B. das Forum Stadtpark haben mitt- lerweile etwas von ihrer einstigen Bedeutung eingebüßt oder werden wie im Fall des Brucknerfestes im Laufe der Zeit völlig neu konzeptioniert. Manche Festivals wie etwa das LinzFest verschwinden überhaupt von der Bildfläche bzw. werden durch völlig neue Formate ersetzt.

Wenngleich in jeder der beiden Landeshauptstädte gewisse kulturelle Schwerpunkte gesetzt wurden, so fallen beim Vergleich der einzelnen Festivals und Events doch auch einige Parallelen auf. So verfügen etwa beide Kulturstädte über international anerkannte Filmfestspiele, wobei sich Crossing Europe in Linz auf den europäischen, die Diagonale in Graz auf den österreichischen Film konzentrieren. Aber auch im Bereich der Straßen- kunst - um ein weiteres Beispiel zu geben - gibt es diesbezüglich Überschneidungen. Seit Mitte der 1980er Jahre wird in Linz sehr erfolgreich das Internationale Pflasterspek- takel ausgerichtet, das jährlich von mehreren hunderttausend Menschen besucht wird.255 Graz hat mit La Strada seit Ende der 1990er Jahre dazu ein sehr erfolgreiches Pendant.

Vor allem Linz zeichnet sich – beruhend auf dem Konzept der Kultur für alle – seit vielen Jahren durch großformatige Open-Air-Inszenierungen aus.256 Bereits in den späten 1970er Jahren gab es mit der Klangwolke einen niederschwelligen, barrierefreien und kostenlosen Kulturzugang für Tausende von Menschen. Es folgten weitere große Open- Air-Veranstaltungen wie das Pflasterspektakel oder das LinzFest, die ebenfalls zu be- kannten Kulturmarkenzeichen wurden. Aber auch die Stadt Graz hat ab den späten 1990er Jahren verstärkt auf große Open-Air-Veranstaltungen gesetzt.

254 Vgl. Janko, Siegbert (2011). S. 435. 255 Vgl. Linzer Pflasterspektakel (2018). Aufgerufen am 6. 5. 2018. 256 Vgl. Magistrat Linz (2018b). Aufgerufen am 6. 5. 2018.

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5 Inszenierung: die Akteurinnen und Akteure

5.1 Die Kulturmacherinnen und -macher Die kommunale Kulturpolitik hat grundsätzlich mit den Kultureinrichtungen, mit den aus- führenden Künstlerinnen und Künstlern und mit der kulturkonsumierenden Bevölkerung drei relevante Adressaten.257 Sowohl in Linz als auch in Graz dominieren die institutio- nellen Anbieter, die zumeist im Eigentum der jeweiligen Kommune oder des Landes o- der fallweise auch des Bundes stehen, in einigen Fällen aber auch von privaten Trägern und Kulturunternehmern finanziert werden. Aber auch die Freie Szene hat in beiden Kul- turhauptstädten ihre entsprechende Bedeutung. Auch an dieser Stelle kann aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Kulturangebote nachfolgend nur eine exemplarische Aufzählung der wichtigsten kulturellen Einrichtungen, Bühnen, Häuser, Institutionen, Künstlergruppen, Ensembles, Kulturvereine und Vertreterinnen und Vertreter der Freien Szene erfolgen.

5.1.1 Institutionelle Anbieter Die Stadt Linz tritt sowohl als Veranstalterin als auch als Eigentümerin zahlreicher städ- tischer Kultureinrichtungen und -anbieter in Erscheinung. Festivals wie beispielsweise das Pflasterspektakel oder das LinzFest bzw. das Nachfolgeprojekt Stream Festival werden direkt vom Geschäftsbereich Kultur und Bildung organisiert und veranstaltet.258 Die Kreativität, Kultur & Veranstaltungen der Stadt Linz Holding GmbH (KKV) ist ein Teil der Unternehmensgruppe Stadt Linz (UGL). Diese KKV-Holding beinhaltet u.a. auch die Museen der Stadt Linz GmbH, d.h. die beiden Häuser Lentos und Nordico, weiters das Ars Electronica, das Design Center Linz sowie die LIVA.259 Zur Linzer Veranstaltungs- gesellschaft mbH (LIVA) wiederum gehören als 100-Prozent-Töchter der Stadt das Brucknerhaus Linz, das Kulturhaus Posthof, das Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel sowie das Linzer Stadion als Ort sportlicher und kultureller Großereignisse.260 Darüber hinaus betreibt Linz weitere Einrichtungen wie z.B. die Musikschule der Stadt Linz. Das Neue Musiktheater ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Land Oberösterreich. Letzte-

257 Vgl. Wagner, Bernd (2011). S. 183. 258 Vgl. Magistrat Linz (2018g). 259 Vgl. Magistrat Linz (2018p): Unternehmensgruppe der Stadt Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/politik_verwaltung/unternehmensgruppe.asp, aufgerufen am 22. 5. 2018. 260 Vgl. Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH (2018): LIVA. Quelle in Internet: URL: https://www.brucknerhaus.at/das-haus/liva.html, aufgerufen am 22. 5. 2018.

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rem ist wiederum die Anton Bruckner Privatuniversität und das Landesmuseum mit der Landesgalerie Oberösterreich, das Linzer Schlossmuseum, das Biologiezentrum Linz- Dornach, das OÖ Kulturquartier sowie das Landestheater Linz zuzurechnen.261 Darüber hinaus gibt es noch einige private Kultureinrichtungen und Anbieter.

Das Kulturamt der Stadt Graz führt aktuell ebenfalls einige eigene Veranstaltungen – in eher begrenztem Ausmaß – z.B. Leitprojekte wie Jazz im Generalihof oder Dom im Berg sowie Blasmusik im Landhaushof durch. Darüber hinaus kuratiert das städtische Kultur- amt einen Großteil der Ausstellungen.262 Die Stadt Graz ist allerdings - ähnlich wie Linz - eine wichtige Trägerin kultureller Leistungen und unterhält zahlreiche Kulturbetriebe, die sich entweder zum Teil oder im alleinigen Eigentum der Stadt befinden. Über mehrjähri- ge Fördervereinbarungen wird vom Grazer Gemeinderat für jede Gesellschaft ein Fi- nanzierungsrahmen vereinbart. Die Details dazu sind in der eigenen Steuerungsrichtlinie Haus Graz festgelegt.263 Die Kommune unterhält städtische Kulturbeteiligungen u.a. an der Stadtmuseum Graz GmbH, an der Universalmuseum Joanneum GmbH, der Thea- terholding Graz/Steiermark GmbH sowie der steirischer herbst festival gmbH.264 Das Kulturressort des Landes Steiermark hält u.a. Beteiligungen an der Volkskultur GmbH sowie gemeinsam - wie bereits ausgeführt - mit der Stadt Graz am Joanneum, der The- aterholding sowie der steirischer herbst festival GmbH.265 Es lässt sich abschließend festhalten, dass sowohl in Linz als auch in Graz die großen Kultureinrichtungen größten- teils im Eigentum der Kommunen bzw. des jeweiligen Bundeslandes stehen.

5.1.2 Freie Szene / Freischaffende Künstlerinnen und Künstler Die Freie Szene umfasst im Wesentlichen alle kulturellen Gruppen, Aktivistinnen und Aktivisten, Freischaffende sowie Kunst- und Kulturinitiativen und Teams, die zum einen nicht primär gewinnorientiert arbeiten und zum anderen nicht Teil öffentlicher Kulturinsti- tutionen sind. Im Vordergrund steht dabei die künstlerische Auseinandersetzung mit kul-

261 Vgl. Land Oberösterreich (2018): Kulturland Oberösterreich. Quelle in Internet: URL: https://www.land- oberoesterreich.gv.at/562.htm, aufgerufen am 24. 5. 2018. 262 Vgl. Magistrat Graz (2018f): Veranstaltungen der Stadt Graz. Quelle in Internet: URL: http://kultur.graz.at/kulturamt/68, aufgerufen am 24. 5. 2018. 263 Vgl. Stadt Graz (2010): Steuerungsrichtlinie „Haus Graz“. Steuerung. Planung. Reporting. Verrechnung. Stand 23. 9. 2010. S. 11. 264 Vgl. Magistrat Graz (2018b): Städtische Kulturbeteiligungen. Quelle in Internet: URL: http://kultur.graz.at/kulturamt/179, aufgerufen am 24. 5. 2018. 265 Vgl. Kulturportal Steiermark (2018): Das Kulturressort des Landes Steiermark. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.steiermark.at/cms/ziel/115328403/DE/, aufgerufen am 24. 5. 2018.

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tur- und gesellschaftspolitischen Themen.266 Gerade in Linz ist die Freie Szene – im Vergleich mit anderen österreichischen Städten – besonders ausgeprägt und hat die künstlerische Entwicklung von Linz im Laufe der letzten Jahrzehnte durchaus beeinflusst und mitgeprägt. Durch ihre fortlaufende künstlerische Arbeit gingen in der Vergangen- heit wichtige Impulse für die kulturelle Stadtentwicklung aus.267 Die Freie Szene in Linz ist sehr heterogen und reicht von soziokulturellen Initiativen über freies Theater bis hin zu größeren Kulturvereinen. Ihr gehören beispielsweise Kulturzentren wie der Kulturver- ein KAPU oder die Stadtwerkstatt, das freie Radio FRO, Vereine wie FIFTITU% oder MAIZ, Kunst- und Kulturkollektive wie qujOchÖ oder Time’s Up, das Moviemento-Kino, das Theater Phönix oder Verbände wie die Kulturplattform Oberösterreich (KUPF) an.268

Die Freie Szene wurde u.a. im ersten Kulturentwicklungsplan als einer der Schwer- punkte der städtischen Kulturpolitik verankert und die Förderung von eigeninitiierter Kunstproduktion und freier, kreativer Kulturarbeit sowie die Schaffung entsprechender Synergie ist bis dato eine wesentliche Zielsetzung in Linz.269 In der jüngeren Vergan- genheit, vor allem aber auch im Zusammenhang mit dem Kulturhauptstadtjahr ist es vonseiten der Freien Szene zu teils massiver Kritik an der Förderungspolitik von Stadt und Land gekommen. Vor allem die fehlende bzw. mangelnde Einbindung der lokalen Kulturschaffenden sowie das Auswahlverfahren durch die Intendanz von Linz09 wurden scharf kritisiert. Die Freie Szene hätte zwar in der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Eu- ropas einen großen Stellenwert eingeräumt bekommen, der sich allerdings nicht in der Programmgestaltung widergespiegelt habe.270 Bereits im Jahr 2004 kritisierten Vertreter der Freien Szene etwa die Verringerung von Förderungen, das gegenseitige Ausspielen von Projekt- und Strukturförderung oder die gänzliche Einstellung von Projektgeldern.271

In Graz ist die Freie Szene weniger stark ausgeprägt. Die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler sind nicht in demselben Ausmaß organisiert wie in Linz. Am Kulturserver der Stadt Graz findet sich allerdings eine sehr umfangreiche Künstlerinnen- und Künst- ler-Datenbank. Diese Rubrik dient den Grazer Kunstschaffenden als Präsentationsmög-

266 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 59. 267 Vgl. Janko, Siegbert (2011). S. 438 f. 268 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 59. 269 Vgl. Magistrat Linz (2018a): Freie Szene. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/2112.asp, aufgerufen am 25. 5. 2018. 270 Vgl. Schachl, Sandra (2015). S. 50 f. 271 Vgl. Offenes Forum Freie Szene (2004): Kulturhauptstadt 2009. Hülle ohne Inhalt. Stellungnahme des Offenen Forums Freie Szene zur aktuellen Situation und zur Bewerbung von Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009. Linz. S. 4.

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lichkeit. Neben einer Werkspräsentation wird auch über das bisherige künstlerische Auftreten berichtet. Aber nicht nur Einzelkünstlerinnen und -künstler scheinen hier auf, sondern auch nicht gewinnorientierte Institutionen und Kulturvereine, die in Graz tätig sind.272 Die Internetplattform kultur.raum.graz ist ein aus dem Grazer Kulturdialog ent- standenes Projekt und dient der Vermittlung passender Räumlichkeiten für Grazer Kunst- und Kulturschaffende. Es geht dabei um die Nutzungsoptimierung der vorhande- nen Kulturstätten unter spezieller Berücksichtigung der Bedürfnisse der freien Kultur- schaffenden.273 Vor allem die freien Theater sind in Graz die Wegbereiter der Freien Szene. Über 25 aktive Institutionen stehen für eine breite Themenvielfalt.274 Aber nicht nur die Stadt Graz, sondern auch das Land Steiermark unterstützt mit mehrjährigen Förderverträgen Kulturinitiativen und Vertreterinnen und Vertreter der freien Szene und erhöht damit die Planungs- und Finanzierungssicherheit.275

Abschließend ist allerdings festzuhalten, dass sowohl in Linz als auch in Graz - gerade rund um das Kulturhauptstadtjahr - die Stimmen aus Richtung Freier Szene bzw. frei- schaffender Künstlerinnen und Künstler laut wurden, die eine schleichende „Privatisie- rung der Kulturpolitik“ sahen. Monika Mokre vertritt etwa die Auffassung, dass sowohl Graz 2003 als auch Linz09 bewiesen hätten, dass die regionale, teilweise auch politisch widerspenstige Kulturszene nicht zu den Profiteuren der beiden Kulturhauptstadtjahre gehört habe und sieht die Verantwortung der kommunalen Kulturpolitik in beiden Fällen an ein privatwirtschaftliches Unternehmen, eine Organisations-GmbH mit einer starken autonomen, weisungsungebundenen Intendanz an der Spitze, abgegeben.276

Als Beispiele für Graz 2003 führt sie u.a. die kommerzielle Ausrichtung im Rahmen der Programmauswahl, „Knebelverträge“ zwischen den Künstlerinnen und Künstlern und der Graz 2003 GmbH oder die Prozessführung steirischer Kulturschaffender um die Graz- 2003-Internetdomains. Als Beispiele für Linz09 nennt Mokre u.a. die Aufkündigung der

272 Vgl. Magistrat Graz (2018a): KünstlerInnendatenbank und Übersicht der Einrichtungen / Insitutitonen im Kulturbe- reich. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.graz.at/kultura2z/#fe, aufgerufen am 25. 5. 2018. 273 Vgl. kultur.raum.graz (2018): Plattform zu Vermittlung geeigneter Räumlichkeiten für Kunst- und Kulturschaffende in Graz. Quelle In Internet: URL: http://raum.kultur.graz.at/, aufgerufen am 25. 5. 2018. 274 Vgl. „Achtzig“ – Die Kulturzeitung (2018): Pulsierende Vielfalt durch die freie Szene: Lust auf ungezähmtes Thea- ter. Onlineausgabe. Quelle in Internet: URL: https://achtzig.com/2017/09/pulsierende-vielfalt-durch-die-freie-szene- lust-auf-ungezaehmtes-theater/, aufgerufen am 25. 5. 2018. 275 Vgl. Kulturportal Steiermark (2018a): 162 Kulturinitiativen erhalten mehrjährige Förderverträge von 2016 bis 2018. Quelle in Internet: URL: http://www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/12302619/6537958/, aufgerufen am 25. 5. 2018. 276 Vgl. Mokre, Monika (o. A.): Graz 2003 und Linz09 oder: Die schleichende Privatisierung der Kulturpolitik. Future Non Stop. A Living Archive für Digital Cultures in Theory and Practice. Quelle in Internet: URL: http://future- nonstop.org/c/197ad41ca60742749a4aae956c810e25, aufgerufen am 12. 7. 2018.

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Zusammenarbeit des Theater Phönix mit Linz09 aufgrund mangelnder Kooperation mit dem Ensemble, das nicht aufgeführte Opernprojekt „Montezuma – fallender Adler“ oder die Rückziehung des bereits bewilligten Projekts der MigrantInnen-Initative MAIZ auf- grund grober Auffassungsunterschiede.277

5.2. Die politischen Parteien Wie bereits in Kapitel 3.4 ausgeführt, findet Kulturpolitik nicht völlig wertbefreit außerhalb jeglicher Ideologie statt, sondern ist immer auch ein Spiegelbild vorherrschenden (ge- sellschafts-)politischer Gegebenheiten. Österreich wurde in der Zweiten Republik lange Zeit von den beiden ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP politisch dominiert. Ent- sprechend den jeweiligen politischen Mehrheitsverhältnissen auf Stadt- bzw. Landes- ebene wurde über viele Jahrzehnte entweder eine sozialdemokratisch-progressive oder eine bürgerlich-konservative Kulturpolitik betrieben. Die Parteiprogramme und gesell- schaftspolitischen Anschauungen hatten einen entsprechenden Einfluss auf das kultu- relle Verständnis, die kulturelle Positionierung und Schwerpunktsetzung sowie den Aus- bau der Infrastruktur und das Programmangebot. Linz wird seit 1945 durchgehend von SPÖ-Bürgermeistern – mit entsprechenden, teils absoluten Mehrheiten im Gemeinderat – regiert. Bereits unter Ernst Koref wurde eine neue kulturelle Periode für Linz eingeläu- tet, in den 1970er Jahre unter Franz Hillinger ein eigenständiger kultureller Weg einge- schlagen und „in den 1990er Jahren, unter Bürgermeister Franz Dobusch, wurde der neue Weg institutionalisiert“.278

Einen wichtigen Stellenwert hat dabei u.a. auch der Begriff „Kultur für alle“ eingenom- men, der einen barrierefreien Zugang möglichst großer Bevölkerungsschichten zu einem umfassenden Kulturangebot ermöglichen sollte und auch eine entsprechende Veranke- rung im ersten Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz gefunden hat. Als aktuelle kultur- politische Ziele der SPÖ Linz werden u.a. die Umsetzung des Kulturentwicklungsplans, eine verstärkte Positionierung im Bereich der digitalen Medienkunst sowie die Weiter- entwicklung der Tabakfabrik genannt.279 Die ÖVP Linz, die seit vielen Jahren das Kultur- referat innehat, nennt z.B. die Bereiche Kunst im öffentlichen Raum, Kinder- und Ju-

277 Vgl. Mokre, Monika (o. A.): aufgerufen am 12. 7. 2018. 278 Kirchmayr, Birgit (2008). S. 218. 279 Vgl. SPÖ Linz-Stadt (2018): Positionen – Kulturstadt. Quelle in Internet: URL: https://linzpartei.at/positionen/kulturstadt/, aufgerufen am 27. 5. 2018. 76

gendkultur oder die Förderung der Freien Szene als Arbeitsschwerpunkte bis 2021.280 Auf Landesebene stellt hingegen die ÖVP Oberösterreich seit Kriegsende ununterbro- chen den Landeshauptmann, der seit Josef Ratzenböck auch durchgehend ident mit dem Landes-Kulturreferenten ist.281

In Graz hat es - im Gegensatz zu Linz - keine über mehrere Jahrzehnte dauernde Dominanz einer einzigen Stadtpartei gegeben. Seit 1945 stellen SPÖ, FPÖ und ÖVP abwechselnd den Bürgermeister. Zuletzt hat Siegfried Nagl (ÖVP) SPÖ-Bürgermeister Alfred Stingl im Kulturhauptstadtjahr 2003 abgelöst.282 Auf Landesebene regiert seit Dezember 1945 die ÖVP Steiermark, nur unterbrochen durch die Amtszeit von Franz Voves (SPÖ) und stellte in dieser Zeit auch die Landeshauptleute bzw. -frau.283 In Linz entwickelte sich die Kulturpolitik nach Kriegsende - abgesehen von gemeinsamen Pro- jekten und Kooperationen wie dem Kulturhauptstadtjahr 2009 oder dem Neuen Musik- theater - weitgehend autonom von der Kulturpolitik des Landes Oberösterreich, wäh- rend das Land Steiermark durchaus nachhaltigen Einfluss z.B. in Form der Person von Kulturlandesrat Hanns Koren auf die Grazer Kulturpolitik nahm.284

Wenngleich sich sowohl der Linzer als auch der Grazer Gemeinderat mit großer Mehr- heit für eine Kulturhauptstadt-Bewerbung entschieden haben, so war der breite Konsens in der Planungs- und Durchführungsphase des Kulturhauptstadtjahres nicht immer voll- ständig gegeben. So kritisierte beispielsweise der stellvertretende Intendant von Linz09 Ulrich Fuchs den „Kleinkrieg“ zwischen der SPÖ-dominierten Stadt Linz und dem ÖVP- dominierten Land Oberösterreich. Es gab aber bereits schon bei der Erarbeitung des Kulturentwicklungsplans politische Diskussionen über den Grad der zukünftigen Koope- ration und Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land.285 In Graz gab es bereits in den 1990er Jahren einen langandauernden, teilweise sehr heftig geführten politischen Streit um den optimalen Standort des Kunsthauses, welches schlussendlich - aufgrund fort- währender Verzögerungen - erst gegen Ende 2003 fertiggestellt und seiner Bestimmung

280 Vgl. ÖVP Linz (2015): Pressekonferenz zu den Arbeitsschwerpunkten der Linzer ÖVP-Stadtregierungsmitglieder 2015 – 2021. 16. November 2015. Linz. 281 Vgl. Forum oö geschichte – virtuelles Museum Oberösterreich (2018): Josef Ratzenböck. Quelle in Internet: URL: http://www.ooegeschichte.at/epochen/1945-2005/ooe-landespolitik-u-wirtschaft/landeshauptmaenner/josef- ratzenboeck.html, aufgerufen am 27. 5. 2018. 282 Vgl. Magistrat Graz (2018): Die Bürgermeister der Stadt Graz von 1870 bis heute. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10036285/7772645/Die_Buergermeister_der_Stadt_Graz_von.html, aufgerufen am 27.5. 2018. 283 Vgl. Land Steiermark (2018): Verwaltung - Landeshauptmänner der Steiermark. Quelle in Internet: URL: http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/ziel/74835346/DE/, aufgerufen am 27. 5. 2018. 284 Vgl. Karner, Stefan (2000). S. 470 f. 285 Vgl. Kager, Bettina (2012): S. 17. 77

übergeben wurde.286 Reibungsflächen gab es auch zwischen Politik und Intendanz, z.B. in Linz rund um die Ausstellung „Kulturhauptstadt des Führers“. Martin Heller hatte sich allerdings die Autonomie und Unabhängigkeit287 ebenso vertraglich absichern las- sen, wie Wolfgang Lorenz seine Geschäftsführung in Graz.288

5.3 Das Publikum: kulturelle Teilhabe großgeschrieben Das Publikum ist grundsätzlich die Gesamtheit aller Besucherinnen und Besucher kultu- reller Einrichtungen und Institutionen, die sich auf der Basis ihrer freien Entscheidung für die Nutzung eines spezifischen Kulturangebots entscheiden.289 In einer von der Statistik Austria durchgeführten Zeitverwendungserhebung standen an einem Werktag durch- schnittlich 199 Minuten an Freizeit zur Verfügung. Nur drei Minuten davon wurden im Schnitt für kulturelle Aktivitäten und weitere drei Minuten für künstlerische Hobbys an Zeit aufgewendet.290 Ein durchschnittlicher österreichischer Haushalt wendete im Jahr 2015 monatlich 105 Euro für kulturbezogene Ausgaben auf, wobei 32 Euro davon rein auf Kulturveranstaltungen wie beispielsweise Museumsbesuche oder Theaterkarten ent- fielen.291

Es war vor allem ein erklärtes Ziel der Linzer Kulturpolitik nicht nur einem zahlungskräf- tigen, gut gebildeten, elitären Publikum Kunst und Kultur zu präsentieren und zu vermit- teln, sondern möglichst viele, im besten Fall einen Großteil der Bevölkerung am urbanen Kulturleben partizipieren zu lassen. In den 1970er Jahren wurden die Begriffe „Kultur für alle“ vom damaligen sozialdemokratischen Kulturstadtrat von Frankfurt am Main, Hilmar Hoffmann sowie „Bürgerrecht Kultur“ vom ebenfalls lange in Nürnberg tätigen Kulturrefe- renten Hermann Glaser geprägt. Hoffmanns Konzept war ein Versuch sämtliche sozia- len Schichten am kulturellen Leben teilhaben zu lassen, die Hochkultur vom elitären Po- dest herunterzuholen, die Distanz zur Masse zu reduzieren und richtete sich gegen den traditionellen Kulturbetrieb. Dieses Konzept zielte in Folge auf einen unbeschränkten kulturellen Zugang für alle ab. Die Bürgerinnen und Bürger sollten im Rahmen einer de- mokratischen Kulturpolitik in der Lage sein, das kulturelle Angebot barrierefrei in An-

286 Vgl. Trenkler, Thomas (2003). 287 Vgl. Kager, Bettina (2012): S. 56. 288 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018): aufgerufen am 13. 7. 2018. 289 Vgl. Beckmann, Uwe, Freese, Birgit (2011): Besucher. In: Lewinski-Reuter, Verena, Lüddemann, Stefan (Hrsg.) (2011): Glossar Kulturmanagement. 1. Auflage. Wiesbaden. S. 34. 290 Vgl. Statistik Austria (2016). S. 15. 291 Vgl. Statistik Austria (2016). S. 15. 78

spruch nehmen zu können.292 Glasers Ansatz ging hingegen davon aus, dass Kultur erst durch deren sinnvolle Nutzung den Kern eines demokratischen Staatswesens heraus- bildet.293

Während unter der Amtszeit von Franz Hillinger nicht nur Brucknerhaus und Posthof eröffnet wurden und die Ars Electronica sowie die Klangwolke regionale und internatio- nale Erfolge feierten, führte sein Nachfolger Hugo Schanovsky den Terminus Kultur für alle als neuen kulturpolitischen Leitbegriff für Linz ein, der infolge nicht nur als eine Linzer Besonderheit anzusehen war, sondern gleichzeitig auch für die Eigenständigkeit und kulturelle Neupositionierung der Stadt stand.294 Weitere große Open-Air- Veranstaltungen bei freiem Eintritt wie etwa das Pflasterspektakel oder das LinzFest verfestigten den Ruf von Linz als Kulturstadt mit einem breiten öffentlichen Angebot. Kultur für alle war auch ein zentraler Punkt im ersten Kulturentwicklungsplan. Es ging dabei um eine engagierte, aktive Partizipation der Linzerinnen und Linzer am urbanen Kulturleben und um die ganz spezielle Förderung von diesbezüglichen Projekten.295

Im Gegensatz zu Linz ist das Konzept Kultur für alle in Graz nur wenig ausgeprägt vor- zufinden. Es gibt spätestens seit der Jahrtausendwende einige öffentliche Veranstaltun- gen mit Open-Air-Charakter wie z.B. La Strada und auch im Rahmen des Kulturhaupt- stadtjahres wurde durchaus versucht, den Kulturbegriff breiter anzulegen und die Bevöl- kerung mit einzubinden und entsprechend partizipieren zu lassen. Im Programm von Graz 2003 fanden sich auch einige Projekte mit einer entsprechenden kulturellen Brei- tenwirkung, die unter dem Begriff einer Kultur für alle einzureihen waren,296 wenngleich einige Kritiker diesbezüglich angemerkt haben, „dass der Anschein erweckt wird, dass bei Graz 2003 Kultur für alle eher ein positiver Nebeneffekt war, als dass bewusst darauf Wert gelegt wurde.“297 Einige Jahre nach dem Kulturhauptstadtjahr forderte die lokale KPÖ, die in der Grazer Stadtpolitik durchaus eine Rolle spielt, eine vermehrte Förderung einer Kultur für alle. Die öffentlichen finanziellen Mittel sollten nicht nur für die Hochkul- tur, sondern auch für kulturelle Aktivitäten der Basis, die für alle da sein sollen, bereitge- stellt werden.298

292 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 21. 293 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 22. 294 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation – Internationales Archiv für Kulturanalysen (2007). S. 117. 295 Vgl. Magistrat Linz (2000). S. 10. 296 Vgl. Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 81. 297 Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik (Hrsg.) (2008). S. 81. 298 Vgl. KPÖ Graz (2007): Kultur für alle! KPÖ Bildungsverein. Graz. S. 1. 79

6 Im internationalen Rampenlicht: die Programmgestaltung des Kulturhauptstadtjahres

6.1 Schwerpunktsetzung und Programmschienen Bereits in ihren Bewerbungen legten Linz und Graz die inhaltlichen Schwerpunkte und programmatischen Leitlinien für das spätere Kulturhauptstadtjahr fest. Linz präsentierte sich dabei als Labor der Zukunft, verwies auf die Zukunftsorientierung der Stadt, ihren symbiotischen Stellenwert als Industrie- und Kulturstadt sowie die besondere Vorreiter- rolle im Bereich der digitalen Medienkunst.299 Einen besonderen Stellenwert bei der Programmgestaltung nahm gerade aber auch das Schlüsselthema Zeitgeschichte, spe- ziell die aktive Auseinandersetzung mit der Linzer NS-Vergangenheit, ein.300 Das Ge- samtprogramm von Linz09 wurde in unterschiedliche Themenschwerpunkte bzw. Pro- grammschienen wie Linz Macht, Linz Reise, Linz Wissen, Linz Lust, Linz Welt oder Linz Gedächtnis unterteilt.301 Vor allem die letztgenannte Programmschiene hat sich ausführ- lich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte der Landeshauptstadt auseinandergesetzt.

Graz hingegen bewarb sich offiziell als Stadt im „Schnittpunkt der Kulturen“302 und rück- te damit die Grenznähe zum südlichen Osteuropa und die daraus in der Vergangenheit erwachsene Brückenfunktion in den Vordergrund. Graz positionierte sich als Tor zum Südosten des Kontinents und als geografischer Mittelpunkt im neuen Europa.303 Das Kulturhauptstadt-Programm unterteilte sich in die unterschiedlichen Genres Kunst im öffentlichen Raum, Lebensräume, Ausstellungen, Musik, Literatur, Neue Medien, Thea- ter und Tanz, Wissenschaft und Religion sowie Kinder- und Jugendkultur.304 Aus den sehr umfangreichen Kulturhauptstadt-Programmen werden nachfolgend exemplarisch einige wenige, ausgewählte Projekte von Linz09 bzw. Graz 2003 kurz dargestellt.

299 Vgl. Stadt Linz, Kulturdirektion (2004): Linz 2009. Bewerbung Kulturhauptstadt Europas. Linz. S. 10 f. 300 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2010a). S. 33 f. 301 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 4 f. 302 Graz – Das Stadtmagazin (2018): Graz 2003 – Hintergründe, Fakten und Projekte. Quelle in Internet: URL: http://www.graz2003.at/graz-2003-hintergruende-fakten-und-projekte/, aufgerufen am 29. 5. 2018. 303 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018c): Graz – Die Bewerbung. Quelle in Internet: URL: http://graz03.at/servlet/sls/Tornado/web/2003/content/08D6BBB5DCF0472EC1256E350056CA64, aufgerufen am 29. 5. 2018. 304 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d): Programm – Genres. Quelle in Internet: URL: http://graz03.at/servlet/sls/Tornado/web/2003/design/685839AA3EB842ACC1256B0B004AB02E, aufgerufen am 29. 5. 2018.

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6.2. Ausgewählte Projekte

6.2.1 Linz: Labor der Zukunft Unter der Programmschiene Linz Welcome sind vor allem die beiden Projekte Pixelhotel – Immer und überall in Linz sowie Kulturlotsinnen – Linz ganz anders erwähnenswert.305 Das Pixelhotel lud auf ganz Linz verstreut zum unkonventionellen Aufenthalt ein und im Projekt Kulturlotsinnen, welches auch nach Linz09 weitergeführt wurde, führten Linze- rinnen mit migrantischen Wurzeln auf ganz spezielle Weise durch ihren Stadtteil. Im Be- reich Linz Hauptstadt sind vor allem die beiden interaktiven, partizipativen Stadtteilpro- jekte Kulturhauptstadtteil des Monats306 und Bellevue – Das gelbe Haus307 zu nennen. Bei Ersterem war die ganz Stadt eingeladen aktiv am Programm mitzugestalten, bei Bel- levue wurden eine Sperrholzkonstruktion über der Stadtautobahn zur temporären künst- lerischen Produktions- und Präsentationsstätte. Stellvertretend für die Programmschiene Linz Macht sei Peter Androschs Projekt Hörstadt308, das das Thema Alltagsakustik zum Inhalt hatte, erwähnt. In der Rubrik Linz Reise fand sich das Projekt Wegzeit – Kulturen des Pendelns, das sich u.a. auf die Spuren der „Mühlviertler Hasenjagd“ machte.309

Für das Programm von Linz09 war die Programmschiene Linz Gedächtnis von besonde- rer Bedeutung. Das Auftaktprojekt war die Ausstellung Kulturhauptstadt des Führers im Linzer Schlossmuseum, die durchaus kontroversiell diskutiert wurde und auch eine ent- sprechende mediale Beachtung fand. Es war beabsichtigt, die wissenschaftliche Ausei- nandersetzung mit der NS-Vergangenheit im Kunst- und Kulturbereich einer breiteren Öffentlichkeit zu erschließen.310 Im Rahmen des Kunstprojektes in situ machten speziel- le Markierungen an Plätzen und Gebäuden die NS-Vergangenheit in Linz auch optisch sichtbar, reizten bewusst das kollektive Gedächtnis einer ganzen Stadt und zeigten die Orte nationalsozialistischen Terrors vor Ort.311 Durch die unmittelbare Verbindung des Ortes mit dem Geschehen wurde die Geschichte nationalsozialistischer Vernichtungspo- litik erleb- und erfahrbar gemacht. in situ funktionierte als Vermittlungsprojekt ähnlich wie die Stolpersteine.312 Bei der Installation Unter uns handelte es sich um eine spezielle

305 Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 22 f. 306 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 46. 307 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 50. 308 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 68. 309 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 90. 310 Vgl. Kager, Bettina (2012): Linz09 und die NS-Zeit. Die Projekte „Kulturhauptstadt des Führers“, In Situ und Unter Uns im Spiegel der medialen Öffentlichkeit. Diplomarbeit an der Karl-Franzens-Universität Graz. Graz. S. 45. 311 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 135. 312 Vgl. Kager, Bettina (2012). S. 37. 81

Form der Aufarbeitung der NS-Geschichte am Beispiel eines der beiden Brückenkopf- gebäude. Es war der Versuch durch einen architektonischen Eingriff die Vergangenheit optisch sichtbar zu machen. Das Bild des teilweise abgetragenen Putzes prägte für zehn Monate zentral den Blick auf den Linzer Hauptplatz. Die Installation erinnerte an die jüdische Familie, die hier einmal gelebt hatte, an die Errichtung dieses Gebäudes, des- sen Baumaterial u.a. aus Konzentrationslagern stammte sowie an die Tatsache, dass hier Zwangsarbeiter zum Einsatz gekommen sind. Ein Teil des Linzer Hauptplatzes als Erinnerungsort im kollektiven Gedächtnis der Stadtbevölkerung.313 Weitere Projekte im Rahmen des Linz Gedächtnis waren das Symposium Klänge der Macht, das sich mit der Musikpolitik vor und nach 1945 auseinandersetzte, das Projekt Jenseits von Geschichte, das das Thema Gedenk-Architektur zum Thema hatte oder der Audioweg Gusen – das unsichtbare Lager.314

Im Rahmen von Linz Wissen kam u.a. Johannes Kepler, der von 1612 bis 1627 in Linz gelebt hatte, zu Ehren. Philipp Glass wurde mit der Komposition der Oper Kepler beauf- tragt, deren Uraufführung im September 2009 im Landestheater über die Bühne ging. Der große Mathematiker und Astronom diente auch als Namensgeber für ein weiteres Linz09-Projekt, das bis dato noch besteht, den Kepler Salon. Es handelt sich dabei um einen Ort des Wissensaustausches und der Begegnung im ehemaligen Wohnhaus Keplers.315 Auch in den Programmschienen Linz Lust, Linz Feiertag und Linz Traum wurden zahlreiche weitere Projekte von Linz09 verwirklicht.316

6.2.2 Graz: Schnittpunkt der Kulturen Graz hat sich – wie viele andere Bewerberstädte auch – selbst in der Mitte Europas, im Schnittpunkt der Kulturen verortet und dies in die Programmgestaltung des Kulturhaupt- stadtjahres entsprechend einfließen lassen.317 Eines der spektakulärsten und gleichzei- tig nachhaltigsten Projekte von Graz 2003 war die Insel in der Mur, die Plaza für das 21. Jahrhundert des New Yorker Künstlers Vito Acconci.318 Die Stahlkonstruktion mitten im Fluss ist an eine halb geöffnete Muschel angelehnt und dient als Veranstaltungs- und Event-Ort. Das Projekt Marienlift inmitten der Grazer Altstadt erlaubte den Besucherin-

313 Vgl. Kager, Bettina (2012). S. 41 f. 314 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 136 f. 315 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 157 f. 316 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 5. 317 Vgl. Schuster, Julia (2009). S. 76. 318 Vgl. Palmer/Rae Associates (2004). S. 323. 82

nen und Besuchern einen Perspektivenwechsel. Ein gläserner Fahrstuhl beförderte die Fahrgäste zu einer in 18 Meter Höhe schwebenden Madonna und eröffnete eine neue Perspektive auf die Grazer Innenstadt.319 Im Rahmen des Projekts Schattenobjekt Uhr- turm erhielt das Grazer Wahrzeichen einen dreidimensionalen Schatten und stand durch diese Stahlkonstruktion noch stärker im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Es wurde dabei aufgezeigt, wie sehr die selektive Wahrnehmung das Bild von der Wirklichkeit beeinflus- sen kann.320

Die Installation Die gespiegelte Stadt brachte ein virtuelles Meer in den Grazer Stadt- raum, konstruierte neue Raumerlebnisse und lud ein zur Reflexion über Vertrautes und Fremdes.321 Durch das Neben- und Hintereinander von Spiegelflächen wurden die Re- flexionen unendlich vervielfacht. Beim Turmbau zu Babel kam es zu einer Auseinander- setzung mit der ungeheuren Vielfalt von Schrift und Sprache und das Projekt Berg der Erinnerung lud ein zu einer Fahrt durch die Stadtgeschichte.322 Viele Grazerinnen und Grazer haben dafür ihre persönlichen Erinnerungen zur Verfügung gestellt. An die 20.000 Erinnerungsstücke wie Fotografien, Alltagsgegenstände oder Dokumente wur- den dabei der Öffentlichkeit präsentiert. Schauplatz war das Stollensystem im Grazer Schlossberg, dass der Ausstellung gleichzeitig als eine Art Metapher für die oft uner- gründlichen Pfade des Gedächtnisses diente. Das Projekt Inge Morath: Grenz.Räume setzte die berühmte Fotografin mehrfach ins Bild. Es ging dabei um eine Spurensuche nach der eigenen Herkunft im steirisch-slowenischen Grenzgebiet.323

Eine sehr erfolgreiche Veranstaltung war der Homeless World Cup, die etwas andere Fußballweltmeisterschaft. Für viele Obdachlose aus aller Welt war dieser integrative Event, der u.a. vom Internationalen Netzwerk der Straßenzeitungen unterstützt wurde, ein erster Schritt auf dem Weg zurück. Weitere Projekte von Graz 2003 waren u.a. Grazer Küche, ein gemeinsames Mit- und Nebeneinander Kochen, Stadt_Land_Kunst, das die steirischen Kulturinitiativen ins Zentrum der Kulturhauptstadt rückte oder der Personality Walk, der Aufbau einer Online-Datenbank Grazer Berühmtheiten.324

319 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d). 320 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d). 321 Vgl. Österreichischer Städtebund (2018b): Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas. Quelle in Internet: URL: https://www.staedtebund.gv.at/oegz/archiv-bis-2009/details/artikel/graz-2003-kulturhauptstadt-europas/, aufgerufen am 31. 5. 2018. 322 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d). 323 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d). 324 Vgl. Graz Zweitausenddrei Kulturhauptstadt Europas (2018d). 83

7 Wider die Verdrängung: die Aufarbeitung der NS-Ver- gangenheit

Eine weitere Gemeinsamkeit von Linz und Graz besteht in dem Umstand, dass beide Landeshauptstädte während der NS-Zeit eine jeweils besondere Rolle innehatten: Linz als die „Patenstadt des Führers“ und Graz als die „Stadt der Volkserhebung“. Die eigene Vergangenheit wurde infolge von beiden Städten allerdings erst ab den 1990er Jahren aktiv und auch hier in unterschiedlicher Intensität aufgearbeitet.

1945 war eine österreichische Mitverantwortung an den Verbrechen des Dritten Reichs allerdings – auch zehn Jahre nach Kriegsende bei Abschluss des Staatsvertrags – kein Thema und die Opferthese, dass Österreich nur Opfer Nazi-Deutschlands gewesen sei, wurde für mehrere Jahrzehnte quasi zur Staatsdoktrin erhoben. Wenngleich das be- wusste Verdrängen, das absichtliche Vergessen der NS-Vergangenheit kein rein öster- reichisches Spezifikum darstellte, wurde hierzulande aber erst im Jahr 1986 im Zuge der „Waldheim-Affäre“ auch die Täterrolle der Österreicherinnen und Österreicher öffentlich thematisiert und erst in den frühen 1990er Jahren bekannte sich die Republik offiziell zur Mitverantwortung an den NS-Verbrechen.325

7.1 Linz: „Patenstadt des Führers“ Die Jahre 1938 bis 1945 stellten für die Stadt Linz eine Zäsur dar. Die provinzielle Han- dels- und Gewerbestadt in der Adolf Hitler seine Jugendjahre verlebt hatte, wurde zu seiner Patenstadt erklärt und stieg plötzlich neben den Großstädten Berlin, München, Nürnberg und Hamburg zu einer der fünf „Führerstädte“ des Reichs auf. Nach national- sozialistischen Plänen sollte die Stadt zu einem Groß-Linz, zu einem Industrie-, Kultur- und Verwaltungszentrum ausgebaut werden. Die oberste Planungshoheit für die Monu- mentalverbauung lag anfänglich beim Generalinspektor für Berlin, Albert Speer.326 Un- ter den zahlreich geplanten Kultureinrichtungen befand sich u. a. auch die Idee eines „Linzer Führermuseums“. Im Rahmen dieses „Sonderauftrag Linz“ wurden unter der Leistung des Dresdner Galeriedirektors Hans Posse zahlreiche Kunstwerke aus ganz

325 Vgl. Schimböck, Maximilian, Schuster, Walter, Schweiger, Anneliese (Hrsg.), (2005): Nationalsozialismus. Ausei- nandersetzung in Linz. 60 Jahre Zweite Republik. Archiv der Stadt Linz. Linz. S. 11. 326 Vgl. Katzinger Willibald, Mayrhofer, Fritz (1990): S. 314. 84

Europa zusammengetragen. Es war ursprünglich geplant für Linz die berühmtesten Werke „germanischer Klassik“ zu sichern. Über 5000 für Linz geplante Bilder und Ge- mälde wurden gegen Kriegsende im Altausseer Salzbergwerk eingelagert.327 Grundsätz- lich lässt sich festhalten, dass die erfolgte Zuschreibung von Linz – neben der national- sozialistischen Kulturpolitik – als „Patenstadt des Führers“, in Verbindung mit den teil- weise realisierten, größtenteils nur geplanten städtischen Veränderungen, der Stadt eine bis heute andauernde Prägung gegeben haben. Diese einmal festgesetzte Idee der „Führerstadt Linz“ wirkte in Folge noch sehr nachhaltig und war u.a. bestimmend für die weitere Linzer Kulturpolitik in den Jahren nach 1945.328

Linz hat als eine der ehemaligen „Führerhauptstädte“ in Bezug auf seine NS- Vergangenheit eine entsprechend große Verantwortung und die kritische Auseinander- setzung mit diesem nationalsozialistischen Erbe ist von besonderer Bedeutung. Die Si- cherung dieses historischen und kulturellen Erbes sowie dessen Aufarbeitung sind als zentrale Aufgaben der städtischen Kulturpolitik auch explizit im Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz festgehalten.329 Die Stadt Linz hat zum einen Zeichen des Gedenkens und der Mahnung in Form von Denkmälern, Gedenktafeln, Straßen(um)benennungen sowie der Verleihung von städtischen Auszeichnungen z.B. an Persönlichkeiten wie Simon Wiesenthal oder Ceija Stojka gesetzt, zum anderen ist es zur Schaffung bleiben- der geistiger Werte in Form von Publikationen, Vorträgen, Ausstellungen, Filmproduktio- nen oder Symposien gekommen. Der Linzer Gemeinderat verabschiedete diesbezüglich 1996 mit großer Mehrheit ein Projekt zur Aufarbeitung der NS-Zeit, an dem zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitwirkten.330

Insgesamt 50 Historikerinnen und Historiker beschäftigten sich in den einzelnen Projek- ten, die die Zeit des Nationalsozialismus in Linz von 1938 bis 1945 bzw. der Entnazifi- zierung nach 1945 umfassten, mit den unterschiedlichsten Aspekten zum Thema Natio- nalsozialismus. Lokale Erinnerungsorte zum Gedenken der Opfer der NS-Herrschaft wurden dabei ebenso thematisiert wie einzelne gesellschaftliche Teilbereiche wie Sozi- al-, Wirtschafts-, Kultur-, Familien- oder Gesundheitspolitik während der NS-Zeit, Wider- stand, Verfolgung, Zwangsarbeit und NS-Euthanasie oder Entnazifizierung und Wieder-

327 Vgl. Katzinger Willibald, Mayrhofer, Fritz (1990): S. 317 f. 328 Vgl. Kirchmayr, Birgit (2008): S. 217. 329 Vgl. Magistrat Linz (2013): S. 65. 330 Vgl. Schimböck, Maximilian, Schuster, Walter, Schweiger, Anneliese (Hrsg.), (2005): S. 150 f. 85

aufbau.331 Dies geschah alles unter der Federführung des Archivs der Stadt Linz, das neben zahlreichen Publikationen auch zahlreiche themenspezifische Ausstellungen wie z.B. „Linz im Nationalsozialismus – Ideologie und Realität“ kuratierte. Die sich u.a. auch im Kulturentwicklungsplan selbst auferlegte Verpflichtung zur Aufarbeitung der Vergan- genheit gilt aber auch für die übrigen städtischen Kultureinrichtungen wie die Museen der Stadt Linz, das AEC oder den Wissensturm.332 Aber auch im Rahmen des Kultur- hauptstadt-Programms spielte die Auseinandersetzung mit der eigenen NS- Vergangenheit in Form der zentralen Programmlinie Linz Gedächtnis - wie bereits aus- geführt - eine entsprechend große Rolle.333

7.2 Graz: „Stadt der Volkserhebung“ Schon Wochen vor dem deutschen Einmarsch am 12. März 1938 begann in Graz die Machtübernahme durch heimische Nationalsozialisten. Im Vergleich zu den übrigen Bundesländern verfügte die illegale NSDAP in der Steiermark und speziell in Graz über eine besonders gut ausgebaute Organisationsstruktur.334 Am 19. Februar kam es bereits zu ersten Großdemonstrationen. Mehrere tausend Menschen marschierten mit Haken- kreuzfahnen durch die Innenstadt und skandierten einschlägige Nazi-Parolen. Aufgrund dieser Ereignisse erhielt die Stadt später von Adolf Hitler den „Ehrentitel“ „Stadt der Volkserhebung“ verliehen.335 Dies sollte die Rolle von Graz als österreichweiten Vorrei- ter, als wichtigste Hochburg nationalsozialistischer Aktivitäten vor dem Anschluss her- vorheben. Im Dritten Reich gab es insgesamt nur sechs andere Städte, die mit diesem „Ehrentitel“ ausgezeichnet wurden. Das verhängnisvolle Erbe dieser „Ehrung“ sollte die Erinnerungskultur in Graz in den kommenden Jahrzehnten prägen.336

Es war das Ziel der Nationalsozialisten Graz zu einem ökonomischen und kulturellen Zentrum für den Südostraum zu machen. Durch die Eingemeindung der Umlandorte wurden die noch auf das Mittelalter zurückgehenden Stadtgrenzen von Graz gesprengt

331 Vgl. Magistrat Linz (2018i): Aufarbeitung Nationalsozialismus. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/geschichte/de/989.asp, aufgerufen am 14. 7. 2018. 332 Vgl. Magistrat Linz (2013): S. 65. 333 Vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH (2008). S. 128 - 149. 334 Vgl. Staudinger, Eduard (1988): Zur Entwicklung des Nationalsozialismus in Graz von seinen Anfängen bis 1938. In: Stadt Graz (Hrsg.) (1988): Graz 1938. Historisches Jahrbuch der Stadt Graz. Band 18 / 19. Graz. S. 65. 335 Vgl. Engele, Robert (2018): Graz war die „Stadt der Volkserhebung“. Printausgabe Kleine Zeitung vom 18. Februar 2018. Graz. 336 Vgl. ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus (2018): „Menschenrechte statt Volkserhebung – Die Stadt Graz 80 Jahre nach dem Anschluss“. Quelle in Internet: URL: http://www.argejugend.at/2018/03/menschenrechte-statt- volkserhebung-die-stadt-graz-80-jahre-nach-dem-anschluss/, aufgerufen am 15. 7. 2018.

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und die Voraussetzungen für eine Großstadt geschaffen. Die Flächenausdehnung von Graz erhöhte sich im Jahr 1938 schlagartig auf des Fünffache der bisherigen Größe und die Einwohnerzahl stieg ebenfalls um ein Drittel auf ca. 207.000 Personen an.337 Analog zu Linz waren auch in Graz zahlreiche größere Architekturprojekte geplant. Graz sollte zu einer zentralen Drehscheibe im Südosten Europas mit bis zu 350.000 Einwohnerin- nen und Einwohnern ausgebaut werden.338

Bei der Aufarbeitung der Vergangenheit in der Steiermark und in Graz lässt sich festhal- ten, dass viele handelnde Akteure der Landesgeschichtsschreibung bereits vor 1945 publizistisch tätig waren und sich nicht selten einer nationalistischen Geschichtsschrei- bung verpflichtet fühlten. Eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschich- te schien für sie nicht zentral.339 Halbrainer et al. weisen weiters darauf hin, dass sich speziell auch die Stadt Graz in Form ihres Publikationsmediums Historisches Jahrbuch der Stadt Graz erst historisch verspätet mit ihrer NS-Geschichte auseinandersetze. Aber auch die späte Einrichtung des Faches Zeitgeschichte im Studienjahr 1983/84 an der Universität Graz trug nicht eben zur Beschleunigung des Aufarbeitungsprozesses bei.340

Der nicht immer unproblematische Umgang mit der Vergangenheit bzw. mit der Aufar- beitung zeigte sich in den letzten Jahre am Bespiel des ehemaligen NS-Lagers Lieben- au. Obwohl Historiker des Bundesdenkmalamtes mehrmals Hinterlassenschaften aus dem Lager entdeckt haben, weigert sich die Stadt Graz bis heute jenes Gebiet im Grazer Wohnbezirk Liebenau, wo man noch immer Leichen jüdischer Zwangsarbeiter vermutet, lückenlos untersuchen zu lassen.341 Im April 1945 wurden nahe dem heutigen Stadion Graz-Liebenau Zwangsarbeiter, in der Mehrzahl ungarische Jüdinnen und Ju- den in diesem Lager zusammengetrieben, um von hier aus ihre letzte Reise ins KZ Mauthausen anzutreten. Kranke und Transportunfähige wurden direkt vor Ort vom La- gerpersonal ermordet.342 Walter Müller meint diesbezüglich etwa, dass „die Stadtregie- rungen der vergangenen Jahrzehnte bewusst ein schwarzes Kapitel der Stadtgeschichte

337 Vgl. Marauschek, Gerhard (1988): Die Schaffung von Groß-Graz im Jahre 1938 und ihre Vorgeschichte. In: Stadt Graz (Hrsg.) (1988): Graz 1938. Historisches Jahrbuch der Stadt Graz. Band 18 / 19. Graz. S. 326. 338 Vgl. Karner, Stefan (2000): S. 288. 339 Vgl. Halbrainer, Heimo, Lamprecht, Gerald, Mindler, Ursula (2012): NS-Terror in der Steiermark. In: Halbrainer, Heimo, Lamprecht, Gerald, Mindler, Ursula (Hrsg.) (2012): NS-Herrschaft in der Steiermark. Positionen und Diskurse. Wien. S. 10. 340 Vgl. Halbrainer, Heimo, Lamprecht, Gerald, Mindler, Ursula (2012): S. 11 f. 341 Vgl. Müller, Walter (2018): Das schwierige Gedenken an das NS-Lager Liebenau. Der Standard, Printausgabe vom 14. 4. 2018. Wien. 342 Vgl. Posch, Roland (2015): Der Tod im NS-Lager mitten in Graz. Die Presse, Printausgabe vom 25. 4. 2015. Wien.

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ausgeblendet haben“343 und man besser auf die Auszeichnung „Stadt der Menschen- rechte“ verzichten sollte, solange die Stadt in dieser Causa keine offiziellen Untersu- chungen einleite und über Liebenau ein Mantel des Schweigens liege.344

Auch die ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus nimmt die „Stadt der Menschen- rechte“ als Aufhänger, wenn sie meint, dass die Stadt Graz zwar grundsätzlich versuche diesem Ruf gerecht zu werden, es aber trotzdem immer wieder Vorfälle gäbe, „die zei- gen, dass bei manchen ewiggestriges Gedankengut noch immer präsent ist. An dieser Stelle seien als Bespiel nur die rassistischen Aussagen von Susanne Winter (FPÖ) aus dem Gemeinderatswahlkampf des Jahres 2008 erwähnt.“345 Schon zwei Jahrzehnte vorher kam es im Rahmen des steirischen herbst 1988 anlässlich der Durchführung ei- nes Kunstprojektes zu einer Rekonstruktion eines nationalsozialistischen Triumphzei- chens. Die Reaktion darauf waren verstärkte antisemitische Schmierereien sowie ein Brandanschlag auf den nachgebauten Obelisken.346 Der damalige Grazer Bürgermeister Alfred Stingl sprach diesbezüglich von einer „Schande für Graz“.347

7.3 Die Verantwortung gegenüber der eigenen (Stadt-)Geschichte Eine Stadt bzw. die sie abbildende Gesellschaft hat eine große Verantwortung gegen- über der eigenen Geschichte und es ist eine zentrale Aufgabe gerade die dunklen Flecken in der Vergangenheit auszuleuchten und kritisch aufzuarbeiten. Es bedarf dazu einer entsprechenden Gedächtniskultur. Feste und flüssige Formen des Gedächtnisses sollen dabei helfen, die Vergangenheit zu erklären und neu zu konstruieren und zu deu- ten.348 Österreichweit, d.h. auch in Linz und Graz fand die intensive Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit - wie erwähnt - erst sehr spät ab Mitte der 1980er Jahre statt. In Linz ist es infolge auf Initiative des Gemeinderats zu einer weitgehenden, wissen- schaftlichen Aufarbeitung dieser dunklen Zeit gekommen und die Linzer NS- Vergangenheit war auch ein zentraler Bestandteil des Kulturhauptstadtjahr-Programms. In Graz allerdings scheint es – wie das aktuelle Beispiel des ehemaligen NS-Lagers Lie- benau zeigt – diesbezüglich durchaus noch weiteren Diskussionsbedarf zu geben.

343 Müller, Walter (2014): Vertuschte Grazer NS-Geschichte: Tiefe Gräben. Der Standard, Printausgabe vom 3. 5. 2014. Wien. 344 Vgl. Müller, Walter (2014). 345 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus (2018): aufgerufen am 15. 7. 2018. 346 Vgl. GrazMuseum (a. A.): Die suburbanisierte Stadt 1914 – heute. Graz. S. 4. 347 ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus (2018): aufgerufen am 15. 7. 2018. 348 Vgl. Schimböck, Maximilian, Schuster, Walter, Schweiger, Anneliese (Hrsg.), (2005): S. 11. 88

8 In guter Gesellschaft: die Netzwerke und Kooperationen

8.1 UNESCO Creative Cities Network Die beiden Landeshauptstädte Linz und Graz, die seit vielen Jahren im konstruktiven Wettbewerb um die Rolle der Second City hinter der Bundeshauptstadt Wien stehen349, sind auch Mitglied im UNESCO Creative Cities Network, das der globalen Vernetzung von Städten dient, die auf Kreativität setzen und dieses Potential strategisch für eine nachhaltige ökonomische, kulturelle, soziale und ökologische Stadtentwicklung nut- zen.350 Dieses UNESCO-Netzwerk, das 2004 gegründet wurde, umfasst aktuell 180 Mit- gliedsstädte in insgesamt 72 Staaten, die dabei – als Exzellenz-Zentren – die sieben Kreativitätsbereiche Literatur, Medienkunst, Design, Musik, Gastronomie, Film und Handwerk abdecken.351 Die Mitglieder des UNESCO Creative Cities Network haben da- bei das gemeinsame Ziel, ihre „Kreativität und Kulturindustrie in den Mittelpunt ihrer Entwicklungspläne auf lokaler Ebene zu stellen und aktiv auf internationaler Ebene zu- sammenzuarbeiten“.352

8.1.1 Linz: City of Media Arts Seit Ende 2014 trägt Linz den Titel UNESCO City of Media Arts. Die Stadt befindet sich damit in Gesellschaft dreizehn weiterer Städte wie beispielsweise Toronto, Lyon, Tel Aviv oder Sapporo und hat sich mit der Aufnahme verpflichtet eine Selbstevaluation durchzuführen, um die eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse mit den weiteren Städten im Netzwerk teilen zu können. Weitere Beiträge sind das Einbringen des eigenen Know- hows, der Austausch von Erfahrungen im Bereich Stadtentwicklung und Kreativwirt- schaft sowie der Dialog und die internationale Zusammenarbeit zwischen den Mitglie- dern.353 Die konkreten Schwerpunkte sind u.a. der Austausch von Best Practice- Projekten im Bereich der Open Acess-Netzwerke, die verstärkte Förderung der regiona- len Szene der Medienkultur durch Produktionsstätten und Pilotprojekte oder die Schaf-

349 Vgl. Bauer, Robert, Prammer, Sigrid (o. A.): Vorstudie zur kulturellen Nutzung des Areals der Austria Tabak Wer- ke. Johannes Kepler Universität Linz. Institut für Organisation. Linz. S. 27. 350 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018a): UNESCO Creative Cities. Auf Kreativität setzen, nachhaltige Stadtentwicklung fördern. Quelle in Internet: URL: https://www.unesco.at/kultur/unesco-creative-cities/, aufgerufen am 16. 7. 2018. 351 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018): Creative Cities Network. Quelle in Internet: URL: https://en.unesco.org/creative-cities/home, aufgerufen am 16. 7. 2018. 352 UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018): aufgerufen am 16. 7. 2018. 353 Vgl. Magistrat Linz (2018): Linz – UNESCO City of Media Arts. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/cityofmediaarts.asp, aufgerufen am 16. 7. 2018.

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fung von Trainings- und Bildungsangeboten im Bereich Medienkunst und -kultur sowie die Schaffung von Synergien durch Partnerschaften.354 Die Stadt Linz hat – als ein lang- jähriges und global wahrgenommenes Zentrum der Medienkunst – bereits im Jahr 1979 mit der ersten Ars Electronica die entscheidenden Weichen in Richtung Digital- und Me- dienkunst gestellt. Zu diesem Festival kam 1987 der Prix Ars Electronica, einer der re- nommiertesten Wettbewerbe für Computerkunst und 1996 entstand das Ars Electronica Center als ein Museum der Zukunft sowie das Futurelab.355

8.1.2 Graz: City of Design Graz ist seit 2011 UNESCO City of Design und versucht in diesem Bereich – gemein- sam mit Städten wie Berlin, Bilbao, Turin, Shanghai, Helsinki oder Buenos Aires – die eigenen Stärken im globalen Verband weiter auszubauen und weltweit neue Märkte zu erschließen.356 Ausgewählte Schwerpunkte sind u.a. die Stärkung der Kreativwirtschaft durch globale Kooperationen und den Austausch mit den Partnerstädten, erhöhte Attrak- tivität als Wirtschafts-, Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsstandort, die Unterstützung des Wissenstransfers sowie die Bewusstseinsschaffung für Design und Gestaltung.357 Der Titel bringt insgesamt eine Menge an Vorteilen, die über die reine Förderung der Kreativwirtschaft weit hinausgehen. Graz lukriert aus seiner Mitgliedschaft zusätzliche wirtschaftliche Impulse, profitiert im Bereich des Tourismus und kann sich als attraktive Smart City präsentieren. Die Stadt leitet aus dem Titel, der nicht allein der Imagepolitur dienen soll, den Auftrag ab, die Stadtentwicklung voranzutreiben und die Zukunft für die Grazerinnen und Grazer angenehmer zu gestalten.358

8.2 UNESCO Weltkulturerbe Graz Die Convention concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage der UNESCO aus dem Jahr 1972 ist eines der erfolgreichsten Abkommen der internationa- len Völkergemeinschaft zum Schutz des kulturellen Erbes. Im Artikel 4 ist festgelegt, dass „each State Party to this Convention recognizes that the duty of ensuring the identi-

354 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018a): aufgerufen am 16. 7. 2018. 355 Vgl. Linz UNESCO City of Media Arts (2018): Linz UNESCO City of Media Arts. Quelle in Internet: URL: http://www.cityofmediaarts.at/de/linz-media-arts/, aufgerufen am 16. 7. 2018. 356 Vgl. Graz UNESCO City of Design (2018): Graz City of Design. Quelle in Internet: URL: http://www.graz- cityofdesign.at/de, aufgerufen am 16. 7. 2018. 357 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018a):aufgerufen am 16. 7. 2018. 358 Vgl. Graz UNESCO City of Design (2018): aufgerufen am 16. 7. 2018. 90

fication, protection, conservation, presentation and transmission to future generations of the cultural and natural heritage referred to in Articles 1 and 2 and situated on its territo- ry, belongs primarily to that State“.359 Die gesamte Grazer Altstadt wurde 1999 in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen. Die Stadt Graz hat sich mit dieser Aus- zeichnung verpflichtet das historische Erbe, die vorhandene Baukultur der letzten Jahr- hunderte zu erhalten und moderne Bausubstanz harmonisch zu integrieren.360 Im Jahr 2010 wurde schließlich das Grazer Weltkulturerbe um Schloss Eggenberg erweitert, es entstand eine Achse vom historischen Zentrum bis zum westlich gelegenen Schoss Eggenberg.361

8.3 Städtepartnerschaften Die beiden Kulturhauptstädte Linz und Graz verfügen über eine Vielzahl an Partnerstäd- ten rund um den Globus. Die Idee der Städtepartnerschaften wurde vom Europarat nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegriffen. Linz hat sich an diesem Projekt beteiligt und suchte in der Folge die Kooperation mit Städten, die eine ähnliche Größe, Wirtschaftsstruktur oder sonstige Parallelen aufwiesen. Aber auch wirtschaftliche Gründe, die geografische Lage, historisch gewachsene Verbindungen oder humanitäre Hilfsprojekte waren in der Vergangenheit ausschlaggebend für Linzer Städtepartnerschaften. Die Stadt Linz ver- fügt aktuell über neunzehn Partner- und zwei Freundschaftsstädte wie beispielsweise Modena, Budweis, Linz am Rhein, Berlin-Charlottenburg, Kansas City, San Carlos, Chengdu, Norrköping oder Tampere.362 Die Stadt Graz pflegt aktuell offiziell insgesamt dreizehn Städtepartnerschaften. Seit dem österreichischen EU-Beitritt 1995 wurden in Graz neben den traditionellen, historisch gewachsenen, vor allem projektbezogene Städtefreundschaften geschlossen. Zu den Grazer Partnerstädten gehören u.a. Darm- stadt, Dubrovnik, St. Petersburg, Triest, Pula, Trondheim, Maribor, Temeswar, Coventry oder Ljublijana.363

359 UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (1972): Convention concerning the Protection of the World Cultural und Natural Heritage. Paris. P. 3. 360 Vgl. Magistrat Graz (2018m): UNESCO Weltkulturerbe. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10135889/8033447/UNESCO_Weltkulturerbe.html, aufgerufen am 16. 7. 2018. 361 Vgl. UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation (2018b): City of Graz – Historic Centre and Schloss Eggenberg. Quelle in Internet: URL: https://whc.unesco.org/en/list/931, aufgerufen am 16. 7. 2018. 362 Vgl. Magistrat Linz (2018l): Partnerstädte rund um die Welt. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/politik_verwaltung/6264.asp, aufgerufen am 16. 7. 2018. 363 Vgl. Magistrat Graz (2018i): Partnerstädte. Quelle in Internet: URL: https://www.graz.at/cms/beitrag/10036153/7771861/Staedtepartnerschaften.html, aufgerufen am 16. 7. 2018.

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8.4 Sonstige Projekte Am 23. Oktober 1986 legte der Linzer Gemeinderat ein Bekenntnis zu einer aktiven Friedenspolitik ab. Er beschloss einstimmig die Erklärung „Linz als Friedensstadt“. Damit hat sich die Stadt verpflichtet, gemeinsam mit der Bevölkerung einen aktiven Beitrag zur Wahrung des Weltfriedens zu leisten und das Friedensengagement zu einem Grund- prinzip kommunalpolitischen Agierens zu machen.364 Der Linzer Gemeinderat beschließt seit dem 25-Jahr-Jubiläum 2011 jährlich eine Friedenserklärung und der Linzer Bürger- meister ist Mitglied der „Mayors for Peace“. Es handelt sich dabei um eine von Hiroshi- ma ausgehende, weltweite Friedens- und Abrüstungsinitiative.365

Der Grazer Gemeinderat wiederum beschloss in seiner „Menschenrechtserklärung“ 2001, dass sich die Stadt Graz in ihrem kommunalpolitischen Handeln von den interna- tionalen Menschenrechten leiten lassen wolle. Diese allgemeinen Menschenrechte soll- ten bei Entscheidungen über die weitere Entwicklung der Stadt als Leitlinien herangezo- gen werden. „Mit dieser Erklärung und den damit verbundenen Absichten und Hand- lungsanleitungen bringt die Stadt Graz als Kulturhauptstadt Europas 2003 zugleich ihr Verständnis von Kultur und Menschenwürde zum Ausdruck.“366 2007 folgte ein erster Menschenrechtsbericht des Grazer Menschenrechtsbeirates.367

364 Vgl. Gemeinderat der Stadt Linz (1986): Erklärung des Gemeinderates der Stadt Linz vom 23. Oktober 1986 zur Friedensstadt Linz. Linz. S. 2. 365 Vgl. Magistrat Linz (2018c): Friedensstadt Linz. Quelle in Internet: URL: https://www.linz.at/kultur/friedensstadtlinz.asp, aufgerufen am 16. 7. 2018. 366 Gemeinderat der Stadt Graz (2001): Menschenrechtserklärung der Stadt Graz. Graz. 367 Vgl. Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz (2008): Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2007. Graz. S. 4.

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9 Fazit – ein abschließender Vergleich Die Arbeit setzt sich im Rahmen einer vergleichenden Analyse mit der Bedeutung des Wirtschafts-, Image- und Standortfaktors Kultur auseinander. Die beiden bisher einzigen österreichischen Kulturhauptstädte Linz und Graz wurden einander gegenüber gestellt und deren kommunale Kulturpolitik der letzten 30 Jahre wurde dabei anhand einiger ausgesuchter Schwerpunkte einer kritischen Betrachtung unterzogen. Als Ausgangs- punkt der Untersuchungen diente die eingangs formulierte Hypothese, dass der Stand- ortfaktor Kultur seit den 1990er Jahren die Stadtentwicklung der beiden Landeshaupt- städte grundsätzlich und maßgeblich geprägt und beeinflusst hat und dass diese Beein- flussung in Linz und Graz auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlicher Intensität erfolgt ist, sowie die in den jeweiligen Kapiteln abgehandelten Forschungsfragen. Die kulturelle Stadtentwicklung hat in beiden Fällen zu einer zumindest teilweisen Neupositi- onierung geführt und durch den erfolgten Transformationsprozess ist es auch zu einem entsprechenden Imagewandel gekommen.

Kultur erfüllt als ein soziales und historisches Produkt unserer Gesellschaft zahlreiche Funktionen wie beispielsweise Identitätsbildung und -sicherung, Sozialisation und Refle- xion oder die Schaffung von Werten und Normen.368 Der Kulturkonsum dient der priva- ten Freizeitgestaltung, dem Wissenserwerb, der Weiterbildung sowie der eigenen intel- lektuellen Erbauung. Darüber hinaus ist Kultur aber auch ein bedeutender Wirtschafts- faktor im Wettbewerb der Städte. Kultur ist in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zu einem entscheidenden Standortfaktor geworden. Sie hat sich dabei von einem anfangs weichen, zumeist nur qualitativ messbaren, zu einem harten, auch quantitativ erfassba- ren Standortfaktor weiterentwickelt.369 Vor diesem Hintergrund wurde für die beiden Landeshauptstädte ein Vergleich der städtischen Kulturpolitik, die ein wesentlicher Be- standteil der kommunalen Daseinsvorsorge ist, für die letzten drei Dekaden vorge- nommen.

Der direkte Vergleich der beiden Landeshauptstädte Linz und Graz hat sich aufgrund einiger Gemeinsamkeiten bzw. Ähnlichkeiten angeboten. Es handelt sich um die dritt- bzw. zweitgrößte Stadt Österreichs. In beiden Fällen spielt der Standortfaktor Kultur seit geraumer Zeit eine sehr große und wichtige Rolle und die zwei Gemeinden grenzen sich

368 Vgl. Angehrn, Emil (1994): Kultur – Begriff und Funktion. In: Uni nova. Wissenschaftsmagazin Universität Basel, Nr. 70, 1994. S. 4 ff. 369 Vgl. Hirschler, Herbert (2004): S. 18. 93

im Rahmen der Schwerpunktsetzung ihrer kommunalen Kulturpolitik bewusst von ande- ren österreichischen Kulturstädten ab. Während sich etwa Salzburg oder Wien auf ihre historisch-kulturelle Tradition berufen, „definiert sich Linz kulturell über seine Gegenwart oder Zukunft“.370 Linz hat angesichts seiner geografischen Lage zwischen Wien und Salzburg sinnvollerweise nie versucht im Bereich der traditionell-bürgerlichen Hochkultur Fuß zu fassen und hier mit den beiden international renommierten Kulturstädten in Kon- kurrenz zu treten. Die kommunale Kulturpolitik hat sich stattdessen einer gegenwarts- und zukunftsorientierten, experimentellen, möglichst niederschwelligen, für alle zugäng- lichen Kunst und Kultur verschrieben. Man hat in Linz schon früh auf die digitale Medi- enkunst als kulturelles Alleinstellungsmerkmal gesetzt. Aber auch Graz ist diesbezüglich einen ähnlichen Weg gegangen und hat nicht den direkten Vergleich mit Salzburg oder Wien gesucht. Man hat auch an der Mur gezielt auf Sparten mit Erfolgspotential gesetzt. In den 1970iger Jahren waren das beispielsweise die Literatur oder die Avantgarde- Kunst, in den letzten Jahren setzte man vermehrt auf den Design- und Kreativ-Bereich.

Die größte Gemeinsamkeit zwischen Linz und Graz findet sich aber in der Tatsache, dass beide Kommunen die bis dato einzigen österreichischen Städte sind, die den pres- tigeträchtigen Titel Kulturhauptstadt Europas tragen. Das Kulturhauptstadtjahr war für beide ein wesentlicher Meilenstein in der kulturellen Entwicklung und prägte das städti- sche Image nachhaltig. Viele Investitionen, vor allem in die kulturelle Infrastruktur, wären ohne das internationale Mega-Event Kulturhauptstadtjahr nicht oder nicht in diesem Ausmaß erfolgt.

Kultur spielt heute für beide Landeshauptstädte eine zentrale Rolle. Während Graz allerdings eine lange Kulturtradition aufweist, die weit ins 19. Jahrhundert zurückgeht, setzte der Wandel in Linz von der reinen Industriestadt hin zur Stadt der Technologie und Kultur erst in den späten 1970er Jahren ein. Mitte der 1980er Jahre folgte die Ver- staatlichten-Krise, die diesen Transformationsprozess beschleunigte. Linz hatte hier zu Beginn der 1990er Jahre einen größeren kulturellen Nachholbedarf und hat weiter auf den bereits eingeschlagenen Weg der Digital- und Medienkunst gesetzt. Diese regionale Schwerpunktsetzung hat in Linz - ebenso wie die Konzentration auf das Schwerpunkt- thema Design in Graz - maßgeblich zum nachhaltigen Erfolg mitbeigetragen und mün- dete schlussendlich in der UNESCO City of Media Arts bzw. UNESCO City of Design.

370 Kirchmayr, Birgit (2008): S. 217. 94

Da die Durchführung der Kulturhauptstadt Europas sowohl für Linz als auch für Graz von ganz spezieller Bedeutung war, wurden die dahinterstehende Projektidee, das Pro- zedere sowie der Ablauf näher analysiert. Auffallend im direkten Vergleich war vorab die Tatsache, dass Linz – ohne nationale Konkurrenz (es gab keine Mitbewerber) – bei sei- ner erstmaligen Bewerbung gleich den Zuschlag erhielt, während sich Graz insgesamt in drei Anläufen um die Durchführung bemühte. Beide Städte hatten bereits im Vorfeld die Möglichkeit im Rahmen eines Europäischen Kulturmonats internationale Erfahrungen zu sammeln und hatten dabei unterschiedlich reüssiert.

Linz bewarb sich als innovative Industrie- und Kulturstadt und setzte auf die Themen Technologie, Kunst für alle und NS-Vergangenheitsbewältigung. Graz wiederum strich seine geografische Lage und die damit verbundene Kompetenz für Ost- und Südost- europa hervor. Die Planung und Durchführung erfolgte in beiden Fällen durch eine ei- gens gegründete Organisations-GmbH mit einer unabhängigen, weisungsungebunde- nen Intendanz. Die Bewertungen des jeweiligen Kulturhauptstadtjahres erfolgten auf drei verschiedenen Ebenen und fielen durchwegs positiv aus. Neben den Organisations- GmbHs prüften in Linz auch der Oberösterreichische Landesrechnungshof bzw. in Graz der Stadtrechnungshof, auf europäischer Ebene wurden entsprechende externe Prüfbe- richte im Auftrag der Europäischen Kommission verfasst. Sowohl die nach innen (Infra- strukturausbau, Stadtentwicklung, Angebotserweiterung, Steigerung der Attraktivität bei der eigenen Bevölkerung etc.) als auch die nach außen gerichteten Ziele (Imageverbes- serung, Steigerung Bekanntheitsgrad, Erhöhung Nächtigungszahlen etc.) wurden im Wesentlichen von beiden Städten erreicht. Die abschließende Frage nach der Nachhal- tigkeit ist etwas schwieriger zu beurteilen.371 Sie kann zumindest für Bereiche wie die Erweiterung der kulturellen Infrastruktur, den Werbewert des Titels, eine verbesserte Standortqualität oder erhöhte touristische Nachfrage als gegeben angenommen werden.

Der zweite wichtige Themenkomplex beschäftigte sich konkret mit der städtischen Ent- wicklung von Linz und Graz speziell aus kultureller Sicht. Es wurden dabei u.a. die aus den Forschungsfragen abgeleiteten Themen wie Meilensteine und Schwerpunkte, die Bedeutung der Kultur für den Standort bzw. für die Standortentwicklung, das Vorhan- densein normativer Planungsleitbilder oder die Bedeutung von Kultur für die städtische Wettbewerbsfähigkeit aufgegriffen.

371 Vgl. Mettler, Elisabeth (2005): S. 44.

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Stadtentwicklung ist grundsätzlich eine Art Metadisziplin für die kommunale Politik und umfasst - neben zahlreichen anderen Komponenten - gerade auch das Thema Kultur. Die Städte befinden sich heute in einem permanenten Wettbewerb untereinander und es geht darum, eigene Erfolgspotentiale ausfindig zu machen und diese zu Alleinstel- lungsmerkmalen auszubauen.372 Kultur ist heute ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und wird in der modernen Stadtentwicklung entsprechend mitgedacht. Eine attraktive natio- nale und internationale Positionierung von Städten wie Linz oder Graz hängt - genauso wie die von Wien oder Salzburg - vom jeweiligen kulturellen Angebot und der jeweiligen Unterscheidbarkeit in Form von ganz speziellen Alleinstellungsmerkmalen ab.373 Gerade der Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft wird zukünftig weiter an Bedeutung gewin- nen, da er mit dem hier vorhandenen Kreativkapital die entsprechenden Milieus fördert und die optimalen Rahmenbedingungen für die weitere kulturelle und ökonomische Ent- wicklung einer Stadt sichert. Bestes Beispiel hierfür ist die aktuelle Entwicklung der Lin- zer Tabakfabrik, die sich selbst als ein produzierendes Kreativareal sieht und bei der internationalen Positionierung von Linz eine große Rolle spielt.374

Ein eigenes Unterkapitel hat sich ausführlich mit der kultur-historischen Entwicklung von Linz und Graz beschäftigt, die in den letzten hundert Jahren sehr unterschiedlich verlau- fen ist. Während Linz zu Beginn des 20. Jahrhunderts kulturell als provinziell anzusehen war, konnte Graz zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine langjährige kulturelle Tradition zurückblicken und verfügte über eine entsprechende Infrastruktur und Programmange- bote. Während der NS-Zeit waren sowohl für Linz als „Patenstadt des Führers“ als auch für Graz als „Stadt der Volkserhebung“ größere Veränderungen geplant, die allerdings nur teilweise realisiert wurden. Linz wurde durch den Bau der „Hermann-Göring-Werke“ schlagartig zu einem bedeutenden Zentrum der Schwerindustrie und erfuhr dadurch ei- ne strukturell nachhaltige Prägung.

Wenngleich nach 1945 unter Ernst Koref in Linz erste Anstrengungen unternommen wurden, verfügte Linz bis Mitte der 1970er Jahre über kaum eine nennenswerte kulturel- le Infrastruktur. Erst mit dem Bau des Brucknerhauses, der Installation von Brucknerfest und Klangwolke, dem Festival Ars Electronica oder „Forum Metall“ gelang es Linz lang-

372 Vgl. Förster et al. (2011). S. 108. 373 Vgl. Österreichischer Städtebund (Hrsg.) (2008). S. 183. 374 Vgl. Tabakfabrik Linz (2018): Tabakfabrik Linz. Quelle in Internet: URL: https://tabakfabrik-linz.at/, aufgerufen am 20. 7. 2018.

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sam sich auch als Kulturstadt zu positionieren und dem enormen Aufholbedarf im Kul- turbereich Rechnung zu tragen. Die Verstaatlichtenkrise in den 1980er Jahre beschleu- nigte schließlich den Transformationsprozess von der staubigen Industriestadt hin Rich- tung Lebensstadt mit einer gelungen Symbiose aus Wirtschaft, Technologie und Kultur. In Graz hingegen war es in den späten 1950er Jahren zu einer „neuen“ Kulturpolitik ge- kommen, mit dem Ziel sich klar von Städten wie Wien oder Salzburg kulturell abzugren- zen. Es kam dabei zu einem Brückenschlag zwischen der bisherigen Tradition und einer zukunftsweisenden Moderne, man setzte auf Avantgarde-Kunst. Es kam zur Gründung zahlreicher neuer Veranstaltungsreihen und Institutionen wie beispielsweise Forum Stadtpark, steirischer herbst oder trigon. In der Murstadt herrschte Aufbruchsstimmung.

In den 1990er Jahre wurde in Linz mit der Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans, der u.a. die Schwerpunkte Technologie und Neue Medien oder Kultur für alle beinhalte- te, ein entscheidender Schritt in Richtung Technologie- und Kulturstadt vollzogen. Kultur war von nun an ein entscheidender Bestandteil der städtischen Entwicklung. Ein wichti- ger Meilenstein für die Neupositionierung von Linz war die Ausrichtung des Europäi- schen Kulturmonats. Linz konnte hier erstmals sein neues kulturelles Selbstverständnis einem breiten Publikum vermitteln. Der vorläufige Höhepunkt war schließlich die Aus- richtung von Linz09. In Graz hingegen zeigten sich zu Beginn der 1990er Jahre leichte Ermüdungserscheinungen. Viele in der Vergangenheit erfolgreiche Veranstaltungsfor- mate waren in die Jahre gekommen und in einigen Sparten, z.B. Literatur, ist die inter- nationale Bedeutung geschwunden. Die Stadtführung setzte verstärkt auf Internationali- tät und Graz richtete 1993 – weniger erfolgreich als Linz einige Jahre später – den Eu- ropäischen Kulturmonat aus. Graz bewarb sich in Folge erfolgreich als UNESCO- Weltkulturerbe und richtete 2003 als erste Stadt Österreichs das Europäische Kultur- hauptstadtjahr aus.

Im Anschluss an die historische Betrachtung wurden exemplarisch einige Instrumente der kommunalen Kulturpolitik der beiden Kulturhauptstädte einem direkten Vergleich unterzogen. Bei den einzelnen Gremien städtischer Kulturpolitik gibt es kaum große Un- terschiede. Einzig bei den externen Beratungsorganen verfügt die Stadt Linz über den Stadtkulturbeirat, während in Graz zum vergleichbaren Kulturbeirat auch noch entspre- chende Fachbeirate installiert sind. Große Unterschiede hingegen gibt es im Bereich der Planung städtischer Kulturentwicklung. In Linz setzt man dabei seit vielen Jahren auf

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einen eigenen Kulturentwicklungsplan, der die wesentlichen Rahmenbedingungen und Leitlinien für die zukünftige Kulturpolitik vorgibt. Graz geht bezüglich seiner Kulturent- wicklungsplanung einen völlig anderen Weg. Seit dem Kulturhauptstadtjahr 2003 gibt es hier einen offenen, dialogischen Prozess gemeinsam mit den wichtigsten städtischen Kulturschaffenden. Es kommt auch zur Erstellung eines jährlichen städtischen Kulturbe- richts. Weitgehend einig wiederum sind sich die beiden Städte über die Notwendigkeit einer städtischen Kulturförderung sowohl im strukturellen Bereich als auch im Rahmen von Projektförderungen.

Der dritte und abschließende Themenkomplex hatte unterschiedliche Facetten bzw. Schwerpunkte der kommunalen Kulturpolitik zum Inhalt. Am Beispiel der Themen kultu- relle Infrastruktur, kulturpolitisch handelnde Akteurinnen und Akteure, Programmgestal- tung Kulturhauptstadtjahr, Vergangenheitsbewältigung und internationales Networking wurden die wesentlichsten Bereiche städtischer Kulturpolitik der beiden Städte Linz und Graz analysiert und verglichen.

Wie bereits ausgeführt, hat es im Bereich der kulturellen Infrastruktur innerhalb der letz- ten Jahrzehnte zahlreiche Veränderungen gegeben. Linz, das erst sehr spät zur Kultur- stadt aufgestiegen ist, hat von Anfang an einen Schwerpunkt im Bereich Digital- und Medienkunst gesetzt. Graz war in der Vergangenheit - vor allem in den 1960er und 1970er Jahren - in mehreren Sparten kulturell erfolgreich. Aktuell setzt man hingegen vermehrt Aktivitäten in den Bereichen Kreativwirtschaft und Design. Hardwaremäßig ist in beiden Städten vor allem rund um das Kulturhauptstadtjahr massiv - mit Unterstüt- zung der Länder Oberösterreich und Steiermark - in die bauliche Infrastruktur investiert worden. Softwaremäßig bleibt anzumerken, dass sowohl Linz als auch Graz einige hochwertige, international bekannte Veranstaltungsformate in den letzten Jahren entwi- ckelt haben, die sich einer entsprechenden Publikumsresonanz erfreuen. Vor allem Linz zeichnet sich hier durch großformatige Open-Air-Inszenierungen, die auf dem Konzept einer Kultur für alle basieren, aus.

Von der Angebotsseite her dominieren sowohl in Linz als auch in Graz institutionelle Kultur-Anbieter, die in den meisten Fällen im Eigentum der Stadt oder des jeweiligen Bundeslandes stehen. Darüber hinaus verfügen beide Landeshauptstädte über frei- schaffende Künstlerinnen und Künstler, die nicht primär profitorientiert handeln bzw. für

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die öffentlichen Kulturinstitutionen unmittelbar tätig sind. Die sog. Freie Szene ist vor allem in Linz stark ausgeprägt. Gerade von dieser Seite kommt immer wieder Kritik an der städtischen Kunstförderungs-Politik oder der „Eventisierung“ von Kultur. Aber auch vonseiten der Linzer Kunstuniversität ist vor allem im Zusammenhang mit Linz09 immer wieder Kritik geäußert worden.375

Nicht zu unterschätzen ist im Kulturbetrieb auch die Rolle der politischen Parteien mit einem unterschiedlichen, ideologiebehafteten Kulturverständnis. Während in Linz seit 1945 durchgehend SPÖ-Bürgermeister im Amt sind und beispielsweise der Begriff Kul- tur für alle von großer Bedeutung war und ist, so hat es in Graz während dieser Zeit ab- wechselnd sozialdemokratische, freiheitliche und der ÖVP-zugehörige Stadtoberhäupter gegeben. Trotz unterschiedlichen, parteipolitisch motivierten Auffassungen in vielen kul- turellen Teilbereichen, lässt sich allerdings sowohl für Linz als auch für Graz festhalten, dass bei den großen Projekten wie etwa der Bewerbung für das Kulturhauptstadtjahr im Wesentlichen ein breiter Konsens über die Parteigrenzen hinweg gegeben war.

Unterschiedlich haben Linz und Graz die Programmgestaltung ihres Kulturhauptstadt- jahres angelegt. Während das Linzer Programm mehrere Programmschienen wie etwa Linz Gedächtnis aufwies, setzte man in Graz auf eine große Bandbreite unterschiedli- cher Genres. Linz war in den vergangenen Jahren auch die wissenschaftliche Aufarbei- tung der eigenen NS-Vergangenheit ein großes Anliegen. Graz hingegen hat hier heute noch - wie das Beispiel NS-Lager Liebenau zeigt - Diskussionsbedarf. Beide Städte ge- hören seit geraumer Zeit internationalen Netzwerken wie z.B. dem UNESCO Creative Cities Network an und sind an internationalen Kooperationen interessiert.

Abschließend lässt sich folgendes festhalten: Kultur ist ein wichtiger und relevanter Standortfaktor und eine strategisch ausgerichtete, kulturelle Stadtentwicklung kann da- bei – die richtigen Ziele sowie Erfolgspotentiale in Form von Alleinstellungsmerkmalen vorausgesetzt – zur entsprechenden Neupositionierung einer Stadt führen. Am Beispiel von Linz und Graz ist dies – betrachtet man den Zeitraum der letzten 30 Jahre – ge- schehen. Die eingangs formulierte Hypothese, dass der Standortfaktor Kultur seit den 1990er Jahren die Stadtentwicklung sowohl von Linz als auch von Graz grundsätzlich

375 Vgl. Oberösterreichische Nachrichten (2018): Linzer Kunstuni will sich einmischen. Interview mit Rektor Reinhard Kannonier. Quelle in Internet: URL: https://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/Linzer-Kunstuni-will-sich- einmischen;art16,1520014, aufgerufen am 20. 7. 2018.

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und maßgeblich mitgeprägt und beeinflusst hat, ist im vorliegenden Fall eindeutig zu bejahen. Ebenfalls zu bejahen ist der zweite Teil der Hypothese, nach der diese Beein- flussung auf unterschiedliche Art und Weise und in unterschiedlicher Intensität erfolgt ist. Wie ausführlich analysiert, sind Linz und Graz von unterschiedlichen kulturellen Niveaus aus gestartet.

Während Graz schon im 19. Jahrhundert eine kulturelle Tradition vorzuweisen hatte, gab es in Linz erst Mitte der 1970er Jahre konkrete Bemühungen zukünftig zur Kultur- stadt aufzusteigen. Die Kulturlandschaft in Graz hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte kontinuierlich - von deutschnational über konservativ-heimatverbunden bzw. avantgar- distisch bis hin zu einem kultur- und kreativitätswirtschaftlich geprägten Kulturverständ- nis - verändert. Linz hingegen hat von Anfang an auf ein zum damaligen Zeitpunkt rares kulturelles Nischenprodukt, nämlich die digitale Medienkunst gesetzt und ist diesem bis heute als UNESCO City of Media Arts erfolgreich treugeblieben. Linz hatte natürlich auch einen größeren kulturellen Nachholbedarf und der Transformationsprozess von einer staubigen, grauen und unattraktiven Stadt der Schwerindustrie hin zu einer mo- dernen, innovativen Stadt der Technologie und der Kultur wurde sehr rasch und mit enormer Intensität vollzogen.

Sowohl Linz als auch Graz ist es mit ihren jeweiligen kulturellen Schwerpunktsetzungen gelungen, aus dem Schatten der beiden großen österreichischen Kulturstädte Wien und Salzburg zu treten. Während sich Letztere vor allem über ihre historisch-kulturelle Tradi- tion definieren, haben sich die Second Cities Linz und Graz mit einem primär in der Ge- genwart und Zukunft angesiedelten Kulturverständnis und den entsprechenden Allein- stellungsmerkmalen entscheidende Wettbewerbsvorteile verschafft, die sie beide zu erfolgreichen Kulturstädten machen.

Gerhard Weixelbaumer

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