VOR 70 JAHREN: DEPORTATION DER DÄNISCHEN JUDEN Rettung in der Neujahrsnacht

In der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 1943 ques, weiter. Dieser entgegnete: „Sie lü- ganze Land zur „world‘s most fabulous esca- In den zwei Wochen nach dem 29. Septem- geschah ein Wunder. Durch gezielte Indis- gen.“ Vom Gegenteil überzeugte ihn allein pe“, wie die dänische Historikerin Sofie Lene ber wurde in 700 Fahrten das Gros der däni- kretion wurden 8000 dänische Juden vor die Integrität ‘s, der wiederum Bak vom Jüdischen Museum Kopenhagen schen Juden nach Schweden verschafft. Stu- der Deportation gerettet. Die entscheidende den Worten Duckwitz‘ Glauben schenkte. urteilt. In den nächsten 48 Stunden wurde un- denten erzwangen dazu den Abbruch der Hilfe leistete der Bremer Georg Ferdinand Der dänische Historiker und Duckwitz-Bio- entwegt an Türen geklopft, wurden jüdische Vorlesungen, um helfen zu können. Von den Duckwitz. graf Hans Kirchhoff urteilt über diese Stun- Mitbürger gewarnt, Fluchtplätze eingerich- Kanzeln der Kirchen wurde am 3. Oktober den: „Die Warnung war entscheidend für tet, Fluchtrouten geplant, Schiffe vorbereitet der Hirtenbrief des Bischofs von Kopenha- VON GERRIT REICHERT den weiteren Verlauf, weil die dänische Seite und Koffer gepackt. gen, Hans Fuglsang-Damgaards, verlesen: „Ich weiß, was ich zu tun habe.“ Originalsatz aus dem Tagebuch von Georg Ferdinand Duckwitz am 19. sich auf Duckwitz verließ und ihn nicht ver- Plötzlich verstummten alle Telefone in Ko- „Ungeachtet unterschiedlicher religiöser imon und Tilli Schulz sowie ihre drei- September 1943. dächtigte, ein Provokateur zu sein.“ penhagen, sogar der Notruf, der Luftmelde- Überzeugungen wollen wir dafür kämpfen, jährige Tochter Ruth wurde dieses Der nächste Tag, Mittwoch, 29. Septem- dienst, die Fernschreiber. Es war der 1. Okto- dass unsere jüdischen Brüder und Schwes- Glück zuteil. In wohnte die jü- ten vom Untergang der deutschen Armee in gendes Wort zählte im sensiblen Gefüge der ber, war der 39. Geburtstag von Georg Ferdi- ber 1943, 21.45 Uhr, der Himmel war sternen- tern die gleiche Freiheit bewahren, die wir dische Familie in der Parkstraße 1, bis Stalingrad, ihrer Kapitulation in Nordafrika deutsch-dänischen Sondersituation, Duck- nand Duckwitz. Seine Warnung hatte den los. Militärlastwagen fuhren auf, Polizeiket- höher schätzen als das Leben.“ zum 31. Mai 1939. An diesem Tag ent- oder der jüngsten Landung der Alliierten in witz war ihr wichtigstes Verbindungsglied. Oberrabiner der größten jüdischen Ge- ten wurden gebildet, die Wohnungen aller An diesem Tag notierte der Warner Georg Sschied sich die Familie, nach Dänemark zu Sizilien eingetroffen. Infolgedessen kam es Die Kunde von der beabsichtigten Deporta- meinde von Kopenhagen, , dänischen Juden gezielt aufgesucht. Doch Ferdinand Duckwitz in seinem Tagebuch: emigrieren. im August 1943 zu Massenprotesten, Sabota- tion der dänischen Juden vernahm er mit erreicht. Dieser brach daraufhin mitten im die Häscher kamen zu spät. Das Gros der „Nun habe ich alles getan, was getan werden Als deutsche Truppen Anfang April 1940 geakten und Mitte des Monats zum General- „Entsetzen“. Offen drohte er Best mit seinem Frühgottesdienst ab und warnte die Besu- 8000 dänischen Juden, über 7500, war abge- konnte. Vor dem lieben Gott kann ich beru- das Königreich besetzten, gehörte die Fami- streik. Der dänischen Regierung entglitt die Entlassungsgesuch, sollte die Deportation cher vor der bevorstehenden Gefahr. taucht. Lediglich 472 Menschen hatte die higt hintreten und mein Anteil erwarten. Ich lie Schulz zu zweitausend deutschen Juden, Kontrolle. Am 29. August 1943 verhängte der durchgeführt werden. Am 13. September Die Nachricht bekam Flügel. Zeitgleich tra- Warnung nicht erreicht. Sie waren zu alt oder glaube, vor den Dänen auch. Und, was das die nach Dänemark geflohen waren. Hinzu „Reichsbevollmächtigte für Dänemark“, SS- flog Duckwitz nach Berlin, um die Weiter- fen in Kopenhagen die zusätzlichen Polizei- wurden entdeckt, einige auch denunziert. Wichtigste ist, vor mir selber.“ kamen sechstausend dänische Juden. Sie Obergruppenführer , den militä- gabe des Telegramms an den zuständigen bataillone sowie das für den Abtransport der Während sie nach Theresienstadt depor- alle blieben bis zum Sommer 1943 von der rischen Ausnahmezustand über das Land. Minister Ribbentrop zu stoppen. Zu spät: Am dänischen Juden vorgesehene Schiff „Vater- tiert wurden, von wo die meisten nach Däne- Grenzenlose Solidarität der Dänen deutschen Besatzungsmacht weitgehend un- Am 8. September, dem Tag des Auseinan- 17. September teilte das Auswärtige Amt tele- land“ ein. Duckwitz notierte am Abend die- mark zurückkehrten, begannen dänische Fi- Zur erfolgreichen Flucht der dänischen Ju- behelligt. Das Königreich galt in Berlin als derbrechens der deutsch-italienischen „Ach- grafisch mit: „Der Führer hat beschlossen, ses Tages in sein Tagebuch: „Ich werde in scherboote, jüdische Flüchtlinge über den den gehören vor allem er und die grenzen- „Musterprotektorat“. Der König und eine zi- se“, legte Best im Telegramm 287 an das Aus- daß die Deportation von Juden durchgeführt späteren Jahren nicht gerne an meinen 39. Öresund nach Schweden zu bringen. Wer lose Solidarität der Dänen, aber auch die dif- vile, demokratisch gewählte Regierung blie- wärtige Amt nach: „Bei folgerichtiger Durch- werden soll. Geburtstag erinnert werden. Alles sieht düs- nicht mit konnte, fand ein neues Zuhause. So fuse Rolle des „Reichsbevollmächtigten für ben offizieller Souverän. Im Frühjahr 1943 führung des neuen Kurses in Dänemark muß Am 19. September, einem „unwahrschein- ter und hoffnungslos aus. Die Vorbereitun- zum Beispiel 130 Kleinkinder, deren Eltern Dänemark“, SS-Obergruppenführer Werner hatte es zuletzt freie Wahlen gegeben, die nach meiner Auffassung nunmehr auch eine lich friedlichen Sonntag“, wie Duckwitz in gen für die Judenaktion werden eilfertig ge- Angst hatten, Geschrei könnte die Flucht- Best, sowie die ungewöhnliche Zurückhal- einzigen im deutsch besetzten Europa. Im Lösung der Judenfrage (…) ins Auge gefaßt seinem Tagebuch notierte, schrieb er: „Ju- troffen. Neue Leute sind gekommen – Exper- gruppen verraten. Alle Kinder kamen mit tung des deutschen Militärs. War es die in Sommer 1943 wendete sich das Blatt: Nach- werden.“ Das bedeutete Deportation und denausweisung im Prinzip angenommen. Es ten dieser Angelegenheit. Sie werden nicht neuen Identitäten unter, in selbstlosen Fami- vier Besatzungsjahren gewachsene spezielle einander waren in Dänemark die Nachrich- Vernichtung. Best befahl die sofortige Regis- werden technische Vorschläge erwartet. Mir viele Opfer finden!“ Jetzt erhob sich das lien oder Heimen, und überlebten den Krieg. Atmosphäre des „Musterprotektorats“ Däne- trierung aller in Dänemark lebenden Juden. tut es so weh. Ich weiss, was ich zu tun habe. mark, in der Türen nicht eingetreten werden Der Schifffahrtssachverständige an der Wer kann das verantworten??“ durften und Soldaten bewusst zur Seite guck- Hier wurden 1 Udsholt die Flüchtlinge 2 Smidstrup Deutschen Gesandtschaft in Kopenhagen, Die „technischen Vorschläge“ folgten am ten? Im Ergebnis urteilt der Historiker Hans 3 Gilleleje der Bremer Georg Ferdinand Duckwitz, er- 22. September. Im Telegramm 341 des Ober- Kirchhoff: „Alle Instanzen der deutschen Be- verschifft 3 4 2 4 Hornbæk fuhr am 11. September im Gespräch mit Wer- kommandos der Wehrmacht an das Auswär- satzungsmacht waren in Wirklichkeit gegen Kattegat 1 5 5 Helsingør- ner Best von der beabsichtigten Deportation tige Amt hieß es: „Die Judendeportation die „Aktion“. Aber sie entschieden sich da- 6 Snekkersten der 8000 dänischen Juden. Die zwei Männer wird durch Reichsführer-SS durchgeführt, für, Berlin zu gehorchen und mitzuspielen – 7 6 Humlebæk 8 7 Nivå kannten sich seit November 1942, als Best der zu diesem Zweck 2 Polizei-Btl. nach Dä- alle außer Duckwitz. Sein Mut und seine mo- 8 Vedbæk mit der Vorgabe einer „Politik der harten nemark verlegt.“ Am 28. September erfuhr ralische Größe erheben ihn deswegen über 26 Kopen- 9 9 Tuborg Havn Hand“ als neuer „Reichsbevollmächtigter“ Duckwitz von Best den genauen Zeitpunkt alle anderen Deutschen innerhalb des Besat- hagen10 11 10 Frihavnen- nach Dänemark gekommen war. der Deportation: die Nacht auf Sonnabend, 2. zungsapparates.“ Hans Hedtoft und 12 Nordhavn Oktober, dem höchsten jüdischen Feiertag Deutsche Wehrmacht Die Familie Schulz aus der Bremer Park- Georg Ferdinand Duck- 13 11 Københavns Vertrauter der dänischen Regierung Seeland 14 red Christians- Jom Kippur, dem Neujahrsfest. in Dänemark:Das Kö- straße 1 wird den Nordbremer Kaufmanns- witz 1953 bei der Ver- 15 havns Kanal Duckwitz, der Urenkel von Bremens Bürger- Ohne Verzug begab sich Duckwitz ins Ver- nigreich war vom 9. sohn, vermutlich nicht persönlich kennenge- leihung des höchsten DÄNEMARK 16 12 Sydhavnen meister Arnold Duckwitz, der wiederum Na- bandshaus der dänischen Sozialdemokraten, April 1940 bis zum 5. lernt haben. Indirekt schon: Weil Georg Fer- dänischen Ordens an 1817 13 Mosede mensgeber für die Duckwitzstraße in der Bre- ins Büro ihres Parteichefs, Hans Hedtoft. Mai 1945 besetzt.Bis dinand Duckwitz seiner Haltung folgte, ge- Duckwitz. Beide Män- 14 19 Køge mer Neustadt ist, hatte Best in die politische „Sein Gesicht weiß vor Empörung und zum 29. August 1943 langten auch Simon, Tilli und Ruth Schulz ner kannten sich seit 15 Strøby 16 Gjorslev Gesellschaft des „Musterprotektorats“ Däne- Scham“, erinnerte sich dieser später, berich- behielt das Land einen um den 1. Oktober 1943 herum mit dem Frühjahr 1943. Ihr bei- 25 17 Klinten mark eingeführt. Duckwitz war in der Posi- tete Duckwitz von dem Schlag, bei dem inner- hohen Grad von Souve- Schiff nach Schweden. Nach Kriegsende zog derseitig schnell ge- 21 23 24 18 Rødvig tion des Schifffahrtssachverständigen seit halb von drei Stunden sämtliche dänischen ränität, darunter seine die Bremer Familie weiter nach New York. wachsenes Vertrauen 20 19 Faxe Ladeplats 1939 in Dänemark, von 1928 bis 1932 war er Juden verhaftet werden sollten. Duckwitz eigenen Truppen. Mit Derweil kehrten viele dänische Juden spielte eine große 22 20 Lolland Stubbekøbing bereits als Niederlassungsleiter des Bremer blieb nicht lange. Im dänischen Außenminis- der Verhängung des nach Dänemark zurück. In einem Interview Rolle bei der Flucht Falster 21 Sortsø 22 Hesnæs Kaffeeproduzenten Kaffee Hag in Kopenha- terium informierte er weitere dänische und Ausnahmezustandes erinnerte sich die Überlebende Salle Fischer- der dänischen Juden. 23 Fanefjord gen gewesen. Duckwitz sprach fließend Dä- schwedische Vertraute über die unmittelbar übernahm die deut- mann an den Moment ihrer Rückkehr: „Da Foto aus der Duckwitz- OSTSEE 24 Klintholm nisch, war bestens vernetzt und genoss das bevorstehende Deportation. Am Abend gab sche Militärregierung standen teilweise die Tassen vom Frühstück Biografie „Den Gode Fehmarn 25 Liselund Vertrauen der politischen dänischen Füh- Hedtoft die Warnung an den Vorsitzenden die gesamte öffentli- noch auf dem Tisch. Die Dänen hatten die Thysken“, Gyldental- 26 Holbæk © WESER-KURIER rung, obwohl er Deutscher war. Sein mäßi- der Jüdischen Gemeinde, Carl Bertel Henri- che Kontrolle. Wohnung unangetastet gelassen.“ Verlag 2013. Georg Ferdinand Duckwitz – geheimnisvoller Mister X „Der gute Deutsche“ Ein ausgezeichneter Mensch ute Taten können niemals verkehrt Fritz-Dietlof von der Schulenburg. In dieser navischen Sozialismus“. Der 28-Jährige ent- dass Duckwitz ab 1939 Instrumente des NS- Der emeritierte dänische Historiker Hans Kirch- lischer Standpunkt: einmal Nazi, immer itiative zur Rettung der dänischen Juden er 2. Weltkrieg war erst wenige Monate ber 1990 fiel der Entschluss zugunsten des sein“, schrieb Georg Ferdinand Duck- Zeit riskierte Duckwitz fortwährend sein eige- schied, der NSDAP beizutreten: „Diese Systems nutzte, um gemäß seines „felsenfes- hoff ist der beste Kenner von Georg Ferdinand Nazi. Tatsächlich war der junge Duckwitz allein von Duckwitz ausgegangen sei. Un- vorbei. Hans Hedtoft, der Vorsitzende Kleinen Marktes in Bremen-Vegesack. Die Gwitz knapp eine Woche vor dem 1. Okto- nes Leben und das seiner Frau Annemarie. Unterredung mit im Herbst ten“ Glaubens „Gutes“ zu tun. Mit einiger Duckwitz. Bereits 1978 veröffentlichte er den ers- ja auch Mitglied eines rechtsradikalen Frei- terdessen gibt es auch Forschung zum Dder dänischen Sozialdemokraten und Umbenennung solle aber nur der Auftakt ber 1943 in sein Tagebuch, und ergänzte: das Der dänische Kriminalkommissar Christian 1932 war entscheidend für mich.“ Evidenz gehörte die Parteimitgliedschaft ten Wissenschaftsaufsatz über ihn und die Flucht korps und sympathisierte zunächst mit der „Reichsbevollmächtigten“ Werner Best, ehemalige Widerstandskämpfer, lud zu sein, hieß es, „man wolle das Lebenswerk sei sein „felsenfester Glaube“. Madsen erklärte nach dem Krieg, dass Duck- Am 1. Juli 1933 begann Duckwitz seinen dazu, die er bis Kriegsende nie aufgab. Denn der dänischen Juden. Vor wenigen Wochen er- Außenpolitik Hitlers. Viele wollen dann die ihm die Ausgangsinitiative zuspricht. einem Essen, das er zu Ehren von Georg Fer- des Vegesackers demnächst der Öffentlich- Der Blick auf sein Leben zeigt: Humanität witz ab 1943 von der deutschen Sicherheits- Dienst in der außenpolitischen Abteilung der nur als Parteimitglied konnte er sich für eine schien in Kopenhagen seine Duckwitz-Biografie nicht anerkennen, dass es möglich ist, sich „Ohne Zweifel spielte Best eine Rolle. Er dinand Duckwitz gab. Bei seiner Tischrede keit vorstellen“. Offizielle Umbenennung war das unumstößliche Fundament seiner polizei „argwöhnisch betrachtet“ worden Partei, dem neu geschaffenen Außenpoliti- diplomatische Position bewerben. „Den Gode Tysken“, „Der gute Deutsche“. Gerrit vom Nazi zum Widerstandskämpfer zu wusste von Duckwitz‘ Kontakten zum däni- sagte er: „Ihre Einstellung und Ihre Handlun- war am 3. Juli 1991. politischen Überzeugung und seines politi- sei. Ab 1944 wurden alle seine Schritte über- schen Amt in Berlin, APA. Der Begeisterung In der Berliner Parteizentrale erinnerte Reichert sprach mit dem Duckwitz-Biografen. wandeln. Bei Duckwitz ist die Beweisfüh- schen Widerstand. Indem er den Zivilisten gen während des Krieges haben bei all Um jede Verwechslung mit der „Duckwitz- schen Handelns während, nach und vor sei- wacht. Der Parteichef der dänischen Sozial- aus der Ferne folgte die rasante Abkehr man sich seiner Kündigung und lehnte seine rung auch schwierig, weil es von 1935 bis in alle streng geheimen, militärischen De- denen, mit denen ich zu tun hatte, das Ver- straße“ in der Bremer Neustadt zu vermei- ner Zeit im deutsch besetzten Dänemark. demokraten, Widerstandskämpfer und spä- durch erlebte Nähe. Nach nur zwei Jahren, Bewerbung als Schifffahrtssachverständiger Herr Kirchhoff, wie kam es zu Ihrer jahr- zum Kriegsausbruch fast keine Quellen tails der Deportation einweihte, konnte er trauen und den Glauben an ein besseres den, wurden Straßenschilder mit dem Ver- Bis zum 4. Mai 1945, dem Tag der deut- tere Ministerpräsident, Hans Hedtoft, sprach am 4. Juni 1935, quittierte Duckwitz den für Kopenhagen ab. Ein Freund aus der Berli- zehntelangen Beschäftigung mit Georg gibt.“ von deren Weitergabe ausgehen. Gleich- Deutschland und an seinen alten humanisti- wendungshinweis „Botschafter-Duckwitz- schen Kapitulation in Dänemark, agierte von ihm darum niemals namentlich, sondern Dienst. In seinem Begründungsschreiben an ner Zeit, ein Major in Diensten des Abwehr- Ferdinand Duckwitz? wohl muss man die Handlung Duckwitz‘ schen Geist bewahrt.“ Platz“ aufgestellt. Die Vegesacker SPD-Bei- Duckwitz unablässig zum Vorteil der däni- stets nur als „geheimnisvoller Mister X“. den Leiter des APA, , dienstes des Admirals Canaris, half. Auf- Hans Kirchhoff: „In meiner Dissertation in- „Fast keine Quellen“ bedeutet aber doch, isoliert betrachten. Er handelte selbststän- Als die junge Bundesrepublik Deutschland ratsfraktion verkündete Anfang August schen Seite. In den letzten Kriegswochen Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler schrieb er: „Meine nunmehr zweijährige Tä- grund von „Sicherheitsinteressen“ wurde teressierte ich mich für das, was im August es gibt welche? dig, kreativ, die Initiative lag allein bei ab 1949 Botschafter in alle Herren Länder be- 2007, man wolle nach der Sommerpause er- hatte er bedeutenden Anteil daran, dass es in vom 20. Juli 1944 trugen Duckwitz und seine tigkeit in der Reichsleitung der N.S.D.A.P. Duckwitz nun doch als Schifffahrtssachver- 1943 in Dänemark geschah. Zunächst galt Hans Kirchhoff: „Es gibt einen sehr langen ihm, er trug immer das Risiko, er hatte ein stellte, war für Duckwitz zunächst kein Platz reichen, dass künftig eine Gedenktafel an Dänemark nicht zu Kämpfen zwischen Wehr- Frau für den Fall ihrer Verhaftung Zyankali- hat mich erkennen lassen, dass ich mich im ständiger nach Kopenhagen bestellt. „Dies mein Interesse nur allgemein dem öffentli- Reisebericht von Georg Ferdinand Duck- völlig anderes Ethos als Best.“ in Kopenhagen vorgesehen. Allgemein be- das Wirken Georg Ferdinand Duckwitz‘ erin- macht und Alliierten kam. pillen mit sich, die ihnen der dänische Wider- Wesen und in der Zielsetzung der nationalso- brach den Parteiwiderstand“, schrieb er nach chen Leben in Dänemark, nachdem die witz, den er in New York zwischen Januar gründete Bonn dieses Vorgehen damit, dass nere. Parallel dazu hatte Duckwitz seit 1941 stand besorgt hatte. zialistischen Bewegung so grundlegend ge- dem Krieg und bestätigte, dass er damit „for- Deutschen am 29. August den militäri- und Mai 1939 an seine Frau schrieb. In Niemand hat sich so intensiv mit Georg nirgends eine Kontinuität zwischen Reprä- Morgen ist der Tag, an dem Bürgermeister nicht nur Kontakte zum Goerdeler-Kreis, den Kurz vor Ende des Krieges befahl Däne- täuscht habe, dass ich als mir selbst gegen- mal“ Spion gewesen sei, „zur Tarnung“. Wie schen Ausnahmezustand verhängt hatten. New York war es zu der Zeit ja auch zu gro- Ferdinand Duckwitz beschäftigt wie Sie. sentanten der alten NS-Administration und Jens Böhrnsen dieses Vorhaben ausführen Widerständlern des 20. Juli 1944, er war im marks Leiter der Sicherheitspolizei und des über ehrlicher Mensch nicht mehr in der auch seine kurzweilige Tätigkeit für die Dieser Tag hat bis heute in Dänemark eine ßen Naziaufmärschen gekommen. Duck- Als was für einen Menschen haben Sie ihn der jungen demokratischen Republik auf- wird. Um 16 Uhr werden er und Senator Joa- Gegenteil ihr wichtigster Vertreter in Skandi- Sicherheitsdienstes, SS-Standartenführer Lage bin, innerhalb dieser Bewegung zu „Deutsche Informationsstelle III“, einen nie große nationale Bedeutung. Bei meiner witz guckte sich diese Pro-Nazi-Demos an. nach jetzt vier Jahrzehnten Beschäftigung scheinen sollte. chim Lohse der Rettung der dänischen Juden navien und stand in ständigem Kontakt mit und Oberst der Polizei Otto Bovensiepen, die arbeiten.“ Für weniger als solche Zeilen wa- realisierten Nachrichtendienst des Auswärti- Arbeit stieß ich dann zum ersten Mal auf Man liest wiederholt, dass er die nicht kennen gelernt? Wie man heute weiß, war vielfach das vor genau 70 Jahren durch Georg Ferdinand führenden Köpfen wie Ulrich von Hassel und Erschießung von Duckwitz und seiner Frau. ren ein Jahr zuvor Hunderte Menschen im so gen Amtes, „Mummenschanz“ gewesen sei. Duckwitz und seine Rolle, die er zwischen mochte. Er hatte auch kein Verständnis für „Als einen Diplomaten mit großer sozialer Gegenteil der Fall. Dabei verwendete sich Duckwitz gedenken. Die grün gewordenen Rechtzeitig konnten sie untertauchen, die genannten „Röhm-Putsch“ erschossen wor- Diese wie alle anderen Angaben von dem „Reichsbevollmächtigen“ Best und so- das, was in der sogenannten „Kristall- Kompetenz, Verhandlungsgeschick und die dänische Nachkriegsregierung ausdrück- Straßenschilder werden dazu erneuert und Zeit nach dem 2. Weltkrieg begann: Auf der Georg Ferdinand Duckwitz stammen aus sei- zialdemokratischen Politikern hatte.“ nacht“ mit den Juden in Deutschland pas- einer besonderen Fähigkeit, Vertrauen her- lich für Duckwitz, das gab es in keinem ande- mit einer Hinweistafel versehen: „Georg Fer- Zeitachse der nächsten 25 Jahre im diplomati- nem persönlichen Nachlass. In drei großen siert war.“ zustellen. Ihn zeichneten Format, Mut und ren Land. In den dänischen Medien brach ein dinand Duckwitz ermöglichte 1943 als Mit- schen Dienst der Bundesrepublik Deutsch- „Mönchlein, Mönchlein, Boxen ist dieser seit diesem Jahr im Archiv Wie wurde Ihre Dissertation von der Öf- die besondere Seite des Mutes, Zivilcou- Sturm der Entrüstung aus. Duckwitz selber Das Auswärtige Amt veröffentlichte in diesem Mo- arbeiter der deutschen Gesandtschaft in Ko- land blieb Georg Ferdinand Duckwitz sei- des Auswärtigen Amtes in Berlin einsehbar. fentlichkeit aufgenommen? Mit Kriegsbeginn wurde Duckwitz Schiff- rage aus. Seine Tatkraft, Entschlussfreu- klagte in einem Brief: „Wenn ich in den ver- nat eine Broschüre über Duckwitz. penhagen mehr als 7000 Juden die Flucht vor nem humanitären Fundament, dem „felsen- du gehst einen Sämtliche Angaben zu seiner „erbitterten „Es gab eine heftige öffentliche Debatte, fahrtssachverständiger an der Deutschen digkeit und seine humanitäre Einstellung gangenen fünf Kriegsjahren auf dem mir zu- der Deportation. Geehrt als Gerechter unter festen Glauben“ an die „gute Tat“, stets treu. Gegnerschaft zum System“ wurden darin die teilweise immer noch geführt wird. In Gesandtschaft in Kopenhagen. Was weiß bildeten eine klare Linie. Erst durch die gewiesenen Platz in Kopenhagen meine Nähe von Kopenhagen bewohnt hatte, eine den Völkern in Yad Vashem, Israel. Nach Ende der 1960er-Jahre beauftragte ihn schweren Gang.“ von der dänischen Seite bestätigt. In der aktu- Dänemark existierte ein sehr starker mora- man über ihn bis zu den Ereignissen im Verbindung aus allem konnte die einma- Kräfte dafür eingesetzt habe, unnötiges Blut- Gedenktafel angebracht. Im Text heißt es 1945 Botschafter und Staatssekretär im Aus- Willy Brandt mit der Verhandlungsführung ellen, druckfrischen Broschüre des Auswärti- Sommer 1943? lige Rettung der dänischen Juden glücken. vergießen und Zerstörungen zu verhindern noch immer: „Die Tafel erinnert an seinen wärtigen Amt.“ des Vertragswerkes, das als „Warschauer Amtsleiter Alfred Rosenberg gen Amtes zu Georg Ferdinand Duckwitz „Für meine Biografie hatte ich erstmalig Dabei muss man aufpassen, ihn nicht zu he- und mich unter latenter Lebensgefahr darum Einsatz zugunsten der Rettung der däni- Am Abend kommt es zu einer weiteren Eh- Vertrag“ in die Geschichte einging. Dessen schreibt sein Biograf Hans Kirchhoff: „Wie an- Einblick in die Verwaltungsakte im däni- roisieren. Es gibt auch viele Grauzonen in bemüht habe die Verhältnisse für das Land, schen Juden im Oktober 1943.“ rung. In Kopenhagen beginnt ein dreitägiger drei wichtigste Inspiratoren, Bundeskanzler dere Nazi-Gegner, die nicht nur in der Hitler- schen und schwedischen Außenministe- seinem Leben, die man nicht deuten kann. in dem ich lebte, und für seine Einwohner so In Bremen, seiner Heimatstadt, sagte Bür- Wissenschaftskongress, dessen Höhepunkt Willy Brandt, Georg Ferdinand Duckwitz den, darunter Gregor Strasser. Rosenberg, diktatur überleben, sondern auch deren Ver- rium zu Duckwitz. Da sah man ihn als Er konnte auch als Funktionär des Besat- erträglich wie möglich zu gestalten, dann ist gerschaftspräsident Dr. Dieter Klink im März die Gedenkfeier zu Ehren Duckwitz‘ im Kö- und der polnische Ministerpräsident Jósef der Duckwitz wohl gesonnen war, verab- brechen aktiv bekämpfen wollten, musste einen sehr freundlichen, hilfsbereiten Part- zungsapparates sehr hart auftreten, wenn es nicht verwunderlich, wenn diejenigen, die 1986, Duckwitz „habe in seiner Vaterstadt niglichen Theater durch die dänische Köni- Cyrankiewicz, stießen als erste auf die neue schiedete ihn mit einem Luther-Zitat: Duckwitz seine Rolle in der Besatzungsbüro- ner, der den dänischen Beamten loyal mit erforderlich. Das scheint mir die Ambiva- sich damals bequem darauf beriefen, ihre Bremen ein ehrendes Andenken verdient“. gin und die dänische Ministerpräsidentin Ostpolitik an. Die Bedeutung dieses Vertra- „Mönchlein, Mönchlein, du gehst einen kratie überzeugend spielen. Strategie und Technik gegenüber Berlin lenz, über die deutsche Historiker geschrie- Pflicht tun zu müssen und keinen Finger ge- Klink schlug vor, einen Platz nach ihm zu be- sein wird. Im weiteren Verlauf des Oktobers ges erschloss sich der Welt durch den Knie- schweren Gang.“ Tatsächlich gab es zu die- Der deutsche Historiker Thomas Sandküh- half. Man bekommt ein sehr klares Bild ben haben. In der Gesamtbetrachtung ist rührt haben, heute aus ihrem schlechten Ge- nennen. Die Diskussion drehte sich bald um folgen dann noch Ehrungen auf der anderen fall, den Willy Brandt am Morgen der Unter- sem Zeitpunkt schon einen ersten Eintrag bei ler stellt die Frage, ob nicht gerade diese von einem deutschen Verbündeten, der Georg Ferdinand Duckwitz für mich der wissen heraus eine feindselige Stellung Bremen-Nord, wo Duckwitz in Lesum gebo- Seite des Atlantiks in Washington und Hous- zeichnung am Mahnmal des Warschauer der , wonach Duckwitz durch „ver- „Ambivalenz“ eine entscheidende Voraus- das Beste für Dänemark wollte. In den gute Deutsche, ein Vorbild.“ gegen mich einnehmen.“ ren und 1973 auch gestorben war. Im Okto- ton. Ghettos unternahm. Ein Jahr später wurde schiedentliches nichtnationalsozialistisches setzung dafür war, um überhaupt der „Endlö- schwedischen Archiven zeigt sich auch, Bevor Bonn es sich anders überlegte, han- ihm der Friedensnobelpreis verliehen. Verhalten“ aufgefallen sei. Aktenkundig ge- sung“ entgegentreten zu können. dass Duckwitz die schwedische Seite über Vor wenigen Wochen erschien Ihre 400 delten die Dänen. Als erster Deutscher nach Der Anteil Georg Ferdinand Duckwitz‘ an worden war, dass er in Berlin bei einer SA- Die „fantastische Offenheit“, die den Dä- den schwedischen Botschafter in Kopenha- Seiten starke Duckwitz-Biografie. Sie han- dem Krieg erhielt Georg Ferdinand Duck- dieser politischen Zeitenwende ist unbestrit- Hatz gegen jüdische Mitbürger drei jüdi- nen sogleich bei ihrem ersten Kennenlernen gen die ganze Zeit über das auf dem Lau- delt hauptsächlich von seiner Zeit im be- witz 1953 den höchsten dänischen Orden, ten. Sie verknüpft sein politisches Handeln schen Frauen Schutz in seiner Wohnung am am Deutschen beeindruckt hatte, korrelierte fenden hielt, was von deutscher Seite setzten Dänemark und ist zunächst nur in das Komturkreuz des Dannebrog-Ordens. aus einer tiefen humanitären Grundhaltung Kurfürstendamm gegeben hatte. Die kon- mit dessen Rolle als führendem Repräsentan- kommt.“ Dänisch erschienen. Wie groß ist nach so Nie wurde sein Name am Öresund verges- heraus von seinem letzten Lebensabschnitt krete Erfahrung dieser Zeit ließ Duckwitz ten des Besatzungsregimes. Dass nur diese vielen Jahren das Interesse an seiner Per- sen. Alljährlich wurde ihm zu Ehren in der jü- bis zu seinem Wirken im besetzten Däne- „zum erbitterten Gegner dieses Systems“ Rolle Duckwitz den Spielraum gab, „gute Ta- Das Tagebuch mit dem berühmten Satz son in Ihrem Land? dischen Synagoge von Kopenhagen wäh- mark. Der Weg hierhin führte ausgerechnet werden, schrieb er nach dem Krieg. ten“ nach seiner „felsenfesten Überzeu- „Ich weiß, was ich zu tun habe“, beginnt „Recht groß. Die letzte Meldung war, dass rend der Neujahrsnacht ein Dankgebet ge- über das kleine Königreich am Öresund: In Zunächst aber entzog er sich. Vier Jahre gung“ zu tun, machte ihn nach dem Krieg 1943. Es kamen Vorwürfe auf, Duckwitz die erste Auflage noch vor den Feierlichkei- sprochen. Eine New Yorker Zeitung schrieb seinen vier Kopenhagener Jahren von 1928 lang arbeitete er in leitender Position für die zum einzigen Deutschen, der sich in Däne- habe das Tagebuch nur geschrieben, um ten schon weg ist und der Verlag gerade 1967: „Gäbe es einen Nobelpreis für An- bis 1932 hatte Duckwitz eine Gesellschafts- Hapag, die Hamburg-Amerika Linie. Dazu mark vollkommen frei und geachtet bewe- sich nach dem Krieg zu rechtfertigen. die Neuauflage vorbereitet.“ stand, Zivilcourage und Sauberkeit der Ge- Der Botschafter- form kennen- und lieben gelernt, die er hatte Duckwitz Wohnsitze in Hamburg und gen durfte. Das wäre viel zu gefährlich gewesen. sinnung, dann hätte dieser Mann ihn längst Duckwitz-Platz in glaubte, in den Worten Gregor Strassers wie- New York, er hätte den sich abzeichnenden Bei seinem offiziellen Antritt als Botschaf- Schon im Januar 1943 schrieb Duckwitz verdient.“ Bremen-Vegesack zwi- Zur Person: Dr. phil. Hans Kirchhoff, geb. derzufinden. Der Führer der linken Reichs- Krieg bequem an der 5th Avenue verbringen ter der Bundesrepublik Deutschland zehn gegen den Krieg, gegen die Partei, gegen 1970 wurde ihm von der Jüdischen Ge- schen Reeder Bischoff- 1933, emeritierter Professor am Institut für Ge- tagsfraktion der NSDAP und gefährlichste können. Stattdessen zog er es bewusst vor, in Jahre später empfingen Duckwitz die warm- Hitler, man sieht das deutlich.“ meinde zu Berlin der Heinrich-Stahl-Preis Straße und Rohr- schichte der Universität Kopenhagen. For- Hitlergegner besuchte Duckwitz im Novem- dem Land wirken zu wollen, das er im priva- herzigen Worte: „Majestät, hier ist er wie- verliehen. Im Jahr darauf wurde Duckwitz in straße.Bis 1991 hieß schungsschwerpunkte:2.Weltkrieg, deutsche Georg Ferdinand Duckwitz im deutsch besetzten ber 1932 in Bremen. In dem, was Strasser ihm ten Kreis als „sein Wahlheim“ bezeichnete: der.“ Im gleichen Jahr verstarb Hans Hed- In Ihrem Aufsatz von 1978, „Georg Ferdi- Yad Vashem als „Gerechter unter den Völ- der Platz Kleiner Besatzung in Dänemark, dänische Flüchtlings- Dänemark. Foto aus der Duckwitz-Biografie „Den vortrug, entdeckte Duckwitz „mit nationalen Dänemark. Vor dem Hintergrund seines spä- toft. Über Duckwitz hatte der geschrieben: Duckwitz-Biograf Prof.Dr. Hans Kirchhoff aus nand Duckwitz. Skizzen für ein politi- kern“ geehrt. Am 1. Oktober 1979 wurde an Markt. politik 1933 - 19.45, Holocaust. Gode Thysken“, Gyldental-Verlag 2013. Gefühlen verbundene Elemente des skandi- teren Handelns dort erscheint es plausibel, „Das Gewissen darf niemals neutral sein.“ Kopenhagen. FOTO: KOSAK sches Porträt“, nahmen Sie an, dass die In- dem Haus, das er von 1941 bis 1953 in der FOTO: KOSAK