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2.K ag der Schatten des Vaters auch noch Klavier, obwohl es unmissverständlich als Kadenz aufgegriffen werden. Die bleibt je- ben der eigens ausgearbeiteten Solostimme Mso groß sein: Carl Philipp Emanuel Tripelkonzert angelegt ist. doch unvermittelt auf einer Fermate stehen: sind die Unterschiede auch sonst nicht zu Bach tritt „quasi improvisando“ aus ihm Eine Aufforderung an den Pianisten, das Solo übersehen: Die beiden Hörner fallen weg heraus und demonstriert dabei, wie schöp- Sicher, Wq. 1 ist unter den Augen des nach eigenem thematischem Verständnis zu und die Sätze haben eine unterschiedliche ferisch und unbelastet er mit dem großen Vaters entstanden. Aber ebenso sicher ist beschließen. Anzahl von Takten. So ist im Vergleich mit Erbe umgeht. Dass dabei die Klavierkonzerte auch, dass in den umherirrenden Akkorden dem Klavierkonzert der erste Satz im Flöten- eine zentrale Rolle spielen, verwundert nicht, und beißenden chromatischen Reibungen Der grenzenlosen Weite des folgenden konzert um 49 Takte länger, der zweite um sind sie doch nach eigenen Worten seine des Finales eine neue Diktion hörbar wird. Poco andante kann man sich nicht entzie- 2 Takte, der dritte dafür um 5 Takte kürzer. persönlichsten Werke. Hier nimmt die komplexe Entwicklung des hen: Dieser Satz kann sich nicht genug aus- Klavierkonzertes ihren Anfang, die nach und singen, kann die Linien nicht weit genug Die Serie der sechs Konzerte Wq. 43 ist Carl Philipp Emanuel Bach und das Kla- nach das Verhältnis von Solist und Orchester ziehen, und scheint doch bei jedem Ton zu 1772 in Hamburg entstanden. Sie steht vor- vierkonzert – eine Verbindung, die Folgen neu bewertet: Der Solist, einst „primus inter verweilen. Er setzt sich noch beim Zuhörer nehmlich für Bachs heitere Ausgeglichenheit. DEUTSCH haben wird, die für entscheidende Statio- pares“, wird zum „Protagonisten“. fort, wenn die Musik längst verklungen ist. Einzig das Concerto c-Moll Wq. 43/4 fällt vor nen aus den Anfängen einer musikalischen Dieser Satz ist der entscheidende Ausschnitt allem durch seine vier Sätze und seine inte- Gattung steht, welche seitdem zu den aufre- Wir werden viel für das Verständnis Ema- aus der Unendlichkeit; eine fundamentale grale Kompositionsweise formal völlig aus gendsten im Musikleben zählt. C.P.E. Bach nuel Bachs gewonnen haben, wenn wir ihn Wahrheit, die er – neben der identischen der Zeit (siehe CD hänssler CLASSIC 98.653). macht das Klavierkonzert mit 53 Werken nicht nur als Sohn des großen Vaters oder Taktart und denselben ruhig fließenden Ach- Aber auch das unbeschwerte Concerto DEUTSCH nachdrücklich zu seiner Sache, dergestalt, als Wegbereiter der Wiener Klassik sehen, teln – mit dem Adagio assai aus Ravels Con- G-Dur Wq. 43/5 hat in formaler Hinsicht dass er ihm – und damit auch sich selbst als sondern ihm, den man immer zwischen die certo in G teilt. etwas zu bieten; wie beim Concerto c-Moll Interpreten – allen verfügbaren Reichtum an Epochen stellt, sein ureigenes Terrain zuge- gehen alle Sätze nahtlos ineinander über. Die formalen, harmonischen und pianistischen stehen. In den Klavierkonzerten hat er seine Der unmittelbar einsetzende Sturzflug des langsame Einleitung des ersten Satzes und der Höhe: 120 mm Neuerungen schenkt. Originalität auf das höchste entwickelt, hier Finales Allegro di molto legt es darauf an, je- zweite Satz hängen eng zusammen: Emanuel hat er seine Entdeckungen gemacht und den aus dem Gleichgewicht zu bringen. Im Bach demonstriert, wie man aus sechs Takten Das Jahr 1733: Johann Sebastian Bach gestaltet. Rausch der Geschwindigkeit bleiben zuwei- Einleitung an anderer Stelle einen komplet- und sein Sohn Emanuel schreiben beide in len nur Fetzen übrig, die rechte Hand rast ten Satz zaubern kann. Das Presto des ersten Leipzig ihren ersten Beitrag zu der noch jun- Wie eine ferne Ahnung der väterlichen enthemmt über die Tasten, die linke bleibt Satzes stellt sich rhythmisch temperament- gen Gattung: Der Vater beginnt das große Welt beginnt das Allegro des 1747 in Ber- nahezu stumm. Wenn man jemals von ei- voll vor, liebt sehr die Gegenakzente und Klavierkonzert d-Moll BWV 1052, der 19-jäh- lin geschriebenen Concerto d-Moll Wq. 22. nem „Konzert für die rechte Hand“ sprechen Richtungsänderungen, stürzt sich regelrecht rige Sohn beendet sein Erstlingswerk Wq. 1 Wir finden imitatorische Elemente, die dem kann, auf diesen Satz trifft das ohne jeden in Ausgelassenheit. Umso frappierender die in a-Moll. Den Ursprung des Klavierkonzer- Alla-Breve etwas Drängendes verleihen; da- Zweifel zu. Pausen in den Takten 116/117 und erst recht tes datiert man allgemein schon auf das Jahr ran ändern auch die ausgetüftelten Verzie- in 119/120: Dieses Innehalten kennzeichnet 1721 mit dem 5. Brandenburgischen Kon- rungen nichts. Dennoch ist mitunter Zeit für Das Concerto Wq. 22 hat Emanuel Bach einmal mehr den Meister der Überraschung, zert und seiner großen Solokadenz für das entspannte Umspielungen, die später in der später auch als Flötenkonzert konzipiert. Ne- also der gelenkten Erwartung – ein Stilmittel, 2 3 98.027_TS|Booklet_© 2.indd 2-3 Breite: 121 mm Breite: 121 mm 28.11.13 10:46 das später bei Haydn noch eine wichtige Rol- an, deren Parts absolut gleichwertig konzi- nuel Bachs. Nicht von ungefähr hat er dem Michael Rische le spielen wird. Dem nachdenklichen Adagio piert sind – was aber nicht heißt, dass der Finale seines Klavierkonzertes KV 40 (1767) folgt ein konzertant pompöses Menuett- kreative Umgang mit gleichen Spielfiguren das furiose Klavierstück „La Boehmer“ studierte in Düsseldorf bei Max Martin Stein Allegro mit virtuosen Ambitionen – knifflige ausgeschlossen würde. Emanuel Bachs Freu- (Wq. 117/26) von Bach zugrunde gelegt. (Klavier) und bei Milko Kelemen (Komposi- Skalen wetteifern mit behände vorzutragen- de an Virtuosität ist in vielen Abschnitten tion), später bei Rudolf Buchbinder. Weitere den Dreiklangsbrechungen. unverkennbar, ebenso sein Bestreben, den Wir haben gesehen, wie unterschiedlich Solisten mehr Freiraum zu geben; so ergibt die Stimmungen und Charaktere in jedem Die sechs Konzerte Wq. 43 existieren in sich ein geistreiches Zwiegespräch mit vielen der Klavierkonzerte Emanuel Bachs sind; ent- zwei unterschiedlichen, aber gleichwertigen Nuancen und unvermuteten Wendungen. sprechend unterschiedlich sind auch die An- Versionen: einmal für Klavier mit Orchester forderungen an die Tongebung. Die Fähig- und einmal für Piano solo. Der Interpret hat Mit dem folgenden Largo verdunkelt keit, einen Ton auf das wärmste blühen zu die Wahl. Bach die Tongebung unversehens. Schwer- lassen und ihn im nächsten Moment wieder DEUTSCH blütige Viertelnoten und mitunter bohrende so zu verschließen, dass er höchste rhythmi- Das Concerto F-Dur Wq. 46, 1740 in Chromatik – so besteht ein Motiv z.B. aus sche Prägnanz erhält: Nichts weniger wird Berlin geschrieben, gehört – wie auch das Tritonus und kleiner Septime – beherrschen bei Emanuel Bach verlangt. Denn er ist ein Concerto Wq. 22 – zu den wenigen Kla- die Lage. Der an Verzierungen ungewöhn- Meister darin, die Gefühle zu trennen und vierkonzerten, in denen Emanuel Bach über lich reiche Satz fordert zarteste Abtönungen zu vereinen. „CPE Bachs Empfindungen“ – DEUTSCH die reine Streicherbesetzung hinaus auch und feinste Übergänge, ein beredtes Zeug- so der Untertitel seiner berühmten Fantasie Bläser vorgeschrieben hat: In diesen bei- nis für die „Empfindsamkeit“. Hier gestattet fis-Moll – benötigen eine Tongebung von den Fällen jeweils zwei Hörner. Außerdem sich Bach zudem eine Kadenz, in der beide äußerster Geschmeidigkeit, immer auf dem ist es sein einziges Konzert für zwei Klavie- Pianisten abschließende Worte zum Gesche- Sprung, um neuen Boden zu erfühlen, im- Höhe: 120 mm re, denn Bachs letzter Beitrag zur Gattung – hen finden. mer dynamisch, niemals statisch. Er formu- das Concerto Es-Dur Wq. 47 für Cembalo liert damit eine Agogik wachster Gespannt- und Fortepiano – stellt in seiner heteropho- Mit dem Allegro assai kehrt der alte Spiel- heit, die das Tempo I für den entscheiden- nen Mischbesetzung einen in der Musikge- witz unmittelbar zurück, der zupackende den Moment vergessen darf, um dem Ton schichte äußerst seltenen Fall dar, der nur Schwung gibt großzügig zahlreichen For- geben zu können, was des Tones ist. Nichts in Elliott Carters Doppelkonzert für Klavier men von Geläufigkeit Raum und das Werk anderes meint Bach, wenn er in seinem Ver- und Cembalo (1957) eine Entsprechung im schließt vital und heiter. such über die wahre Art das Clavier zu spielen 20. Jahrhundert findet. schreibt: „Es gehört hiezu eine Freyheit, die Es wäre erstaunlich, wenn Mozart dieses alles sclavische und maschinenmäßige aus- Energische Auftaktfiguren und beruhig- Werk nicht gekannt hätte; und wenn nicht, schliesset. Aus der Seele muß man spielen, entscheidende Anregungen erhielt er außer- te Gesanglichkeit des Allegro kündigen im so wusste er doch – wie er selbst sagt – wie und nicht wie ein abgerichteter Vogel.“ dem durch Rudolf Serkin, Pierre Boulez und Orchester den Dialog der beiden Pianisten kein Zweiter um die Meisterschaft Ema- Michael Rische Nicolaus Harnoncourt. 4 5 98.027_TS|Booklet_© 2.indd 4-5 Breite: 121 mm Breite: 121 mm 28.11.13 10:46 Seine Zusammenarbeit mit Dirigenten hat; die zweite hat Beethovens 3. Klavier- nach Ostasien. Viele Werke seines rund 600 wie Sylvain Cambreling, Yuri Simonow, konzert zum Gegenstand. Außerdem hat Komponisten erfassenden Repertoires, da- Christoph Poppen, Grant Llewellyn, Michael Michael Rische bei der Fernsehsendung von runter viele Uraufführungen, sind auf CDs Boder,