Klimaforschung Mit Satelliten Satellitendaten Zum Sprechen Bringen Seit 20 Jahren Arbeitet Beim Deutschen Wetterdienst Eine Grup
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Klimaforschung mit Satelliten Satellitendaten zum Sprechen bringen Seit 20 Jahren arbeitet beim Deutschen Wetterdienst eine Gruppe von Expertinnen und Experten daran, das Klima mithilfe von Satellitendaten zu beobachten und Verän- derungen zu erfassen. Das Auswertezentrum für Satellitendaten zur Klimabeobach- tung, das so genannte Satellite Application Facility on Climate Monitoring, kurz CM SAF, stellt rund 3.500 Nutzern weltweit Datensätze zur Verfügung. Mit Hilfe dieser Da- ten können beispielsweise Photovoltaikanlagen besser geplant werden. Offenbach, 27. Mai 2019 – Sie heißen CLARA, CLAAS oder SARAH – was in der Me- teorologie zunächst nach Namen von Hochs und Tiefs klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als eine große virtuelle Karteikarte, auf der schier unendlich viele Satelli- tendaten über einen festgelegten Zeitraum zu einem Datensatz für die Klimaforschung geformt werden. Geschrieben wird eine solche Karteikarte wie CLARA, CLAAS oder SARAH vom Satellite Application Facility on Climate Monitoring, kurz CM SAF. Dieses Auswertezentrum für Satellitendaten zur Klimabeobachtung ist beim Deutschen Wet- terdienst (DWD) in der Offenbacher Zentrale angesiedelt. Es ist eines von insgesamt acht solchen Zentren, die europaweit gemeinsam von EUMETSAT, der europäischen Organisation zur Nutzung meteorologischer Satelliten, und seinen Mitgliedern betrie- ben werden. Ihre Aufgaben: Satellitendaten so zu übersetzen und darzustellen, dass sie von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft genutzt werden können. Beim CM SAF geht es darum, das Klima der Erde mithilfe von Satellitendaten über einen möglichst langen Zeitraum zu erfassen und zu erforschen und dabei Verände- rungen aufzuzeigen. Dazu analysieren die CM SAF-Expertinnen und -Experten aus Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und der Schweiz die Rohdaten von Satelliten und schauen sich dann insbe- sondere den Energie- und Wasserkreislauf der Atmosphäre an. Wasser stellt einen wesentlichen Bestandteil des Energiekreislaufes dar. Rund 3.500 Kunden weltweit nutzen die kostenfreien Datensätze des CM SAF. Neben nationalen Wetterdiensten und internationalen Forschungseinrichtungen gehören auch Wirtschaftsunternehmen dazu wie Versicherungen und Prüforganisationen. Solaratlas für Solarenergie In den Jahren 2015 und 2016 wurde für die drei baltischen Staaten sowie für Polen je ein Solaratlas veröffentlicht. Basis dieser Atlanten: der Datensatz SARAH des CM SAF. SARAH steht für „Solar Surface Radiation Data Set – Heliosat“ – es geht um die Sonnenstrahlung. Die Länder folgten damit dem Beispiel Spaniens, das 2012 erstmals auf der Basis von CM SAF-Daten einen Solaratlas publiziert hatte. SARAH reicht von Januar 1983 bis Dezember 2017 und deckt im Wesentlichen Europa und Afrika ab. In 1/9 ihm sind Daten der geostationären Satelliten aus dem Meteosat-Programm von EUMETSAT verarbeitet worden. SARAH enthält Informationen unter anderem zur Sonnenscheindauer (Sunshine Duration, SDU), Globalstrahlung (Surface Incoming Shortwave Radiation, SIS) und direkten Sonnenstrahlung (Surface Incoming Direct Radiation, SID). Die Strahlungsdaten von SARAH können nach unterschiedlichen zeitlichen und geo- grafischen Filtern ausgewertet werden. So kann nach Jahres-, Monats- oder Tagesmit- telwerten gefiltert oder können Anomalien bei den Strahlungswerten erkannt werden. Diese Satellitenbeobachtungen bieten zudem die Möglichkeit, die an meteorologischen Bodenstationen erhobenen Strahlungsdaten gegen zu prüfen. Die Strahlungsatlanten für die baltischen Staaten und Polen enthalten insgesamt über 5.000 Karten, auf denen zu sehen ist, wann an welchem Ort wie viel Strahlung auf der Erde ankam und welches Potenzial an Sonnenenergie sich daraus ergeben kann. Dies ist für die Planung von Gebäuden oder größeren Anlagen, um Solarenergie zu gewinnen, von besonderem Interesse. Durch die mittlerweile langen Zeitreihen können die Nutzer des Datensatzes mögliche Veränderungen deutlicher nachvollziehen. In der Schweiz wurden beispielsweise, basierend auf den Auswertungsergebnissen des CM SAF, Strahlungsdaten direkt mit einzelnen Liegenschaften verknüpft, um zu entscheiden, ob und wo sich eine Solaranlage auf einem Hausdach lohnt. Dem Beispiel Polens und der baltischen Staaten sind weitere Länder gefolgt. In der Zwischenzeit gibt es Solaratlanten für Ägypten, Kasachstan und Griechenland, die auf der Basis der CM SAF-Daten erstellt wurden. Kombination von Satelliten- und Bodenstationsdaten Eine besondere Zusammenarbeit besteht zwischen dem CM SAF und dem ebenfalls beim DWD angesiedelten Weltzentrum für Niederschlagsklimatologie (WZN) der Welt- organisation für Meteorologie (WMO). Das WZN sammelt, analysiert und wertet seit inzwischen 30 Jahren Niederschlagsdaten von weltweit über 115.000 Beobachtungs- stellen an Land aus und stellt diese Analysen als so genannte gerasterte Datensätze zur Verfügung. Genutzt werden die Daten des WZN beispielsweise von der Ernäh- rungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO für die Dürre- und Ertragsvorhersage. Auch das Internationale Hydrologische Programm der UNESCO nutzt die Daten, um den globalen Wasserhaushalt und die weltweiten Trinkwasserres- sourcen zu ermitteln. CM SAF und WZN kombinierten ihre Niederschlagsdaten für das weltweite Klimamoni- toring. Dies bedeutet: Die Daten vom CM SAF zeigten den Niederschlag aus der Per- spektive des Satelliten, insbesondere den Niederschlag über den Ozeanen, während die Daten des WZN die Niederschlagswerte an Land darstellten. Als Ergebnis lieferten 2/9 die beiden Einrichtungen einen globalen Datensatz, der die beiden unterschiedlichen Datenquellen kombiniert. Er leistet damit einen wesentlichen Beitrag für die Bewertung und Entwicklung mittelfristiger Klimavorhersagemodelle. Oder CM SAF und WZN er- stellten eine globale Karte der Niederschlagsextreme. Darin ist die Häufigkeitsvertei- lung von Starkregen verzeichnet. Treten in einem bestimmten Gebiet besonders häufig solche Niederschläge auf, können vor Ort Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden. Bei- spielsweise können solche Daten bei der Planung von Kanalisation oder Rückhaltebe- cken berücksichtigt werden. Die Zusammenarbeit zwischen CM SAF und WZN soll weiter ausgebaut werden. SAF: Netzwerk der Netzwerke Das Aufbauprinzip der verschiedenen SAF-Einheiten ist einfach: Einer der nationalen Wetterdienste aus den EUMETSAT-Mitgliedsstaaten übernimmt zu einem speziellen Thema die Federführung. Andere nationale Wetterdienste oder Institutionen arbeiten als wissenschaftliche Partner mit. Mit diesen Expertennetzwerken motivierte EUMETSAT in den 1990er Jahren seine beitragenden Mitgliedsländer, die Möglichkei- ten, die Satellitendaten für Meteorologie und Klimatologie bieten, deutlich auszuweiten und voranzubringen. So entstanden insgesamt acht SAF-Einheiten, ein Netzwerk der Netzwerke. Jedes SAF hat einen anderen Aufgabenschwerpunkt, nach dem es die Satellitendaten auswertet und diese Datensätze dann öffentlich zugänglich macht: - Klimamonitoring (CM SAF): Deutscher Wetterdienst (DWD, Deutschland) - Hydrologie und Wassermanagement (H SAF): Servizio Meteorologico dell’Aeronautica Militare (MeteoAM, Italien) - Monitoring von Ozon und chemischer Zusammensetzung der Atmosphäre (AC SAF): Finnish Meteorological Institute (FMI, Finnland); hier arbeitet der DWD als Part- ner mit. - Analyse der Landoberfläche (LSA SAF): Instituto Português do Mar e da Atmosfera (IPMA, Portugal) - Unterstützung bei Kürzestfrist- und Kurzfristvorhersage (NWC SAF): Agen- cia Estatal de Meteorología (AEMET, Spanien) - Ozeane und Meereis: MeteoFrance (Frankreich) - Numerische Wettervorhersage: Met Office (Großbritannien); hier arbeitet der DWD als Partner mit. - Radio Okkultation für die Meteorologie: Danish Meteorological Institute (DMI, Dänemark) Von der Skepsis zur Überzeugung Im Jahr 1999 startete das CM SAF zunächst mit einer fünfjährigen Projektphase beim DWD, es folgte bis 2007 ein erster operationeller Zeitraum. Seither arbeitet das CM SAF in einem jeweils fünfjährigen Rhythmus, in dem es seine gewonnenen Erkenntnis- se weiterentwickelt und neue Forschungen vorantreibt, die zu seinem Aufgaben- schwerpunkt, der satellitengestützten Klimabeobachtung, gehören. Diese fünf Jahre 3/9 werden Continuous Development and Operations Phase (CDOP) genannt. Hier zeigt sich, dass es nicht nur um die kontinuierliche Weiterentwicklung und am Ende den operationellen Betrieb geht, sondern dass dabei auch immer der neueste Stand der Technik und Wissenschaft angewandt wird. Derzeit arbeitet das CM SAF in der dritten CDOP-Phase, die bis zum Februar 2022 andauert. CDOP4 (2022–2027) wird bereits jetzt vorbereitet. Als Partner wirken beim CM SAF mit: Centre National de la Recher- che Scientifique (CNRS, Frankreich), Finnish Meteorological Institute (FMI), Royal Netherlands Meteorological Institut (KNMI), Met Office United Kingdom (UKMO), Royal Meteorological Institute of Belgium (RMI), Federal Office of Meteorology and Climatol- ogy MeteoSwiss (Schweiz), Swedish Meteorological Hydrological Institute (SMHI). „Als wir mit dem CM SAF im Jahr 1999 an den Start gingen, war ich schon skeptisch, was wir aus den Satellitendaten lesen und wie wir damit das Klima und seine Verände- rung einschätzen können“, berichtet Martin Werscheck, der beim DWD das CM SAF leitet. 20 Jahre später ist von Skepsis keine Spur mehr, herrscht stattdessen Euphorie, welche Möglichkeiten die Wettersatelliten noch eröffnen. „In diesen zwei Jahrzehnten wurden die SAFs zu Erfolgsmodellen. Wir haben gezeigt, welche