Untersuchungen zum Farb- und Orientierungskonzept des Olympischen Dorfes München 1972

Diplomarbeit am Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft der Technischen Universität München

Vorgelegt von Stefanie Wand München, 27. März 2007

Untersuchungen zum Farb- und Orientierungskonzept des Olympischen Dorfes München 1972

Diplomarbeit am Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungs- wissenschaft der Technischen Universität München

Vorgelegt von Erstprüfer: Stefanie Wand Prof. Erwin Emmerling

Matrikelnummer Zweitprüfer: 2491701 Dr. Uli Walter

München, 27. März 2007

Hiermit versichere ich, die vorgelegte Diplomarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben.

München, den 27. März 2007

Stefanie Wand

Kurzfassung / Abstract

Untersuchungen zum Farb- und Colour scheme and orientation analysis Orientierungskonzept des Olympischen of the Olympic village 1972 Dorfes München 1972 Abstract Kurzfassung For the Olympic Games 1972 in Für die Olympischen Spiele 1972 in Munich, a sport complex and living München werden für die zahlreichen quarters was needed for numerous Sportler, Trainer und Helfer Sportstätten athletes, trainer und helper. On the areal und Unterkünfte benötigt. Das of the Oberwiesenfeld in the northern ehemalige Militärgelände auf dem part of Munich, a former Military Oberwiesenfeld im Norden von München premises, a site was found which bietet sich sowohl für die Erbauung der offered the possibility to build not only Wettkampfstätten, als auch für das the competition arena but also the Olympische Dorf an. Während der Olympic village within one area. During kurzen Bauphase von knapp fünf Jahren the relatively short construction period entstehen eine hervorragend gestaltete (under five years), using modern Parklandschaft und ein modernes, architecture, an outstandingly designed architektonisch und städtebaulich park landscape and a sophisticated anspruchvolles Viertel. urban quarter were created. Um es Sportlern und Besuchern zu So that the athletes and visitors could erleichtern sich zurechtzufinden, werden find their way around easily, a in Zusammenarbeit mit den Designern orientation system was developed in für die visuelle Gestaltung der Spiele cooperation between the olympic games und den planenden Architekten die designers for visual composition and the Orientierungssysteme entwickelt. planning architects. The system was Grundlagen dieser Systeme sind based on using simple symbols and einfache Symbole und unterschiedliche colour schemes. Farben. The Olympic village has been under a Das Olympische Dorf steht seit 1998 als monument protection order since 1998. Teil des Ensembles „“ unter Since the complex was built, particularly Denkmalschutz. Seit der Erbauung der the facades of the living area have Anlage haben sich vor allem die deteriorated. The colouring from 1972 Fassaden der Wohnbereiche verändert. has in many places disappeared leaving Die ursprüngliche Farbigkeit von 1972 only a few places where it is possible to geht immer mehr verloren und kann nur comprehend the original concept. This noch an wenigen Stellen nachvollzogen diploma thesis is dedicated to werden. Der Erforschung der determinating the original colourfulness ursprünglichen Farbigkeit widmet sich of the Olympic village from 1972. diese Diplomarbeit. The research is principally concerned Die Untersuchung befasst sich mit den with original colour scheme and Systemen der Farbgebung und der orientation system used within the area Orientierung im Bereich des of the Olympic village. Based on Olympischen Dorfes. Aufgrund von extensive investigation, comparisons umfangreichen Recherchen, Vergleichen from contemporary photographic von zeitgenössischen Fotos mit dem material with the actual state, the Bestand, Befunduntersuchungen von making of micrograph sections and the Fassadenflächen und Anfertigungen von analysis from facade surfaces, Querschliffen können wichtige important findings concerning the colour Erkenntnisse bezüglich der Farb- and orientation systemics were won. systematik und der Orientierungs- systeme gewonnen werden. Whereas in the mens part of the village only a random examination of the Während im Dorf der Männer nur eine buildings exterior is possible, in the stichprobenartige Untersuchung der womens village the original colouring Fassaden erfolgen kann, wird im Dorf systematic is extensively investigated der Frauen (Studentendorf) die into. ursprüngliche Farbsystematik umfassend ermittelt.

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Inhalt

1 Einleitung ______1 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972 ______2 2.1 Olympiagelände------2 2.1.1 Olympiapark und Hauptsportstätten-----3 2.1.2 Sonstige Anlagen------6 2.2 Das „Visuelle Erscheinungsbild“ der Olympiade ------8 3 Das Olympische Dorf______11 3.1 Dorf der Frauen------11 3.2 Dorf der Männer / zentrale Einrichtungen ------12 3.2.1 Wohngebäude ------12 3.2.2 Verkehr ------13 3.2.3 Zentrale Einrichtungen ------13 3.2.4 Außenanlagen ------13 3.2.5 Künstlerische Gestaltung------14 3.3 Farbkonzeption und Wegeleitsystem------17 3.4 Entwicklung seit 1972 und heutige Situation ------18 3.4.1 Aufnahme in die Denkmalliste------19 3.4.2 Problematik der Originalfarbigkeit ------19 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen ______21 4.1 Elemente des Orientierungs- konzepts im Dorf der Frauen ------21 4.2 Fragestellung und Vorgehensweise --- 22 4.3 Praktische Untersuchung ------23 4.3.1 Fotodokumentation ------23

ii Inhalt

4.3.2 Kartierung der Befunde ------24 4.3.3 Befunduntersuchung------24 4.3.4 Herstellen von Querschliffen------24 4.3.5 Streupräparate------25 4.4 Ergebnisse------25 4.4.1 Bereichsfarben------25 4.4.2 Gassenbeschilderung und Gassenfarben ------26 4.4.3 Bungalowfarben------27 4.4.4 Mikroskopische Untersuchung ------27 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer ______30 5.1 Elemente des Orientierungs- konzepts im Dorf der Männer ------30 5.2 Quellenrecherche------32 5.3 Fragestellung ------32 5.4 Erweiterte Farbpalette ------33 5.5 Untersuchungsmethodik ------34 5.5.1 Nachstellen der überlieferten Farbrezeptur------34 5.5.2 Fotodokumentation ------34 5.5.3 Kartierung der Befunde ------34 5.5.4 Befunduntersuchung------34 5.6 Ergebnisse------35 6 Zusammenfassung und Ausblick ______37 Danksagung ______38 Literaturverzeichnis ______39 Anhang

iii Inhalt

Abbildungen Abbildung 13: Tabellen Media-Line, Südrampe im Bereich Abbildung 1: des Busbahnhofs (Die Spiele, Bd. 2)-- 16 Tabelle 1: Modell des Olympiageländes Farben und Symbole im (Otl Aicher-Archiv, Ulm)------2 Abbildung 14: Dorf der Männer ------17 Orientierungssystem in der Abbildung 2: Nadistraße, Wegweiser und Media- Tabelle 2: Luftbild des Oberwiesenfelds vor der Line (zur Verfügung gestellte Vergleich der Bereichsfarben Errichtung der Bauten (Architektur Aufnahme, Ursula Mandel)------17 RAL / NCS ------25 Wettbewerbe, 3. Sonderband) ------3 Abbildung 15: Tabelle 3: Abbildung 3: Übersicht der Bereiche des Dorfs der Gassenfarben Bereich C (Mittelblau), Dachkonstruktion (Architektur Frauen und der zugehörigen aufsteigend nach Gassen sortiert------26 Wettbewerbe, 3. Sonderband) ------5 Bereichsfarben (Offizieller Führer „Olympisches Dorf“) ------21 Tabelle 4: Abbildung 4: Gassenfarben Bereich D (Umbra), Stadion während der Bauphase (zur Abbildung 16: aufsteigend nach Gassen sortiert------26 Verfügung gestellte Aufnahme, Orientierungsbeispiel mit Ursula Mandel) ------5 Bereichsfarbe (Blau), Gassenfarbe Tabelle 5: (Blauviolett und Bungalowfarbe Gassenfarben Bereich E (Orange), Abbildung 5: (Beige) (Offizieller Führer aufsteigend nach Gassen sortiert------26 Deutsches Olympia-Zentrum „Olympisches Dorf“) ------21 (Architektur Wettbewerbe, Tabelle 6: 3. Sonderband)------6 Abbildung 17: Gassenfarben Bereich F (Hellgrün), Gegenüberstellung zeitgenössische aufsteigend nach Gassen sortiert------27 Abbildung 6: Aufnahme / heutiger Zustand, Pressezentrum (Architektur Bereich D, Gasse 03, Blickrichtung Tabelle 7: Wettbewerbe, 3. Sonderband) ------7 Süden (zur Verfügung gestellte Gassenfarben Bereich G (Blauviolett), Aufnahme, Rudolf Wienands / eigene aufsteigend nach Gassen sortiert------27 Abbildung 7: Aufnahme) ------23 Übersicht zu den Elementen der Tabelle 8: Visuellen Gestaltung (Otl Aicher- Abbildung 18: Mögliche Positionen der Farbtöne an Archiv, Ulm)------8 Detail Bereichsfarbe / Gassenfarbe den Fassaden ------32 an der Tür C 04 12------24 Abbildung 8: Luftbild des Olympischen Dorfes in Abbildung 19: Richtung Nordwest Querschliff der Tür C 04 12 im VIS--- 27 (Architektur Wettbewerbe, 3. Sonderband)------11 Abbildung 20: Farben und Symbole für die Abbildung 9: Orientierung im Olympischen Dorf Ansicht der Reihenbungalows der Männer (Offizieller Führer (Bulletin 4 der XX. Olympiade)------12 „Olympisches Dorf“) ------30

Abbildung 10: Abbildung 21: Acrylglasplastik von Ruth Kiener- Orientierungsfarben in den Flamm (Olympiafotograf Karsten de Straßenarmen (Offizieller Führer Riese)------14 „Olympisches Dorf“) ------31

Abbildung 11: Abbildung 22: Plexiglasplastik von Josef Gollwitzer Fassadenaufbau der (Olympiafotograf Karsten de Riese) ---15 Flachbereichsbauten in der Straßbergerstraße (oben) und in der Abbildung 12: Nadistraße (unten) ------31 Media-Line im Zentrum vor der Mensa (Olympiafotograf Karsten de Abbildung 23: Riese)------15 Elemente der erweiterten Farbpalette der Visuellen Gestaltung (www.roericht.de) ------33

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Abkürzungen

BaySchG Bayerisches Denkmalschutzgesetz

Bef.St. Befundstelle

BLfD Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

EZ Endzustand

HWP Büro Heinle, Wischer & Partner

IOC International Olympic Committee

NCS Natural Color System

NOK Nationales Olympisches Komitee

OBF Oberfläche

OBG Olympia Baugesellschaft

ODBG Olympia-Dorf Betriebsgesellschaft

ODF Olympisches Dorf der Frauen

ODM Olympisches Dorf der Männer

ODMG Olympia-Dorf Maßnahmenträgergesellschaft

ODVG Olympia-Dorf Verwaltungsgesellschaft

RAL Reichs-Ausschuss für Lieferbedingungen

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Einleitung

Für die XX. Olympiade in München nachzuvollziehen. Viele Oberflächen sind korrigiert werden. Die sich aus der Lite- entsteht zwischen 1968 und 1972 auf mehrfach überstrichen oder ersetzt raturrecherche und der Situation vor Ort dem Oberwiesenfeld, nördlich der worden. Die ursprüngliche Farbigkeit ergebenden Fragen sollen anschließend Innenstadt, das Olympiagelände. findet sich nur noch an versteckten mittels Befunduntersuchungen, Während der Olympischen Spiele soll Stellen wie beispielsweise Briefkasten- Versuchen und Analysen beantwortet dort eine Vielzahl der Wettbewerbe innenseiten oder unter den Wasser- werden. stattfinden. Dazu ist es notwendig, schlagleisten. etwa 12.000 Sportlerinnen und Sportler Anlass für diese Diplomarbeit war dieser Einige dieser Fragen seien an dieser unterzubringen. ständig wachsende Veränderungs- und Stelle vorweggenommen. Besonders Sanierungsdruck an den Bauten des interessant erscheint die Frage nach der In der typischen Manier der 1960 er Olympischen Dorfes. Durch die vielen Urheberschaft der Farbsystematik, z.B. Jahre werden die Bauten für die Baumaßnahmen der zuständigen in wie weit Otl Aicher an der Gestaltung Olympischen Spiele innerhalb kürzester Verwaltungen und die individuellen des Olympischen Dorfes beteiligt war. Zeit errichtet. Das äußere Erscheinungs- Umgestaltungen durch die Wohnungs- Wie sind diese Farben und deren bild der Gebäude zeigt die modernen eigentümer gerät die Aussagekraft der Kombinationen zustande gekommen? Sichtbetonfassaden dieser Zeit. Durch ursprünglichen Farbigkeit immer mehr in Gibt es noch Unterlagen, in denen die die Verwendung von Fertigbauteilen ist Vergessenheit. exakte Farbverteilung dokumentiert ist? es möglich, besonders schnell und Betrachtet man die Orientierungs- Welche Farben wurden verwendet? effektiv zu arbeiten. elemente im Olympischen Dorf wird Auf diese und andere Fragestellungen „Urbanität durch Verdichtung“1 ist das schnell deutlich, dass in vielen gilt es Antworten zu finden. Leitmotiv in der Stadtentwicklung der Bereichen die ursprüngliche Gestaltung sechziger Jahre. Dies zeigt sich im verändert worden ist. Besonders im Dorf Im Anschluss an die Befragung von Besonderen anhand der durchdachten der Frauen ergeben sich Fragen nach der Architekten, Zeitzeugen und Verwaltern Planung des Olympischen Dorfes, in Originalfarbigkeit und zu den sichtbaren werden Befunduntersuchungen vor Ort dem alle Bedingungen für modernen, Umgestaltungen und Veränderungen. durchgeführt, um die originale Farbge- praktischen und komfortablen Wohn- bung zu ermitteln. Hinzu kommen die raum umgesetzt wurden. Die Entscheidung des Studentnewerks Nachstellung von Farbrezepturen und das „Studentendorf“ – das ehemalige der Vergleich der Aufstriche mit den Das Olympische Dorf, dessen Frauendorf – abzureißen, rückte die verwendeten Farbtönen an den Fassa- Orientierungs- und Farbkonzept im Untersuchung dieses Bereichs in den den der Gebäude. Auch die Anfertigung Rahmen dieser Arbeit untersucht wird, Vordergrund der Arbeit. Die Frage nach von Querschliffen und Streupräparaten liegt im Norden des Olympiageländes. der Originalfarbigkeit ist hier besonders der entnommenen Fassungsproben soll Der mittlere Ring, der durch das vordringlich, da es nach Durchführung der Klärung der Fragestellungen dienen. Olympiagelände führt, trennt das Dorf der Sanierungsmaßnahme keine Neben den praktischen Arbeiten an den vom Olympiapark mit den Hauptsport- Möglichkeiten einer Untersuchung geben Fassaden vor Ort werden die stätten. wird. Veränderungen anhand von Fotografien Das Olympische Dorf gliedert sich in dargestellt und die gewonnenen Ergeb- zwei Teile: das Dorf der Frauen und das Die vorliegende Arbeit gliedert sich in nisse kartiert. Dorf der Männer mit den zentralen zwei Teile: Einrichtungen. In beiden Bereichen Zunächst wird allgemein auf die helfen Farbsysteme dem Besucher sich Konzeption der Olympiade und die zu orientieren. Gestaltung der einzelnen Teilbereiche Die Orientierung im Dorf der Frauen, das des Olympiageländes auf dem Ober- im Wesentlichen aus 800 Reihen- wiesenfeld in München eingegangen. bungalows besteht, erfolgt über die Neben dem Olympischen Dorf umfasst Verwendung unterschiedlich großer und dieses den Olympiapark mit den Wett- farbiger Flächen auf den Eingangstüren kampfstätten, den Bereich der Presse- dieser Bungalows. Die drei Wohnarme stadt und das Deutsche Olympia- im Männerdorf erhalten unterschiedliche Zentrum, die heutige Anlage des zentra- geometrische Symbole und verschie- len Hochschulsports. Die Beschreibung 1 LANGE: Architektur und Städtebau dene Farben, die es auch den Sportlern des zentralen Themas des Olympischen der sechziger Jahre, Bonn 2003. aus Ländern, in denen es keine Dorfes erfolgt im Anschluss. 2 Das Olympische Dorf unterliegt seit lateinischen Schriftzeichen gibt, ermög- 1998 den Bestimmungen des lichen, sich zu orientieren. Um die Entstehung der Farb- und Denkmalschutzgesetzes. Orientierungskonzepte des Olympischen 3 Ein Überblick zu den zeitgenössi Die Anlage, die seit 1998 als Ensemble Dorfes zu dokumentieren und zu schen Publikationen befindet sich in unter Denkmalschutz steht2, unterliegt ergründen, gilt es zunächst, sich einen Anhang 1 dieser Arbeit. den natürlichen Veränderungen von Überblick über die vorhandene Literatur bewohnten Gebäuden. Dadurch wird es zu verschaffen.3 Aussagen sollen immer schwieriger, die Originalfarbigkeit verglichen und erforderlichenfalls

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Die Olympischen Sommerspiele 1972

Die Konzeption der Olympischen Sommerspiele 1972 stellte den Gedanken der „Heiteren Spiele“ in den Mittelpunkt der Planung. Die Spiele sollten – im Gegensatz zu den Olympischen Spielen 1936 – den Teilnehmern und Besuchern als fröhliches Sportfest in Erinnerung bleiben.

München als Ort der Olympischen Sommerspiele 1972 bot sich besonders aus dem Grunde an, da die Stadt über eine 280 ha große unbebaute Fläche nördlich der Innenstadt verfügte. Dieses Gelände war Eigentum des Staates, ein Zukauf umliegender Grundstücke war nicht notwendig. Das Baugebiet auf dem Oberwiesenfeld war bis 1900 Exerzierplatz und wurde dann als Flugplatz genutzt. Die bei Aufräumarbeiten Ende der 1940er Jahre angefallenen großen Mengen Abraum wurden in großen Schuttbergen auf das Oberwiesenfeld transportiert. Hier liegt nun Münchens größte Menge an Räumungsschutt.4

Außer dem Fernsehturm und dem Eis- Die Verantwortung für das Gestaltungs- Abbildung 1: sportstadion, die beide bereits in den konzept der Olympischen Spiele hat Otl Modell des Olympiageländes 1960er Jahren auf dem Oberwiesenfeld Aicher, der bereits im März 1967 vom (Otl Aicher-Archiv, Ulm) errichtet wurden, sind zu Beginn der Olympischen Komitee zum Gestaltungs- Planungsphase keine Bauten vorhanden, beauftragten der Olympiade ernannt 2.1 die als Wettkampfstätten oder als Unter- wird. Zusammen mit seinem Team Olympiagelände künfte dienen könnten. Der Startschuss entwickelt er, die Grundsätze der Das Gelände für die Olympischen Spiele für die umfangreichen Bauaufgaben fällt Münchner Spiele verwirklichend, einen liegt nordwestlich der Innenstadt und mit den Wettbewerbsausschreibungen umfassenden Rahmen für die wird begrenzt durch die Moosacher für das Olympiagelände im Februar Olympischen Spiele. Kern des Straße im Norden, die Landshuter Allee 1967. Gestaltungskonzeptes sind die heiteren bzw. die Hanauer Straße im Westen, die Die teilnehmenden Architekten sollen in Farben, mit denen Aicher sowohl den Lerchenauer Straße im Osten, sowie die ihren Entwürfen die Grundsätze der Sportlern, als auch den Besuchern ein Ackermannstraße und die Schwere- Olympischen Spiele 1972 mit fröhliches Sportfest bereiten will. Reiter Straße im Süden. In der Mitte einbeziehen. Besonders der Münchener Kulturreferent unterteilt der Georg-Brauchle-Ring Diese Grundsätze sind kurze Wege, Herbert Hohenemser und der Architekt (Mittlerer Ring) das Gelände in Ost- Vermeidung von Monumentalität und Werner Wirsing setzen sich für die Wahl West-Richtung. Integration der Bauten in die Landschaft. Aichers zum Gestaltungsbeauftragten Südlich des mittleren Rings sollen der HANS-JOCHEN VOGEL, damals Oberbürger- ein.7 Willi Daume, Präsident des NOK, Olympiapark und die Hauptsportstätten meister von München, beschreibt dies gibt Aicher den Auftrag, das Bild von entstehen, im Norden das Olympische 1970 in seiner Rede vor dem IOC5 in Nazi-Deutschland zu korrigieren. Das Dorf, das Deutsche Olympia Zentrum Amsterdam: bedeutet für Aicher vor allem die und die Pressestadt. Ich sagte damals, die Teilnehmer und Vermeidung der Farben Schwarz, Rot Gäste der Olympischen Spiele würden in und Gold. Nach der Vergabe der Spiele an die München 1972 alle erforderlichen Bauten Stadt München am 26. April 1966 in einem System der kurzen Wege, Spiele werden in einem bundesoffenen Wett- bewerb Architekten aufgefordert im Grünen und eine Stadt mit besonderer 6 Entwürfe für die Hauptwettkampfstätten Atmosphäre vorfinden. einzureichen. Rund hundert Architekten- teams beteiligten sich an diesem Wettbewerb. Die Wettkampfstätten der Olympischen Sommerspiele 1972 sollen

2 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972

sich von denen der Olympiade 1936 in Die Arbeiten der Architektenteams 2.1.1 Berlin unterscheiden. Dort war die werden in einer Ausstellung der Olympiapark und Hauptsportstätten allgegenwärtige Monumentalität an den Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ziel Der „Gewinnerentwurf“ von Günther Gebäudestrukturen deutlich abzulesen. und Vorstellung der Architekten ist es, Behnisch und seinem Team11 für den In München sollen die Bauten unter dem mit den Bauten eine Atmosphäre zu Olympiapark und die Sportbauten Grundsatz der „Olympiade im Grünen, schaffen, die Offenheit, Transparenz Stadion, und Schwimmhalle der kurzen Wege, der Musen und des und Überschaubarkeit darstellt. besticht durch seine Integration der Sports“8 geplant werden. Viele Entwürfe zeigen hervorragende Bauten in das Gefüge der Landschaft Qualität und interessante Ideen. und die Überdachung der Anlagen mit Die Architekten müssen unterschiedliche Aus dem Wettbewerb geht schließlich einem großen, an die Alpensilhouette Faktoren und Gegebenheiten in ihrem der Entwurf der Architekten Behnisch erinnernden Zeltdach. Der Entwurf zeigt Konzept berücksichtigen: Öffentlichen und Partner aus Stuttgart als Sieger die Mitverwendung der bereits und Individualverkehr, Grünstruktur, den hervor. Sie erhalten den Auftrag zur aufgeschütteten Erdhügel auf dem das Gelände durchfließenden Nymphen- Planung der Hauptsportstätten. Das Oberwiesenfeld als Grundlage für die burg-Biedersteiner-Kanal, Schuttberg Team des dritten Platzes, Heinle, organische Integration der Bauten in den und Fernsehturm auf dem Oberwiesen- Wischer und Partner (HWP), erhält den Park. Als besonders ausgefallen feld. Auftrag zur Planung der Wohnanlagen erscheint der Jury das „Dach ohne In den Entwurf sollen , (Olympisches Dorf) nördlich des Schatten“, eine Konstruktion aus Sporthalle, Schwimmhalle, , mittleren Rings. Stahlseilen und Acrylglas. Als Vorbild Volleyballhalle, Trainingshalle für für diese durchsichtige Hügellandschaft Leichtathletik und das Olympische Dorf dient die Seilkonstruktion des deutschen eingebunden werden. Pavillons von Frei Otto auf der Weltaus- stellung in Montreal (1968). Diese HARBECKE beschreibt die wichtigsten Konstruktion erscheint der Jury jedoch Gesichtspunkte für die geplanten wenig praktikabel. Sie bittet das Büro Bauten: Abbildung 2: Behnisch und Partner um einen Der menschliche Maßstab sollte trotz der Luftbild des Oberwiesenfelds vor der Alternativvorschlag für die Überdachung notwendigen Ausmaße der Bauten Errichtung der Bauten (Architektur der Sportstätten. gewahrt bleiben. Es sollte ein Rahmen Wettbewerbe, 3. Sonderband) geschaffen werden, der zu einer heiteren und gelösten Atmosphäre der Spiele beiträgt. Darüber hinaus sollte eine für das Bild der Landeshauptstadt München bedeutende, neue Komponente geschaffen werden, deren kulturelle und städtebauliche Bedeutung der des Englischen Gartens und 9des Nymphenburger Parks entspricht. Die technischen Randbedingungen für die zu planenden Bauten lauten: Stadion 80.000 Plätze Sporthalle 8.000 bis 14.000 Plätze (je nach Sportart) Schwimmhalle 8.000 Plätze Kleine Sporthalle 8.000 Plätze (Bestehende Eishalle) Sportakademie 32 ha (Trainingsanlagen, Rundfunk, Fernsehen)

Olympisches Dorf Männer 8.000 Plätze Später Wohnsiedlung 1.800 Wohneinheiten Frauen 1.800 Plätze Später Studentenstadt 1.800 Einzelzimmer Zentrum10 Mit Läden, Banken, Restaurants, Kirchen, Gemeinschaftsräumen.

3 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972

und Kassen, oder die weiche Polsterung schattenspendenden Schirme der In der Begründung der Jury zur Auswahl markante Punkte des Olympiageländes der Sporthallensitze; provisorischen Restaurants oder die des Entwurfes heißt es: findet. Insgesamt werden rund 3.000 die lichten Ihre Idee ist, das flache Oberwiesenfeld in Bäume und 10.000 Büsche und ländliche Einfachheit des Bootshauses eine bewegte olympische Landschaft zu Kleingehölze gepflanzt. und der Stege am See; die leicht verwandeln. Die Gesamtlösung besticht Die unterschiedlichen Baumarten dienen leserlichen Hinweisschilder, noch durch Einheitlichkeit und Großzügigkeit. ebenfalls zur Gliederung unterschiedlich unterstützt durch Bildsymbole; - oder die genutzter Bereiche sowie der Der Kanal am Fuße des Schuttberges wird Fußwegleuchten, deren Licht durch auf Orientierung der Besucher: Silberweiden zu einem künstlichen See erweitert. Auf die Lampen aufgesetzte Blenden auf den für den See, Bergkiefern für den Weg gerichtet wird. der Gegenseite ist ein Forumshügel Olympiaberg, für die Verkehrstränge und geplant, in den die Hauptkampfstätten, Parkplätze Eschen und Spitzahorn und 15 das Stadion, die Sporthalle und die für die Wege von den Parkplätzen und Schwimmhalle eingetieft werden sollen.Nahverkehrssträngen Linden.14 Auch die bunten Fahnen, die sich wie Die Bauten und Teile der Landschaft Bänder durch den Park ziehen, gehören werden überdeckt und bekrönt durchGeführte ein Wege zu bestimmten Zielen zum Gestaltungskonzept der Olympiade Dach in der Form des Deutschen Pavillonssind ebenso vorhanden wie Pfade, bei (vgl. Kapitel 2.2). Sie sind unterschied- denen der Besucher frei seine Richtung lich dicht nebeneinander aufgestellt und in Montreal. Durch die Zusammenfassung einschlagen kann. Die von den zeigen die Symbole der Olympiade, die der Hauptkampfstätten wird die Gesamt-Verkehrsplanern geforderten Wegbreiten Olympischen Ringe und die Spirale, auf anlage überschaubar. Die Wändevon der bis zu 40 m können durch das blauem, grünem oder weißem Grund. Bauten sind aus Glas, um die InnenräumeAnlegen von begehbaren Rasenflächen mit der Landschaft zu verbinden.geschickt Die umgangen werden. Die Wege Teil des Gesamtkonzeptes für das Besucherströme werden abwechslungs-sind unterschiedlich breit – durch- Olympiagelände ist auch die reich und phantasievoll radialschnittlich auf diesen 5 m – und variantenreich künstlerische Gestaltung, für die 12 großen Freiraum hingeleitet.durch Die Verfas- Pflasterung oder Kiesbelag mehrere Wettbewerbe ausgeschrieben gestaltet. werden. Problematisch ist hierbei jedoch ser bieten außerdem eine ausgezeichnete Olympiapark die Umsetzung der Entwürfe im Lösung für den Verkehrsablauf an. Man ist an einem Ort des profanen Der künstlich angestaute Olympiasee Kostenrahmen. Viele der belobigten Gebrauchs. Man befindet sich in einer wirkt aufgrund der gestalteten Uferzone Projekte kommen daher nicht zur robusten Architektur aus Grünelementen. mit Seerosen, Schilfrohr, Kies und Ausführung, weil neben den Kosten Berg und See, Baum und Hain, Wiese und jungen Silberweiden natürlich. Seine auch die Schwierigkeiten der 9 ha große Oberfläche schafft Distanz Eingliederung dieser Werke in das Sumpf, Ufer und Trampelweg, Stein und zwischen den Wettkampfstätten und Gesamtkonzept eine Rolle spielen 16. Im Kies sind Bauelemente einer Landschaft, dem Olympiaberg. Bereich des Olympiaparks gilt dies die naturhaft und zugleich strapazierfähigUm den Olympiaberg auch nach den besonders, da hier die Entwürfe mit der ist, wie es ein guter 13 Olympischen Spielen als „Erhebung“ zu kunstvollen Gestaltung der Landschaft Gebrauchsgegenstand sein soll. erkennen, wurden die darauf „wildge- und der überragenden Zeltdach- Die Landschaft ist im Entwurf von wachsenen“ Laubbäume abgeholzt und konstruktion konkurrieren müssen. Das Behnisch und Partner das dominierende durch niedrig wachsende Kiefern er- bedeutet beispielsweise das Aus für die Element. Im Hinblick auf den setzt. Die künstlich angelegten Kuppen künstlerische Gestaltung der drei nacholympischen Nutzen des Areals der und Mulden strukturieren die Landschaft Eingangsbereiche in den Park. Olympischen Spiele legen die und bieten Möglichkeiten für weitere Ein Großprojekt, das umgesetzt wird, ist Architekten besonderen Wert auf den Aussichtsplattformen. die Wasserplastik17 im Olympiasee. Hier Erholungsfaktor der Anlage. Das Prinzip kann durch Düsen im See eine bis zu der kurzen Wege wird nicht nur in Um den Bedürfnissen der Besucher 30 m hohe Wasserwolke erzeugt Distanzen verstanden, sondern auch und während und nach den Olympischen werden. vor allem in der Kurzweiligkeit, die der Spielen Rechnung zu tragen, werden in Besucher auf seinem Weg zur der Landschaft des Olympiaparks Trotz des engen Zeitfensters, in dem Sportarena erlebt. Um diese Ideen zu verschiedenste „Möbel“ aufgestellt: das öde und baumlose Oberwiesenfeld integrieren, wird bereits in der Verkaufsstände für Erfrischungen, zu einer „Olympiade im Grünen“ Entwurfsphase der Landschaftsarchitekt Souvenirs, Informationsstände, verwandelt werden soll, gelingt die Günther Grzimek aus Kassel einbezogen. Sitzgelegenheiten und Spielgeräte. Umsetzung der Pläne. Entsprechend dem Farbkonzept des Probleme, wie etwa die Umsetzung alter Linden als typische Alleebäume säumen Gestaltungsbeauftragten Otl Aicher Baumbestände, werden durch geeignete die Wege und wechseln sich mit werden diese Möbel gestaltet: Lösungsansätze minimiert: Eine optimale Pflanzungen des Voralpenlandes ab. Die Die Ausbildung dieser „Möbel“ ist auf Planung ist Voraussetzung für das unterschiedlich großen Bäume und den Komfortanspruch ausgerichtet, seien Großprojekt Olympiapark. Baumarten sind so angelegt, dass der es die berührungsfreundlichen Besucher von verschiedenen Standorten gerundeten, glatten Formen oder die aus interessante Sichtachsen auf attraktiven Farben der Erfrischungskioske

4 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972

Olympiaturm Fußballstadion Der Fernmeldehochturm mit einer Höhe Durch die Bodenmodellierung des von 290 m, der bereits in den Jahren Olympiaparks und aufgrund des Raum- 1965 – 1968 von der Bundespost auf programms entstand das Olympiastadion, dem Oberwiesenfeld errichtet wurde, das zu zwei Dritteln des Ovals als Erdbau- wird in den Olympiapark integriert. Der stadion und nur zu einem Drittel im Turm, dessen Entwurf von Sebastian Westen als weithin sichtbarer Hochbau Rosenthal stammt, wird nachträglich zum Wahrzeichen der Olympiade erho- ausgeführt wurde. In diesem Stahlbeton- ben und als „Olympiaturm“ bezeichnet. bau, einer Mischung aus Ort- und Fertigbeton, sind in drei Ebenen die Hauptsportstätten erforderlichen Nebenräume für Sportler, Die Hauptsportstätten, die im Zuschauer, Berichterstattung, Betrieb Olympiapark neu erbaut werden, sind untergebracht. Das Stadion mit einer das Olympiastadion (Fußballstadion), die Längsachse von 260 m und einer Sporthalle, die Schwimmhalle und das Querachse von 245 m fasste für die Radstadion. Das bestehende Eissport- Abbildung 3: stadion wird in das Gesamtkonzept olympische Nutzung 77.000, für die Dachkonstruktion (Architektur integriert. nacholympischen Nutzung 81.000 Wettbewerbe, 3. Sonderband) Das wohl herausragendste Element der Sitzplätze. Das Rasenspielfeld ist für die Planung von Behnisch und Partner ist nacholympische Nutzung warmwasser- die ungewöhnliche Dachkonstruktion, Die Integration der Sportstätten in den beheizt, mit versenkter19 Regneranlage. die sich südlich des mittleren Rings Park zeigt sich nicht allein in der Darum legt sich die achtbahnige 400-m- durch die Parklandschaft zieht und das Einbeziehung der landschaftlichen Rundlaufbahn mit Rekortanbelag. Stadion, die Sporthalle und die Umgebung in die Struktur der Anlage, Schwimmhalle mit einem filigranen sondern dieses gelungene Konzept Wetterschutz überzieht. spiegelt sich auch in weiteren Details: So wird das Grün des Parks in der Farbe Der konstruktive Aufbau dieses Daches der Sitzschalen des Stadions wieder ist folgender: aufgegriffen und in der Sporthalle und Das zugbeanspruchte, hochfeste Stahlseil Schwimmhalle erfolgt eine Übernahme wurde (...) zur Grundlag der Pflasterung des Außenbereichs Aus in zwei Richtungen entgegengesetzt zwischen den Bauten in das Innere der gekrümmten Seilscharen wird eine Gebäude, so dass für den Besucher der e der Konstruktion. Eindruck entsteht, er stünde zwar vorgespannte Seilnetzkonstruktion, die die überdacht, aber dennoch im Freien. Es Lasten der Dachhaut –Eigengewicht, findet sich eine Verbindung von der Wind und Schnee – zusammen mit den Natur, dem Grünen, ins Innere, dem Ort Vorspannkräften an die Randseile der Spiele. Aus demselben Grund wird Abbildung 4: weiterleitet. Diese wiederum sammelnder künstliche Olympiasee an die Süd- Stadion während der Bauphase die Kräfte des Netzes, führen sie den seite der Schwimmhalle herangeführt, (zur Verfügung gestellte Aufnahme, so dass sich optisch eine Verbindung Knotenpunkten zu, welche als Ursula Mandel) Auflagerpunkte des Daches wirken undzwischen den Wasseroberflächen ergibt. entweder direkt in Zugfundamente Sporthalle abgespannt oder durch zwölf Pylone bis Vergleichbar mit dem Stadionbau 81 m Höhe, sowie 36 kleinere Masten befindet sich die Sporthalle eingebettet und zehn Luftstützen gestützt werden. in eine Mulde. Die Sitzreihen sind auf Die Gesamtfläche des Netzes beträgt ca. einer schiefen Ebene angeordnet, die 75.000 m², die Maschenweite ist 75 cm, dem Besucher den Eindruck einer Arena was zusammen etwa 500.000 Knoten vermittelt. Die Halle fasst insgesamt ergibt. Für die Eindeckung wurde 10.563 Plätze, 4.771 feste, 1.800 gerecktes Acrylglas von 3 x 3 m und demontierbare Sitzplätze und 3.992 Stehplätze. Das Spielfeld hat eine 4 mm Dicke verwendet. Die Verbindung variable Größe von 2.000 – 4.000 m², der Platten bilden Chloroprenebänder mit abhängig von den Aufbauten der einer Mulde, die Bewegungen ausgleicht Tribünen. Die Einrichtungen für die und die das Regenwasser bremst. Sportler, Zuschauer, den Betrieb und die Im Schwimm- und Sporthallenbereich Berichterstattung finden sich verteilt auf 18 wurde aus bauphysikalischen Gründen vier Ebenen. eine Unterdecke aus PVC-Klarsichtfolien eingehängt mit Querlüftung zwischen beiden Decken. 5 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972

Problematisch bei der Sporthalle ist die Netzkonstruktion, ähnlich dem Alle Gebäudeteile wurden als Stahlskelett Anbindung der Fassaden aus Stahl und olympischen Zeltdach, überbaut. ausgeführt; für alle außenliegenden Stahl- Glas an die Zeltdachkonstruktion, die teile wurde „Cor-Ten-Stahl“ verwendet. vom Baukörper unabhängig konstruiert 2.1.2 Die dunkelbraune Färbung des Skeletts ist. Hier kommen Gummibälge und ver- Sonstige Anlagen mit ihrem Kontrast zu den weißen schiebbare Fassadenteile zum Einsatz, Außerhalb des Olympiaparks entstehen Sandwichplatten ist neben den Shed- um die Dichtigkeit zwischen den das Olympische Dorf, das Deutsche Elementen zu sichern.20 Olympia-Zentrum, die Pressestadt und dächern das bestimmende Gestaltungs- die Haltestellen für öffentliche Verkehrs- element der ZHS. Die provisorischen Schwimmhalle mittel. Zwischenwände wurden mit24 Rigipsplatten Bei der Konstruktion der Schwimmhalle aus Holz- oder Stahlrahmen erstellt. gibt es mehrere Probleme zu lösen. Olympisches Dorf Die Räume der ZHS umfassen Sport- Neben der schon oben beschriebenen Das Olympische Dorf, das vom hallen, Trainingsräume und Hörsäle. Ein Problematik der Klimatisierung in der Architekturbüro Heinle, Wischer und Teil der Anlagen wurde erst nach Ende Schwimmhalle im Zusammenhang mit Partner (HWP) geplant wird, liegt direkt der Olympischen Spiele endgültig für die dem Zeltdach ist die unterschiedliche nördlich des Olympiaparks, getrennt Nutzung als Zentrale Hochschulsport- Anzahl der notwendigen Tribünenplätze durch den mittleren Ring. Eine anlage fertig gestellt. für die olympische und nacholympische ausführliche Beschreibung des Die Außenbereiche der Anlage dienen Nutzung als ein wichtiger Punkt in der Olympischen Dorfes erfolgt im Hauptteil während der Spiele den Sportlern als Planung zu berücksichtigen. dieser Arbeit (ab Kapitel 3). Trainingsflächen. Zu diesen Außen- Die Tribüne teilt sich daher in West- und anlagen zählen Hockeyanlage25, Osttribüne (insgesamt 9.182 Plätze), Deutsches Olympia-Zentrum (DOZ) Hockey-, Tennis-, Faustball-, Basketball- wobei die Osttribüne mit ihren ca. Das Büro HWP plant neben den und Volleyballspielfelder mit Volleyball- 7.400 Plätzen nach der Olympiade Wohnbauten auch die von der Stadt halle sowie zwei Wettkampfbahnen. abgebaut werden kann. München bereits seit längerer Zeit für Die Halle aus Stahlbeton hat eine Größe das Oberwiesenfeld vorgesehene Bei der künstlerischen Gestaltung des von 155 x 120 m, mit einem 50 m zentrale Hochschulsportanlage (ZHS). Deutschen Olympia-Zentrums wird langem Wettkampfbecken, einem Sie befindet sich ebenfalls nördlich des deutlich, dass es sich bei dem Begriff Springerbecken, einem Lehrschwimm- mittleren Rings, westlich des „Kunst am Bau“ nicht immer um „in das becken, einem Trainings- und einem Olympischen Dorfes. Während der Bauwerk integrierte Kunst“ handeln Aufwärmbecken.21 Olympischen Spiele fungiert sie als muss. Ein gutes Beispiel ist die Deutsches Olympia-Zentrum, in dem Lichtplastik26 im Hof der Zentralen Radstadion Hörfunk und Fernsehen untergebracht Hochschulsportanlage. Für die Aufgabe des olympischen sind. Ebenfalls für die Innenhöfe der ZHS Radstadions ist ein ganzer Stab von gestaltet Carl Auböck ein überlebens- Architekten und Konstrukteuren mit der großes räumliches Mühlespiel, sowie ein Abbildung 5: Planung beschäftigt. Eines der Ziele ist großmaßstäbliches Dame- und Schach- es, eine von der Witterung unabhängige Deutsches Olympia-Zentrum spiel. Halle für Radrennen zu schaffen. Daher (Architektur Wettbewerbe, werden die Bahn und die Zuschauer- 3. Sonderband) ränge überdacht. Auf einem Stahlbeton- ringbalken lagernd bestehen die Tribüne und das Dach mit 27 m Auskragung aus V-förmigen Holzleimbindern. Ein beschichtetes Diolengewebe wird als Dachhaut verwendet. Für die Besucher stehen 4.157 Plätze, davon 3.051 Sitzplätze, zu Verfügung. Außerdem gibt es Räume oder Bereiche für Sportler, Presse, Berichterstattung und Zuschauerservice.22

Eissportstadion Das Eissportstadion befindet sich bereits auf dem Gelände des Olympiaparks. Es wurde 1966/1967 von Rolf Schütze als Freieisfläche geplant und gebaut.23 Es wird erst später, 1981 – 1983, von Kurt Ackermann und Partnern mit einer

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Pressestadt Die Gestaltung der Räume folgt dem Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel Die Pressestadt, die auch zum Stadt- Farbkonzept der Olympiade Die Anbindung des Olympiageländes an entwicklungsprojekt gehört, befindet (s. Kapitel 2.2). Dies gilt auch für die den Öffentlichen Personennahverkehr sich westlich des Olympischen Dorfes, Gestaltung der vier quadratischen erfolgt von drei Punkten aus: getrennt durch die Landshuter Allee. Aufbauten auf dem Dach des Presse- Dieser Standort erweist sich als günstig, zentrums in je zwei Blau- und Grün- Die U-Bahn Station Olympiazentrum da er gute Anbindungen an den tönen. liegt direkt an der Lerchenauer Straße. Individual- und öffentlichen Personen- Über den nördlichen Aufgang kann das nahverkehr bietet. Über den Kusocinski- Die nacholympische Nutzung sieht den Olympische Dorf, über den südlichen damm können das Olympische Dorf, der Umbau der Zimmer in 1.600 können der Park und die Wettkampf- Park und die Sportanlagen zu Fuß Wohnungen unterschiedlicher Größe stätten erreicht werden. In etwa 15 erreicht werden. vor. Für das Pressezentrum ist eine Minuten gelangt der Besucher vom Nutzung für eine Fachoberschule mit Stadtzentrum zum Oberwiesenfeld. Die Gesamtanlage, die von ca. 2.000 Schülern geplant.27 Zusätzlich zu der U-Bahnstation wird Alexander Angerer und Fred von Branca eine Buslinien-Endstation eingerichtet, geplant wird, gliedert sich in drei für nach Nord und Nordwest in die Bereiche: Vororte führende Buslinien. Pressestadt mit Wohnanlagen für die Während der Olympiade gab es darüber Journalisten, hinaus für die teilnehmenden Sportler Olympia-Einkaufzentrum, extra eingerichtete Busverbindungen zu Pressezentrum als Arbeitstätte der den weiter entfernt liegenden Journalisten. Wettkampfstätten.

Entgegen der ursprünglichen Planung Die S-Bahn Haltestelle Olympiagelände einer provisorischen Unterkunft für die befindet sich westlich der Landshuter Presseteilnehmer wird ein Baukomplex Allee zwischen der Pressestadt und dem errichtet, bei dem das Augenmerk auch Olympischen Dorf. Sie wurde, wie die auf der nacholympischen Nutzung liegt. U-Bahn Haltestelle, für die Olympiade Die Journalisten bekommen ein eigenes errichtet, ist heute aber nicht mehr in Wohnviertel, das ihren Bedürfnissen Betrieb. Von der Haltestelle kann der entsprechend ausgestattet ist. Die Olympiapark mit seinen Sportstätten Wohngebäude sind zwischen 2 und 22 über den Kusocinskidamm zu Fuß Geschossen hoch und bieten mit 4.200 erreicht werden. Einzelzimmern ausreichend Platz. Außerdem gibt es ein großes über- Die Tram-Bahn Haltestelle befindet sich dachtes Einkaufszentrum und ganz im Süden des Olympiaparks, neben Einrichtungen für den Gemeinbedarf wie der Schwere-Reiter-Straße. Gaststätten, Ärztezentrum, Apotheke, Kirche und Schwimmhalle mit Sauna. Für alle drei Haltestellen sind im Rahmen des Kunstkonzeptes entsprechende Herzstück der Anlage ist das Presse- Gestaltungen in einem Wettbewerb Abbildung 6: zentrum, ein architektonisch einfach ausgeschrieben worden. Diese wurden Pressezentrum (Architektur gegliedertes, quadratisches Gebäude. jedoch aus Kostengründen, sowie aus Wettbewerbe, 3. Sonderband) An der Fassade wechseln sich Fenster- mangelndem künstlerischem Anspruch bänder mit weißen Fassadenbändern ab. nicht umgesetzt. Das Gebäude ist viergeschossig und aus einer Tragwerkkonstruktion aus Stahl und Stahlbetonfertigteilen. Im Erdgeschoss, das Besuchern offen steht, finden sich Sitzgelegenheiten und Fernseher. Im Gebäude finden u.a. die Pressekonferenzen statt, hier befinden sich das Kommunikationszentrum, Arbeitsräume, Agenturbüros, das Fotolabor, die Telefon-, die Teletext- und die Bildsendezentrale.

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2.2zusammengestellt: ein lichtes Blau als Der Farbe kommt im visuellen Dasoffizielle „Visuelle Farbe Erscheinungsbild“ der Spiele 1972; dazu der ein Erscheinungsbild der Olympiade eine Olympiadehelles Grün, Orange, Weiß, Silber und – besondere Rolle zu. AICHER schreibt dazu …dagegen ist es legitim, den spielen in in einem Aufsatz zur Frage „Was ist ein als erweiternde Varianten – Blauviolett, münchen einen farbigen rahmen zu Erscheinungsbild?“: Dunkelgrün und Hellorange. Neben der geben, ein ästhetisches klima, ein Es gibt ein bestimmtes Repertoire an ästhetischen haben die Farben ordnende visuelles profil, das aus sich heraus Farben. Sie treten auf als Regenbogen, Funktion. Blau signalisiert Sport, Grün heiterkeit, jugendlichkeit, frische und mit gleicher Quantität und in einer ganz Presse, Orange Technik, Silber Protokoll. menschliches maß verrät. in der sprache präzisen Reihenfolge. Die Umkehrung Als Schriftart wurde die von Adrien der zeichen bleiben wir glaubwürdig. dieser Reihenfolge und die Veränderung Frutiger entwickelte klare, leichte dabei ist vor einem mißverständnis zu der Farbquantität führt zum Olympischen Groteskschrift ‚Univers’ gewählt. warnen. es wird nachgerade mode, sich Sommer; die Verwendung der Farben als Zu diesen Elementen kommen als weitere ein image zuzulegen. politiker und Helligkeitsgröße in der Fotografie führt zu Prinzipien: bestimmte Papierformate, unternehmen haben entdeckt, daß den Plakaten; die Farben eingebracht in Regeln des Satzspiegels und der Grund- wirkungen manipulierbar sind und das System der Eintrittskarten und der satz einer vertikalen Flächenaufteilung. beschaffen sich profilkosmetiker, die Wegweiser führen zu einer Kodierung. So

ihnen eine glänzende verpackung oder sind die Elemente eigentlich nicht uniform, sondern nur prinzipiell. Und die fassade verschaffen. Normen ihrer Anwendung entsprechen wenn wir den versuch machen, den 30 olympischen spielen in münchen ein der Methode der Geometrie, der Arbeit Abbildung 7: spezifisches erscheinungsbild zu geben, mit Zirkel und Linear. Übersicht zu den Elementen der so kann und darf es sich lediglich um eine Visuellen Gestaltung selbstdarstellung handeln, nicht(Otl umAicher-Archiv, einen Ulm) aufgesetzten putz – um eine sichtbarmachung dessen, wie man verstanden sein möchte und nicht um eine attrappe – um eine präsentation und nicht um eine repräsentation. an dieser sprache der farben und zeichen, 28der fahnen und kleidungen, der drucksachen und verpack Die Olympischen Spiele indie München abteilung XI des zeichnen sich neben der herausragendenorganisationskomitees. Architektur besonders durch die ungen arbeitet einzigartige Gestaltung der Werbeträger, des Informationsmaterials und darüber hinaus auch der modischen Erscheinung von Betreuern, Wettkampfrichtern und sogar der Polizei aus.

Grundlegendes Gestaltungskonzept SCHÜRK fasst in ihrem Aufsatz über das Design der Olympischen Spiele 1972 die wichtigsten Elemente wie folgt zusammen29: Die Vielfalt gestalterischer Möglichkeiten basiert auf wenigen durchgängigen Elementen. Es sind: das offizielle Emblem, Farben und Schrift. Ein Kölner Graphiker-Team entwarf unter der Leitung von Coord von Mannstein für München einen Strahlenkranz in Spiralform. Diese Strahlenspirale, verbunden mit den Olympischen Ringen, bildet das offizielle Emblem. In der Leichtigkeit der Farbwelt des Barock wurde die Skala der Farben

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Die Farbgestaltung zieht sich in alle Bereiche objektender Olympiade. gemeinsame WILLI DBasisAUME läßt das sagt dazu einzelne1970 in verständlicher,seiner Rede vor einprägsamer dem 31 IOC in Amsterdamwerden. : Bei Olympischen Spielen wird es

Eintrittskarten geben, Richtungsweisend für den Entwurf der Plakate, Prospekte, Urkunden, Ansteck- Plakate waren zwei Aspekte: Erstens Funktionen in wenige übergeordnete nadeln und Abzeichen, Uniformen, sollten die Hinweisschilder, Plakate Gruppen zusammengefasst. Anzeigentafeln, Wettkampfpapiere, Kulturkreisen verstehbar sein. Zweitens Dieses System verbindet Überschaubar- Informationsblätter, Si durfte man sich nichtin verschiedenen darauf beschränken, keit mit der Möglichkeit zu unterscheiden. Fülle von Informationsobjekten, die im nur jene Schichten zu erreichen, die mit Seine Ordnungsprinzipien sind Farbe und einzelnen zu entwerfen sind. Gebraucht dem Repertoiretuationspläne der modernen – eine Kunst Schnitt der Kleidung. Als Kennzeichen der werden sie in jedem Fall, man kann sie vertraut sind. Die Plakate wurden deshalbGruppe dient die Farbe, während der also als Einzelobjekte entwerfen oder als auf der Basis der Fotografie konzipiert. Schnitt die Bedeutung und Funktion der Werke eines umfassenden Systems. Um aber nicht im breiten Angebot der einzelnen Personen angibt. Entsprechend Was die Wahl unserer Farben angeht, so Blumen, prismatischen Informations- Fotografie unterzugehen, wurden die der Vorstellung, aus dem Bild der Stadt hielten wir uns an den Bereich der trägern und Plakatwand-Systemen Bilder nach dem Farbkodex der Spiele und dem der Spiele eine Einheit zu leichten, hellen, strahlenden und frischen werden vor allem Fahn interpretiert. Auf dieser farblichen formen, werden nich Farben, entsprechend der Intention, reizvolle und für München typische Verfremdung beruht ihr Signalwert und und Festräume visuell ausgestattet, im strahlende und heitere Spiele zu Bereiche – etwa die Ludwigstraße und ihre spezifische ästhetische Funktion im gesamten Stadtbereich sollen deshalb en architektonisch veranstalten. Die Farbwelt der Stadt t nur Sportstättenden Viktualienmarkt – im Stadtbild Rahmen des für München geplanten Farb- und Formelemente den festlichen München und ihrer Umgebung haben wir hervorheben. Auch der Verkehrsleitplan visuellen Klimas. Charakter der Spiele betonen. Neben also übernommen, neben dem lichten verwendet die schlanken, hellen, eher […] Blau des Himmels, die silbernen Seen, heiter als heraldisch wirkenden Fahnen- Ein Ereignis von der weltweiten das grüne Voralpenland, die klare Pulks als ein wesentliches Anziehungskraft Olympischer Spiele regt Silhouette der Berge. Diese Farblinie Gestaltungsmerkmal. natürlich die Souvenirartikel-Industrie zu Visuelle Kommunikation – setzte sich fort z.B. erhöhter Aktivität an. Es kann kaum Piktogramme den Handverpflegungen der Besucher, die gelingen, die Flut des zu erwartenden sprache, auch visuelle sprache, auch das den Eindruck haben sollen, dass sie hier Kitsches für aufzuhalten;die Packungen möglich bei aber ist es, sprechen mit bildern und zeichen erweist bei der Jugend der Welt zu Gast sind und den legitimen Interessen der Industrie ihre qualität an dem was sie transportiert Auf die Vorteile, die einnur durchgängiges die scheinbaren Nebensächlichkeiten und der Besucher Alternativen anzubieten und wie sie es transportiert. der gebrauch Gestaltungskonzept hat, und die spüren sollen. ist das maß der sprache, im gebrauch Bereiche, in denen es Anwendung und durch Beispiele Maßstäbe zu setzen. zeigt sich ihre wahrheit. nichts anderes ist findet, geht SCHÜRK in ihrem Aufsatz An erster Stelle der Souvenirs, die unter 33 über das Design der Olympischen SpieleRegie des Organisationskomitees es in der visuellen kommunikation. 1972 ein:32 entstanden, rangiert der Olympia-Waldi, Neben dem Farbkonzept entwickelt Besonders die zahlreichen kleineren das offizielle Maskottchen der Spiele. Aicher auch die Piktogramme34 in einer Objekte lassen die Vorteile eines Verbindliche Normen für Farbe, Form und Art weiter, die sich bis heute an allen einheitlich konzipierten Erscheinungs- Größe dieses Spielzeugdackels sollen Orten, an denen Menschen „geleitet“ werden müssen, wiederfindet. Die bildes deutlich werden; gerade an ihnen jeden Versuch verhindern, ihn zu Nippes bereits in Tokio oder Mexiko gesehenen muß sich die Durchgängigkeit bewähren. umzufunktionieren. Piktogramme für die einzelnen Schon die ersten, während der Wettkampfdisziplinen werden um Olympischen Spiele in Mexiko Das Emblem auf Stre Zeichen für die Bereiche Service, ausgegebenen Broschüren über das LandTischdecken, Krawatten, Kissen und Information, Einkaufen, medizinische und die Stadt, die 1972 Gastgeber der Kalenderwürfeln, auf Hunderten von Versorgung und einige andere erweitert. ichholzschachteln, Spiele sein werden, und die Bulletins überProdukten verschiedener Formen ist AICHERS oberstes Prinzip beruht auf die Vorbereitungen des Organisations- zugleich Schmuck und Auszeichnung. „Gleichheit durch Verwandtschaft, ein System vorwiegend variabler Elemente, komitees vermittelten konkrete Denn Bedingung der Lizenz sind nicht das zu einem eindrucksvollen Vorstellungen von den inhaltlichen und allein die Gebühren, sondern wesentlich Verwandtschaftsverband führe.“35 ästhetischen Merkmalen der Spiele in auch die ästhetischen Qualitäten, die nicht München. Der Entwurf von Drucksachen,konform gehen mit traditionellem Die Piktogramme als Hinweisschilder Formularen, Briefbögen, Karten und Souvenirkitsch. finden sich während der Olympischen Stadtplänen auf der Basis verbindlicher Spiele überall in München. Sie dienen Normen verdient nich Das Konzept für die Kleidung des z.B. der Wegweisung im Straßen- Hinsicht den Vorrang; die Einheitlichkeit offiziellen Personals geht aus von verkehr,der kommen aber vor allem im der Grundlage erhöht auch die t nur in ästhetischer Notwendigkeit, durch visuelle Funktionalität. Die allen Gestaltungs- Ordnungsprinzipien Orientierung und Kommunikation zu erleichtern. Um die 9 Vielfalt von insgesamt 68 Personen- gruppen, die eine spezielle Kleidung brauchen, überschaubar zu halten, wurden sie unter dem Aspekt verwandter 2 Die Olympischen Sommerspiele 1972

vor allem dort ermöglichen, wo es dem Ablaufdirekten des Geschehens, Umfeld der dem Sportstätten Verhalten zum Einsatz. Im Olympiapark befinden sich 20 München und seine Bauten nach der Besucher und der Optimierung der die Piktogramme einheitlich auf blauem, 1912, S. 570. Die olympische Organisationquerrechteckig dient, angebrachtemflüssig und leicht Grund. Nutzung sieht die Disziplinen Turnen fassbarDie Piktogramme anzubieten. Soführen gibt esalle eigentlich Beteiligten und Handball vor. Für die eineund neueBesucher Sprache der derOlympischen Zeichen, Formen Spiele zu nacholympische Nutzung sind auch undden Farben.Veranstaltungen, So entsteht Servicebereichen ein ästhetisches Veranstaltungen für Leichtathletik, undKlima, Verkehrsmitteln. ein visuelles Profil, Im Olympischen aus dem heraus Radrennen, Boxen, Fechten, Dorfsich leiten die Kriterien sie die Sportlerunserer Spielezur Mensa, Theater, Kongresse etc. möglich. 21 zurerkenntlich Bank, zum machen Arzt oder wollen: zu den Heiterkeit, München und seine Bauten, S. 571. zahlreichen Geschäften. 22 München und seine Bauten, S. 572. Jugendlichkeit, Frische und menschliches Die beteiligten Architekten waren: Maß. Die Piktogramme bestehen aus einer Beier, Dahms, Grube, Harden, eigenständigen Grammatik. Dazu gehört Kaiser, Laskowski und der die Darstellung des Menschen auf eine Konstrukteur Schürmann (Münster). leicht erkennbare Art und Weise, hier 4 HIMEN / WALTER S. 48. 23 DEHIO, Bayern IV, 2006, S. 911. aus dem runden Kopf, dem Rumpf und 5 Die im Text verwendeten 24 München und seine Bauten, S. 573. gleichförmigen Armen und Beinen. Abkürzungen werden im 25 Die Hockeyanlage wurde von den Bezugsfeld dazu ist das Quadrat, in dem Abkürzungsverzeichnis zu Beginn Architekten Schraud+Karg sich das Symbol befindet. Die interne dieser Arbeit erläutert. entworfen. HWP waren für die Einteilung des Quadrates und geneigte 6 Olympiade in München 1970, Planung von Tennisanlage, Linien, beispielsweise als Umriss für S. 13. Rundfunk- und Fernsehzentrum Sportgeräte, erlauben eine große 7 SECKENDORFF, S. 40. sowie Volleyball-Halle zuständig. Variationsmöglichkeit. 8 BEHNISCH 1972, S. 307. 26 Lichtplastik, entworfen von Otto 9 HARBECKE, S. 32. Piene, Düsseldorf. In einem Stahl- Die Notwendigkeit für ein universell 10 LÖWENHAUSER, S. III/1. würfel (2 m Kantenlänge) befindet verständliches System zur Orientierung 11 Zu den beteiligten Architekten des sich an acht Seilen, jeweils von den unterstreicht u.a. SCHÜRK:36 Büros Behnisch und Partner zählen Eckpunkten ausgehend, ein Glas- Es ist unmöglich, sämtliche Hinweise und die Architekten: körper, der das einfallende Licht in Erklärungen in allen Sprachen zu geben, Günther Behnisch, Fritz Auer, vielfältiger Art und Weise reflektiert. die während der Spiele gesprochen Winfried Büxel, Erhard Tränker, [Architekturwettbewerbe, werden. Deshalb galt es, eine allgemein Karl-Heinz Weber, Heinz Isler 3. Sonderband von 1972, (Konstruktion), Ulrich Hunsdörfer S. 64 – 65]. zugängliche Verständigungsbasis zu (Verkehr). 27 Die Spiele Bd. 2, S. 168 - 173, finden. Dafür bot sich die Sprache der 12 LÖWENHAUSER, S. III/1. S. 212. Zeichen an; ihre Effektivität hatte sich 13 HARBECKE, S. 36. 28 AICHER, der Gestaltungsbeauftragte schon in Tokio und Mexiko erwiesen. Die14 HARBECKE, S. 36 - 37. der Olympiade, in einem Aufsatz in München entworfenen Zeichen- 15 BEHNISCH in Bauen+Wohnen vom 18. April 1970 über das systeme für die Bereiche der Sportarten, 7/1972, S. 328. visuelle Erscheinungsbild. Kopien der Dienstleistungen und Touristik 16 Nicht ausgeführt wurden das dieses Aufsatzes befinden sich im nehmen weniger Bezug auf die in erster Großprojekt „Denkloch“ von Walter Archiv des Architekturmuseums der Linie illustrativen Zeichen Mexikos als aufde Maria, New York – eine große TUM und im Aicher Archiv in Ulm. Erdplastik für den Olympiaberg 29 Olympia in München 1972, das stark formalisierte System von Tokio. sowie die Großplastiken (45 m) von S. 102 – 107. Die allgemein zunehmende Tendenz, Mathias Goeritz, Mexiko und den 30 AICHER, Otl Aicher Archiv Ulm, Texte durch Zeichensysteme zu ersetzen,Münchener Künstlern Clarenbach Inv. Nr. Ai. AZ. 1229. führte dazu, die Zeichen für Münchenund Claus [Architekturwettbewerbe, 31 Olympia in München 1970, S. 14. noch prägnanter zu gestalten. Es ging3. Sonderband von 1972, S. 64 – 32 Olympia in München 1972, nicht darum, unbedingt Neues zu 65]. S. 102 – 107. 17 33 schaffen, sondern es galt vielmehr, Wasserplastik von Heinz Mack, AICHER 1989, S. 15. 34 Vorhandenes weiterzu Mönchengladbach. [Architektur- Piktogramme: Zeichen, die einen wettbewerbe, 3. Sonderband von Sachverhalt in eine visuell das System der Sportz 1972, S. 64 – 65]. eingängige Bildsprache übersetzen. Bildzeichen zur allgemeinen Information WILLI DAUME sagt dazu in seiner Rede entwickeln.18 München Sowohl und seine Bauten, S. 568. 35 Die Spiele Bd. 1, S. 269. 37 lassen das erkennen. 36 vor dem IOC: eichen alsDurch auch starke die Wärmebelastungen Olympia in München 1972, Bei den Olympischen Spielen muß man verfärbten sich die PVC-Folien. Sie S. 102 – 107. viel mit Zeichen arbeiten. Allein in Europa wurden bereits ausgetauscht. 37 Olympia in München 1970, S. 14. 19 gibt es 29 grundverschiedene Sprachen. München und seine Bauten nach Darauf muß der Veranstalter Rücksicht 1912, S. 569. nehmen, und er muß die Kommunikation

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Das Olympische Dorf

Das Olympische Dorf, in dem die Das Dorf ist vor allem ausgerichtet auf 3.1 Sportler untergebracht werden, liegt die nacholympische Nutzung. Dabei Dorf der Frauen zwischen dem mittleren Ring und der sollen die Frauenunterkünfte später von Das Olympische Dorf der Frauen, das Moosacher Straße, nördlich des Studenten bezogen und die Männer- spätere Studentendorf, gliedert sich in Olympiaparks. Im Osten grenzt es an die unterkünfte als privater Wohnraum vier verschiedene Anlagen: Lerchenauer Straße, westlich des genutzt werden. Ein 20-Etagen-Hochhaus mit 801 Einzel- Olympischen Dorfes liegt das Deutsche appartements à 18,25 m² Olympia-Zentrum, die heutige Zentrale Hinter der Adresse Connollystraße 3 (Häuser A und B), das von Günther Hochschulsportanlage. verbergen sich 800 zweigeschossige Eckert geplant wird, das dreige- Bungalows (Studentendorf), in denen schossige Studentenhaus, ebenfalls von Der Grundgedanke für das Olympische die Sportlerinnen, Hostessen und andere Eckert, sowie die von Werner Wirsing Dorf ist nicht nur der, dass die Sportler weibliche Beschäftigte untergebracht geplanten 800 zweigeschossigen einen Ort benötigen, an dem sie sind. Diese bilden den Kern des Bungalows mit Einzelappartements während der Spiele untergebracht sind, „Dorfs der Frauen“, das etwas abseits à 26,82 m² (Bereiche C-G) und es ist vielmehr „als gemeinschafts- im Süden der Gesamtanlage liegt. 118 Wohnungen für studentische bildendes Element während der Spiele“38 Ehepaare und Personal à 33,56 m² zu betrachten. Das „Dorf der Männer“ teilt sich in vier (viergeschossige Stufenbebauung, Die Planung des Olympischen Dorfes Straßenzüge: Helene-Mayer-Ring, Bereiche H, J, K, L). geht im Wesentlichen auf die Arbeit des Connollystraße, Nadistraße und Die Bungalows, das Hochhaus und die Architekturbüros Heinle, Wischer und Straßbergerstraße. Flachbebauung werden aus Stahlbeton- Partner (HWP) zurück. Aufgrund der Die Straßenarme teilen sich in Hoch- Fertigsystemen, Betonfertigteilen und Dominanz der Landschaft in seinem und Flachbereiche auf. Die gesamte Ortbeton errichtet. Entwurf und der Erfahrung im Bau von Anlage umfasst etwa 5.000 Hochschulanlagen und Wohnungsbau Wohneinheiten unterschiedlicher Größe. Einzelbungalows wird Erwin Heinle39 mit seinem Team Während der Spiele wohnen hier rund Entscheidend geprägt wird das direkt mit den Planungen der 10.000 Sportler, Trainer und Betreuer. Olympische Dorf durch die 800 Wohnbauten beauftragt. Heinle nimmt einzelnen Wohneinheiten. Die zentrale außerdem die Viertplazierten Gordon Idee für ein solches studentisches Ludwig, Franz Raab, Gert Wiegand, Wohnviertel ist die Möglichkeit der Wolf Zuleger und die Architekten Kommunikation auf der einen und die Werner Wirsing und Günther Eckert in Möglichkeit des Rückzuges auf der Abbildung 8: das Team auf.40 anderen Seite. Luftbild des Olympischen Dorfes in

Richtung Nordwest Der Architekt Werner Wirsing schlug eine (Architektur Wettbewerbe, teppichförmige Bebauung aus 800 Kleinst- 3. Sonderband) häusern vor. Der Entwurf war durch das Bemühen um eine möglichst weitgehen- de Individualisierung studentischen Wohnens bestimmt. Dazu gehört ein separater Wohnungseingang ebenso wie das Angebot von Spielräumen für Eigen- initiative, die Verteilung der Wohnflächen auf zwei Ebenen ebenso wie die Möglich- keit der individuellen Hausbemalung. Letztere wurde teils durch einen Wettbewerb angeregt, teils erfolgte sie durch Studenten des Lehrstuhls für 41 Kunsterziehung, teils geschieht sie Dieses „Dorf imspontan Dorf“ und gliedert unbeeinflusst. sich in fünf Wohnbereiche (C-G), die Bereiche gliedern sich wiederum in 42 Gassen und schließlich in 800 Wohneinheiten (Bungalows). Die Ausrichtung der Gassen ist in ein orthogonales System eingebunden. Die Gassen verlaufen exakt von Norden nach Süden.

11 3 Das Olympische Dorf

Die Grundidee, dass es sich bei diesen 3.2 Unterkünften um eine besondere Dorf der Männerabgesicherter / Entwurf entwickelt. Wohnform mit der Möglichkeit der zentrale Einrichtungen Erstaunlich ist, dass dabei nicht eine „Eigengestaltung“ für Studenten Die Unterkünfte für die männlichen handeln werde, steht schon zu Beginn Sportler, TrainerAddition und vonHelfer, Teilen, sowie sondern die eine der Bautätigkeit fest. zentralen Einrichtungengroßzügige des städtebauliche Einheit Im Inneren der Bungalows befindet sich Olympischen Dorfesgestaltet werden werden von konnte, Erwin die sich in die ein Windfang, von dem aus man u.a. in Heinle und seinemraumbildende Team geplant. Landschaftsarchitektur Die der 44 das Bad aus in Form gepresstem Planung ist das ErgebnisArchitekten eines Behnisch und Partner sehr 42 Acrylglas gelangt . Dieser Windfang Optimierungsverfahrens,gut einfügt. in dem sich Das endgültige Konzept erntet auch von und der daran anschließende Kleider- Vertreter unterschiedlichster Disziplinen prominenter Seite Beifall. So schreibt schrank sind in den Grundfarben Rot, über die Notwendigkeiten des modernen AICHER in seinem Aufsatz „Architektur Blau, Gelb und Grün gestrichen. Daran Städtebaus verständigt haben. und Erscheinungsbild“ über die angepasst ist die weitere Innenausstat- Als Grundlage für die Planung dient Architektur Heinles: tung wie Regale und Polsterauflagen. dabei der ursprüngliche Entwurf des Dasselbe Büro, Heinle und Wischer, kann Im ersten Obergeschoss befindet sich Architekturbüros Behnisch & Partner. auch anders. Von ihnen stammt das der Arbeitsbereich mit Schreibtisch und In diesem Entwurf sind bereits die drei Olympische Dorf, ein betonistisches Bücherregalen. Wohnarme des Olympischen Dorfes Gebilde aus Terrassenwohnungen, angelegt. Auch die Idee der Wallan- untergeschossigen Verkehrsstraßen und 1970, nach Fertigstellung der Bauten, lagen, die das Dorf an den Seiten Freizeiträumen zwischen sich spreizenden werden die Bungalows bereits von umgeben, stammt von Behnisch. Studenten bezogen, die während der Wohnarmen. Im Prinzip taucht der Spiele in andere Wohnheime in Ziel des von Heinle entwickelten Denkansatz des Vorentwurfs wieder auf: München„ausgelagert“ werden. Optimierungsverfahrens ist, dass die die vertikale Stadt: unter der Erde fahren, Anlage neben dem Bild als olympische auf dem Erdboden und auf der Terrasse

Wohnanlage die „zeitgemäßen Formen gehen, einkaufen, sich sehen und sehen 43 des Wohnungs- und Städtebaus“ in lassen, darüber aufgetürmt die gestaffelte 45 Deutschland aufzeigt. Individualität bis zum Luxus-Penthouse Um zu der Planungsgrundlage zu auf der Spitze des Berges. gelangen, die schlussendlich umgesetzt 3.2.1 wird, durchlaufen die Entwürfe in Wohngebäude mehreren Stufen eine Optimierungs- Das Dorf der Männer ist angelegt in drei phase, in denen das Architektenteam Wohnarme, die sich vom Zentrum, dem immer wieder die gestellten Anforderun- Helene-Mayer-Ring, nach Westen gen auf ihre Anwendbarkeit hin erstrecken. Dabei gliedert sich jeder der überprüft. drei Straßenzüge in einen Bereich mit Hoch- oder Terrassenbauten und in 20 Architekten arbeiten in diesem Team einen mit Flachbereichsbauten. Die Abbildung 9: zunächst frei auf der Grundlage gesamte Anlage beinhaltet rund 5.000 Ansicht der Reihenbungalows Wohneinheiten, Wohnungen und (Bulletin 4 der XX. Olympiade) gemeinsamer Programmvorstellungen 57 unterschiedliche Lösungen aus. In einem Appartements. Die Wohnungen waren während der Olympischen Spiele Wettbewerb hätte man möglicherweise entsprechend der Anzahl der Bewohner zweihundert Vorschläge bekommen und möbliert und wurden später unmöbliert einen davon auswählen können. Bei der ODMG übergeben. diesem Optimierungsverfahren wurden jedoch unter systematischer BewertungDie Hochbereichsbauten bilden mit ihren der 57 Entwürfe Grundsätze für die 10 bis 14 Etagen einen idealen weitere Arbeit ermittelt. Die LösungenLärmschutz zur Moosacher Straße. sind dabei von Fachleuten der Hygiene,Diese Hochhäuser befinden sich jeweils der Besonnung, des Schallschutzes,auf des der rechten Seite in Richtung der aufsteigenden Hausnummern. Alle Verkehrs, der Grünraumgestaltung, von Balkone und Gärten der Wohnungen Soziologen und Psychologen, sind nach Süden oder Südwesten Baurechtlern und Städtebauern beurteiltausgerichtet. Die großen Pflanztröge worden. erwecken durch ihre Bepflanzung den So entstanden in der 2. Stufe 20Eindruck neue von „hängenden oder liegenden Lösungen, der PrüfungsvorgangGärten“ wurde46. wiederholt. Dasselbe geschah in der 3. Stufe mit sieben und in der 4. Stufe mit drei Lösungen. Schließlich wurde daraus ein nach allen wegbaren Kriterien

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Die Bauten sind gekennzeichnet durch Ebene kann von der Lerchenauer Straße Die Verteilung des Grundstücks erfolgt horizontale Versätze und vertikale aus über zwei Einfahrten befahren zu 2/3 für katholische Nutzung und zu Terrassensprünge. Sie wurden in werden. Über Treppen und Fahrstühle 1/3 für evangelischer Nutzung. Schottenbauweise in Ortbeton mit gelangt der Bewohner schnell auf die Im Untergeschoss befinden sich neben Fußgängerebene und zu seiner der Bibliothek und den Gemeinderäumen Achsen von 3,90 m und 7,80 m errichtet. Wohnung. Nebenausfahrten und Feuer- weitere Nebenräume, zudem gibt es Die Terrassen erweitern die Wohnräume. wehrzufahrten sind den Rettungskräften einen begrünten Hofbereich. Die Bepflanzung der Terrassentröge stehtvorbehalten. Die Konstruktion besteht im Unterge- in einem farblichen Kontrast zu den schoss aus konventionellem Stahlbeton, glatten, weißen Fassadenflächen. Die Trennung der Ebenen von im Erdgeschoss befindet sich eine die Fenster- und Brüstungsbänder gliedernmotorisiertem Individual- und Kulträume überspannende tragende die47 bis zu 13 Geschossen hohen GebäudeFußgängerverkehr trägt neben der Lage Dachkonstruktion aus Stahlrohr-Raum- 51 horizontal. der Hochhäuser mit ihrer Rückseite zu fachwerk. Die besondere Wohnform in den den stark frequentierten Straßen zu Hochbauten des Olympischen Dorfes einer entsprechenden Aufwertung der Das Vergnügungszentrum, ebenfalls verbindet in geschickter Weise die Wohnanlage bei, da damit der Verkehrs- vom Büro HWP geplant, befindet sich an „Vorteile des Wohnens im lärm noch weiter vermindert wird und der Nadistraße. Dieses Zentrum gliedert Einfamilienhaus (Privatraum und Freiraum) eine Gefährdung durch die Fahrzeuge sich in zwei Bereiche: eine ruhige Zone mit denen des Wohnens im Hochhaus praktisch nicht mehr auftritt. mit Bibliothek und Leseräumen, sowie (Aussicht und städtische Dichte)“48. Für die Bewohner ergibt sich so eine Diskothek und Bavariaclub, zum anderen Vor den Hochhäusern befinden sich die sehr ruhige Atmosphäre. in eine „lebhafte Zone“ mit Theater, niedrigeren Terrassenhäuser mit bis zu Kino und Freiflächen für Sport und Spiel. fünf Geschossen. Die Flachbereichs- 3.2.3 Das Vergnügungszentrum ist in seiner bauten auf der gegenüberliegenden Zentrale Einrichtungen Struktur stark gegliedert und wird in Seite sind maximal drei Stockwerke Im Zentrum des Dorfes befinden sich Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet. hoch, sie sind vergleichbar mit unter anderem Einkaufsmöglichkeiten, Die nacholympische Nutzung sieht eine Reihenhäusern. Wie bei den Terrassen- das Kirchenzentrum, das Vergnügungs- Grundschule mit 16 Klassen und zwei häusern sind die Balkone und kleinen zentrum und das Verpflegungszentrum. Turnhallen vor sowie eine Kindertages- Gärten nach Süden oder Südwesten stätte. Außerdem soll das Kino erhalten ausgerichtet. Die ebenerdig erreichbaren Ladenlokale werden und den Bewohnern zur befinden sich in eingeschossigen Bauten Verfügung stehen.52 3.2.2 oder in den mit G 1-4 in den Plänen und Verkehr Wettbewerbsunterlagen gekenn- Das Verpflegungszentrum (Mensa) Sämtliche Gebäude sind als „Drive-In zeichneten Hochhäusern am Helene- befindet sich am Helene-Mayer-Ring 8. Terrassenhäuser“ angelegt, das Mayer-Ring. Die Hochhäuser, die sich in Es handelt sich dabei um ein dreige- bedeutet die strikte Trennung von Geschäfts- und Verwaltungshäuser schossiges Gebäude mit sichtbarer Fußgängerverkehr und motorisiertem gliedern, beherbergen neben den Stahl- und Stahlbetonskelettbauweise. Individualverkehr. Die Fahrebene für den Geschäften auch noch weitere zentrale Die Fassade zeigt teils großflächige Kfz-Verkehr liegt unterhalb der Fuß- Einrichtungen.49 Verglasung, teils mehrschalige Wand- gängerebene und der Hochbauten. aufbauten. Hier werden während der Grundlage der Planung für das Olympischen Spiele alle Bewohner des Von der Fußgängerebene sind alle Kirchenzentrum ist es, dieses „ohne Olympischen Dorfes verpflegt. Gebäude und Läden gut zu erreichen. Im Aufdringlichkeit“ in die Wohnbebauung Die nacholympische Nutzung sieht eine Bereich des Zentrums gibt es ein zu integrieren.50 Aus dem Wettbewerb Verkleinerung der Fläche um rund ein Ordnungssystem, das sog. Sammel- geht der Entwurf der Architekten- Drittel vor. Das Gebäude wird weiterhin oder Verteilungsstraßen unterscheidet. gemeinschaft Bernhard Christ und Josef als Mensa der studentischen Bewohner Diese führen über große, breite Wege zu Karg hervor. genutzt.53 den Gebäuden an den Hauptarmen des Das ökumenische Kirchenzentrum Olympischen Dorfes. Über diese Wege befindet sich am nördlichen Ende des 3.2.4 gelangt der Besucher auch zu den Helene-Mayer-Rings. Es kann von der Außenanlagen Wegen der umliegenden Grünanlagen Fußgängerebene betreten werden. Hier Die Außenanlagen des Olympischen und in den Olympiapark. Die ein- bis befinden sich Andachtsräume für Dorfes werden von den Landschafts- vierstöckigen Flachbereichsbauten sind unterschiedliche Konfessionen architekten Wolfgang Miller und Hans über halböffentliche Wege angeschlos- (Katholisch „Frieden Christi“/ Evange- Luz geplant und von Peter Leitzmann sen. lisch „Evang.-luth. Olympiakirche“), und Karl Kagerer ausgeführt. Die enge Entlang der Fahrstraßen im Unterges- außerdem gibt es Räumlichkeiten, die Zusammenarbeit mit den Landschafts- choß bestehen öffentliche Parkmöglich- als Versammlungsraum für andere architekten ist seit Beginn der Arbeiten keiten. Die seitlich davon verlaufenden Konfessionen benutzt werden können. wichtig für das Gesamtkonzept auf dem Wege sind privat und führen zu Garagen Oberwiesenfeld. Deren Aufgabe ist die und vermieteten Stellflächen. Diese

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Integration von Frei- und Grünflächen in „grün“ zu gestalten, wie es ihnen 3.2.5 den Komplex der Hochbauten. beliebt. Dies ermöglicht eine natürliche, Künstlerische Gestaltung Bei der Bewertung der Grünräume wurde den Jahreszeiten folgende Gestaltung In den Verantwortungsbereich von großes Gewicht auf die Einordnung der der kahlen Betonbauten. Erwin Heinle fällt neben der Planung der Freiflächen, auf die Sichtbeziehung zur Hochbauten auch die künstlerische Landschaft und zu den Sportstätten Zwischen den Wohnarmen werden Gestaltung des Dorfes. Er ist wesentlich Brücken und Rampen eingeplant. Damit an der Ausschreibung mehrerer gelegt, weiterhin auf private Freiflächen sollen die verschiedenen Bereiche Wettbewerbe beteiligt. Dabei geht es wie Gärten und Garte verbunden werden. Außerdem bieten sie vor allem um die Gestaltung des Forums Loggien und Balkone, des weiteren dem Bewohner die Möglichkeit zwischen am Ende der Südrampe und um die auf die Benutzbarkeit der Grünräume, nhöfe, Terrassen, verschiedenen Erholungsbereichen zu Gestaltung des Platzes vor dem auf Verbindungen und Beziehungen wählen. Die Rasenflächen dürfen Geschäfts- bzw. Verwaltungshaus G4 zwischen54 Kinderspielplätzen [...] und betreten werden. am Helene-Mayer-Ring. Viele Künstler Wohnungen. unterschiedlicher Stilrichtungen werden Für die Gestaltung der Freiflächen Die Anforderungen der Gestaltung der eingeladen daran teilzunehmen57. unterscheiden Miller und Lutz drei Frei- und Grünflächen unterscheiden Ebenen: sich von denen im Olympiapark. Für die Gestaltung des Olympischen 1. Fußgängerplattformen der Während die Landschaftsgestaltung im Dorfes müssen die verschiedensten Wohnarme und im Zentrum Olympischen Dorf die Bereiche zwischen Komponenten mit einbezogen werden. 2. Wohnwege zwischen der niedrigen den Betonbauten auflockern soll und Gutachten von Soziologen erinnern Bebauung dem Bewohner schon vor seiner Haustür daran, dass es neben den technischen 3. Freiflächen zwischen den ein Gefühl von Naturnähe vermittelt, Aspekten auch die gesellschaftlich Wohnarmen dient der Park während der Spiele der relevanten Kriterien sind, die der Zerstreuung und der Verteilung der Mensch in seinem Umfeld braucht, um Die Fußgängerplattformen zeichnen sich Besuchermassen. sich wohl und sicher zu fühlen. Dies gilt aus durch „enge, geschlossene, reich besonders im Bereich des Wohn- gegliederte Räume“55. Besonderes Die Wege außerhalb des Dorfes am umfeldes. Da es sich dabei vielfach um Augenmerk der Gestaltung gilt dem westlichen Rand des Oberwiesenfeldes, sinnliche Wahrnehmung handelt, die Belag der Laufebene, der aus Platten- wie auch in Teilen des Olympiaparks, unbewusst ein Gefühl von Sicherheit und Pflasterbelägen in unterschiedlicher verlaufen auf aufgeschütteten oder Unsicherheit vermittelt, sei es Farbigkeit und Struktur besteht.56 Die Wallanlagen. Diese geschwungenen sinnvoll, diesen Zustand über das Begrünung in diesem Bereich erfolgt Wege, einer Idee von Behnisch und visuelle Empfinden zu fördern. Das mittels Pflanztrögen. Partner entstammend, erlauben dem Aufstellen von Kunst und Weiter sollen Spiel- und Verweilmöglich- Spaziergänger immer neue Blicke in die Informationssystemen solle dazu keiten die Fußgängerplattformen Natur, auf den Fernsehturm und die beitragen. beleben. Auch das für die Olympischen Dächer der Sportstätten. Spiele in München wichtige Element Wasser wird durch die zahlreichen Brunnenanlagen eingebracht. Dabei sind die Brunnen sowohl als künstlerisches Element, als auch als Spielmöglichkeit Abbildung 10: für Kinder zu verstehen. Acrylglasplastik von Ruth Kiener-Flamm

(Olympiafotograf Karsten de Riese) Die Gestaltung der „Wohnwege“ zwischen den niedrigeren Bauten erfolgt durch die Begrünung der Gärten, die zu den Wohneinheiten des Erdgeschosses gehören. Die verbleibende Freifläche wird mit Bäumen bepflanzt und bietet ebenfalls Platz für Kinderspielplätze und Ruheplätze. Neben der Bepflanzung der öffentlich zugänglichen Anlagen ist die Begrünung der großzügigen Pflanzkästen der Balkone der Häuser von großem Einfluss auf das Gesamtbild. Eine individuelle Gestaltung der privaten Gärten und Balkone ist von Anfang an Teil des Konzepts. Den Bewohnern wird es überlassen, ihren eigenen Bereich so

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Die Anforderungen an die Gestaltung Die drehbare Aluminiumplastik von über die Südrampe und weiter zum des Dorfes werden von HEINLE, WANDEL Roland Martin, ein Objekt, das die Forum vor den Gebäuden G1 und G2. und STRATMANN wie folgt beschrieben: Umgebung reflektiert und anders Aufgrund der Tatsache, dass sich die Gute Orientierbarkeit, Steigerung der widerspiegelt, befindet sich hingegen bei den anderen Wettbewerben für Attraktivität, Verbesserung des auch heute noch in der Nadistraße vor Kunstprojekte im Olympischen Dorf Erinnerungswertes, Verdichtung bis zum der Schule. eingereichten Entwürfe nicht urbanen Charakter mit vielfältigen durchsetzen können, soll die Idee Einen recht praktischen Nutzen bieten Holleins auf das gesamte Dorf mit dynamischen Räumen, die Möglichkeit für die Objekte von Karl-Heinz Hoffmann. Er seinen vier Straßenzügen ausgeweitet zahlreiche Aktivitäten bieten und [...] entwirft „Sitzgruben“ aus Plastik und werden. Verlockung zur Kommunikation bewirken,einige Wandteppiche, die einer besseren verstärkt durch die olympiabezogene Raumakustik dienen. Diese werden in Die Media-Linie, die als künstlerische Gestaltung des Zentrums mit adäquatendie Hochhausbauten am Helene-Mayer- Aktivierung der Fußgängerzone verstan- Bildwerken und anderen58 Ring intergriert. den wird, besteht aus Rohrleitungen, die Verwirklichtinformationsintensiven werden soll dieser Medien.Ansatz von verschiedenen Fußpunkten durch den Einsatz und die Umsetzung Von CLIVIO, MÜLLER und RAFFLER59 ausgehend, sich in einer Höhe von ca. von „typischen Merkzeichen“ und stammt das ökologische 3,5 m entlang der Fußgängerebene künstlerischen Arbeiten. Informationssystem öki, welches im erstrecken. Die Idee Holleins ist die einer Zentrum des Olympischen Dorfes steht. „Umweltkonditionierung“65, bei der über Der enge Kostenrahmen führt dazu, Gemeint sind Informationen, die das Luftdüsen in der Konstruktion der dass auch im Olympischen Dorf nicht Verhältnis des Menschen zu seiner Röhren warme oder kalte Luft alle Entwürfe umgesetzt werden. Umwelt bestimmen: Die Temperatur. Die ausgestoßen werden kann. Außerdem Hingegen kommen andere Kunstwerke Windrichtung. Die Windstärke. Die ist die Möglichkeit zur Beschallung zur Ausführung, die zum Teil noch heute gegeben. Die Beleuchtung der Wege Luftfeuchtigkeit. Der Luftdruck. Der Föhn. das Bild des Zentrums prägen, aber erfolgt mit schmalen Leuchtstoffröhren. Die Uhrzeit. Der Wochentag. Der Monat. teilweise nicht mehr vorhanden sind. Im Zentrum des Olympischen Dorfes Zu den Kunstwerken, die heute nicht Die Weltzeit. Der geodätische Punkt. Seinstehen die Media-Linien dichter, um mehr existieren, zählen z.B. die Gegenpunkt auf der Erdkugel.60 Die dieses zu betonen. Insgesamt sind im organischen Formen aus buntem Dieses EntfernungSystem soll wichtiger den Bewohnern Städte. und Olympischen Dorf etwa 5 km Rohre Plexiglas von Josef Gollwitzer. Diese Besuchern gleichermaßen Gesprächs- verbaut. befanden sich ehemals im Hof des stoff liefern und sie zur Kommunikation Verpflegungszentrums des Olympischen miteinander anregen. Dorfes. Heute erinnern nur noch Ausgeführt ist dieses Informations- Fehlstellen im Bodenbelag an ihre system mittels runder oder halbrunder Aufstellung. Säulen, an denen der Betrachter die dargestellten Informationen einfach und schnell ablesen kann. Um die Abbildung 11: Informationen auch in der Nacht Plexiglasplastik von Josef Gollwitzer abzulesen, sind am Fuß jeder Säule (Olympiafotograf Karsten de Riese) Lampen integriert.61

Medialine Hans Hollein schuf hier lange vor dem Münchner Großflughafen eines der ersten Abbildung 12: Beispiele für Systemdesign und die Media-Line im Zentrum vor der Mensa Durchdringung von Architektur und (Olympiafotograf Karsten de Riese) 62 Design [...].

Das wohl bekannteste Element der künstlerischen Gestaltung des Die Media-Line ist nicht nur Kunstobjekt, Olympischen Dorfes dürfte die „Media- sondern dient gleichzeitig als Linie“ von Hans Hollein sein. Orientierungshilfe. Erreicht wird dies insbesondere durch die unterschiedliche Hans Hollein geht aus dem Farbgebung der Rohre (s. Kapitel 3.3), internationalen Wettbewerb zur aber auch durch Schienen, in die Gestaltung des Forums als Sieger weitere „Informationsträger“ eingestellt hervor63. Sein Entwurf wird hoch gelobt und beliebig verschoben werden von der beurteilenden Jury64. Sein können. Konzept der „Media-Linie“ erstreckt sich zunächst nur vom Eingang zum Dorf

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Eine umfassende Beschreibung der Media-Line findet sich im Erläuterungs- bericht von HANS HOLLEIN zu seinem Wettbewerbsbeitrag für die Gestaltung des Forums des Olympischen Dorfes:66 Kunstwerk wurde hier nicht als singuläresstrahler. Von zentralen Klimaaggregaten Objekt verstanden, sondern als in die her werden die Endpunkte der Media- Gesamtsituation integriertes System. Linien im Forumsbereich durch unter- Trotzdem hat dieses System eine irdische Luftkanäle gespeist, wobei bestimmte individuelle unverwechselbare, (eventuelle Umstellung der Düsen im Funktion des Forums als Schwerpunkt- ‚merkbare’ Struktur, Form und Identität. Sommer bzw. im Winter) entweder mit Wie bereitsbereich beschrieben, im Kommunikationsraum ist sowohl klar […] Kaltluft oder mit Warmluft im gleichen innerhalbverdeutlicht. der Medien Licht, Ton, Wärme, Es wird ein System von sogenannten Rohrsystem gefahren wird. Kälte, etc. eine vielschichtige überlagerte ‚Media-Linien’ vorgeschlagen, welche die […] NutzungDie möglich. Richtungsänderung Die Überlagerung der im geht verschiedensten Bereiche des Parallel zu den Rohrleitungen entlang den aber insofernForumsbereich über rein parallel funktionelle laufenden Media- Olympischen Dorfes bzw. seine Arme Media-Linien angeordnet sind lineare AspekteLinien hinaus, geschieht da dieses nicht integrierte nur Horizontal, den durchziehen und sich im Leuchtelemente (Leuchstoffröhren oder SystemGrundrißbedingungen gleichzeitig als das ‚Kunstobjekt’nach, sondern auch Kommunikationsbereich Forum Hochspannungsröhren), welche zugleich an sichhöhenmäßig. dient. So ist etwa im Ladenbereich konzentrieren. Somit ist Sichtbezug (und als optische Leitlinie, als auch – beson- die Media-Linie abgesenkt oder sie folgt Orientierbarkeit) als ein psychischer ders in der Konzentration im Forums- Durchschräg die besondere entlang denStruktur Rampen ist die in den Bezug bereits sowohl von den bereich – als Allgemeinbeleuchtung Gartenbereich oder zum (bzw. vom) Hauptzugängen, als auch von den dienen. Im Bereich der ‚Wasserstrecke’ Hauptzugang. Wohnarmen gegeben. Im Forumsbereich ist das Klimarohr auch wasserführend und entsteht ein natürlicher Schwerpunkt schafft einen, einem Kettenvorhang durch Agglomeration, der sich trotzdem ähnlichen, Wasservorhang. Ebenfalls

eine gewisse Neutralität und Offenheit vorgesehen ist eine entlang der Media-

bewahrt und nicht als singulärer Linie führende Laufschiene, welche als

‚Höhepunkt’ wirkt, sondern vor allem eine Art Kranbahn verschiedene Objekte durch Überlagerung verschiedener oder großformatige Tafeln führen kann. medialer Möglichkeiten. Durch gewisse Diese Tafeln dienen zu flexibler Neutralität des Systems ist zwar im Raumgliederung im Forumsbereich, zur Nahbereich eine intensive Wirkung auf Information, als Wände für Bildwerfer, als den Benützer gegeben, während im in die Wohnarme hineinfahrendeAbbildung 13: Fernbereich (aus der Sichtebene Forum) Botschaft vom Zentrum, Media-Line,etc. Es könnte Südrampe im Bereich des diese mit anderen optischen Blickpunktenauch ein gesteuertes ProgrammBusbahnhofs (Die Spiele, Bd. 2) (z.B. Olympiaturm, Zelt, Wohnblöcke, etc.)vorgestellt werden, welches von einer nicht formal in Konkurrenz tritt. Remise als Depot beliefert wird. Da für die Bewohner des Olympischen Zwischen den Media-Linien können Dorfes wegen der hohen Bebauung vor entweder Sonnensegel gespannt werden allem auch die Draufsicht wesentlich ist, oder Regenschutzabdeckungen. wurde auf diesen Aspekt besonderes […] Gewicht gelegt, und es erschient die Struktur mit starker formaler und räumlicher Identität.

Das System der Media-Linien besteht aus linearen Strukturen, welche die verschiedensten Medien beinhalten. Als besonders optisch am stärksten in Erscheinung tretend geschieht dies durch ca. 3,20 m hoch liegende Rohre, welche der Freiluftklimatisierung dienen. Da besonders im Winter im Bereich München eine Temperierung des Forumsbereiches wesentliche Kommunikationsfördernde Vorteile hat, wurde diesem Aspekt besondere Wichtigkeit zugemessen. Als zusätzliches 16 Heizelement verlaufen - den Rohren parallel zugeordnet - stabförmige Infrarot- 3 Das Olympische Dorf

3.3 der Frauen widmet sich Kapitel 4 dieser Farbkonzeption und Wegeleitsystem Arbeit. Dort erfolgt auch eine Im Olympischen Dorf sind 1972 Sportler ausführliche Beschreibung des unterschiedlichster Nationen Orientierungssystems. untergebracht. Um ihnen zu erleichtern, sich auch ohne Kenntnis lateinischer Im Olympischen Dorf der Männer Schriftzeichen zurechtzufinden, muss werden den verschiedenen ein Orientierungssystem geschaffen Straßenzügen neben unterschiedlichen werden, das eindeutig und schnell Farben auch unterschiedliche Symbole erlernbar ist. MÜLLER beschreibt die zugeordnet. Anforderungen an das Orientierungs- system: Mit diesen Farben und Symbolen Die Notwendigkeit eines werden die Sportler in die einzelnen Informationssystems für das Olympische Straßen geleitet. Dort befinden sich Dorf München ist aus folgenden Gründen dann an den Stellen, an denen die ersichtlich: Nebenwege von den Hauptstraßen- armen abzweigen, Informationstafeln, Der zeitbegrenzte Aufenthalt der Sportler die auf die einzelnen Hausnummern im Olympischen Dorf bedingt eindeutige hinweisen. Auf den Fassaden der Flach- und schnell erlernbare Orientierungs- bereichsbauten werden die Farben der hilfen. jeweiligen Straßenarme in abgetönter In Anbetracht der Sprachunterschiede undForm wieder aufgenommen. Die damit verbundener Verständigungs- Beschreibung und Untersuchung dieser schwierigkeiten soll die ZeichengebungFarbgestaltung erfolgt in Kapitel 5. Abbildung 14: allgemein verständlich sein Orientierungssystem in der Nadistraße, (Signalanwendung). Wegweiser und Media-Line (zur Verfügung gestellte Aufnahme, Das Informationssystem soll Ursula Mandel) imagebildend sein und Erinnerungswerte

an die Olympiade einschließen. Tabelle 1:

Um ein ausgeprägtes BewusstseinFarben von und Symbole im Dorf der Männer

‚gefühlsmäßiger Sicherheit’ sowie ‚Vertrautheit’ für den Bewohner zu 67 Straße Farbe Symbol schaffen, ist das Moment der Orientierung wichtigster Bestandteil, Conollystraße der Blau Eine auf der Spitze stehende Das Grundprinzip der Orientierungshilfe keinesfalls vernachlässigt werden darf. Raute ‹ im Olympischen Dorf besteht weniger in der Namensgebung der Straßenzüge, Nadistraße Grün Ein mit der Spitze nach oben „Anbringung bestimmter sondern in der gerichtetes Dreieck S Farben, die in Verbindung mit Buchstaben, Zahlen und Symbolen so Straßbergerstraße Orange-Braun Ein Kreis funktionieren wie Straßenschilder und z Hausnummern“68.

Aufbauend auf diesem Prinzip werden für das Dorf der Frauen und für das Dorf der Männer mit den zentralen Einrichtungen jeweils eigenständige Orientierungssysteme entwickelt.

Im Olympischen Dorf der Frauen beruht das Orientierungssystem im Wesentlichen auf unterschiedlichen Farben für die fünf Bereiche, für die verschiedenen Gassen innerhalb dieser Bereiche und für die einzelnen Bungalows. Anhand der Kombination von Bereichsfarbe, Gassenfarbe und Bungalowfarbe ist eine eindeutige Orientierung möglich. Der Untersuchung des Farbkonzepts im Olympischen Dorf

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Die Media-Line von Hans Hollein dient „neben einer geplanten Autobahn besser Bestrebungen seitens der durch ihre Farbgebung als weitere wohnen als im Olympischen Dorf“73. Wohnungseigentümer und deren Orientierungshilfe im Olympischen Dorf Interessensgemeinschaften haben der Männer. Die Farben der einzelnen Dennoch zieht es besonders viele bereits eine Sensibilisierung der Straßen werden übernommen und durch Architekten und Ingenieure in das Bewohner für den Umgang mit ihren die Farben Weiß, Gelb und Rot ergänzt. ehemalige Dorf der Sportler, weil sie Fassaden mit sich gebracht. Besonders Die gelbe Linie führt ins Frauendorf / von der Lebensqualität in diesem das Vorantreiben von denkmal- Studentendorf und ins Ladenzentrum, minutiös durchgeplanten Viertel pflegerischen Maßnahmen und die die weiße Linie belebt das Forum und überzeugt sind. Auch die Studenten in Unterschutzstellung des gesamten die umstrittene rote Linie69 führt den den Bungalows fühlen sich wohl, was Dorfes ist diesen Initiativen zu Besucher von der U-Bahn ins Dorf bzw. eine Studie von 1982 beweist.74 Einzig verdanken. Zentrum. Die Farbgebung steht bereits der Kontakt zwischen den Bewohnern zu Beginn der Planung fest70. beider Bereiche wird bemängelt. In den nunmehr 35 Jahren seit der Die Rohre [der Media-Linie] bestehen aus Erbauung des Olympiageländes hat sich Metall oder Kunststoff und sind Mit der Zeit füllt sich das Olympische einiges verändert. entsprechend ihrer Verzweigung in den Dorf zusehends mit Bewohnern, es Farben der zugehörigen Wohnarme gründen sich die ersten Neben dem Bau der „BMW-World“ auf 71 Wohnungseigentümerinteressen- dem ehemaligen BMW-Parkplatz an der gestrichen gemeinschaften, allen voran die EIG, die Lerchenauer Straße Ecke Mittlerer Ring Auch heute noch zeigen sich diese bereits 1974 ins Leben gerufen wird. wurde der Parkplatz vor dem überdimensionalen Wegweiser Sie wird zum Organ der Einwohner- Studentenhochhaus im Osten des weitgehend in den gewählten interessen gegenüber den Verwaltungen Dorfgeländes um eine weitere Etage Farbtönen72. Der Besucher, der von der und der Olympia-Dorf- aufgestockt. Dieses Parkhaus wird U-Bahn ins Olympische Dorf möchte, Betriebsgesellschaft (ODBG), sowie den außerdem als Park & Ride-Möglichkeit erreicht entlang der roten Linie das Bewohnern der Studentenunterkünfte. genutzt. Zentrum mit seinen Läden, Büros und Insgesamt gibt es 16 Wohnungs- der Gastronomie. Hier schließen die eigentümergemeinschaften und acht Weitere Umbauten finden sich im Linien in den weiteren Farben an. Verwaltungen mit unterschiedlich Neubau des Kindergartens im Dorf der großen Verwaltungseinheiten. Männer und in den zahlreichen 3.4 Erneuerungen von Fassadenanstrichen Entwicklung seit 1972 und heutige Das Wohnen in Olympischen Dorf und Wegweisern. Weiter fällt auf, dass Situation nimmt immer individuellere Formen an. hier aufgrund des Erneuerungsdrucks Am Erscheinungsbild des Olympischen Die Begrünung von Balkonen und Gärten und der unterschiedlichen Verwaltungen Dorfes mit dem Zentrum und den drei entwickelt sich und verändert so ganz oft mehrere Farbtöne eines Straßenarms Wohnarmen haben sich seit 1972 vor natürlich das Aussehen des in unmittelbarer Nähe nebeneinander allem die Fassadenansichten verändert. Olympischen Dorfes je nach Jahreszeit. bestehen. Hinzu kommen individuell Dies leigt vor allem daran, dass die Auch die Fassaden der Flachbereichs- gestrichene Fassaden, die sich ganz aus Wohnungen jetzt Eigentumswohnungen häuser und der Einzelparzellierten dem ursprünglichen Farbkanon lösen. sind oder vermietete Objekte. werden neu gestaltet. Die Bewohner streichen ihre Eingangsbereiche wie es Die Schnelligkeit, mit der zwischen Bereits kurz nach Ende der Olympischen ihnen gefällt. Dieser Vorgang scheint 1969 und 1972 gebaut wurde, bedingt Spiele im September 1972 beginnen die von den Planern des Dorfes durchaus leider einige Bauschäden, die heute sehr Um- und Rückbauarbeiten in den gewollt gewesen zu sein, war doch kostenintensiv beseitigt werden müssen. Wohnbereichen. Die Möblierung der neben der Kommunikation die Besonders die unterschiedliche Qualität Sportlerunterkünfte geht an die Individualisierung einer der Grundsätze des Betons und die Tatsache, dass auch Bundeswehr, das Sendezentrum in der für die planenden Architektenteams. Die bei Frost betoniert werden musste, sind Anlage des Zentralen Hochschulsports Bewohner wollten nicht mehr auf graue heute deutlich zu erkennen. wird für die sportliche Nutzung umge- Betonoberflächen blicken, sie wollten es Die Veränderungen an den Gebäuden baut und erste Interessenten für die bunt und fröhlich haben, um sich wohl fallen insbesondere an den Stellen auf, Wohnungen, Reihen- und Atriumhäuser zu fühlen75 – ganz im Sinne der an denen die Substanz der Gebäude werden gesucht. Bald ziehen die ersten vergangenen Spiele. bereits so schlecht war, dass die Bewohner in „ihr Dorf“ ein. Der Verkauf Versucht man den letzen Gedanken aus Betreiber gezwungen waren die der Wohnungen und Häuser verläuft dem Blickwinkel der Denkmalpflege zu Bausubstanz komplett auszutauschen. schleppend. Das Olympische Dorf wird betrachten, so finden sich sicher schnell Auf die Problematik der Sanierung von immer wieder durch schlechte Presse in Argumente diesen Entwicklungen Betonbauteilen soll hier nicht weiter den Mittelpunkt von Diskussionen entgegen zu wirken. Aber wie soll mit eingegangen werden. gestellt. Mal wird es als „Betonwüste“, einem solch komplexen Gegenstand, mal als „Geisterstadt“ oder „Ghetto“ wie den Olympischen Dorf, im Rahmen Besonders gravierend sind die bezeichnet. Makler warnen regelrecht eines Denkmalschutzkonzeptes Baumängel an den Trinkwasser- und davor, dort einzuziehen, es würde sich umgegangen werden? Abwasserleitungen im Bereich der

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Bungalowsiedlung im Studentendorf. Für die Bewohner des Olympischen Die ursprüngliche Farbigkeit ist daher Hier ist der Abriss der Häuser, bis auf Dorfes bedeutet dies, dass für jede nur in veränderter Form vorhanden oder einen kleinen Bestand, der als Primär- Veränderung der äußeren Hülle, auch gar nicht nachvollziehbar. Obwohl sich dokument erhalten werden soll, geplant. bei Neuanstrichen, die Erlaubnis im Archiv der ODBG ein Ordner Die Arbeiten sollen 2007 beginnen. Die eingeholt werden muss. befindet, in dem es Farbmuster zur Planung der neuen Anlage, die im Farbigkeit der Flachbereichsbauten gibt, Aussehen nicht wesentlich verändert Die Möglichkeit das ehemalige wird die Möglichkeit diese Muster als werden darf, wird vom Architekten Erscheinungsbild des Olympischen Vorlage zum Nachmischen von Farben Werner Wirsing begleitet. Dorfes in Richtung der Originalfarbigkeit zu benutzen, lange Zeit nicht in zu beeinflussen liegt also bei der Erwägung gezogen. 3.4.1 Unteren Denkmalschutzbehörde. Die Erst mit der Unterschutzstellung des Aufnahme in die Denkmalliste Problematik dabei ist die Unkenntnis Dorfes und den damit verbundenen Das Olympische Dorf als denkmalge- über den originalen Zustand und ein Auflagen wird begonnen, sich mit der schütztes Ensemble ist mit 300 ha wohl fehlendes Konservierungskonzept. Es ist Farbigkeit des Dorfes und der das größte zusammenhängende vielfach schwierig, die Bewohner von Olympischen Spiele von 1972 Denkmal in Bayern. Die Aufnahme als der Notwendigkeit der Wiederherstellung auseinanderzusetzen. Ensemble in die Denkmalliste der und der damit verbundenen Erhaltung Dabei sind die Bemühungen hinsichtlich Landehauptstadt München erfolgte auf der ursprünglichen Farbigkeit zu der Rekonstruktion der Originalfarbigkeit Bestreben sowohl von engagierten überzeugen. sehr engagiert vorangetrieben worden. Bürgern außerhalb des Olympischen Die ODBG unterstützt diese Dorfes, als auch von den Bewohnern 3.4.2 Bestrebungen und auch die ODVG selbst. Problematik der Originalfarbigkeit engagiert sich für die Ermittlung der Mit der Unterschutzstellung der Die Unterschutzstellung erfolgte mit Originalfarbigkeit. Hauptsportstätten als Einzeldenkmäler allen bis dahin vorgenommenen folgte die Unterschutzstellung des Veränderungen an der Bausubstanz und Monika Mühlenbeck-Krausen, eine im Olympischen Dorfes am 19. März 1998, an der Originalfarbigkeit. Es ist fraglich, Olympischen Dorf wohnende schon 26 Jahre nach seiner wie in Zukunft mit der Bausubstanz und Architektin, hat sich in den vergangenen Fertigstellung. Die Bewohner bemühten mit der Originalfarbigkeit umgegangen Jahren sehr intensiv mit der Farbigkeit sich seit dem Vorjahr um ein werden soll. des Olympischen Dorfes und der „Baudenkmal Olympiadorf“, vor allem Soll der ursprüngliche Zustand auf jeden Olympiade auseinander gesetzt. Sie hat unter dem Gesichtspunkt der Zuschuss- Fall zurückgeführt werden? anhand der im Archiv der ODBG und Abschreibungsmöglichkeiten für Sollen erneuerte Eingangstüren und befindlichen Unterlagen die Farbtöne notwendige Sanierungen.76 veränderte Eingangsbereiche rückgebaut mittels der NCS-Farbfächer bestimmt. werden, um ein einheitlicheres Bild zu Die Ergebnisse dieser Untersuchung In Artikel 1, Absatz 3, Bayerischen erreichen? befinden sich im Anhang 6.4. Denkmalschutzgesetzes (BaySchG) wird Im Sommer 2006 wurde eine von der die Bedingung für den Ensembleschutz Die Einsicht der Bewohner sich in der ODVG beauftragte Untersuchung der geregelt: Farbauswahl an die vorgegebenen NCS- Farben der Nadistraße an Einbauten der Zu den Baudenkmälern kann auch eine Farben zu halten, welche zwischen dem Hochhäuser durchgeführt77. Mehrheit von baulichen Anlagen Bayerischen Landesamt für Denkmal- (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, pflege (BLfD) und der Unteren Denkmal- wenn nicht jede einzelne dazugehörige schutzbehörde abgestimmt wurden, zeigt mitunter deutliche Grenzen. bauliche Anlage die Voraussetzungen des Bisweilen wird vergessen, dass die Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz- oder Unterschutzstellung nicht nur etwas mit Straßenbild aber insgesamt erhaltens- Rechten und Steuerersparnis zu tun hat, würdig ist. sondern dass es auch Pflichten und In Artikel 6 definiert welche Richtlinien gibt, an die sich der Einzelne Maßnahmen einer Erlaubnis von Seiten halten muss. der Unteren Denkmalschutzbehörde bedürfen: Durch die ständige Veränderung der (1) Wer Fassadengestaltung und die Über- 1. Baudenkmäler beseitigen, verändern arbeitung der Hochhauseingänge und oder an einen anderen Ort verbringen […] der Media-Linie kommen immer mehr will, bedarf der Erlaubnis. Der Erlaubnis Farbvarianten zur Anwendung. Auch wenn in der Regel versucht wird, sich bedarf auch, wer in der Nähe von an den bestehenden Farbkanon zu Baudenkmälern Anlagen errichten, halten, kommen kleine Abweichungen verändern oder beseitigen will, wenn sichim Farbton vor. dies aus Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.

19 3 Das Olympische Dorf

38 LÖWENHAUSER, III/6. 57 Im Archiv der ODBG befinden sich 72 Die seit den Olympischen Spielen an 39 Erwin Heinle war in den Jahren Unterlagen mit Schriftwechseln von der Media-Line durchgeführten 1965-1981 ordentlicher Professor Beuys, Ücker und verschiedenen Instandsetzungsmaßnahmen sollten an der Akademie der bildenden Kunstakademien (München, in erster Linie die Durchrostung der Künste in Stuttgart, Lehrstuhl für Stuttgart, Essen). Außerdem wurde in den Boden eingelassen Rohrbasen Architektur. [Erwin Heinle zum 70. Warhol aufgefordert ein Angebot für verhindern. Dabei wurden die Geburtstag 1987] die Ausmalung der Olympia- Neuanstriche in der ursprünglichen 40 LÖWENHAUSER, III/7. Wirsing und Schwimmhalle abzugeben. Farbe ausgeführt oder zumindest Eckert waren schon vor den 58 HEINLE / WANDEL / STRATMANN in: weitgehend an den Farbton Baumaßnahmen für die Olympiade md 6/1971, S. 58. angelehnt. mit der Planung der Studenten- 59 Franco Clivio, Rolf Müller und 73 Eine Stadt zum Leben; S. 49. wohnanlage auf dem Oberwiesen- Dieter Raffler sind Mitarbeiter von 74 DORENBERG, BARBARA: Oly `82 Leben feld betraut. Werner Wirsing wird Otl Aicher, Ulm. im Sudentenviertel Oberwiesenfeld, auch aufgrund seiner Erfahrungen in 60 CLIVIO/ RAFFLER in Bauen+Wohnen, München 1983. der Planung von Studentenwohn- S. 304. 75 Interview am 17.11.2006 mit der heimen von HWP in das Projekt 61 Faltplan im Archiv der ODBG Bewohnerin ANNELORE VOLTZ, einbezogen. (Helene-Mayer-Ring 31, München), Straßbergerstraße 81. 41 München und seine Bauten, S. 347. Ordner 8.7.011. 76 Himen, Walter, S. 57. 42 Diese Nasszellen werden speziell für 62 RÖMISCH, S. 9. 77 Die Untersuchung wurde von die studentischen Bauten 63 Die Ausschreibungstexte für die Dipl. Rest. (FH) Susanne Schubert, entwickelt. jeweiligen Wettbewerbe (Forum und München, durchgeführt. Die 43 LÖWENHAUSER, III/7. Platz vor G4) befinden sich im Ergebnisse der Untersuchung stellte 44 LÖWENHAUSER, III/7. Archiv der ODBG (Helene-Mayer- der Geschäftsführer der ODVG zur 45 AICHER, Otl Aicher Archiv, Ring 31, München) in den Ordnern Verfügung. Inv. Nr.:Ai. AZ. 1229. 8.6.016 (Platz vor G4) und 8.6.015 46 Architekturwettbewerbe, (Forum). 3. Sonderausgabe, 1972 , S. 22. Neben den Media-Linien geht die 47 Broschüre der Fa. Eternit, Gestaltung des Forumsplatzes Berlin 1972. (Bezüglich der Angabe ebenfalls auf einen Entwurf von der Geschosse widersprechen sich Hollein zurück. Es handelt sich die Quellen.) dabei um einen Brunnen aus 48 München und seine Bauten, S. 297. weißem Carraramarmor, in den die 49 Die Spiele Bd. 2, S. 195 – 196: Media-Linie eingebunden ist. G1: Verwaltungshochhaus am 64 In der Jury befinden sich u.a. Helene-Mayer-Ring 4; Franco Clivio und Dieter Raffler. G2: Hochhaus für Kurzzeitpersonal 65 HOLLEIN in Bauen+Wohnen am Helene-Mayer-Ring 10; 7, 1972, S. 302. G3: Hotelhochhaus am Helene- 66 Archiv der ODBG (Helene-Mayer- Mayer-Ring 12; G4: Ärztezentrum Ring 31, München), Ordner am Helene-Mayer-Ring 14. 8.7.011. 50 RÖMISCH, S. 3. 67 Zeitschrift md 6/1971, S. 59 – 63. 51 Die Spiele Bd. 2, S. 196. 68 Die Spiele Bd. 1, S. 272. 52 Die Spiele Bd. 2, S. 196. 69 Bezüglich der roten Farbigkeit der 53 Die Spiele Bd. 2, S. 196. Linie an der Südrampe bestand im 54 Miller Luz, S. 66. Planungsprozess Uneinigkeit, sollten 55 Miller Luz, S. 66. doch alle Erinnerungen an die Spiele 56 Im Archiv der ODBG befinden sich 1936 in Berlin vermieden werden. Pläne mit der genauen Pflasterung 70 Aus dem Archiv der ODBG und dem der Anlage. Diese Pläne sind jedoch Gespräch mit Rolf Müller vom nicht ausgeführt worden. Bei der 26.01.2007 geht hervor, dass die Sanierung der Fußgängerebene in Farbgebung der Media-Linie von den letzen Jahren wurde die Anfang an vorgegeben war. ausgeführte Pflasterung durch neue 71 Erläuterungsbericht zu den Klinker ersetzt. Wettbewerbseingaben von Hans Hollein, Wien, Dezember 1971. im Archiv der ODBG (Helene-Mayer- Ring 31, München), Ordner 8.7.011.

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Orientierungs- und Farb- konzept im Olympischen Dorf der Frauen

4.1 Um sich in den uniformen Reihen der Abbildung 16: Elemente des Orientierungskonzepts Bungalows nicht zu verlaufen, gibt es Orientierungsbeispiel mit Bereichsfarbe im Dorf der Frauen ein Orientierungssystem in Form von (Blau), Gassenfarbe (Blauviolett und Die Orientierung im Dorf der Frauen Tafeln an den Stirnseiten der Bungalow- Bungalowfarbe (Beige) während der Wettkämpfe wird im reihen und farbigen Flächen auf den (Offizieller Führer „Olympisches Dorf“) offiziellen Führer der XX. Olympischen Eingangstüren. Spiele 1972 wie folgt beschrieben: Die ursprünglichen Hinweistafeln sind Im Bungalowtrakt des Frauendorfes heute nicht mehr vorhanden, sondern wurde ebenfalls mit Farbkombinationen wurden zwischenzeitlich ersetzt. gespielt, die abgesehen von ihrer Bei den Bungalows lässt die Grundfarbe auflockernden Wirkung vornehmlich der jeder Tür den Bereich erkennen. Die Farbe des großen Quadrates (Gassen- besseren Orientierung in diesem Teil des quadrat) deutet auf die Gasse hin und Olympischen Dorfes dienen sollen. Die das kleine Quadrat (Bungalowquadrat) Bungalows sind in fünf Blöcke – C, D, E, ist kennzeichnend für das Appartement. F, G – aufgeteilt, von denen jeder eine Die Platzierung des Bungalowquadrates eigene Farbe hat. Während hellblau denzeigt sich an wechselnden Positionen Block C, grünbraun den Block D und (oben links, oben rechts, unten rechts gelborange den Block E ausweist, und unten links) wohingegen das kennzeichnet grün den Block F und Gassenquadrat fix positioniert ist. blaulila den Block G. Zusätzlich weisen Ziffern und Zahlen auf das gesuchte Appartement hin Aus den an den Blöcken angebrachten (z.B. C 03 20). Schildern kann man nicht nur den jeweiligen Block, sondern mit HilfeDie einer Bungalows sind in Richtung Süden weiteren Farbe auch die Straße,aufsteigend bzw. nummeriert79. Dabei Gasse erkennen. befinden sich die Eingänge mit den Darüber hinaus erhielten die Haustürengeraden Hausnummern mit wenigen eine dritte, sie charakterisierendeAusnahmen Farbe. auf der westlichen Gassen- Das sieht im einzelnen so aus:seite. Die Diese Kombination von verschie- denen Farben auf der Türoberfläche Grundfarbe bestimmt den Block, das 78 lockert die grauen, materialsichtigen eingefärbte Quadrat die Gasse, in dem ein Fassaden der Häuser auf. kleineres Quadrat wiederum die Wohnung Abbildung 15: kennzeichnet. Zum Orientierungssystem im Die Farbauswahl für diesen Bereich, in Übersicht der Bereiche des Dorfs der Olympischen Dorf der Frauen ist zu dem die weiblichen Teilnehmer der Frauen und der zugehörigen Bereichs- bemerken, dass es sich dabei um die Olympischen Spiele untergebracht sind, farben Kombination verschiedener Systeme geht nach Aussage von WIRSING81 und (Offizieller Führer „Olympisches Dorf“) handelt. MÜLLER82 auf eine Idee von Aicher Zum einen gibt es ein Farbsystem, bei zurück. dem immer drei Farben einen Bungalow charakterisieren, dann ein System aus Buchstaben und Ziffern, die in Kombination ebenfalls einen Bungalow beschreiben80. Als ein weites, eher grafisches System kann die unterschiedliche Positionierung des kleinen Quadrates angesehen werden. Dieses System ergänzt das Farbsystem und soll vermutlich spielerischer wirken. Eine einzige Position des Bungalow- quadrates an der Tür hätte als Wieder- erkennungswert ausgereicht. Die Anzahl der unterschiedlichen Farben und die Möglichkeit ihrer Kombination auf einer Tür, lässt die Variationsvielfalt für die Planer ins beinahe Unendliche steigen.

21 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen

Untersuchungsgegenstand den, haben zu deren nächsten Rändern Auf den zeitgenössischen Abbildungen Gegenstand der engeren Untersuchung jeweils 6-7 cm Abstand. sind die bunten Türen, die Gestaltung sind die heutigen Gassentafeln und die Jeweils in Verlängerung der Grundlinie der Gassen und das Leben der Eingangstüren der Bungalows, da hier der Bungalowquadrate befindet sich die Studenten zu sehen. Auf späteren Aussagen ursprünglichen Farbgebung Typisierung mit Bereichsbuchstaben, Bildern werden erste Veränderungen der und deren Veränderung gewonnen Gassenzahl und Bungalownummer. Bungalows sichtbar. Die Studenten werden können. gestalten ihre Häuser nach eigenen 4.2 Vorstellungen, die Türen werden dabei Die aktuellen Gassentafeln aus Metall Fragestellung und Vorgehensweise teilweise mit ihrem Orientierungssystem sind 78 cm hoch und 72 cm breit. Am Der Schwerpunkt der Untersuchung im in das Konzept miteinbezogen, teilweise oberen Rand der Tafel befindet sich ein Olympischen Dorf liegt in der Ermittlung überstrichen. 26 cm breiter farbiger Streifen, der die der ursprünglichen Gassenfarbigkeit und Bereichsfarbe repräsentiert. Linksbündig der Erklärung des Orientierungssystems Mit den Ergebnissen der Quellen- in diesem Farbfeld befindet sich ein im Dorf der Frauen. recherche erfolgt der Vergleich mit dem 20 x 20 cm großes Quadrat, dessen Die Gründe für diese Schwerpunkt- heutigen Bestand vor Ort. Bei der auf- Ecken gerundet sind. setzung sind die fortwährende merksamen Betrachtung des Studenten- Rechtbündig befinden sich jeweils der Veränderung der Bungalows (wie die dorfes und Vergleichen von zeitgenössi- Bereichsbuchstabe (C-G) und die Neugestaltung der Fassaden und der schen Fotos mit der heutigen Situation Nummer der Gasse (01-11). Austausch von Eingangstüren) und der werden Unterschiede zwischen der In der Zeile darunter mit etwas kleineren bevorstehende Abriss eines Großteils Farbigkeit der heutigen Gassentafeln Ziffern ist die Anzahl der Bungalows der Anlage, der im Zuge der geplanten und den Farbflächen auf den noch (01-26) der entsprechenden Reihe Sanierung stattfinden wird. originalsichtigen Türen deutlich. vermerkt. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die Außerdem fallen die optischen Die Tafel ist in einer Höhe von 2 m Untersuchung der zwölf im Bestand Veränderungen der Anlage durch die angebracht, gemessen von der erhalten bleibenden Originalbunga- Instandsetzungsmaßnahmen ins Auge. Oberkante zum Bodenniveau. lows84, sofern sie eine originale Eingangstür besitzen. Sie sollen laut des Fragestellung Bei den Eingangstüren handelt es sich Bayerischen Landesamtes für Denkmal- Während der ersten Recherchen und der um etwa 4 cm starke Metalltüren, die pflege (BLfD) bestmöglich restauriert Begutachtung der Anlage ergeben sich mit einer Metallzarge in die Türöffnung werden. viele Fragen zu unterschiedlichen eingelassen sind. Die Türen sind 200 cm Problemen. Die Fragen, die es im hoch und 89,5 cm breit. Am unteren Vorgehensweise Rahmen der weiteren Untersuchung u.a. Ende der Tür befindet sich eine Wasser- Um die nachfolgenden Untersuchungs- zu beantworten gilt, sind im Folgenden nase. Mittig im Türblatt, in etwa 80 cm schritte vorzubereiten, steht zunächst aufgelistet: Höhe befindet sich der 25 cm breite die Begehung der Anlage vor Ort an. • Wie viele originale Bungalowtüren Briefkastenschlitz. In der oberen Hälfte Parallel dazu wird mit der gibt es noch im Bestand? der Tür gibt es einen Spion. Die Tür- Quellenrecherche begonnen. • Wie waren sie 1972 gestaltet? blätter sind entweder links oder rechts Dazu zählen neben den Literaturquellen • Welche Farbtöne wurden dafür angeschlagen. und Archiven auch Gespräche mit verwendet? Zur Olympiade wurden die jeweiligen Zeitzeugen und die Recherche nach • Gibt es Auffälligkeiten bei der Gassen- und Bungalowfarben, sowie die Fotomaterial und – soweit möglich – Farbigkeit der Bungalowquadrate? Bezeichnung mittels Schablonen auf die nach den Farbrezepturen. Lassen sich Regelmäßigkeiten in der Bereichsfarbe lackierten Eingangs- feststellen, etwa eine bestimmte türen aufgemalt. Die an den Ecken Die Recherche nach Rezepturen der Rotation88? Gibt es vielleicht einen gerundeten Quadrate mit der Gassen- verwendeten Lacke bei der Fa. BASF85 Rapport? farben sind 76 cm hoch und 72 cm bringt kein Ergebnis. Zwar bestünde • Warum stimmen die Farben der breit, die Quadrate mit der Bungalow- theoretisch die Möglichkeit, in den originalsichtigen Türen nicht mit den farbe, ebenfalls an den Ecken gerundet, Laborbüchern dieser Zeit die verwende- aktuellen Gassentafeln überein? haben eine Größe von ca. 30 x 28 cm83. ten Pigmente und Bindemittel zu finden, • Wie sahen die alten Gassentafeln doch die Wahrscheinlichkeit, diese auf- aus? Die Quadrate mit den Gassenfarben sind zufinden ist gering86. • Unterschieden sie sich von den in einer Höhe von ca. 110 cm ab Weitere Nachfragen87 ergaben, dass es heutigen? Bodenniveau auf die Türoberfläche in den 1990er Jahren im Bereich des • Hat sich die Farboberfläche in Folge aufgemalt (gemessen von Unterkante Studentendorfes eine Renovierung von Witterungseinflüssen der Tür zur Unterkante der Farbfläche). gegeben habe. Das Studentenwerk verändert? Wenn ja, wie? Der Abstand zu den Laibungskanten der konnte hierzu jedoch keine Angaben Tür beträgt ca. 5 cm. machen, da keine Unterlagen dazu Die kleinen Quadrate, die sich jeweils in archiviert seien. den Ecken der Gassenquadrate befin-

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4.3 Untersuchungsmethodik Praktische Untersuchung Mit den im Folgenden beschriebenen Vor den weiteren Untersuchungen zur Schritten der praktischen Untersuchung Farbigkeit der Türen und damit der wird jeweils mindestens eine Tür der 42 Gassenfarben im ehemaligen Dorf der Gassen makroskopisch im Rahmen einer Frauen werden alle Originaltüren aus Fassungsuntersuchung untersucht92. Metall im Bestand ermittelt. Dabei Dabei soll neben der Originalfarbigkeit handelt es sich um 246 Türen, rund ein ggf. vorhandenes System der 30% des Bestands89. Hinsichtlich der Positionierung der Bungalowquadrate Verteilung der Türen ist auffällig, dass ermittelt werden. Die Befunde werden die Originaltüren deutlich häufiger auf notiert, mit Fotos dokumentiert und in der westlichen Gassenseite erhalten Pläne eingezeichnet. Später folgt eine sind. Weiter fällt auf, dass die meisten genaue Betrachtung mit Originaltüren im Bestand im Bereich G mikroskopischen Methoden. der Bungalowbebauung vorhanden sind90. Da der Abriss der Anlage bevorsteht, Die übrigen Türen der Bungalows werden Pausen der Türen angefertigt, wurden durch Holztüren ersetzt, die damit es möglich ist, die Türgestaltung lediglich einfarbig in Bereichsfarbe auf die Eingangstüren der neuen lackiert sind91. Die jüngsten erneuerten Denkmalbungalows zu übertragen. Türen sind weiße Sicherheitstüren, die keinen Briefschlitz mehr in der Tür 4.3.1 haben, weshalb sich neben der Tür ein Fotodokumentation externer Briefkasten befindet. Diese Die ermittelten Befunde der makrosko- Türen sind nur vereinzelt eingebaut. pischen und der mikroskopischen Untersuchung werden eingehend Erste Ergebnisse zur Farbigkeit werden fotografisch dokumentiert. Dazu werden ermittelt, indem Türen, die noch die untersuchten Türen in der Übersicht originalsichtig im Bestand der und im Detail der Freilegung fotografiert. Bungalows stehen, optisch mit den Es ist nur bei wenigen Bungalows Farbmustern des NCS-Index verglichen möglich, eine Gesamtansicht der werden. In einem nächsten Schritt Fassade aufzunehmen, da die werden an 36 Türen Freilegungsfenster Bungalows sehr eng beieinander stehen. angelegt. Auch die Gassentafeln werden Bei der Bestimmung des NCS-Tons an fotografiert, sowohl von der Mittelgasse stark ausgeblichenen Türen ist zu aus, als auch aus der anderen Richtung bedenken, dass der Originalfarbton vom Wall oder von der Connollystraße vermutlich viel intensiver und reiner aus. war, als er sich heute darstellt. Besonders im Bereich G zeigt sich eine Um die Veränderungen in den letzten 35 „Vergrauung“ der Bereichsfarbe, die Jahren zu verdeutlichen, werden einige verschwindet, wenn die Oberfläche Einstellungen der recherchierten Fotos angefeuchtet wird. wiederholt und den zeitgenössischen Um solche Unterschiede besser zu Aufnahmen gegenübergestellt. verdeutlichen, werden von den Abbildung 17: untersuchten Türen jeder Gasse Proben Gegenüberstellung zeitgenössische genommen. Davon werden Querschliffe Aufnahme / heutiger Zustand, angefertigt und unter dem Mikroskop Bereich D, Gasse 03, Blickrichtung näher untersucht. Süden Exemplarisch wird auch ein Streupräpa- (zur Verfügung gestellte Aufnahme, rat angefertigt. Eine weitergehende Rudolf Wienands / eigene Aufnahme) Pigmentbestimmung soll aufgrund des hohen Untersuchungsaufwands jedoch nicht durchgeführt werden.

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4.3.2 Die Freilegung erfolgt mechanisch Farbschichten von Bereichsfarbe, Kartierung der Befunde mittels Skalpell und Glashaarradierer und Gassenfarbe und Bungalowquadrat Alle Befunde – sowohl die der Bestands- – wo es notwendig ist – nasschemisch. übereinander befinden. türen, als auch der freigelegten Türen, Als Vorbereitung für die chemische Bei dieser Gelegenheit sollen auch der alten und neuen Bereichs- und Freilegung werden an der Tür des Aussagen über den Aufbau der Gassenfarben und auch der ermittelten Bungalows E 02 12 Reinigungsproben Farbschichten und eventuell über die Bungalowquadratfarben – werden in durchgeführt und die Ergebnisse dazu chemische Beständigkeit der Bereichs- Plänen kartiert. (vgl. Anhang 7.3) protokolliert. Für diese Probeflächen farben getroffen werden. werden Isopropanol, Aceton, 4.3.3 Ethylalkohol, Ethylacetat und Methanol Die mikroskopische Untersuchung soll Befunduntersuchung verwendet. Es eignen sich alle Aufschluss geben über Originalfarbig- Bei der Auswahl der zu untersuchenden getesteten Lösungsmittel mit Ausnahme keit, eventuelle Überarbeitungen und die Türen wurde darauf Wert gelegt, dass von Isopropanol. Farbenvielfalt. Außerdem soll die diese nach Möglichkeit dieselbe An einigen Türen ist es notwendig, auf Farbqualität ermittelt werden, d.h. in Hausnummer haben. Diese Auswahl stärkere Lösungsmittel mit abbeizender wieweit sich die Farbe durch Umwelt- wurde im Hinblick auf die Frage Wirkung zurückzugreifen. Als bestes einflüsse (besonders UV-Licht) an der getroffen, ob es Wiederholungen in den Lösungsmittel für die Freilegung stellt Oberfläche verändert hat. Bungalowfarben gibt. Falls Regelmäßig- sich während der Untersuchung die keiten in der Farbgebung vorhanden Mischung aus Ethylacetat und Um die Probe zu nehmen, wird ein sind, müssten diese so nachweisbar Ethylalkohol im Verhältnis 1:1 heraus. Streifen Klebeband auf die Entnahme- sein. stelle geklebt. Dann wird mit dem Aufgrund des Bestandes der Original- Die freigelegten Farben werden optisch Skalpell ein Stück der Lackierung bis auf türen werden dazu die Bungalows mit mittels NCS-Index bestimmt und auf den Untergrund abgespalten. Der der Nummer 4 ausgewählt. Wo dies einem Befundblatt notiert. Einsatz von Klebeband wird deswegen nicht möglich ist, wird auf andere Zu der Bestimmung des NCS-Index ist gewählt, da eine klassische Probe- Eingangstüren ausgewichen, z.B. auf anzumerken, dass wechselnde Licht- nahme, bei der die Probe zunächst auf solche, von denen zeitgenössische verhältnisse und die die freigelegte ein Blatt Papier fällt und dann in ein Aufnahmen vorhanden sind. Stelle umgebenden Anstrichfarben eine Glasröhrchen gegeben wird, aufgrund Eine Übersicht der untersuchten Türen Veränderung des optischen Farbein- der herrschenden Witterungsbedingun- befindet sich in Anhang 7.3. drucks bewirken können. gen und der Menge der zu nehmenden Bei der makroskopischen Farbbestim- Proben nicht möglich ist. Der Streifen Auf den zu untersuchenden Türen wird mung fallen die Einsatzgrenzen der Klebeband wird mit eingebettet und in dem Bereich, in dem das Farbvarianten des NCS-Fächers auf, da bildet auf den Fotos die oberste Schicht. Bungalowquadrat vermutet wird, ein sich nicht alle Farbtöne einwandfrei querrechteckiges Freilegungsfenster damit feststellen lassen. Befindet sich Es werden insgesamt 45 Proben einge- angelegt. Die Untersuchungsöffnungen eine Farbe zwischen zwei Varianten, bettet, so dass von jeder der 42 Gassen werden so groß gewählt, dass es werde beide Töne vermerkt. eine Probe darunter ist. Die übrigen möglich ist, alle drei nebeneinander Proben dienen der Ergänzung z.B. bei liegenden Farben zu bestimmen. Die Anschließend werden Fotos der unklaren Befundergebnissen an Türen gewählte Position des Freilegungs- gesamten Tür und Detailaufnahmen der mit stark gestörter Oberfläche, etwa fensters ergibt sich dabei aus den Freilegung gemacht (s. Befundblätter im durch ein Aufrauen der Fläche oder ein Abmessungen der Türen mit originaler Anhang 7.1). Die so ermittelten Gassen- Abwaschen mit einem Lösungsmittel. Oberfläche im Bestand. farben von 1972 werden in Plänen kartiert. Mit derselben Methode wird Das Einbetten der Proben erfolgt mit auch die Farbgebung der heutigen einem unter UV-Licht härtendem Gassentafeln ermittelt. Gießharz, welches zusammen mit den Proben in rechteckige Silikonformen 4.3.4 gegeben wird. Die Form wird vorher mit Herstellen von Querschliffen Aceton gereinigt, um Gießharzreste zu Im Rahmen der Freilegung fällt auf, dass entfernen und die Proben leichter aus sich an einigen Türen senkrechte Kanten der Form zu lösen. Die Proben werden im Randbereich der Gassenquadrate mit der anzuschleifenden Seite an eine abzeichnen, bei denen es sich um eine der Längswände der Form gelegt. Grundierung handeln könnte. Daher Anschließend wird die Form mit werden Proben von jeder Gasse genom- Technovit 2000LC gefüllt. men, um diese unter dem Mikroskop zu Um die Proben unterscheiden zu Abbildung 18: analysieren und mit den bisherigen können, werden dem Gießling Proben- Detail Bereichsfarbe / Gassenfarbe an Ergebnissen zu vergleichen. Die Ent- nummern mit der Bungalowbezeichnung der Tür C 04 12 nahmestelle an den Türen wird so beigefügt. gewählt, dass sich in der Probe alle drei

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Zum Härten werden die Gießlinge in das Partikel wird ein Tropfen Methanol und Insgesamt wurden 51 Türen untersucht, Technotray Lichtpolymerisationsgerät dann ein Deckgläschen gegeben. Mit wobei es sich bei 16 Türen um Türen gegeben. Nach ca. 20 Minuten sind die einem Silikonpinsel wird das Deckglas mit originalsichtiger Oberfläche eingegossenen Proben gehärtet und vorsichtig kreisend bewegt. Haben sich handelte. Bei den übrigen Türen war es werden nun zunächst mit Schleifpapier aus dem Bindemittel einzelne Pigmente notwendig ein Freilegungsfenster, wie (Nassschleifpapier der Körnung gelöst, wird der Objektträger kurz auf oben beschrieben, anzufertigen. 200 bis 1000), später mit Polierleinen eine Wärmeplatte gelegt, damit das (MicroMesh) unterschiedlicher Körnung Methanol schneller verdampfen kann. 4.4.1 geschliffen und poliert. Mit einem Glasstab wird dann ein Bereichsfarben Die angeschliffenen Gießlinge werden Tropfen Meltmount an den Rand des Wie einleitend in Kapitel 4.1 beschrie- dann mit Plastic Fermit auf einem Deckglases gegeben, der sich sofort ben, gliedert sich das Dorf der Frauen in Objektträger aus Glas befestigt. Mittels darunter zieht. Nun kann die Probe unter fünf Bereiche unterschiedlicher Größe. der Schliffpresse wird die Probe parallel dem Polarisationsmikroskop betrachtet Jedem dieser Bereiche ist eine zum Objektiv des Mikroskops werden und die Pigmente darin Grundfarbe zugeordnet. ausgerichtet und unter dem Dunkelfeld- bestimmt werden. Bei der letzten Renovierung, die länger Auflichtmikroskop untersucht.93 als zehn Jahre zurückliegt, wurden für Als Alternative zur Bestimmung im die Bereichsfarben RAL-Farbtöne Aufgrund der Ergebnisse aus der Polarisationsmikroskop könnten Pigmen- ausgewählt. Grundsätzlich hat man sich Fassungsuntersuchung wird erwartet, te auch mittels Röntgendiffraktometrie an den ursprünglichen Farbkanon der dass unter dem Mikroskop eine Abfolge (XRD), Gaschromatographie oder REM- Bereichsfarben gehalten. In der folgen- von Grundierung, Bereichsfarbe, Aufnahmen bestimmt werden. den Tabelle sind die RAL-Farbtöne94 und Gassenfarbe und Quadratfarbe zu Gleiches gilt für die Bestimmung der für die ermittelten NCS-Farbtöne einander erkennen ist. die Lacke verwendeten Bindemittel. Die gegenübergestellt. Möglichkeit, derartige Untersuchungen 4.3.5 durchzuführen, besteht jedoch im Auf einer Abbildung aus der Bauphase Streupräparate Rahmen dieser Arbeit nicht. der Bungalowanlage liegen farbige, Die Bestimmung von Pigmenten mittels bereits lackierte Türblätter neben der Polarisationsmikroskopie ist eine 4.4 vorgefertigten Betonteilen. Die Türen gängige Methode in der Restaurierung. Ergebnisse zeigen vollflächig den gleichen Farbton, Da diese Methode neben großer In den ersten Untersuchungen wurden vermutlich den der Bereichsfarbe, auf Erfahrung jedoch einen immensen die Farben der originalsichtigen Türen im dem Foto Orange für den E-Bereich. Es Zeitaufwand erfordert, um korrekt Bestand mit dem NCS-Index verglichen kann davon ausgegangen werden, dass durchgeführt zu werden, soll die und die Farbtöne bestimmt. die Türen, die in den Rohbau integriert Bestimmung von Pigmenten hier nur Anschließend wurde eine Fassungs- werden, bereits werksseitig in den exemplarisch für eine Tür erfolgen. untersuchung durchgeführt, um die Bereichsfarben lackiert wurden. Darauf Ein weiterer Grund dafür, dass diese ursprüngliche Farbgebung der über- lässt auch die gute chemische Untersuchungsmethode nicht auf alle strichenen Türen zu ermitteln. Beständigkeit dieser Farbschicht und die Proben angewendet wird, ist, dass die Die Ergebnisse dieses Arbeitsschrittes große Schichtdicke schließen Pigmente eine gewisse Größe haben ergeben die Farben von Bereich, Gasse (vgl. Kapitel 4.4.4). müssen, um sie eindeutig identifizieren und einzelnen Bungalowquadraten. zu können. Daraus folgt, dass die Im Rahmen einer mikroskopischen exakte Bestimmung von Pigmenten in Untersuchung von Querschliffen werden industriell hergestellten Lacken nur weitere Erkenntnisse zur Farbgestaltung schwer möglich ist. Die verwendeten gewonnen. Alle Ergebnisse wurden auf Pigmente sind sehr fein vermahlen und Befundblättern, in Tabellen und auf daher sehr klein. Hauptgrund für die Plänen festgehalten (vgl. Anhang 7) und Tabelle 2: exemplarisch durchgeführte durch Fotos ergänzt. Vergleich der Bereichsfarben Untersuchung ist daher die Frage, ob RAL / NCS eine Bestimmung der Pigmente überhaupt möglich ist. Bereich Farbe Farbton RAL Farbton NCS

Bei den angefertigten Streupräparaten C Hellblau 5012 S 2040(50)-B handelt es sich um Proben aus der Türzarge der Eingangstür von Bungalow D Grünbraun 8000 S6010-Y10R E 02 12. E Gelborange 2000 S 0580-Y80R Für die Streupräparate wird von Ober- und Unterseite der Probe mit Hilfe eines F Grün 6018 S 2075-20/30Y Skalpells ein wenig Material auf einen Objektträger geschabt. Auf diese G Blaulila 4005 S 2030-R60/70B

25 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen

4.4.2 Gassenfarbe Tabelle 3: Gassenbeschilderung und Die Untersuchung der aktuellen Gassen- Gassenfarben Bereich C (Mittelblau), Gassenfarben tafeln zeigt dreizehn verschiedene aufsteigend nach Gassen sortiert Farben. Neben den fünf Bereichsfarben: Gassenbeschilderung Hellblau, Dunkelbraun, Orange, Hellgrün Aktuelle Farbe Farbigkeit 1972 Anhand von zeitgenössischen Aufnah- und Blauviolett werden ein helles Beige men konnte festgestellt werden, dass (Sandfarben), Gelb, Rotviolett, Gelb Rotbraun sich die Gassenbeschilderung von 1972 Dunkelblau, Dunkelblaugrün, Blaugrau, deutlich von der heutigen Beschilderung Hellgrau und ein Rotbraun verwendet. Orange Blauviolett unterscheidet. Am oberen Rand der 1972 zur Gassen- Diesen Farben gegenüber stehen die Rotviolett Dunkelorange beschilderung verwendeten, in der durch die Fassungsuntersuchung Bereichsfarbe lackierten Tafeln findet ermittelten und durch die Querschliff- Blauviolett Dunkelblau sich rechtsbündig die Bezeichnung der analyse bestätigten Farben von 1972. Gasse. Dazu gehören der Bereichsbuch- Dabei handelt es sich um sechzehn Dunkelblau Dunkelgrün stabe (C-G), die Gassenzahl (01-11) und Farben: Gelb, Hellorange, Hellgrün, die Anzahl der Bungalows der Gasse Hellblau, Hellgrau, Dunkelorange, Hellgrün Hellorange (01-26). Darunter befindet sich ein Rotbraun, Mittelblau, Schilfgrün, kleines Quadrat mit gerundeten Ecken in Dunkelbraun (Umbra), Dunkelgrün, Umbra Dunkelbraun der Farbe der Gasse. Dunkelblau, Dunkelgrau, Blauviolett, Rotviolett und Schwarz. Rotbraun Gelb Auf den erneuerten Beschilderungen befindet sich im oberen Bereich der Im Vergleich erscheint die Farbpalette Tabelle 4: Metalltafel die Bereichsfarbe. Auf der von 1972 reicher, sie ist um die Gassenfarben Bereich D (Umbra), linken Seite in diesem Farbfeld befindet Farbtöne Mittelblau, Dunkelorange, aufsteigend nach Gassen sortiert sich das Gassenfarbquadrat und auf der Schilfgrün und Schwarz erweitert. Das rechten Seite die Bezeichnung der Gasse Beige auf den heutigen Tafeln wird nicht Aktuelle Farbe Farbigkeit 1972 mit der Anzahl der vorhandenen verwendet. Bemerkenswert ist der 96 Bungalows. Befund der Farbe Schwarz , die Aicher Beige (Sandfarben) Gelb Die Gestaltung der derzeitigen Hinweis- unbedingt vermeiden wollte. Diese Farbe tafeln orientiert sich weder in ihrer findet sich in den Gassen F 05 und Blauviolett Mittelblau Gestaltung und Anordnung, noch in G 07. ihrer Farbgebung an ihren Vorgängern. Hellblau Dunkelgrün Das ergeben Befunduntersuchung und Im Folgenden sind die Gassenfarben Querschliffanalyse. Ein genauer einander gegenübergestellt, die sich aus Dunkelgrün Hellgrau Nachweis oder eine Erklärung für diese der Untersuchung der gegenwärtigen Veränderung kann bislang nicht ermittelt Gassenbeschilderung und aus der Hellgrün Blauviolett werden.95 Befunduntersuchung der Farbigkeit von Die Idee der neuen Farbanordnung 1972 ergeben. Hellgrau Hellgrün könnte aber Folgende sein: Bei der Betrachtung der Kartierung der Tabelle 5: neuen Gassenfarben (vgl. Anhang 7.3) Gassenfarben Bereich E (Orange), fällt die Verteilung der Farben nach dem aufsteigend nach Gassen sortiert Prinzip des Regenbogens auf. Die Vermutung liegt nahe, dass sich der Aktuelle Farbe Farbigkeit 1972 Gestalter der neuen Hinweisschilder an die Farbigkeit der „Regenbogenspiele“ Gelb Schilfgrün von 1972 anlehnt. Durch die fort- schreitende Veränderung der Fassaden Blauviolett Hellgrau der Bungalows ist die ehemalige Gestaltung kaum mehr nachvollziehbar. Mittelblau Dunkelgrün Außerdem konnte davon ausgegangen werden, dass früher oder später alle Dunkelgrün Hellblau Türen überstrichen sein würden. Einer farbigen Neugestaltung stünde also Hellgrün Gelb nichts im Wege. Hellgrau Blauviolett

Dunkelgrau Hellgrün

26 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen

Tabelle 6: 4.4.3 4.4.4 Gassenfarben Bereich F (Hellgrün), Bungalowfarben Mikroskopische Untersuchung aufsteigend nach Gassen sortiert Bei der Untersuchung von 51 Türen Querschliffe wurden alle als Gassenfarbe ermittelten Die Untersuchung der Querschliffe unter Aktuelle Farbe Farbigkeit 1972 Farben, außer Dunkelgrau auch bei den dem Mikroskop zeigte im Wesentlichen Bungalowfarben ermittelt. Hinzu die vermutete Schichtenfolge von: Beige (Sandfarben) Dunkelgrün kommen noch ein helles Rosa (E 04 22) • Mennige (Rostschutz), und Weiß (G 04 06). Die Farbpalette • 2 Grundierungsschichten( Orange Umbra erweitert sich also um zwei Farbtöne. Hellorange und Braunorange), • Bereichsfarbe, Gelb Hellblau Es stellte sich bereits zu Beginn der • Klarlack (Transportschutz), Untersuchungen die Frage, ob es bei • (Zwischengrundierung 1) Blauviolett Hellorange den Bungalowquadraten einen Rapport • Gassenfarbe und gibt, oder ob es sich um eine • (Zwischengrundierung 2) Dunkelblau Schwarz willkürliche Verteilung der Farben • Bungalowfarbe. handelt. Die letzte Annahme scheint der Hellblau Hellgrau Fall zu sein. Dies ist auch naheliegend: Eventuelle Veränderungen im Farb- Eine freie Verteilung wirkt spielerischer konzept sollten durch die mikrosko- Dunkelgrün Gelb und lässt den Planern Spielraum für pische Untersuchung ermittelt werden. Variationen der Farbfelder, bei denen Die Analyse der Querschliffe bestätigte Dunkelgrau Rotbraun vielleicht bestimmte Farbkombinationen die fünf Bereichsfarben und die aus ästhetischen Gründen als nicht sechzehn Farben der Gassenquadrate, Hellgrau Dunkelblau umsetzbar erachtet und daraufhin die bereits in der makroskopischen ausgelassen wurden. Untersuchung ermittelt wurden. Umbra Dunkelgrau Die Farbenvielfalt der Bungalowquadrate Auch die Frage nach der Positionierung stimmt ebenfalls mit den Ergebnissen Tabelle 7: der Bungalowquadrate konnte nach den der Freilegung überein. Gassenfarben Bereich G (Blauviolett), durchgeführten Untersuchungsschritten Trotz der Bedenken bei der Bestimmung aufsteigend nach Gassen sortiert beantwortet werden: Die Bungalow- der Farbe Schwarz bei der makrosko- quadrate weisen eine Rotation im pischen Untersuchung wurde das Aktuelle Farbe Farbigkeit 1972 Uhrzeigersinn auf. Ergebnis bei der Untersuchung der Alle untersuchten Türen zeigten die Querschliffe unter dem Mikroskop Beige (Sandfarben) Rotbraun dritte Farbfläche, das Bungalowquadrat, verifiziert. an der angenommenen Position. Es Orange Hellgrau befindet sich beim jeweils ersten Bungalows oben links und dann rotiert Rotviolett Hellblau es, entlang der jeweiligen Gassenseite, nach oben rechts, unten rechts und Dunkelblau Umbra unten links. Der Code aus Bereichsbuchstaben, Hellblau Dunkelgrün Gassennummer und Bungalownummer befindet sich immer neben der unteren Dunkelgrün Orange Grundlinie des Bungalowquadrats, auf der freien Fläche des Gassenquadrats. Hellgrün Schwarz

Dunkelgrau Hellgrün Abbildung 19: Querschliff der Tür C 04 12 im VIS Hellgrau Dunkelblau

Umbra Rotviolett Aus der Betrachtung der Proben geht hervor, dass die drei untersten Rotbraun Gelb. Schichten (Rostschutz und Grundierung) in etwa die gleiche Schichtdicke aufwei- sen. Der Auftrag der Bereichsfarbe könnte aufgrund der vorgefundenen Schichtdicken mit einer Sprühvorrich- tung aufgetragen worden sein. Die teilweise erkennbare Schichtung oder Schichtentrennung innerhalb einer

27 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen

Farbschicht weist entweder auf einen Streupräparate zweischichtigen Farbauftrag hin oder Die versuchsweise hergestellten Streu- zeigt an, dass einige Pigmente in der präparate ergeben, dass es sich bei den Schicht sedimentiert, also abgesunken beiden Proben aus der Türzarge von sind. Grund dafür können unterschied- Bungalow E 02 12 um eine mennige- liche Größen und damit Dichten der haltige Grundierung und um eine Lack- Pigmentkörner oder ein zweischichtiger schicht mit gelben Cadmiumpigmenten Farbaufbau mit zwei Farbmischungen handelt. gleichen Farbtons sein. Die Probe mit den Mennige-Pigmenten zeigt das typische grüne „Aufleuchten“ Direkt auf der Bereichsfarbe befindet der Interferenzfarben. Die Auslöschung sich bei dem überwiegendem Teil der erfolgt ganz bis undulös und ist in Proben eine Schicht Klarlack, die sich dunkelster Lage Dunkelgrün. unter gekreuzten Polarisatoren im Auflicht sehr dunkel, fast schwarz Die Pigmentprobe von der Oberseite der darstellt. Türzarge zeigt runde, regelmäßig Unter UV Licht betrachtet fluoresziert verteilte gelbe Pigmentkörner und dieser Bereich sehr stark. Dies deutet -aggregate mit starkem Relief. Teilweise auf eine unpigmentierte Schicht hin. Auf ist eine Kantendepolarisation erkennbar. ein Anfärben der Probe wurde verzich- Eine Doppelbrechung ist nicht zu sehen. tet, da es sich bei der vermuteten Stoffgruppe um ein öl- oder harzhaltiges Andere Pigmente konnten in den Proben Bindemittel handeln dürfte, welches mit nicht ermittelt werden. Möglicherweise einfachen Möglichkeiten nur schwierig gibt es noch weitere, die sich nicht nachweisbar ist. durch die Behandlung mit Methanol aus Die Klarlackschicht stellt die dem Bindemittel gelöst haben. abschließende Beschichtung der Türen dar. Darauf folgt mitunter eine helle Zwischenschicht. Sie wurde vermutlich aufgetragen, um eine bessere Deckkraft für die folgenden Gassenfarben zu erreichen oder um ein Durchscheinen der Bereichsfarbe zu verhindern. Dies gilt auch für die Zwischengrundierung, die bei manchen Proben Gassen- und Bungalowfarbe trennt.

Die Fragen nach der Veränderung der Farben durch äußere Einflüsse, vor allem durch (UV-)Licht, konnte mit der mikroskopischen Untersuchung nicht beantwortet werden, da keine der vermuteten Veränderungen festgestellt wurde. Verantwortlich dafür könnte die chemische Freilegung sein, bei der sich die Farboberfläche verändert, vielleicht regeneriert, hat. Die Schichten der Bereichs- und Gassenfarbe waren von der darüber liegenden Farbschicht vor schädlichen Einflüssen geschützt, so dass hier ebenfalls keine Veränderungen beobachtet werden konnten.

28 4 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Frauen

78 München 1972, Olympisches Dorf 89 Originaltüren im Bestand: – offizielle Broschüre des Bereich C: 40 von 148, Organisationskomitees. Bereich D: 35 von 114; Archiv des Architekturmuseums der Bereich E: 33 von 140, TUM und im Aicher Archiv Ulm. Bereich F: 56 von 196, 79 Das in München bindende Prinzip Bereich G: 82 von 202. der Beschilderung, das Straßen- 90 Möglicherweise ist dies der Fall, da namen und Hausnummer in weißer die Terrassenwohnungen der Schrift auf blauem Grund zeigt, Connollystraße (Studentenwohn- sowie einen weißen Pfeil, der in die heimanlagen H – L) mit ihrer Richtung der aufsteigenden Haus- höheren Bauform diesem Bereich nummern weist, ist im Bereich des des Dorfes Schutz vor der Olympischen Dorfes aufgehoben. Witterung bieten. 80 Auf einer Abbildung aus der Bau- 91 Auskunft von Herrn Cosar, der für phase der Anlage ist darüber hinaus das Studentenwerk im Studenten- eine aufsteigende Nummerierung an dorf mit Renovierungsarbeiten den Stirnseiten der Bungalows zu beauftragt ist. sehen. Diese diente vermutlich den 92 Die Genehmigung zur Untersuchung Arbeitern zur Orientierung. wurde von Herrn Maßberg, dem 81 Interview mit WERNER WIRSING am Leiter des Studentenwerks 15.01.2007. Er berichtet von einem München, im November 2006 „Blatt“ mit verschiedenen (etwa erteilt. 30-40) Farbvorschlägen für das 93 Vorgehensweise nach WÜLFERT. Dorf der Frauen, welche Wirsing für 94 Die Information zu den RAL- die Gestaltung verwenden sollte. Nummern stammt von Herrn Cosar. Dieses Blatt befindet sich vermut- 95 Nach Aussage von Frau Seydel vom lich im Archiv von Wirsing. Studentenwerk München muss 82 Interview mit ROLF MÜLLER am diese Erneuerungsmaßnahme länger 26.01.2007. Müller berichtet, dass als 10 Jahre zurückliegen. Es er mehr mit dem Architekten Heinle befinden sich keine Unterlagen zu und Aicher mehr mit Wirsing zusam- dieser Maßnahme mehr im Archiv mengearbeitet habe. des Studentenwerks. 83 Mathematisch korrekt sind die 96 Dieser Befund wird zunächst ange- Farbflächen dementsprechend keine zweifelt und soll in der Querschliff- Quadrate, sondern Rechtecke. Da analyse näher betrachtet werden. aber bereits in den offiziellen Publikationen zur Olympiade diese Bezeichnung verwendet wurde, wird sie beibehalten. 84 Es handelt sich dabei um die drei 4er Blöcke in den Bereichen C, D und E. (vgl. Kartierung im Anhang 7.3) 85 1972 warb die Fa. BASF in Zeitschriften des Malerhandwerks u.a. mit einem Foto einer Tür des Frauendorfs. 86 Gespräch mit Thorsten Hensel, BASF Münster, Abteilung Autoreparaturlacke am 07.03.2007. 87 Nachfrage bei der Fa. Aktio Novel Deko GmbH, die den Bereich der Lackproduktion in den 1980er Jahren von der Fa. BASF aufkauften. Ansprechpartner war Hr. Stoll am 17.01.2007. 88 Vermutet wird, dass das Bungalowquadrat im Uhrzeigersinn rotiert.

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Orientierungs- und Farb- konzept im Olympischen Dorf der Männer

5.1Bereich Wohnarm A: Dreieck – Interessant an diesem Artikel ist, dass ElementeOlympia-Grün des Orientierungskonzepts die Planung in einigen Bereichen nicht im Dorf der Männer mit der Realisierung übereinstimmt. Ein Bereich Wohnarm B: Kreis – Das Konzept der farbigen Gestaltung gutes Beispiel dafür sind die Straßen- Olympia-Orange des Dorfes geht im Wesentlichen auf die namen, die 1971 noch mit anderen allgemeinenBereich Grundsätze Wohnarm C: der Quadrat – Variationen vertreten waren (z.B. Carl XX. OlympischenOlympia-Blau Spiele zurück, also Diem Straße, Prof. Lewald Straße oder „Spiele Dasder jeweiligeHeiterkeit“, Erkennungszeichen der „kurzen gilt für Willi Daume Straße für die Connolly- Wege“ undsämtliche „Spiele Straßenzüge im Grünen“. und Bauten, die straße). Die Wegführunginnerhalb im des Olympischen Bereichs liegen. Dorf In dem offiziellen Führer für das ist eine gelungeneDas Informationssystem Umsetzung dieser umfasst sowohl Olympische Dorf sind keinerlei Straßen- Grundsätze.den Die Fußgänger- klare Strukturierung als auch den der Fahrverkehr. namen zu finden. Während der Spiele Straßen und der Wiedererkennungswert waren die Straßennamen unwichtig, da Für beide Verkehrsarten gelten folgende der Farben der Orientierungselemente sich die Orientierungsgrundlage nur auf weisen auf einePrinzipien: enge Zusammenarbeit die Farbe und das Symbol der jeweiligen mit der AbteilungVerwendung für Visuelle des GestaltungErkennungszeichens Straße bezog. hin. Schaffung eindeutiger Orientierungslinien durch Folgen von Erkennungszeichen Die Farben der Straßenzüge finden sich Während einer dreitägigenAnlehnung Arbeits-an die postalische Numerik. nicht nur auf den Wegweisern im Dorf, sitzung vom 27. bisDie 29.Informationsträger August 1970, für die sondern auch in den Gebäuden. An den bei der Vertreter desverschiedenen Organisations- Verkehrsarten sind jedoch Eingangstüren, Klingelanlagen, komitees (OK) und des Architekturbüros Treppenhäusern und Kellertüren sind die aus folgenden Gründen unterschiedlich Heinle, Wischer und Partner anwesend Grundfarben des jeweiligen Straßenarms gestaltet: sind, wird das Informationssystem zu finden. entworfen97. Dieser EntwurfUnterschiedlicher für ein Informationsgehalt übergeordnetes InformationssystemUnterschiedliche für Bewegungs- Daraus ergibt sich für den Fußgänger- und Fahrverkehrgeschwindigkeit wird mit der Betrachter.Fußgängerverkehr und den Fahrverkehr: wenigen Veränderungen (Straßen- Informationssystem Fußgängerverkehr namen) und einigen Auslassungen Die Elemente des Informationssystems 98 (Elemente der Fernorientierung ) Fußgänger sind in drei Gruppen umgesetzt. zusammengefasst: Das System basiert auf den drei Elemente der Fernorientierung olympischen Farben Orange, Grün und (überdimensionale Erkennungszeichen ) Blau. Im Zentrum besteht eine Elemente der Orientierung aus mittlerer entsprechende Mischung, die für alle Entfernung (dreidimensionale Hausnummern, Straßennamen, Erkennungszeichen 2 bis 3m hoch) Geschossbezeichnungen und allgemeine Elemente der Orientierung im Nahbereich Wegweiser benutzt wird. Zur (Tafeln, Bänder, Haustüren). Unterstützung dieses Farbsystems sind Die Orientierungsleitlinien zu den sämtliche Fenster, Fassadenteile und einzelnen Bereichen entstehen durch Türen der Häuser des jeweiligen Folgen von punktweise angeordneten Wohnarmes in leicht von der Grundfarbe Abbildung 20: 99 Elementen, die die Orientierung aus jeder abgewandeltem Farbton gestrichen Farben und Symbole für die Orientierung Entfernung ermöglichen. worden. im Olympischen Dorf der Männer Über das Informationssystem schreibt (Offizieller Führer „Olympisches Dorf“) MÜLLER100 sehr detailliert: Informationssystem Fahrverkehr Das ODM [Olympisches Dorf München] Orientierungsleitlinien entstehen durch ist in vier Bereiche gegliedert: Wohnarm A Folgen von Erkennungszeichen, die an – Wohnarm B – Wohnarm C – Zentrum. den Deckenunterzügen angebracht sind. Ausgangspunkt ist di Die Einfahrten zu den einzelnen die vorhandenen Straßenzüge Namen Parkbereichen sind besonders erhalten. Es wird vorgeschlagen,e Überlegung, durchdass gekennzeichnet (unter Verwendung der entsprechende Namensgebung einen Dieses Zitat aus der ZeitschriftErkennungszeichen md und der postalischen Bezug zur Olympiade herzustellen. (Möbel Interior Design)Numerik). vom Juni 1971 Für die drei Wohnarme sind drei zeigt die durchdachte Planung des Büros Erkennungszeichen vorgesehen, die sichHWP. in Form und Farbe klar und unmissverständlich unterscheiden.

30 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer

Abbildung 21: Abbildung 22:

Orientierungsfarben in den Fassadenaufbau der Flachbereichs-

Straßenarmen bauten in der Straßbergerstraße (oben)

(Offizieller Führer „Olympisches Dorf“) und in der Nadistraße (unten)

Untersuchungsgegenstand klappe integriert. Daran schließt sich ein Unter den Fenstern befinden sich zwei Bei den Fassaden der untersuchten doppelflügeliges Fenster an, darunter in eine Rahmenkonstruktion Flachbereichshäuser handelt es sich um befindet sich ein querrechteckiges eingelassene Brüstungselemente. zweigeschossige Gebäude. Im Element, das Brüstungselement. Auch hier sind alle Bestandteile der Obergeschoss befindet sich eine Zwischen- und Brüstungselement Fassaden von einer hölzernen Rahmen- Fensterreihe aus drei nebeneinander bestehen aus Eternitplatten. Diese konstruktion umgeben. liegenden hochrechteckigen Fenstern. Fassadenelemente des Erdgeschosses Das Hausnummernschild befindet sich Die Fensterrahmen bestehen aus Holz sind von Rahmenleisten aus Holz hier an dem hellen Eternitelement, das und sind farbig gestrichen. umgeben. die Fassaden optisch voneinander trennt. Die Gestaltung der Fassaden der An den Fassaden der Nadistraße Straßbergerstraße und der Nadistraße befindet sich ebenfalls eine Eingangtür unterscheidet sich. aus Metall, über der sich eine Die Fassaden der Straßbergerstraße querrechteckige Fensteröffnung zeigen eine Eingangstür aus Metall mit befindet, die den dahinter liegenden unten angebrachter Wasserschlagleiste. Windfang beleuchtet. Neben der Tür Daneben befindet sich ein hochrecht- befinden sich zwei annähernd eckiges Zwischenelement, an dem sich quadratische Fenster, die jeweils von die Hausnummer101 aus einem hoch- einem darüber liegendem querrecht- rechteckigen Metallschild befindet. In eckigem Fenster bekrönt sind. dieses Feld ist auch die Briefkasten-

31 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer

5.2 In den folgenden Spalten sind die Quellenrecherche Positionen vermerkt. Diese setzen sich Die Literatur- und Quellenrecherche war zusammen aus einer Zahlenkombination auch in diesem Teil der Arbeit ein in der ersten Zeile und dem wichtiger Bestandteil. Die Literatur- Orientierungssymbol in der zweiten quellen, die sich mit den Olympiabauten Zeile. Beide Angaben sind von einem beschäftigen, geben einen guten ersten Kreis umgeben. Überblick und vermitteln mit zahlreichen Die beiden Zahlen deuten auf den Abbildungen einen Eindruck der Bau- Farbton und seine Position an der tätigkeit. Der Farbgestaltung der Bauten Fassade hin. Die erste Nummer verweist und dem Orientierungssystem war auf die Farbe der Eingangstür und die jedoch nur ein kleines Kapitel gewidmet. zweite Zahl auf das Brüstungs- und Tabelle 8: Die Recherche nach farbigen Zwischenelement. Mögliche Positionen der Farbtöne an den Abbildungen gestaltete sich hingegen Fassaden schwieriger. Bei den meisten zeit- genössischen Fotos handelt es sich um Position eindrucksvolle s/w-Aufnahmen. Wohnarm A 1/2 1/3 1/4 2/3 2/4 3/2 3/4 4/2 4/3 4/–

(BR 1-4) z z z z z z z z z z Im Archiv der ODBG, die aus der Wohnarm B 1/3 1/4 2/3 2/4 3/2 3/4 4/1 4/2 4/3 3/– ehemaligen OBG (Olympia-Baugesell- (GR 1-4) S S S S S S S S S S schaft) hervorgegangen ist, befindet Wohnarm C 1/3 1/4 2/3 2/4 3/1 3/2 3/4 4/2 4/3 –/2 sich ein Ordner zur Farbgestaltung. (BL 1-4) ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ Dieser wurde neu angelegt auf Grundlage der bereits durch die ODBG angestrengten Recherchen102 nach den Beispiel: Position 1 / 3 und ein Dreieck 5.3 ursprünglichen Farben im Olympischen Dies bedeutet: im Flachbereich der Fragestellung Dorf der Männer. Nadistraße werden die dafür vorge- Diese Unterlagen werfen verschiedene In diesem Ordner befinden sich Unter- sehenen Eingangstüren in den Farbton Fragen auf, die es im Rahmen der lagen mit Rezepturen zur „Farbzusam- Grün 1 und das Brüstungs- und vorliegenden Arbeit zu beantworten gilt. mensetzung“ der verwendeten Lacke in Zwischenelement in Grün 3 gestrichen. Die zentrale Frage beinhaltet die den Straßenarmen des Olympischen mögliche Verteilung der Farben an den Dorfs der Männer zusammen mit den In der Tabelle werden genau 10 Fassaden und die Frage nach der zugehörigen Farbmustern. Kombinationsmöglichkeiten105 je Urheberschaft der Farben. Die Fragen im Es handelt sich dabei um jeweils vier Straßenarm angegeben, nicht genannt Einzelnen sind: Farbabstufungen der Grundfarben der ist, an welcher Stelle der Flachbereiche • Wie passen die „unbunten“ einzelnen Straßenarme103. Allerdings sie zur Anwendung kommen sollen. Farbmuster aus dem Archiv der haben sich nur die Akten zu den Farben Möglicherweise existieren dazu Pläne, in ODBG zu den fröhlichen Farben des Blau und Braun (abgewandelt aus dem dem diese Positionskürzel eingetragen Orientierungskonzepts? Orange) erhalten, die zur grünen sind und die dem ausführenden Maler • Wie sind die Farben einer Straße an Fassadengestaltung fehlen. zur Verfügung standen. Bislang konnte den Fassaden der Auf diesen Blättern befinden sich Farb- noch kein solcher Plan im Archiv der Flachbereichshäuser verteilt? muster, die Resultate der angegebenen ODBG gefunden werden. Es sind auch • Wer hat die Urheberschaft an Rezepturen. Diese Farben werden keine Angaben mehr zu den damals diesen Farben? mittels NCS-Index bestimmt104 und ausführenden Handwerkern zu finden106. • Wurde die Reihe der Möglichkeiten aufgrund der angegebenen Pigmente aus der recherchierten Tabelle 1:1 und ihrem Mischungsverhältnis in einem umgesetzt, oder war die Verteilung Feldversuch nachgemischt und aufge- willkürlich? strichen. • Stimmt sie mit den vermerkten Kombinationen überein? In weiteren Unterlagen in diesem Ordner • Gibt es dazu noch Unterlagen, Pläne sind in Tabellen die Kombinationen der oder Aktennotizen? Farben erfasst. Dabei werden die drei • Sind die Farben für die Straßenarme Wohnarme A (Braunabstufungen / im Vorfeld richtig bestimmt Straßbergerstraße), B (Grünabstufungen worden? / Nadistraße), C (Blauabstufungen / Connollystraße) angegeben, sowie die Positionen der zu verwendenden Farben. Genannt werden dabei die Farbmöglich- keiten von Eingangstür, Brüstungs- und Zwischenelementen.

32 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer

Auszeichnung nicht gegeben sind, oder 5.4 Für die Entstehung der neuen Farben dieErweiterte Farben nach Farbpalette 4.1 aus material –oder stelle man sich ein gleichschenkliges gebrauchstechnischneDie verwendeten Farbtöne Gründen stammen nicht Dreieck109 vor, an dessen Spitzen sich eingesetztnicht aus werdeneinem allgemeinen können. jeweils eine Olympiafarbe110 befindet. Farbsystem, wie RAL oder Pantone, Das Dreieck besteht aus insgesamt 36 sondernDer Aufbau wurden des Farbdreiecks.den von Otl Aicher Feldern. In diesen Feldern befinden sich entwickeltenAn jeden Eckpunkt Farbtönen des nachgemischt. die neuen Farbtöne mit unterschied- Dafüreine waren der Vollfarben in den gewählten nach 4.1, dabeiFarben ist jede lichen Anteilen der Olympiafarben. Sie bedruckte, großformatige Papiere beruhen also weiterhin auf dem System Vollfarbe zu ihrer gegenüberliegenden verteilt worden, die als Vorlage Farbdreiecks für die liegt der visuellen Gestaltung, unterscheiden Seite als progressiv abnehmend mit den industriell zu fertigenden Wandfarben sich jedoch von den Ausgangsfarben. und Lackebeiden dienten. anderen Vollfarben gemischt. Schon Imzur Sinne Eröffnung einer erweitertenwurde beklagt, Monochromie Die Kenntnis über diese Farben hilft, die dass derstellt Farbton sich dabeiinnerhalb eine eineshohe sich sonst deutlich von den StraßenzugesKombinationseignung mitunter variierte, ein. wobei Jeder der Olympiafarben unterscheidende die mangelndeMischtöne Lichtechtheit steht dabei der Farbigkeit der Fassadenelemente der verwendetenzu jeder Pigmente der Vollfarben das Problem – und zu sinngemäß Flachbereichshäuser zu verstehen, die sein schien.auch untereinander. aller Wahrscheinlichkeit nach diesem relativ harmonisch erweiterten Farbsystem entnommen ist.

Die verwendeten Farben der Fassaden Die Rezepte im Archiv der ODBG der Häuser imDie Flachbereich Farbtonserie und 500 der entspricht in ihren könnten daher das Ergebnis einer Reihenhäuser Farbortenim ehemaligen den Seiten Dorf der 400-Serie, ist Nachmischung von ausgesuchten Männer gehen jedochaus Kombinationen um drei Stufen von aufgehellt. Diese Farbtönen sein. jeweils drei OlympiafarbenSerie ist für hellehervor. Großanstriche Das ergibt die Rechercheverwendbar im Otl Aichermit den gleichen Vorteilen 107 Archiv in Ulm. Hanswie (Nick)die 400-Serie. Roericht entwarf auf GrundlageDie Farbtonserie der 600 besteht aus drei Olympiafarben neue Farbtöne, die von Dunkelstufen, jeweils benachbarter den Architekten besser eingesetzt Farborte der 400-Serie. Der Einsatz dieser werden konnten. Zuvor war er von den Architekten nach einerFarbtöne Erweiterung wird dort der erfolgen können, wo Farbpalette gefragt worden,Dunkelstufen da sie odermit Unfarbigkeit den Olympiafarben zwarnotwendig zufrieden sind. waren, jedoch befürchteten, dass die entwickelten Olympiafarben sich der Architektur nicht ohne weiteres unterordnen würden.

Zusammengefasst werden diese Farb- töne in dem Ordner„Richtlinien und Nor- men für die visuelle Gestaltung - F108. Darin befinden sich unter der Position 2.1 die sog. „Sekundärfarben“, die überall dort einzusetzen sind, wo sich nach dem Normenblatt 4.1 aus dem Ordner „Richtlinien und Normen für die visuelle Gestaltung – A“ die dort vermerkten Farben nicht anwenden lassen. Inhalt dieses Ordners sind Farbmuster- karten, die nach Bedarf herausgetrennt werden können. Einleitend heißt es in diesem Ordner: Diese Sekundärfarben sollen überall dort zum Einsatz kommen, wo die unter 4.1 der Richtlinien und Normen für die Abbildung 23: visuelle Gestaltung beschriebenen Elemente der erweiterten Farbpalette der Funktionen nicht zutreffen. Wenn zum Visuellen Gestaltung Beispiel die Funktionen der (www.roericht.de) Wiedererkennung, der Ordnung oder der

33 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer

5.5 Als Ergebnis konnte lediglich bei einem gebeten. Es werden jedoch nicht alle Untersuchungsmethodik blauen Farbton (Blau 2) eine Besitzer erreicht. Manche haben der Da sich die oben gestellten Fragen nicht Übereinstimmung festgestellt werden. Untersuchung nicht zugestimmt. allein durch die Einsicht von Unterlagen Mögliche Ursache für diese starke Es handelt sich deswegen bei dieser im Archiv der ODBG und anderen Abweichung können die verwendeten Befunduntersuchung um eine Archiven klären lassen, ist es notwendig Pigmente, falsche Bindemittelwahl oder Stichprobe116. eine Untersuchung der Flachbereiche vor auch eine noch nicht erfolgte Alterung Ort durchzuführen. Dabei werden neue der Farben sein. Die Wohnungseigentümer der Connolly- Erkenntnisse gewonnen und komplexe straße werden von einer Verwaltung Sachverhalte direkt nachvollzogen. Aufgrund dieser Ergebnisse erscheint es betreut, der ODVG (Olympia-Dorf- sinnvoll, eine neue Versuchsreihe mit Verwaltungsgesellschaft). Die Anfrage Für die Untersuchung der Fassaden ist industriell gefertigten Lacken für die Untersuchung und die Verteilung es notwendig, anders als im ehemaligen durchzuführen. Dazu könnten industriell der Handzettel wurde daher an die Dorf der Frauen, jeden einzelnen Besit- gefertigte Lacke eines Herstellers in ODVG gestellt, die das Anliegen zer um Erlaubnis zu bitten, die Fassade gleichem Mischungsverhältnis wie in anschließend in der Verwaltungsbeirats- seines Hauses untersuchen zu dürfen. dem Versuch mit den Trockenpigmenten sitzung eingebracht hat. Der Antrag hergestellt werden. wurde abgelehnt, so dass keine Fassa- 5.5.1 den im Flachbereich der Connollystraße Nachstellen der überlieferten 5.5.2 für die Untersuchung zur Verfügung Farbrezeptur Fotodokumentation stehen. Da sich der Prozess, die Zustimmung Wie auch im Studentendorf werden Ver- der Besitzer zu bekommen, über einen änderungen fotografisch dokumentiert. Um die Fragen, die sich aus den längeren Zeitraum hinzieht, wird Es werden Hauseingänge der Literatur- und Archivrecherchen zunächst mit der Nachstellung der Hochhäuser, Flachbereichsfassaden, ergeben, zu beantworten, können ent- Farbrezepturen begonnen. Diese Kunstobjekte und die Media-Linie sprechend nur Befunduntersuchungen Versuche werden im Labor und in den dokumentiert. Teilweise werden an Reihenhausfassaden der Straßberger- Werkstätten des Lehrstuhls für zeitgenössische Aufnahmen der und der Nadistraße durchgeführt Restaurierung durchgeführt. aktuellen Situation gegenübergestellt. werden. Den bisherigen Recherchen zu Folge Im Archiv der ODBG befinden sich zwei Begleitend zur Befunduntersuchung sollten sich drei unterschiedliche Farben Blätter mit der prozentualen werden die Stellen, an denen die Farbe finden lassen: Zusammensetzung der Farbtöne der bestimmt wird, im Foto festgehalten. Eine an der Eingangstür, die zweite an Straßbergerstraße und der Connolly- (vgl. Anhang 8.1) Zwischen- und Brüstungselement und straße. Das Blatt mit den Rezepturen für die dritte an der Rahmenkonstruktion. die Nadistraße wird vermisst. Neben den 5.5.3 Angaben über das Mischungsverhältnis Kartierung der Befunde Bei der Fassadenuntersuchung wird, wo sind kleine Streifen mit dem Farbton Die Befunde der Untersuchung der es möglich ist, auf das Anfertigen von angebracht. Da diese sich die ganze Zeit Fassaden der Flachbereichshäuser Freilegungsfenstern verzichtet. Bei den über im Archiv befunden haben, dürfte werden in Ansichtsplänen kartiert. meisten Fassaden ist dies gut möglich, die Veränderung des Farbtons nur sehr Bei den Plänen handelt es sich um da sich an den zu untersuchenden gering sein. Ansichten der Straßbergerstraße Bereichen Ausbruchstellen finden 57 –71, 73 – 83 und 105 – 123.114 lassen. Diese werden zunächst trocken Die vorhandenen Rezepturen der vier Obwohl die Pläne die Fassaden der oder mit etwas Wasser gereinigt. Farbtöne für die Connollystraße und für Nadistraße nicht genau wiedergeben Wo es der Klärung dient, werden die die Straßbergerstraße werden zu (die Eingänge befinden sich auf der Ausbrüche mit dem Skalpell erweitert. Vergleichszwecken nachgestellt. Dafür jeweils linken Seite) wurde sie für Die Farben werden, wie bei der Unter- werden Trockenpigmente111 abgewogen diesen Bereich trotzdem verwendet, da suchung im Dorf der Frauen, optisch mit und vermischt. Die Mischungen werden es bei der Kartierung primär darum geht, dem NCS Fächer bestimmt. anteilig der Gewichtsprozente vorberei- einen Farbeindruck der Fassadengestal- Die Ergebnisse werden in Befundblätter tet. Die Gesamtmenge beträgt bei jedem tung festzuhalten. eingetragen und die Fassaden in der Trockenpigmentgemenge 100 g. Gesamtansicht und im Detail Anschließend werden die Mischungen 5.5.4 fotografiert. mit Alkydharz112 als Bindemittel im Befunduntersuchung Porzellanmörser angerieben. Dann Bei den ausgewählten Häusern der werden die Farben auf DIN A3 große Straßberger- und der Nadistraße handelt Pappen und ca. 5 x 14 cm große es sich um sog. „Einzelparzellierte“115. Pressspanplatten aufgestrichen. Nach Die Besitzer werden zunächst mit dem Trocknen der Farben werden sie Handzetteln über das Vorhaben in mit DIN A4 großen NCS-Farbmustern113 Kenntnis gesetzt. Einige Zeit später verglichen. werden sie persönlich um die Erlaubnis

34 5 Orientierungs- und Farbkonzept im Olympischen Dorf der Männer

5.6 Ergebnisse Die Bestimmung der Rahmenfarben zeigt Im Folgenden sollen die Ergebnisse der bei beiden Straßen kaum Unterschiede. Untersuchungen und Recherchen zur An den Rahmenleisten beider Straßen Originalfarbigkeit im Olympischen Dorf werden sehr ähnliche Farbtöne der Männer zusammengefasst werden. bestimmt. Dieses Ergebnis ist ver- Da es sich dabei um eine stichproben- wunderlich, da sich die Rahmenleisten artige Untersuchung handelt, werden die viel stärker voneinander unterschieden Ergebnisse nicht nach den angewende- sollten. Die Farben der Straßberger- ten Methoden aufgegliedert, wie es straße sollten ein dunkles Braun und die beim Dorf der Frauen erfolgte. der Nadistraße ein dunkles Grün zeigen. Stattdessen wurde ein dunkles Oliv- Eines der wichtigsten Ergebnisse ist die Braun bei beiden Straßenarmen Klärung der Urheberschaft der Farben in festgestellt. Die Untersuchung sollte diesem Bereich. Verantwortlich für daher unbedingt weitergeführt werden, Farben des Orientierungssystems ist um die Befunde zu verifizieren. Rolf Müller, die Urheberschaft der zusätzlich verwendeten Fassadenfarben liegt bei Hans Roericht.

Die Untersuchung der Flachbereichs- häuser hat ergeben, dass für die Fassaden, wie in Tabelle 8 beschrieben, zwei Farben aufgetragen wurden. Die Eingangstür bekam einem Farbton, Brüstungs- und Zwischenelemente einen weiteren Farbton. Hinzu kommt die Farbe der Rahmenleisten und Fenster- rahmen der Fassade. Bei der Farbigkeit der Rahmenleisten handelt es sich um einen sehr dunklen Ton derselben Farbenreihe117.

Insgesamt werden in der Nadistraße fünf nebeneinander liegende Häuser in einer Reihe von zehn Häusern untersucht. In der Straßbergerstraße werden insgesamt sieben Fassaden untersucht, die leider nicht zusammen- hängen.

Die Untersuchung der Fassaden der Nadistraße ergibt zum einen, dass nicht alle als Originalfarben bestimmten Farbschichten mit den von der Denkmal- behörde vorgegebenen Grüntönen über- einstimmen. Zum anderen zeigt sich, dass in diesem Abschnitt keine Übereinstimmung mit den Kombinations- möglichkeiten der Tabelle zu finden ist. Es ist keine Reihung, wie in der Tabelle erfasst, zu beobachten. Die Vermutung liegt also nahe, dass die Verteilung einem unbekannten Rhythmus unterliegt oder willkürlich gewählt wurde.

Da die untersuchten Fassaden in der Straßbergerstraße nicht nebeneinander liegen, ist eine Reihung gleich welcher Art nicht nachvollziehbar.

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97 Kopie der Akte vom 16. Sept. 1970 106 Nach Information von Frau Grüner 112 Die Wahl fiel auf Alkydharz, da es in im Anhang. Nach Information von (ODBG) könnten einzig die den 70er Jahren ein im Außen- Rolf Müller war er im Besonderen Bauträger, sofern sie noch bereich vielfach verwendetes für die Gestaltung und Farbgebung existieren, eventuelle Unterlagen zu Bindemittel war. Außerdem findet des Orientierungssystems im Farbherstellern oder ausführenden sich in der Ausgabe 8 des Olympischen Dorf zuständig. Handwerkern haben. Dies scheint Deutschen Malerblattes von 1972 98 Aufgemalte Symbole und aber aufgrund der verstrichenen die Angabe, dass im Außenbereich Farbstreifen, angebracht an den Zeitspanne aussichtslos. neben Kunstharz-Dickschichtlacken Stirnseiten der Hochhausbauten 107 Roericht war Mitarbeiter im auch Polymerisationsharzlackfarben sollten diese Funktion übernehmen. Gestaltungsteam um Aicher und verwendet wurden. 99 Bauen+Wohnen 7/1972, S. 336. dort zuständig für die Abteilung 113 Diese Farbmusterkarten tragen den 100 Zeitschrift md 6/1971, S. 59 – 63. „Ausstattungsobjekte“. In seinem Farbton, der mit der Unteren 101 Das Schild mit der Hausnummer ist privaten Archiv befinden sich, nach Denkmalschutzbehörde, EIG und in den Farben des Orientierungs- Information von Kilian Stauss, den Verwaltungen abgestimmt systems der jeweiligen Straße einige Kartons mit Inhalten zu der wurde. lackiert worden. Olympiade 1972, die momentan 114 Diese Pläne wurden mir Darauf befinden sich das noch nicht erfasst sind. Stauss ist freundlicherweise vom Mitglied der Straßensymbol, die Hausnummer für die Orientierungsplanung des EIG Ludger Korintenberg zur freien und der Straßenname. Im Laufe der Neubaus des Studentendorfes Verfügung überlassen. Jahre werden viele dieser Schilder zuständig. Es ist der Sohn von 115 Die Besitzer der Häuser sind einzeln ersetzt oder überstrichen. Die Eberhard Stauss, der ebenfalls ein mit ihren Parzellen im Grundbuch originale Gestaltung ist nur noch an Mitarbeiter der Abteilung für erfasst. einzelnen Schildern ablesbar. Visuelle Gestaltung war. 116 Es wäre wünschenswert diese 102 Monika Mühlenbeck-Krausen, 108 Aicher Archiv Ulm, Untersuchung mit einem längeren Architektin und Bewohnerin des Inv.Nr.: Ai. P. 265.1-82. Vorlauf weiterzuführen. ODM, hat sich sehr detailliert mit Blatt 2.1 Farben – Sekundärfarben, 117 Wienands wies darauf hin, dass es der Farbthematik beschäftigt. Auf Austattungsprogramm 3 sich bei den Farbtönen der ihr Engagement, zusammen mit der (Großdekorationen, Kaschierung, Fensterrahmen um den Farbwert ODBG und der EIG, reichen die Ausschmückung; Arbeitsgruppe eines mittleren Anthrazits handelte, Bestimmung der Olympiafarben bei Visuelle Gestaltung und Design um die horizontale Gliederung der NCS in Schweden und die (Roericht). Dez. 70). Etagen hervor zu heben. Dies gilt Diskussion mit der Unteren 109 Ähnlich eines Lösungsmitteldreiecks besonders für die Hochhausbauten. Denkmalschutzbehörde bezüglich nach Teas. der zu verwendenden Farben bei 110 Die acht Olympiafarben lassen sich einem Neuanstrich der Fassade laut MÜLLER in drei Ordnungen zurück. unterteilen: 103 BR 1, BR 2, BR 3, BR 4 (Braun) für 1. Ordnung: Weiß und Blau, die Straßbergerstraße und BL 1, BL 2. Ordnung: Silber, (Hell-) Grün und 2, BL 3, und BL 4 (Blau) für die Orange, Connollystraße. 3. Ordnung: Blauviolett, Dunkelgrün 104 Die Bestimmung wurde von Frau und Hellorange. Mühlenbeck-Krausen bereits im 111 Trockenpigmente der Fa. Kremer Rahmen ihrer Recherchen zur Pigmente. Verwendet wurden: Farbigkeit des Olympischen Dorfes Chromoxidgrün (Stumpf), durchgeführt. Eisenoxidrot (Mittel), 105 Wirft man einem Blick auf die Eisenoxidbraun (Mittel), Tabelle mit den Kombinations- Eisenoxidschwarz (farbstark, opak), möglichkeiten der Farbverteilung, so Eisenoxidgelb (Mittel), fällt auf, dass nur zehn von zwölf Heliogenblau (Königsblau) und Möglichkeiten angewendet wurden. Titanweiß (Rutil, reinst Weiß, Die jeweils letzte Kombination lässt höchst deckend). die Wahl für das Brüstungs- und Zwischenelement bei Wohnarm A und B offen, bei Wohnarm C wird die Türfarbe nicht belegt.

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Zusammenfassung und Ausblick

In der vorliegenden Diplomarbeit wurde Zahl, in die Betrachtung einzubeziehen, Erstrebenswert ist außerdem eine das Farb- und Orientierungskonzepte wäre es wünschenswert, die Bungalow- Inventarisierung des alten Bauarchivs in des Olympischen Dorfes München im quadrate weiter zu untersuchen, um die der ODBG. Dort könnten sich weitere Hinblick auf verschiedene Frage- Ergebnisse dieser Untersuchung zu interessante Akten und stellungen betrachtet. Neben der vervollständigen. Ausführungspläne befinden. theoretischen Darstellung und der Dazu bietet sich besonders der Bereich Auch das private Archiv von Hans Einführung in die Baugeschichte wurden G an, da sich dort die meisten Roericht dürfte weitere wichtige praktische Untersuchungen in beiden zusammenhängenden Eingangstüren Informationen beinhalten. Dort ist mit Dorfteilen durchgeführt. erhalten haben. großer Wahrscheinlichkeit auch der Die gesamte Anlage unterliegt seit ihrer Im Rahmen der anstehenden Farbfächer mit den Farbkarten aus dem Fertigstellung dem Veränderungsdruck Restaurierung der Denkmalbungalows „Normenbuch – F“ zu finden. der Modernisierung, Instandhaltung und sollte in jedem Fall eine Fassungsunter- Pflege, so dass es schwer ist, die suchung der eingebauten Windfänge Um ein gesamtes Bild von der Farbigkeit ursprüngliche Farbigkeit erfolgen, da diese nach Aussage von der Olympischen Spiele 1972 zu nachzuvollziehen. Herrn Wirsing ebenfalls farbig lackiert erhalten, sollten auch die Wettkampf- waren. stätten im Olympiapark gründlich Im ersten Teil dieser Arbeit wurde untersucht und mit der Farbigkeit im zunächst die gesamte Anlage auf dem Für die Beantwortung der Fragen zur Dorf verglichen werden. Für diesen Oberwiesenfeld, die für die Olympischen Problematik der Originalfarbigkeit im Bereich gibt es ebenfalls interessantes Sommerspiele 1972 errichtet wurde, mit Olympischen Dorf der Männer war vor Bildmaterial. Eine solche Untersuchung ihren unterschiedlichen Funktionen allem die Quellenrecherche äußerst könnte eventuell im Rahmen einer vorgestellt. erfolgreich. Im Otl Aicher Archiv in Ulm Diplomarbeit durchgeführt werden. Daran schloss sich die Ausführung der konnte ein bislang unbekanntes Normen- Grundlagen der „Visuellen Gestaltung“ buch eingesehen werden, das für die Abschließend lässt sich feststellen, das an. Es folgte die nähere Betrachtung des Fassadenfarbigkeit der Flachbereichs- das Design und die Farben der Olympischen Dorfes mit seinem Farb- bauten wertvolle Erkenntnisse lieferte. olympischen Spiele in München einen und Orientierungssystem. Die Befunduntersuchung der Fassaden großen Wiedererkennungswert haben. im Dorf der Männer zeigte eine Aicher hat mit seinem Team ein Das Orientierungssystem im Unstimmigkeit der ermittelten Farbtöne vereinheitlichtes System für die zu Olympischen Dorf der Frauen besteht im Vergleich zu den von der Unteren gestaltenden Elemente entwickelt, dass aus der Kombination verschiedener Denkmalschutzbehörde vorgegeben sich auch heute noch großer Beliebtheit Systeme. Zum einen gibt es ein Farbmustern. erfreut. Farbsystem, bei dem immer drei Farben Ein bestimmter Rhythmus in der Mit der Vorgabe der Farben konnten einen Bungalow charakterisieren. Dann Verteilung der Farben an den Fassaden viele gestalterische Aufgabenstellungen, gibt es ein System aus Buchstaben und konnte nicht festgestellt werden. die im Laufe der Vorbereitungsphase Ziffern, die in Kombination ebenfalls auftraten, schnell gelöst werden. einen Bungalow beschreiben. Als ein Weitere Untersuchungen dieses Bereichs Zwar ist aus den „Richtlinie und Normen weites grafisches System kann die wären sinnvoll, um die gestellten Fragen für die Visuelle Gestaltung der unterschiedliche Positionierung des noch eingehender zu beantworten, als Olympischen Spiele München 1972“ kleinen Quadrates angesehen werden. es im Rahmen dieser Stichprobe möglich kein so kleinteiliges Corporate Design Diese Systematik ergänzt das war. Dazu wären eine längere Vorlauf- geworden, wie es Aicher zuvor Farbsystem und wirkt spielerischer. phase und eine Vergrößerung des beispielsweise für die Lufthansa Durch Befunduntersuchung und Untersuchungsbereichs wünschenswert. entworfen hat, aber es ist ein variables, mikroskopische Analysen konnten die vereinheitlichtes, fröhlich-buntes Bereichsfarben, die Gassenfarben und Ebenfalls zu begrüßen wäre, ein Gestaltungssystem entstanden. die Farben der Bungalowquadrate an 51 übersichtliches und verbindliches Eingangstüren ermittelt werden. Anhand Konservierungskonzept für das gesamte von zeitgenössischem Bildmaterial Denkmalensemble erstellt würde. Des konnte die Erneuerung der Gassentafeln Weiteren könnte eine „Musterreihe“ mit belegt und die Gestaltung der Tafeln nach Befund rekonstruierten Fassaden von 1972 beschrieben werden. helfen, die kritischen Bewohner des Auch die Urheberschaft der ursprüng- Dorfes von der Notwendigkeit der lichen Farbgebung konnte ermittelt Erhaltung der Originalfarbigkeit zu über- werden. Sie obliegt Otl Aicher, der mit zeugen. dem Architekten der Bungalowanlage Für ein solches Konzept sollten auch die gut befreundet war. Hochhausbauten untersucht und die dortige Farbigkeit mit den bisherigen Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht Ergebnissen verglichen werden. möglich war, alle noch vorhandenen originalen Bungalowtüren, 246 an der

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Danksagung

Abschließend möchte ich mich bei alle Ich möchte mich weiter bedanken für Besonderer Dank gilt Judith, Katrin, denen bedanken, die mich während die hilfreichen Informationen, für zur beiden Marias und Flo, denn ohne meiner Diplomarbeit so großartig Verfügung gestelltes Bildmaterial, sowie unsere wöchentlichen „Diplomstamm- unterstützt haben. wertvolle Diskussionen, die mich in tische“ und die moralische Ich danke Herrn Emmerling für die meiner Arbeit oft auf die richtige Spur Unterstützung wären manche Betreuung und sein großes Interesse an geführt haben, bei: Durststrecken noch ärger geworden. der Thematik des Olympischen Dorfes. Herrn Deusch (Geschäftsführer ODVG), Auch bei Mirjam bedanke ich mich, da Des Weiteren danke ich Prof. Wienands (TU München), sie so spontan Zeit gefunden hat für die Herrn Dr. Walter (BLfD) für die Herrn de Riese (Olympiafotograf 1972), Schlusskorrektur. konstruktive Kritik und die Frau Dr. Rinker (Otl Aicher Archiv Ulm), Auch meinen größten Kritikern und motivierenden Gespräche. Frau Grüner (Sekretariat ODBG), Freunden Henning und Jörg sei für ihre Herrn Maßberg, Frau Seydel (Studentenwerk München), stets schnelle „Computernothilfe“, Leiter des Studentenwerks München, Frau Mühlenbeck-Krausen (EIG), Korrekturvorschläge und seelische danke ich für die spontane Zusage die Herrn Korinthenberg (EIG), Unterstützung immerwährender Dank Untersuchungen der Bungalows im Dorf Herrn Goedeckemeyer (EIG), gewiss. der Frauen durchführen zu können. Herrn Ostermaier (EIG), Bleibt noch mich bei Martina Fischer zu Für die vielen Informationen und Frau Mandel bedanken, die mir erfolgreich den Einblicke in die Geschichte des (ehem. Mitarbeiterin HWP), aufmerksamen Umgang mit Studentendorfs und die rührende Herrn Wirsing (Architekt ODF) Kunstwerken beigebracht hat und ohne Hilfestellung bei sämtlichen Problemen Herrn Stauss die ich mein Studium nicht begonnen danke ich Herrn Sobel, Technischer (Stauss & Pedrazzini Parnerschaft), hätte. Inspektor im Studentendorf. Herrn Gosmann (Büro Bogevisch), Herr Müller (ehem. Mitarbeiter Aichers) Prof. Roericht (ehem. Mitarbeiter Aichers), Herrn Dr. Müller (Bewohner), Frau Volz (Bewohnerin) und natürlich bei Kristina Schelinksi, die mich bei der Anfertigung der Querschliffe tatkräftig unterstützt hat.

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