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GUIDE TO BERLIN ANOTHER STORY OF SOLE FROM A VANS ORIGINAL IN STORES NOw vans.com/vansbook © 2009 VANS INc.

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VICE GUIDE TO BERLIN Cover–Foto von Andy Kania

WILLKOMMEN IN BERLIN 12 VERSTECKTE PERLEN 54 MITTE 16 FASHION: PANZERFAHREN 64 PRENZLAUER BERG 26 PARTY 72 KREUZBERG 36 EIN TAG MIT PEACHES 78 FRIEDRICHSHAIN 42 KUNST 80

© 2009 adidas AG. adidas, the Trefoil logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group. adidas.com/originals NEUKÖLLN 46 EIN TAG MIT K.I.Z. 84 Charlottenburg 50 STADTPLAN 86 Berlin celebrates

REGULARS: 6 Impressum 8 Mitarbeiter 10 Tidbits 56 DOs & DON’Ts Foto: Max Paul . . . sich und seine Mode. Berlin setzt Trends und zieht Menschen aus aller Welt mit außergewöhlichen Stylings in seinen Bann. Lasst euch inspirieren und feiert mit 4 VICE BERLIN adidas Originals auf der Bread&Butter Berlin 2009. IMPRESSUM

CHEFREDAKTEUR HERAUSGEBER Tom Littlewood (tom@.de) Benjamin Ruth ([email protected])

MUSIK ADVERTISING Andreas Richter ([email protected]) Benny Eichelmann ([email protected]) Carsten Kritscher ([email protected]) REDAKTION Julia Hofbauer ([email protected]) Barbara Dabrowska ([email protected]) Martina Kix ([email protected]) ONLINEMARKETING Gabriel Platt ([email protected]) FASHION Nina Byttebier ([email protected]) EVENTS Nicolas Mönch ([email protected]) KORREKTUR Konrad Lehnert LAYOUT Benni Pollach ([email protected]) TEXTE Barbara Dabrowska, Martina Kix, PRODUKTION Andreas Richter, Juliane Liebert, Daniel Graf ([email protected]) Felix Nicklas, Neale Lytollis DISTRIBUTION FOTOS Miriam von Toffl Andy Kania, Max Paul, Jan Au, ([email protected]) Maxime Ballesteros, Christoph Voy, BUCHHALTUNG Georg Roske, Tanja Kernweiss, Karin Helfer ([email protected]) Barbara Dabrowska, Tanja Krokos RECHTSBERATUNG ILLUSTRATIONEN Schlüschen & Müller Berlin Hanna Andersson VERANTWORTLICH PRAKTIKANTEN Tom Littlewood Inez Kreiten, Victor Stoljarow, Juliane Liebert, Max Bondy, Sarah Braun CEO, GROUP EUROPE Andrew Creighton US REDAKTEUR ([email protected]) ([email protected]) VICE Germany, Brunnenstr. 196 EU REDAKTEUR 10119 Berlin, Germany Phone: +49 30 4005449-10 ([email protected]) Fax: +49 30 4005449-20

Alle veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt und Eigentum der VICE Deutschland GmbH. Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit schriftlicher Erlaubnis des Herausgebers zulässig. Informationen über Abonnements auf www.viceland.de Münzstrasse 14-16/Max-Beer-Strasse | 10178 Berlin Phone: 030 600 59 21 9 | Mail: [email protected] 6 VICE BERLIN www.wesc.com MITARBEITER OakleyReinvent.com Oakley Icon Ltd.: (+41) 448296100, www.oakley.com

MAXIME BALLESTEROS Fotograf Maxime hat nach seinem Kunststudium in St. Etienne Frankreich hinter sich gelassen, um sich in Berlin dem, was er als intellektuelle Foto- grafie bezeichnet, sowie der Dokumentation der Partywelt Berlins zu widmen. Für den Vice Guide to Berlin ist er in der prallen Sonne mit drei großen Kameras hinter einem Panzer her gerannt und hat Staub eingeatmet wie ein Kohlebergbauer.

MAX PAUL & JAN AU Die beiden Schuljungs und Fotografen lassen sich auch nicht dadurch auseinanderreißen, dass Jan unter der Woche immer in einem Internat für Bon- zenkinder in Bonn festsitzt. Wie Pech und Schwefel verbunden, dokumentieren sie jedes Wochenende diese ganz kurze, goldene Zeit des Abspackens, die kommt, bevor ihr alt und langweilig werdet. Ihre Fotos findet ihr im ganzen Guide. The evolutionary process continues. HANNA ANDERSSON Synth-pop. Neon. New wave wannabes. If these terms that helped define these times. We have taken those Hanna ist Schwedin und lebt irgendwo außerhalb are foreign to you, you probably weren’t born yet. The stylings and inspiration to redefine and redesign them 80‘s were all about the Cold War, video games and music into the new Oakley Jupiter. A classic look with a new von Stockholm, wo sie sich den ganzen Tag lang television. And don‘t forget the Frogskins, a sunglass twist. So here’s to looking forward while looking back. verkriecht (wenn sie nicht gerade in die Uni muss) und zeichnet und illustriert und sich dabei von psychedelischen Monstern, Pilzen, Naturphäno- menen, Sci-Fi, 70er-Comics und der Dunkelheit inspirieren lässt. Ihre Berlin-Karten sind Monster,

die von Viren befallen sind und euch helfen sollen, Marlon Lipke in Oakley Jupiter™ sich zurechtzufinden.

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oakley_AD_MLipke-ViceGuideBerlin-115x165.indd 1 02.05.2009 12:45:07 Uhr TIDBITS (DINGE, DIE WIR AN BERLIN LIEBEN)

TRINKEN Gibt es noch einen anderen Ort auf der Welt, wo du zum Preis von 65 Cent ein leckeres, kühles Bier kriegst? OK, wahrscheinlich in irgendwelchen Möchtegernländern im Nahen Osten, aber es gibt einfach weit und breit nichts, was ein Sterni im Preisleistungs- verhältnis UND Geschmack schlägt.

DROGEN Wir haben alle kein Geld für Drogen mehr, darum sammeln wir die Spritzensets aus dem Au- tomaten am Kotti jetzt nur noch WOHNEN zum Spaß. Es gibt sie in allen Früher war Wohnen in Berlin so billig, unterschiedlichen Farben und dass du für deinen Flaschenpfand Formen, am begehrtesten sind einen ganzen Plattenbau für drei Jahre bei uns die grünen langen. Also für dich alleine hattest. Seit alle nach schickt sie uns, wenn ihr noch Berlin ziehen, musst du fünfzehn Be- welche habt, wir tauschen gegen werbungsgespräche mit eingebildeten die kurze rosa Ausführung. Designstudenten führen, um für zwei Wochen ihre Abstellkammer zu kriegen PROTEST! und pro Klonutzung extra zu blechen. In Berlin leben hauptsächlich Studenten und Künstler, kurzum, Leute, die nichts zu tun haben und ständig gegen irgendetwas protestieren. Meistens demonstrieren die Linken gegen die Demos der Rechten und umgedreht. Dabei werden sie für gewöhnlich von einem nochmal so großen Schwarm von Fotojournalisten verfolgt.

10 VICE BERLIN EinLEITUNG

NA DENN WILLKOMMEN IN BERLIN, DU PFLAUME

Die Leute kommen aus den unterschiedlichsten Gründen nach Berlin. Entweder wollen sie hier ein Café für Schwule eröffnen, Schauspiel studieren, „was mit Medien machen“ oder Partys organisieren. Merkst du was? Nach Berlin ziehen bedeutet, dem Ernst des Lebens zu entfliehen. Genau dafür bietet die Stadt die besten Voraussetzungen. Berlin ist ständig in Bewegung. Die Leute, die keine Lust mehr auf Hundescheiße und Hartz4 gespon- sertes La Dolce Vita haben, fliehen und dafür strömen enthusiastische Menschen mit Studienabschlüssen und frischen Ideen aus aller Herren Länder in die Stadt,

um dann nach einem halben Jahr festzustellen, dass sie einer von einer Milliarde Foto: Georg Roske

12 VICE BERLIN EinLEITUNG sind. Aber das ist egal, denn jeder feiert das Gefühl, hier machen zu können, was man will. Egal wie bescheuert du aussiehst, es interessiert hier niemanden. Davon abgesehen ist wirklich jeder gleich beschissen dran. Die Stadt ist pleite, die Studenten leben vom Geld ihrer Eltern, die Kreativen und urbanen Bohemians sind chronisch unterbezahlt und der Rest lebt von Stütze. Allerdings ist das noch lange kein Grund, in Existenzkrisen abzurutschen. Die Mietpreise sind lachhaft und das, was du jeden Monat irgendwie zusammen kratzt reicht aus, um jede zweite Nacht die Sau rauszulassen. Tatsächlich hat Berlin zu Recht den Ruf ein gutes Nachtleben zu haben. All die anderen Klischees, die über die Stadt kursieren, sind meistens ein klein wenig übertrieben. Es ist nicht so, dass du hier ständig den Ikonen des Zeitgeschehens begegnest, die gerade in einem Café in Mitte an ihren neuen Drehbüchern, Top 10-Hits oder Krebsheilmittelstudien schreiben. Es sei denn, du zählst Gestalten wie Daniel Brühl oder Jana Pallaske oder MTV-Moderatoren dazu. Und auch die Legende, sich hier im Zentrum des kulturellen und politischen Geschehens zu befinden ist Quatsch, weil keiner so richtig weiß, wo das Zentrum überhaupt ist. Irgendjemand kam mal auf die Idee, Berlin durch Eingemeindungen so lange aufzupimpen, bis die Stadt so riesig ist, dass sich niemand zurecht findet und es Viertel gibt, die du in deinem Leben nie besuchen wirst. Der Berliner sagt übrigens nicht Viertel, sondern Kiez und verteidigt seinen eigenen bis aufs Blut. Der Berliner an sich ist übrigens im Grunde seines Herzens ein liebenswerter Mensch, doch nach außen gibt er sich als patziges Arschloch zu erkennen. Damit diese Eigenart auch glaubwürdig rüberkommt, wurde die Berliner Schnauze erfunden. Sie ist in ihrer Urform nur noch selten anzutreffen, da es so etwas wie echte Berliner kaum noch gibt, aber Immigration und Gangsta Rap haben schon zu neuen, wirklich amüsanten Weiterentwicklungen geführt. Man sagt ja auch, Sprache ist lebendig. Berlin ist es ebenfalls. Herzlich willkommen! „ICK LACH’ MIR ’N’ AST, UND SETZ MIR DRUFF.“ NICOLAS MÖNCH

14 VICE BERLIN MITTE

Mitte ist das Zentrum des Universums. Zumindest des Universums Berlins. Von DAS dort strahlt die Coolness der Hauptstadt auf die ganze Bundesrepublik aus wie der leckgeschlagene Reaktor in Tschernobyl. Aber bevor du jetzt denkst, dass ZENTRUM der ganze heiße Scheiß aus diesem Stadtteil kommt – das ist nur der Fiebertraum eines delirierenden Telenovela-Drehbuchautoren. In Wirklichkeit rennen alle nur nach Mitte, um dort ihren Latte zu trinken, während sie sich gegenseitig DES maßlos mit ihrer Coolness auf die Nerven gehen.

UNIVERSUMS ST. OBERHOLZ – Rosenthaler Str. 72a Unter den Holzdielen des Oberholz’ sprudelt die Quelle des Berlin-Mitte- IN MITTE GEHEN SICH Klischees. Nicht gerade günstige Sandwichs, Kaffee, ein paar Tagesgerichte und ALLE mit ihrer Coolness haufenweise hinter Macs verschanzte Werbeagenturpraktikanten, die sich selbst auf die Nerven. als „Digitale Boheme“ inszenieren. Das Publikum dürfte zu 70% aus Leuten, die Blogs schreiben, bestehen und sich pro Werbebannerklick einen Web-2.0- finanzierten Latte hinter die Binde kippen. Weitere 20% sind Stylistinnen, die sich von der hoch komplizierten Auswahl der Mädchenhemden für die nächste schwule Jungsband aus Sachsen erholen müssen. Die verbleibenden 10% kommen einfach, weil es hier unheimlich gute Schokoscones gibt.

KINO CENTRAL – Rosenthaler Str. 39 Das Kino Central liegt in einem Hinterhof, in dem junge, zugezogene Berliner scheinbar ihren Großeltern demonstrieren wollen, was Graffitis sind. Es gibt hier nur zwei Säle, aber dafür läuft alles im Original und die Tickets sind billiger als nebenan im Filmtheater Hackesche Höfe. Wenn der Film eurer Wahl trotzdem nur in den Höfen läuft, könnt ihr euch hier salziges Popcorn kaufen und mit in die Vorstellung nebenan schmuggeln, weil sie da nur süßes haben.

FIRMAMENT – Schröderstr. 8 Das Firmament ist einer dieser Klamottenläden, bei denen du beim ersten Besuch befürchtest, nach zehn Sekunden wieder rausgeschmissen zu werden, weil du deine Schnürsenkel falsch gebunden hast. Es ist eine feudale Mitte-Wohnung, sehr puristisch und geschmackvoll eingerichtet. Da du meistens der einzige

Foto: Christoph Voy Kunde bist, hast du die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden.

16 VICE BERLIN VICE BERLIN 17 MITTE MITTE

BLUSH – Rosa-Luxemburg-Str. 22 BARCOMI’S DELI – Sophienstr. 21 Sobald du über die Türschwelle trittst, empfängt dich eine Aura durchdringender Für Amerikaner, die ihre Hintern den ganzen weiten Weg nach Berlin geschleppt weiblicher Sinnlichkeit. Die Verkäuferinnen, die gerade nicht in Kundengespräche haben, ist das der richtige Hafen, um mit ihren dicken Yankee-Ärschen anzule- verwickelt werden, sind geschult darin, männlichen Kunden auffällig unauffäl- gen. Sie können hier den ganzen Tag starken Kaffee trinken, leckeren New York lige, scheue Blicke zuzuwerfen, was vermutlich den Umsatz verzehnfacht. Keine Cheesecake in sich hineinstopfen und der ganzen Welt mit ihren lauten Stimmen Ahnung, was die Qualität der Höschen und BHs angeht, aber die Dekolletés des verkünden, dass solche Läden einfach „so Berlin“ sind. (S. 86, Nr. 4) Personals sind wirklich einen Besuch wert. (S. 86, Nr. 1) 8MM – Schönhauser Allee 177b NEUROTITAN – Rosenthaler Str. 39 Diese kleine, düstere Bar in der Schönhauser Allee hat es aus unerfindlichen Wenn du dich für Kunst zwischen Underground, der Underground sein will, Gründen geschafft, der trendy Aftershowladen Nummer eins zu werden. und Underground, der sich auf dem Weg zum etablierten Kunstbetrieb befindet, interessierst, dann solltest du das Neurotitan besuchen. Es gibt zum einen eine ROTATION – Weinbergsweg 3 Galerie mit monatlich wechselnden Ausstellungen und einen Artshop, in dem Plattenläden sind in Berlin nichts Besonderes. Aber für Leute, die sich mit elek- du all das kaufen kannst, womit sich mittellose Künstler so den Tag vertreiben: tronischer Musik auskennen, führt trotzdem kein Weg am Rotation vorbei. Bevor Comics, Siebdrucke, T-Shirts, Artbooks, Vinyls etc. du gehst, wirf auf jeden Fall einen Blick in die Promo-Kiste neben der Tür, da kannst du ab und an wirkliche Kostbarkeiten erhaschen. (S. 86, Nr. 5) CAMPER – Neue Schönhauser Str. 11 Inzwischen hat sogar Bernhard Willhelm seine Models mit Camper ausgestattet, COFFEIN BAR – Neue Schönhauser Str. 15 und der Typ, der in der Galerie zwei Straßen weiter arbeitet, würde nie wieder Hier gibt‘s den besten Kaffee in Mitte. (S. 86, Nr. 2) andere Schuhe tragen. Na, was sagst du jetzt? (S. 86, Nr. 2)

DO YOU READ ME? – Auguststr. 28 Hier bekommst du wirklich alle internationalen Magazine und ausgefallenen Zines, die du dir jemals erträumt hast. Im Vergleich dazu scheint alles andere, was du in Berlin bekommst, mittelmäßig und sehr deutsch. (S. 86, Nr. 3)

25BOOKS – Brunnenstr. 152 Die beste Auswahl an Fotobüchern findest du bei 25Books. Obwohl die Öff- nungszeiten an Anarchie grenzen, ist jedes Buch, das du im Showroom findest, es wert, mindestens einmal durchgeblättert zu werden. Etwa einmal im Monat findet dort eine Ausstellung oder eine Book Release Party statt, auf der Spex- Leser mit dem Fremdwörterbuch in der Hand über die Popkultur der 90er philosophieren. Foto: Maxime Ballesteros

18 VICE BERLIN VICE BERLIN 19 MITTE

CLÄRCHENS BALLHAUS MITTE – Auguststr. 24 Es ist groß, laut und hat die größte Diskokugel der Stadt. Ein unprätentiöser Laden, in dem Leute aus allen möglichen Bereichen aufeinandertreffen und zu Disco, Swing und Pop tanzen. Lass deine hohe Nase an der Tür ... oder geh ins Picknick! (S. 86, Nr. 3) FOTO: JÜRGEN SCHABES | HOUSE OF STARS PRODUCTION JÜRGEN SCHABES | HOUSE OF STARS FOTO:

WHITE TRASH – Schönhauser Allee 6-7 Nomen est Omen. Ignoriere einfach die ganzen Touristen, „Rock’n’Roller“ und „Tattoo-Künstler“, tu dein Bestes, um nicht den Zorn des Türstehers auf dich zu ziehen und mach dir einen netten Abend. Die Konzerte sind manchmal auch ganz gut und wenn du nett fragst, basteln sie dir sogar um Mitternacht ein paar Geburtstagskerzen auf den Brownie für deine Freundin.

APARTMENT – Memhardstr. 8 Definitiv einer der besten Modeläden in Berlin. Wenn du zu denen gehörst, die sich tatsächlich eins der wunderschönen Teile leisten können, tja, dann herzlichen Glückwunsch, es muss echt hart gewesen sein, damit aufzuwachsen, Gold zu essen und Diamanten zu kacken. (S. 86, Nr. 6)

CASH – Memhardstr. 8, Ecke Rosa-Luxemburg-Straße Das Cash ist ein minikleiner Laden mit tonnenweise Zeug, das letzte Saison im Apartment hing und leicht überteuerten Secondhand-Designerklamotten. Es ist auf jeden Fall der richtige Ort, um diese orangefarbenen Bernhard-Willhelm- Tigerleggings zu finden, nach denen du immer gesucht hast. (S. 86, Nr. 6)

ADIDAS ORIGINALS STORE – Münzstr. 13-15 Hier findest du alles, was du in einem Adidas Originals Store erwarten würdest, inklusive dieser ganzen limitierten Sondereditionen und einer Ecke, in der du deinen eigenen Schuh entwerfen kannst. (S. 86, Nr. 7)

ALT BERLIN – Münzstr. 23 Ahh, Alt-Berlin. Ein verrauchtes, dunkles Loch, das nach den Bieren von letzter Nacht und Toilettensteinen riecht. Diese Bar hat den Krieg, die DDR F95 A LIFESTYLE CONCEPT STORE || FRANKFURTER ALLEE 95|97 10247 BERLIN || WWW.F95STORE.COM 20 VICE BERLIN

F95_ViceGuide_115x165_RZ.indd 1 12.06.2009 19:20:41 Uhr MITTE und Millionen von Touristen überlebt, also wird sie auch deinen Besuch noch überstehen. (S. 86, Nr. 7)

DOLORES – Rosa-Luxemburg-Str. 7 Im Dolores bekommst du großartige, gesunde Burritos und Salate. Du solltest dich nur nicht über den Heuschreckenschwarm an Leuten aufregen. Oder dar- über, dass du bei jeder Zutat ungefähr drei Optionen zur Auswahl hast und die Leute vor dir sich über jede von ihnen mindestens drei Minuten lang den Kopf zerbrechen. (S. 86, Nr. 1)

Monsieur Vuong – Alte Schönhauser Str. 46 Davor stehen immer entweder zehntausend Menschen Schlange, oder es ist gerade geschlossen. Ihr könnt es gerne probieren, aber wir bezweifeln, dass ihr Glück habt. Wahrscheinlich kochen die da gar nicht.

CITYSTAY – Rosenstr. 16 Wenn die vom Citystay Hostel sagen, es liegt zentral, meinen sie das so: Es befindet sich im Zentrum von Mitte direkt beim Alexanderplatz. Außerdem haben sie ein wirklich angenehmes Interieur, eine Terrasse, einheimisches Store, Berlin Rochstr. 18 Opening Hours 10178 Berlin Mo-Sa 12-20 Uhr

Foto: Maxime Ballesteros

www.dunderdon.com 22 VICE BERLIN MITTE

Personal und gutes Frühstück. Eigentlich willst du dich gar nicht vom Hostel entfernen, sondern den Rest deines Lebens unter den, für Hostelverhältnisse, unglaublich hygienischen Duschen verbringen. Dafür bist du doch nach Berlin gekommen, oder?

WEINBERGSPARK Der Weinbergspark ist so popelig klein, dass du gerade mal fünf Minuten brauchst, um einen repräsentativen Gesellschaftsquerschnitt zu beobachten. Der fängt ganz unten bei den Pennern an, die vorne auf den Bänken sitzen. (Geh nicht zu nah an ihnen vorbei, manchmal müssen sie sich ganz plötzlich übergeben.) Bahne dir auf halber Höhe den Weg vorbei an den Pärchen, die auf der Wiese zwischen den Müllhaufen rummachen und komm schließlich ganz oben an, bei den todschicken Touristenfamilien, die sich auf der Terrasse des Nola’s Schweizer Torten reinstopfen.

NEUE ODESSA BAR – Torstr. 89 Abgesehen davon, dass man da rauchen kann und alle ständig hingehen, ist die Bar relativ unspektakulär. Die Bedienungen gehören zu den lustigsten in ganz Mitte und das Bier kommt, wie es die Berliner Mode so will, konsequent aus Tschechien.

SCHOKOLADEN – Ackerstr. 189 Wenn du eine Wiener Metallband oder ein sizilianischer Hiphopper oder sonst jemand bist, der nirgendwo die Chance hat, aufzutreten, dann versuch’s mal im Schokoladen. An fünf Abenden die Woche spielen hier Bands wirklich jeder Couleur. In sechzig Prozent der Fälle ist es cool, in zehn unterirdisch und bei den restlichen dreißig Prozent kennst du die Freundin des Cousins des Drummers.

KIM – Brunnenstr. 10 Das Kim besteht aus Chrom und Glas, ist so weiß und sauber und derart 80er New Wave, dass du mit jedem in diesem Laden ungeschützten Geschlechtsverkehr auf der Toilette haben könntest, ohne dir irgendwas einzufangen.

24 VICE BERLIN Prenzlauer Berg

Irgendwann trifft es jeden in Berlin. Nach unzähligen One-Night-Stands und dem sinnentleerten Ficken auf Clubtoiletten färbt sich der Schwangerschaftstest. Nachdem du erst mal „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ krakeelst und mit dem Le- KINDERKACKE ben abgeschlossen hast, ziehst du am besten sofort nach Prenzlauer Berg. Dort hängst du dann, je nach Geschlecht, entweder mit den alleinerziehenden Vätern Nachdem du erst mal „ScheiSSe, ScheiSSe, im Mauerpark oder den alleinerziehenden Müttern auf dem Käthe-Kollwitz- ScheiSSe“ krakeelst und mit dem Leben Platz ab. Die wenigen Singles, die du im Prenzlauer Berg antriffst, sind auch abgeschlossen hast, ziehst du am Besten bedauerlich einfach zu kategorisieren: Sie haben noch nicht mitbekommen, sofort nach Prenzlauer Berg. dass der Zug abgefahren ist und ziehen weiter ihre kleine Hipster-Show ab. Trotzdem gibt es einige Relikte aus Zeiten, in denen P-Berg, wie die Assis es nennen, noch cool war und den Charme der Bronx versprüht hat.

GALLERY – Oderberger Str. 48 Hier gibt es die schönsten Stücke für die Frau aus Mitte, in denen du am Hacke- schen Markt mit der Zigarette in der Hand flanieren und dir einbilden kannst, du wärst Grace Kelly. Vergiss den richtigen Lippenstift nicht.

DR. PONG – Eberswalder Str. 21 Der Schokokern der Bar ist definitiv die Tischtennisplatte, um die sich scheinbar die Hälfte des Bezirks quetscht, um ein bisschen Pingpong zu spielen. Diese Verbindung von Sport und Alkohol ist laut, billig und marode. (S. 86, Nr. 12)

CUPCAKE BAKERY BERLIN – Zionskirchstr. 36 In diesem niedlichen kleinen Café werden klassische, hausgemachte Cupcakes serviert. Wenn du das Ganze mit englischem Tee (oder, wenn es sein muss, deutschem Kaffee) kombinierst, dann ist das der perfekte Ort, um einen Nach- mittag zu verschwenden.

FRAROSA – Zionskirchstr. 40 Die Weinerei ist einer dieser Kollektiv-Läden, die auf antiautoritäre Erziehung und gescheiterte Existenzen, sprich arbeitslose Schriftsteller setzen. Im Kampf mit deinem schlechten Gewissen entscheidest du abends selbst, wie viel du für

Foto: Andy Kania die Vier-Gänge-Menüs inklusive Wein bezahlst.

26 VICE BERLIN VICE BERLIN 27 Prenzlauer Berg

BAR GAGARIN – Knaackstr. 22-24 Die Bar quillt über vor Bildern und Artikeln über den ersten Mann im All – die dazu passenden Retro-Sowjet-Möbel sind inklusive. Ein paar russische Leckereien wie Blini gibt es außerdem noch. (S. 86, Nr. 13)

PAULE 19 – Paul-Robeson-Str. 19 Um hier „dazuzugehören“, musst du schon eine Uniform tragen und einen richtig fiesen Ossi-Akzent drauf haben. In dieser lächerlichen DDR-Kneipe kannst du dich für 14 Cent ins Koma saufen und dir richtig üblen Kommunistenpop anhören.

NAPOLOJONSKA – Kastanienallee 43 Auf der schattigen Seite der Kastanienallee kannst du dich an einem Teller frisch gebackener Waffeln vergehen, die unter einer Pfütze aus Eiscreme, Schokosauce, Bananen, Zimt, Sirup, Grafschafter Goldsaft und Puderzucker verschwinden.

LINKS VOM FISCHLADEN – Schönhauser Allee 129 Bei über hundert leckeren Milchshakes im Angebot und einem beneidenswerten italienischen Mittagsmenü kannst du ruhig mal über den Gestank fauligen Haifischs hinwegsehen, oder?

Feinen Sinn für guten Geschmack sucht man hier vergebens.

Foto: Maxime Ballesteros FREITAG SHOP BERLIN über 1'600 individuelle Taschen Max-Beer-Strasse 3, Berlin (U-Bahn: Weinmeisterstrasse) 28 VICE BERLIN www.freitag.ch

vice-inserat_F-shop-berlin.indd 1 26.5.2009 16:09:57 Uhr Prenzlauer Berg

THE DOORS – Knaackstr. 94 Eine süße kleine Bar, die geradezu fürs Afterhour-Saufen und Kettenrauchen gemacht scheint. Wie der Name erahnen lässt, wird hier dem klassischem Rock gehuldigt. Mach der Barfrau schöne Augen und sie lässt dich aus ihrer enormen CD-Sammlung die Musik selbst aussuchen. (S. 86, Nr. 13)

BELLE ILE – Schönfließer Str. 16 Dass der Arnimplatz wieder auflebt, liegt an niedlichen Cafés wie diesem. Du kannst hier von der schattigen Seite der Straße aus gemütlich die ganzen Müt- ter mit Sonnenbrand beobachten kannst, die mit ihren kleinen Gören auf dem Spielplatz gegenüber festsitzen.

DIRTY HARRY’S – Schivelbeiner Str. 43 Pizzaessen in Berlin ist wie Russisch Roulette. Falls dein Pizzastück schmeckt UND billig ist, dann breitet sich in dir dieses warme, kuschelige Gefühl aus, das du sonst nur mit wirklich guten Orgasmen assoziierst.

SAHARA – Gleimstr. 25 Diese Typen verkaufen das mit Abstand beste Schawarma vom Prenzlauer Berg und gehören außerdem zu den wenigen Imbissläden der Stadt, bei denen du dir keine Gedanken machen musst, ob du da Hund isst ...

KLEINE EISZEIT – Stargarder Str. 7 Einer der beliebtesten Läden, um sich an einem heißen Tag die überlebensnot- wendige Portion Eiscreme zu holen. Du solltest aber auf jeden Fall ein paar grobe Stiefel anziehen, um die ganzen Säuglinge aus dem Weg zu treten. (S. 86, Nr. 14)

GORGEOUS – Schönhauser Allee 130 Ein heller, aufdringlicher Sexladen mit allem möglichen pinken und flauschigen Nonsens, den du niemals für irgendetwas brauchen wirst. Der typische Laden für kichernde Touristen, die mir nichts, dir nichts 150 Euro für sinnlosen Kram ausgeben.

30 VICE BERLIN Prenzlauer Berg

HANS WURST – Dunckerstr. 2a Da wollte wohl jemand bei der Namensfindung für sein Vegancafé ganz besonders witzig sein. Davon abgesehen, ist es aber der angenehmste Laden der Stadt, um fleischfrei zu essen. (S. 86, Nr. 15)

NEGATIVELAND – Danziger Str. 41 Alle, die sich mit Filmen auskennen, bewegen sich auf kürzestem Wege zum Negativeland.

THE BIRD – Am Falkplatz 5 Im Bird machen sie die besten, gigantischsten Burger Europas, riesige Steaks und das beste Bier der Welt verkaufen sie auch, sagen sogar die Bayern unter uns.

Foto: Georg Roske

32 VICE BERLIN Prenzlauer Berg

DAS LAMPENGESCHÄFT – Pappelallee 86 Der Laden hat nicht mal einen Namen, aber wenn du auf der Suche nach der ganz besonderen Retrolampe sein solltest, dann bist du hier richtig.

PAUL’S BOUTIQUE – Oderberger Str. 47 Der Name der Boutique stammt vom gleichnamigen Beastie Boys-Album. Der Inhaber erklärt das so: „Sie haben damals eine großartige Platte gemacht und so in der Art habe ich mir auch meinen Laden ausgemalt. Es hatten aber nicht alle die gleiche Assoziation und manche Leute fingen einfach an, mich Paul zu nennen. Sie nennen mich sogar immer noch Paul!“ Sein wahrer Name bleibt ein Geheimnis, der gelungene Mix aus Klamotten und Sneakers nicht.

VOPO RECORDS – Danziger Str. 31 Für alle Vinyl-Touristen ist Vopo ein Geschenk des Himmels, perfekt für deine neue Stofftasche. Auch wenn sie irgendwie ein bisschen schwerer als ein paar MP3s sind.

MAUERPARK Sobald es Sommer wird, quillt der Park über vor Gras und scheiß Bongos und das Einzige, woran du noch denken kannst, ist ein Maschinengewehr, mit dem du wild um dich ballerst. Dafür gibt es dort jeden Sonntag einen Flohmarkt, den du dir mindestens einmal ansehen solltest.

KLUB DER REPUBLIK – Pappelallee 81 In den Klub der Republik musst du einsteigen. Such das kleine Schild mit der kyrillischen Aufschrift, klettere die Metalltreppe hoch, zahl einen Euro (geht an den DJ), fläz dich in eine der Couchs, blick durch die Ostfensterfront auf die Straße herab und genieße die Perspektive der Eingesperr(weih)ten.

SK BERLIN – Eberswalder Str. 22 Berlin ist vollgestopft mit Secondhand- und Retroläden. Ein paar davon sind wie Aladins Schatzhöhle, die meisten aber einfach nur flohübersäter Müll. SK gehört auf jeden Fall zu den guten. Teuer? Auf jeden Fall! (S. 86, Nr. 18)

34 VICE BERLIN KREUZBERG

Kreuzberg ist eine alte Hure. Die Art von Hure, die zwar unfassbar verkommen lost in ist und von der du dir die Syphilis eingefangen hast, zu der du aber trotzdem immer wieder rennst, weil sie weiß, was du willst. Klar, du kannst überall in Berlin saufen gehen, aber nirgends in der Stadt ist die Chance so groß, am translation frühen Morgen von einer Hundertschaft Bullen verkloppt zu werden, obwohl in KREUZBERG wirst du hoffnungslos du nur nach Hause gehen wolltest. Wenn du dann noch von den freundlichen versumpfen, weil du nichts von dem, jungen Männern, die leger an der Ecke herumlungern, abgezogen und von den Crustpunks mit Bier bespuckt worden bist, möchtest du endgültig wegziehen. was du dir vornimmst, jemals hinkriegst. Aber das ist ähnlich Erfolg versprechend wie alles, das du dir in Kreuzberg vornimmst: Du kommst eh niemals dazu.

IL CASOLARE – Grimmstr. 30 OK, dem Chef des Il Casolare gehört zwar inzwischen eh ganz Berlin und in jedem Stadtteil bekommst du die gleichen Pizzen und Pastagerichte, aber es ist immer wieder nett, seine Pizza durch wahlloses Fingerzeigen auf die rigoros nur auf Italienisch verfasste Karte zu ordern.

SPÄTZLE EXPRESS – Wiener Str. 14a Bis auf bereits fette Menschen sollte jeder in diesen Laden gehen, um sich die Arterien mit den in Fett gebratenen Spätzle mit noch mehr Fett zu verstopfen. Schade, dass man Fett dort nicht einfach pur trinken kann.

1 EURO PIZZA AM SCHLESISCHEN TOR Keine Ahnung, wie oft uns dieser Laden schon das Leben gerettet hat, als wir völlig hacke um acht Uhr morgens einfach irgendwas in uns reinstopfen wollten. (S. 88, Nr. 1)

BURGERMEISTER – Schlesisches Tor In der alten, umgebauten, öffentlichen Toilette gibt es Burger und Chili-Cheese- Fries, die schlicht und einfach mehr als geil sind. (S. 88, Nr. 1)

TÜRKYEM IMBISS – Schlesische Straße (Fastfood-Strich)

Foto: Tanja Kernweiss Foto: Tanja Da jeder immer zum scheiß Konsens-Bagdad-Döner nebenan rennt, ist es an der

36 VICE BERLIN VICE BERLIN 37 KREUZBERG KREUZBERG

Zeit, über seinen schmuddeligen Bruder zu sprechen. Wären beide Dönerbuden SAMEHEADS STORE – Nostitzstr. 11 Prostituierte und das Aussehen eher sekundär, würde man sich für Türkyem Die drei aus England emigrierten Brüder, die auch diese unglaublich harten entscheiden, da die Typen einem den Börek direkt in den Mund nötigen. Hipster-Raves organisieren, verkaufen in ihrem Laden allerhand Designer- T-Shirts und Secondhandzeugs. PALOMA BAR – Skalitzer Str. 135 (Eingang: die unappetitliche Betontreppe hoch, dann links.) – Wir befinden COLORS – Bergmannstr. 102 uns wieder im Berlin der 80er. Das Treppenhaus ist übersät mit gebrauchtem Berlin ist stilprägend. Vor allem die Obdachlosen legen styletechnisch einige Spritzbesteck der netten Junkies vom Kaisers-Markt nebenan. Der Laden ist Kunstgriffe vor. Wenn du wie jeder in der Stadt versuchen willst, ebenfalls klein, eng und verschwitzt und es gibt nur eine Toilette. wie ein Luxuspenner auszusehen, kannst du hier Secondhand-Klamotten in Kilo-Paketen kaufen. FETTE ECKE – Schlesische Str. 16, Ecke Cuvrystraße Dieser Laden ist top, wenn ihr Roadies aufreißen wollt, die sich während der GÖRLITZER PARK Konzerte im Lido gegenüber an der Bar einen reinstellen. Wer die Schüssel in der Mitte des Parks kennt, in der sich an sonnigen Tagen alles und jeder trifft, kennt auch den Drang, die ganzen Hippies und all die Hunde- MINI BAR – Graefestr. 77 scheiße, aus denen der Park besteht, in einer großen Toilette runterzuspülen. Wie schon der Name vermuten lässt, kannst du dich in der Mini Bar auf engstem Raum ordentlich betrinken. Wie sie es geschafft haben, dort noch ein DJ-Pult BADESCHIFF – Eichenstr. 4 reinzuzirkeln, weiß wohl nicht mal der DJ selbst. Besuch das Badeschiff nur am frühen Morgen oder im Winter. Die Nach- MONARCH – Skalitzer Str. 134 mittage im Sommer sind die pure De- Es gibt billiges Bier, einen Kicker, einen leicht nach Mainstream anmutenden mütigung in der Warteschlange. Nur Mix aus Soul, Garage, Electro, und Schnaps am späten Abend, während die ein paar Meter vom Wasser entfernt U-Bahnen an den Panoramafenstern vorbeirauschen und man Wetten auf die transpirierst du für Stunden in sen- sich mit der Polizei prügelnden Junkies am Kotti abschließen kann. gender Hitze und hoffst vergeblich darauf, dass ein paar Leute vor dir MOTTO BUCHLADEN – Skalitzer Str. 68 ohnmächtig werden, damit du in der Sieht aus wie eine schöne, alte Bibliothek, die sich aber des ganzen langweiligen Schlange aufrückst. alten Schunds entledigt hat und nun nur noch ausgewählte Fanzines, Kunstpu- blikationen, Mode, Designzeitschriften und krude Magazine führt. HÜHNERHAUS – Görlitzer Str. 1 Jeden Abend bildet sich dort die längs- LIDO – Cuvrystr. 7 te Schlange der Stadt. Wie Drogenab- Das Lido ist eine ordentliche Konzertvenue. Nicht mehr, nicht weniger. Eine hängige bei der Methadonverteilung

Bühne, eine Bar und ab und an veranstalten sie auch Partys. (S. 88, Nr. 2) Foto: Max Paul Das Schöne liegt in Details begraben. stehen dort Menschen und starren dich

38 VICE BERLIN VICE BERLIN 39 KREUZBERG mit kaltem, leblosem Blick voller Hass an. Sie denken, du würdest ihnen den Platz in der Schlange streitig machen wollen. Es gibt ständig Prügeleien. Ach ja: Es geht um halbe Hähnchen vom Grill. (S. 88, Nr. 3)

ADMIRALSBRÜCKE Die Admiralsbrücke ist der Ort, an dem du laue Sommernächte verbringen solltest. Mit einem Bier in der Hand, einer Frau im Arm, unter dir der träge dahinfließende Kanal und irgendjemand, der seine Gitarre rausholt und „House of the Rising Sun“ anstimmt. Wenn dir das zu klischeebeladen ist, kannst du dich aber auch mit den anderen hippen Kids dort treffen, um dich über Gitar- renspieler und die Pärchen lustig zu machen.

C COMEBACKPACKERS – Adalbertstr. 97 M Wenn du direkt in einem von der deutschen Presselandschaft als „sozialen Brennpunkt“ bezeichneten Stadtteil unterkommen willst, dann empfehlen wir Y dir das Comebackpackers am Kottbusser Tor. Der Eingang ist ein bisschen ver- CM steckt, aber wenn du dann drin bist, bist du kein Gast mehr in Berlin, sondern MY lebst wie die fünf übrig gebliebenen echten Berliner in mit Flohmarktmöbeln CY eingerichteten Zimmern. (S. 88, Nr. 4)

CMY

K

In Kreuzberg gibt es noch die Läden, die genau das führen, was man wirklich braucht. Foto: Kate Bellm

40 VICE BERLIN FRIEDRICHSHAIN

zuzuhören. An Sonntagen besuchen sie den schlechtesten Flohmarkt Berlins, um ihre bunt gestrichenen WGs mit Schund zu dekorieren. Außerdem gibt es noch die Freizeitaktivität „Cocktailsaufen“ – hervorragend, um richtig schön in Urlaubsstimmung zu kommen – und zu späterer Stunde werden im sanften Licht der Abendröte ein paar Autos angezündet.

BIS AUFS MESSER – Marchlewskistr. 107 Berlins beste Adresse für Vinyl aus den Genres Punk, Hardcore, Metal, (Neo) Folk, Indie, Noise, Postpunk und allem, was irgendwie angrenzt. Sie haben aber auch CDs, Merch, Bücher, DVDs und Poster-Art im Repertoire. Robert und Stephan vom Messer sind wirklich bedauernswerte Typen, weil sie den ganzen Tag vorm Rechner sitzen müssen, um die limitiertesten Veröffentlichungen der kleinsten Wohnzimmerlabels zu recherchieren und zu ordern.

BRAIDY SNACK – Gärtnerstr. 21 Bei Braidy gibt es leckere Nüsse und Fairtrade-Schokoriegel und getrocknete Skorpione und Heuschrecken mit BBQ-Geschmack und knusprige Mehlwür- mer, abgepackt in handlichen Tütchen. Thomas Knack, der Besitzer, brauchte ein halbes Jahr, um die Genehmigung für den Verkauf zu erhalten, weil er die Insekten erst ins Labor bringen und ihre Nährwerte bestimmen lassen musste, KIDS, KIDS, ... bevor er sie in Deutschland verkaufen durfte. (S. 89, Nr. 1)

Die Vorhölle auf Erden. SIGIRIYA – Grünberger Str. 66 Friedrichshain ist eine Nahtoderfahrung. Jetzt, da der Bürgerkrieg in Sri Lanka Geschichte ist, werden die ganzen sri-lankischen Flüchtlinge, die hier als Köche gejobbt haben, wieder abzie- hen und uns alleine lassen mit unseren Currywürsten, Bratkartoffeln und Wie in einem Ghetto leben in Friedrichshain all diejenigen, die gerade erst in Dürum-Dönern. Schade, denn ihre Küche ist das Beste, was dieser Stadt je Berlin angekommen sind, zwischen Linksextremen, Rasta-Kiddies und Emos. passiert ist. Während sie alle auf den Semesterbeginn warten (oder darauf, dass ihre Band durchstartet oder die kommunistische Revolution ausbricht und sich die Völ- SOL Y MAR – Krossener Str. 20 ker zum letzten Gefecht für die Menschenrechte aufschwingen), verbringen Bevor du wie ein Idiot um den Boxhagener Platz rennst und versuchst, zwischen sie ihre Zeit mit genau vier Aktivitäten: An sonnigen Tagen zwängen sie sich den überteuerten Frühstücksoptionen den idealen Brunch zu finden, geh gleich

auf das kleine grüne Karree des Boxhagener Platzes, um den Bongospielern Foto: Max Paul zum Sol Y Mar. Der über und über tätowierte Pirat, der da arbeitet, macht

42 VICE BERLIN VICE BERLIN 43 FRIEDRICHSHAIN exzellente Knoblauchwurst-Ciabattas. Aber das ist eigentlich egal. Denn sofern ihr weiblich seid, werdet ihr ihm sowieso alles aus der Hand fressen. (Unsere Freundin L. bat uns, ihm an dieser Stelle ihre Handynummer zu hinterlassen – 0177/5921500 – und zu erwähnen, dass sie sehr hübsch ist. Bitte sehr, L.)

FLOHMARKT BOXHAGENER PLATZ Jeden Sonntag versammelt sich dort ganz Friedrichshain plus ein paar Touristen, die gehört haben, dass Flohmärkte „urban und lebendig“ sind. Wenn du weib- lichen Besuch hast, ist es ein großartiger Ort zur Vorspielbeschleunigung – jede Frau zwischen 17 und 25 wird beim Aufsetzen der Rossmann-Sonnenbrille, die sie sich gerade für 30 Euro aufschwatzen lassen hat (weil sie angeblich ein Nina Ricci-Original aus den Siebzigern ist) so feucht, dass du später noch nicht mal die von knapp oberhalb der Armutsgrenze lebenden Künstlern handgedrehten Kerzen anzünden musst, um sie in Stimmung zu bringen.

DACHKAMMER – Simon-Dach-Str. 39 Sie haben es mit der Gemütlichkeit etwas übertrieben. Immer, wenn wir da zum Warmtrinken (Fuck „Vorglühen“, wir sind nicht mehr in der Steinzeit!) hingingen, erwachten wir am nächsten Morgen unverrichteter Dinge in einem der saubequemen 50er-Jahre-Sessel und wussten nicht, wo wir waren. (Aber das Frühstück ist auch OK.)

HOPS AND BARLEY – Wühlischstr. 22/23 Das wirklich Erfrischende am Hops and Barley ist nicht das selbst gebraute Bier (das tatsächlich sehr lecker schmeckt), sondern eigentlich die Tatsache, dass hier mal jemand eine Idee hatte, wie man Großunternehmen und den Kapitalismus bekriegen kann, ohne dabei zu stinken und hässliche Klamotten mit Löchern drin zu tragen.

ASTRO BAR – Simon Dach Str. 40 In der Astro Bar landen alle ausländischen Neuberliner, die verstanden haben, dass Mitte schon wieder alt ist und die Getränke hier auch viel billiger sind, das Publikum aber nicht.

44 VICE BERLIN NEUKÖLLN

zu faul sind, uns dorthin zu schleppen. Da alle Neuköllner, die wir kennen, sagen, dass sie zum Partymachen immer nach Kreuzberg rüberfahren, reden wir uns bisher erfolgreich ein, dass wir nicht allzu viel verpassen.

SONNENALLEE Die Sonnenallee ist in erster Linie eine ewig lange Aneinanderreihung von Internetcafés. Wie, du brauchst sowas nicht, du hast ein iPhone? In Neukölln? Auf offener Straße benutzt? Du hattest ein iPhone. (Falls es dich tröstet: In dem Laden Ecke Treptower Straße kriegst du für fünf Euro ein neues.)

SYNDIKAT – Weisestr. 56 Angesichts seines, ähm, Jahrhunderte (?) andauernden berüchtigten Rufes rei- chen hier eigentlich die Stichworte: links - Kicker - Bier - Punks - Holztische. Du kannst es dir vorstellen.

FREIES NEUKÖLLN – Panierstr. 54 Die Leute hier trinken Andechser vom Fass, während sie sich darüber unterhalten, dass Tannenzäpfle nur was für prätentiöse Studenten aus gutem Hause ist und Neukölln genauso im Kommen ist wie vor drei Jahren der Wedding. Wenn du TICKET? Glück hast, halten sie den Mund und hören sich die Kiezcomedy-Folgen auf dem kneipeneigenen Radiosender an. (S. 88, Nr. 5) Neukölln ist der Ort in Berlin, an dem alles nur einen Euro kostet. MOVIEMENTO – Kottbusser Damm 22 Kinos, in denen man Filme im Original sehen kann, sind rar geworden, deshalb ist das Moviemento mit seiner ausgezeichneten Filmauswahl ein kleines Juwel. Neukölln ist der Ort in Berlin, an dem alles nur einen Euro kostet. Von den Auch wenn die Leinwände ungefähr so groß sind wie dein Fernseher und ab Mieten über die Döner bis hin zu bizarren 11. September-Panoramen, die in und an ein Schwall Pissegeruch durch den Saal weht, der von den Obdachlosen den unzähligen Schrabbelläden auf der Karl-Marx-Allee feilgeboten werden. ausgeht, die sich das Kino als Unterkunft ausgesucht haben. Da alles nur einen Euro kostet, soll Neukölln seit Kurzem plötzlich das neue große Ding sein, wenn du Künstler, Freigeist oder Hartz-IV-Empfänger bist – LAIKA – Emserstr. 131 oder aus Schweden kommst. Ständig wird davon gesprochen, dass ein neuer Bei unserem ersten Besuch im Laika trugen alle Tierkostüme. Das war nichts Club, eine neue Galerie oder irgendein neuer Hype in Neukölln das Licht der Laika- oder Neuköllnspezifisches, wie sich herausstellte, sondern eine Motto-

Welt erblickt. Leider ist es soweit ab vom Schuss, dass wir irgendwie immer Foto: Max Paul party. Bei unserem zweiten Besuch sang eine Lotte-Lenya-Imitatorin Zwanziger-

46 VICE BERLIN VICE BERLIN 47 NEUKÖLLN jahrechansons und fluchte über das Publikum. Das war, wie sich herausstellte, keine Mottoparty, sondern Kunst. Na ja, egal, wir lieben das Laika. Gibt in der Ecke ja auch sonst nicht viel zu lieben.

MOPP – Emserstr. 121 Dieser neue Laden hat trotz seines albernen Namens mehr zu bieten als die meisten anderen Stadtteile Berlins zusammen. Er ist ein lockeres Gemisch aus Galerie, Café und Hangout – das WLan ist kostenlos, die Köchin hervorragend und sie bieten Sachen wie Instantkaffee und Wodka-Bionade an. Vielleicht ist an diesem Neukölln-Hype ja doch was dran.

1 EURO SHOPS – überall Auf Neuköllner Ein-Euro-Shop-Tour kannst du dein ganzes Geld für irgend- welchen nutzlosen Scheiß ausgeben, wie z.B. für Stickeralben, Blümchendildos und Zweite-Wahl-Fingermalfarben.

Ä – Weserstr. 40 Wenn das Ä in F’hain oder Prenzlberg wäre, wäre es nicht weiter erwähnenswert, weil es tausend Äs und Ös in F’hain und Prenzlberg gibt: trashiges Interior, bemüht hippes Publikum, ab und an Veranstaltungen, auf denen man anderswo schon mal war. Da es aber in der Oranienstraße Neuköllns, der Weserstraße, liegt, rechnen wir den Jungs hoch an, dass sie es hier und nicht im faschistischen Ausland betreiben. Versuch nicht, dich dort zu verabreden, wenn der andere den Laden nicht kennt. Er schickt dich sonst nach dem dritten Wiederholen des Lokalnamens zum Logopäden. (S. 88, Nr. 6)

DER KLEINE LIBANESE AUF DER HERMANNSTRASSE Höhe U-Leinestraße Neukölln hat naturgemäß eine Dönerdichte von 3 Buden / Einwohner, aber wie es so oft ist, ist der beste Döner kein Döner, sondern ein Libanese. Der kommt beinahe an den in der Adalbertstraße in Kreuzberg ran. Geh hierher, statt das Geld für das Ticket auszugeben, dann kannst du dir noch einen zweiten Falafel leisten. Ja, du wirst einen zweiten essen wollen.

48 VICE BERLIN CHARLOTTENBURG

Charlottenburg ist der schönste Stadtteil Berlins … sobald du den verdamm- ten Highway of Hell beziehungsweise Kurfürstendamm verlassen hast, in die Nebenstraßen eingebogen und an all den Touristen vorbeigekommen bist, die den Platz vor dem Bahnhof Zoo zum Schaulaufen auserkoren haben. Abgesehen davon, kannst du dort sehr teuer essen und viele andere sehr schöne unbezahlbare Dinge unternehmen – wenn du den entsprechenden Dispo dafür hast.

RUNG.NAPA BERLIN – Knesebeckstr. 27 Das hier ist der Inbegriff dessen, was irgendwelche Arschlöcher als „Concept Store“ bezeichnen würden: ein gähnend leerer Raum in weiß, der mit drei Pullis drapiert ist. Wenn du dich an der traurigen, magersüchtigen Gestalt hinter der Kasse vorbeigeschlichen hast, bekommst du in dem Laden Designerklamotten, Designerdeko für deine Wohnung, Designermöbel, Designerschmuck und ... Scheiße, jetzt bin ich weggenickt.

SCHWARZES CAFÉ – Kantstr. 148 Du stolperst also frühmorgens aus dem Berghain, steigst souverän in die falsche S-Bahn und landest am Arsch der Welt (Charlottenburg). Keine Angst. Falls es dir in deinem aktuellen Zustand noch gelingt, die Kantstraße geradeaus runterzulaufen, findest du da irgendwo das Schwarze Café. Gutes Frühstück, guter Kaffee und das 24/7. Außerdem kannst du ein paar alten reichen Fotzen in Pelzen mit deinen Augenringen gehörig Angst einjagen.

PARIS BAR – Kantstr. 152 Wenn du zu den Leuten gehörst, die sich nur in einem schwarzen Rollkragenpulli und (so Gott will) mit einer Baskenmütze wohlfühlen, dann ist die Paris Bar HEY FRIEDE perfekt. Klein, stimmungsvoll und voller Kunstdrucke und Spiegel. Du findest sogar einen dieser schwarz-weiß gefliesten, total avantgardistischen Böden unter CHARLOTTENBURG ist der Ort in Berlin, deinen Füßen. Lieblingslokal vieler Schauspieler und Regisseure ... wenn mal an dem alles TOTAL IN ORDNUNG IST. wieder „Zutritt nur für Arschlöcher“-Abend ist.

LIETZENSEE PARK

Foto: Christoph Voy Wenn du all deine Energie damit verplempert hast, auf dem Ku’damm her-

50 VICE BERLIN VICE BERLIN 51 CHARLOTTENBURG umzuflanieren und deine Aggressionen gegen die reichen alten Schlampen zu unterdrücken, brauchst du eine Pause. Der Lietzensee-Park hat alles, was du von einem Charlottenburger Park erwartest: Gras, Bäume, Blumen und lustige Spießerfamilien.

ASHOKA – Grolmanstr. 51 Das indische Restaurant Ashoka ist aus zweierlei Gründen historisch relevant. Erstens war es Berlins erstes indisches Restaurant und hat schon seit 1975 auf. Zweitens ist es bis jetzt der einzige Laden, der indisches Essen serviert, das nicht schmeckt wie ein in Pisse mariniertes, überfahrenes Tier. Allein das macht es schon mehr als außergewöhnlich.

JAPAN BONSAI BERLIN – Krumme Str. 52 Du musst schon zugeben: Jeder, der nach Berlin kommt, tut es aus dem unbän- digem Verlangen heraus, in einen Bonsai zu investieren, oder etwa nicht? Hier kannst du all deine Träume wahr werden lassen. Alles, was du tun musst, ist, in den Laden zu gehen, einen Baum auszusuchen und ihn zu kaufen. Danach kannst du eigentlich wieder abfahren.

MSUCHTNACHFILM – Kantstr. 28 Eins der bestgehütetsten Geheimnisse von Charlottenburg. Das Msuchtnach- Film ist eine Opiumhöhle voller klassischer, obskurer, gelöschter und schwer zu findender Filme. Besessene Filmfanatiker kriegen sich kaum ein vor Begeis- terung, weil es hier auch noch eine Riesenauswahl an seltenen Filmsoundtracks gibt. Dirty Dancing? Gerne doch. Einmal nach hinten durch und dann auf der rechten Seite.

ANTIQUARIAT HARTWIG – Pestalozzistr. 23 Du liest gerne Vice, um cool zu wirken, aber ganz tief im Inneren bist du eigent- lich intelligent. Während deine Freunde also Benzin trinken und Asbest futtern, kannst du dich mal schnell verpissen und dich im Antiquariat Hartwig mit netten Kunstdrucken, Musikbüchern und alten Filmpostern bankrott kaufen. Sie haben sogar Notenblätter von Bach, Wagner, Brahms et al.

52 VICE BERLIN ANDERE VIERTEL

und Soundprojekte zeigen. Wahrscheinlich verläufst du dich schon auf dem Weg dahin, weil dir ein paar schäbige Weddinger den falschen Weg sagen, oder spätes- tens, wenn du drin bist. Am besten du kämpfst dich alleine durch das Labyrinth im Keller nach oben, dahin, wo sie früher kleinen Kommunistenkindern das Schwimmen beigebracht haben. Wenn du ein Schild siehst, auf dem „Ich wollte meiner Frau ein Kind kaufen“ steht, bist du im Paradies angekommen.

FREIBAD HUMBOLDTHAIN – Wiesenstr. 1 – Wedding Jeder normale Mensch meidet Freibäder. Vor allem am Wochenende und in den Sommerferien: fettleibige Bademeister, die einem vom Beckenrand obszöne Bemerkungen zurufen, zerlaufene Flutschfinger, die dir wie Kacke am Fuß kleben und ADS-Zwerge, erwarten dich. Geh also unter der Woche hin, dann hast du den Olympia-großen Pool ganz für dich allein. Aber nimm bloß nichts Wertvolles mit – die mickrigen Spinde werden schneller von irgendwelchen Michael Weiss stopft dir fast alles aus. Möchtegern-Kriminellen ausgeräumt, als du “Wo sind meine Klamotten hin?“ sagen kannst. VERSTECKTE KOREAHAUS – Nazarethkirchstr. 45 – Wedding Alleine schon wegen des besten Kimchi, was du in Berlin jemals finden wirst, lohnt es sich, doch mal in den Wedding zu fahren. Der Chefkoch ist ein echter PERLEN Samurai, aber trotzdem der liebenswerteste, weichherzigste Mensch, dem du je begegnen wirst.

OSSERIA – Langhansstr. 103 – Weißensee TIERPRÄPARATOR – Markelstr. 48 – Steglitz In der Osseria ist es so, als wäre die Mauer nie gefallen. Umgeben von Massen Tiere ausstopfen zu lassen, ist, wie sich einen Maßanzug schneidern zu lassen. Jeder von DDR-Gegenständen mit Nostalgiewert kannst du dir Gourmetfreuden wie sollte es mindestens einmal im Leben gemacht haben. Oder auch nicht. Michael Soljanka, Senfeier und zu einem chipsdünnen Etwas zusammengeschmorte Bu- Weiss ist dein Mann, wenn es um Vergänglichkeits-Artefakte für die Nachwelt letten einverleiben und die lauwarmen Gerichte dann mit einem abgestandenen geht – und das schon so lange, dass er inzwischen selbst eines geworden ist. Glas Cola runterspülen. CLUB DER VISIONÄRE – Am Flutgraben 1 – Treptow STATTBAD WEDDING – Gerichtsstr. 65 – Wedding Ricardo Villalobos legt hier auf. Jedes Wochenende, wirklich. Na gut, und wenn In diesem alten Schwimmbad werden ständig irgendwelche Großausstellungen nicht er, dann ist es eben Ritchie Hawtin. Einige Gäste lassen währenddessen

veranstaltet, wo bis zu 20 Künstler gleichzeitig ihre Bilder, Videoinstallationen Foto: Max Paul ihre Beine im Wasser baumeln und andere haben legeren Sex auf der Bar.

54 VICE BERLIN VICE BERLIN 55 DOs & DON’Ts

YEAR OF THE EEL cleptomanicx.com

Robinson Crüsoé is just one of the amazingly important people you could meet at a wanky Berlin art gathering. Just don’t forget to bring Kurt, your recycled shopping bag friend - unless of course you enjoy spending all night talking to Swedish hair bloggers or Americans.

Boy! The music scene here is mental. No one Hey! Turkey Ass Manchild, your band left the told me Winnie Mandela had died and been stage half an hour ago. Stop whining about reincarnated in the body of Spotty, the guitar how your dad slapped up your soft ass-cheeks playing trainee doctor. with a sandpaper-covered gerkin and put on some pants.

56 VICE BERLIN DOs & DON’Ts

A lot of people say that Kraftwerk represent the only important contribution Germany has made to world youth culture, but those haters haven’t heard Otto, Wilhelm and Günther’s Neu Jesus Beatbox Crew! They’re taking back Berlin, one defiled virgin at a time.

The Bratwurst is not just a funny name for a Though officially disbanded after that little gay strip club, it also contributes to over 95% 1939-45 slip up, the German Navy is now back of the German economy. That makes Mr and with a bang. They mainly patrol The Bratwurst Mrs Mustard here, more powerful than Donald looking for stray buoys. Trump’s latest ex-wife.

58 VICE BERLIN DOs & DON’Ts

Each year in Berlin, the entire city unites for the UFOs (Urine Firing Olympics). When Rudi the midget entered this year’s high piss contest, it was always going to end in wet shoes.

This little look is a mainstay in Berlin Disko- Marlene, you really need to chill yourself down theks. The theory is: the more stupid you look, with those Quadruple Vodka Slushies. Sure, the less you care, and the less you care, the we’re all happy they got rid of the wall, but that more dick you get. was 20 years ago and you’re still my mother.

60 VICE BERLIN DOs & DON’Ts

Berlin is the fashion capital of Germany. This means, the streets are overrun with erodite, aryan gods and goddesses like this hunky love piece. See, world? Who needs eugenics now?

Berlin is so cheap, everyone can afford the People say Berlin is full of “history”, which is finest wines and the hottest girls - even your a nice way of saying, “amazingly bad things second-hand shoes are getting in on it. went down here”. Strange then, how history keeps repeating itself.

62 VICE BERLIN VICE FASHION

EINE FAHRT INS BLAUE T-Shirt von Irie Daily IMMER NUR CLUBBEN, SHOPPEN, CLUBBEN, SHOPPEn ... WIR MUSSTEN UNBEDINGT MAL RAUS AUS DER STADT.

FOTOS: MAXIME BALLESTEROS STYLING: NINA BYTTEBIER MODELS: SEYNA, TIPHAINE, CLEMENT PANZERFAHRER: JÖRG HEYSE

64 VICE BERLIN VICE BERLIN 65 VICE FASHION

Linke Seite: Schuhe von Camper, Hosenanzug von Dunderdon. Diese Seite: Uhr von G-Shock, Shorts von Dunderdon.

66 VICE BERLIN VICE BERLIN 67 VICE FASHION

Tasche von Freitag, eigenes Top, Schal von Drykorn, Rock von Drykorn.

Clément: Shorts von Dunderdon, eigenes Top, Schuhe von DC. T-Shirt von Adidas, Hosenanzug von Dunderdon. Seyna: eigenes Top, Rock von Drykorn, Schuhe von Camper, Sonnenbrille von Oakley.

68 VICE BERLIN VICE BERLIN 69 Sonnenbrille von Oakley, VICE FASHION Hosenanzug von Dunderdon.

Clément: T-Shirt von Irie Daily. Seyna: Hemd von Irie Daily, Sonnenbrille von Oakley. Tiphaine: T-Shirt von Irie Daily, Sonnenbrille von WeSC.

70 VICE BERLIN VICE BERLIN 71 PARTY

Du bist also hier, weil du tatsächlich dieser Legende von Berlin als „dem DER aufregendsten Ort der Welt“ aufgesessen bist. Es interessiert dich zwar wahrscheinlich keine Spur, aber historisch betrachtet entstand sie aufgrund SÜNDENPFUHL der Teilung der Stadt und dem Enklavenstatus Westberlins vor dem Fall der Mauer. Irgendwann verschmolz der kapitalistisch aufgepäppelte Teil der Stadt UND WENN SIE SONST NICHTS KÖNNEN, HIER mit dem heruntergewirtschafteten Zentrum des sozialistischen Paradieses und WEISS MAN NOCH, WIE MAN PARTY mACHT. es entstand ein sympathisch wiedervereinigtes Berlin, in dem es an jeder Ecke gleich beschissen stinkt, dessen Haushalt bis in alle Ewigkeit unausgeglichen sein wird und in dem jeder machen kann, was er will. Berlin bedeutet Freiheit, deswegen kommen sie zu Tausenden angerannt, die Jungen, die Talentierten, die Kreativen, die Bekloppten, nur, um von den Verheißungen des liberalen Berlins zu kosten und endgültig durchzustarten. Spätestens nach zwei Mona- ten stellen sie aber fest, dass sie nicht allein sind und es schon drei Millionen andere Web-Agentur-Start-ups, T-Shirt-Labels und Jungschauspieler gibt. Aber wir können stolz auf diese Leute sein. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, sich zu erschießen oder nach München zu ziehen (was in etwa auf dasselbe hinaus läuft), leben sie von Gastrojobs oder Stütze und finden ihren neuen Lebensinhalt darin, jeden Tag zu feiern, als sei es der letzte. Dadurch haben sie aus Berlin das gemacht, was es heute ist. Ein Sündenpfuhl, der es zu absolutem Weltruhm gebracht hat.

BAR 25 – Holzmarktstr. 25 Ein sagenumwobenes Afterhourmekka. Wenn überall sonst schon die Lichter angehen, du aber noch nicht genug hast, kannst du immer noch in die Bar 25 stolpern – sie ist am Wochenende durchgehend geöffnet. Manche Leute verbringen ganze Wochenenden dort. Na ja, manche Leute scheinen dort zu wohnen. Befürworter sehen in ihr ein freigeistiges Zentrum des hedonistisch determinierten Liberalismus. Kritiker nennen sie ein Auffangbecken für Drogen- opfer. Beides meint natürlich das Gleiche. Sie sieht aus wie eine Mischung aus einem feuchten Traum Karl Mays und einer Nomadensiedlung, die momentan darauf wartet, von der Mediaspree weggebombt zu werden. Darum wurden dort auch gerade die Eintrittspreise angehoben und die Türpolitik gelockert.

Foto: Max Paul Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist, nicht wahr?

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WEST GERMANY – Skalitzer Str. 133 Ecke für die Hardcore-Homos ein, überziehe das Ganze mit einem mythischen Das West Germany ist eine ehemalige Arztpraxis. Erstaunlicherweise haben die Schleier, befiel dem Türpersonal, niemals zu lächeln und schon rennt dir das In- Betreiber es geschafft, jedes Indiz der Vergangenheit zu vernichten. Im Aufgang und Ausland jede Woche die Bude ein und du rangierst in allen internationalen empfängt dich ein Pissebukett und sobald du den Laden betrittst, hast du das Rankings der besten und verrücktesten Clubs auf den vordersten Plätzen. Klingt Gefühl, reinstes Asbest einzuatmen. Es ist so etwas wie die Antithese zu den einfach, ist es dann letztendlich aber wohl doch nicht. Nicht wahr, Tresor? schicken Mitte-Läden und ein Auffangbecken für Scenester, die sich mehr für ihre verrückten Frisuren und (mit Absicht) löchrigen Klamotten interessieren PICKNICK – Dorotheenstr. 90 als für die Bands, die dort spielen. Was eine Schande ist, denn das Booking dort Das Picknick hat seinerzeit die Obhutspflicht für die Berliner Hipster vom Rio ist ausgezeichnet. übernommen. Dann eröffnete allerdings in unmittelbarer Nähe das Scala und keiner wusste so richtig, wo es jetzt eigentlich cooler ist, die neuen XL-Blusen MAGNET – Greifswalder Str. 212/213 (Mädchen) und pointed shoes (Jungs) spazieren zu tragen. Das Scala ist allerdings Bei vielen Leuten gilt es als nicht besonders cool, im Magnetclub abzuhängen. mittlerweile schon wieder der Schnelllebigkeit des Berliner Nachtlebens zum Lustigerweise sind es dann genau diese Leute, die du ständig dort triffst. Der Opfer gefallen. Das heißt, wir können wieder ruhiger schlafen, denn wir haben Magnet ist das Schweizer Taschenmesser unter den Berliner Clubs. Er ist Touristen- weniger essenzielle Entscheidungen zu treffen. schleuse, Pubertätsbeschleuniger, stilistisch vielseitige Konzert- und Partylocation und der Laden mit den widerspenstigsten Sanitäranlagen. Den Betreibern ist es irgendwie gelungen, dem hässlichen Loch einen gewissen Charme zu verleihen. Du solltest den Magnet trotzdem niemals bei Tageslicht betreten.

COOKIES – Friedrichstraße, Ecke Unter den Linden Den Hauch des Exklusiven hat das Cookies längst verloren, aber das macht den Besuchern nichts aus. Jeden Dienstag und Donnerstag versammeln sich dort erfolglose Models, die aber wenigstens halbwegs aussehen, ein paar Dutzend Louis-Vuitton-Taschen und ... na ja ... eine Menge heiße Luft. Manchmal öffnet das Cookies auch an anderen Wochentagen. Dann befindet sich der Eingang auf der anderen Seite und das Ganze heißt nicht mehr Cookies, sondern Crush. Verrückt, oder? (S. 87, Nr. 8)

BERGHAIN/PANORAMA BAR – Rüdersdorfer Str. 70 Die Typen, die sich diese Techno/House-Instanz ausgedacht haben, sind vermutlich die cleversten Geschäftsmänner der Welt. Nimm ein altes Heizkraftwerk, baue es zu einer barock-futuristischen Arena aus, such dir ein paar tonangebende, geschmackssichere Residents, gib dir etwas Mühe beim Booking, richte eine Foto: Christoph Voy

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GOLDENGATE – Jannowitzbrücke Total verkommener Afterhour-Spot, in dem jedem der Beteiligten und Anwesenden eigentlich alles egal ist und in dem du dir schon beim Öffnen des Hosenstalls irgendeine Geschlechtskrankheit einfängst. Alle vier Takte der immergleichen Techhouse-Beschallung wirst du von irgendwelchen zittrigen Typen um etwas angebettelt.

CASSIOPEIA – Revaler Str. 99 Im Cassiopeia kannst du allen erdenklichen Freizeitaktivitäten (Skaten, Klettern, Bier trinken) nachgehen. Es ist vielleicht nicht gerade die spektakulärste Loca- tion, die du je gesehen hast, aber das Programm ist angenehm unprätentiös und vielfältig. Die Konzertveranstalter dort haben uns unter anderem schon nette Abende mit Bands wie Fucked Up, Torche oder den Cool Kids beschert.

WATERGATE – Falckensteinstr. 49 Das Watergate hat eine Vergangenheit als mittelmäßiger Hip-Hop- und Drum’n’Base-Schuppen, an die sich aber niemand mehr erinnert, weil sich das Publikum diese Teile des Langzeitgedächtnisses längst weggekokst hat. Heute ist es einer der renommiertesten Technoclubs der Stadt mit einer netten Lichtanlage und einem netten Blick auf die Spree. (S. 88, Nr. 7)

BANG BANG CLUB – Neue Promenade 10 Es ist nicht verkehrt, ab und zu einen Blick in das Programm dieses Ladens zu werfen. Viele Labels lassen hier ihre neuen Schützlinge zum ersten Mal spie- len, bevor die Hype-Routine sie dann in die größeren Hallen katapultiert. Du kannst also durchaus wahllos zu irgendwelchen Konzerten im BBC gehen, in der Hoffnung, dass die Band demnächst durch die Decke geht. Für die Spezies Musikliebhaber, der bei solchen Gedanken einer abgeht, hält der BBC auch noch diverse regelmäßige, total hippe Indiedisco-Veranstaltungen bereit.

ROSI’S – Revaler Str. 29 Die Life-Action-Version des Begriffs „alternativ“. Zwei Floors, viele Studenten, Preise im Mittelfeld, überdurchschnittliche Band- und Musikauswahl.

76 VICE BERLIN EIN TAG MIT PEACHES DRECKIG! „If I had one Wish? I‘d wish that berlin Would stay fucked up forever.“ PEACHES

OBEN: Im Tacheles-Hinterhof steht PEACHES‘ Lieblingsskulptur im Donnerkuppel-Style. UNTEN: In der Klosterfelde Galerie gibt es zum Beispiel Sachen von John Bock (dem Typen, der Skulpturen aus Schleim, Filzpantoffeln und Eierschalen macht).

OBEN: Die Pose haben wir nicht ganz verstan- den, aber wir wollten uns auch nicht mit ihr anlegen und weiter nachfragen. UNTEN: Jamie Bull und Charlie Le Mindu finden immer, wenn sie zu Besuch bei PEACHES sind, dass die Luft in Berlin so viel besser als in PEACHES’ Lieblingsgraffiti findet man in der nicht enden wollenden Reihe der PENIZ- (oder P.NIZ) London ist. Schmierwerke in der Linienstraße bevor es dann irgendwann Richtung Friedrichstraße etwas seriöser wird und es immer mehr Galerien statt beschmierter Häuser gibt. Fotos: Barbara Dabrowska

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aus der Tasche zu ziehen und will eigentlich die Weltherrschaft. Ihr Kopf und logistisches Zentrum ist der Wedding. Dort haben Künstler wie John Bock ihr Studio in riesigen alten Fabrikhallen und produzieren Projekte am Fließband. Nicht aber, weil die Atmosphäre zwischen den sozial Schwachen und Hartz-IV-Empfängern „inspirierend“ ist, sondern, weil die Mieten am billigsten und die Aufmerksamkeit am höchsten ist. Die ausführenden Organe sind die insgesamt 440 Galerien in denen jährlich geschätzte 6000 nationale und internationale Künstler ausstellen. Alle natürlich privat finanziert, von den Reichen, die in Berlins Vorstädten oder der Kantstraße wohnen und auf kleine Jungs mit Farbspritzern im Gesicht stehen. Die Vorherrschaft über die „Kunst“ hat bereits die Torstraße übernommen, weil du dort ein weißes Zimmerchen mit bunten Bildern neben dem nächsten findest. Der Eliteclub der Armut, die Künstlersozialkasse, belegt, dass auf 10.000 Einwohner in Berlin 80 Künstlern kommen, Tendenz steigend. Dann musst du noch alle zugezogenen Mitläufer addieren und du hast eine gigantische Untergrundar- mee, die bei der Berlin-Biennale versucht, die Stadt auf die Bühne des inter- In der Strychnin Galerie sieht es aus, wie in Tim Burtons Wohnzimmer. nationalen Kunstgeschehens zu heben. Das ist ihnen aber nicht mal in der Zeit des Kunstmetropolenhypes gelungen und so verschwinden die, „die den Durchbruch schaffen wollen“, inzwischen doch wieder nach New York. Die anderen dümpeln weiter in Berlin vor sich hin und vertreiben sich ihre Zeit AN DIE WAND damit, ihre Werke im Mauerpark auf dem Flohmarkt zu verkaufen, während Jeder macht HIER irgendwann sie von Ruhm und Weltherrschaft träumen. zwangsläufig „irgendwas mit Kunst“, AM WAHRSCHEINLIchSTEN WOHL EINE GALERIE. STRYCHNIN – Boxhagener Str. 36 Das ist die Galerie in der Boxhagener, die nicht aussieht wie eine Baustelle oder eine Hippie-Kommune, sondern wie Graf Draculas private Kunstsammlung. Als sich in Frankreich Ende des 19. Jahrhunderts schon langsam die Anar- Den Raum mit den Graffitis, die nicht einmal in den 80ern cool gewesen wären, chisten durchsetzten und den Impressionismus aus ihren rotweinblutenden musst du einfach ignorieren. Lenden pressten, wurden in Berlin noch fleißig Kaiserbilder gemalt. Das erste bisschen Moderne, wurde im Keim erstickt, als der Verein der Berliner MERRY KARNOWSKY – Torstr. 175 Künstler Munch ausstellen wollte und ein paar Tage später aufgrund „öf- Die behinderte kleine Schwester vom Haupthaus in Los Angeles wurde mir von fentlicher Empörung“ die Ausstellung wieder schließen musste. Heute ist einem stadtbekannten Kunstkritiker als „schon anspruchsvoll, aber nicht zu Kunst in Berlin wie Scientology: wäscht dein Gehirn, versucht dir das Geld dick aufgetragen“ beschrieben. Wieder so eine Artsy-Floskel.

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LODOWN GALLERY WESTBERLIN – Brunnenstr. 56 Galerien der Welt schaffte, um dort von Champagner schlürfenden Yuppies Dank Lodowns großzügiger Spende für diesen Eintrag, konnte dieser Guide in bestaunt zu werden? Das hier ist eine davon. Willkommen. Der Schampus steht Farbe gedruckt werden. hinten rechts. (S. 87, Nr. 10)

BONGOUT SHOWROOM – Torstr. 110 SEVEN STAR – Gormannstr. 7 Bongouts aka Meeloos und Annas Gehirne sind im Laufe der Zeit zusammen- Gorillahände. Nackter Mann an Laternenpfahl. Berliner Bär und Astronauten. gewachsen. Das Produkt ihrer siamesischen Symbiose sind morbide geniale Keiner versteht das Zeug, dass sie hier ausstellen, so wirklich (auch die Ausstel- Grafiken, Comics und Designs, sowie die großartigen T-Shirts, Poster, Kunst- lenden selber nicht), aber bei Kunst muss das doch so sein, nicht wahr? Immerhin, drucke und Zines, die sie verkaufen. das historische Gebäude kompensiert das mit der glaubhaften Illusion, du wärst gerade im Urlaub in Venedig. (S. 87, Nr. 11) POOL GALLERY – Tucholskystr. 38 Zwei weitere strahlendweiße Räume voller Kunst in Mitte. Was für eine Über- KNOTH+KRÜGER – Oranienstr. 188 raschung. Die Popkultur-Königin unter den Galerien hat mit Mike Mills, Peter In der virtuellen Welt gibt es diese Galerie gar nicht. Ganz im Sinne der 68er Beste und Natasza Niedziolka ein Programm wie die Bravo Hits. Pool ist gut, Kreuzberger halten die Kuratoren nicht viel vom Internet. Dieses Teufelszeug. um dort die fünf Minuten, die du von der Mittagspause von deinem Job in einer Ihre Homepage funktioniert nur ab und zu und dann auch nur für kurze Zeit. Werbeagentur noch übrig hast, zu verbringen und dir dabei einzureden, du seist Also kannst du dein iPhone gleich in der Tasche stecken lassen und direkt am immer noch kulturell interessiert und hättest dein Leben nicht für deinen Job Spritzenautomaten am Kottbusser Tor vorbei ins SO 36 gehen, da kriegst du hingeworfen. Hahaha. ungefähr das gleiche Maß Anarchie und Chaos. (Nur halt ohne Kunst.)

KLOSTERFELDE – Linienstr. 160 Ein wenig abseits der Galerien-Mitte-Meile Torstraße liegt die Berliner Wiege der Kunst. Es wird gemunkelt, dass es die Galerie mit dem höchsten Umsatz in ganz Berlin ist. (S. 87, Nr. 9)

PROJEKT GALERIE – Torstr. 96 Nur wenige Quadratmeter misst das Tor zur Welt der künstlerischen Abgründe – und zu den Arbeiten, die besser in Schubladen, Kisten oder Kellern geblieben wären. Wenn du zufällig eine Lebensberatung besitzt, die sich um gestörte Seelen kümmert, findest du hier garantiert neue Kunden.

CIRCLE CULTURE GALLERY – Gipsstr. 11 Erinnerst du dich noch daran, als Banksy seine ersten Arbeiten für mehrere tausend Pfund verkaufte und Street Art auf einmal den Sprung in die hippsten Foto: Max Paul

82 VICE BERLIN VICE BERLIN 83 EIN TAG MIT K.I.Z. EIN TAG MIT K.I.Z. UNSERE STRASSEN In diesem EDEKA hat Maxim immer geklaut. An der Kasse hat er eine Tüte Zwiebelringe bezahlt und die AN EINEM Taschen mit Haribo, Zigaretten und Wodka vollgestopft. Heute macht er das nicht mehr und legt jeden Abend WUNDERSCHÖNEN eine Tüte Zwiebelringe an den Eingang, um sich post- SONNTAG GINGEN hum für seine Tat zu entschuldigen. WIR MIT k.i.z. DURCH KREUZBERG SPAZIEREN.

Fotos: CHRISTOPH VOY Vom Royal Bunker durften wir kein Foto machen, weil K.I.Z. Angst haben, dass sie tote Katzen vor die Tür gelegt bekommen und hunderte Mädchen am Eingang zelten. Deshalb hier die Hundehütte von Fred, dem Hund des Managers Beat.

Das war der Spielplatz von K.I.Z., als die Jungs etwa zwölf Jahre alt waren. Damals gab es noch nicht den Nachbau der Titanic, auf dem Tarek für uns „My heart will go on“ singt.

Das ist Maxims Grundschule. In der 4. Klas- se ist er geflogen, weil er keine Hausaufga- ben gemacht und seine Lehrerin bespuckt hat. Inzwischen kann er Karate und als pä- dagogische Maßnahme hat der Direktor da- nach Notinseln eingeführt, die den Kindern in Notsituationen helfen sollen. Die Bäckerei Cüppers in der Friedelstraße ist die einzi- ge, bei der du am Sonntagmorgen um zehn noch einen Kaffee für 65 Cent und ein Lächeln von der Verkäuferin bekommst. Tarek und Maxim frühstücken dort immer, seit ihre alte Lieblingsbäckerei aufgrund der Weltwirt- Im Görlitzer Park spielen K.I.Z. am Sonntagnachmittag öfters mal Basketball. Die Polizei spielt manchmal schaftskrise schließen musste. mit, wenn sie nicht gerade irgendwelche Prolls jagt, die kleine Mädchen ausrauben.

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