Kronprinzenpalais Unter den Linden 3 Berlin-Mitte Lehrer-/Schülermaterial zur Ausstellung

YOUSUF KARSH Helden aus Licht und Schatten

7. Dezember 2000 bis 27. Februar 2001

Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums, Berlin

im Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, 10117 Berlin

Täglich außer mittwochs 10 bis 18 Uhr donnerstags 10 bis 22 Uhr letzter Ausstellungstag (27. Februar) bis 22 Uhr

Eintritt frei!

Peter Lorre Inhaltsverzeichnis Yousuf Karsh 1946 I. These der Ausstellung Seite 02 II. Ausstellungsrundgang Seite 03 III. Von Armenien nach Kanada - Lebensstationen Seite 05 IV. Arbeitsaufgaben für Schulklassen in den Fächern Bildende Kunst und Geschichte (ab 11. Kl.) Seite 08 V. Karshs Modelle Seite 12 VI. Literatur- und Internettipps Seite 13

Information und Kontakt

Büro für Museumspädagogik und Besucherservice Stefan Bresky, Brigitte Vogel

Tel.: 030-20 30 4-415/-416 Mobil: 01795196396 Fax: 030-20 30 4-408 e-mail: [email protected] Internet: http://www.dhm.de/ausstellungen/karsh

Seite 1 © DHM, Büro für Museumspädagogik I. THESE DER AUSSTELLUNG

Janet Yates, die für die Ausstellung recherchierte und das Aus- stellungskonzept mitentwickelte, vertritt folgende These über das künst- lerische Schaffen von Yousuf Karsh:

»Mit Yousuf Karsh präsentiert das Deutsche Historische Museum einen der bedeutendsten Porträtfotografen des 20. Jahrhunderts. Den Prominenten, die er im Bild festhielt, verlieh er heroischen Glanz. Er folgt damit der großen Tradition, die mit den Porträtmalern des 17. und 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt hatte. Seine Fotos von den »very impor- tant persons« seiner Zeit sind inzwischen historische Dokumente.

Mit Hingabe, Ausdauer und vorausschauendem Blick schuf Yousuf Karsh ein umfangreiches Werk. Von den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, die das »Who´s Who« 1999 auflistet, fotografierte er weit über die Hälfte und wurde selbst - als einziger Fotograf - in den Kreis der Großen gewählt.

Sein Charme und seine Überzeugungskraft machten den »Moment der Wahrheit« möglich - jenen unerlässlichen Augenblick, in dem das Gegenüber sich öffnete und ihm sein Gesicht zeigte. Der beste Beweis seiner Kunst ist, dass sich Karshs Fotografien in einer bilderüber - frachteten Kultur ins Gedächtnis der Betrachter geprägt haben.

Die Vielseitigkeit seines Werks ist allerdings kaum bekannt. Viele der hier Ruth Draper gezeigten Fotografien sind zum ersten Mal ausgestellt. Sie ermöglichen Yousuf Karsh einen umfassenden Blick auf Karshs Werk: Werbeaufnahmen und 1936 Industriefotografie, Standfotos zu Filmprojekten, Fotobücher und seine frühen Arbeiten als Porträtfotograf für den Alltagsbedarf. Seine Fotografien von Theateraufführungen bezeugen seinen Umgang mit Beleuchtungseffekten, die er nutzte, um seine Helden aus Licht und Schatten zu erschaffen.«

(Janet Yates ist freischaffende Kuratorin in Ottawa. Sie entwickelte in Kanada und Europa interkulturelle und interdisziplinäre Ausstellungs- konzepte.)

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 2 II. AUSSTELLUNGSRUNDGANG

Raum 1 Prominentenporträts

Yousuf Karsh trat mit dem Porträt, das er am 30. Dezember 1941 vom britischen Premierminister fotografierte, über Nacht ins Rampenlicht. Er hatte zwar schon viel Prominenz mit der Kamera fest- gehalten, doch dieser eine Druck auf den Auslöser machte ihn als Fotograf politischer Persönlichkeiten, Berühmtheiten und Künstler welt- weit bekannt.

Danach öffneten die Großen dieser Welt ihm Tür und Tor. Im Herbst 1943 reiste Karsh von Ottawa nach London und fotografierte 42 berühmte Zeitgenossen. Seine Porträts wurden weit über den amerikanischen Kontinent hinaus veröffentlicht und bilden den Grundstock für sein erstes Buch »Faces of Destiny - Schicksalsgesichter«.

Karsh fotografierte die Berühmten Nordamerikas und Europas. Einladungen, sein persönlicher Unternehmungsgeist und kommerzielle Yousuf Karsh Aufträge tragen zu seinem internationalen Erfolg bei und führen zu einer 1943 eindrucksvollen, breit angelegten Sammlung von Porträts der Hollywood Stars für die Zeitschrift LIFE.

Raum 2 »Karsh of Ottawa«

Nachdem Karsh in Quebec von seinem Onkel in die Anfänge der Fotografie eingewiesen wurde, ging er von 1928 bis 1930 zu John H. Garo nach , Mass. in die Lehre. Dessen Porträtkunst stand ganz im Zeichen der späten Piktoralisten mit ihren malerischen Fotografien. Schon dort hält Karsh die Prominenz im Bild fest.

1932 zog Karsh nach Ottawa und knüpfte Kontakte zum Ottawa Little Theatre, wo er die Schauspielerin Solange Gauthier, kennen lernte. Durch John H. Garo of Boston das Theater machte sich Karsh die neuen Möglichkeiten des Kunstlichts Yousuf Karsh und der Regie zueigen. Durch das Theater und Solange, die bald seine 1930 (erste) Frau und seine Geschäftsführerin wurde, knüpfte er Kontakte zu den führenden Größen der Stadt.

Bald war er der »Hoffotograf« aller Honoratioren, die in Ottawa lebten oder die Stadt besuchten, so dass auch seine finanzielle Situation bald nichts mehr zu wünschen übrig ließ. Sein Logo »Karsh of Ottawa« spiegelt seine lebenslange Anhänglichkeit an jenen Ort, in dem seine Karriere begann.

Raum 3 Kommerzielle Arbeiten

Yousuf Karshs kommerzielle Arbeiten sind weniger bekannt und wurden bisher selten ausgestellt. Mit zwei im Vergleich zu seinen bisherigen Arbeiten untypischen Fotografien für Kodak unternahm er 1945 seine ersten Schritte in die Welt der Werbung. Auch bei den Zeit- schriftenreklamen für die Spirituosenfirma Calvert und den Titelseiten für Canadian Home Journal wich er von seinem charakteristischen Stil ab. 1950 machte er eine Serie eindrucksvoller Industrieaufnahmen für das

Seite 3 © DHM, Büro für Museumspädagogik Stahlwerk Atlas Steel und die Automobilfabrik Ford of Canada. In der heroisierten Darstellungsweise der Arbeiter scheint seine persönliche Handschrift durch, nun mit der Absicht »diesmal den arbeitenden Menschen zu verherrlichen.«

Karshs Fotografien kursieren weltweit in Zeitschriften, aber auch auf Briefmarken und Münzen. Schon früh in seiner Karriere erkannte er die Chance, die ihm die Massenmedien sowohl finanziell als auch im Hinblick auf einen breit angelegten Vertrieb seiner Arbeiten boten. Die Öffentlichkeit war Karshs eigentliches Publikum, und die unterschied- lichen Medien boten ihm Gelegenheit, seine unverwechselbaren Bilder auf den Markt zu bringen.

Raum 4 Große Erfolge Arbeiter am Ölbohrturm In den fünfziger Jahren entwickelte Yousuf Karsh in seiner Porträtkunst Yousuf Karsh einen unverkennbaren Stil. Die Fachzeitschrift Popular Photography zähl- 1952 te Karsh 1959 zu einem der »Zehn bedeutendsten Fotografen der Welt«, zusammen mit Richard Avedon, Ansel Adams, Henri Cartier Bresson, Irving Penn, Alfred Eisenstaedt, W. Eugene Smith, Philippe Halsman, Gjon Mili und .

Sein kontinuierlich wachsendes Werk bot reichlich Material für Fotobände mit bemerkenswerten Bildern. Seit den achtziger Jahren sind Karshs Arbeiten - parallel zu den Fotobänden mit Prominentenporträts - ergänzt durch unbekannte Aufnahmen in zahlreichen Ausstellungen zu besichtigen. Yousuf Karsh arbeitete bis in die späten achtziger Jahre an seinem Lebenswerk.

Raum 5 Projekte

Im Verlauf seines Lebens nahm Yousuf Karsh neben seinen traditionellen Martin Luther King Porträtserien zahlreiche andere Projekte in Angriff. Diese Auftrags- Yousuf Karsh arbeiten zeigen nicht nur seine typische Handschrift - die Heroisierung 1962 der Charaktere und seine meisterliche Beleuchtungstechnik. Sie sind faszinierende Beispiele für seine Arbeitsweise außerhalb des eigenen Ateliers.

1951 fotografierte er für die Zeitschrift Maclean's eine vielteilige Fotoserie über kanadische Städte. Dabei konzentrierte er sich auf Land und Leute - auf geographische und menschliche Aspekte Kanadas. Außerdem arbeitete er als Standfotograf für verschiedenen Filme. Nicht immer lassen sich diese Aufnahmen als »typisch Karsh« erkennen.

Viele dieser Fotos wurden bisher selten ausgestellt und standen im Schatten der überwältigenden Prominentenporträts - Karshs Hauptwerk. Karshs »anderes Gesicht« gilt es noch zu entdecken.

Weizenfelder bei Regina Yousuf Karsh 1952

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 4 III. VON ARMENIEN NACH KANADA - Lebensstationen des Yousuf Karsh Der 1908 geborene Karsh lebt seit 1924 in Kanada. Die folgende Abbildung zeigt ihn jedoch mit einem Kopfschmuck, der an die Märchen von »Tausend und einer Nacht« denken lässt.

Der Turban weist in Richtung Orient und in der Tat stammt Yousuf Karsh aus in Armenien/Türkei. Die Auswanderung der Familie Karsh von Armenien/Türkei über Syrien nach Kanada erinnert an ein dunkles Kapitel der Geschichte: Zeugnisse armenischer Kultur besitzen wir seit Beginn des 1. vorchrist- lichen Jahrtausends. Mit den Eroberungen der osmanischen Türken im 16. Jahrhundert werden die Armenier zu einer christlichen Minderheit mit eigener Schrift im islamischen Osmanischen Reich. Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches entwickelte auch das Volk der Armenier im 19. Jahrhundert eine Nationalbewegung. Auf türkischer Seite führten diese Entwicklungen zu Plänen für eine gezielte Schwächung des armenischen Volkes. Zwischen 1894 und 1896 lässt der osmanische Sultan Abdul Hamid II. mindestens 100.000 Yousuf Karsh mit Turban Armenier von türkischen und kurdischen Spezialeinheiten ermorden. John H. Garo Zwangsbekehrung zum Islam und Vertreibungen ins Exil folgen. 1929 Ein englischer Beobachter kam 1897 zu dem Schluss: »Die Armenier werden mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit ausgerottet werden, soweit sie nicht in andere Länder entkommen können.« (Ramsey, W.M., Impressions of Turkey During Twelve Years' Wanderings, New York 1897) Zu einem geplanten Völkermord kommt es während des Ersten Welt- krieges 1915/16. Nach einer gescheiterten türkischen Offensive gegen Russland, wird die Schuld auf die etwa 1,4 Millionen türkischen Armenier geschoben, die mit ihren Landsleuten in Russisch-Armenien kollaboriert haben sollen. Im Januar 1915 beschließt das jungtürkische Zentral- komitee die Ausrottung der Armenier und stellt dafür eine Spezialtruppe - die Cete - auf. Nach Schätzungen werden etwa 800.000 Menschen ermordet, knapp 100.000 Frauen und Kinder überleben durch Zwangstürkisierung. Weitere 500.000 Armenier überleben durch Flucht. Das mit der Türkei während des Ersten Weltkriegs verbündete Deutsche Reich deckt den Völkermord. Zu dieser Zeit wurden drei der fünf türki- schen Armeen von deutschen Oberkommandierenden geleitet. Heute verteilt sich armenisches Siedlungsgebiet auf die Territorien der Staaten Türkei, Russland und Iran. (Vgl. auch Gunnar Heinson, Lexikon der Völkermorde, Hamburg 1998)

1922 Die türkische Regierung lockert sieben Jahre nach den Massakern am armenischen Volk die Auswanderungsgesetze. Die gesamte Familie Karsh flüchtet nach Syrien und beginnt in ein neues Leben.

1924 Am 1. Januar landet Yousuf Karsh - unterstützt von seinem Onkel George Nakash, Porträtfotograf in , Quebec - an Bord der SS. Canada in Halifax, Nova Scotia. Er spricht kein Englisch und nur wenig Französisch.

Der 1867 aus britischen Kronkolonien gegründete Bundestaat »Dominion of Canada« wurde für zahlreiche Auswanderer aus Europa und aller Welt zur neuen Heimat. Kanada ist zugleich einer der flächen- Kanadische Atlantikküste größten und dünnbesiedeltsten Einzelstaaten der Erde. Von Regierungs- © F. Brüning seite wurde mit Hilfe einer aktiven Einwanderungspolitik auf einen

Seite 5 © DHM, Büro für Museumspädagogik Zuwachs der Bevölkerung hingewirkt. Zwischen 1891 und 1981 stieg die Einwohnerzahl von 4,83 Millionen auf 24,4 Millionen. Der Anteil der Ureinwohner (Indianer und Inuit) sank zeitgleich auf 1,6%.

1924-5 geht Karsh in Sherbrooke zur Schule. Da sein armenischer Vorname für die kanadischen Mitschüler nur schwer auszusprechen ist, wird aus Yousuf sein neuer Rufname Joe.

Sherbrooke ist eine Stadt mit 74 500 Einwohnern in der kanadischen Provinz Quebec, 160 km östlich von Montreal gelegen. 94% der Einwohnerschaft sind Frankokanadier. In der Stadt befindet sich der katholische Erzbischofssitz und die 1954 gegründete katholische Universität. Nicht zuletzt deswegen siedelten sich viele Einwanderer katholischen Glaubens (z.B. Armenier) in dieser Gegend an. Zu wirt- schaftlichen Standbeinen wurden die Textil-, Nahrungsmittelindustrie und der Maschinenbau. Stadt Sherbrooke © F. Brüning 1925-28 Im Juli 1925 beginnt er als Assistent im Fotoatelier seines Onkels. Dieser schenkt ihm eine Kamera, und Karsh macht in der Umgebung von Sherbrooke Landschaftsaufnahmen.

1926 reicht ein Bekannter Karshs Aufnahme »Landscape« zu einem Fotowettbewerb der Firma T. Eaton Co. ein. Karsh gewinnt den ersten Preis und schickt den größten Teil des Preisgelds seiner Familie in Syrien.

Im gleichen Jahr wird in Syrien sein Bruder Salim geboren. Als Salim 23 ist, ziehen die Eltern mit ihm und Jamil zum Bruder nach Kanada.

1928-30 geht Yousuf Karsh bei dem gebürtigen Armenier John H. Garo Sherbrooke, Winterlandschaft in Boston, Mass. (USA) in die Lehre, einen vom Piktoralismus geprägten © F. Brüning Meister der Porträtkunst, zu dessen Kundschaft die Neuengland- Aristokratie zählt. Obwohl Garo den Höhepunkt seiner Karriere bereits überschritten hatte, wirkte es auf den jungen Karsh trotzdem, als "studiere er bei Michelangelo".

1930 kehrt er nach Sherbrooke zurück, wo er weitere zwei Jahre bei sei- nem Onkel Nakash arbeitet.

1932 zieht er nach Ottawa und arbeitet dort für John Powis, der sich auf das Ablichten von Politikern und Prominenten spezialisiert hat. Im Oktober lernt er Solange Gauthier und das Ottawa Little Theatre kennen und erhält Zugang zur High Society von Ottawa.

1933 übernimmt er das Atelier von John Powis in der Sparks Street 130; es bleibt bis 1973 sein Atelier. Hier fotografiert er Lord und Lady Bessborough (die Repräsentanten der Englischen Krone), was ihn in ganz Kanada bekannt macht. Im gleichen Jahr erscheinen Karshs Fotos zum ersten Mal auf der Titelseite der Illustrierte Saturday Night. Er wird Fotograf des Dominion Drama Festivals in Ottawa.

1938 Erste Einzelausstellung bei T. Eaton Co. in Toronto, unterstützt vom Verleger der Saturday Night, B.K. Sandwell.

Am 27. April 1939 heiraten Yousuf Karsh und Solange Gauthier, die in Boston (USA) © F. Brüning

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 6 seinem Berufsleben eine wesentliche Rolle spielt und seine Geschäfte führt.

Am 30. Dezember 1941 entsteht das berühmte Churchill-Porträt in the Speaker's Chambers of the House of Commons, Ottawa.

1950 erhält er diverse Industrieaufträge und fotografiert Arbeiter für das Stahlwerk Atlas Steel und Ford of Canada.

Indian Summer zwischen Ende Januar 1961, nach zweijähriger Krankheit stirbt Solange. Sherbrooke und Ottawa © F. Brüning Am 28. August 1962 heiratet Yousuf Karsh Estrellita Nachbar, eine Medizinschriftstellerin und Historikerin aus Boston. 1964 Yousuf und Estrellita reisen nach Deutschland, wo Karsh u.a. Konrad Adenauer, Willy Brandt, Ludwig Erhard und Alfred Krupp fotografiert.

Seit 1975 ist er Mitglied der Royal Canadian Academy of Arts.

Seite 7 © DHM, Büro für Museumspädagogik IV. ARBEITSAUFGABEN FÜR SCHULKLASSEN (ab 11. Kl.) in den Fächern Bildende Kunst und Geschichte

Die Fragen dienen sowohl der Vorbereitung des Ausstellungsbesuchs als auch der Arbeit mit den Objekten vor Ort.

»MenschenBilder«

Aufgabe 1 zu Winston Churchill

Yousuf Karsh formulierte seine Lebensaufgabe wie folgt: »Die nie endende Faszination für die Menschen, die ich fotografiere, liegt für mich in dem, was ich ihre innere Stärke nenne. Sie ist ein Teil des schwer definierbaren Geheimnisses, das in jedem verborgen ist, und der Versuch, es auf Film einzufangen, war und ist meine Lebensaufgabe.«

1. Versuche, den Politiker Churchill anhand der Fotografie zu charak- terisieren, und rekonstruiere, mit welchen fotografischen Mitteln es Karsh gelingt, den britischen Premierminister »zu beschreiben«. Winston Churchill Yousuf Karsh 1941 ------

2. Vergleiche die Fotoarbeit von Karsh mit dem Schnappschuss eines Fotografen. Welche Unterschiede fallen Dir auf?

------

Welches Churchill-Bild vermitteln die beiden Aufnahmen? ------Winston Churchill ------Schnappschuss eines Pressefotografen ------

Nachtrag: Zur Entstehung des Churchill Bildes von Yousuf Karsh ist eine kleine Geschichte überliefert: Winston Churchill wollte sich unbedingt mit seiner geliebten Zigarre abbilden lassen. Kurz vor der Aufnahme nahm Karsh ihm die Zigarre ein- fach weg. Das Ergebnis könnt Ihr auf dem Foto sehen.

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 8 Aufgabe 2 zu Nikita S. Chruschtschow

Vergleiche die Biografie von Nikita S. Chruschtschow mit der von Yousuf Karsh gefertigten Porträtfotografie. Spiegeln sich Deiner Meinung nach bestimmte Lebensstationen in der Fotografie wider? Oder erzählt die Fotografie eventuell von einem anderen Menschen? Welches »Image« möchte der Fotografierte vermitteln?

------Nikita Chruschtschow ------Yousuf Karsh 1963 ------

Biografische Angaben zu Nikita S. Chruschtschow, 1894-1971 (Politiker):

- Lehre als Maschinenschlosser und Monteur und Mechaniker in Berg- werks-betrieben des Donezgebietes

- 1918: Eintritt in die KP und in die Rote Armee, Teilnehmer des Bürger- kriegs an der Südfront

- 1934: Wahl zum Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der KPdSU

- 1939-1964: Mitglied des Politbüros der KpdSU, vertritt den politischen Kurs von Josef Stalin, übersteht sämtliche »Säuberungsaktionen« in der Partei - 1941-1945: Leitet als Politikkommissar bei den Streitkräften, u.a. den Abtransport des industriellen und landwirtschaftlichen Maschinenparks der Ukraine und organisiert den ukrainischen Partisanenkampf.

- 13. September 1953: Wahl zum 1. Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU

- 25. Februar 1956: Auf einer Geheimsitzung des XX. Parteitages der KPdSU enthüllt Parteichef Chruschtschow die vom ehemaligen Staats- und Parteichef Stalin begangenen Verbrechen und übt vernichtende Kritik an Stalin als Mensch und Staatsmann. Damit beginnen die ersten Ansätze der Entstalinisierung. Infolge der Aufstände in Polen (Juni 1956) und Ungarn (Oktober 1956) kehrt Chruschtschow zu einem harten poli- tischen Kurs zurück.

- 27. März 1958: Bulganin tritt das Amt des Ministerpräsidenten an Chruschtschow ab. Damit sind die höchsten sowjetischen Staats- und Parteiämter wieder in einer Person vereinigt. In der Außenpolitik pro- pagiert Chruschtschow die Maxime der »friedlichen Koexistenz« ohne zu größeren Konzessionen bereit zu sein. In der Deutschen Frage zeigt er eine zunehmend harte Haltung, die durch jährliche Besuche in der DDR unterstrichen wird.

Seite 9 © DHM, Büro für Museumspädagogik - 10. November: Auf einer Kundgebung in Moskau fordert Chruschtschow eine Revision des Potsdamer Abkommens und kündigt an, die Sowjetunion werde ihren Teil der Kontrolle über Berlin an die DDR über- tragen. Damit löst Chruschtschow die sogenannte Berlin-Krise aus. - 31. Dezember 1958: In gleichlautenden Noten an die sowjetische Regierung lehnen die USA, Frankreich und Großbritannien Chruschtschows Forderungen mit Bezug auf Berlin vom 27. November ab - die Sowjetunion dürfe nicht einseitig bestehende Verträge auf- kündigen.

- 19. März 1959: In einer Presseerklärung erkennt Chruschtschow die Berlin-Rechte der früheren westalliierten Besatzungsmächte an und nimmt das Berlin-Ultimatum von 1958 zurück.

- 15.-27. September 1959: Auf Einladung von US-Präsident Dwight D. Eisenhower trifft Chruschtschow als erster sowjetischer Regierungschef zu einem Besuch in den USA ein.

- 3. Juni 1961: Chruschtschow und der amerikanische Präsident John F. Kennedy treffen in Wien zu einem zweitägigen Meinungsaustausch über Abrüstungsfragen und das Berlin-Problem zusammen. Trotz einer betont freundlichen Atmosphäre bleibt das Treffen ergebnislos.

- 4. Juni 1961: Chruschtschow überreicht Kennedy in Wien ein Memorandum zur Deutschlandpolitik, das sogenannte Berlin- Memorandum. Darin schlägt er die Umwandlung West-Berlins in eine entmilitarisierte und neutrale Stadt vor und fordert den Abschluss eines Friedensvertrages. Das Memorandum wird erst am 11. Juni veröffent- licht. Bundeskanzler Adenauer lehnt eine Entmilitarisierung Berlins ab; auch die drei Westmächte zeigen eine ablehnende Haltung.

- 13. August 1961: Bewaffnete Volkspolizisten der DDR riegeln Ost- Berlin gegen West-Berlin ab. Der Mauerbau beginnt.

- Juni 1963: Als Reaktion auf die Kuba-Krise beschließen die USA und die UdSSR die Errichtung einer direkten Fernschreibleitung zwischen den Amtssitzen des US-Präsidenten in Washington und des sowjetischen Staatschef in Moskau. Der sogenannte »heiße Draht« wird am 31.8. von Chruschtschow und Kennedy in Betrieb genommen.

- 14. Oktober 1964: Chruschtschow wird durch das Zentralkomitee der KPdSU vom Amt des Staats- und Parteichefs enthoben. Als Hintergrund der Aktion wird der sich verschärfende Konflikt mit China und der wirt- schaftliche Misserfolg betrachtet.

- 1966: Verlust des Sitzes im ZK, seinem letzten ihm verbliebenen Amt. Chruschtschow lebt danach zurückgezogen auf einer Datscha bei Moskau.

- 1971: Veröffentlichung seiner Memoiren unter dem deutschen Titel »Chruschtschow erinnert sich«.

- 11. September 1971: Nikita S. Chruschtschow stirbt in Moskau an Herzversagen.

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 10 Aufgabe 3 zu Bild von Pablo Casals (Musiker, Cellovirtuose)

Fast alle Porträtaufnahmen von Yousuf Karsh zeigen auf klassische Weise Teile des Oberkörpers und den Kopf des Porträtierten im Zentrum des Bildes. Das Auge der Kamera hält sowohl die Posen als auch die Details des Gesichts fest. Oft entstanden dabei Fotografieklassiker, die eine Person so zeigen, wie sie gerne der Nachwelt überliefert werden möchte. Karsh steht damit in der Tradition der Hofmaler seit der Renaissance.

Bei dem Foto des Cellisten Pablo Casals aus dem Jahr 1954, dessen Musizieren Millionen von Hörern in aller Welt durch Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen vertraut war, verabschiedet sich Karsh von seiner klassischen Arbeitsweise.

Beschreibe den Bildaufbau des Porträts. Was unterscheidet dieses Porträt von den »Klassikern«? Pablo Casals Yousuf Karsh ------1954 ------

Was könnte den Fotografen zu diesem veränderten Porträtstil bewogen haben? ------

Seite 11 © DHM, Büro für Museumspädagogik V. Karshs Modelle

Wer einen Blick hinter die Oberfläche der abgebildeten Persönlichkeiten werfen möchte, kann in den angegebenen Büchern Lebenswege und Lebensstationen kennenlernen:

- Quirk, Robert E., Fidel Castro, Berlin 1996

- Charmley, John, Churchill. Das Ende einer Legende, Berlin-Frankfurt/Main 1995

- Roberts, Andrew, Churchill und seine Zeit, München 1999 Beschreibung einer Epoche im Spiegel eines Protagonisten. Anregend und informativ geschrieben.

- Churchill, Winston S., Der Zweite Weltkrieg, Bern-München-Wien 1995 Ein Dokument der Zeitgeschichte, das die Person des Autors und die John F. Kennedy beschriebenen Jahre anschaulich beschreibt. Yousuf Karsh 1960 - Köhler, Henning, Adenauer. Eine politische Biographie, Berlin 1997, 2 Bände

- Brandt, Willy, Erinnerungen, Berlin 1997

- Hersh, Seymour, Kennedy. Das Ende einer Legende, Hamburg 1999 Der Pulitzer-Preisträger demontiert überzeugend den "Mythos Kennedy", der nach dem gewaltsamen Tod des amerikanischen Präsidenten 1963 aufgebaut wurde.

- Drechsler, Karl, Gegenspieler. John F. Kennedy - Nikita Chruschtschow, Frankfurt/Main 1999 Das Bild des Kalten Krieges wird anhand der beiden Gegenspieler nachgezeichnet.

- Jochum, Michael, Eisenhower und Chruschtschow. Gipfeldiplomatie im Kalten Krieg (1955 - 1960), Paderborn 1996

- Schunck, Peter, Charles de Gaulle. Ein Leben für Frankreichs Größe, Berlin 1997 Konrad Adenauer Yousuf Karsh Eine kritische Würdigung des Politikers und Generals, der im fran- 1964 zösischen Widerstand gegen die nationalsozialistische Besatzung kämpfte, den Algerien-Krieg beendete und den Grundstein für die europäische Einigung legte.

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 12 VI. Literatur- und Internettipps

Literatur

Porträt, Fotografie und Kunstgeschichte:

- Castelnuovo, Enrico: Das künstlerische Porträt in der Gesellschaft, Berlin 1988

- Cormack, Robin: Painting the Soul. Icons, Death Mask, and Shrouds, London 1997

- Das Selbstporträt im Zeitalter der Photographie, hrsg. von Billeter, Erika, Stuttgart 1985

- Fotografie! Das 20. Jahrhundert, hrsg. von Peter Stepan, München 1999 Für knapp 50 DM präsentiert dieser Prachtband mehr als 90 Fotografinnen und Fotografen mit ihren Meisterwerken der Fotografie des 20. Jahrhunderts - von Heinrich Zille bis zu Yousuf Karsh und Nan Goldin. Die Auswahl deckt die unterschiedlichen Gattungen von Porträt über Reportage und Genre bis hin zur subjektiven oder abstrakten Fotografie ab. Den qualitätvollen Reproduktionen sind jeweils inter- pretierende Artikel von Fotohistorikern beigeordnet, die um Angaben zu den wichtigsten Lebensstationen der Künstler ergänzt sind.

- Photographie des 20. Jahrhunderts, Katalog Museum Ludwig Köln, Köln 1996 Ein preisgünstiges, umfassendes (860 Werke von rund 300 Foto- grafinnen und Fotografen!) ABC der Fotografie. Die biografischen Texte mit teilweisen Ausflügen in die Werkinterpretation sind von unter- schiedlicher Qualität. Hingegen funktioniert der dickleibige 760 Seiten- Paperbackband im Taschenbuchformat bestens als "Daumenkino der Fotografie des 20. Jahrhunderts".

- Porträt, hrsg. von Preimesberger, Rudolf, Bader Hannah und Suthor, Berlin 1999 Der materialreiche Band präsentiert die Geschichte der klassischen Bildgattung Porträt in Quellentexten und Kommentaren. Dabei werden Texte vom 8. Jahrhundert vor Christus (Pentateuch, der Jahwist) bis zum 20. Jahrhundert (Roland Barthes) berücksichtigt. Nur spärlich illustriert handelt es sich hierbei in erster Linie um einen Lektüreband zu Studienzwecken.

- Portraiture. Facing the Subject, hrsg. von Woodall, Joanna, Manchester 1997

- Waetzoldt, Wilhelm: Die Kunst des Porträts, Leipzig 1908

Seite 13 © DHM, Büro für Museumspädagogik Fotografie und Kunsttheorie:

-Barthes, Roland: Die helle Kammer, Bemerkung zur Photographie Frankfurt a. M. 1985 (franz. Originalausgabe 1980)

- Bourdieu/Boltanski/Castel/Chamboredon/Langneau/Schnapper: Die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie Frankfurt a.M. 1981

- Das konstruierte Bild hrsg. von Michael Köhler Kunstverein München 1989 (Ausstellungskatalog)

- Die Wahrheit der Fotografie hrsg. von Wilfried Wigand Frankfurt a.M. 1982

- Freund, Gisèle: Photografie und bürgerliche Gesellschaft, München 1968

- Sontag, Susan: Über Fotografie, Frankfurt 1980 (amerikanische Originalausgabe 1977)

Die 1933 in New York geborene Kritikerin, Erzählerin, Regisseurin und Filmemacherin erörtert in diesem Band die Beziehung der Fotografie zur Kunst und zum allgemeinen Bewusstsein. Am Anfang stand dabei eine persönliche Erfahrung der Autorin, die als Zwölfjährige Aufnahmen aus den Konzentrationslagern Bergen-Belsen und Dachau sah. »Mein Leben war verändert worden, in diesem einen Augenblick... Als ich diese Fotos betrachtete, zerbrach etwas in mir. (Susan Sontag)«

© DHM, Büro für Museumspädagogik Seite 14 Links

www.dhm.de/lemo/suche/index/html LeMo: Das »Lebendige virtuelle Museum online« präsentiert einen virtuellen Gang durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dabei werden 3D-Animationen (VRML) sowie Film- und Tondokumente mit den musealen Objektbeständen verknüpft. Unter obengenannter Internetadresse können unter »Biografien« Angaben zu ausgewählten Persönlichkeiten recherchiert werden: Adenauer, Charles de Gaulle ,Churchill, Chruschtow, Einstein, Eisenhower, Gorbatschow, Kennedy, Picasso, Weill.

- www.artcyclopedia.com/artists/karsh_yousuf.html Dokumentation des künstlerischen Schaffens von Yousuf Karsh. Links zum Eastman House Museum of Photography & Film, New York und zum Museum of Fine Arts, Boston geben zusätzlich die Möglichkeit, einen Rundgang durch ein virtuelles Fotoarchiv, ergänzt durch biographische Angaben zur Person des Fotografen, zu machen. Ein Artikel aus dem Resource Library Magazine rundet das künstlerische Porträt Yousuf Karshs ab. Die Internetseiten wurden am 10. Oktober 2000 aktualisiert.

- www.dia.org./exhibitions/karsh/ KARSH PORTRAITS. The searching eye. 27. Nov. 1996 bis 26. Januar 1997 Die Internetseiten zeigen eine Auswahl von Fotografien aus der Karsh- Retrospektive, die das Museum of Fine Arts in Boston zeigte. Das Anliegen der Ausstellung ist das Motto des Künstlers: »My chief joy is to photograph the great in heart, in mind, and in spirit, whether they be famous or humblie.« (Yousuf Karsh).

- www.jokat.com/jo/art/photo/karsh/ Virtuelle Fotogalerie mit Karsh-Fotografien.

- www.thecitizen.com/city/000503/4036528.html Vorstellung und Ehrung des fotografischen Wirkens der Brüder Malak und Yousuf Karsh. Malak Karsh ist in Kanada für seine Landschafts- aufnahmen bekannt.

- www.ryerson.ca/mgroup/karsh.html Der Artikel »Karsh Realities« von Murray Pomerance, der in der Zeitschrift »Canadian Art Vol. 10, Nr. 1, Spring 1993 erschienen ist, wird in der Gesamtlänge dokumentiert. Es besteht die Möglichkeit, Fotografien von erwähnten Persönlichkeiten anzuklicken und zu vergrößern.

www.frii.com/~uliasz/karsh/ Fotobände von Yousuf Karsh können per Internet bestellt werden.

Seite 15 © DHM, Büro für Museumspädagogik Layout: W. Schulte