Klimt Is T Nicht Das Ende
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Mitteleuropa Aufbruch in in Aufbruch ENDE DAS DAS NICHT IST KLIMT KLIMT IST NICHT DAS ENDE Bedeutet der Tod von Gustav Klimt, Egon Schiele, Koloman Moser Austausch und stehen im Widerspruch zu den politischen und und Otto Wagner 1918 für die Kunst in den Ländern der ehemaligen ideologischen Grenzziehungen. Gemeinschaft stiften beispielsweise Donaumonarchie einen Epochenbruch? Welche neuen Wege Künstler gruppen, Zeitschriften wie MA, die Internationale Ausstellung sind schon vor 1914 und in der Kriegszeit erkennbar? Wie wirken neuer Theatertechnik in Wien oder Schulen wie das Bauhaus in sich die neuen Nationalstaaten auf die gemeinsamen Interessen Weimar. Die Gewalt der Diktaturen, die zum Zweiten Weltkrieg führt, der Künstlerinnen und Künstler aus, und wie reagieren diese darauf? beendet 1938 diese schöpferisch reiche Zeit und verschattet das Denn die progressiven künstlerischen Entwicklungen suchen den Verständnis der kulturellen Gemeinsamkeiten. KLIMT IST NICHT DAS ENDE Gustav Klimt Der goldene Ritter, 1903 Aichi Prefectural Museum of Art, Nagoya Aufbruch in KLIMT Mitteleuropa IST NICHT DAS ENDE Inhalt ∙ Vorwort 6 ∙ Der Zerfall der Habsburgermonarchie und seine Auswirkungen Arnold Suppan 8 in der Zwischenkriegszeit A KREATIVE VIELFALT. PLURALISMUS 1914–18 ∙ Gustav Klimts letzte Schaffensjahre und seine Beziehung Franz Smola 24 zur jungen Avantgarde in Wien ∙ Auf der Suche nach einer Tradition der Zukunft. Markéta Theinhardt 34 Anmerkungen zu einigen tschechischen Künstlern — von Preisler zu Filla ∙ Über Rippl-Rónai hinaus. Gergely Barki 40 Expressionistische Tendenzen in der ungarischen Kunst ∙ „Alle streben sie aber hinaus.“ Stephanie Auer 48 Der Zusammenbruch der Donaumonarchie und seine Auswirkungen auf den österreichischen Expressionismus ▪ Tafelteil 58 B VOM HURRA ZUM LEICHENFELD. KRIEG UND ERNÜCHTERUNG ∙ Dokumentation und Propaganda. Arnika Groenewald- 116 Kriegsmaler im Dienst der k. u. k. Monarchie Schmidt ▪ Tafelteil 121 C PSYCHOGRAMME — REVOLUTION UND AUFBRUCH ∙ „Das Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, sondern Peripherie.“ Gábor Dobó, 142 Avantgardezeitschriften im östlichen Mitteleuropa Merse Pál Szeredi ▪ Tafelteil 153 D KÜNSTLERISCHE INTERNATIONALE ∙ Auf zum Bauhaus! Éva Bajkay 174 ∙ Kunstschaffende aus den Nachfolgestaaten der österreichisch- Flóra Mészáros 182 ungarischen Monarchie als Teil von Abstraction-Création ∙ Aufstieg und Fall der Theater avantgarde in den Ländern Barbara Lesák 188 der ehemaligen Donaumonarchie ∙ Nicht Herr im eigenen Haus. Judith Elisabeth 194 Topologien des Surrealismus und das Erbe Freuds Weiss ▪ Tafelteil 201 E VARIATIONEN DES FIGURATIVEN ∙ Magische Fluchtpunkte. Gabriele Spindler 268 Phantastische Tendenzen in der Kunst der Zwischenkriegszeit in Österreich ∙ Neue Sachlichkeit oder Neue Realismen? Ivo Habán 278 Tendenzen in den Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns mit Schwerpunkt Tschechoslowakei ▪ Tafelteil 290 F EMIGRATION — VERFOLGUNG — WIDERSTAND ∙ Migration: Beweggründe — Künstlerschicksale Alexander Klee 340 ∙ Gesellschaft oder Gemeinschaft? Kurt De Boodt, 350 Blicke auf Europa: Erwin Hanslik, Otto Neurath und Paul Dujardin Richard von Coudenhove- Kalergi ▪ Tafelteil 361 ANHANG ∙ Künstlerinnen und Künstler sowie Werke der Ausstellung 370 ∙ Personenindex 378 ∙ Konkordanz der Ortsnamen 380 ∙ Autorinnen und Autoren 386 ∙ Zur Typografie 390 ∙ Bildnachweis 391 ∙ Impressum 392 Titelblatt der Zeitschrift der Titelblatt Integral, C Psychogramme — 1. Jg., Nr. 3, Bukarest 1925 (Ausschnitt) 1925 3, Bukarest 1. Jg., Nr. Revolution und Aufbruch „Das Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, sondern Peripherie.“ 142 Avantgardezeitschriften im östlichen Mitteleuropa Gábor Dobó Merse Pál Szeredi „Das Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, sondern Peripherie.“ Avantgardezeitschriften im östlichen Mitteleuropa1 Gábor Dobó, Merse Pál Szeredi C 142 „Das Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, gung, und sie attackierten des Öfteren das bestehende sondern Peripherie. Österreich ist nicht in den institutionelle System. Die avantgardistischen Redaktio- Alpen zu finden, Gemsen gibt es dort und nen wendeten die Strategien der little magazines außer- Edelweiß und Enzian, aber kaum eine Ahnung ordentlich wirksam an, um in den Nachfolgestaaten von einem Doppeladler. Die österreichische der österreichisch-ungarischen Monarchie ihr eigenes Sub stanz wird genährt und immer wieder auf- Programm zu formulieren. Im Folgenden untersuchen wir gefüllt von den Kronländern.“ (Joseph Roth, die Strategien, vermittels derer die Avantgardeblätter Die Kapuzinergruft, 1938, Kap. 5) sich in den europäischen künstlerischen Diskurs einbrach- ten und hier sogar zu Trendsettern wurden. Außerdem ach dem Ende der österreichisch-ungarischen ermöglichten diese Strategien den Redaktionen in den N Monarchie entwickelten in den Nachfolge- Ländern der ehemaligen Monarchie und darüber hinaus, staaten Redaktionen von Avantgardejournalen über Sprachen, Ethnien und Landesgrenzen hinweg in radikale Konzepte, um die bisherige Funktion Kontakt zu bleiben (Abb. 1).5 der Kunst und der Kunstschaffenden infrage zu stellen. Die ostmitteleuropäischen Avantgardeblätter Letzteren wurde in Ostmitteleuropa bis zu den System- der 1920er-Jahre schöpften die ihnen von den little wechseln um 1990 eine von der Nationalromantik des magazines gebotenen Möglichkeiten in einem geopoliti- 19. Jahrhunderts geerbte und in den einzelnen National- schen Kontext aus, der ohne Übertreibung als krisenhaft kulturen fortwirkende prophetische Rolle zugeschrieben, bezeichnet werden kann (so interpretiert Eric Hobsbawm die es aus Sicht der damaligen Avantgarde zu überwin- in seinem wirkungsvollen Werk Das Zeitalter der Extreme. den galt. Die Kunstschaffenden betrachteten sich nun- Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts den Zeitraum vom mehr als Mitglieder und Teile eines grenzübergreifenden Beginn des Ersten Weltkriegs bis zum Ende des Zweiten und auf Zusammenarbeit beruhenden Netzwerks. Die Weltkriegs als einen einzigen Krieg6). Die dereinst viel- kulturellen Vorbilder der jeweiligen Regionen hatten sprachige und multinationale Monarchie zerbrach in ein- naturgemäß auch Einfluss auf die Avantgarde, auffallend zelne Nationalstaaten, die sich oft abriegelten und in ist z. B. ihr Wirken als charismatische Lehrmeister in vielen denen sich zudem viele Millionen Menschen in einer Min- Genres, hier sind etwa Ljubomir Micić, Karel Teige oder derheitssituation wiederfanden.7 Die Regierungen der Lajos Kassák zu nennen (als Vorbilder dienten ihnen der Nachfolgestaaten initiierten diverse Modernisierungsvor- Romantiker Sándor Petőfi oder Adam Mickiewicz). Nach haben, in deren Rahmen kulturpolitische Konzepte dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie erarbeitet wurden, zusammenfassend kann aber festge- traten die Avantgardekünstlerinnen und -künstler in der stellt werden, dass diese Kommunikation zwischen den komplizierten geopolitischen und kulturellen Konstella- Staaten des multinationalen Karpatenbeckens keinen tion (von der Geschichtswissenschaft wegen der nebenei- großen Nachhall hatte. Ganz im Gegenteil, so drängte nander existierenden Verflechtungen histoire croisée das neonationalistische Programm Kuno Klebelsbergs genannt2) in vielerlei Hinsicht aus der Routine ihrer eige- (1922–31 Minister für Religion und Bildung der konservativen nen Umgebung aus. Dadurch waren sie imstande, die Horthy-Regierung) auf umfassende Bildungsreformen, in vielen Aspekten voneinander abweichenden moder- die einen ersten Schritt zur Wiederherstellung der „territo- nistischen Bestrebungen auf dem Gebiet des ehemaligen rialen Integrität“ des Landes darstellen sollten, d. h. zur Reiches im Netzwerk der Avantgarde zu verknüpfen.3 Revision der Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg.8 Nach dem Zerfall der Monarchie spielten die Die Bedeutung der in mehreren Sprachen erscheinenden Avantgardeblätter eine wichtige Rolle, definitionsgemäß und international verbreiteten Avantgarde blätter nahm stellten sie ein kollektives Kulturprodukt dar, in dem eine im Kontext des Nationalismus der Nachfolgestaaten Künstlergruppe ihr komplexes künstlerisches und sozio- (und hier ist nicht nur Ungarn gemeint) an Wichtigkeit zu. logisches Programm artikulierte, das so auch in den inter- Das Format und der einfache Vertrieb der little magazines nationalen Kunstdiskurs Eingang fand. Die Avantgarde- waren gut geeignet, um eine verhältnismäßig schnelle blätter kamen nicht aus dem Nichts. Die Anzahl der grenzüberschreitende Kommunikation zu ermöglichen, little magazines genannten Avantgardezeitschriften wie selbst dann noch, als die Zeitschriften in manchen Län- auch ihre Auflagen stiegen in Westeuropa ab den 1880er- dern verboten waren, wie das Blatt MA (1916–25) von Lajos Jahren explosionsartig an, in der Folge verbreiteten sie Kassák, der in der ersten Hälfte der 1920er-Jahre in der sich weltweit.4 Diese Journale übernahmen bereits Ende Wiener Emigration arbeitete. Kassáks Mitarbeiter schmug- des 19. Jahrhunderts die bedeutenden Aufgaben der gelten es unter dem Titel 365 (1925) bzw. Kortárs von Öster- Vermittlung zwischen den europäischen Kulturen, der Ver- reich nach Ungarn, sie vertrieben es auch in der Tsche- breitung kultureller Tendenzen und deren Neudeutung. choslowakei und in Rumänien. Als bezeichnend für die Die little magazines jener Zeit und der Jahrhundertwende verbindende, integrative Rolle der Avantgardeblätter glichen den von uns untersuchten Avantgardeblättern der kann angesehen werden, dass sich unter ihren Beitragen- 1920er-Jahre auch in anderer Hinsicht: Sie traten bereits den auffallend viele mehrsprachige