CORAktuellFachinformationsdienst zur Bekämpfung häuslicher und sexualisierter Gewalt in M-V

April 2018 | 46. Ausgabe

Gewaltschutz

Wilhelmine Wulff / pixelio.de Wilhelmine Wulff für Geflüchtete Das Flüchtlingsfrauenhaus Netzwerk Gewaltschutz in Im Portrait: stellt sich vor der Region Das Frauenprojekt SOLA in Editorial Liebe Leser*innen, Inhalt

im vergangenen Jahr haben wir Das Flüchtlingsfrauenhaus Halle uns mit vielen Kooperations- stellt sich vor ����������������������������������� 03 partner*innen mit dem Schutz von geflüchteten Frauen vor Gewalt be- Über den Queer Refugees fasst. Mit dieser Ausgabe wollen wir Support ����������������������������� 06 das wichtige Thema vertiefen. Die inno- vative Arbeit des Flüchtlingsfrauenhauses Zum Gewaltschutz in in Halle wird durch Alona Stukuna und Nata- Gemeinschaftsunterkünften ��������� 09 lie Andrä vorgestellt. Das Haus bietet seit über 20 Jahren Beratung, Unterbringung und Unterstützung für Das „Netzwerk Gewaltschutz“ besonders Schutzbedürftige an. Die Initiativgruppe Queer in der Region Rostock ���������������������� 12 Refugees Support aus Hamburg berichtet über ihr Projekt und informiert über Möglichkeiten der Unterstützung von Informationen ������������������������������������14 LGBTIQ*-Geflüchteten. Exemplarisch wird die Geschichte von Selim geschildert und von Diskriminierungserfahrun- Im Portrait ������������������������������������������ 16 gen, die er als queerer Geflüchteter in Deutschland ge- macht hat. Die Autor*innen von „PRO BLEIBERECHT in Termine ���������������������������������������������� 16 -Vorpommern“ geben ihre Positionen zum Inkrafttreten der Istanbul-Konvention und zum Gewalt- Impressum ����������������������������������������� 16 schutz in Gemeinschaftsunterkünften wieder. Außerdem finden Sie einen Bericht über das Kooperationsprojekt „Netzwerk Gewaltschutz“ aus der Region Rostock, in dem Mitarbeitende der Migrations-/Fluchtarbeit und der Anti- Gewalt-Arbeit gemeinsam an dem Schutz von Geflüchte- ten vor häuslicher und sexualisierter Gewalt arbeiten. Das Portrait wird dieses Mal zu einem „Teamportrait“ von Dr. Grzywa-Holten und Birgit Schulz über das Frauenprojekt SOLA aus Greifswald. Unsere Redaktion wünscht Ihnen eine gute Lektüre und einen wunderbaren Frühling.

20 Jahre CORA

2 Das Flüchtlingsfrauenhaus Halle stellt sich vor Das Flüchtlingsfrauenhaus Halle stellt sich vor

Ein Beitrag von Alona Stukuna und Natalie Andrä

Das Flüchtlingsfrauenhaus (FFH) des Landes Über einen Zeitraum von einem Jahr werden Sachsen-Anhalt ist seit mehr als 20 Jahren eine die Bewohnerinnen und deren Kinder von zwei etablierte Einrichtung zur Unterbringung und Mitarbeiterinnen des Flüchtlingsfrauenhau- Betreuung besonders Schutzbedürftiger. ses bei den Aufgaben des alltäglichen Lebens Seit der Gründung im Jahr 1996 in Köthen und begleitet und betreut. Dazu gehören sozial- des Umzugs nach Halle (Saale) im Jahr 2001 rechtliche Unterstützung und Beratung, bietet die Einrichtung eine spezielle Form des psycho-soziale Betreuung, Unterstützung gemeinsamen betreuten Wohnens für allein- der Mütter in erzieherischen Aufgaben, beim reisende traumatisierte Flüchtlingsfrauen und Spracherwerb und bei der Gestaltung und Or- deren Kinder, die Gewalterlebnisse im Her- ganisation des Alltages und der Freizeit. Durch kunftsland, auf der Flucht oder in der Gemein- die gezielte Unterstützung und Begleitung der schaftsunterkunft erfahren haben. Aber auch Klientinnen in verschiedenen Lebensbereichen für Frauen, die sich in besonderen frauenspe- wird eine psychische Stabilisierung und da- zifischen Problemlagen befinden, wie z.B. durch eine Möglichkeit zur Integration in das alleinstehende schwangere Asylbewerberin- neue Wohn- sowie Lebensumfeld eröffnet. nen, Frauen mit körperlichen Einschränkungen Die Entstehung des Flüchtlingsfrauenhau- oder Behinderung und alleinerziehende Frauen ses war eine Reaktion des Landes Sachsen- mit mehreren Kindern. Anhalts auf die Notsituation und Bedarfslage

Quelle: Rike / pixelio.de 3 Das Flüchtlingsfrauenhaus Halle stellt sich vor

der Flüchtlingsfrauen. Seitdem wird die Ein- Ausstattung und Lage richtung des Flüchtlingsfrauenhauses aus Mit- teln des Ministeriums für Inneres und Sport Das Haus verfügt über zehn Plätze für Frauen und des Ministeriums für Arbeit, Soziales und und Kinder, die bei Bedarf und mit Rückspra- Integration gefördert. che mit dem Landesverwaltungsamt auf zwölf Seit dem 1. Januar 2018 befindet sich das erhöht werden können. Es besteht aus zwei Flüchtlingsfrauenhaus in der Trägerschaft der Wohnungen mit insgesamt sechs Zimmern in AWO SPI gGmbH. Zudem wird das Flüchtlings- einem Mehrfamilienhaus. Die zentrale Lage frauenhaus durch einen Beirat unterstützt. des Hauses in der Nähe des Stadtzentrums und Dieser setzt sich aus Mitarbeitenden des Lan- die sich im näheren Umfeld befindenden medi- desverwaltungsamts, des Ministeriums für zinischen und sozialen Einrichtungen erlauben Soziales und Gesundheit, des Ministeriums des die Zusammenarbeit mit einem optimierten Inneren und der Stadt Halle (Saale) zusammen. und koordinierten Betreuungsnetz. Auch die Integrationsbeauftragte Sachsen- Das Flüchtlingsfrauenhaus ist ein Haus der Anhalts und der Träger des Flüchtlingsfrauen- Ruhe und dient für die Frauen als Schutz- hauses stehen dem Flüchtlingsfrauenhaus bei raum, weshalb die Adresse und damit auch auftretenden Problemen mit fachlicher Bera- der Standort geschützt sind. Ebenso wird für tung zur Seite. jede Bewohnerin eine Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt beantragt. Anders als im Aufnahme ins Frauenhaus Frauenschutzhaus dürfen die Frauen Besuch von Freundinnen und deren Kindern empfan- Die Aufnahme ins Flüchtlingsfrauenhaus Halle gen. Männern ist der Zutritt jedoch ausdrück- setzt die Freiwilligkeit voraus und erfolgt meist lich verboten. Die Hausregeln und die damit nach einer Anfrage durch die Mitarbeiter der Lan- verbundenen Pflichten dienen nicht nur dem desaufnahmeeinrichtungen, der Gemeinschafts- geregelten und friedlichen Zusammenleben unterkünfte Sachsen-Anhalts, des Psychosozia- der Bewohnerinnen, sondern schaffen die not- len Zentrums und der Beratungsstellen. Mit der wendigen Rahmenbedingungen für die Selbst- Anfrage zu einer möglichen Aufnahme wird ein ständigkeit und das selbstverantwortliche Le- Kontakt hergestellt und ein Erstgespräch bzw. ben nach dem Auszug. Abklärungsgespräch mit der betroffenen Frau und einer Dolmetscherin durchgeführt. Während Angebote und Unterstützung des Gespräches werden Fluchtweg und Flucht- gründe, die aktuelle Situation und die psycho- Das primäre Ziel der sozialpädagogischen Ar- sozialen und körperlichen Beschwerden bespro- beit mit den Klientinnen ist die Stabilisierung chen. Gegebenenfalls wird auch der traumatische und Integration. Dies setzt voraus, dass zu Hintergrund thematisiert. Wenn die Frau die Zu- Beginn eine intensive und engmaschige Be- gangsvoraussetzungen erfüllt, wird sie aufge- treuung stattfindet, die aufgrund fehlender nommen. Die Entscheidung obliegt dem Flücht- sprachlicher und auch systemischer Kennt- lingsfrauenhaus, und es erfolgt lediglich die nisse eine sehr breite Unterstützungsfunk- Abmeldung aus der bis dahin verantwortlichen tion haben muss. Besonders hervorzuheben, Kommune und die ausländer- und leistungs- sind persönliche Gespräche, die sowohl im rechtliche Anmeldung in der Stadt Halle. An- schließend an einen Aufenthalt im Flüchtlings- frauenhaus steht allen Klientinnen der Bezug von Wohnraum im Gebiet der Stadt Halle (Saale) offen. Damit können die aufgebauten externen Betreuungs- und Versorgungssysteme sowie die entstandenen sozialen Anknüpfungspunkte für diese Personen dauerhaft Bestand haben. Zudem steht das Personal des Flüchtlings- frauenhauses nach einem beendigten Aufent- halt für weitergehende Betreuung und Unter- stützung zur Verfügung. Durch diese Form der Nachbetreuung wird der mittel- und langfristi- ge Erfolg der bis zu diesem Punkt geleisteten Fortschritte und Entwicklungen der Klientin- nen sichergestellt.

4 Das Flüchtlingsfrauenhaus Halle stellt sich vor

Alltagsgeschehen Raum finden, als auch ge- gativ auf die individuelle Stabilisierung aus- plant zu bestimmten Themen stattfinden. In wirken. Unterschiedliche kulturelle Prägungen diesen Gesprächen werden aktuelle Probleme, sowie das potentielle Fehlen einer gemein- Ängste, Wünsche und Hilfebedarfe angespro- samen Verständigungssprache erschweren chen. Es wird die Alltagsbewältigung bespro- es, Konflikte konstruktiv zu bearbeiten und chen, anstehende Termine mitgeteilt und er- auszutragen. Zusätzlich können unterschied- örtert in welchem Maße eine Unterstützung liche individuelle Vorstellungen von Sauber- stattzufinden hat, auch in der Betreuung ihrer keit, Lebensführung, Intimsphäre, Ruhebedarf Kinder. Den Bewohnerinnen fehlt zumeist ein und Tagesstruktur das Leben in einer Gruppe geregelter Tagesablauf. Sie befinden sich in schwierig gestalten. Die meist ungeklärte auf- einer psychisch extrem belastenden Situation; enthaltsrechtliche Situation, in der sich die neigen zu Passivität, haben z. T. einen gestör- Frauen befinden, verschärft die psychische Be- ten Schlaf-Wach-Rhythmus und leiden unter lastung und steigert das Selbstgefährdungs- psychosomatischen Beschwerden. In Einzel- potenzial. gesprächen soll versucht werden, mit der Kli- entin einen Ausgleich hierfür zu finden und ih- Für uns, die Mitarbeiterinnen des Flüchtlings- ren Tagesablauf zu strukturieren. Ein weiterer frauenhauses, stellen die aufgeführten Pro- Gesprächsbereich umfasst die Auseinander- blemlagen und die Arbeit unter immer wieder setzung mit dem Erlebten und das (Wieder-) auftretenden und ausbrechenden Lebenskri- Erlernen von Krisenfestigkeit und Konfliktbe- sen eine große Herausforderung dar. Die enge wältigung. Dazu ist die Zusammenarbeit mit räumliche Nähe unseres Arbeitsplatzes zu dem dem Psychosozialen Zentrum für Migrantinnen Lebensbereich der Frauen gibt uns die Möglich- und Migranten und den niedergelassenen Psy- keit, unverzüglich die entstehenden Probleme chiatern und Psychotherapeuten unabdingbar. und Krisen wahrzunehmen und entsprechend Der Hilfebedarf soll im Einzelfall ständig über- schnell zu intervenieren. Voraussetzung für prüft und ggf. korrigiert werden. Einzelfallar- unsere erfolgreiche und voranbringende Arbeit beit ist auch immer Beziehungsarbeit. mit den Klientinnen ist das Bewusstsein für die Biographie der jeweiligen Frau und unser em- Die gemeinsamen gruppenbezogenen Aktivi- pathischer und verständnisvoller Umgang mit täten und Freizeitangebote bilden einen wei- vielfältigen Problemlagen. Da auch die Kinder teren festen Bestandteil unserer Arbeit, ha- in den komplexen Fluchtsituationen gefangen ben einen psychotherapeutischen Aspekt und und mit den traumatischen Erfahrungen und dienen dem gegenseitigen Kennenlernen von dem daraus resultierenden psychischen Zu- Bräuchen und Festen. Im Rahmen von regel- stand der Mütter konfrontiert sind, brauchen mäßig stattfindenden Hausversammlungen sie eine besondere Betreuung und stabile Be- werden sowohl hauswirtschaftliche und infra- zugspersonen. strukturelle Themen besprochen, als auch ein fester Raum geboten, in welchem gemeinsam Motivierend wirkt auf uns der Wunsch den Konflikte und Probleme im Zusammenleben Frauen und Kindern Chancen zu eröffnen und besprochen und gelöst werden können. Zu- Perspektiven für ein selbstbestimmtes Le- sätzlich sind diese Treffen ein Platz, an dem ben zu geben, die sie in ihren Herkunftslän- die Wünsche der Klientinnen in Bezug auf ge- dern aufgrund der strukturellen Gegebenhei- meinsame Aktivitäten und Unternehmungen ten nicht hatten. Gleichermaßen schöpfen wir besprochen werden können. Gruppenaktivi- Energie und Kraft für unsere Arbeit durch die täten stärken das Gemeinschaftsgefühl und auftretende Entfaltung unserer Klientinnen beugen Konflikten vor. Dies ermöglicht uns, die und deren Lebensmut. Bewohnerinnen in einem anderen Rahmen ken- nen zu lernen, was eine erhebliche Ressource für die enge Zusammenarbeit ist.

Bedarfe und Lebenslagen Alona Stukuna & Im Wohngefüge des Flüchtlingsfrauenhauses Natalie Andrä leben Frauen unterschiedlicher Nationalitäten, Sprachen und Auffassungen von gesellschaft- Leiterin des Flüchtlingsfrauenhauses, lich verträglichem Verhalten. Sie befinden sich Sozialpädagogin & Sozialpädagogin in einer besonderen emotionalen und psychi- Flüchtlingsfrauenhaus Halle (Saale) PF 110508, 06019 Halle (Saale) schen Verfassung. Das Leben mit anderen Per- [email protected] sonen, die ähnliche Belastungen aufweisen, [email protected] führt häufig zu Konflikten und kann sich ne- 5 Über den Queer Refugees Support Hamburg Über den Queer Refugees Support Hamburg Die Initiativgruppe „Queer Refugees Support Hamburg“ (QRS) ist im September 2015 entstanden und arbeitet selbstorganisiert. Der „Support“ (Anglizismus, von engl. to support „unterstützen“) besteht darin, Geflüchtete zu stärken und zu unterstützen. Für CORAktuell berichten sie über ihr Engagement.

Was leistet der Queer Refugees Support? takt zu uns möchte, kann dort ohne Anmel- dung einfach vorbeikommen. Inzwischen sind Wir setzen uns als Initiativgruppe „Queer Refu- fast immer Menschen, die mehrere Sprachen gees Support Hamburg“ für die Unterstützung von sprechen – z. B. Arabisch, Deutsch, Englisch, queeren, d. h. homosexuellen (lesbischen, schwu- Farsi, Französisch, Kurdisch, Russisch, Spanisch len), bi, trans*, inter*-Geflüchteten, kurz LGBTIQ*, – im offenen Treff. Dabei handelt es sich nicht ein. Queere Geflüchtete sind einem erhöhten Risi- um externe Dolmetscher*innen, sondern um ko von Übergriffen und Diskriminierungen aller Art Supporter*innen wie auch um Geflüchtete, die ausgesetzt, sei es auf dem Fluchtweg oder – hier selber zu Supporter*innen werden, andere zur angekommen – im Kontakt mit den zuständigen Gruppe einladen, eigene Erfahrungen weiterge- Behörden und Dolmetscher*innen. Ein besonde- ben, praktische Hilfe leisten, übersetzen etc. res Risiko stellt für queere Geflüchtete der Auf- enthalt in einer regulären Unterkunft dar. Aus Um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie unterschiedlichsten Gründen kommt es sowohl unsere Arbeit konkret aussehen kann, schildern von Nahestehenden, wie Familienangehörigen, als wir im Folgenden eine exemplarische Geschich- auch von Unbekannten immer wieder zu Anfein- te, die ein „Happy End“ genommen hat. dungen, Pöbeleien und Drohungen bis hin zu mas- siver körperlicher Gewalt. Selims Geschichte Das „Herzstück“ unserer Arbeit ist das „offe- ne Treffen“. Nicht nur, um zu beraten und uns Selim hatte unsere Gruppe über das Internet auszutauschen, sondern auch, um in geschütz- ausfindig gemacht. Er kontaktierte uns un- teren Räumen Zeit miteinander zu verbringen mittelbar nach seiner Ankunft in der zentralen und vom Alltag zu entspannen, bieten wir ein Erstaufnahme in Hamburg. Wir luden ihn zum wöchentliches Treffen an, das in einem selbst- offenen Treffen ein. Da er sehr schüchtern war, organisierten Zentrum, dem „Centro Sociale“ übersetzte zunächst ein junger Mann, der schon in Hamburg-St. Pauli, stattfindet. Wer Kon- länger zu den Treffen kam, für uns aus dem Ara- bischen ins Englische. Nachdem das erste Eis gebrochen war, konnten wir ins Englische wech- seln und zwei Supporter*innen setzten sich mit Selim in eine ruhige Ecke, wo er uns von seiner Fluchtgeschichte und einem Ereignis, welches ihn sehr belastete, erzählte. Wir vereinbarten, das Gespräch beim nächsten Treffen weiterzu- führen. Wenige Tage später erhielten wir eine Mail von Selim mit einem Hilferuf – er war aus Hamburg für 6 Monate nach Horst in Mecklenburg-Vor- pommern verlegt worden. In der weit von der Öffentlichkeit abgeschiedenen Erstaufnahme- stelle sind, neben den Geflüchteten aus Ham- burg, auch Geflüchtete aus MV untergebracht. Wir fragen uns jedes Mal, wenn wir dort jeman- den betreuen, warum Hamburg manche seiner Geflüchteten für ein halbes Jahr an diesen Ort auslagert. Aufgrund der sogenannten „Vollver- Quelle: looking4poetry / Flickr.com pflegung“ gibt es nur ein kleines Taschengeld, 6 Über den Queer Refugees Support Hamburg

zur Unterkunft besteht keine Busverbindung und in der Nähe gibt es weder Deutschkurse noch Beratungsstellen. Aber zunächst folgte ein Tag hektischer Tele- fonate, um zu erfragen, welche Dienststelle überhaupt zuständig war und Auskunft geben konnte. Laut Computersystem befand sich Se- lim sogar in einer völlig anderen Außenstelle als Horst. Aber am Ende hatten wir immerhin her- ausgefunden, dass tatsächlich Hamburg weiter- hin für ihn zuständig war. Dies war eine gute Nachricht, denn wir haben aufgrund der Wohnsitzauflagen und Umvertei- lungsregularien große Probleme, für Menschen, die anderen Bundesländern zugewiesen wurden, einen Umzug nach Hamburg zu erwirken. Hier gibt es wenigstens auch für die LGBTI-Geflüch- teten ein Netzwerk an Projekten und Orten. Zu- Die Beratungskosten sowie die Fahrtkosten zum Quelle: Stephanie dem ist in einer Großstadt die soziale Kontrolle, Gespräch mit der Anwält*in und zu unseren of- Hofschlaeger / sei es durch andere Geflüchtete, sei es durch die fenen Treffen in Hamburg übernahm QRS. Eine pixelio.de „Einheimischen“ geringer und eröffnet so we- anwaltliche Beratungsmöglichkeit vor Ort, d. h. sentlich eher die Möglichkeit, die eigene sexu- in der Nähe von Horst, ist nicht vorhanden. Die elle Identität ohne Angst, selbstbestimmt und einzige Flüchtlingsberatungsstelle in der Region offen auszuleben. liegt in Hagenow, ist mit öffentlichen Verkehrs- Über die nächsten Tage standen wir in stetem mitteln von Horst aus nur schwer zu erreichen E-Mail-Austausch mit Selim, um mit ihm die und völlig überlaufen. Jede Fahrt nach Hamburg nächsten Schritte abzusprechen, aber auch, um bedeutete für Selim zunächst eine gute Stunde ihn emotional zu unterstützen und immer wie- zu Fuß durch eisige Kälte in die nächstgröße- der Mut zu machen. Zu diesem Zeitpunkt gab re Stadt, von der aus eine Busverbindung nach es erschwerend für die Geflüchteten in Horst Hamburg besteht. Oft konnten wir es so orga- lediglich stundenweise auf dem Außengelände nisieren, dass er anschließend für ein oder zwei Internetzugang. Nächte bei einer Person aus der Gruppe auf dem Fast zum gleichen Zeitpunkt hatte er bereits Sofa übernachten konnte, und sei es nur, um die Einladung zum ausführlichen „Interview“, mal ein paar Tage „Urlaub“ von der Unterkunft also zur 2. Anhörung in seinem Asylverfahren, machen zu können. Bei akuten Notfällen gelingt erhalten. Selim bereitete sich dann bei einer es uns glücklicherweise oft, für die ersten Tage Anwält*in, mit der wir eng kooperieren, ge- einen Schlafplatz in befreundeten WGs oder bei meinsam mit der Supporter*in, die ihn zur An- Bekannten zu organisieren, damit Betroffene hörung begleiten würde, auf das Interview vor. unmittelbar in Sicherheit gebracht werden kön- Erfahrungsgemäß kann es wichtig sein, dass die nen (z.B. bei körperlichen Angriffen in der Un- Begleitperson um die inhaltlichen „Knackpunk- terkunft). te“ der Anhörung weiß und ob es bestimmte Selim wollte in Horst aus Angst vor Schwulen- Themen gibt, Traumata gibt, über die zu berich- feindlichkeit nicht von seinen Fluchtgründen er- ten für die Betroffenen besonders schwierig ist. zählen. Trotzdem wurde er ausgegrenzt und be- Eine Begleitperson darf nicht ins Interview ein- kam z. B. den einzig nicht verschließbaren Spind greifen, kann aber z. B. vorschlagen, eine Pause im Zimmer. Während er duschte, wurden seine zur Besprechung unter vier Augen einzulegen. Sachen durchsucht und Geld entwendet. Das Si- Für die Begleitung durch eine Vertrauensperson cherheitspersonal in der Unterkunft rührte kei- spricht auch, dass die geflüchtete Person sich nen Finger, obwohl Selim sie über das fehlende nicht allein den Behörden gegenübersieht. Zu- Schloss und den Diebstahl informierte. Wir in- dem kann eine deutschsprachige Begleitung, tervenierten schließlich von der Gruppe aus, der die die Verfolgungsgeschichte kennt, darauf Schrank wurde dennoch erst nach etlichen Te- achten, dass alle wichtigen Fakten benannt lefonaten, Mails mit Fotos zur Dokumentation und ohne diskriminierende Zuschreibungen ins des Schadens etc. repariert. Deutsche übersetzt werden. Leider ist auch festzustellen, dass Geflüchtete vom BAMF oft- Die 2. Anhörung lief dann – obwohl sie für Selim mals respektvoller behandelt werden, sobald emotional sehr belastend war – „gut“, d. h. der eine der Mehrheitsgesellschaft entstammende Interviewer glaubte ihm, es gab keine Infrage- Begleitung anwesend ist. stellung seiner Homosexualität wie z.B. Fragen nach Sexualpraktiken und keine Empfehlungen, 7 Über den Queer Refugees Support Hamburg

satz zu QRS, offiziell anerkannte Projekte mit staatlicher Finanzierung. Eines von ihnen muss für den Antrag auf Zuweisung in eine geschütz- te Unterkunft einen Brief als formell beraten- des Projekt verfassen, in dem es die Notwen- digkeit einer solchen Verlegung begründet. Als QRS schreiben wir mit den Betroffenen einen detaillierten Antrag, mit dem sie selbst um ihre „vorzeitige Entlassung aus der Residenzpflicht“ bitten. Die formelle Vermittlung in geschützten Wohnraum in Hamburg erfolgt dann über das Trägerprojekt Abrigo (www.lawaetz-service. de), welches den Behördenkontakt bis zur Ver- legung übernimmt. Im Fall von Selim hatten wir Glück, sowohl Be- willigung als auch Verlegung erfolgten relativ rasch. Einige Wochen, nachdem Selim in eine sichere Unterkunft in Hamburg gezogen war, bekam er endlich auch seinen positiven Asyl- bescheid. Damit hatte er die „Erlaubnis“, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Die zu finden ist hier eine riesige Hürde - der Hamburger Wohnungs- markt ist katastrophal, Geflüchtete haben noch Quelle: Jass Gha / pixelio.de viel schlechtere Chancen. Bei der Suche wurde Selim wiederum von Abrigo unterstützt. Nach er könne sich doch einfach als schwuler Mann langer Wartezeit konnte er schließlich eine eige- verstecken und dann auch problemlos in sei- ne Wohnung beziehen. nem Heimatland leben etc. (was wir leider auch schon ganz anders erfahren haben). Noch immer kommt Selim regelmäßig zum of- Nach dem Interview wurde Selim in der Unter- fenen Treffen von QRS. Inzwischen übersetzt kunft zunehmend massiver von Landsleuten er selbst für andere. Wie bei vielen anderen Ge- bedrängt: sie wollten – um vielleicht eigene flüchteten hat sich ein freundschaftlicher Kon- Strategien für ihre Interviews zu entwickeln – takt zu uns, die ihn durch die erste Zeit in Horst unbedingt wissen, was er erzählt habe. Da er und Hamburg begleitet haben, entwickelt. dies nicht mitteilen wollte, wurde er beschul- Unser gleichzeitig politisches wie persönliches digt, schwul zu sein und ab dann immer wieder Engagement ist eine von vielen Besonderheiten als schwul beschimpft. der Arbeit von QRS. Sie bringt uns manchmal Die Situation in Horst wurde für ihn immer be- an den Rand unserer Kapazitäten. Aber sie be- drohlicher, so dass wir beschlossen, uns für seine schenkt uns auch damit, uns mit den Geflüch- vorzeitige Rückverlegung nach Hamburg einzu- teten gemeinsam entwickeln zu können, da un- setzen und einen Platz in einer sicheren Unter- sere Beziehungen zueinander nicht auf einem kunft mit eigenen, abgeschlossenen Wohnein- „professionellen Klient*innenverhältnis“ basie- heiten für queere Geflüchtete zu organisieren. ren. Niemand muss jemanden betreuen, der/ Bei solchen Aktionen arbeiten wir immer mit die ihm nicht sympathisch ist oder sich durch weiteren Stellen in Hamburg zusammen. Das jemand betreuen lassen, den/die er/sie nicht Magnus-Hirschfeld-Centrum (Schwulen- und mag. Auch in vielen banalen, alltäglichen Dingen Trans- Beratung; www.mhc-hh.de) sowie der sind wir mit den Geflüchteten aus unserer Grup- Lesbenverein Intervention (Lesbenberatung; pe in einem steten Austausch und in der Diskus- www.intervention-hamburg.de) sind, im Gegen- sion – wir lernen alle voneinander.

Queer Refugees Support Hamburg (QRS) [email protected] www.queer-refugees-support.de www.facebook.com/qrshh

8 Zum Gewaltschutz in Gemeinschaftsunterkünften Zum Gewaltschutz in Gemein- schaftsunterkünften

Der Verein in Gründung „PRO BLEIBERECHT in Mecklenburg-Vorpommern“ hat an- lässlich des Inkrafttretens der „Istanbul-Konvention“ in Deutschland Positionen zum Gewaltschutz in Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende veröffentlicht. Trotz vieler guter Regelungen und Praktiken gegen geschlechtsspezifische Gewalt besteht in Deutschland noch Handlungsbedarf zur Umsetzung der Vorgaben aus der Istanbul- Konvention. CORAktuell veröffentlicht die Stellungnahme von PRO BLEIBERECHT.

Die „Istanbul-Konvention“ CETS 210 ist am betroffenen geflüchteten Frauen und Migran- 01. Februar 2018 in Deutschland nun endlich tinnen mit ehegattenabhängigem Aufenthalt in Kraft getreten, nachdem sie bereits am muss endlich die Möglichkeit eines eigenstän- 11.05.2011 unterzeichnet worden war. Die Is- digen Aufenthalts gegeben werden, statt sie tanbul-Konvention, bzw. das „Übereinkommen mit einer Ausweisung zu bedrohen. des Europarats zur Verhütung und Bekämp- fung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“, wie die Konvention mit vollem Namen heißt, ist ein rechtsverbindliches Übereinkom- men, das nun auch für Deutschland zum gel- tenden Recht geworden ist und zur Bekämp- fung von Gewalt gegen Frauen gemäß dem Abkommen verpflichtet. Die Istanbul-Konven- tion fordert nach Art.1, alle Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und zu ihrem Schutz und ihrer Unterstützung „umfassende politische und sonstige Maßnahmen“ zu ent- werfen.

Zur Verbesserung der Situation von gewalt- betroffenen geflüchteten Frauen und Mig- rantinnen sieht das Übereinkommen u.a. die „Aussetzung eines Ausweisungsverfahrens für gewaltbetroffene Frauen mit ehegatten- abhängigem Aufenthalt nach der Trennung“ (Art. 59 Abs. 2) und auf Antrag die Erteilung eines verlängerbaren Aufenthalts (Art. 59 Abs. 3) vor. Bisher hat die Bundesregierung jedoch Vorbehalte gegen Art. 59 Abs. 2 und 3 einge- legt und stattdessen die „Ehebestandszeit“ nach 31 AufenhtG auf 3 Jahre erhöht. Das heißt, das bisher Frauen mindestens drei Jahre mit ihren (gewalttätigen!) Ehepartnern verhei- Mit Art. 60 fordert die Istanbul-Konvention ratet sein mussten, bevor sie eine unabhängi- ein, dass Gewalt gegen Frauen aufgrund des ge Aufenthaltserlaubnis bekommen konnten. Geschlechts als Asylgrund anerkannt werden Dies ändert sich nun hoffentlich durch die soll und außerdem „gesetzgeberische Maß- Istanbul-Konvention und dadurch, dass die nahmen“ ergriffen werden, um zu gewährleis- Bundesregierung von Menschenrechtsorgani- ten, dass Aufnahme- und Asylverfahren sowie sationen, wie dem Bundesweiten Koordinie- entsprechende Hilfsdienste geschlechtersen- rungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK) sibel angelegt sind. Nicht zuletzt müssen, laut und dem Deutschen Juristinnenbund e.V. (djb), Art. 61, gesetzgeberische Maßnahmen auch aufgefordert wird, ihren Vorbehalt gegen Art dafür getroffen werden, „um sicher zu stel- 59 Abs. 2 und 3 zurückzuziehen. Denn gewalt- len, dass Opfer von Gewalt gegen Frauen, die 9 Zum Gewaltschutz in Gemeinschaftsunterkünften

des Schutzes bedürfen, unabhängig von ihrem Status oder Aufenthalt unter keinen Umstän- Die Broschüre den in einen Staat zurückgewiesen werden, in „Kein Lager für Flüchtlingsfrauen“ dem ihr Leben gefährdet wäre oder in dem sie von Women in Exile finden Sie digital der Folter oder einer unmenschlichen oder er- niedrigenden Behandlung oder Strafe unter- zum Lesen oder Downloaden unter: worfen werden könnten“. PRO BLEIBERECHT http://womeninexile.blogsport.de/ spricht sich deutlich für die vollständige und images/broschreblog.pdf schnellstmögliche Anwendung von Art. 60 und 61 der Istanbul-Konvention aus und da- gen unterzubringen. Diese Forderung ist auch für, dass Gewalt gegen Frauen aufgrund des im Jahre 2018 noch sehr aktuell. Denn geflüch- Geschlechts ohne Abstriche als Asylgrund an- tete Frauen und LGBTIQ*-Geflüchtete, die in erkannt wird. Gemeinschaftsunterkünften leben müssen, sind einer großen Gefahr ausgesetzt aufgrund ihres Geschlechts bzw. ihrer sexuellen Identi- tät Gewalt zu erleiden. Entsprechend sollten unseres Erachtens Gemeinschaftsunterkünf- te langfristig geschlossen werden und durch eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen ersetzt werden. Mittelfristig sollten alle Ge- meinschaftsunterkünfte und Erstaufnahme- stellen (EAS) über separate Wohnbereiche für alleinreisende geflüchtete Frauen und ihre Kinder sowie für LGBTIQ*-Geflüchtete verfü- gen. Kurzfristig und als Minimum sollten alle Eine weitere Möglichkeit, gewaltbetroffe- Gemeinschaftsunterkünfte und EAS über ein ne geflüchtete Frauen, Migrant*innen sowie Gewaltschutzkonzept verfügen. LGBTIQ*-Refugees zu unterstützen, ist, ihnen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu garan- Gewaltschutzkonzepte können Gewalt in Un- tieren, wenn sie in Deutschland sexualisierte terkünften und EAS für Asylsuchende nicht und/oder häusliche Gewalt erfahren haben – verhindern, aber dieser entgegenwirken und unabhängig von ihrem Einreisegrund. In Bran- einen angemessenen Umgang bei Übergriffen denburg etwa erhalten Betroffene rechtsmoti- und Gewaltvorfällen gewährleisten. Denn die vierter, sprich rassistischer und rechter Gewalt, Bedingungen in den Unterkünften, wie die un- bereits jetzt ein Bleiberecht. Dies ist absolut zu freiwillige Wohnsituation mit vielen anderen begrüßen und sollte in jedem anderen Bundes- Menschen, die räumliche Enge, fehlende Pri- land gleichermaßen eingeführt werden. Ana- vatsphäre und ein häufig leider unzureichender log dazu wäre die Einführung eines eigenstän- Personalschlüssel (insbesondere an weiblichen digen Aufenthaltsrechts für Geflüchtete und Mitarbeiter*innen) befördern Gewalt. Damit Migrant*innen nach sexualisierter und/oder geflüchtete Frauen und LGBTIQ*-Geflüchtete häuslicher Gewalt in Deutschland notwendig. bei/nach Gewalt schnell und umfassend Schutz und Unterstützung erhalten, sollte sich eine jede Unterkunft zu einem Gewaltschutzkon- Für weiterführende Informationen zept verpflichten. Denn häufig es leider zum „Bleiberecht für Opfer rechter auch genau jene Geflüchteten, die in ihren Her- kunftsländern und/oder auf der Flucht bereits Gewalt“ in Brandenburg, siehe Infor- geschlechtsspezifische Gewalt bzw. Gewalt mationsverbund Asyl & Migration aufgrund der sexuellen Identität erlebt haben. vom 04.01.2017 unter www.asyl.net Besonders schutzbedürftige Personen wie Frauen, Kinder, LGBTIQ*, aber auch Kranke und Menschen mit Beeinträchtigungen haben Bereits im Jahr 2011 hat die Selbstorganisation als Asylsuchende spezifische Bedarfe an ihre geflüchteter Frauen in Brandenburg „Women Unterbringung, da sie einem größeren Diskri- in Exile“ die Broschüre „Kein Lager für Flücht- minierungs- und Gewaltrisiko ausgesetzt sind. lingsfrauen“ herausgegeben. Darin schildern Deshalb sollten in einem Gewaltschutzkonzept sie eindrücklich, wie schwierig es ist, insbe- immer auch Maßstäbe für ihre Unterbringung sondere als geflüchtete Frau in einer Sam- verankert sein sowie bauliche Maßnahmen da- melunterkunft zu leben und fordern, diese zu für ergriffen und finanziert werden. schließen und Frauen und Kinder in Wohnun- 10 Zum Gewaltschutz in Gemeinschaftsunterkünften

Quelle: Tim Reckmann / pixelio.de

Derzeit sind Gewaltschutzkonzepte leider kei- aktuell im April 2018 hat sie dies noch einmal ne Zuwendungsvoraussetzung für den Betrieb bekräftigt und die zwei Gemeinschaftsunter- Quelle: Gisela Peter / von Gemeinschaftsunterkünften und EAS – künfte und die Erstaufnahmestelle, die in MV pixelio.de genauso wenig sind sie fester Bestandteil von ein solches Gewaltschutz- Verträgen zwischen z.B. Kommunen und Trä- konzept entwickeln, gelobt. gervereinen. Somit ist es bisher freiwillig, ob Auch wenn dies tatsächlich eine Unterkunft ein Gewaltschutzkonzept lobenswert ist, bedeutet es vorsieht, oder nicht. Da mit einem solchen gleichzeitig, dass dies im Konzept, wie oben beschrieben, häufig jedoch gesamten Flächenland MV personelle, strukturelle und bauliche Verände- längst nicht alle Gemein- rungen einhergehen, die natürlich auch finan- schaftsunterkünfte betrifft zielle Kosten verursachen, entscheiden sich oder ausreichend wäre. leider viele Trägervereine dagegen. Das heißt, dass aus finanziellen Gründen auf einen um- Das Ziel muss es sein, alle fassenden Schutz verzichtet wird. Doch sollte Schutzbedürftigen vor kör- das Recht eines*einer Jeden auf körperliche perlicher, sexualisierter oder Unversehrtheit und ein größtmögliches Leben seelischer Gewalt zu schüt- ohne Gewalt nicht höher wiegen und mehr wert zen. Und um eben dies zu sein als finanzielle Bedenken? erreichen und wirklich alle In Bundesländern wie , Hamburg, Bran- Schutzbedürftigen in allen denburg und Nordrhein-Westfalen wurden schon Gemeinschaftsunterkünf- Gewaltschutzkonzepte für alle Gemeinschafts- ten und EAS in Mecklen- unterkünfte und EAS, in Sachsen wenigstens für burg-Vorpommern besser die Erstaufnahmestellen, entwickelt, die zwar zu schützen, spricht sich leider nicht verpflichtend sind, jedoch Empfeh- PRO BLEIBERECHT für ein lungen für die Trägervereine und Betreiber dar- verpflichtendes Gewaltschutzkonzept in allen stellen und somit als ersten wichtigen Schritt in Gemeinschaftsunterkünften und EAS in Meck- die richtige Richtung anzuerkennen sind. Auch in lenburg-Vorpommern aus. Mecklenburg-Vorpommern sollte endlich ein ver- bindliches und allgemeingültiges Gewaltschutz- konzept für die Gemeinschaftsunterkünfte und EAS verabschiedet werden. PRO BLEIBERECHT in M-V Die Integrationsbeauftragte Mecklenburg- e.V. i.G. Vorpommerns, Dagmar Kaselitz, hat Gewalt- Kapaunenstraße 20 schutzkonzepte im Juli 2017 bereits treffend 17489 Greifswald als eine „gute Grundlage“ dafür bezeichnet, [email protected] das „Wohl aller Bewohner in den Unterkünf- www.bleiberecht-mv.org ten zu gewährleisten“. Im November 2017 und

11 Das „Netzwerk Gewaltschutz“ in der Region Rostock Das „Netzwerk Gewaltschutz“ in der Region Rostock

Ein Beitrag von Rena Sakowski

Das Projekt „Netzwerk Gewaltschutz – gegen bei sexuellen Übergriffen, haben und an wen häusliche und sexualisierte Gewalt an geflüch- sie sich wenden können. Zum anderen sollen teten Menschen in Stadt und Landkreis Ros- Handlungsleitlinien und Schutzkonzepte zum tock“, welches bei dem Verein Frauen helfen Vorgehen bei häuslicher und sexualisierter Ge- Frauen e.V. Rostock angesiedelt ist und durch walt in den Gemeinschaftsunterkünften für die Stiftung „Aktion Deutschland hilft“ geför- Asylsuchende entwickelt werden, um den be- dert wird, hat im Oktober 2017 mit seiner Arbeit troffenen Geflüchteten bei Gewaltvorfällen begonnen. eine größtmögliche Unterstützung zukommen Das übergeordnete Ziel des Projektes ist es, zu lassen. Bisher hat das Projekt einen sehr Menschen mit Fluchthintergrund, dabei insbe- erfolgreichen Weg beschritten. Nach konst- sondere geflüchtete Frauen und LGBTIQ*-Ge- ruktiven Kooperationsgesprächen von Oktober flüchtete, in der Region Rostock vor häuslicher bis Dezember 2017 mit allen Partner*innen des und sexualisierter Gewalt zu schützen. Dazu Projekts sowohl in der Hansestadt Rostock als sollen die Einrichtungen der Anti-Gewalt-Arbeit auch im Landkreis Rostock, konnten diese für mit den Gemeinschaftsunterkünften für Asyl- die Kooperation im „Netzwerk Gewaltschutz“ suchende vernetzt werden und zu einer engen gewonnen werden. Am 01.02.2018 fand in Ros- Kooperation der beiden Arbeitsbereiche führen. tock eine „Kickoff“-Veranstaltung des Projekts Zudem soll eine trägerübergreifende Qualifizie- für die Hansestadt Rostock statt, eine zweite rung der Mitarbeitenden je zu den Themen Ge- Eröffnungsveranstaltung für den Landkreis waltschutz bzw. zu asyl- und aufenthaltsrecht- Rostock wurde am 26.02.2018 in lichen Fragestellungen angestrebt werden. durchgeführt. Bei beiden Kickoff-Veranstal- tungen haben sich die Einrichtungen der Mi- grations-/Fluchtarbeit und der Anti-Gewalt- Arbeit jeweils auf eine Zusammenarbeit im „Netzwerk Gewaltschutz“ geeinigt. Sowohl die Projektreferentin als auch die beteiligten Kooperationspartner*innen wollen dadurch von den so entstehenden Synergien profitieren, die sich daraus ergeben. Im Rahmen der Kickoff-Veranstaltungen ent- standen lebhafte Diskussionen und ein angereg- ter Austausch. Die Kooperationspartner*innen haben hierbei sehr offen vorhandene profes- sionsbezogene „Wissenslücken“ und den Be- darf nach einer gegenseitigen Qualifizierung offenbart. Diesem wird bei nachfolgenden Netzwerktreffen mittels bedarfsorientierten (anonymisierten) Fallbesprechungen und ge- meinsamen Beratungen nachgekommen und begegnet werden. Angeregter Austausch Das „Netzwerk Gewaltschutz“ möchte errei- Anonymisierte Fallbesprechungen chen, dass Menschen mit Fluchthintergrund, die von häuslicher und sexualisierter Gewalt Bereits beim ersten gemeinsamen Netzwerk- betroffen sind, den Weg zum Beratungs- und treffen, welches am 9. April 2018 in Rostock Hilfenetz in der Region Rostock (besser) fin- stattfand, wurde eine bedarfsorientierte Fall- den. Grundsätzlich sollen Bewohner*innen von besprechung durchgeführt, bei der die verschie- Gemeinschaftsunterkünften auch darüber in- denen Kooperationspartner*innen einen realen formiert sein, welche Rechte sie in Fällen von Fall in anonymisierter Form auf- und bearbei- körperlicher oder sexualisierter Gewalt, oder tet haben, der ihnen in ihrer Arbeit in der Mig- 12 Das „Netzwerk Gewaltschutz“ in der Region Rostock

rations-/Fluchtarbeit bzw. Anti-Gewalt-Arbeit begegnet ist und bei dem eine gewaltbetrof- fene geflüchtete Frau involviert war. Durch die Anonymisierung kann der Wunsch nach Daten- schutz für die betroffenen Klient*innen ge- währleistet werden. Im Anschluss an die Fall- besprechung wurden erste Handlungsleitlinien abgeleitet. Bei den kommenden Vernetzungstreffen und den dort stattfindenden anonymisierten Fall- besprechungen sollen daraus weitere Hand- lungsleitlinien zum Schutz vor geschlechtsspe- zifischer Gewalt in Gemeinschaftsunterkünften abgeleitet und veröffentlicht werden. Darüber hinaus sollen im weiteren Verlauf des Projekts betroffene Geflüchtete als Multiplikator*innen in die Netzwerkarbeit einbezogen werden, um ihre Perspektive anzuerkennen und um andere gewaltbetroffene Geflüchtete in den Gemein- Beratungsstellen der Anti-Gewalt-Arbeit finden schaftsunterkünften besser erreichen und konnten. Gefühle wie Scham und eine starke stärken zu können. Verunsicherung über die erlebte häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt zu sprechen, sind bei geflüchteten Klient*innen zudem ebenso vor- handen wie bei deutschen. Die Furcht, dass die Offenlegung der Gewalterfahrung sich negativ auf ihr Asylverfahren auswirken könnte, spielt bei gewaltbetroffenen Geflüchteten ebenfalls eine große Rolle.

Um die Hürden für gewaltbetroffene Geflüch- tete abzubauen, sich an Beratungsstellen zu wenden und um den Schutz vor Gewalt in Ge- meinschaftsunterkünften zu verbessern, wurde das „Netzwerk Gewaltschutz“ gestartet. Ein ausdrücklicher Dank richtet sich an dieser Stelle deshalb an alle Kooperationspartner*innen des Projekts. Ohne ihre Bereitschaft zur Teilnahme an den Netzwerktreffen, ohne ihren aktiven Beitrag an Diskussionen und ehrlichem Aus- tausch und ohne ihre Mitarbeit daran, die Situa- tion gewaltbetroffener geflüchteter Frauen und LGBTIQ*-Geflüchteter wirklich zu verbessern, hätte sich das Projekt bislang sicher nicht so gut Voneinander lernen entwickeln können. Wir sind gespannt auf die kommenden Monate und die weitere Entwick- Das Erstellen von (Weiter-)Bildungsange- lung des „Netzwerks Gewaltschutz“. boten soll in den nächsten Monaten des „Netzwerks Gewaltschutz“ realisiert wer- den. Einzelne Inputvorträge der beteiligten Kooperationspartner*innen haben bereits während der beiden Kickoff-Veranstaltungen stattgefunden. Hierbei wurden auch Heraus- forderungen geschildert, wie etwa die fehlen- Rena Sakowski de Finanzierung von Sprachmittler*innen, die die Beratung von Klient*innen, die (noch) nicht Projektreferentin des Deutsch sprechen sehr erschwert bzw. verun- Netzwerks Gewaltschutz Heiligengeisthof 3, 18055 Rostock möglicht. Die Sprachbarriere kann einer der 0381/4010229 Gründe dafür sein, dass betroffene geflüchtete [email protected] Frauen und LGBTIQ*-Geflüchtete in der Region www.fhf-rostock.de Rostock bisher nur sporadisch den Weg in die 13 Informationen Informationen Danke, Brigitte Thielk! One-Billion-Rising in M-V Die langjährige Gleichstellungsbeauftragte der Am 14. Februar 2018 fanden zum mittlerweile Hansestadt Rostock, Brigitte Thielk, ist im April fünften Mal überall auf der Welt Tanzdemonst- 2018 in den Ruhestand gegangen. Frauen helfen rationen unter dem Motto „Let us dance to end Frauen e.V. Rostock möchte sich auf diesem Weg the violence – Let us shake the earth into awa- herzlich bedanken für die stete Unterstüt- reness.“ als Protest gegen Gewalt an Frauen und zung der Projekte und Einrichtungen. Mädchen statt. Weltweit ist jede dritte Frau im Brigitte Thielks engagiertem Mitwir- Laufe ihres Lebens von Gewalt betroffen. In ken im Modellprojekt CORA von 1998- Mecklenburg-Vorpommern suchen jährlich über 2000 hat dazu beigetragen, dass die 4.000 Erwachsene, davon überwiegend Frau- Interventionskette bei häuslicher en, Hilfe und Schutz vor häuslicher und sexua- Gewalt landesweit implementiert lisierter Gewalt in den Interventions- und Be- werden konnte. In Rostock sind die ratungseinrichtungen und Frauenhäusern. Als Strukturen im Bereich Gewalt gegen Zeichen des Protests beteiligten sich deshalb Frauen, aufgrund der engagierten Ar- verschiedene Vereine, Institutionen und Privat- beit von Brigitte Thielk so gut aufgestellt. personen unter anderem in Rostock, Das Thema Gewalt gegen Frauen hat sie im- und an den Tanzdemonstrationen des mer mit der Frage der Gleichstellung verknüpft One-Billion-Rising. Weitere Informationen zu und eine finanziell ausreichende Struktur einge- dem Thema finden Sie unter: fordert. Brigitte Thielk hat das Thema Gewalt www.onebillionrising.de gegen Frauen nie aus den Augen verloren. DANKE dafür und alles Gute für die Zukunft.

Bundesmodellprojekt GeSA wird verlängert Seit Anfang Januar ist es nun Gewissheit: GeSA startet in das vierte Jahr! Weiterhin als Bundes- modellprojekt durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert, verknüpfen sich zwei zen- trale Aufgabenstellung mit dieser Verlängerung: Auf regionaler Ebene wird es um die Erarbei- Quelle: Bildwerk Rostock / Flickr.com tung gemeinsamer Handlungsleitlinien für die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen Frauenkampftagsdemo in Rostock mit einer Suchtproblematik gehen. Und bun- desweit wird GeSA an vier ausgewählten Mo- Das Rostocker Frauenkampftagsbündnis lud auch dellregionen beim Aufbau ähnlicher Koopera- in diesem Jahr wieder zur landesweiten feministi- tionsstrukturen zwischen Einrichtungen der schen Demonstration, anlässlich des internationa- Suchthilfe, des Gewaltschutzes und anderen wich- len Frauenkampftages am 8. März, nach Rostock tigen Kooperationspartner*innen unterstützen. ein. Unter dem Motto „Stimme erheben. Räume Mit der Verlängerung eröffnet sich ein Zeitfens- erkämpfen. Solidarisch leben“ zogen am 10. März ter, in dem GeSA nach längerfristigen Finanzie- 2018 rund 300 Demonstrant*innen vom Haupt- rungsformen für die Etablierung regionaler Coa- bahnhof durch die Rostocker Innenstadt. Sie setz- chingteams und die Einrichtung „Geschützter ten damit ein Zeichen gegen Ungleichbehandlung, Denkorte“ für betroffene Frauen suchen sexistische Unterdrückung und sexualisierte Ge- wird. Für die Bewältigung der anstehen- walt. Mit Sprechchören, Musik, Transparenten den Aufgaben konnte Christine Voß, und einem Lautsprecherwagen bewegten sich die Suchtberaterin im Fachdienst Suchthilfe Demonstrationsteilnehmer*innen durch die Stadt, der Caritas Mecklenburg in Rostock ge- um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die wonnen werden. Sie unterstützt die bis- Redebeiträge thematisierten u.a. eine feministi- herige Projektleiterin Petra Antoniewski sche Kritik an Hartz 4 und die Situation von Frauen mit zusätzlichen zeitlichen Ressourcen im Iran und in Afghanistan. „Noch immer werden – ganz im Sinne von GeSA: Suchthilfe Mädchen* und Frauen* auf der Straße belästigt und Gewaltschutz Hand in Hand. Auf www.fhf- oder gegen ihren Willen angefasst. Noch immer rostock.de kann sich näher über das Projekt und werden Frauen* auf dem Arbeitsmarkt schlechter seine bisherige Entwicklung informiert werden. bezahlt als Männer. Noch immer erfahren Trans- 14 Informationen

Personen Gewalt und Diskriminierung. Darum um eine gemeinschaftliche Aufgabe handele, für kämpfen wir auch an allen anderen Tagen im Jahr die nicht das Land allein verantwortlich sei. „Wir weiter für Gleichberechtigung und gegen sexuali- leisten Zuschüsse auf freiwilliger Basis für eine sierte Gewalt“, erklärte Anna Krüger vom Frauen- gesellschaftlich sehr wichtige Arbeit. Aber auch kampftagsbündnis. Rund um die Demonstration Kommunen und die Träger müssen an dieser Stel- wurden verschiedene Bildungsveranstaltungen, le ihrer Verantwortung nachkommen“, so Drese. Vorträge und Workshops angeboten. Laut den Weitere Infos unter: www.regierung-mv.de Organisator*innen soll es auch im nächsten Jahr eine landesweite Demonstration in Rostock geben. Häusliche und sexualisierte Gewalt in M-V konstant hoch Die Auswertung der Fallzahlen 2017 durch die Landeskoordinie- rungsstelle CORA zeigt, dass die Inanspruchnahme des Beratungs- und Hilfenetz konstant hoch ist. Im Jahr 2017 wurden 4.182 Fälle von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt gegen Erwachsene bekannt (2016 waren es 4.246 und 2015: 3.869 Fälle). 2017 erhielten 3.850 Frauen und 332 Männer Beratung und Unterstützung. Hier wird deutlich, wie geschlechtsspezifisch die Quelle: Bildwerk Rostock / Flickr.com Last der Gewalt verteilt ist. 92 Prozent der von Gewalt betroffenen Erwachsenen sind Frauen. Neuer Stalking Flyer für Betroffene Insgesamt wurden zudem 3.830 Kinder und Ju- gendliche 2017 mit häuslicher konfrontiert oder In der Neuauflage des Flyers für Betroffene wird in erlitten sexualisierte Gewalt (2016: 3.766 Kinder; einem handlichen Faltblatt erklärt, welche Formen 2015: 3.289). es von Stalking gibt, welche Folgen In 319 Fällen konnte den gewalttätigen Personen Stalking haben kann und was Be- (291 Männer und 28 Frauen) Anti-Gewalt-Bera- troffene tun können und welche tung unterbreitet werden (Vergleich: 2016: 301 Strategien gegen Stalking hilfreich Fälle, 2015: 307 Fälle). sind. Der Flyer geht auch auf recht- Eine detailliertere Auswertung finden Sie unter liche Interventionsmöglichkeiten www.cora-mv.de unter Aktuelles. ein, wie z.B. den Paragrafen 238 StGB „Nachstellung“, sowie auf Und es geht doch! – Feministische das Gewaltschutzgesetz. Er wurde Alternativen in einer Redaktionsgruppe der AG Opferschutz des Landesrats für Kri- Forum des LFR am 15. Juni – FRIEDA 23 in Rostock minalitätsvorbeugung M-V unter Mit diesem Forum will der Landesfrauenrat M-V Mitwirkung von CORA erstellt. Er anlässlich seines 25. Geburtstages dem Aus- ist dort kostenfrei gedruckt zu be- tausch zu queer-feministischen ziehen oder als pdf Datei herunterzuladen: Themen aus Gesellschaft, Le- www.kriminalpraevention-mv.de. ben und Politik einen Raum ge- ben. Statt Problemfelder und Land erhöht Zuschüsse für Hilfenetz unerfüllte Bedarfe in den Fo- kus zu stellen, sollen konkrete Sozialministerin Stefanie Drese unterstützt mit Handlungsmodelle thematisiert zusätzlichen Fördermitteln (jährlich 2,3% mehr werden, mit denen unsere Ge- ab 2018) die freien Träger von Einrichtungen des sellschaft geschlechtergerecht Beratungs- und Hilfenetzes bei häuslicher und gestaltet werden kann. sexualisierter Gewalt. Am 5. März 2018 hatten In der festen Überzeugung, Mitarbeitende in Schwerin kreativ und laut fairen dass eine Welt ohne destrukti- Lohn für ihre Arbeit gefordert. Auch der Landes- ve Machtstrukturen möglich und zuschuss für die bessere personelle Ausstattung notwendig ist, lädt der Landes- der „kleinen“ Frauenhäuser in Schwerin, Neu- frauenrat ein zum Informieren, brandenburg, , Ribnitz-Damgarten, Diskutieren, Ideenfinden und Ge- und wird erhöht. Die Minis- stalten. Das komplette Programm terin betont zugleich, dass es sich bei der Finan- und noch mehr Infos zu 25 Jahren LFR kann hier zierung der Beratungs- und Hilfeeinrichtungen nachgelesen werden: http://25lfr.blogsport.eu 15 Im Portrait / Termine

Das Frauenprojekt Termine SOLA in Greifswald • 16.5.2018, 09:00 – 13:30 Uhr Aus vielen guten Gesprächen zwischen der Integra- Wokrenter Str. 3, 18055 Rostock tionsbeauftragten der Universität- und Hansestadt Seminar „Sexualität und Gender Greifswald und der Leiterin des Psychosozialen Zent- im Migrationskontext“ rums für Asylsuchende und Migrant*innen in Vorpom- von inteam – Landesfachstelle für sexuelle mern (PSZ Greifswald) entstand im Herbst 2016 die Idee, Gesundheit und Familienplanung in MV auf die besonderen Bedürfnisse der geflüchteten Frauen und www.mv-inteam.de Frauen mit Migrationshintergrund einzugehen, ihnen Entfal- • tungsräume zur erschaffen und zur Verfügung zu stellen. Diese 12.6. – 14.6.2018 Idee fand schnell Unterstützung seitens des Oberbürgermeis- Akademie Waldschlösschen Göttingen ters und der Geschäftsführung des Kreisdiakonischen Werkes Fortbildung „Refugees welcome – Greifswald e.V. (Träger des PSZ) und wurde ab 2017 als Projekt LSBTTIQ-Geflüchtete in Deutschland“ durch das Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstel- von der Akademie Waldschlösschen und lung des Landes Mecklenburg-Vorpommern mitfinanziert. Frauen fliehen, ebenso wie Männer, vor Armut, Hunger, Krieg, der Schwulenberatung Vertreibung oder politischer Unterdrückung. Zusätzlich sind www.waldschloesschen.org viele Frauen auf der Flucht vor Gewalt, die sie unter anderem • aufgrund ihres Geschlechts erleiden. Neben der uns Europäerin- 15.06.2018, 12:00 – 17:00 Uhr nen bekannten häuslichen und sexualisierten Gewalt, flüchten 25 Jahre Landesfrauenrat M-V, Forum zunehmend Frauen vor Genitalverstümmelung und Zwangsver- „Feministische Alternativen“ heiratung. Ziel des Projektes ist eine umfangreiche und spezia- In der FRIEDA23 in Rostock lisierte Unterstützung und Begleitung geflüchteter Frauen und www.25lfr.blogsport.eu Frauen mit Migrationshintergrund, um ihnen Autonomie und ge- rechte Teilhabe zu ermöglichen. Einen weiteren Fokus legen wir auf den interkulturellen Austausch unter Frauen aus verschie- denen Ländern und Kulturen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei Dr. Joanna Grzywa-Holten das voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen. & Birgit Schulz In der ersten, etwas längeren Phase, suchten und fanden wir nicht nur den Namen „SOLA“ für das Projekt, sondern schaff- Psychosoziales Zentrum für ten es, dass mehr und mehr Frauen mit unserer Projektidee Asylsuchende und MigrantInnen „richtig warm“ wurden, sich selbst mit Ideen und Wünschen in Vorpommern einbrachten. Daraus entwickelten wir weiter unser Konzept, Im Kreisdiakonischen Werk bestehend aus Ausflügen, Bildungs-, Informations- und Frei- Greifswald e.V. Kapaunenstr. 10, 17489 Greifswald zeitangeboten. Parallel gewährleisten wir, über das Psychoso- Tel.: 03834/2311269 ziale Zentrum für Asylsuchende und Migrant*innen in Greifs- [email protected] wald und Wolgast, umfassende sozialpsychologische Beratung www.psz-greifswald.de/frauenprojekt-sola/ bis hin zur Gewaltberatung und zum Gewaltschutz.

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16 CORAktuell erscheint unregelmäßig drei- bis viermal im Jahr. Be- Satz und Druck: stellungen bitte an die Herausgeberin richten. -Druck, Rostock