05.02.2018

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 05.02.2018

Geschäftszahl W247 2148686-1

Spruch W247 2148686-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. , vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.08.2017, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer (BF) ist afghanischer Staatsbürger, muslimischer Sunnit und der Volksgruppe der Paschtunen angehörig.

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 25.06.2015 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem der Beschwerdeführer am 26.06.2015 vor der PI-Spielfeld AGM erstbefragt wurde. Nach Zulassung seiner Verfahrens wurde die beschwerdeführende Partei am 19.07.2016 von einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Beisein eines dem Beschwerdeführer einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache DARI niederschriftlich einvernommen (siehe Niederschrift, AS 43).

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 26.06.2017 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er in Afghanistan bei einer Baufirma als Maler gearbeitet habe. Die Firma habe Wohnungen für Polizisten modernisiert. Aus diesem Grund habe er Probleme mit den Taliban bekommen, er sei mit seinem Leben bedroht worden, falls er diese Tätigkeit weiter ausüben sollte.

3. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.07.2016 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass seine Probleme bereits begonnen haben, als er noch zur Schule gegangen sei. Es habe einen Taliban-Anführer namens XXXX gegeben, der sehr radikal gewesen sei. Auf dem Weg zur Schule habe dieser ihn mehrmals belästigt. Er habe den Beschwerdeführer gefragt, warum er keine afghanische Kleidung trage und westlich gekleidet sei. Er habe seine Englischbücher zerrissen und sei der www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Meinung gewesen, der Beschwerdeführer solle mit ihnen kämpfen statt zur Schule zu gehen. Als der Beschwerdeführer für die ausländische Baufirma gearbeitet habe, habe er für einen Monat Urlaub bekommen. Als er zurück nach Hause gegangen sei, sei er von Mitarbeitern von XXXX festgenommen worden. Diese hätten ihn gefoltert, ihn ausgepeitscht und heiße Metallreifen auf seinen Körper gelegt. Sie hätten ihm gesagt, ihn unter einer Voraussetzung freizulassen, indem der Beschwerdeführer entweder eine Bombe in diese Firma bringen oder ihnen Informationen über diese Firma beschaffen würde. Der BF habe sich aus Angst bereit erklärt. Außerdem hätten sie ihm gedroht, dass er eine alte Mutter habe und er lieber mit ihnen zusammenarbeiten solle. Nachdem der Beschwerdeführer wieder freigelassen worden sei, habe er wieder angefangen bei dieser Firma zu arbeiten und er habe jeden Kontakt zu den Taliban abgebrochen. Die Taliban hätten jedoch die Mutter des Beschwerdeführers aufgesucht und sie gefragt, wo sich der Beschwerdeführer aufhalte. Die Baufirma, für die er gearbeitet habe, habe Polizeistationen gebaut. Diese Baufirma sei finanziell vom Ausland, z.B. Amerika und Spanien, unterstützt worden. Danach habe der Beschwerdeführer für eine Organisation zur Unterstützung von behinderten und notbedürftigen Frauen gearbeitet. Diese Organisation sei finanziell von den Amerikanern und von der Botschaft unterstützt worden. Er habe als Fahrer für diese Organisation und eine weitere Organisation, die XXXX, gearbeitet. Als er einmal einen Mitarbeiter der einen Organisation in die andere Organisation gebracht habe, seien sie von den Taliban mit dem Auto verfolgt worden. Die Taliban hätten geschossen, aber das seien Warnschüsse gewesen. Sie hätten nur gewollt, dass sie anhalten. Der Beschwerdeführer aber habe nicht angehalten. Nachdem sie eine Brücke überquert haben, sei es ihnen gelungen, sich zu verstecken und die Polizei zu benachrichtigen. So wären sie davongekommen. Nach diesem Vorfall habe er gewusst, dass er nicht mehr in Sicherheit sei. Dies vor allem auch aus dem Grund, weil XXXXb der Mutter des Beschwerdeführers gesagt hätte, dass er einmal ihrem Sohn geholfen und ihn freigelassen habe, dieser aber sein Versprechen nicht gehalten habe. Ganz egal, wo er sich in Afghanistan verstecken sollte, werde er den Beschwerdeführer finden und ihm den Kopf abschneiden. Aus diesen Gründen sei er – so der Beschwerdeführer – gezwungen gewesen, aus Afghanistan zu flüchten.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gleichzeitig gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.01.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte das Vorbringen des BF zu seinem Fluchtgrund seiner Beweiswürdigung zugrunde und hielt fest, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte zu den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten und zu einer Asylgewährung führenden Gründen ergäben. Bei Übergriffen durch die Taliban und anderen fremden Personen handle es sich um Übergriffe durch kriminelle Dritte und es sei nicht davon auszugehen dass der afghanische Staat nicht gewillt oder nicht fähig sei, vor solchen Übergriffen zu schützen. Dies allein schon deswegen, da der Kampf gegen die Taliban ein zentrales Element der afghanischen Innen- und Sicherheitspolitik darstelle. Der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Komponente vorbringen können. Weiters habe der Beschwerdeführer keine Bedrohung, welche in einem kausalen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der XXXX, der XXXX sowie der XXXX stehe, glaubhaft vorbringen können. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung des Dorfältesten, wonach er von den Taliban verfolgt werde, könne von jeder beliebigen Person ausgestellt worden sein. Zusammenfassend sei die belangte Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis gelangt, indem sie aufgrund des Vorbringen zu den Fluchtgründen zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf jedoch die Feststellung, dass die Heimatprovinz Herat zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans zähle und die allgemeine Sicherheitslage in Herat weiterhin volatil sei, weshalb die Behörde davon ausgegangen sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention bedeutend würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Aus diesem Grund sei dem Beschwerdeführer der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 27.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen die ARGE Rechtsberatung als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Verfügung gestellt.

6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 20.02.2017 die gegenständliche, rechtzeitige Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger, rechtlicher www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Ermittlungspflicht dahingehend verletzt habe, dass es die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel nicht untersuchen bzw. nicht übersetzen habe lassen und insbesondere nicht zur Entscheidungsfindung herangezogen habe, obwohl diese als entscheidungserheblich zu qualifizieren seien. Sämtliche vorgelegten Beweismittel würden zwar in den Feststellungen aufgelistet, fänden jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung keinerlei Erwähnung oder Berücksichtigung. Es sei auch nicht nachvollziehbar, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit Glauben schenke. Bejahendenfalls hätte es Ermittlungen hinsichtlich der Gefährdungssituation von Angestellten internationaler Firmen und NGOs tätigen müssen. Weiters wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig seien und sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auseinandersetzten würden. Sie würden zwar allgemeine Aussagen über Afghanistan beinhalten, sich aber nicht mit den individuellen Problemen des Beschwerdeführers befassen und seien daher als Begründung zur Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz unzureichend. Die belangte Behörde habe keine ausreichenden Ermittlungen über die Tätigkeit der Taliban im Bezirk Shindand sowie über die Gefährdung von Angestellten international finanzierter Firmen und NGOs durch die Taliban getätigt. Zudem habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Recht auf Parteiengehör verletzt, insbesondere hätte es dem Beschwerdeführer vorhalten müssen, dass es dem Schreiben der Distriktverwaltung keinen Glauben schenke. Der Beschwerdeführer hätte dazu Ausführungen tätigen können, die zu einer anderen Beweiswürdigung und zu einer anderen Entscheidung geführt hätten. Zum Beschwerdegrund der mangelnden Beweiswürdigung wurde von Beschwerdeseite ausgeführt, dass die belangte Behörde die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers zwar für glaubwürdig halte, allerdings die vorgebrachte Verfolgung durch die Taliban in keinen kausalen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit habe bringen können. Der Beschwerdeführer brachte dazu ergänzend vor, dass sein Heimatdistrikt Shindand in großen Teilen von den Taliban kontrolliert werde und die Taliban auch im Heimatdorf des Beschwerdeführers großen Einfluss haben. XXXX sei ein Kommandant der Talibangruppe in Shindand. Als dieser erfahren habe, dass der Beschwerdeführer für eine internationale Baufirma arbeite, habe er etwa Mitte 2011 eine Entführung veranlasst. Erst auf Druck der Mutter und der Dorfältesten seien die Taliban überredet worden, den Beschwerdeführer nicht zu töten, sondern ihn unter der Bedingung der Zusammenarbeit mit ihnen freizulassen. Da der Beschwerdeführer nicht mit den Taliban habe arbeiten und seiner Baufirma nicht habe schaden wollen, habe er vom Projekt im Distrikt Baghdis Qualay-e-Naw zu einem anderen Projekt in der Provinz Farah, wo er noch bis ca. Mai 2012 tätig gewesen sei, gewechselt. Bis Ende 2012 sei der Beschwerdeführer arbeitslos gewesen und habe sich in Herat versteckt, da er nicht in seine Heimatprovinz habe zurückkehren wollen, da er die Verfolgung durch XXXX und dessen Männer gefürchtet habe. Er habe jedoch Kontakt zu seiner Mutter gehalten und von dieser erfahren, dass XXXX immer wieder nach dem Beschwerdeführer gefragt und ihn gesucht habe. Da der Beschwerdeführer die Vereinbarung mit ihm verletzt und nach wie vor für ausländische Firmen und NGOs gearbeitet habe, habe er gewusst, dass er jedenfalls von den Taliban in Shindand getötet werden würde. Als das Auto des Beschwerdeführers Ende 2014 von den Taliban angegriffen worden sei, habe der Beschwerdeführer erkannt, dass er sich nicht länger verstecken könne und dass sein Leben in ganz Afghanistan in Gefahr sei und habe seine Flucht organisiert. Der Beschwerdeführer könne auch keine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nehmen, da die Tätigkeiten der Taliban sich über das gesamte Land erstrecken würden. Zum Beschwerdegrund der falschen rechtlichen Beurteilung brachte der Beschwerdeführer vor, dass diese auf einem mangelhaft geführten Verfahren und einer mangelhaften Beweiswürdigung basiere. Der Beschwerdeführer werde aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für eine internationale Baufirma und für zwei internationale NGOs von den Taliban in seinem Distrikt Shindand verfolgt. Diese Verfolgung sei jedenfalls asylrelevant, da die Taliban den Beschwerdeführer aufgrund einer religiösen bzw. politischen (nämlich einer westlichen und Taliban-feindlichen) Gesinnung verfolgen würden. Die Verfolgung gehe zwar von nichtstaatlicher Seite aus, es sei jedoch notorisch, dass der afghanische Staat nicht vor einer Verfolgung durch diese schützen könne. Zudem gehöre der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit für internationale NGOs und westlichen Unternehmen einer Risikogruppe gemäß den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender an. Das größere Risiko sei auch durch verschiedene, in der Beschwerde näher zitierte Berichte von internationalen Organisationen belegt. Der Beschwerdeführer beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge 1) eine mündliche Verhandlung gem. § 24 VwGVG durchführen und 2) der Beschwerde stattgeben und dem BF Asyl gem. § 3 AsylG zuerkennen.

7. Die Beschwerdevorlage vom 22.02.2017 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2017 ein.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.08.2017 wurden dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 und dessen Aktualisierung vom 22.06.2017 sowie das Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017 und dessen Aktualisierung vom 15.05.2017 übermittelt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.08.2017 eingeräumt.

9. Am 18.08.2017 langte die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum übermittelten Länderberichtsmaterial ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verfolgungsgefahr auch im Falle der Rückkehr des www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Beschwerdeführers aufrecht bleibe, da dieser zusätzlich durch seine Flucht aus Europa und seine westlich orientierte aufgeschlossene Lebensweise implizit seine ablehnende Haltung gegenüber den Taliban zum Ausdruck gebracht habe. Der Beschwerdeführer sei als deren politischer Gegner anzusehen und es drohe ihm Verfolgung, welche der Staat Afghanistan in Entsprechung der aktuellen Länderberichte aktuell nicht in der Lage sei, hintanzuhalten. Die Taliban würden weiterhin Mitarbeiter lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen angreifen. Der Beschwerdeführer gehöre aufgrund seiner Tätigkeit für internationale Firmen und NGOs gemäß den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender zu einer Risikogruppe, für welche auch in Gebieten, die von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative bestehe, da die Taliban über operationelle Kapazitäten verfügen würden, Personen im ganzen Land zu verfolgen. Außerdem stehe die Möglichkeit einer Fluchtalternative im Widerspruch zum bereits gewährten subsidiären Schutz. Es sei notorisch, dass die afghanische Regierung weder schutzwillig noch -fähig sei und seien im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation auch entsprechende Feststellungen getroffen worden. In der Praxis sei die Justiz oft unterfinanziert, unterbesetzt und nicht adäquat ausgebildet. Das Justizsystem arbeite uneffektiv und politisch beeinflusst und sei Drohungen und Korruption ausgesetzt. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Asylstatus bleibe daher weiter aufrecht.

10. Am 25.08.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"[ ]

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, ihre Staatsangehörigkeit sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.

BF: Ich heiße XXXX, mein Nachname ist XXXX, ich bin in der Provinz Herat im Distrikt Shindand, im Dorf Mahal-e-Ghundis geboren, ich bin afghanischer Staatsangehöriger, meine letzte Adresse in Afghanistan war in der Stadt Herat an der Hauptstraße Jada-e-Chahar Rah-e-Mustufiyat.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin aus dem Stamm der Barakzai. Meine Eltern sind beide Paschtunen. Meine Muttersprache ist Pashtu, aber zuhause sprechen wir Dari.

RI: Können Sie Pashtu sprechen?

BF: Ich kann Pashtu sprechen aber nicht perfekt.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin sunnitischer Moslem.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie bisher ausgeübt?

BF: Ich habe elf Jahre die Schule besucht, während der Schulzeit habe ich als Maurer und Maler gearbeitet. Nach der Schule habe ich bei ausländischen Organisationen als Maler gearbeitet. Davor habe ich auch für ein privates Unternehmen gearbeitet.

RI: Bei welchem privaten Unternehmen haben Sie gearbeitet und als was?

BF: Ich habe in einem Bauunternehmen namens Gholam Mohammad Turkzadah als Maler und Maurer gearbeitet.

RI: Haben Sie sonst noch Berufserfahrungen?

BF: Nein.

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RI: Ich wiederhole, Sie haben elf Jahre die Schule besucht, während der Schulzeit als Maurer und Maler gearbeitet, nach der Schule haben Sie bei ausländischen Organisationen als Maler gearbeitet und davor haben Sie bei einem Bauunternehmen als Maler und Maurer gearbeitet. Stimmt das?

BF: Ja.

RI: Vorhaltung: In der Niederschrift vor dem BFA vom 19.07.2016 haben Sie zu Ihrer Berufserfahrung angegeben, ich habe als Fahrer für die Organisation Afghan Psyche Mental Health Organization gearbeitet. Wie steht es jetzt mit dieser Berufserfahrung, die Sie angegeben haben?

BF: Ich habe zuerst im Bauunternehmen gearbeitet als Maurer und Maler, dann habe ich als Fahrer gearbeitet, aber eine Berufsausbildung als Fahrer habe ich keine.

RI: Aber Sie habe die Berufserfahrung?

BF: Ja.

RI: Sie haben im bisherigen Verfahren angegeben, dass Sie aufgrund Ihrer Schulausbildung im Bauunternehmen auch als Supervisor gearbeitet haben. Stimmt diese Aussage?

BF: Da ich eine Schulbildung habe, wurde ich dort als Vorarbeiter ausgewählt, weil ich lesen konnte. Eigentlich kenne ich den Begriff Supervisor nicht, ich war nur ein Vorarbeiter.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort in Afghanistan auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF: Außer in der Stadt Herat habe ich sonst nirgendwo anders gelebt.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zurzeit in Afghanistan und in welcher Stadt?

BF: Ich habe nur einen Cousin väterlicherseits. Ich hatte vor einiger Zeit noch Kontakt zu ihm, damals hat er an meinem Geburtsort in Shindand gelebt. Jetzt weiß ich nicht, ob er noch in Afghanistan ist oder in den Iran gegangen ist.

RI: Sie haben gesagt, dass Sie in dem Ort Mahal-e-Ghundis geboren sind. Wie viele Jahre haben Sie dort gelebt?

BF: Mein eigentlicher Wohnort war immer schon in Shindand im Dorf Mahal-e-Ghundis. Wegen der Arbeit habe ich mich in Herat aufgehalten.

RI: Sie haben aber nicht in Herat gelebt, sondern in Mahal-e-Ghundis?

BF: Wenn ich einen Arbeitsauftrag hatte, habe ich in Herat gelebt, wenn die Arbeit beendet war bin ich zu meiner Familie zurückgegangen

RI: Hatten Sie in Herat eine eigene Wohnung?

BF: Nein. Ich habe in Herat bei einem Freund gelebt.

RI: Gibt es Verwandte von Ihnen, die außerhalb von Afghanistan leben und wenn ja, wo?

BF: Nein.

RI: Sie haben keine Verwandte außerhalb von Afghanistan?

RI. Meine Mutter und meine beiden Schwestern leben im Iran. Ein Cousin väterlicherseits lebte in Afghanistan, wo er jetzt ist, weiß ich nicht.

RI: Wann haben Ihre Mutter und Ihre Schwestern Afghanistan verlassen und was war der Grund?

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BF: An das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern. Es war auf jeden Fall nach meiner Ausreise.

RI: Was war der Grund?

BF: Meine Mutter war alleine mit meiner Schwester in Afghanistan. Meine andere Schwester lebte bereits im Iran. Sie hatte niemanden mehr in Afghanistan und sie hatte auch Probleme mit den Mullahs der Region bekommen. Der Mullah Najibullah war ein Talib, er hat nach meiner Ausreise ständig bei meiner Mutter nach meinem Aufenthaltsort gefragt.

RI: Das heißt der Mullah Najibullah war der Grund warum Ihre Mutter und Ihre Schwester in den Iran gegangen sind?

BF: Sowohl wegen dem Mullah, weil er ständig nach mir gefragt hat, als auch weil sie alleine war und niemanden mehr in Afghanistan hatte, ist sie in den Iran gegangen.

RI: Der Mullah Najibullah von dem Sie sprechen, handelt es sich dabei um die gleiche Person wie der MALAWI Mola Najib, der mit Ihrem Fluchtgrund in Zusammenhang steht?

BF: Maulawi Mola Najibullah ist ein Führer der Taliban. Dieser hatte Probleme mit mir.

RI: Dieser Mullah Najibullah ist also genau die Person, die mit Ihrem Fluchtgrund in Zusammenhang steht?

BF: Ja. Vorwiegend wegen dieser Person und auch wegen den Taliban bin ich geflüchtet.

RI: Im bisherigen Akt ist immer von einem MALAWI Mola Najib die Rede, der mit Ihrem Fluchtgrund in Zusammenhang steht. Jetzt höre ich von einem Mullah Najibullah. Ist das die gleiche Person?

BF: Ja, das ist die gleiche Person.

RI: Haben diese im Iran lebenden Verwandten einen legalen Aufenthalt dort?

BF: Nein. Nur meine älteste Schwester.

RI: Hoffen Ihre im Iran lebenden Verwandten darauf nach Österreich nachkommen zu können?

BF: Ich glaube nicht, ich habe meine Angehörigen auch nicht danach gefragt.

RI: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihren im Iran lebenden Verwandten und zu wem im Speziellen?

BF: Ich habe Kontakt zu meiner Mutter, wir telefonieren alle zwei Tage oder manchmal drei bis vier Mal in der Woche, je nach dem.

RI: Wie treten Sie in Kontakt?

BF: Meine Mutter ruft mich an. Gelegentlich ruft sie mich über WhatsApp an, manchmal auch über das Telefon.

RI: Sie sprechen mehrfach wöchentlich mit Ihrer Mutter, welche nach Ihren Angaben auch aus Afghanistan geflohen ist und haben dabei niemals die Möglichkeit besprochen, dass Ihre im Iran illegal lebenden Verwandten auch nach Österreich kommen könnten?

BF: Ja, das ist richtig. Wir haben bis jetzt nicht darüber gesprochen.

RI: Wie finanziert Ihre im Iran lebende Familie ihren Unterhalt?

BF: Meine Schwester unterstützt meine Mutter.

RI: Gibt es Verwandte von Ihnen, die in Europa leben und wenn ja, welche?

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BF: In Österreich lebt die Tochter meines Onkels mütterlicherseits.

RI: Wo lebt sie?

BF: In Wien, im 16. Bezirk.

RI: Haben Sie Kontakt zu ihrer in Wien lebenden Cousine und wenn ja, wie oft und wie treten Sie in Kontakt?

BF: Ich habe nicht so viel Kontakt zu ihr. Ein bis zwei Mal in der Woche telefonieren wir. Sie ist beschäftigt. Sie arbeitet und ich besuche einen Deutschkurs.

RI: Welchen Grund hatte Ihre Cousine, nach Österreich zu kommen?

BF: Das weiß ich nicht genau. Sie lebt schon seit längerer Zeit hier.

RI: Wie ist ihr Status in Österreich?

BF: Sie ist subsidiär schutzberechtigt.

RI: Wie alt ist Ihre Cousine und welchen Familienstand hat sie?

BF: Sie ist verheiratet. Wie alt sie ist, weiß ich nicht. Sie hat vier Kinder.

RI: Sind Sie bei Ihrer Ausreise aus Afghanistan im Iran aufhältig gewesen?

BF: Im Iran habe ich nicht gelebt, sondern ich bin durch den Iran gereist. Ich bin über durch den Iran gereist.

RI: Sie haben bei Ihrer älteren Schwester im Iran gar keinen Stopp gemacht?

BF: Nein. Der Schlepper erlaubte es mir nicht, er sagte, wir müssen durchreisen.

RI: Wenn Sie eine im Iran lebende Schwester haben, warum war es Ihnen nicht naheliegend zuerst in den Iran zu flüchten und bei Ihrer Schwester zu bleiben?

BF: Im Iran bekommt man nicht leicht einen Aufenthaltstitel. Wenn man von der Polizei erwischt wird, wird man sofort abgeschoben. Meine Schwester hat einen legalen Aufenthaltstitel. Sie lebt bereits seit 12 Jahren im Iran.

RI: Sie sind ja auf der Flucht gewesen und haben sich auch von den Taliban bedroht gefühlt. Der Gedanke wäre doch naheliegend, dass Sie zuerst zu Ihrer Schwester in den Iran flüchten um dort sicher zu sein.

BF: Ich konnte nicht im Iran bleiben, da ich für den Iran keinen legalen Aufenthaltstitel besessen habe. Wenn die Polizei mich erwischt hätte, hätten sie mich sofort nach Afghanistan abgeschoben. Außerdem, als ich Afghanistan verlassen habe, war mein Reiseziel nicht der Iran.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF: 2015. Ich kam am 25.06.2015.

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise in Österreich wieder einmal Afghanistan gewesen, im Rahmen einer Reise oder eines Urlaubs?

BF: Nein.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

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BF: Soll ich mich kurz fassen.

RI: Geben Sie mir bitte ein möglichst klares und stimmiges Bild und beginnen Sie dort zu erzählen, wo Ihr Fluchtgrund beginnt!

BF: Ich habe im Bauunternehmen Turkzadah gearbeitet. Dieses Bauunternehmen wurde von den Amerikanern unterstützt.

RI: Sie haben vor dem BFA bereits von Trandsalierungen in der Schulzeit erzählt. Beginnen Sie bitte von dort zu erzählen.

BF: Während der Schulzeit wurden wir alle von den Taliban belästigt. Sie sagten immer warum wir die Schule besuchen. Weshalb wir uns westlich kleiden, warum wir nicht bereit sind, gemeinsam mit ihnen in den Dschihad zu ziehen. Einmal haben die Taliban sogar meine Kleidung zerrissen und mein Englischbuch zerrissen. Sie sagten sowohl mir als auch anderen Burschen, die zur Schule gingen, dass wir gemeinsam mit ihnen in den Dschihad ziehen sollen und von ihnen unterrichtet werden sollen.

RI: Wie kann ich mir von Ihnen den Kontakt zu den Taliban vorstellen? Haben sie vor der Schule auf Sie und Ihre Mitschüler gewartet oder sind Sie zu Ihnen nach Hause gekommen oder waren Sie mit ihnen befreundet? Wie sind die Taliban an Sie herangetreten?

BF: Diese Zusammentreffen waren immer zufällig. Es war nicht so, dass sie speziell wegen mir vor der Schule gewartet haben oder mich auf dem Weg nach Hause abgefangen haben. Wenn ich einen Weg passiert habe und wir zufällig mit ihnen zusammengestoßen sind, haben sie dieser Aufforderungen gestellt.

RI: Sind Sie auch von Mullah Najibullah zu dieser Zeit belästigt worden?

BF: Nein.

RI. Das heißt, während Ihre Schulzeit hat Mullah Najibullah Sie nicht belästigt?

BF: Nein.

RI Vorhaltung: In der Niederschrift vor dem BFA am 19.07.2016 auf Seite 6 haben Sie zu Ihren Fluchtgründen ausgesagt: "Das hat schon begonnen als ich zur Schule ging. Es gab einen Talibananführer namens MOLAWI Mola Najib der sehr radikal war. Auf dem Weg zur Schule hat er mich mehrfach belästigt. Er fragt mich warum ich keine afghanische Kleidung anhabe und westlich gekleidet bin, er zerriss sogar einmal meine Englischbücher und war der Meinung, dass ich anstatt zur Schule zu gehen mit ihm kämpfen sollte." Nachdem Sie vorher bestätigt haben, dass der im bisherigen Verfahren bezeichnete MOLAWI Mola Najib jener Mullah Najibullah ist, der mit Ihrem Fluchtgrund im Zusammenhang steht, sind Sie gemäß Ihrer Aussage vor dem BFA von diesem bereits während Ihrer Schulzeit belästigt worden? Wie erklären Sie sich den Widerspruch zum heutigen Sachverhalt?

BF: Der Mullah Najibullah hat persönlich mich nicht auf dem Weg zur Schule belästigt. Er hat auch nicht meine Bücher zerrissen. Im Dorf wenn er mich gesehen hat, hat er zu mir gesagt, dass ich mich den Taliban anschließen und mit ihnen kämpfen soll.

RI: Die Niederschrift vom BFA vom 19.07.2016 ist Ihnen doch rückübersetzt worden?

BF: Ja.

RI: Warum haben Sie die in dieser Niederschrift dargelegte Erzählung nicht nach Rückübersetzung richtig gestellt wenn sie nicht den Tatsachen entspricht?

BF: Damals hat Mullah Najibullah bereits existiert. Seine Leute haben mich auf dem Weg zur Schule belästigt. Er selbst sagte mir lediglich wenn er mich im Dorf gesehen hat, dass ich mich ihnen anschließen soll. Der D hat mir bei der letzten Einvernahme das nicht so rückübersetzt. Rückübersetzt wurde mir, dass ich von den Leuten von Mullah Najibullah auf dem Weg zur Schule belästigt wurde.

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RI: Wie haben Sie den Mullah Najibullah kennen gelernt? Und hatten Sie regelmäßig Kontakt zu ihm?

BF: Mullah Najibullah ist aus dem Stamm der Barakzai. Wir gehören zum selben Stamm. Er hat auch in meinem Heimatdorf gelebt. Mit seiner Anhängerschaft ist er immer im Dorf präsent gewesen. Da wir aus demselben Stamm stammen, haben wir uns gekannt.

RI: Erzählen Sie weiter zu Ihrem Fluchtgrund!

BF: Ich hatte mit dem Bauunternehmen Turkzadah ein Projekt in der Provinz Badghis, in der Provinzhauptstadt Qala-e-Naw, dieses Bauprojekt hat im November 2010 begonnen und wurde im Mai 2011 beendet. Nachdem dieses Projekt beendet war, bekam ich einen Monat frei und ich ging nach Hause. Ich bin am Tag im Dorf angekommen, es war gegen 22 Uhr in der Nacht, als es an der Türe geklopft hat. Ich habe die Türe aufgemacht, plötzlich sah ich etwa sechs Personen die ihre Waffen gegen mich gehalten haben. Sie sagten ich solle mich nicht bewegen, sie legten an meinen beiden Händen Fesseln an. Ich bekam eine Augenbinde. Sie brachten mich zu einem Fahrzeug. Ich kann mich nicht genau erinnern, ob wir zwei oder zweieinhalb Stunden gefahren sind. Geschätzt glaube ich waren es zwei Stunden. Ich wurde in einen Raum gebracht. Man nahm mir die Augenbinde ab. Mullah Najibullah kam zu mir. Er fragte mich und sagte mir, dass er bereits informiert ist, dass ich in einem ausländischen Unternehmen arbeite. Er fragte mich, warum ich diese Arbeit mache und stellte mir auch die Frage, warum ich mich ihnen nicht angeschlossen habe. Er hat mir vorgeworfen, dass ich für Ungläubige gearbeitet habe und dies sei gegen die Richtlinien des Islams und sie werden mich töten. Dann ist Mullah Najibullah weggegangen. Ich war ein Monat dort. Während dieses Monats haben die Taliban mich gequält, sie haben mich geschlagen, sie haben mich verbrannt, sie haben mich mit einer Peitsche an den Beinen geschlagen, mit Gewehrkolben haben sie mich geschlagen. Einmal in der Woche ist Mullah Najibullah zu mir gekommen. In den letzten Wochen sagte er mir: "Willst du am Leben bleiben, dann musst du uns unterstützen!" Er sagte, wenn ich ihn unterstütze, wird er mich frei lassen. Außerdem hätte ich auch eine alte Mutter. Er sagte, ich könnte meine Unterstützung zeigen indem ich ihm genauere Information über dieses Bauunternehmen liefere, z. B. wie viele Personen dort arbeiten. Wo die Zentrale des Bauunternehmens ist und wo die Projekte ausgeführt werden. Er sagte, er würde mir eine Bombe mitgeben, ich solle diese in das Gebäude schmuggeln und sie dort sprengen, damit alles vernichtet wird. Das hat er gesagt, ich war einverstanden. Ich sagte ihm, dass ich bereit bin sie zu unterstützen. Er sagte mir, er würde mir vertrauen, da er mich kennt und er vertraut auch meiner Unterstützung. Seine Aufforderung habe ich akzeptiert. Daraufhin wurde ich frei gelassen. Ich kam nach Hause, einen Tag blieb ich zuhause. Gleich am nächsten Tag ging ich nach Herat. Ich sagte meiner Mutter, dass ich weggehe, aber ich sagte ihr nicht, wohin ich gehen werde. Ich bin dann nach Farah gegangen. Dort war unser nächstes Bauprojekt. Dort habe ich auch an diesem Projekt mitgearbeitet, bis es dann zu Ende gemacht wurde. Nachdem dieses Projekt beendet war, kam ich nach Herat zurück. Eine Zeitlang war ich ohne Arbeit.

RI: Wie lange hat das Projekt in Farah gedauert?

BF: Von Juli 2011 bis Mai 2012.

RI: Haben Sie danach in dieser Baufirma gekündigt? Oder wieso waren Sie danach ohne Arbeit?

BF: Dieses Projekt wurde beendet. Ich bin dann nicht neuerlich nach Farah gegangen, da ich mich gefürchtet habe, weil die Situation in Farah schlecht war. Danach habe ich als Fahrer für eine Organisation "Unterstützung der Frauen und der Behinderten in Afghanistan" gearbeitet. Bis Ende Dezember 2014 habe ich für diese Organisation gearbeitet. Ich habe vorhin meine Tätigkeit als Fahrer deshalb nicht erwähnt, weil ich angenommen habe, dass wir während der heutigen Verhandlung ausführlich darüber sprechen werden.

RI: Ich habe Sie eingangs nach allen Berufserfahrungen gefragt, das schließt das Fahren von Fahrzeugen mit ein.

BF: Ich habe mich nur auf meine Berufserfahrung im Bereich vom Malen konzentriert und wollte über die Tätigkeit als Fahrer dann im Zuge meines Fluchtgrundes ausführlich erzählen.

RI: Sie haben gesagt, dass Sie von Juli 2011 bis Mai 2012 an einem Projekt in Farah gearbeitet haben. Haben Sie nach diesem Projekt der Baufirma gekündigt oder wann sind Sie von der Baufirma weggegangen?

BF: Ich bin dann einfach nicht mehr bei der Firma erschienen. In Afghanistan ist es nicht üblich, dass man dort schriftlich die Kündigung einreicht. Ich bin nicht mehr zur Arbeit gegangen, da ich Angst davor hatte, weil die Situation in Farah unsicher war.

RI: Was war unsicher in Farah? www.ris.bka.gv.at Seite 9 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

BF: Dort gab es viele Taliban und es herrschte Krieg.

RI: Wo haben Sie Ihre neue Tätigkeit für die Organisation Unterstützung der Frauen und der Behinderten in Afghanistan" ausgeübt?

BF: In der Stadt Herat.

RI: Dort gab es keine solchen Probleme mit den Taliban?

BF: Nein.

RI: Wann haben Sie begonnen, für die neue Organisation zu arbeiten?

BF: Von Jänner 2013 bis Dezember 2013 habe ich für die Organisation zur Unterstützung der Frauen gearbeitet. Von Februar 2014 bis Dezember 2014 war ich für die Organisation zur Unterstützung der Behinderten in Afghanistan tätig. Das sind zwei Organisationen. Für die erste Organisation für die ich gearbeitet habe, war eine Organisation zur Unterstützung der Frauen die verwitwet waren und im Allgemeinen Frauen unterstützt hat. Die zweite Organisation nannte sich Afghan Rawan. Diese Organisation unterstützte behinderte Personen, z.B. Stumme und Taubstumme. Diese Organisation wurde von der amerikanischen Botschaft unterstützt.

RI: In der NS vor dem BFA vom 19.07.2016 ist die Rede davon, dass sie als Fahrer für die Organisation "Afghan Psyche Menthal Health Organization". Ist das eine dritte Organisation für die Sie gearbeitet haben?

BF: Die "Afghan Psyche Menthal Health Organization" wird auch als Afhgan Rawan bezeichnet.

RI: Auch wenn ich kein Englischmuttersprachler bin, ist für mich die Bezeichnung "Menthal Health" etwas anderes als Stumm und Taubstumm.

BF: Ich war ein einfacher Fahrer. Ich weiß nicht, welche genaue Tätigkeiten diese Organisation ausgeführt hat. Ich weiß nur, dass Taubstumme und Leute, die psychisch beeinträchtigt waren, unterstützt wurden.

RI. Beide Organisationen, für die Sie gearbeitet haben, sind von der amerikanischen Botschaft unterstützt worden?

BF: Ja.

RI: Sind diese Organisationen auch von der afghanischen Regierung unterstützt worden?

BF: Das weiß ich nicht, ob die afghanische Regierung diese Organisationen unterstützt hat oder nicht. Es wurde mir gesagt, dass die amerikanische Botschaft diese Organisation unterstützt hat.

RI: Sie haben gesagt, dass Sie für das Bauunternehmen Turkzadah gearbeitet haben. War das ein türkisches Unternehmen oder ein amerikanisches Unternehmen oder was war das für ein Unternehmen?

BF: Das war ein afghanisches Unternehmen und wurde von den Amerikanern und Spaniern unterstützt?

RI: Was meinen Sie mit unterstützt?

BF: Ich war ein einfacher Arbeiter. Ich habe einmal meinen Vorgesetzten danach gefragt, er hat mir gesagt, dass dieses Bauunternehmen von den Amerikanern und Spaniern Hilfeleistungen bekommt. Von wem genau und welche Hilfeleistungen das waren, weiß ich nicht.

RI: Bitte fahren Sie in Ihrem Fluchtgrund fort!

BF: Ende Dezember 2014 gab es einen Workshop. Ich habe als Fahrer den Vorgesetzten und einen anderen Mitarbeiter chauffiert. Wir waren in Richtung eines Dorfes unterwegs. Während der Fahrt auf einer nicht asphaltierten Straße bemerkte ich, dass wir von zwei Motorrädern verfolgt werden. Ich sah diese Personen am seitlichen Außenspiegel. Die Gesichter waren vermummt. Als ich aufmerksam wurde, bekam ich Angst. Ich www.ris.bka.gv.at Seite 10 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 habe beschleunigt. Diese Personen haben Schüsse abgegeben, sie haben in die Luft geschossen. Sie haben auf den Boden geschossen, man wollte mich aufmerksam machen, damit ich stehen bleibe. Ich habe die Geschwindigkeit sehr erhöht, ich habe beschleunigt. Dabei entstand eine Staubwolke weil es eine nicht asphaltierte Straße war. Wir sind dann an einer Brücke angekommen. Wir haben die Brücke überquert. Ich blieb stehen. Wir sind alle aus dem Auto weggelaufen. Diese Personen waren nicht angekommen. Sie waren noch weit weg. Neben der Brücke befand sich ein Dorf. Wir begaben uns in dieses Dorf und haben sofort von dort die Polizei verständigt. Bis die Polizei gekommen ist, waren diese Personen schon weg und hatten das Auto beschossen.

RI. Das leere Auto?

BF: Ja.

RI: Zu meinem Verständnis. Sie fuhren mit dem Auto. Danach haben Sie im Rückspiegel bemerkt, dass zwei Motorräder Sie verfolgt haben, auf diesen saßen Taliban?

BF: Ja.

RI: Wie viele saßen auf den Motorrädern?

BF: Vier Personen, zwei auf jedem Motorrad.

RI: Diese Taliban waren bewaffnet?

BF: Ja.

RI: Was hatten Sie?

BF: Sie waren von mir weit weg. Daher konnte ich das nicht genau sehen, aber ich weiß, dass sie es auf der Schulter getragen haben und in die Luft geschossen haben. Ob es eine Kalaschnykoff oder ein anderes Gewehr war weiß ich nicht.

RI. Wie oft haben sie in die Luft geschossen?

BF: Vier bis fünf Mal haben sie in die Luft geschossen. Sie haben auch in den Boden geschossen, um nicht das Auto zu treffen, um uns aufmerksam zu machen, dass wir stehen bleiben. Sie wollten, glaube ich, nicht auf uns schießen, sie wollten, dass wir stehen bleiben und dass sie uns mitnehmen.

RI: Mitnehmen? Aber auf den Motorrädern war kein Platz mehr?

BF: Ich weiß nicht, was sie mit uns vorhatten.

RI: Sie sind über die Brücke gefahren und haben sich in das nächste Dorf geflüchtet um zur Polizei zu gehen?

BF: Ja.

RI: Wie Sie zurückgekommen sind, haben Sie gesehen, dass das Auto, das Sie zurückgelassen haben, von den Taliban beschossen ist?

BF: Ja.

RI: Aber diese Einschusslöcher stammten nicht von der Verfolgungsjagd sondern erfolgten erst später als das Auto bereits verlassen war?

BF: Das ist richtig, bevor sie angekommen sind, sind wir geflüchtet. Als sie das leerstehende Auto gesehen haben, haben sie das Auto beschossen.

RI: Was ist dann passiert?

www.ris.bka.gv.at Seite 11 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

BF: Dann kam die Polizei, wir gingen zum Auto, danach hat uns die Polizei ins Büro zurückgefahren. Nach diesem Vorfall war es mir bewusst, dass mein Leben in Gefahr ist. Mullah Najibullah ist ständig zu meiner Mutter gekommen, nachdem er erfahren hat, dass ich wieder begonnen habe, zu arbeiten. Er sagte meiner Mutter, dass er mich frei gelassen hat, damit ich sie unterstütze. Ich hätte diese Leute nicht unterstützt. Stattdessen hätte ich bei einer anderen Organisation Arbeit gefunden. Er sagte, dass er überall in Afghanistan mich finden wird und mir den Kopf abschneiden wird, da ich mein Versprechen nicht gehalten habe und ihn nicht unterstützt habe. Das war der Grund warum ich in Richtung Europa geflüchtet bin, da ich wusste, dass mein Leben in Gefahr ist.

RI: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: Genau kann ich mich nicht erinnern. Es war 2015, wann genau es war, weiß ich nicht, da die Daten in Afghanistan sich von den Daten hier unterscheiden.

RI: Wie lange waren Sie auf Ihrer Flucht unterwegs von Afghanistan bis nach Österreich?

BF: Drei Monate.

RI: Da Sie am 25.06.2015 in Österreich angekommen sind und ca. drei Monate auf Ihrer Reise unterwegs gewesen sind, sind Sie offenbar ungefähr Mitte März 2015 von Afghanistan aufgebrochen. Kann das stimmen?

BF: Das ist richtig.

RI: Der Vorfall mit dem Motorrad war Ende 2014?

BF: Ja.

RI: Ihr Aufbruch aus Afghanistan war ungefähr Mitte März 2015?

BF: Das weiß ich nicht genau.

RI: Das heißt aber, dass zwischen dem Vorfall mit den Taliban auf dem Motorrad und Ihrer Flucht zwischen drei oder vier Monate liegen müssten.

BF: Ja.

RI: Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?

BF: Ich habe mich bei einem Freund aufgehalten und habe den Entschluss zur Flucht gefasst.

RI: Haben Sie in der Zeit gearbeitet?

BF: Nein

RI: Wovon haben Sie in der Zeit gelebt?

BF: Ich hatte gearbeitet und hatte noch Geld von meinem Ersparten. Ich hatte keine finanziellen Probleme.

RI. Hatten Sie in der Zeit Kontakt zu Ihrer Mutter?

BF: Ja. Ich hatte Kontakt zu ihr. Sie sagte mir, ich muss Afghanistan verlassen, da Mullah Najibullah mich fassen wird.

RI. Wo hat der Freund gelebt, bei dem Sie in den drei Monaten untergeschlüpft sind?

BF: In Herat.

RI: Sind Sie in den drei Monaten einmal nach Hause gekommen? www.ris.bka.gv.at Seite 12 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

BF: Nein. Nachdem Mullah Najibullah mich freigelassen hat, bin ich nicht wieder nach Shindand zurückgekehrt.

RI Vorhaltung: In der NS vor dem BFA vom 19.07.2016 auf Seite 6 haben Sie von dem letzten Zusammentreffen mit den Taliban folgendes berichtet: "Einmal als ich einen Mitarbeiter dieser Unterstützung der Frauen in die andere Organisation bringen wollte, wurden wir von den Taliban mit dem Auto verfolgt. Sie haben geschossen, aber das waren Warnschüsse." In der mündlichen Verhandlung haben Sie berichtet, dass Sie von vier Taliban auf zwei Motorrädern seinerzeit verfolgt worden sind, in Ihrer Einvernahme vor dem BFA haben Sie von Taliban im Auto gesprochen. Welche Version stimmt?

BF: Sie waren auf den Motorrädern und nicht mit dem Auto unterwegs.

RI: Ist Ihnen damals die NS vor dem BFA rückübersetzt worden?

BF: Ja. Damals habe ich auch Motorrad gesagt.

RI: Haben Sie den damaligen D im Verfahren vor dem BFA gut verstanden?

BF: Mein D war ein Iraner. Ich spreche Dari. Mit einem typischen Akzent der in Herat üblich ist, es kann sein, dass er mich nicht verstanden hat. Ich habe aber ausdrücklich gesagt, dass die Taliban auf "Motor" unterwegs waren.

RI Frage an D: Sind die Worte Auto und Motorrad in Dari verwechselbar oder sind das zwei verschiedene Worte?

D: Das sind zwei verschiedene Worte. Aber im Farsi gibt es die Bezeichnung für das Fahrzeug "Mashin" und für das Motorrad "Motor".

RI: Es wird festgestellt, dass D Fr. Abassian im bei der Befragung beim BFA am 19.07.2016 D für Dari war.

BF: Das kann nicht sein, dass sie D für Dari ist, sie ist eine Iranerin und hat sich auch als eine Iranerin vorgestellt und hat in einem iranischen Akzent mit mir gesprochen.

RI: In der NS vom 19.07.2016 wird Frau Abassian als D für Dari aufgeführt.

BF: Ich spreche Dari, aber sie (D) hat in einem iranischen Akzent zu mir gesprochen.

RI: War das alles, was Sie zum Fluchtgrund sagen wollten?

BF: Das war alles.

RI: VORHALTUNG: Vor dem BFA haben Sie am 19.07.2016 ausgesagt: "[ ] Als ich nach Hause zurück ging, wurde ich von den Mitgliedern von Mullah Najibullah festgenommen. Sie haben mich gefoltert. Mich ausgepeitscht und heiße Metallstreifen auf meinen Körper gelegt. [ ]". Meinten Sie Festnahme, wie es die Polizei durchführt oder meinten Sie Entführung, so wie es Kidnapper tun?

BF: Sie haben eine Waffe auf mich gerichtet, mir Handfesseln angelegt und mich mitgenommen. Es war eine Entführung.

RI: Wer genau hat Sie festgenommen und gefoltert? Kannten Sie die Leute? Wieviele waren es?

BF: Nein, ihre Gesichter waren verhüllt.

RI: Haben Sie irgendjemanden Ihrer Entführer erkannt, durch eine Geste, durch eine Bewegung, durch deren Stimme?

BF: Nein. Ich hatte ständig eine Augenbinde. Nur, als ich was zum Essen bekommen habe, hat man mir die Augenbinde abgenommen oder auch als ich die Toilette aufgesucht habe. www.ris.bka.gv.at Seite 13 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

RI: Aber Sie sagten sie seien ein Monat festgehalten worden. In der gesamten Zeit waren alle Entführer verhüllt?

BF: Ich war in einem Raum untergebracht. Ein bis zwei Personen kamen, schlugen mich, misshandelten mich und gingen weg. Ich konnte diese Leute nicht sehen, da ich eine Augenbinde hatte.

RI: War Mullah Najibullah bei der Festnahme und Folterung anwesend?

BF: Ich weiß nicht wer mich geschlagen hat. Da ich eine Augenbinde hatte, konnte ich niemanden sehen.

RI: Hatten Sie eine Ahnung davon, wo Sie festgehalten worden sind?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Narben oder Schrammen oder Brandwunden von den Misshandlungen davon getragen?

BF: Ja.

RI: Wo sind Ihre Verletzungen? Wenn Sie es zeigen wollen, möchte ich es sehen.

RI und BF sind in den Besprechungsraum gegangen. BF hat sein Hemd ausgezogen und dem RI drei mittelgroße Narben an seinem rechten Arm gezeigt. Die Tür des Besprechungszimmers ist zu VH Saal Seite angelehnt gewesen und somit konnten folgende Frage von D übersetzt werden:

RI: Sind das Brandwunden?

BF: Ich wurde mit spitzen, heißen Gegenständen verbrannt.

Danach hat BF sein Hemd wieder angezogen und im VH Saal wieder Platz genommen.

BF: Ich hab auch an meiner seitlichen Brust und am gesamten Körper Verletzungen gehabt, die mit der Zeit geheilt sind.

RI: Haben Sie von den Auspeitschungen auch Narben davongetragen?

BF: Nein, ich hatte viele blaue Flecken die dann mit der Zeit zurückgegangen sind.

RI: Was haben Sie nach der Freilassung gemacht? Sind Sie nach Ihrer Entführung zur Polizei gegangen?

BF: Nein.

RI: Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?

BF: Da die Polizei nichts machen kann.

RI: Sie haben das nach den Warnschüssen der Taliban im Auto ja auch gemacht? Warum gehen Sie beim zweiten Vorfall zur Polizei und nicht beim ersten schon?

BF: Beim zweiten Vorfall habe ich angenommen, dass die Taliban uns auch bis ins Dorf in das wir geflüchtet sind, verfolgen und wir haben bei der Polizei um Schutz gesucht. Wir haben die Polizei angerufen, sie ist gekommen, die Region Shindand ist von den Taliban besetzt. Dort sind die Taliban verbreitet.

RI: Sie haben vorhin erzählt, dass Sie nach der Verfolgungsjagd mit den Motorrädern sind Sie ins nächste Dorf gegangen zu Polizei. Sind Sie auf die Polizeistation gegangen oder haben Sie die Polizei per Telefon geholt?

BF: Wir haben die Polizei verständigt. Wir hatten Angst, dass wir verfolgt werden, deshalb gingen wir von dort nicht weg.

www.ris.bka.gv.at Seite 14 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

RI. Wo ist dort?

BF: Das Dorf. Wir sind aus dem Auto geflüchtet. Auf der rechten Seite waren Bäume. Wir sind zwischen diesen Bäumen gelaufen und in ein Dorf gekommen. Wir haben die Polizei angerufen und die ist dann gekommen.

RI. Wie weit waren Sie zu diesem Zeitpunkt vom Auto entfernt?

BF: Das weiß ich nicht, wir sind einfach gelaufen. Wieviel oder wie lange wir gelaufen sind, weiß ich nicht.

RI: Hatten Sie zwischen Ihrer Entführung und der Verfolgungsjagd mit den Taliban auf den Motorrädern irgendwann noch Kontakt zu den Taliban?

BF: Nein.

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die eben Geschilderten?

BF: Nein.

RI: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung in Afghanistan? Hatten Sie Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?

BF: Nein.

RI: Was befürchten Sie konkret im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

BF: Konkret werden sie mich töten. Da sie auch nun wissen, dass ich bereits in Europa gelebt habe.

RI. Inwiefern ist der Umstand, dass Sie in Europa gelebt haben, ein Grund, Sie zu töten?

BF: Der Mullah Najibullah hat eine persönliche Feindschaft mit mir begonnen, da ich seine Aufforderung, ihn zu unterstützen, nicht nachgekommen bin. Bei einer Rückkehr werden die Taliban mir vorwerfen, dass ich in Europa ungläubig geworden bin und aus diesem Grund werden die Taliban mich töten.

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

BF: Nein.

RI: Wo sind Sie zurzeit in Österreich untergebracht?

BF: Im 2. Bezirk.

RI: Wieviel hat die Flucht aus Afghanistan gekostet?

BF: 6000 US Dollar.

RI: Wie konnten Sie sich das Reisegeld von 6000 Dollar leisten?

BF: Ich habe gearbeitet und hatte viel Ersparnis.

RI: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund?

BF: Ja.

RI: Sind Sie zurzeit in ärztlicher Behandlung?

BF: Ich bin nicht in ärztlicher Behandlung, ich leide aber an einer Allergie und nehme deshalb Tabletten.

www.ris.bka.gv.at Seite 15 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

RI: Was ist das für eine Allergie? Ist das Heuschnupfen?

BF: Ich leide an einer Allergie naturbedingt. Ich kann nicht durch die Nase atmen und dadurch ist die Atmung erschwert.

RI: Abgesehen davon haben Sie keine Beschwerden?

BF: Nein.

RI: Nehmen Sie Medikamente?

BF: Nur gegen die Allergie nehme ich Tabletten.

RI: Warum haben Sie sich Österreich als Reiseziel ausgesucht? Was wussten Sie vor Ihrer Abreise über Österreich?

BF: über Österreich hatte ich keinerlei Informationen und ich hatte auch kein bestimmtes Land als Reiseziel ausgesucht. Ich war etwa drei Monate auf der Reise und war schon sehr müde und erschöpft. Hier in Österreich wurde ich von der Polizei angehalten und blieb dann auch hier.

RI: Wussten Sie vor der Abreise aus Afghanistan, dass Ihre Cousine subsidiären Schutz in Österreich hat?

BF: Nein, das wusste ich nicht. In Afghanistan habe ich bereits davon erfahren, dass sie hier Asyl bekommen hat, welche Art das war habe ich nicht erfahren.

RI: Was wissen Sie jetzt über Österreich?

BF: Österreich ist ein begrüntes Land. Es ist eine Republik und hat 9 Bundesländer. Wien ist die Hauptstadt. Österreich hat etwa 8 Mio. Einwohner. Etwa 2 Mio. leben in Wien. Wien ist die lebenswerteste Stadt auf der ganzen Welt, hat den ersten Platz erlangt. Die besten Verkehrsmöglichkeiten werden hier in Österreich angeboten. Das Ausbildungssystem und Bildungssystem hier ist sehr fortgeschritten und hat gute soziale Leistungen zu bieten. Es hat auch ein gutes Wetter.

RI: Sind Sie in Österreich politisch aktiv oder waren Sie vorher in Afghanistan politisch aktiv?

BF: Nein.

[ ]

RI: Haben Sie österreichische Freunde oder Bekannte?

BF: Ja.

RI: Haben Sie andere Kurse oder Fortbildungen in Österreich besucht? Wenn ja, wann?

BF: Ich besuche einen Englisch und Mathematikkurs.

RI: Haben Sie darüber irgendwelche Nachweise?

BF: Ja.

RI: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

BF: Die Zukunft hängt von dem ab, wieviel die Person selbst versucht zu erreichen. Wenn ich mein Bestmögliches versuche, werde ich auch an meinem Ziel ankommen. In Österreich bekommt man jede Möglichkeit dazu, an sein Ziel zu kommen.

[ ] www.ris.bka.gv.at Seite 16 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

RI: Ihnen wurden vorab Länderfeststellungen zu Afghanistan übermittelt und Sie wurden zu einer allfälligen Stellungnahme bis 18.08.2017 aufgefordert. Sie haben am 18.08.2017 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Ich möchte Ihnen nun Gelegenheit geben eine mündliche Stellungnahme abzugeben. Möchten Sie das?

BF: Nein.

RI an RV: Haben Sie noch Fragen an den Beschwerdeführer?

RV: Von wem hat die Baufirma Aufträge bekommen, was waren das für Baustellen?

BF: Dieses Bauunternehmen wurde von den Spaniern und Amerikanern unterstützt. Wir haben für die Polizei Gebäude errichtet.

RV verweist auf die Stellungnahme vom 18.08. und möchte ergänzend auf das Erkenntnis des BVwG zur Zl. W151 2119820-1 hinweisen in den in einem ähnlich gelagerten Fall einem Asylwerber nach Entführung durch die Taliban und Verweigerung der Kooperation Asyl gewährt wurde. Der BF erscheint in erheblichem Maß gefährdet, zum einen weil er für die Baufirma und auch für internationale NGOs tätig war und zum anderen, weil er sich gegen die Zusammenarbeit mit den Taliban beharrlich geweigert hat. Ihm droht daher Verfolgung aus Gründen der zumindest unterstellten politischen Gesinnung in dem Zusammenhang erlaube ich noch einmal darauf hinzuweisen, dass schon die belangte Behörde den Sachverhalt als glaubhaft befunden hat und nur aufgrund einer falschen, rechtlichen Beurteilung nicht zur Entscheidung gelangt ist, dass dem Asylwerber Asyl zu gewähren ist. Ich beantrage, dass ein medizinischer SV beauftragt wird, um festzustellen, ob die Narben des BF von den behaupteten Übergriffen der Taliban stammen. Im Zusammenhang mit dem erhöhten Gefährdungsprofil des BF aufgrund seiner Flucht nach Europa, verweise ich auf die Ausführungen von Friederike Stahlman in ihrem Artikel vom März 2017.

RI an BF: Möchten Sie abschließend noch etwas anmerken oder ergänzen?

BF: Ja. Ich möchte nur wissen, ob es mein Fehler war oder der Fehler der D, dass protokolliert wurde, das ich von einem Auto verfolgt wurde. Ich wurde von zwei Motorrädern verfolgt, meine Einvernahme hat zwei bis zweieinhalb Stunden gedauert. Die Rückübersetzung dauerte 15 Minuten. Es ist nur für mich die Frage, ob es mein Fehler war oder der Fehler der D, es kann sein, dass sie während sie schnell gelesen hat, ich es überhört habe, dass statt Motorrad Auto protokolliert wurde. Diese beiden Worte haben eine große Ähnlichkeit miteinander.

RI an BF: Ihnen wird das Sitzungsprotokoll nun rückübersetzt. Ich ersuche Sie mit großer Aufmerksamkeit zuzuhören. Wenn Sie Ergänzungen oder Stellungnahmen zum Protokoll haben, ersuche ich Sie, diese im Anschluss vorzubringen. Reine redaktionelle Änderungen werden im Text vorgenommen, inhaltliche Einwendungen werden im Anschluss an das Protokoll vermerkt.

Schluss der Verhandlung

[ ]

Zu den Ausführungen auf Seite 19, letzter Satz ergänzte der BF, dass die vielen blauen Flecken zurückgegangen sind, da er Salben benutzt hat.

RV ergänzt noch, dass neue Unterlagen vorgelegt worden sind, die zum Akt hinzukommen."

11. Mit hg Schreiben vom 30.08.2017 wurde die AS 75-78 (2 Schreiben in Dari, Paschto zur Verfolgung des BF durch die Taliban) zur Übersetzung geschickt. Der Inhalt der Schreibens lautet:

1) Schreiben AS 75:

"An den geehrten Distriktvorsteher des Distriktes Shindand,

www.ris.bka.gv.at Seite 17 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Wir, die Ältesten sowie Mitglieder des lokalen Rates des Dorfes, (Anmerkung: Name des Dorfes nicht leserlich), bestätigen das Ansuchen des Mohammad Amin, Sohn des Morad, Name des Großvaters Gol Mohammad, Bewohner des Dorfes (Anmerkung: Name des Dorfes nicht leserlich), im Distrikt Shindand.

Sein Cousin (Anmerkung: Sohn des Onkels väterlicherseits), mit dem Namen Mohammad, Sohn des Rasul, Bewohner des Dorfes, (Anmerkung: Name des Dorfes nicht leserlich) in Shindand, hat zuvor bei einer ausländischen Organisation, "Wohlstand der Bevölkerung – für beeinträchtigte Frauen" gearbeitet.

Anschließend geriet er unter Verfolgung und Bedrohung der Taliban.

Die Taliban forderten ihn auf, seine Arbeit zu beenden und bedrohten ihn mit dem Tode.

Die genannte Person hat das Land vor einigen Jahren verlassen und wurde Flüchtling in der Republik Österreich.

Seit einiger Zeit ist er dort Flüchtling.

Wir, die Ältesten und Vertreter des lokalen Rates des Dorfes, bestätigen die Staatsangehörigkeit des Genannten. Er ist Afghane.

Hochachtungsvoll,

Dorfvorsteher des Dorfes Qandis"

2) Schreiben AS 77:

"[ ]

Stempel – Anmerkung: Inhalt des Stempels: Provinz Herat- Distrikt Shindand – Dorfvorsteher, weiteres nicht leserlich. Stempel (Inhalt des Stempels: Regierung der Islamischen Republik Afghanistan-Finanzministerium- Finanzverwaltung der Provinz Herat- Provinziale Finanzdirektion – Hauptfinanzverwaltungsdirektion.)

Seriennummer: 1719854 Name und Adresse des Antragstellers

Datum : 05.03.1395 Name: Mohammad Amin, Sohn des Morad

Name und Adresse des Angezeigten Bei Antragstellerin Name des Ehegatten

[ ]

An den geehrten Distriktvorsteher,

Sehr geehrter,

Mein Cousin (Anmerkung Sohn des Onkels väterlicherseits), namens Mohammad, Sohn des Rasul, Bewohner des Dorfes ... (Anmerkung: Name des Dorfes nicht leserlich) hat für eine ausländische Organisation zur Unterstützung der beeinträchtigten Frauen in Afghanistan gearbeitet. Der genannte wurde von den Taliban verfolgt. Er wurde von den Taliban aufgefordert seine Tätigkeit zu beenden und wurde mit dem Tode bedroht. Der obengenannte hat vor einigen Jahren das Land verlassen und ist in die Republik Österreich geflüchtet.

Hiermit wurden seine Probleme geschildert. Es wird um eine Bestätigung dieser Probleme angesucht, damit das Asylverfahren des genannten in Österreich behandelt werden kann, da sein Leben hier, seitens der Taliban gefährdet ist.

Rückseite:

Zur Kenntnis genommen 05.03.1395(*)

www.ris.bka.gv.at Seite 18 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

An die Weißbärtigen und die Ältesten des Dorfes .... (Anmerkung: Name des Dorfes nicht leserlich),

Das Ansuchen des Antragstellers wurde an sie weitergeleitet. Geben Sie, Ihre Ansichten bekannt.

Hochachtungsvoll,

(Fingerabdruck – Daumenabdruck)

Unterschrift - (Anmerkung: nicht leserlich)."

( (*)Anmerkung der Übersetzerin: Die Umrechnung vom 05.03.1395 nach dem afghanischen Hijri Shamsi (Hidschri schamsi – ) Sonnenkalender in die gregorianische Zeitrechnung ergibt, den 25. Mai 2016.)

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.06.2015, der Ersteinvernahme des Beschwerdeführers vom 26.06.2015 vor der PI-Spielfeld AGM, der Einvernahme des Beschwerdeführers vom 19.07.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, seiner Beschwerde vom 20.02.2017 gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2017, seiner Stellungnahme vom 18.08.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 25.08.2017, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX, geboren am XXXX, ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Paschtunen und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist an sich PASHTU, aber der BF spricht vor allem DARI und FARSI. Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos und stammt aus dem Dorf Mahal-e-Ghundis im Distrikt Shindand in der Provinz Herat in Afghanistan. Er besuchte in Herat elf Jahre die Grundschule und arbeitete während der Schule als Maler und Maurer. Vom 01. November 2010 bis 01. Mai 2011 hat er – aufgrund seiner Schulbildung - als Vorarbeiter beim Bauunternehmen XXXX eines XXXX in der Provinz Badghis, in der Provinzhauptstadt Qala-e-Naw gearbeitet. Von 01. Juli 2011 bis 01. Mai 2012 hat der BF beim gleichen Bauunternehmen an einem Bauprojekt in Farah gearbeitet. Danach arbeitete er von Jänner 2013 bis Dezember 2013 als Fahrer für die XXXX und von Februar 2014 bis Dezember 2014 als Fahrer für die XXXX. Von Ende Dezember 2014 bis ca. Mitte März 2015 hat der BF in Herat bei einem Freund gelebt und von seinen Ersparnissen gelebt, bevor er schlepperunterstützt Richtung Europa aufgebrochen ist und spätestens am 25.06.2015 schlepperunterstützt ins Bundesgebiet einreiste. Der BF stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers sind verstorben, seine Mutter und seine beiden Schwestern leben derzeit im Iran. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Mutter mehrfach wöchentlich in telefonischem Kontakt. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan einen Cousin väterlicherseits.

Die Familie des Beschwerdeführers hat drei Grundstücke sowie ein Haus in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat eine erwachsene Cousine, die bereits seit zehn Jahren in Österreich lebt, subsidiären Schutz genießt und mit der er in regelmäßigem wöchentlichem Kontakt, meist über Telefon, steht.

1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Beschwerdeführer konnten keine asylrelevante Verfolgung nach der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer durch seine Ausreise nach Europa im Juni 2015 eine "westlich orientierte Lebensweise" in einem Ausmaß zum Ausdruck gebracht hat, so dass er im Falle einer Rückkehr in den Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung nach der GFK oder einem ihm unzumutbaren Leidensdruck ausgesetzt wäre.

www.ris.bka.gv.at Seite 19 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan

1.4.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 22.06.2017

"[ ]

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).

Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal‘ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha’ al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).

Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in wurde unter anderem überlegt, wie die radikal- islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017). Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen: sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).

[ ]

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte

Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an – nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).

Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist www.ris.bka.gv.at Seite 20 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

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Farah

Die Provinz Farah liegt im Westen Afghanistans - umgeben von den Provinzen Nimroz, Helmand und Ghor, grenzt sie auch an den Iran. Provinzhauptstadt ist Farah. Andere Bezirke in der Provinz sind: Pusht Rod, Khaki Safed, Bala Buluk, Pur Chaman, Gulistan, Bakwa, Lash WaJuwayn, Shib Koh, Pusht Koh und Anar Darah (Pajhwok o.D.o). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 515.973 geschätzt (CSO 2016).

Gewalt gegen Einzelpersonen 82

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 198

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen 66

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften 54

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt 5

Andere Vorfälle 4

Insgesamt 409

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der Provinz Farah 409 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Farah zählt zu den relativ ruhigen Provinzen, in welcher Aufständische in bestimmten Distrikten aktiv sind (Khaama Press 7.2.2017). In einer anderen Quelle wird berichtet, die Sicherheitslage habe sich unter dem amtierenden Gouverneur Mohammad Asif Nang verschlechtert (Pajhwok 31.1.2017). Im Herbst 2016 versuchten die Taliban ihre Macht auszuweiten und erhöhten ihren Druck auf einige Provinzhauptstädte, unter anderem auch Farah City (UN GACS 13.12.2016). Nachdem die Taliban gescheitert waren, die Provinzhauptstadt Farah City einzunehmen, hat der Gouverneur Unterstützung durch NATO Truppen in der Provinz angefordert. Etwa 200 Mitglieder der NATO unterstützen die afghanischen Sicherheitskräfte in Farah (Afghanistan Times 9.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 29.1.2017; Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.4.2016); unter anderem in Form von Luftangriffen (Kabul Times 10.12.2016; The Afghanistan Dispatch 15.10.2016) dabei werden Aufständische getötet (Tolonews 29.1.2017). Es kam zu heftigen Zusammenstößen zwischen den Taliban und den Sicherheitskräften (AN 10.1.2017; Pajhwok 3.12.2016). Ebenso wurden Talibankommandanten in der Provinz Farah getötet (Afghanistan Spirit 18.7.2016).

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Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani – stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes – verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

www.ris.bka.gv.at Seite 21 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran – speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Gewalt gegen Einzelpersonen 95

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 197

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen 41

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften 144

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt 15

Andere Vorfälle 4

Insgesamt 496

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

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Sicherheitsbehörden

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums (USDOD 6. 2016).

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen www.ris.bka.gv.at Seite 22 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016).

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9.2016; vgl. auch: USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US- amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan’s Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen (USDOS 13.4.2016).

Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert (USDOD 6.2016), davon 4.228 Frauen (SIGAR 30.7.2016).

Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2% (USDOD 6.2016)

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Paschtunen:

Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 13.4.2016). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Ausführliche Informationen zu Paschtunen und dem Paschtunwali, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.

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1.4.2. Auszug aus dem Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017 (Aktualiserung vom 15.05.2017)

Zusammenfassend wird festgestellt, dass sich aus den Fragen I bis VIII keine Gründe ergeben, welche die Rückkehr nach Afghanistan von männlichen Einzelpersonen unmöglich machen, ein besonderes Erschwernis darstellen oder eine Gefährdung der Rückkehrer bedeuten würden. Die Rückreise nach Kabul und Mazar-e Sharif aus Europa ist direkt möglich (über Dubai oder Istanbul) sowie nach Herat über Kabul. Tickets kosten zwischen 380 bis 500€. www.ris.bka.gv.at Seite 23 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

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Kabul hat ähnlich Probleme wie jede schnellwachsende Mega City eines Entwicklungslandes. Herat und Mazar- e Sharif sind zwei aufstrebende, unter den gegebenen Umständen, gut verwaltete Städte.

Der Integrationserfolg eines Rückkehrers in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat hängt ausschließlich vom Willen des Rückkehrers ab. Eine Rückkehrberatung und Hilfe bei der Ankunft in der Zielstadt würden die Integration beschleunigen. Je länger der Rückkehrer in Europa war, desto schwieriger die Integration in Afghanistan.

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I.a) Wie stellt sich die allgemeine Versorgungslage in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat dar (etwa: Möglichkeit der Beschaffung von Wohnraum und Lebensmittel, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur dar)?

Die allgemeine Versorgungslage und allgemeine Infrastruktur ist in Summe als befriedigend zu bewerten. Alle notwendigen Infrastrukturen sind im ausreichenden Umfang vorhanden, und es gibt keine gravierenden Engpässe und Mängel in der allgemeinen Versorgungslage. b) Gibt es diesbezüglich merkbare Unterschiede zwischen den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat?

Zwischen den Städten Kabul, Mazar e Sharif und Herat gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Durch die geringere Bevölkerung in Herat und Mazar-e Sharif ist die Infrastruktur in weiten Teilen etwas besser als in Kabul.

II. Wie stellen sich die Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte in diesen Städte, differenziert anhand folgender Kriterien, dar? a) erwerbsfähige Rückkehrer ohne relevante Schul- und/ oder Berufsausbildung b) erwerbsfähige Rückkehrer mit grundlegender Schul- und/ oder Berufsausbildung c) erwerbsfähige Rückkehrer mit fundierter Schul- und/ oder Berufsausbildung

Eine differenzierte Beantwortung von a) bis c) ist nicht möglich und hat keine Auswirkung auf die Möglichkeiten. Die Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte sind ohne Einschränkung in den Punkten a) bis c) gegeben. d) Fragestellung a) bis c), wenn bereits Arbeitserfahrung (in oder außerhalb Afghanistans) gesammelt wurde (etwa: Landwirtschaft, handwerkliche Tätigkeit, Fabrikarbeit, Verkaufstätigkeit, Gelegenheitsarbeit)?

Arbeitserfahrung ist auch in Afghanistan von Vorteil (für Auslandserfahrung ist anzumerken, dass Berufsbilder nicht immer nach Afghanistan übertragen werden können). e) Besteht die Möglichkeit der Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit auch für jene Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen?

In der Regel wird kein Unterschied gemacht, ob es sich um einen Rückkehrer handelt oder nicht, solange der Rückkehrer bereit ist, unter afghanischen Bedingungen zu arbeiten, dies gilt auch für Rückkehrer ohne entsprechender schulischen oder beruflichen Qualifikation. Die Verrichtung allenfalls minderqualifizierter Tätigkeit ist auch für Rückkehrer, die über keine hinreichende Schul- und/oder Berufsausbildung oder Arbeitserfahrung verfügen, uneingeschränkt möglich.

III.a) Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in den Großstädten für die Sicherung existenzieller Bedürfnisse (Nahrung, Behausung)?

Hiezu gibt es keine zeitnahen, offiziellen Statistiken, auf Grund der langjährigen Erfahrung des SV im Nahrungsbereich in Afghanistan erscheint das Ergebnis der Befragung realistisch. www.ris.bka.gv.at Seite 24 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Die Frage nach den Kosten/Monat in US $ wurde wie folgt beantwortet:

Kabul Herat Mazar-e Sharif

- Essen 100 100 100

- Obdach 40 25 25 (bei 4 Bewohnern je Raum)

- medizinische Versorgung ist in den Spitälern kostenlos. b) ist die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit (differenziert nach den Gruppen II.a) bis c)) realistisch?

Die Sicherung existenzieller Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit ist in den Gruppen II.a) bis c) als realistisch anzusehen. Für alle Stufen der schulischen und oder beruflichen Qualifizierung gibt es Arbeitsmöglichkeiten. Der Rückkehrer wird allerdings eine Zeit von 3 bis 6 Monate benötigen, um sich zu orientieren und Arbeit zu finden.

IV. Gibt es Belege für a) andauernde schwerste körperliche Beeinträchtigung oder b) Todesfälle von an sich erwerbsfähigen und gesunden Rückkehrern (etwa durch: Hungersnöte, Obdachlosigkeit bei Kälte) aufgrund nur mangelnder Deckung der grundlegenden Existenzbedürfnisse?

Wenn ja: Handelt es sich dabei um Ausnahmefälle bzw. sind nähere Umstände hiezu eruierbar?

Wenn nein: ist eruierbar, wodurch a) und b) vermieden werden konnten?

Zu dieser Frage wurden hinsichtlich der Rückkehrer aus Europa keine Anhaltspunkte gefunden, weder positive noch negative. Eine Ursache, warum keine Beispiele gefunden werden konnten, dürfte im Umstand liegen, dass es noch nicht so viele Rückkehrer aus Europa gibt und das familiäre Netzwerk besser funktioniert als in Europa dargestellt.

Betrachtet man den Befund der Fragen I bis VIII, gibt es auch keinen Grund, warum solche Ereignisse in einer der drei Städte auftreten sollten.

V.a) Gibt es staatliche oder nichtstaatliche Einrichtungen/Organisationen/Strukturen, die existenzbedrohten alleinstehenden Personen zumindest vorübergehend grundlegendste Unterstützung bieten können (etwa: Notquartiere, Nahrung, Mikrokredite)?

Die offiziell bereitgestellten Finanzmittel für die Flüchtlingsbetreuung durch die internationale Gemeinschaft sind umfangreich, jedoch könnten bei effizienter, zielgerichteter Mittelverwendung wesentlich bessere Ergebnisse erzielt werden. Für Rückkehrer aus Europa gibt es keine Hilfe, Programme oder Unterstützung in Afghanistan bei der Existenzgründung, die den Rückkehrern bekannt sind. Wohl gibt es ein Angebote vom MoRR, den internationalen Hilfsorganisationen und NGO,s, die meisten Rückkehrer kennen diese allerdings nicht. Hilfsorganisationen verteilen Essenspakete, für Mikrokredite gibt es aber kein Programm für Rückkehrer. Der Schwerpunkt der Hilfe liegt auf Binnenflüchtlingen und Rückkehrern aus dem Iran und Pakistan. Es wäre dringend ein Existenzgründungsprogramm für Rückkehrer aus Europa notwendig – als Hilfe zur Selbsthilfe. b) Inwieweit können unzureichende staatliche Versorgungsstrukturen für Bedürftige durch Leistungen Privater, etwa Almosenabgabe, substituiert werden? Gibt es Belege für derartige Unterstützungsleistungen bzw. ist die Erlangung solcher realistisch?

In Afghanistan gibt es keine Spendenkultur, abgesehen vom Ramadan und einigen religiösen Feiertage gibt es keine Almosen.

www.ris.bka.gv.at Seite 25 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 c) Bestehen funktionierende Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer durch Familienangehörige, die sich in anderen Teilen Afghanistans aufhalten (etwa: Bankverbindungen, Übermittlung von Sachleistungen/Geld, Hawala)?

Der Familienzusammenhalt in Afghanistan ist noch sehr stark, und daher gibt es immer Unterstützung für die Rückkehrer. Geldzuwendungen sind unwahrscheinlich, Sachleistungen herrschen vor. Übermittlung von Sachleistungen innerhalb von Afghanistan ist problemlos möglich.

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VI. a) Inwiefern unterscheidet sich die Lebenssituation aus dem Ausland zurückkehrender Afghanen von der in Kabul ansässigen Bevölkerung?

Nach einer kurzen Orientierungsphase (2 bis 4 Wochen) gibt es keinen erkennbaren Unterschied zwischen der Lebenssituation der Rückkehrer und der in Kabul ansässigen Bevölkerung. Selbiges ist auch für Mazar-e Sharif und Herat feststellbar. b) Verunmöglicht die Unkenntnis der örtlichen/infrastrukturellen Gegebenheiten (etwa Rückkehrer, die sich noch nie zuvor in afghanischen Großstädten aufgehalten haben; lange Abwesenheit aus Afghanistan) eine Existenzsicherung?

Die Integration von Rückkehrern, die noch nie in einer afghanischen Großstadt gelebt hatten, behindert die Existenzsicherung nicht. Nach einer 2 bis 4 wöchigen Orientierungsphasen kennen die Rückkehrer die Situation in der jeweiligen Stadt.

VII. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Rückkehrsituation je nach Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen (Paschtunen/Hazara/Tadschiken/Usbeken/Aimaken/Turkmenen/Belutschen) variiert bzw. die Existenzsicherung für Angehörige einer bestimmten Volksgruppe ungleich schwieriger ist?

Abgesehen von dem Bestreben der Minister, im öffentlichen Bereich in ihren Ministerien und politischen Einflussbereich, jeweils bevorzugt Angehörige der eigenen Ethnie einzustellen, gibt es keine Benachteiligungen einer bestimmten Ethnie.

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2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Die Feststellungen zu Identität, Alter, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers gründen auf dessen insofern unbedenklichen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie auf den in seiner Beschwerde und in seiner Stellungnahme vor dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zu seiner Identität vorgelegt, weshalb die Feststellungen ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren gelten.

2.3. Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise in Österreich stützt sich auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Umgehung der für die Einreise geregelten Vorschriften - ohne die erforderlichen Dokumente - 2015 nach Österreich einreiste.

2.4. Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.

2.5. Zu den Vorbringen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Fluchtgrund:

www.ris.bka.gv.at Seite 26 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

2.5.1. Die Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat sind aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft:

Die von Beschwerdeseite vorgebrachte Gefährdungslage des BF beruht auf der Behauptung des Beschwerdeführers, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit, zunächst als Maler und Maurer für ein, von Amerika und Spanien unterstütztes, Bauunternehmen und in weiterer Folge als Fahrer für zwei, von der amerikanischen Botschaft unterstützten, Hilfsorganisationen, in Konflikt mit den Taliban gekommen zu sein, insbesondere mit einem ihm persönlich bekannten Talibananführer, namens Mullah Najibullah, dessen Rache der Erstbeschwerdeführer auch im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchten würde.

2.5.1.1. Zunächst gilt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme am 26.06.2015 seine Tätigkeit als Fahrer für zwei - von der amerikanischen Botschaft unterstützten - Hilfsorganisationen nicht vorgebracht hatte, welche aber nach Angaben des BF Auslöser für den, eigentlich als letztendlich fluchtauslösendes Ereignis beschriebenen, Angriff der Taliban auf den BF im Dezember 2014 war (siehe Seite 15 des Erkenntnisses). Bei der Ersteinvernahme am 26.06.2015 hat er auf Seite 6 (AS 27) auf die Frage nach seinem Fluchtgrund lediglich angegeben: "Ich habe in Afghanistan bei einer Baufirma als Maler gearbeitet. Wir haben Wohnungen für Polizisten modernisiert. Auf Grund dessen habe ich Probleme mit den Taliban bekommen: man bedrohte mich mit dem Leben falls ich diese Tätigkeit weiter ausüben sollte". Erst vor dem BFA hat der BF nicht nur – wie es zu erwarten war - seine bisherige Version des Fluchtgrundes in größerer Erzähltiefe ausgeführt, indem er auf Seite 6 der Niederschrift (AS 47) auf seine in Zusammenhang mit seiner Baufirmentätigkeit behauptete Entführung und Folterung durch die Taliban Bezug genommen habe, sondern darüber hinaus weitere - bislang nicht angesprochene - Tätigkeiten in zwei Hilfsorganisationen als Grund für einen weiteren Angriff der Taliban im Dezember 2014 vorgebracht. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dieser Angriff durch die Taliban auf den BF - in seiner Tätigkeit als Fahrer - im Dezember 2014 und dessen Folgen vom BF als das eigentlich fluchtauslösendes Ereignis auf Seite 15 beschrieben: "[ ]Nach diesem Vorfall war es mir bewusst, dass mein Leben in Gefahr ist. Mullah Najibullah ist ständig zu meiner Mutter gekommen, nachdem er erfahren hat, dass ich wieder begonnen habe, zu arbeiten. Er sagte meiner Mutter, dass er mich frei gelassen hat, damit ich sie unterstütze. Ich hätte diese Leute nicht unterstützt. Stattdessen hätte ich bei einer anderen Organisation Arbeit gefunden. Er sagte, dass er überall in Afghanistan mich finden wird und mir den Kopf abschneiden wird, da ich mein Versprechen nicht gehalten habe und ihn nicht unterstützt habe. Das war der Grund warum ich in Richtung Europa geflüchtet bin, da ich wusste, dass mein Leben in Gefahr ist".

Grundsätzlich hält das erkennende Gericht dem Beschwerdeführer zu Gute, dass eine Ersteinvernahme in einem fremden Land eine für jeden Asylwerber außergewöhnliche Situation ist. Eine gewisse, anfängliche Verlegenheit in der Erzählung persönlicher Erlebnisse ist daher im Allgemeinen verständlich, vor allem wenn es sich – so wie im vorliegenden Fall von Beschwerdeseite behauptet - um traumatische Erlebnisse handelt. Ebenso ist klar, dass im Rahmen einer Ersteinvernahme in keine allzu große Detailtiefe bei der Schilderung des eigentlichen Fluchtgrundes vorgestoßen werden kann. Trotzdem trifft auch den Schutzsuchenden im Asylverfahren eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, über welche der BF im Rahmen der Ersteinvernahme nachweislich aufgeklärt worden ist. Das vom BF im Rahmen der Ersteinvernahme erfolgte Weglassen wesentlicher Aspekte des gegenständlichen Fluchtgrundes steht dieser Mitwirkungspflicht klar entgegen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann es einem erwachsenen Menschen durchaus zugemutet werden, bei den Behörden jenes Landes, von dem er sich Schutz und Hilfe vor behaupteter Verfolgung und Tod erwarten, möglichst zeitnahe zum Antrag auf internationalen Schutz zumindest die wesentlichen Angaben zu den eigentlichen Gründen der behaupteten, gegenständlichen Verfolgung im Heimatland zu machen, und sei es um nicht Gefahr zu laufen, sich des Vorwurfes einer möglichen Steigerung des Fluchtvorbringens im weiteren Verfahren auszusetzen.

2.5.1.2. Weiters wird festgehalten, dass die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.08.2017 erfolgten beschwerdeseitigen Vorbringen in nicht unwesentlichen Aspekten von den Schilderungen des BF zu den Fluchtgründen vor dem BFA vom 19.07.2016 abgewichen sind bzw. diesen widersprachen:

In der Niederschrift vom 19.07.2016 auf Seite 6 (AS 47) brachte der BF zu seinen Fluchtgründen vor: "Das hat schon begonnen, als ich zur Schule ging. Es gab einen Taliban Anführer namens Molawi Mola Najib, der sehr radikal war. Auf dem (Weg, Anmerkung des erkennenden Gerichts) zur Schule hat er mich mehrmals belästigt. Er frage mich, warum ich keine afghanische Kleidung an habe und westlich gekleidet bin. Er zerriss sogar einmal meine Englisch Bücher und war der Meinung, dass ich anstatt zur Schule zu gehen mit ihnen kämpfen sollte [ ]". Dieser vor dem BFA vorgebrachten Version widersprach der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Seite 11, in dem er auf Nachfrage wiederholt angab, von Mullah Najibullah während seiner Schulzeit nicht belästigt worden zu sein. Auf Seite 9 des Erkenntnisses bestätigte der BF auf mehrmalige Nachfrage des erkennenden Gerichts wiederholt, dass Molawi Mola Najib (Bezeichnung des Talibananführers vor dem BFA) und Mullah Najibullah (Bezeichnung des Talibananführers vor dem BVwG) ein und dieselbe www.ris.bka.gv.at Seite 27 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Person sind. Nach Vorhaltung durch das erkennende Gericht, dass der BF in seinem nunmehrigen Vorbringen von seinen dbzgl. Angaben vor dem BFA abweichen würde, meinte dieser auf Seite 11 des Erkenntnisses: "Der Mullah Najibullah hat persönlich mich nicht auf dem Weg zur Schule belästigt. Er hat auch nicht meine Bücher zerrissen[ ]". Auf die Frage, ob dem BF seinerzeit die Niederschrift vom BFA vom 19.07.2016 rückübersetzt worden ist, bejaht er dies auf Seite 12. Auf die Frage, warum der BF die in dieser Niederschrift dargelegte Erzählung nicht nach Rückübersetzung richtig gestellt habe, wenn sie nicht den Tatsachen entsprochen hätte, meinte der BF auf Seite 12: "Damals hat Mullah Najibullah bereits existiert. Seine Leute haben mich auf dem Weg zur Schule belästigt. Er selbst sagte mir lediglich wenn er mich im Dorf gesehen hat, dass ich mich ihnen anschließen soll. Der D hat mir bei der letzten Einvernahme das nicht so rückübersetzt. Rückübersetzt wurde mir, dass ich von den Leuten von Mullah Najibullah auf dem Weg zur Schule belästigt wurde".

In der Niederschrift vom 19.07.2016 auf Seite 6 (AS 47) brachte der BF zum letztendlich fluchtauslösenden Angriff der Taliban auf den BF - in seiner Tätigkeit als Fahrer - vor: "[ ]Danach habe ich für die Organisation Unterstützung der behinderten und notdürftigen Frauen gearbeitet. Diese Organisation wird finanziell von den Amerikanern und der Botschaft unterstützt. Ich habe als Fahrer für diese Organisation und die Organisation (Afghan Psyhe Mental Health Organization) gearbeitet. Einmal als ich einen Mitarbeiter dieser Unterstützung der Frauen in die andere Organisation bringen wollte, wurden wir von den Taliban mit dem Auto verfolgt[ ]". Im Rahmen der mündlichen Verhandlung schilderte der BF diese Situation auf Seite 14 des Erkenntnisses: "Ende Dezember 2014 gab es einen Workshop. Ich habe als Fahrer den Vorgesetzten und einen anderen Mitarbeiter chauffiert. Wir waren in Richtung eines Dorfes unterwegs. Während der Fahrt auf einer nicht asphaltierten Straße bemerkte ich, dass wir von zwei Motorrädern verfolgt werden. Ich sah diese Personen am seitlichen Außenspiegel. Die Gesichter waren vermummt[ ]". Auf die Vorhaltung des erkennenden Gerichts, dass der BF vor dem BFA noch von einer Verfolgungsjagd durch die Taliban im Auto gesprochen hatte, im Rahmen der mündlichen Verhandlung aber eine Verfolgung durch Taliban auf zwei Motorrädern geschildert hatte, antwortete der BF aus Seite 16: "Sie waren auf den Motorrädern und nicht mit dem Auto unterwegs". Auf die Frage, ob dem BF die Niederschrift vor dem BFA rückübersetzt worden ist, meinte er: "Ja. Damals habe ich auch Motorrad gesagt". Auf die Frage, ob der BF den Dolmetscher im Verfahren vor dem BFA gut verstanden habe, brachte er vor: "Mein D war ein Iraner. Ich spreche Dari. Mit einem typischen Akzent der in Herat üblich ist, es kann sein, dass er mich nicht verstanden hat. Ich habe aber ausdrücklich gesagt, dass die Taliban auf "Motor" unterwegs waren". Auf die Frage des erkennenden Gerichts an die in der mündlichen Verhandlung anwesende Dolmetscherin, ob die Worte "Auto" und "Motorrad" in Dari verwechselbar oder das zwei verschiedene Worten seien, antwortete diese: "Das sind zwei verschiedene Worte. Aber im Farsi gibt es die Bezeichnung für das Fahrzeug "Mashin" und für das Motorrad "Motor". Auf die Feststellung des erkennenden Gerichts, dass die Dolmetscherin in der Einvernahme vor dem BFA, Fr. XXXX – wie aus der Niederschrift vom 19.07.2016 erkennbar ist – als Dolmetscherin für DARI bestellt war, wandte der BF auf Seite 17 ein: "Das kann nicht sein, dass sie D für Dari ist, sie ist eine Iranerin und hat sich auch als eine Iranerin vorgestellt und hat in einem iranischen Akzent mit mir gesprochen." und meinte weiters: "Ich spreche Dari, aber sie (D) hat in einem iranischen Akzent zu mir gesprochen".

Zusätzlich wird festgehalten, dass der Beschwerdeführer bei seinen Erzählungen vor dem BFA und dem BVwG hinsichtlich des behaupteten Talibanangriffs im Dezember 2014 nicht nur bei der Schilderung des Transportmittels der angreifenden Taliban, sondern auch bei der Anzahl der vom Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt offenbar chauffierten Personen offensichtlich widersprüchliche Angaben vorgebracht hat.

Es bleibt anzumerken, dass dem Beschwerdeführer - wie von ihm selbst auf Seite 12 des Erkenntnisses bestätigt worden ist - die Niederschrift vom 19.07.2016 nach Einvernahme vor dem BFA rückübersetzt worden ist und der BF auf Nachfrage des BFA auf Seite 2 der Niederschrift vom 19.07.2016 bestätigt hat, die seinerzeitige Dolmetscherin gut verstanden zu haben. Weiters wird festgehalten, dass aus der Niederschrift vor dem BFA vom 19.07.2016 hervorgeht, dass die seinerzeitige Übersetzerin für die Einvernahme, Fr. XXXX, als Dolmetscherin für DARI bestellt worden ist. Nach Aussage des Beschwerdeführers auf Seite 17 versteht dieser DARI. Hätte die seinerzeitige Dolmetscherin – wie vom BF auf Seite 16 vermutet - den Beschwerdeführer aufgrund seines in Herat üblichen Akzentes nicht hinreichend verstanden, dann hätte dies spätestens bei der Rückübersetzung der Niederschrift durch diese Übersetzerin für den Beschwerdeführer erkennbar sein müssen und er hätte Einwände gegen die Niederschrift vor dem BFA erheben müssen. Solche Einwände sind dem erkennenden Gericht jedoch nicht bekannt und werden vom BF auch nicht behauptet. Da somit keinerlei Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem BF und der Dolmetscherin bei der seinerzeitigen Einvernahme vor dem BFA für das erkennende Gericht zu Tage getreten sind und auch eine gezielte, falsche Rückübersetzung der Niederschrift durch die seinerzeitige Übersetzerin für das BVwG nicht glaubhaft ist, sind die o.a. Abweichungen in der Schilderung der Fluchtgründe durch den Beschwerdeführer, einerseits vor dem BFA und andererseits vor dem erkennenden Gericht, als klare Widersprüche zu qualifizieren und weisen auf ein hinsichtlich dieser Widersprüche konstruiertes und unglaubhaftes Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers hin.

www.ris.bka.gv.at Seite 28 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

2.5.1.3. Bezugnehmend auf die im Mai 2011 behauptete Entführung und Folterung durch die Taliban brachte der Beschwerdeführer auf Seite 12 des Erkenntnisses vor: "Ich hatte mit dem Bauunternehmen Turkzadah ein Projekt in der Provinz Badghis, in der Provinzhauptstadt Qala-e-Naw, dieses Bauprojekt hat im November 2010 begonnen und wurde im Mai 2011 beendet. Nachdem dieses Projekt beendet war, bekam ich einen Monat frei und ich ging nach Hause. Ich bin am Tag im Dorf angekommen, es war gegen 22 Uhr in der Nacht, als es an der Türe geklopft hat. Ich habe die Türe aufgemacht, plötzlich sah ich etwa sechs Personen die ihre Waffen gegen mich gehalten haben. Sie sagten ich solle mich nicht bewegen, sie legten an meinen beiden Händen Fesseln an. Ich bekam eine Augenbinde. Sie brachten mich zu einem Fahrzeug. Ich kann mich nicht genau erinnern, ob wir zwei oder zweieinhalb Stunden gefahren sind. Geschätzt glaube ich waren es zwei Stunden. Ich wurde in einen Raum gebracht. Man nahm mir die Augenbinde ab. Mullah Najibullah kam zu mir. Er fragte mich und sagte mir, dass er bereits informiert ist, dass ich in einem ausländischen Unternehmen arbeite. Er fragte mich, warum ich diese Arbeit mache und stellte mir auch die Frage, warum ich mich ihnen nicht angeschlossen habe. Er hat mir vorgeworfen, dass ich für Ungläubige gearbeitet habe und dies sei gegen die Richtlinien des Islams und sie werden mich töten. Dann ist Mullah Najibullah weggegangen. Ich war ein Monat dort. Während dieses Monats haben die Taliban mich gequält, sie haben mich geschlagen, sie haben mich verbrannt, sie haben mich mit einer Peitsche an den Beinen geschlagen, mit Gewehrkolben haben sie mich geschlagen. Einmal in der Woche ist Mullah Najibullah zu mir gekommen. In den letzten Wochen sagte er mir: "Willst du am Leben bleiben, dann musst du uns unterstützen!" Er sagte, wenn ich ihn unterstütze, wird er mich frei lassen. Außerdem hätte ich auch eine alte Mutter. Er sagte, ich könnte meine Unterstützung zeigen indem ich ihm genauere Information über dieses Bauunternehmen liefere, z.B. wie viele Personen dort arbeiten. Wo die Zentrale des Bauunternehmens ist und wo die Projekte ausgeführt werden. Er sagte, er würde mir eine Bombe mitgeben, ich solle diese in das Gebäude schmuggeln und sie dort sprengen, damit alles vernichtet wird. Das hat er gesagt, ich war einverstanden. Ich sagte ihm, dass ich bereit bin sie zu unterstützen. Er sagte mir, er würde mir vertrauen, da er mich kennt und er vertraut auch meiner Unterstützung. Seine Aufforderung habe ich akzeptiert. Daraufhin wurde ich frei gelassen. Ich kam nach Hause, einen Tag blieb ich zuhause. Gleich am nächsten Tag ging ich nach Herat. Ich sagte meiner Mutter, dass ich weggehe, aber ich sagte ihr nicht, wohin ich gehen werde. Ich bin dann nach Farah gegangen. Dort war unser nächstes Bauprojekt. Dort habe ich auch an diesem Projekt mitgearbeitet, bis es dann zu Ende gemacht wurde. Nachdem dieses Projekt beendet war, kam ich nach Herat zurück. Eine Zeitlang war ich ohne Arbeit". Auf die Frage, wie lange das Projekt in Farah gedauert habe, meinte der BF: "Von Juli 2011 bis Mai 2012". Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer Narben oder Schrammen oder Brandwunden von den Misshandlungen durch die Taliban davon getragen habe, zeigte der BF dem erkennenden Gericht aus Seite 17 drei mittelgroße Narben und gab weiters an: "Ich hab auch an meiner seitlichen Brust und am gesamten Körper Verletzungen gehabt, die mit der Zeit geheilt sind". Auf die Frage, ob er von den Auspeitschungen auch Narben davon getragen habe, gab der BF auf Seite 17 an: "Nein, ich hatte viele blaue Flecken die dann mit der Zeit zurückgegangen sind." und ergänzte nach erfolgter Rückübersetzung des VH-Protokolls: "[ ]dass die vielen blauen Flecken zurückgegangen sind, da er Salben benutzt hat".

Dieses beschwerdeseitigen Vorbringen zu seinem Fluchtgrund, wonach der Beschwerdeführer nach einer behaupteten - über einen Monat andauernden - Entführung durch die Taliban, in deren Rahmen er – nach eigenen Angaben- gefoltert, gequält und wiederholt massiv mit dem Tod bedroht worden sein soll, nur aufgrund einer vagen Zusage seinerseits, bei der Auskundschaftung und Sprengung des Bauunternehmens seines Arbeitgeber den Taliban helfen zu wollen, freikommt, danach weder bei der Polizei Schutz sucht, noch einfach untertaucht, sondern für einen weiteren Bauauftrag – und dies auch noch unbehelligt von den Taliban - nach Farah reist um dort weitere 10 Monaten für eben jenes Bauunternehmen zu arbeiten, wegen dem er zuvor in das Fadenkreuz der Taliban geraten sein soll, um danach bei zwei weiteren – westlich gestützten – Hilfsorganisationen als Mitarbeiter anzuheuern, was ihm wiederum Probleme mit denselben Taliban einbringen würde, sind unplausibel und nach Ansicht des erkennenden Gerichts als Schilderungen außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung zu qualifizieren. Hinzu kommt noch der selbst im Rahmen der Beschwerdeschrift vom 20.02.2017 zum Ausdruck gekommene Zweifel des Beschwerdeführers an seinen eigenen Darstellungen, als zum im Dezember 2014 behaupteten Angriff der Taliban ausgeführt wird: "[ ]Ob der Anschlag tatsächlich ihm persönlich galt, oder sich gegen die NGO richtete oder ob sein Auto nur zufällig getroffen wurde, entzieht sich seiner Kenntnis. Allerdings war seine Furcht so groß [ ] weshalb er Afghanistan verließ. [ ]".

Auch sind die Angaben des Beschwerdeführers zu den im Rahmen der behaupteten, einmonatigen Folterung erlittenen Verletzungen unplausibel, vage und nicht substantiiert. Die Angaben des Beschwerdeführers, durch die vorgebrachten Auspeitschungen "viele blaue Flecken" gehabt zu haben, welche zurückgegangen sind, da der BF Salben benutzt hat, sind als unglaubhaft anzusehen.

Mit dem von Beschwerdeseite im Rahmen der Verhandlung vorgebrachten Antrag auf Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen, um festzustellen, ob die Narben des BF von den behaupteten Übergriffen der Taliban stammen, ist für die Beschwerdeseite nichts zu gewinnen. Dieser Antrag wird abgelehnt, da das BVwG darin keinen Beitrag zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes zu erkennen vermag. Bei den gegenständlichen drei mittelgroßen Narben (siehe Seite 17) wird auch ein medizinischer Sachverständige www.ris.bka.gv.at Seite 29 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 lediglich substantiiert feststellen können, dass eine Verletzung der Epidermis (Oberhaut) grundsätzlich stattgefunden hat, nicht aber durch welchen genauen Umstand oder gar durch welche Person(en).

In Folge der in der Beschwerde auf Seite 3 unter Punkt 3.1. aufgeführten Kritik an der belangten Behörde, dass der in FARSI vorgelegten Ausweis des Vaters und die in FARSI vorgelegte Bestätigung des Dorfältesten über die erfolgte Verfolgung des BF durch Taliban nicht übersetzt und daher im Rahmen der Beweiswürdigung nicht hinreichend herangezogen worden wären, wurde vom erkennenden Gericht die Übersetzung dieser Unterlagen veranlasst (siehe I.11). Es wird den Ausführungen der belangten Behörde in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides auf Seite 34 vom erkennenden Gericht insoweit gefolgt, als die von Beschwerdeseite vorgelegte Bestätigung des Dorf- und Bezirksältesten von jeder beliebigen Person hätte stammen können und daher nicht geeignet ist die dbzgl. Vorbringen des BF zu untermauern. Insbesondere wird vom erkennenden Gericht auf den Umstand hingewiesen, dass wesentliche Teile der nunmehr übersetzten Schreiben unlesbar sind. Im ersten Schreiben (AS 75) ist Name des Dorfes ist an vielen Stellen einfach unentzifferbar und es enthält auch keinerlei Namen der Ältesten, sowie der Mitglieder des lokalen Rates des Dorfes, von denen das Schreiben stammen soll. Im zweiten Schreiben (AS77) ist der Name des Dorfes im gesamten Text nicht lesbar und es sind auch keine für die Übersetzerin lesbaren Namen oder Unterschriften vorhanden, welche eine weitere Identifizierung des oder der Überheber ermöglichen würden.

2.5.1.4. In einer Gesamtschau sind die von Beschwerdeseite zum gegenständlichen Fluchtgrund vorgebrachten Angaben zum behaupteten Konflikt des Beschwerdeführers mit den Taliban aufgrund seiner beruflichen Tätigkeiten für eine Baufirma und zwei Hilfsorganisationen in sich widersprüchlich, unplausibel und in der realitätsfernen Darstellung des behaupteten Geschehens unglaubhaft. Es ist der Beschwerdeseite somit nicht gelungen eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen in dessen Herkunftsstaat in ausreichendem Maße substantiiert vorzubringen und glaubhaft zu machen.

2.6. Zur Behauptung einer westlichen Orientierung des Beschwerdeführers:

Von Beschwerdeseite wurde in ihrem Schreiben vom 18.08.2017 dargetan, der Beschwerdeführer wäre im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt, da er zusätzlich durch seine Flucht aus Europa und seine westlich orientierte Lebensweise implizit seine ablehnende Haltung gegenüber den Taliban zum Ausdruck gebracht habe und somit als politischer Gegner der Taliban anzusehen wäre.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer auf die Frage des erkennenden Gerichts, ob er in Österreich politisch aktiv oder vorher in Afghanistan politisch aktiv gewesen ist, dies klar verneint (siehe Seite 19 des Erkenntnisses). Der von Beschwerdeseite als Fluchtgrund vorgebrachte Konflikt des Beschwerdeführers mit den Taliban wird für das erkennende Gericht als unglaubhaft angenommen (siehe II.2.5). Darüber hinaus hat es die Beschwerdeseite verabsäumt hat, substantiiert vorzubringen, wie die Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan im Jahre 2015 in Richtung Europa per se dazu geeignet ist, als Akt der politischen Gegnerschaft zu den Taliban bzw. als Zeichen einer westlichen orientierten Lebensweise verstanden zu werden. Auch vermag das erkennende Gericht aufgrund der Kürze des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich (seit Mai 2015) in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine "westliche Lebenseinstellung" durch seine Zeit in Österreich in einer solchen Weise übernommen hätte, dass er alleine deshalb bei einer Rückkehr einer Verfolgungsgefährdung ausgesetzt wäre. Folglich vermochte der Beschwerdeführer schon mangels Vorliegens einer "westlichen Lebenseinstellung" nicht dazutun, dass ihm aufgrund einer solchen bei Rückkehr nach Afghanistan psychische und /oder physische Gewalt drohe.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 82/2015, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des www.ris.bka.gv.at Seite 30 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 25/2016).

3.3. Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.5. Zu A)

3.5.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2011/95/EU] verweist.).

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).

Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt www.ris.bka.gv.at Seite 31 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018

A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht – unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) –, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell www.ris.bka.gv.at Seite 32 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

3.5.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte.

3.5.3. Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht.

3.5.3.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung anknüpft.

Die Verfolgung aus dem Grund der (unterstellten) politischen Gesinnung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK liegt in jenen Fällen vor, in denen der ungerechtfertigte Eingriff an die (wenn auch nur vermutete) politische Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung der betroffenen Person anknüpft.

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung). Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen ist, notorisch oder amtsbekannt ist, war davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Erachtet die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubhaftigkeit der Angaben der Beschwerdeführer zu einer von Beschwerdeseite vorgebrachten Verfolgungsgefahr durch die Taliban aufgrund der beruflichen Tätigkeiten des BF, als auch zu einer "westlichen Orientierung" des BF aus einer Gesamtschau der Angaben der Beschwerdeseite im Verfahren. Eine individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Taliban infolge der beruflichen Tätigkeiten des BF bei einem Bauunternehmen und zweier Hilfsorganisationen im Zeitraum November 2010 bis Dezember 2014 in Afghanistan wurde von Beschwerdeseite nicht substantiiert vorgebracht.

3.5.3.2. Im Ergebnis ist daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung www.ris.bka.gv.at Seite 33 von 34 Bundesverwaltungsgericht 05.02.2018 von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2018:W247.2148686.1.00

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