Rurban Music Ensemble
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1 PART V 12 Flugwetter Christoph Baumann 2’10” Inkl. Steiner Chilbi Jost Ribary (1910–1971) 13 Paris-Collage Christoph Baumann 4’43” PART VI 14 Stollberg Variations Christoph Baumann 4’03” Inkl. Stollberg Schottisch Kaspar Muther (1909–1980) 15 Traum / Interlude 2 Christoph Baumann 5’46” PART VII 16 Coda 1 (Hafen) Christoph Baumann 2’47” 17 Coda 2 (Wysel-Thema ) Christoph Baumann 1’28” T.T.: 54’19’’ Alle Kompositionen und Arrangements: Christoph Baumann Ländler(-Zitate): Komponisten wie angegeben. Ländler-Arrangements: Noldi Alder Rurban Music Ensemble Christoph Baumann, Klavier, Leitung; Noldi Alder, Violine, Hackbrett, Stimme; Adrian Pflugshaupt, Saxophon, Klarinette; Basil Hubatka, Trompete, Flügelhorn; Bernhard Bamert, Posaune; Hans Hassler, Akkordeon; Marcel Oetiker, Schwyzerörgeli; Rätus Flisch, Kontrabass; Marco Käppeli, Drums, Perkussion. NV-27_Booklet_Christoph_Baumann.indd 1 04.03.14 10:40 2 Volksmusik – ein gar seltsam Ding Nein, Volksmusik ist das kaum. Will es ten der Schweizer Volksmusik, in denen wohl auch gar nicht sein. Gleichwohl hat er wiederkehrend «specie rara» für seine Wysel Remix viel mit Volksmusik zu tun. Komponistenküche zutage fördert. Das liegt sowohl am Bühnenwerk Wysel Ein gar seltsam Ding ist ja den meisten als Ausgangspunkt für diese CD als auch Schweizern ihre Volksmusik spätestens an der Wandergruppe, die hier antritt, nach dem Zweiten Weltkrieg geworden – so unbekümmert wie respektvoll die hei und seither geblieben. Daran vermochte mische Alpenklanglandschaft aufzumi selbst all das lebhafte Fähnleinschwin schen. gen einer «neu» genannten Spielart Klar kommt schleuniger voran, wer die wenig zu ändern. Freilich trifft Gleiches Autobahn benutzt, nur hinterlässt er auf auch für Skandinavien oder unsere nord dem Betonband halt keine Spuren. Sol östlichen Nachbarländer zu, wo das Volks che sucht und legt indes der Wünschel musikRevival schon Jahrzehnte früher rutengänger auf schlammigen Feldwegen, einsetzte. Eine breitere Wahrnehmung im tiefen Boden hochliegender Weide schafften bestenfalls die Iren, die mit gründe und im modrigen Unterholz wild ihren Reels und Jigs als Taktgeber für wüchsiger Wälder – einer wie der leiden reihenweise hochgeworfene Beine welt schaftliche Bergwanderer Christoph weit die Showbühnen enterten. Baumann eben, der seine verschlungene Hülle und Fülle allerdings waren noch Musikerbiografie seit nunmehr vier Jahr selten ein schlüssiger Massstab für zehnten durch solch abwegige Land Wesen und Wert. Immerhin eröffnet die striche pfadet, die oft genug auch nahe volksmusikalische Spätberufung auch Vor liegende sind. Schon seit geraumer Zeit teile. Die helvetischen Wundernasen gehören dazu die Alpstafel und Hausgär können sich andernorts gesammelte Er NV-27_Booklet_Christoph_Baumann.indd 2 04.03.14 10:40 3 fahrungen zunutze machen, und die Könnte man dafür vielleicht das früh Internationalisierung, die nirgendwo in etablierte InsiderCredo haftbar machen, Europa weiter fortgeschritten ist als dass die Volksmusik eben ein eigenstän hierzulande, hat die musikalischen Zäune diges Genre jenseits von Klassik, Jazz so grenzumfassend flach gelegt, dass die und Pop darstelle und infolgedessen nur inspiratorischen Zapfsäulen dichter ste aus sich selbst heraus weiterentwickelt hen als die Tannen in unserem Engadiner werden könne? Dass – salopp und über Nationalpark. Fragt sich nur, was der spitzt gesagt – nur zur Erneuerung der globalisierte Eidgenosse damit anfängt. Tradition fähig und legitimiert sei, wer an einer Stubete im Muotathal ein Nicken Neo-Folk – wohin des Wegs? der HardcoreFans zu ernten vermöge? Unübersehbar sind die viel beschwore Nun gut, nachvollziehbar ist eine solche nen «jungen Wilden» zwar zahlreicher Haltung alleweil, wo doch so mancher geworden, und die vorerst etwas zöger Band, manchem Schlagersternchen und liche Türöffnung der Luzerner Musik mitunter auch dem einen oder andern hochschule hat zu einer erheblichen Klassiker ein bisschen Hackbrettklingeln, Anhebung des spieltechnischen Niveaus eine FranzCarlWeberHandorgel oder beigetragen. Streng genommen und ein verwehtes Volksliedzitat genügen, schnippisch gesagt, ist der NeoFolk um einen Bezug zur heimischen Folklore aber in seiner musikalischen Essenz zu reklamieren. Immerhin vermochten nicht wesentlich über die Ansätze des das mediale Interesse und attraktive frühen Grenzgängers Hans Kennel und Plattformen wie das Altdorfer Festival Konsorten hinausgelangt (Jazzharmo Alpentöne oder die Zürcher Stubete am nik, odd metres, improvisierte Soli usw). See manchen genrefremden Tonsetzer NV-27_Booklet_Christoph_Baumann.indd 3 04.03.14 10:40 4 zum Blick auf die bislang eher als «sim stammen denn künstlerisch spannende pel und bräunlich angehaucht» betrach Beiträge in erster Linie aus der Feder von tete Musiksparte zu ermuntern. Damit ein paar begnadeten Szenentüftlern wie kam endlich der Dialog mit andern Musik Noldi Alder, Marcel Oetiker oder Fabian und Kunstsparten wieder in Gang, der bis Müller, die neben fundierter Vertrautheit Mitte des 20. Jahrhunderts massgeblich mit der Materie auch über ein gerüttelt zu einer höchst lebendigen Entwicklung Mass an TonsetzerKnowhow und eine oft des Genres beigetragen hatte. wundersame Weitwinkeloptik verfügen. Dass diese erfreuliche Entwicklung jüngst wieder zu einer gewissen Stagnation Hürdenläufer tendierte, zeigt sich unter anderem Und doch sind daneben auch wenigstens darin, dass es vornehmlich die «üblichen eine Handvoll Hürdenläufer auszumachen, Verdächtigen» oder – beispielsweise im die sich als interessierte Outsider die Fall der bahnbrechenden Mnozil Brass – Bürde einer fundierten Acker oder deren Epigonen sind, die einschlägige Hackerarbeit zumuten. Gerade weil ihren Bühnen zuverlässig mit neuen Varianten Bestrebungen nicht primär die Volks «bewährter Innovation» beliefern. Das musikentwicklung per se zugrunde liegt, grassierende Bemühen wiederum, in sondern vielmehr ihr eigenes Schaffen HauruckProjekten «Neues» durch das den Fokus und die Herangehensweise be Zusammenführen unterschiedlicher For stimmt, können ihre Arbeitsergebnisse mationen oder Persönlichkeiten zu gene dazu taugen, auch Insidern unerwartete rieren, erlaubt selten tiefgängige Be Türen aufzuschliessen. gegnungen und lässt somit den Geissbock In dieser Schublade lässt sich füglich auch nicht wirklich brünstig werden. So auch Christoph Baumann verorten, seit er NV-27_Booklet_Christoph_Baumann.indd 4 04.03.14 10:40 5 sich Ende der 80erJahre mit der Latin Anhand einer fiktiven, aber von realen JazzBand Mentalities erstmals seine Schweizer Volksmusikern inspirierten Kantonalhymne vorknöpfte und den Ket Künstlerbiografie wird dabei vor allem tensägenGitarristen Stefan Wittwer auf mittels Musik und animierter Bildprojek die Jagd nach den «zwei Lieben im Aar tionen die wenig bekannte Entstehungs gau» hetzte. Danach verwendete er das phase der Ländlermusik zwischen den tradierte Volksmusikgut als nutzbrin beiden Weltkriegen thematisiert. gende Knetmasse unter anderem in der Unter tatkräftiger Beihilfe seiner hand Sprechoper «Ds Gräis» (1996 / Hörstück verlesenen, neunköpfigen Solistentruppe 2001), auf der CD «Kein schöner Land» aus Jazz, Klassik und Volksmusik klopft (2008) und nun eben im jüngsten Büh Baumann die tradierte Ländlermusik auf nenwerk Wysel, das 2012 in Altdorf zur Möglichkeiten ab, das Spezielle dieses Uraufführung kam und später unter an Musikgenres (Melodik, Klang, Form, derem in der Schiffbauhalle des Zürcher Rhythmik usw.) als Ausgangsmaterial für Schauspielhauses für Aufsehen sorgte. eine zeitgenössische MusiktheaterKom position zu verwenden. Das Ergebnis Wysel – a musical storyboard dieser Untersuchung präsentiert sich als Wysel erzählt die himmeltraurige Er ein abenteuerlicher Ritt durch die Fle folgsgeschichte einer schlecht vertäuten geljahre der Ländlermusik, auf der «lüp Frohnatur, die jodelnd und geigend die fige» Tänze wilde Bergeshöhen erklim Welt zum Tanzen brachte und sich selbst men, um als wehmütige Weisen in tiefe damit ins frühe Grab bugsierte – ein Schluchten zurückzustürzen. Musikerschicksal ganz à la W. A. Mozart, Charlie Parker oder Amy Winehouse also. NV-27_Booklet_Christoph_Baumann.indd 5 04.03.14 10:40 6 Frisch aufgemischte Notenblätter Als musikgeschichtliche Referenzpunkte Für das Zürcher Volksmusikfestival Stu- flicht Baumann kurze Episoden mit «ori bete am See hat Baumann seine viel ginaler» Volksmusik in seine Komposi schichtige Komposition zu einer Art tion ein. Bei diesen «Bühnenmusik» Suite umarrangiert, die dem illuster be Sequenzen lösen sich klein besetzte For setzten Rurban Music Ensemble als Tram mationen aus dem EnsembleVerbund polin für eine muntere Kür konzertanter und präsentieren quasi historische SaltoSprünge und improvisatorischer Momentaufnahmen, die als eine Art Pirouetten im volksmusikalischen Klang «akustische Bauernmalerei» den Grund raum dient. Gegenüber der Bühnen klang des Gesamtwerks prägen. Sie wider fassung verzichtet der Remix auf die spiegeln die Entwicklung der instrumen kommentierenden Erzählpassagen, die talen Volksmusik von einer stark regional Einspielungen von Originalgeräuschen geprägten, ländlichen Tanz und Haus (Soundscape) und natürlich auf Lorenz musik («Bauernmusik») zur weitgehend Riesers comicartige Tintenzeichnungen, homogenisierten nationalen «Ländler die Ende 2013 auch als Bildergeschichte musik», die zunehmend auch konzertant beim Zürcher ApplausVerlag erschienen gespielt und – unter Einschluss von Show sind. Umgekehrt schafft die Streichung