Mo 30. April 2018, 20 Uhr Freiburg, Konzerthaus Ingo
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MO 30. APRIL 2018, 20 UHR FREIBURG, KONZERTHAUS INGO METZMACHER PROGRAMM LUDWIG VAN BEETHOVEN 1770 – 1827 OUVERTÜRE ZU GOETHES TRAUERSPIEL »EGMONT« OP. 84 ca. 8’ BERND ALOIS ZIMMERMANN 1918 – 1970 PHOTOPTOSIS. PRÉLUDE FÜR GROẞES ORCHESTER ca. 12’ NOBODY KNOWS DE TROUBLE I SEE Konzert für Trompete in C und Orchester ca. 14‘ · Pause · LUDWIG VAN BEETHOVEN KURZINFO ZUM HEUTIGEN KONZERT 1770 – 1827 BEETHOVEN · ZIMMERMANN SINFONIE NR. 7 A-DUR OP. 92 Poco sostenuto – Vivace LUDWIG VAN BEETHOVEN · deutscher Komponist und Pianist · wurde Allegretto 1770 in Bonn geboren und starb 1827 in Wien, wo er die letzten 35 Jahre Presto seines Lebens verbrachte · Joseph Haydn, Johann Georg Albrechtsberger Allegro con brio und Antonio Salieri waren seine Lehrer · war ein hervorragender Pianist und Improvisator · war ein freier Komponist ohne feste Anstellung, un- ca. 40’ terstützt von adligen Fürsten · war neben Mozart und Haydn ein Haupt- vertreter der sogenannten »Wiener Klassik« · sein Gehörleiden setzte der Pianistenkarriere ein Ende · seine neun Sinfonien setzten Maßstäbe für viele Zeitgenossen und nachfolgende Komponistengenerationen · parallel dazu komponierte er elf Ouvertüren, die in der Mehrzahl auch Teil von Schauspielmusiken sind · im Juni 1810 wurde in Wien anlässlich Håkan Hardenberger, Trompete einer Inszenierung von Goethes Egmont Beethovens Schauspielmusik SWR Symphonieorchester uraufgeführt, von der die Ouvertüre bis heute der bekannteste Teil ist · Dirigent: Ingo Metzmacher im Dezember 1813 erfolgte in Wien die Uraufführung der siebenten Sin- fonie, eine der glänzendsten Erfolge in Beethovens Laufbahn BERND ALOIS ZIMMERMANN · deutscher Komponist, dessen 100. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr gedenkt · wurde 1918 in Blies- heim bei Köln geboren · war in jungen Jahren dem Erlebnis der Nazi-Dik- tatur ausgesetzt · wurde 1940 zum Wehrdienst eingezogen und 1942 entlassen · Musikstudium in Köln und Berlin · nach dem Krieg Arbeit als freischaffender Komponist · übernahm 1958 an der Kölner Musikhoch- schule die Kompositionsklasse von Frank Martin · seine 1965 uraufge- führte Oper Die Soldaten gilt als Schlüsselwerk des modernen Musik- theaters · zunehmende Depression in Verbindung mit einem unheil- baren Augenleiden führten am 10. August 1970 in Großkönigsdorf bei Köln zum Freitod · 1968 entstand Photoptosis, der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet Lichteinfall · Nobody knows de trouble I see entstand 1954 als Auftragswerk · vereint mit seinen Big Band-Allu- KONZERTEINFÜHRUNG · 19 Uhr mit Bernd Künzig sionen der 1950er-Jahre die Kategorien der Jazzmusik und Kunstmusik BEGEGNUNGEN IM ZEITLOSEN RAUM mit der Komposition beauftragt. Das Notenmaterial ist nicht erhalten. Von einer zweiten Bühnenmusik von Johann Friedrich Reichardt sind nur Fragmente überliefert. Ludwig van Beethovens Schauspielmusik, Wie oft und wie ausführlich wurde schon über die enttäuschende deren Ouvertüre der Verleger umgehend auch als eigenständiges Werk Begegnung zwischen Goethe und Beethoven im Kurbad Teplitz ge- veröffentlichte, ist die älteste erhaltene Musik zu Goethes Drama. Sie schrieben und nachgedacht. Ein ernüchterndes Treffen für den Kom- entstand im Auftrag des Wiener Burgtheaters, das die österreichische ponisten, der sich vom bewunderten Autor des »Egmont« mehr als nur Erstaufführung des »Egmont« 1810 plante. Beethoven war von Auf- distanzierte Achtung erhofft hatte. Begegnungen zwischen Künstlern trag, Autor und Drama so begeistert, dass er erklärte, auf das Honorar müssen nicht in Freundschaft münden. Sie ereignen sich auf anderem zu verzichten. Er habe diese Musik »bloß aus Liebe zum Dichter ge- Gebiet. Ludwig van Beethovens Schauspielmusiken zu Goethes Trau- schrieben«. Goethes Drama spielt im 16. Jahrhundert in Brüssel und erspiel sind das Ergebnis großer geistiger Nähe. Dem Dichter schrieb handelt vom Widerstand der Niederländer gegen die Fremdherrschaft er, er habe die Komposition »durch Sie gedacht, gefühlt und in Musik der Spanier. Seine Titelfigur, der adelige Freiheitskämpfer Egmont, wird gegeben«. nach einem Aufstand hingerichtet. Seine Geliebte nimmt sich das Leben. Bernd Alois Zimmermann wiederum spürt und sucht die Nähe zu Der historische Stoff, den Goethe für die Bühne bearbeitet hatte, war Beethoven. Allerdings nicht um ihn zu kopieren oder fortzuschreiben. für die Wiener hochaktuell. Sie selbst befanden sich damals unter Wenn er Beethovens neunte Sinfonie zitiert, ist das kein Zeichen der fremder Herrschaft. Im Mai 1809 hatte Napoleon die Stadt zunächst Anbiederung, sondern vielmehr ein zeitloser Augenblick. Für Bernd bombardiert, dann eingenommen. Alois Zimmermann hatte die Zeit die Gestalt einer Kugel, in der es weder Gegenwart, noch Vergangenheit, noch Zukunft und erst recht Die Ouvertüre zu »Egmont« ist neben dem Vorspiel zum 2. Akt des keine Hierarchien gibt. »Fidelio« die einzige Orchestermusik, die Beethoven in der Tonart f-Moll komponierte. Die mächtigen Akkorde, mit denen die Ouvertüre beginnt, legt er in den Bass. Der langsame Rhythmus der Sarabande verleiht dem Motiv Gewicht. Wie die Besatzungsmacht stammt dieser FREIHEIT ALS TRAUM Tanz aus Spanien. Die Wucht der ersten Takte kontrastiert Beethoven LUDWIG VAN BEETHOVEN: EGMONT-OUVERTÜRE durch friedlich helle Melodien in den Oberstimmen. Das Sarabanden- motiv bleibt jedoch als Begleitung präsent. Musik gehörte von Anfang an zu Wolfgang von Goethes Trauerspiel »Egmont«. In seinen Regieanweisungen forderte er nicht nur Lieder Im Hauptteil, Allegro, wendet sich die Harmonik nach Des-Dur. Lebens- für die weibliche Hauptfigur Klärchen. Die Musik sollte die Handlung bejahende Läufe in den Violinen und Holzbläsern liefern neues Ma- begleiten, kommentieren und zeitweise sogar allein tragen, wie im terial. Beethoven kontrastiert es mit den energischen Schlägen eines Augenblick von Klärchens Tod. Vor der Uraufführung des Trauerspiels absteigenden Motivs. Im Kampf gegen die Unterdrückung, den das 1779 in Mainz hatte Goethe seinen Freund Philipp Christoph Kayser »Tyrannenthema« vertritt, verliert der Held sein Leben. Egmonts Tod, schrieb Beethoven in den Skizzen, »könnte durch eine Pause angedeu- tet werden«. Tatsächlich beendet eine Generalpause den Hauptteil. Die Stretta in F-Dur lässt auf den Heldentod eine Siegesmusik folgen. Der Beethoven-Forscher Paul Bekker betont den utopischen Charak- ter dieses Schlusses. »Nur eine Vision, und darum nicht in Beethovens realistischer Freudentonart C-Dur, sondern in F-Dur dargestellt. Aber von so überwältigendem Freiheitsrausch durchpulst, dass alle Schre- cken des Todes, alle lähmenden Tatsachen des wirklichen Lebens in Nichts zerfließen vor der überirdischen Verklärungsekstase dieses Zukunfts traums.« (Paul Bekker: Beethoven, Berlin 1914, S. 346) Dass Ludwig van Beethoven die Schauspielmusik nicht zur Premiere des »Egmont« in Wien lieferte, sondern erst vor der Vorstellung, zeugt nicht von Gleichgültigkeit dem Autor und dem Stoff gegenüber. Im Ge- genteil: Die »Egmont«-Musiken waren keine Gelegenheitsarbeit. Im April 1811 sandte Beethoven den Klavierauszug nach Weimar: »die- sen herrlichen Egmont, den ich, indem ich ihn ebenso warm als ich ihn gelesen wieder durch Sie gedacht, gefühlt und in Musik gegeben habe – ich wünsche sehr Ihr Urteil darüber zu wissen.« Eine Antwort von Goethe ist nicht überliefert. Erst später fand er Worte des Lobes: »Beet hoven ist mit bewundernswertem Genie auf [meine] ... Intentio- nen eingegangen.« Persönlich begegnet sind sich der Schriftsteller und der Komponist erst 1812 in der Kurstadt Teplitz. Goethes Urteil über den jüngeren Komponisten fiel zwiespältig aus: »Sein Talent hat mich in Erstaunen gesetzt; allein er ist leider eine ganz ungebändigte Per- sönlichkeit, die zwar gar nicht unrecht hat, wenn sie die Welt detes- tabel findet, aber sie freilich dadurch weder für sich noch für andere genussreicher macht.« Beethoven im Jahr 1815, Detail aus einem Gemälde von Willibrord Joseph Mähler EIN HAUCH VON EWIGKEIT BERND ALOIS ZIMMERMANN: PHOTOPTOSIS (1968) 100 Jahre Sparkasse. Die Anlässe für Kunst sind manchmal geradezu banal. Für den Kölner Bernd Alois Zimmermann allerdings war der Auf- trag der Gelsenkirchener Stadt-Sparkasse mehr als nur die finanzielle © Schott Music/Hannes Kilian Voraussetzung für die Komposition seines Orchestervorspiels. Die Ur- aufführung der Komposition war für den 19. Februar 1969 im Musik- theater im Revier angesetzt. Mit diesem Theater besitzt Gelsenkirchen einen der spektakulärsten Bauten der Nachkriegszeit. Wer sich dem Haus nähert, sieht durch die Glasfront die monochromen Wandflä- chen des Künstlers Yves Klein. Leuchtende Landschaften aus verdichte- ter blauer Farbe, aus Schwämmen und Wüstentopographien mit Rin- nen und Furchen bedecken die Innenwände des Foyers. Mit »Photoptosis« reagiert Bernd Alois Zimmermann auf diese Reliefs, die zu den wichtigsten Arbeiten in Yves Kleins kurzem Leben zählen. Der Titel spielt mit den griechischen Begriffen für Licht und Fall. »Bei dem Prélude«, kommentiert der Komponist, »bezieht sich dieser Vor- gang auf die Veränderungen von Farbflächen, wie sie durch die Art und Weise des Lichteinfalls auftreten: hier im Bereiche der Klangfarben im weitesten Sinne.« Wie Yves Klein konzentriert sich Zimmermann auf die Arbeit mit Farbe und Material. »Photoptosis« ist eine Klangflächenkomposition. Me- lodien oder rhythmische Gestalten gelangen in diesem Werk nur im Mittelteil an die Oberfläche. Wie die Wandinstallationen ist auch die Musik ein Landschaftsbild ohne die übliche Unterscheidung in Vorder- und Hintergrund. Das groß besetzte