Mit über 100 Fotografien von Jitsy Santana Gómez Kuba 151 Inhalt

1 19y B 6 37 Cira García 74 76 José Martí 146 114 P.C.C. 218 2 31 de Deciembre 8 38 Coche a Caballos 76 77 La Bolita 148 115 Pelea de Gallos 220 3 Alejo Carpentier 10 39 Cocina Criolla 78 78 La Habana Vieja 150 116 Piropos 222 4 Alexander von Humboldt 13 40 Cocodrilos 80 79 La Libreta 152 117 Pizza 223 5 All-inclusive 14 41 Cohiba 81 80 Lagartijas 154 118 Playas ...... 224 6 Archipiélago de los 42 Coger Botella 82 81 Langosta 155 119 Plaza de la Revolución 226 Jardines de la Reina 17 43 Cubano – Español 84 82 Las Provincias 156 120 Policía Nac. Revolucionaria 228 7 Arreglando el Carro 44 CUC versus CUP 86 83 Machete 158 121 Propina 229 en la Calle 18 45 Cuevas 88 84 Mango 160 122 Puente Yayabo 230 8 Aura Tiñosa 20 46 Conducir un auto 90 85 Maní, maní 162 123 Puerco Asado 232 9 Autopista A1 22 47 Dominó 92 86 Manifestación 164 124 Quince 233 10 Azúcar 24 48 Edificio Focsa 94 87 Marabú 166 125 Quinta Avenida 234 11 Bacardí 26 49 Edificios de Micro 96 88 Mariel 168 126 Rejas 236 12 Baracoa 28 50 El Bloqueo 98 89 Mariposa 170 127 Remesa Familiar 238 13 Basureros 30 51 El Paquete 100 90 Masones 172 128 Revolico 239 14 Béisbol 32 52 El Tiempo 101 91 Matar Puercos 174 129 Rodeo 240 15 Besos 33 53 El Último 102 92 Mansión Xanadú 176 130 Ron 242 16 Bicitaxi 34 54 Embajada de Rusia 104 93 Médico de la Familia 178 131 Ropa Vieja 244 17 Birán 36 55 Esclavos 106 94 Moa 180 132 Salsa 246 18 Bodega 38 56 F.A.C. 108 95 Mojito 182 133 San Cristóbal 248 19 Cadeca 40 57 Felicidades 110 96 Montañas 184 134 San Lázaro 250 20 Kaffee 41 58 Feria 112 97 Moros y Cristianos 186 135 Santa María del Rosario 252 21 Cafeterías 42 59 Feria de San José 114 98 Mosquitos 188 136 Santería 254 22 Mezcla de razas 44 60 Fidel y Raúl 116 99 Muchísimas Gracias 190 137 Sierra del Escambray 256 23 Camagüey 46 61 Fortalezas 118 100 Museo Nacional de Bellas 138 Sierra Maestra 258 24 Capitolio 48 62 Golf 120 Artes – Arte Universal 192 139 Socialismo 260 25 Carlos III 50 63 Gran Teatro de La Habana 122 101 Museos 194 140 Tabaco 262 26 Carne de Res 52 64 Granma 124 102 Nestlé 196 141 Taxi 264 27 54 65 Guagua 126 103 Nombre de Calles 198 142 Televisión 266 28 Casa de la Música 56 66 Guantanamera 127 104 Oldtimer 200 143 Tropicana 268 29 Casa del Habano 58 67 Guayabera 128 105 Paladares 202 144 Tú o Usted 270 30 Casas Particulares 60 68 Héctor Luis 130 106 Palma Real 204 145 Uniforme Escolar 272 31 Cayos 62 69 Hemingway 132 107 Pan con Lechón 206 146 274 32 CDR 64 70 Hialeah 134 108 Panadería 207 147 Vendedores ambulantes 276 33 Cementerio de 71 Hotel Nacional 136 109 Parque con WiFi 208 148 Viandas 278 Cristóbal Colón 66 72 Huracán 138 110 Parque Nacional la Güira 210 149 Viñales 280 34 Cerveza Cristal 68 73 I.S.A...... 140 111 Parques Nacionales 212 150 Wifredo Lam 282 35 Ché 70 74 Jineteras 142 112 Parrandas 214 151 Zona Cero 284 36 Ciénaga de Zapata 72 75 Joint-Ventures 144 113 Pasteles 216 Danksagung 286

2 3 Kuba 151 Vorwort

Kuba ist der weltweit einzige origi­ same Strände, verschwiegene Berg­ nal sozialistische Staat. China oder welten und wenig besuchte Archi­ Vietnam basieren wirtschaftlich auf tekturschönheiten verfügen. kapitalistischen Strukturen, Nordko­ Das Buch soll den Besucher rea entzieht sich rationalen Charak­ neugierig auf Kuba machen, ihn in­ terisierungen. Zahlreiche Moment­ formieren und in ihm kubanische aufnahmen aus Kuba müssen sich Stimmung aufkommen lassen. deshalb von denen anderer Länder Im Text wird das grammatikali­ unterscheiden. Kuba ist das wichtigste sche Geschlecht nicht automatisch Reiseziel in der Karibik. Etwa 40 neue mit seinem natürlichen identifiziert. Hotels und Resorts sind im Bau, um Beispielsweise wird durchgehend den Strom der Touristen aufzuneh­ die übliche Form »Kubaner« ver­ men. Den größten Zuwachs machen wendet, in die Kubanerinnen und jedoch die Kreuzfahrtschiffe aus. Kubaner eingeschlossen sind. An­ Dafür werden in Havanna, in Cien­ dernfalls würden fast alle Texte un­ fuegos und in Santiago die Terminals leserlich aufgebläht sein. erweitert. Außerdem sind erstmalig Bei Drucklegung konnte nicht auch neue Golfplätze geplant. garantiert werden, ob alle hier an­ Trotz anhaltend hoher Touris­ geführten Museen oder Sehenswür­ tenzahlen wird Kuba keine überlau­ digkeiten auch geöffnet haben. In fene Insel werden. Auf Jahrzehnte solchen Belangen sind die kubani­ hinaus wird es weiterhin über ein­ schen Behörden recht variabel.

5 1 19y B Bauernmarkt

Der beste Bauernmarkt Kubas Hier gibt es im Frühjahr die ersten befindet sich im Stadtviertel Mameys oder Avocados und wenn Vedado von Havanna, wo früher die kühlere Jahreszeit beginnt auch in zahlreichen Villen die Wohl- noch Mangos oder Ananas. habenden wohnten. Er weist Der Trick: Händler kommen zu das größte Angebot auf und ist diesem Markt aus dem 1.000 km zugleich auch der teuerste. entfernten Santiago, wo der kubani­ sche Frühling früher als in Havanna Die Bauernmärkte (spanisch: Mer­ beginnt und die kühlere Jahreszeit cado Agroprecuario, einfach »Agro« später einsetzt. Das hat seinen Preis! genannt) sind die wichtigste Versor­ Kühlhäuser sind in Kuba unbekannt, gungsquelle der Kubaner mit Obst und Lagerhäuser gibt es kaum. Bezo­ und Gemüse. In den normalen Ge­ gen auf das Angebot ist dieser Markt schäften oder in den wenigen Super eine Rarität, selbst in Havanna, Mercado (Supermarkt) werden fri­ deshalb werden Touristengruppen sches Obst und Gemüse nicht ver­ durch ihn geschleust, was aber nicht kauft. Die Bauernmärkte sind staat­ heißt, dass er mit westeuropäischen lich, d. h. sie werden von staatlichen Markthallen zu vergleichen wäre. Verwaltern betrieben, aber die Ver­ Seine Ausstattung entspricht der aller käufer hinter den Ständen arbeiten anderen kubanischen Bauernmärk­ auf private Rechnung. Zahlreiche te, echt gruftig. Allerdings verfügt ihrer Produkte beziehen sie nicht er über eine kubanische Besonder­ aus dem staatlichen Verteilungssys­ heit. Tief hinten in einer Ecke steht tem, sondern von privaten Bauern. eine staatlich geeichte Digitalwaage. Die Verkäufer auf dem Markt in der Kubaner benutzen diese aber nicht. 19. Straße, Ecke B-Straße kaufen ihr Sie wollen vom Händler auch beim gesamtes Obst, das Gemüse, die Sa­ nächsten Einkauf freundlich behan­ late und die Gewürze von kleinen delt werden. Nur die Ausländer sind Bauernwirtschaften, den Fincas. unverschämt, sie wiegen nach.

6 7 2 31 de Deciembre Kubanischer Silvester

Der einzige richtige Feiertag für Moros y Cristianos, Yuca (# 148), die ganze kubanische Familie, frittierte Bananen, Tomaten und deshalb wird zu Hause gefeiert. einfach alles, was gerade auf den Im Vordergrund steht das größ- Märkten zu haben ist. te Essen des gesamten Jahres, Die gesamte Familie kommt zu­ mit viel Rum und unentwegt mit sammen, es wird hemmungslos ge­ Musik. schlemmt. Bereits am Nachmittag wird die Musik voll aufgedreht und Auch in Kuba ist der letzte Tag unentwegt getanzt, auch (noch) des Jahres kein offizieller Feiertag, ohne Alkohol. Nach Mitternacht wenn überhaupt, so wird höchstens kommen Freunde und es gibt ein bis Mittag gearbeitet. Wie bei uns von den Frauen zubereitetes süßes, ist nur der erste Tag des Jahres ein in Öl frittiertes und zu einer Brezel staatlicher Feiertag. In Kuba wird geformtes Gebäck, die Buñuelos. Um aber nicht das Neue Jahr gefeiert, Mitternacht treffen sich alle Bewoh­ sondern der Tag des Sieges der Re­ ner auf der Straße, gratulieren und volution, den jedoch die allermeis­ herzen sich ab. Vielerorts ist noch ten Kubaner gemütlich verschlafen. ein alter Brauch vorhanden. Aus Die Vorbereitungen auf das Essen dem Hauseingang oder vom Balkon beginnen tagelang vorher. Vor al­ herunter wird ein Eimer mit Wasser lem muss Schweinefleisch besorgt ausgegossen, alles Schlechte des alten werden, wenigstens eine Keule, bes­ Jahres soll hinweggeschwemmt wer­ ser ein halbes Schwein und bei ge­ den. Feuerwerkskörper sind verbo­ nügend Geld am besten ein kleines ten, trotzdem werden immer öfters Schwein, das über einem offenen auch in Kuba die glücksbringenden Feuer gegrillt wird. Dazu gibt es Sterne in den Himmel gejagt.

8 9 3 Alejo Carpentier Karibische Geister und Wunder

Er ist der berühmteste kubani- seines Heimatlandes. Sein wich­ sche Schriftsteller, dem, wie so tigstes Buch spielt nicht auf Kuba, vielen kubanischen Literaten, sondern in Haiti während der Zeit seine Heimaterde zu schwer des einzig siegreichen Sklavenauf­ wurde. standes: Das Reich von dieser Welt. Es ist ein wunderbares und faszinie­ Auf etlichen Gebieten hat Kuba rendes Buch, weil in ihm Mysterien weltberühmte Persönlichkeiten lebendig werden. Vor Ihrem Kuba- hervorgebracht. Einen Schachwelt­ Aufenthalt sollten Sie dieses schma­ meister (Raúl Capablanca), eine le Buch in die Hand nehmen und international gerühmte Ballerina in die karibische Wunderwelt ein­ (Alicia Alonso), einen grandiosen tauchen. Zum Verständnis des alten Maler (Wifredo Lam, # 150) und Havannas ist sein Büchlein über einen Romancier von Weltgeltung. diese Stadt unentbehrlich. Er hat In hohem Alter wurde Alejo Car­ auch Romane und Beschreibungen pentier mit dem wichtigsten Lite­ über Kuba verfasst, zugleich auch raturpreis der spanischsprachigen über Musik, und er hatte engen Welt geehrt, dem Cervantes-Preis. Kontakt zu den französischen Sur­ Da lebte er aber nicht mehr in Kuba, realisten. Immer sind seine Bücher sondern in Paris. Überhaupt hat er voller Wunder, gleich ob märchen­ die größte Zeit seines Lebens au­ haft oder anstrengend. Nun ist ihm ßerhalb Kubas verbracht, zumeist in Havanna endlich ein Museum auf der Flucht vor den Diktatoren gewidmet worden.

10 11 4 Alexander von Humboldt Ein Preuße als kubanischer Nationalheld

Von der preußischen Hauptstadt und zur kubanischen Gesellschaft. Berlin aus reist ein adliger Na- Voller Begeisterung beschrieb er die turforscher in die neue Welt und Geografie sowie die Pflanzen- und entdeckt Kuba für die Kubaner Tierwelt Kubas. Für die Kubaner und für Europa. war dabei entscheidend, dass er die Besonderheiten Kubas gegenüber Kaum eine kubanische Stadt ohne den anderen lateinamerikanischen eine Straße oder ohne einen Platz, Ländern herausstellte. Das gefiel der nicht nach Humboldt benannt den Kubanern. Eindeutig geißelte er wäre. Der größte Nationalpark Kubas die Sklaverei auf Kuba. Die Kubaner trägt den offiziellen Namen »Parque lernten durch Humboldt ihre eigene Nacional Alejandro de Humboldt«. Insel besser kennen, deshalb vereh­ Wie kein zweiter Ausländer ist ren sie ihn bis heute wie keinen an­ Humboldt in Kuba allgegenwärtig. deren Fremden. Seine Schriften über Er war der erste Nichtspanier, der Kuba trugen zur Entstehung eines sich intensiv mit Kuba beschäftigte. eigenen – von Spanien unabhängi­ Er schrieb über Kuba auf Deutsch gen – Nationalbewusstseins bei. In und war damals preußischer Unter­ Havanna gibt es ein kleines Muse­ tan, und er war stolz darauf. Als Na­ um dafür. Für die Anerkennung, die turforscher bereiste er Mittel- und Deutschland heute in Kuba genießt, Südamerika, dabei war er zwischen hat vor zweihundert Jahren ein deut­ 1799 und 1804 auch dreimal auf scher Naturforscher die Grundlage Kuba. Zurück in Berlin veröffent­ gelegt. Deutschsprachige Besucher lichte er eine Schrift über seine Be­ Kubas können stolz auf einen ihrer obachtungen zur kubanischen Natur Vorfahren sein.

12 13 5 All-inclusive Nicht so ganz wie überall

Mit Ausnahme der Stadthotels die Hotels an den großen Stränden sind auf Kuba alle Tourismus- wie Resorts gestaltet. Die Gäste tra­ hotels »all-inclusive«, das hat gen bunte Plastikbändchen, und ihr seine Vor- und Nachteile. Luxus- Hotel, einschließlich des Strandes, hotels mit westlichem Standard ist von der Außenwelt abgeschirmt. gibt es nicht. Allerdings unterscheiden sich die kubanischen All-inclusive-Hotels Sämtliche Hotels auf Kuba gehören in einigen Belangen von denen dem Staat. Die meisten davon wer­ anderer Länder. Die Buffets sind den allerdings von spanischen Ho­ gewaltiger, aber weniger abwechs­ telketten betrieben, einige auch von lungsreich, die Küche ist unerfah­ einer kanadischen und inzwischen rener, der Service ist nachlässiger sogar auch von einer thailändischen und die Auswahl geringer – jeden­ Kette. Fast immer gibt es zwei Di­ falls zumeist, aber die Unterhaltung rektoren, einen westlichen für den ist dafür exotischer. Fast alle Hotels Hotelbetrieb und einen kubani­ enthalten auch sogenannte Speziali­ schen für die Sicherheit. Beide be­ tätenrestaurants: italienische, fran­ kommen die Gäste aber höchst sel­ zösische, japanische, mexikanische ten zu Gesicht, zudem wechseln sie und sogar auch kubanische. Doch häufig. Das trägt dazu bei, dass die Vorsicht: Originale Speisen können kubanischen Hotels wenig Persön­ Sie dort kaum erwarten, aber die lichkeit ausstrahlen. Ähnlich wie in Bedienung ist mächtig stolz auf ihre zahlreichen anderen Ländern sind Internationalität. Playa Esmeralda, Hotel 14 Paradisus Río de15 Oro 6 Archipiélago de los Jardines de la Reina Weltbestes und abgeschirmtes Tauchrevier

Ein Paradies unter Wasser, über der Wasseroberfläche liegen unberührte Korallenriffe, exo- etwa 600 Koralleneilande. Das Riff tische Fische und manchmal und die Inselchen befinden sich ca. neugierige Taucher. 50 km vor der Südküste Kubas, sie gehören zu den Provinzen Ciego de Um die gesamte Küste Kubas herum Ávila und Camagüey. ziehen sich Riffe. Fast jedes Riff ist In den 60er Jahren wurde es für ein exzellentes Tauchrevier, und die nächsten Jahrzehnte militärisches überall kann bequem geschnor­ Sperrgebiet. Auf dem westlichsten chelt werden. Allerdings sind die Riff und auf einem in der Mitte be­ Bootstouren zu den Tauchrevieren finden sich zwei Leuchttürme. Seit ausschließlich den westlichen Be­ dem Aufschwung des Tourismus suchern vorbehalten. Die kubani­ hat die Regierung erkannt, dass sich sche Regierung traut ihren eigenen auch mit einem Naturwunder in ih­ Bürgern nicht über den Weg bzw. ren Sperrgebieten Geld verdienen über das Wasser. Ein Tauchrevier lässt, und so vergibt die Regierung darunter ist das fabelhafteste. Für Tauchlizenzen, allerdings sollen es professionelle Bergsteiger gibt es jedes Jahr nur einige Hundert sein. nur ein Himalayagebirge. Für den Von der Küste aus fährt ein Hotel­ in allen Meeren erfahrenen Taucher boot die Taucher zum Riff. Was sie gibt es nur eine »Jardines de la Rei­ dort zu sehen bekommen, können na« (Gärten der Königin). Mit sei­ die anderen Touristen lediglich in ner Ausdehnung von 240 km gehört Videos und Werbefilmen bestaunen. dieses Korallenriff zu den weltweit An der Ostküste liegt ebenfalls ein größten. Unter allen berühmten Ko­ Tauchrevier, die »Jardines del Rey« rallenriffen der gesamten Karibik ist (Gärten des Königs), allerdings mit es das unberührteste mit der pracht­ größeren Inseln, von denen etliche vollsten Unterwassernatur. Knapp bereits touristisch erschlossen sind.

16 17 7 Arreglando el Carro en la Calle Autoreparatur auf der Straße

Der Kubaner ist unkompliziert, schlägt einen grünen Ast vom Baum bleibt sein Auto mal rein zufäl- und positioniert diesen fünf Meter lig stehen, holt er seine Werk- hinter seinem Gefährt. Warndrei­ zeugkiste aus dem Kofferraum ecke sind rar und teuer, außerdem und legt sich unter den Wagen. würden sie sofort geklaut werden, wenn der Fahrer unter dem Auto Die Autoreparatur direkt auf der schraubt. Straße ist in Kuba eine so alltägli­ Zwar gibt es Abschleppwagen, che Angelegenheit, dass sie zu den aber der Service ist teuer, und es typischen Merkmalen des Landes gibt viel zu wenige. Selbst bei lie­ gehört. Fährt der Besucher durch gengebliebenen Bussen wird zuerst das Land, insbesondere aber durch am Straßenrand versucht, diese Havanna, kann er täglich die unge­ wieder »fahrbar zu schrauben«. mein praktische Seite der Kubaner Warum sollte ein Kubaner seinen erleben. Ich erlebe sie sogar mehr­ Lada abschleppen lassen, wenn nur mals täglich. Das Auto wird direkt ein Vorderrad abgebrochen ist, das auf der linken Spur repariert, der er in einer Stunde selber wieder an­ Oberkörper unter dem Wagen, die montieren kann, weil er dies bereits Beine auf der rechten Spur. Sehr schon öfters vornehmen musste? beliebt ist die Reparatur unmittel­ Allerdings stehen die Schrottkis­ bar vor einer Kreuzung, zwei Stei­ ten selten länger als einen halben gerungen sind dann direkt auf der Tag auf der Straße. Im Verkehr be­ Kreuzung oder im Scheitelpunkt kämpfen kubanische Autofahrer einer Kurve. Sie vermuten, dies sei sich, in der Not helfen sie einander. eine Übertreibung? Weit gefehlt! Ist Ich könnte ein ganzes Fotobuch mit der Autofahrer umsichtig, nimmt Aufnahmen von Reparaturen am er seine Machete aus dem Wagen, Straßenrand zusammenstellen.

18 19 8 Aura Tiñosa Schwarze Geier

Geier sind die größten Vögel, chen und sind doch völlig harmlos. Kubas ein gesichertes Leben genie­ nur gemächlich in die Lüfte. Sie ha­ denen Besucher auf Kuba na- Immer wieder wird behauptet, die ßen können und die Touristen sich ben auch ihren Stolz, eben den ty­ hekommen können, doch außer kubanischen Geier wären am Aus­ vor ihnen erschrecken. Sogar um pischen Geierstolz. Eigentlich hätte Angst einjagen tun sie nichts, sterben, und jedes Mal, wenn ich das höchste Wohngebäude Havan­ nicht der bunte Tocororo der Wap­ wenn sie nur nicht so schreck- dies lese, sehe ich am nächsten Tag nas, das Focsa-Haus, schweben sie penvogel Kubas sein dürfen, denn lich langsam auffliegen würden. auf der Straße direkt vor einen herum. Wahrscheinlich verenden den bekommt kaum einer jemals zu ganzen Schwarm von ihnen. So­ auch auf den kleineren Hochhäu­ Gesicht, sondern diese großen, kräf­ Sie haben einen roten Kopf mit ei­ lange die streunenden kubanischen sern so etliche Hunde und Katzen. tigen und überall anzutreffenden nem kräftigen, krummen Schnabel, Hunde und Katzen herrenlos blei­ Anders als so manche Möwe an Geier. Aber wer will schon stolz auf einen langen, nackten Hals und ben und solange die kubanischen deutschen Stränden haben die ku­ so ein hässliches Vieh sein? Den­ schwarze Federn. Sie sehen aus wie Autobesitzer mit Krawall über die banischen Geier Angst vor Men­ noch zücken die Besucher Kubas die Todesvögel aus den alten Mär­ Straßen brettern, werden die Geier schen, trotzdem erheben sie sich ihre Smartphones oder Kameras.

20 21 9 Autopista A1 Zum Glück nur 600 Kilometer

Kubas einzige Autobahn ist die ganze Insel sollte sie führen, und gehend geschlossenen Ring um Er begegnet kaum anderen Auto­ fünfunddreißig Jahre alt und mit einigen kleineren Abzweigun­ Havanna blieb sie ein Rudiment. fahrern, nur gelegentlich Pferde­ immer noch funktionstüch- gen etwa 1.500 km betragen. Dann Es ist bekannt, dass sowjetische In­ fuhrwerken und Ochsengespannen tig, sie ist zwar ungewöhnlich zerbrach die Sowjetunion und Kuba genieure keine modernen Straßen sowie Fahrradfahrern – gern auch konstruiert und streckenweise musste versuchen, auf eigenen Bei­ gebaut haben. Das ist auch an dieser aus der Gegenrichtung – und we­ arg mit Löchern übersät, jedoch nen zu stehen. Dazu zählte nicht Autobahn erkennbar: Kurios konst­ niger Löchern als auf den anderen bequem zu fahren und einfach die Fertigstellung einer Autobahn. ruierte Auf- und Ausfahrten, selbst Straßen, ringsherum einer grünen zu wenden. Sie beginnt im Westen bei Pinar del bei mittlerem Regen bedeckte Fahr­ Landschaft, allerdings auch selten Río, geht über Havanna und endet spuren, keine Standstreifen, keine Tankstellen und Raststätten, doch Von 1980 bis 1990 bezahlte die Sow­ nahe der Provinzhauptstadt Sancti Leitplanken, etliche Landstraßen er kann fahren, fahren, fahren – wie jetunion den Bau eines der kuba­ Spiritus. Zusätzlich sind noch zwei führen ampellos direkt darüber hin­ sonst nirgendwo auf Kuba. Zudem nischen Prestigeprojek­ kleinere Teilstücke bei Santiago und weg, über den grünen Mittelstreifen ist es ausgeschlossen, dass im sozi­ te. Längs über Guantánamo im Osten vorhanden. kann problemlos gewendet werden. alistischen Kuba jemals an der ein­ Eines davon endet direkt in einem Für den westlichen Autofahrer ist zigen Autobahn weitergebaut wird. Zuckerrohrfeld. Bis auf den weit­ diese Autobahn jedoch ein Traum: Die Umweltschützer wird es freuen.

22 23 10 Azúcar Zucker für die Welt

Einstmals hatte der Zucker Erst dort fand es ideale klimatische mittleren Flächengrößen. Darun­ Zucker aus Frankreich und Spanien Kuba reich gemacht. Jetzt wird Bedingungen vor. Vor allem franzö­ ter befand sich der gesamte Anbau importiert werden muss. Allerdings auf der früheren Zuckerinsel sische Kolonialisten kultivierten es. von Zuckerrohr, seine Verarbeitung sind bei Fahrten durch das Land der Welt der Zucker knapp. Ihre Kolonie Haiti war im 18. Jahr­ zu Zucker in den Fabriken sowie immer noch weite Zuckerrohrfelder hundert die Zuckerinsel der Welt. auch zu Rum. Die Zuckerprodukti­ zu sehen. Veraltete Erntemaschinen Früher gehörten die Begriffe »Kuba« Als der Sklavenaufstand drohte, alle on brach dramatisch ein. Mit Hilfe und marode Zuckerfabriken wür­ und »Zucker« wie ein Zwillingspaar Weißen Haitis auszurotten, setz­ sowjetischer Erntemaschinen und den hohe Investitionen erfordern, zusammen. Das Zuckerrohr stammt ten einige Tausend von ihnen nach Fabriken aus der DDR konnte in die der Staat nicht aufbringen kann. ursprünglich nicht von den karibi­ Kuba über, mit den Sklaven, den den 70ern und 80ern die Produkti­ Er hat resigniert und den einstigen schen Inseln, obgleich es einige von Geräten und ihrem Wissen. Zwan­ on stabilisiert werden, aber mit dem Reichtum der Insel aufgegeben. ihnen reich gemacht hat. Seine Hei­ zig Jahre später war Kuba die Zu­ Ende der Sowjetunion gingen auch Wenn Sie sich an einem Zucker­ mat ist Asien. Von dort aus gelangte ckerinsel der Welt und blieb es für die einst glorreichen Zeiten kubani­ rohrfeld eine Fahrtpause gönnen, es mit spanischen Schiffen zu den fast 150 Jahre. Die Revolution führte schen Zuckers zu Ende. Heute liegt werden Sie von einem milden süßen Kanarischen Inseln, von wo aus es zur Enteignung des gesamten Groß­ die kubanische Zuckerproduktion Wind gefangen genommen. die Spanier in die Karibik brachten. grundbesitzes, einschließlich der am Boden, sodass zeitweilig sogar

Zuckerrohr in 24 voller 25Blüte 11 Bacardí Ein Weltunternehmen aus Kuba

Bacardí und Club sind zusammen mit den anderen 380 die bekanntesten Rummarken. größten Privatunternehmen. Die Bacardí hatte seine Heimat in Bacardís hatten jedoch kurz zuvor Kuba, Havana Club immer noch. ihren Firmensitz weitsichtig auf die Bahamas verlagert, einschließlich Der spanische Einwanderer Fa­ der Markenrechte. Demgegenüber cundo Bacardí gründete 1862 in verfügte der Besitzer der ebenfalls Santiago de eine Rumdestil­ enteigneten alten Marke »Havana lerie. Das war zur damaligen Zeit Club« über keine internationalen nichts Besonderes, aber als er we­ Markenrechte. Deshalb wurde »Ha­ nige Jahre später den weißen Rum vana Club« zur kubanischen Rum- erfand, womit prächtige Cocktails Vorzeigemarke. Als Kuba in Devi­ gemixt werden konnten, begann sennot geriet, verkaufte Fidel Castro der Aufstieg der Bacardís zu einem 1993 50 Prozent davon an den fran­ Weltkonzern. Der Legende nach zösischen Konzern »Pernod-Ri­ sollen im Gebälk der ersten Destil­ card«, heute die Nummer zwei unter lerie Fledermäuse gehaust haben, den weltweit größten Spirituosen­ auch nichts Besonderes auf Kuba, produzenten. Der Bacardí-Konzern aber seitdem ist die Fledermaus das ist die Nummer drei. Er ist einer von Firmenlogo des Bacardí-Konzerns. drei Weltkonzernen, die aus Kuba In Santiago finanzierten sie 1899 hervorgegangen sind. Die beiden das erste Museum Kubas und einen anderen sind die zu 50 Prozent in Tivoli-Vergnügungspark, in Havan­ britischem Besitz befindliche Ha­ na ließen sie 1930 das prächtigste banos s.a. als weltweit größtes Pre­ Art-déco-Gebäude der Welt erbau­ mium-Zigarrenunternehmen und en. das kubastämmige Fanjul-Unter­ Ende 1960 enteignete die Regie­ nehmen (in den USA) als weltweit rung entschädigungslos die Familie, größter Zuckerproduzent. »Bacardí-Haus« in der Avenida Bélgica 26 (Monserrate)27 N. 261 12 Baracoa Kakao, Kaffee und rote Bananen

Die erste Stadt und die abgele- mit den kleinen und einzigartigen genste, aber zugleich die Stadt süßen roten Bananen. mit dem größten Reichtum an Im Gebirge hinter der Stadt liegt Natur. Eine tropische »Insel« der größte und am wenigsten er­ auf einer Insel. schlossene Nationalpark Kubas, der Humboldt Park, und an seiner Hier war schon Kolumbus gelandet, nördlichen Seite die eindrucksvollste dann bauten die Spanier eine klei­ Flussbucht Kubas, die Mündung des ne Siedlung, machten sie für kurze Toa in den Atlantik. So viele Superla­ Zeit zur Hauptstadt und vergaßen tive, und so schwer, sie zu erreichen. den Ort wieder. Allerdings blieben Der einfachste Weg wäre der mit dem die Bewohner und innerhalb von Flugzeug, wenn eines fliegt, Kuba fünf Jahrhunderten machten sie hat zu wenige Flugzeuge. Der zwei­ ihre Stadt zum Zentrum der reich­ te Weg wäre über das Wasser, wenn haltigsten Naturlandschaft Kubas. ein Boot zu finden wäre. Der dritte Nur hier gedeihen in Plantagen wäre über die inzwischen teilweise die kubanischen Kakaobohnen, die ausgebesserte Straße von Moa aus, von exzellenter Qualität sind, aber wenn ein Jeep zur Verfügung stehen in einer uralten DDR-Fabrik mise­ würde. Der vierte Weg ist phantas­ rabel verarbeitet werden. Über den tisch. Die einzige jemals nach der Kakaobäumen erheben sich die Revolution ordnungsgemäß gebaute Kronen von Kokospalmen, nur hier Straße heißt »La Farola«. Sie beginnt wird Palmöl erzeugt. An den Berg­ im Örtchen Cajababo und führt hängen wachsen Kaffeesträucher, über 55 km in zahlreichen Serpenti­ von ebenfalls überdurchschnittli­ nen die Berge hinauf und zur Küste cher Qualität, und nur hier hängen wieder hinunter. Als Straße ist sie das an den Bananenpflanzen Stauden größte Naturerlebnis Kubas.

28 29 13 Basureros Müll, die hässliche Seite Kubas

Müll ist kein angenehmes The- von zwei Millionen Menschen wer­ ma im Urlaub. Auch in Kuba ent- den über lange Rohre in das Meer steht täglich überall Abfall, aber geleitet oder über kleine Flüsse direkt unangenehme Dinge schieben an die Küste Havannas. Kubaner am liebsten einfach An den Stadträndern befinden beiseite. sich ebenfalls Deponien, oft in der Wildnis. Jeden Tag laden dort Pfer­ Wahrscheinlich kennen Sie schreck­ defuhrwerke oder Traktoren den liche Bilder von Deponien außerhalb eingesammelten Abfall ab. Aller­ Europas, mit im Müll wühlenden dings werden diese gelegentlich verwahrlosten Kindern. Ein Foto mit Petroleum übergossen und an­ von einer kubanischen Deponie ha­ gezündet, sodass wenigstens kein ben Sie aber sicherlich noch nicht Ungeziefer überleben kann. Um gesehen. Dafür sorgt die kubanische die Dörfer herum befinden sich Polizei, und welcher Tourist will sich nur wilde Deponien. Ein Trost für im Urlaub schon um unangenehme die Touristen: Der Müll der großen Dinge kümmern. Über kubanische Touristenresorts wird aufbereitet Deponien gäbe es nur Grausamkei­ und ebenso das Abwasser. Weder ten zu berichten. Der Müll Havannas Gestank noch Gewissensbisse sol­ landet an seiner Stadtgrenze auf zwei len den Touristen plagen. Interna­ Deponien, ohne Trennung, ohne tionale Umweltschützer sind bis zu Aufbereitung und ohne Absicherung den kubanischen Deponien noch zum Grundwasser. Die Abwässer nicht vorgedrungen.

30 31 14 15 Béisbol Besos Nationalsport Küsschen rechts und links

Baseball ist typisch amerika- gönnen. Die Fußballregeln sind ein­ Das Wichtigste bei einer kuba- rie, sondern wird täglich praktiziert. nisch, er hat überhaupt nichts fach; um die Regeln des Baseball zu nischen Begrüßung und Verab- Auch der Minister schmatzt vor lau­ mit Spanien zu tun, und es gibt verstehen, ist jedoch kubanische In­ schiedung sind die Küsse, und fender Kamera einfache Arbeiterin­ ihn erst seit 120 Jahren, aber telligenz erforderlich, behaupten die laut müssen sie sein, schließ- nen ab. Männer sind untereinander die Kubaner lieben ihren Béis- Kubaner. Nach einem guten Dut­ lich soll jeder die gegenseitige nicht ganz so stürmisch, aber bei bol über alles. zend erlebter Baseballspiele scheint Verehrung nicht nur sehen, Freunden vollzieht sich dasselbe Ri­ mir etwas dran zu sein. Sobald ein sondern auch hören. tual bei der Begrüßung und bei der Falls Sie die Regeln eines Baseball- kubanisches Kind laufen und einen Verabschiedung. Spieles verstehen sollten, besitzen Holzknüppel halten kann, spielt es Die Abknutscherei in Kuba kann auf Kubaner kennen ihre Westler. Sie wahrscheinlich ein Kuba-Gen. Baseball, auch die Mädchen. Hier die Dauer ganz schön nerven. Statt Sie drängen nicht sogleich auf den Dann könnten Sie stundenlang in schon mal die drei wichtigsten Re­ sich einfach die Tageszeit zu nennen wechselseitigen Kuss, sondern ge­ einem der zahlreichen Baseball-Sta­ geln: Nie den Fuß benutzen. Immer und sich kurz die Hände zu schüt­ ben uns Zeit, erst einmal darüber dien auf hartem Beton sitzen, ver­ schön ruhig stehenbleiben. Ab und teln, halten in Kuba sowohl Frauen nachzudenken. Insgesamt ist der brannte Hühnerteile verschmausen an den Knüppel wutentbrannt auf als auch Männer die Wangen hin, Umgang miteinander locker. Die oder sich vor dem Fernsehen von den Rasen schleudern. Haben Sie und ein Schmatzlaut erklingt, bei völlig unbekannte Verkäuferin wird nachmittags bis weit in den Abend jetzt alles verstanden? Bitte verges­ guten Freunden wird auch richtig zwanglos als »Mi amor« (Meine hinein die Übertragungen der Spie­ sen Sie bei ihrem Kuba-Besuch ei­ auf die Wange geküsst, gegenseitig. Liebe) bezeichnet; bei dem fremden le der kubanischen Liga anschauen, nes nicht: Der Fußball hat es noch Die Westler mit ihrer vornehmen Mann, der auf der Straße den Weg einschließlich die der amerikani­ nicht bis hierher geschafft! Ein Zurückhaltung benötigen dafür erklärt, bedankt man sich mit »Gra­ schen. Für alle Nichtkenner darf früherer Kölner Regierungspräsi­ anfangs eine gewisse Gewöhnungs­ cias hermano« (Danke Bruder); und ich hier jedoch eines verraten: Es ist dent hatte einmal die kubanische phase, und auch danach haben sie wenn man von einer Behördenda­ mühselig! Wollen Sie aber erleben, Fußball-Nationalmannschaft nach immer noch Berührungsängste. me etwas erreichen will, lässt man wie Kubaner über etwas für uns Deutschland geholt. Sie sind alle da­ Kubaner gehen direkter miteinan­ im Gespräch gelegentlich einfließen Westeuropäer völlig Unverständli­ geblieben. Wahrscheinlich bringen der um, auch forscher und viel, viel »Mi cielo« (Mein Himmelchen). ches in Ekstase geraten, sollten Sie sie immer noch den Deutschen die ungezwungener als wir Besucher. Kubaner sind in erster Linie liebens­ sich unbedingt ein Baseball-Spiel Baseball-Regeln bei. Herzlichkeit ist in Kuba nicht Theo­ wert!

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