Christen Und Christinnen Im Iran
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Christen und Christinnen im Iran Themenpapier Florian Lüthy 18 . Oktober 2005 Angaben zum Autor: Florian Lüthy ist Historiker mit dem Schwerpunkt Neuzeit. Er ist schon seit mehreren Jahren im Menschenrechtsbereich tätig und arbeitete bei verschi edenen s chweizerischen NGO. Von April bis September 2005 absolvierte Floria n Lüthy ein Berufspraktikum bei der Länderanal y- se der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH). Impressum HERAUSGEBERIN Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH Postfach 8154, 3001 Bern Tel. 031 / 370 75 75 Fax 031 / 370 75 00 E-Mail: INFO@ osar.ch Internet: www.osar.ch PC -Konto: 30 -1085 -7 AUTOR Florian Lüthy SPRACHVERSIONEN deutsch, französisch PREIS Fr. 2 0. -- inkl. 2,4 Prozent MWSt., zuzgl. Versan dkosten COPYRIGHT © 20 05 Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bern Kopieren und Abdruck unter Quellenangabe e rlaubt. Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................ ................................ ................................ ............. 4 1 Rec htliche Stellung von Nicht -Muslimen in Iran ................................ ........ 5 1.1 Bestimmungen gemäss Verfassung ................................ ...................... 5 1.2 Bestimmungen gemäss Strafgesetzbuch ................................ ............... 6 1.3 Bestimmungen gemäss Zivilgesetzbuch ................................ ................ 7 2 Angehörige traditioneller Kirchen ................................ .............................. 7 2.1 Armenische Christen ................................ ................................ ............ 8 2.2 Assyrische Christen ................................ ................................ ............. 9 2.3 Chaldäische Christen ................................ ................................ .......... 10 3 Angehörige neuerer kirchlicher Strömungen ................................ ............ 11 3.1 Protestanten ................................ ................................ ....................... 11 3.2 Evangelikale und Freikirchen ................................ ............................... 13 3.3 Zeugen Jehovas ................................ ................................ .................. 16 4 Konvertiten ................................ ................................ ................................ 16 5 Rechtsprechung ................................ ................................ ......................... 19 Einleitung Von den über 66 Millionen Einwohner Inne n der Islamischen Rep ublik Iran gehören etwa 300'000 Personen christlichen Konfessionen an. 1 Es handelt sich einerseits um An hängerInnen von seit mehreren Jahrhunderten im Ir an ansässigen traditionellen Kirchen wie der armenischen, der assyrischen und der chaldäischen Kirche und a n- dererseits um Mitglieder neuerer christlicher Bewegungen wie Protestanten, Evang e- likalen und freikirchlichen Gemeinden. In der iranischen Verfassung , die off iziell die Zwölferschia 2 als Staatsreligion festschreibt, werden einzelne religiöse Minderhe i- ten, so auch die Christen, offiziell vom Staat anerkannt. Eine Gruppenverfo lgung der christlichen Minderheit im Iran ist nicht festzustellen. Hingegen kan n eine Individua l- verfolgung der neueren christlichen Glaubensgruppi erungen beobachtet werden. Ein spezielles Gefährdungsprofil besteht für muslimische Iraner Innen , die zum Christe n- tum konvertiert sind. Konversionen erregen in der muslimisch -iranischen Öffe ntlic h- keit den Verdacht einer regimekritischen Ha ltung. Diese Gefahr erhöht sich, wenn Konvertit en zusätzlich Missionstätigkeiten, andere öffentliche Aktivit äten oder eine leitende Funktion in einer christlichen Ge meinde ausüben . Hinzu tritt die Mö glichkei t einer mittelbaren Verfolgung durch fanatische Muslime, da Konvertit en gemäss isl a- mischem Recht von allen Muslim en get ötet werden dürfen . Aufgrund sich häufender Asylgesuche von IranerInnen in der Schweiz, die ang eben, sich wegen ihrer Anhänger schaft zum Christentum im Iran bedroht respektive ve r- folgt zu fühlen , sowie einer nicht immer klaren Rechtsprechung oder widersprüchl i- cher Expertengutachten 3 hat sich die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) zur A b- fassung eines Themenpapiers zur Gefährdungslage von Christen und Christinnen im Iran entschi eden. Der Bericht basier t auf Auswertungen von aktuell en , öffentlich zugänglichen Que l- len, Menschenrechtsberichten, Internetrecherchen sowie Expertenau skünften. Es muss an dieser Stelle explizit darauf hingewiesen w erden, dass es trotz intensiver Bemühungen nicht gelang, Expertenauskünfte beziehungsweise -inter views von A n- hänger Inne n christlicher Gemeinschaften aus dem Iran selbst einzuholen. E -Mails, Faxe sowie Telefonanfragen blieben zumeist unbeantwortet. Gemäss A uskunft wes t- licher Expe rten sei dies darauf zurückzuführen, dass Anhänger Innen des christlichen Glaubens im Iran davor zurückschreckten, mit Menschenrechtsorganisationen oder auch Personen, die sie selbst nicht persönlich kennen, über ihre Situation zu spr e- chen. 4 Eine ähnl iche Zurückhaltung war auch bei westlichen Vertretern von im Iran aktiven christli chen Gruppierungen zu verspüren. Informationen bezüglich der Lage vor Ort konnten aufgrund befürchteter Gefährdungen ihrer A nhänger Innen im Iran nicht weiter gegeben werden. Schliesslich wurde der Verfasser des vorliegenden Themenpapiers im Rahmen der Expertenbefragungen mehrfach geb eten, bei der Nennung von Namen, Ortschaften und von im Iran aktiven christlichen Gruppieru n- gen wegen der fragilen Lage vor Ort be sondere Vorsicht walten zu la ssen. 1 U.S. Department of State, Iran: International R eligious Freedom Report 2004, S. 1. 2 Zwölferschia oder Imamiten : eine der Hauptrichtungen der Schiiten . 3 Heindel, Wolfgang, Iran: Zur Verfolgung bei Konversion und Missionierung, in: Der Einzelentsche i- derbrief 06/02, Deutsc hes Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, S. 1. 4 Interview Dr. Mina Nima, School of Oriental and African Studies Lo ndon, 24. August 2005. Iran – Christen und Christinnen im Iran – Oktober 2005 Seite 4 von 20 Folgenden Personen sei für die wertvollen Informationen und Gespräche wä hrend der Recherchen sehr herzlich gedankt: Prof. Dr. Martin Tamcke, Professor für Ök u- menische Theologie an der Theologischen Fakultät der Georg -Augu st -Universität Gö ttingen; Dr. Nima Mina, Dozent für Persisch an der School of Oriental and African Studies, London; Ann Harrison, Amnesty Inter national, London; Ruth Juettner, Am nesty International, Sektion Deutschland ; Pfarrer Martin Affolderbach, Ha mbur g, Dr. Roxane Haag -Higuchi vom Lehrstuhl für Iranistik der Universität Ba mberg sowie Dr. Uwe Brocks, Sachverständiger des Deutschen Orient -Institutes, Ha mburg. 1 Rechtliche Stellung von Nicht -Muslim Inn en in Iran Im Islam werden das Judentum, das Christentum und die Religion der Sabier als Buchreligionen angesehen, deren AnhängerInnen gemäss islamischer Theologie nach islamischem Recht (Scharia) mit eingeschränkten Rechten im Gegensatz zu Polytheisten (Verehrung einer Vielzahl von Gottheiten und Geistern) ged uldet we r- den. 5 Die rechtliche Stellung von Nicht -Muslim Inn en in der iranischen Gesellschaft ist in ve rschiedenen Bereichen der Gesetzgebung des Irans festgelegt worden. Diese rechtlichen Prinzipien kommen auch heute noch regelmässig zur Anwendung. Z u- ständi g für die Aktivitäten religiöser Minderheiten im Iran ist das Ministerium für I s- lamische Kultur und Führung sowie das Ministerium für Geheimdienst und Siche r- heit, welche zusammen kommunale, r eligiöse sowie kulturelle Anlässe von Nicht - Muslim Inn en im Iran s treng überwachen. 6 1.1 Bestimmungen gemäss Verfassung Artikel 12 der iranischen Verfassung bestimmt den Islam und spezifisch die schiit i- sche Glaubensschule der Zwölferschia als Staatsreligion. Artikel 13 b enennt die vom Staat anerkannten religiösen Min derheite n ( Zoroastrier, Juden und Christen ). Di ese drei Glaubensrichtungen geniessen innerhalb des gesetzl ichen Rahmens das Recht auf freie Ausübung ihrer religiösen Riten sowie Zeremonien und ihre Anhäng erInnen dürfen sich in persönlichen und glaubensspezifische n Belangen gemäss ihrer relig i- ösen Vo rschriften verhalten. Bei Verschwörung oder anderen Aktiv itäten gegen den Islam und die Islamische Republik Iran verlieren die Anhänger der religiösen Mi n- derheiten diese Rec hte. 7 Gemäss der Verfassung können ausschliess lich Muslime Ämter in der iran ischen Exekutive besetzen. Auch andere Posten in der Verwaltung, im Richte ramt sowie höhere Offiziersränge in der iranischen Armee bleiben Nichtmuslimen unzugän glich. 5 Gemäss islamischer Auffassung beruhen Buchreligionen auf ursprünglichen göttlichen Offenbaru n- gen (heiligen Büc hern: Thora, Psalmen, Evangelium u. a.), welche aber von ihren AnhängerInnen im Laufe der Zeit verfälscht worden seien. 6 U.S. Department of State, Iran: International R eligious Freedom Report 2004, S. 2. 7 Iran Constitution, Quelle: www.oefre.unibe.ch/l aw/icl/ir00000_.html , Artikel 14 (Zugriff: 20. Septe m- ber 2005). Iran – Christen und Christinnen im Iran – Oktober 2005 Seite 5 von 20 Vertreter anerkannter religiöser Minderheiten können nicht regulär ins Parlament gewählt werden, sondern haben nur die Möglichkeit, sich für einen der für sie rese r- vierten Sitze zu bewerben. 8 Ein Sitz ist für die Zoroastrier bestimmt, einer für j ü- dischstämmige Iraner, einer gemeinsam für assyrische und chaldäische Chri sten sowie ein Sitz für armenische Christen im Norden und einer für diejenigen im Süden des Landes. 9 Nicht -Muslime können auch nicht Mitglieder