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AOSTATAL UNTERWEGS Ski-ViertausenderSki-Viertausender im AostatalAostatal Frühjahrszeit ist Skihochtourenzeit. Wer in den Alpen ganz hoch hinaus will und zudem Genuss über die Schwierigkeit der Gipfel stellt, der findet auf den Auch wenn die Skihochtouren auf der Südseite des Monte Paradebergen zwischen Gran Paradiso Rosa gemeinhin als wenig schwierig gelten: Die Seraczone und Monte Rosa ein reichhaltiges unterhalb der Nordflanke der Parrotspitze signalisiert den Betätigungsfeld für Fell und Ski. Skibergsteigern, die Touren im Umkreis nicht zu unterschätzen. VON BERNHARD STÜCKLSCHWEIGER 34 35 AOSTATAL UNTERWEGS Bildliste oben: Das ai 1966: Der alte Postbus kommt zit- Zur optimalen Höhenanpassung besteigen Rifugio Vittorio Ema- ternd vor unserem Haus im hinteren wir tags darauf die 3609 Meter hohe La Tre- nuele (ganz links) wie MKleinsölktal zu stehen. Mit braunem senta, eine gemütliche Skitour mit knapp 900 das Rifugio Chabod Gesicht und strahlenden Augen, Norwegerpul- Höhenmetern. Ein einsamer schöner Gipfel, (Mitte) sind Stütz- lover und 32-fach verleimten Holzskiern steigt der neben dem Gran Paradiso ein Schattenda- punkte für die Tour mein Vater aus dem verstaubten Gefährt. End- sein führt. Der folgende Tag gehört aber ganz zum Gran Paradiso. lich ist er wieder zu Hause. Er kommt vom dem Gran Paradiso. Zweifellos ein erster Hö- Nach dem Aufstieg Aostatal. Während ich aufmerksam seinen Er- hepunkt in dieser Woche. Die ersten Stunden über weite Gletscher- zählungen zuhöre, von den 4000 Meter hohen ab dem Rifugio Emanuele sind meist in dem flächen rückt der fels- Bergen, den Steinböcken, Gämsen und Berg- nach Westen ausgerichteten Gletschertal bitter- durchsetzte Gipfel- bauern, die noch steilere Wiesen bewirtschaften kalt, aber dafür gewinnen wir über die ideal bereich näher (l.) und als wir in unserem Tal, keimt der Wunsch, auch geneigten und breiten Hänge recht flott an bald darauf steht man einmal dort in den Tälern und auf den Bergen Höhe. Auf 3800 Metern gibt das Gelände das neben der Gipfel- unterwegs zu sein. erste Mal den Blick frei auf die Aufstiegsroute, madonna (r.). Die Ab- 35 Jahre später: Inzwischen kenne ich die die vom Rifugio Chabod heraufzieht – eine Fotos: Bernhard Stücklschweiger (links, 2), Georg Hohenester (rechts, 3) (links, 2), (rechts, Hohenester Georg Stücklschweiger Bernhard Fotos: fahrt bringt Skigenuss großartigen Skitouren zwischen Paradiso und interessante Alternative zu unserem Aufstieg auf ideal geneigten Monte Rosa schon von mehreren Führungswo- auf den Gran Paradiso. Allerdings ist diese Hängen (ganz rechts). chen, die ich für den DAV Summit Club leite... Route durch ihre Spalten- und Eisschlaggefahr Gut akklimatisiert doch um einiges anspruchsvoller. Über einen geht es anschließend Zur Madonna auf dem Gran Paradiso meist abgeblasenen Gletscherrücken zieht un- auf die Monte-Rosa- Diese klassische Skitourenwoche mit mehreren sere Spur weiter bis zum Skidepot, etwa 30 Südseite, wo man die Viertausendern ist technisch nicht besonders Meter unter dem Gipfel. Für den weiteren Auf- Aussicht vom Lysjoch schwierig, allerdings ist eine solide Skitechnik stieg ist Seilsicherung empfehlenswert, da der auf Dufour- und und eine gute Kondition obligatorisch. Beson- anfänglich breite Felsgrat immer exponierter Zumsteinspitze genie- dere Kenntnisse in Bezug wird und kurz vor dem ßen kann (großes auf alpine Gefahren (La- Gipfel noch eine Kletter- Bild). winen, Spalten, Orientie- Kurz vor der Madonna stelle mit Schwierigkeits- rung und Höhenanpas- grad II aufweist. Nach et- sung) sind Voraussetzung, am Gipfel wartet wa vier Stunden Gehzeit vor allem, wenn man ohne Schwierigkeitsgrad II erreichen wir bei bestem Bergführer unterwegs ist. Wetter den bekannten, „Nicht zu schnell“ rate 4061 Meter hohen Gipfel ich meinen Gästen, während wir von Pont, der mit der Madonnenstatue. Die Sicht ist über- letzten Ortschaft im Val Savarenche, durch den wältigend und reicht vom Wallis über den steilen schütteren Lärchenwald zum Rifugio Montblanc und die Dauphinè bis zum Monviso. Vittorio Emanuele aufsteigen. Hier gilt es, die Man möchte bleiben. Aber eine Lücke im regen erste Übermotivation ein bisschen zu zügeln, be- „Besucherstrom“ am Gipfelgrat lässt uns takti- vor man völlig verschwitzt die Hütte erreicht. scherweise wieder mit dem Abstieg beginnen. Der Westhang ist oft im Frühjahr schon schnee- Die Abfahrt vom Gran Paradiso ist wahr- frei, so dass die Ski bereits vom Parkplatz weg scheinlich die beste weit und breit. Immer di- Foto: Rudi Lindner Foto: getragen werden müssen. rekt hinunter wird sie für uns zum weißen 36 DAV Panorama 2/2003 37 AOSTATAL UNTERWEGS Rausch. Im Frühjahr gibt es oft einen direkten die Gnifettihütte schon ein bisschen ans Herz Übergang zwischen Pulver- und Firnschnee. gewachsen. Mit einem herzlichen „Salve“ be- Für die Abfahrt von der Hütte ins Tal gibt es grüßt uns der fesche Hüttenwirt – wie meine zwei Möglichkeiten: Die kürzere folgt dem weiblichen Gäste sofort feststellen. Wir finden Hüttenaufstiegsweg, solange der Schnee reicht. das Hüttenpersonal sehr sympathisch und gut Die längere führt in etwa einer Stunde Aufstieg organisiert, am besten jedoch den guten Sound, bis zum Beginn des Westgrats des Ciaforon und der aus der Küche kommt: The Doors, Bob Dy- von dort querend in das hintere Vallone di Sei- lan und Konsorten. Im Ofen knackt das Feuer, va und durch das Tal nach Pont zurück. draußen ist es bereits dunkel geworden und es schneit noch immer heftig. Weiter zum Monte Rosa Am nächsten Morgen sind die Fenster dicht Während auf den umliegenden Wiesen schon vereist, nur an den Scheibenrändern kann man Fotos: Rudi Lindner 3), (links, (Mitte) Hohenester Georg Fotos: zartes Grün zwischen den Schneeresten zu er- den blauen Himmel mehr erahnen als erken- kennen ist, verstauen wir Rucksack und Ski in nen. Die Morgentoilette – italienische „Kondi- unseren Autos. Der Wechsel nach Alagna auf tionsklos“ lassen grüßen – bietet durch das of- die Monte-Rosa-Südseite steht an. Überall im fene Fenster einen unbeschreiblichen Blick auf Tal äsen Steinböcke oder Gämsen. die wilde Gletscherlandschaft mit vielen riesi- In Alagna angekommen gilt unsere Auf- gen Spalten bis direkt zur Hütte. Dahinter er- merksamkeit vorerst der mächtigen Südostflan- heben sich Lyskamm und Castor. Bedingt durch die Geruchsbelästigung der Trockenklo- anlage (hier heroben gibt es im Winter keinen Tropfen fließendes Wasser) stelle ich weitere Betrachtungen ein. Das schöne Wetter beflügelt unseren Aufbruch. Auf Gipfelsammeltour Foto: Bernhard Stücklschweiger Bernhard Foto: Bei der geringen Schneelage ist die Spalten- sturzgefahr enorm und wir starten direkt von der Hütte mit Seil. Heute wollen wir gleich mehrere Gipfel über 4000 Meter besteigen, die eigentlich keine eigenständigen Berge sind, son- ke des Monte-Rosa-Massivs. Bequem erreichen dern eher einzelne Erhebungen im grandiosen Die Seilbahn bringt wir mit der Seilbahn die Punta Indren auf 3260 Monte-Rosa-Massiv. Spätestens am Gipfelhang Tourengeher von Metern Höhe. Mittlerweile ist Nebel aufge- der Vincentpyramide bemerken wir die Vortei- Alagna auf die Punta kommen und es beginnt heftig zu schneien. Spä- le unserer kontinuierlich aufgebauten Höhen- Indren (kl. Bild, testens jetzt erweisen sich meine Gebietskennt- anpassung. Zügig und ohne Probleme wie Mitte); von dort ist nisse als vorteilhaft. Trotzdem ist es beruhigend, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Leistungsabfall das Rifugio Mantova das GPS im Rucksack zu erreichen wir in knapp schnell erreicht (kl. wissen. Vorbei am Rifugio zwei Stunden den 4215 Bild, l. u. o.). Knappe Mantova ist meine Gruppe Aus der Küche klingt Meter hohen Gipfel. 200 Höhenmeter wei- erleichtert, als nach einer Meine Gruppe ist begeis- ter liegt das Rifugio weiteren Stunde das Rifu- der Sound von Bob tert. „Vor einer Woche Gnifetti. Von dort bie- gio Gnifetti im dichten Dylan und Konsorten war ich noch auf einem tet sich die Tour zur Schneetreiben auftaucht. Geschäftstermin in Lon- Vincentpyramide an Auf einer Höhe von 3611 don“ erzählt mir ein (u.). Konditionsstarke Metern, mitten im Gletscher gelegen, wird die- Gast „und jetzt hier heroben. Über den Wol- Skibergsteiger steigen se originelle Hütte wegen ihrer chronischen ken...“. Es ist kalt. Nach einer kurzen Abfahrt zum Grenzgletscher Überfüllung im Sommer oft geschmäht. Zur steigen wir etwa 100 Höhenmeter zum 4167 hinauf, um sich an Skitourensaison finden sich hier, abgesehen von Meter hohen Balmenhorn auf, einer kleinen den Viertausendern den Feiertagen, oft nur ein paar handverlesene Felsinsel im Gletscher mit einer riesigen Jesus- des Monte Rosa zu Alpinisten ein. Es verwundert zwar nicht, dass statue am Gipfel. Knapp darunter das Balmen- versuchen (kl. Bild, r.). die Mehrzahl der Skialpinisten im Winter die hornbiwak, ideal für Essen und Trinken. Die besser ausgebaute Mantovahütte bevorzugt. Pause hat uns allen gut getan und so setzen wir Mir allerdings ist während meiner Aufenthalte unseren Aufstieg fort. Vorsichtig überqueren 38 DAV Panorama 2/2003 39 AOSTATAL UNTERWEGS wir die Spaltenzone, die unmittelbar hinter dem Balmenhorn unseren Weiterweg beein- :info: Skiviertausender trächtigt. Die Schneeoberfläche ist derart hart und glasig, dass wir froh über unsere Harsch- eisen sind. Obwohl das Gelände hier absolut Zwischen Gran Paradiso und Monte Rosa erstrecken sich zum Rifugio Mantova (3440m) und weiter über den Garstelet nicht steil ist, erleichtern sie doch das Vor- mehrere leichte Skitouren in hochalpinem, vergletschertem Gletscher zum Rif. Gnifetti (3611 m). 350 Höhenmeter, 1,5-2