Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft Wissenschaftliche Berichte FZKA 6774

Optimierung von Mikro- systemen für Diagnose- und Überwachungsanwendungen (Abschlussseminar des BMBF-Verbundprojektes OMID) Karlsruhe, 25. und 26. November 2002

H. Eggert, A. Reiffer (Hrsg.) Institut für Angewandte Informatik

November 2002

Forschungszentrum Karlsruhe

in der Helmholtz-Gemeinschaft

Wissenschaftliche Berichte

FZKA 6774

Optimierung von Mikrosystemen für Diagnose- und Überwachungsanwendungen

(Abschlußseminar des BMBF-Verbundprojektes OMID)

Karlsruhe, 25. und 26. November 2002

H. Eggert, A. Reiffer*) (Herausgeber)

Institut für Angewandte Informatik

*) InterConnect Software GmbH Am Fächerbad 3 67131 Karlsruhe

Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, Karlsruhe 2002

Für diesen Bericht behalten wir uns alle Rechte vor Forschungszentrum Karlsruhe GmbH Postfach 3640, 76021 Karlsruhe Mitglied der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) ISSN 0947-8620 Optimierung von Mikrosystemen für Diagnose- und Überwachungsanwendungen (Abschlußseminar des BMBF-Verbundprojektes OMID)

Zusammenfassung

Im BMBF-Verbundprojekt OMID (Optimierung von MIkrosystemen für Diagnose- und Über- wachungsanwendungen) wurden Methoden und Werkzeuge zur automatisierten Designoptimie- rung entwickelt und an fünf innovativen vorwettbewerblichen Entwicklungen aus der Mikrosys- temtechnik erfolgreich erprobt. Modellbildung, Simulation und Optimierung lieferten qualitativ verläßliche Designs und diese ermöglichten wiederum eine gezielte Herstellung von Labormustern (Prototypen). Die meßtech- nische Erfassung von Funktionsverläufen der Labormuster führte zur Vergleichsmöglichkeit mit den vorher berechneten Funktionen. Diese Doppelstrategie ermöglichte über die gesamte Pro- jektlaufzeit hinweg eine iterierende Werkzeug- und Prototypenevaluierung. Zusätzlich wurden die entwickelten Optimierungswerkzeuge zusammen mit kommerziellen Si- mulatoren an geeignete Internetmechanismen adaptiert, so daß heute eine räumlich verteilte Si- mulation und Optimierung von Mikrosystementwürfen möglich ist. In OMID wurde erstmalig dieser gesamtheitliche Ansatz zur Entwurfsmethodik in der Mikrosys- temtechnik als Projektziel definiert und auch erfolgreich umgesetzt. Optimization of Microsystems for Diagnosis and Monitoring Applications (Final Seminar of the OMID Joint Project Funded by the BMBF)

Abstract

Within the framework of the OMID (Optimization of MIcrosystems for Diagnosis and Monitoring Applications) joint project funded by the BMBF, methods and tools for automatic design optimization were developed and tested successfully on five innovative pre- competitive developments in microsystems engineering. Modelling, simulation, and optimization yielded qualitatively reliable designs that allowed for a specific manufacture of laboratory models (prototypes). Based on the functional patterns measured, comparison with the pre-calculated functions was possible. This double strategy provided for an iterative tool and prototype evaluation over the entire project duration. In addition, the optimization tools developed were adapted to suitable internet mechanisms together with commercial simulators. Today, a spatially distributed simulation and optimization of microsystems designs can be carried out. In OMID, this holistic approach to designing in microsystems engineering was defined as a project objective and implemented successfully for the first time. Inhaltsverzeichnis

Übersicht OMID – Werkzeug- und Prototypenentwicklung in der Mikrosystemtechnik H. Eggert, Forschungszentrum Karlsruhe...... 1

Methoden und Werkzeuge I Simplorer als Remote-Simulator L. Zacharias, Ansoft GmbH...... 8

Internetbasierte Designoptimierung mit HyGLEAM W. Jakob, Forschungszentrum Karlsruhe...... 14

Modellbasierte Designoptimierung von Mikrosystemen mit MODOS D. Peters, H. Bolte, O. Nüssen, R. Laur, Universität Bremen...... 28

Anwendungen I Betrachtung des Flüssigkeitsverhaltens in medizinischen Teststreifen aus Kunststoff C. Schön, STEAG microParts...... 39

Modellbasierte Optimierung medizinischer Teststreifen aus Kunststoff O. Nüssen, Universität Bremen S. Halstenberg, Forschungszentrum Karlsruhe...... 45

Die Aktorplatte – ein universeller fluidischer Mikroaktor I. Tahhan, Bartels Mikrotechnik GmbH...... 57

Modellierung und Optimierung der Aktorplatte A. Quinte, Forschungszentrum Karlsruhe...... 66 Anwendungen II Eine Lasersteuerung für optische Meßgeräte G. Gärtner, VacuTec Meßtechnik GmbH...... 78

Modellierung, Simulation und Optimierung einer Lasersteuerung P. Schwarz, Fraunhofer Gesellschaft IIS...... 86

IR-Gassensor für Überwachungsaufgaben in Umwelt- und Gebäudetechnik K.-H. Suphan, Micro-Hybrid Electronic GmbH...... 95

Modellbasierte Optimierung eines IR-Gassensors I. Sieber, Forschungszentrum Karlsruhe O. Nüssen, Universität Bremen...... 101

Ein hochauflösendes radiometrisches Meßsystem zur Qualitätskontrolle schnell laufender Materialbahnen D. Richter, G. Gärtner, VacuTec Meßtechnik GmbH...... 111

Entwurfsunterstützung für ein radiometrisches Meßsystem – Ein physikalisches Modell der Ladungsträgergeneration H. Bolte, Universität Bremen...... 118

Entwurfsunterstützung für ein radiometrisches Meßsystem – Kammerelektronik und Gesamtsystemmodell E. Huck, Fraunhofer Gesellschaft IIS...... 127

Methoden und Werkzeuge II MOSCITO – Ein modulares internetbasiertes Programmsystem für die Optimierung von Mikrosystemen A. Schneider, Fraunhofer Gesellschaft IIS...... 140

ORBIT – Internetbasierte Plattform für Remote-Anwendungen A. Reiffer, InterConnect Software GmbH...... 152 BMBF-Verbundprojekt OMID - 1 -

OMID – WERKZEUG- UND PROTOTYPENENTWICKLUNG IN DER MIKROSYSTEMTECHNIK H. Eggert, Forschungszentrum Karlsruhe, Institut für Angewandte Informatik [email protected]

Kurzfassung 1 Einleitung Das vom BMBF geförderte Verbundprojekt OMID (Optimierung von MIkrosystemen für Der Entwurf von Mikrosystemen war zu- Diagnose- und Überwachungsanwendungen) nächst durch Intuition, Erfahrung der Desig- verfolgte das Ziel, in der Mikrosystemtechnik ner sowie langwierige und kostenintensive einen Durchbruch im Rahmen des System- Experimente mit Testaufbauten gekennzeich- entwurfs zu erlangen. Während in vergange- net. Dieser Aufwand sollte - vor allem aus nen Projekten -durchaus erfolgreich- entweder Gründen des internationalen Wettbewerbs - einzelne Mikrosysteme bzw. Entwurfsmetho- durch verstärkten Rechnereinsatz reduziert den und -werkzeuge entwickelt wurden, ver- werden. In BMBF-Projekten wie z. B. folgte OMID einen ganzheitlichen Ansatz zur METEOR [1], MIMOSYS [2] und DEMIS Entwurfsmethodik von Mikrosystemen. [3] wurden Schritte in diese Richtung getan, Ganzheitlich bedeutet: diese Vorarbeiten und Ergebnisse ließen sich • daher in OMID nutzen. Die im Projekt zu Bereitstellung von vorhanden Modellie- entwicklenden Mikrosysteme führten einer- rungs- und Simulationswerkzeugen. seits zu Geräten mit deutlich erhöhtem • Entwicklung und Bereitstellung von Op- Gebrauchswert - und damit erhöhten Absatz- timierungsmethoden und -werkzeugen. chancen -, sind andererseits aber sehr kom- • plexe Komponenten, zu deren Entwicklung Zugang zu den Werkzeugen über das In- ein erhöhter wissenschaftlich/technischer ternet. Aufwand getrieben werden mußte. Die Be- • Entwicklung von Simulationsmodellen sonderheiten sind: und deren Optimierung für exemplarische • Die in der Mikrosystemtechnik typischen Anwendungen aus unterschiedlichen Do- hohen Querempfindlichkeiten, die im mänen der Mikrosystemtechnik. Systementwurf nur durch domänenüber- • Bereitstellung dieser Simulationsmodelle greifende Modelle auf höheren Abstrakti- im Internet. onsebenen beherrschbar werden; dafür ist jedoch der Modellierungsaufwand hoch. • Fertigung von Labormustern der exempla- rischen Anwendungen. • Ein extrem großer Lösungsraum bereits • bei wenigen zu optimierenden Systempa- Meßtechnische Erfassung des Funktions- rametern, so daß Variantenuntersuchun- verhaltens der Labormuster. gen von Hand nicht mehr durchführbar • Evaluierung der optimierten Simulations- sind (weder durch Simulation noch gar modelle. durch experimentelle Aufbauten). Alle Ziele wurden ohne Einschränkung er- • Der Einsatz mehrerer hochspezialisierter reicht. Das wurde insbesondere durch Nut- Tools (Simulatoren, Optimierungspro- zung der Ergebnisse früherer Verbundprojekte gramme, ...), deren Anschaffung für klei- möglich. ne Firmen viel zu teuer ist und die dar- über hinaus spezifisches Know-How ver- langen, das in KMU´s häufig nicht vor- handen ist. BMBF-Verbundprojekt OMID - 2 -

Die Lösung dieser Aufgaben sollten mit dem • Die Komplexität beim Mikrosystement- folgenden allgemeinen Lösungsweg erreicht wurf (Modellbildung, Simulation, Opti- werden: mierung, Evaluierung) erfordert eine be- • Die Herstellerfirmen liefern die Require- sonders enge Zusammenarbeit mehrerer ments für die neuen Mikrosysteme. Bearbeiter in Unternehmen und For- schungseinrichtungen. • Die Forschungspartner unterstützten die • Firmen bei der Modellbildung, Simulation Zu erwartende Probleme bei der rechner- und Optimierung. gestützten Optimierung bezüglich • Die Modelle mussten von den Hersteller- - Konvergenzsicherheit (Maß für die firmen an den Labormustern meßtech- Wahrscheinlichkeit, eine genügend nisch evaluiert werden. gute Lösung zu finden), • Die Modelle der Mikrosysteme wurden - Konvergenzgeschwindigkeit (die be- mit entsprechenden Verfahren optimiert. nötigte Zeit zur Lösung einer Optimie- rungsaufgabe), • Die Bereitstellung und Weiterentwicklung - Randbedingungen (Bedingungen, die von Werkzeugen erfolgte durch die Soft- das Verfahren an die Optimierungs- ware-Entwicklungsfirmen und For- aufgabe stellt). schungseinrichtungen. Die Vermarktung von Software-Ergebnissen wird durch die Daraus leiteten sich die allgemeinen wissen- Software-Entwicklungsfirmen übernom- schaftlich/technischen Zielstellungen für men. OMID ab: • Das Zusammenwirken der Partner wird • Effektive Entwicklung neuer Mikrosyste- inhaltlich und organisatorisch durch die me durch Einsatz von Simulatoren und verteilte Simulation im Internet realisiert. Optimierungswerkzeugen. Dieser Arbeitsablauf innerhalb des Projektes • Modellbildung der Mikrosysteme (unter wird in Abbildung 1 zusammenfassend be- Verwendung vorhandener Bibliotheken); schrieben: dazu gehören FEM-Modelle sowie Netz- werk- und Verhaltensmodelle auf den hö- heren Abstraktionsebenen. • Messtechnische Evaluierung der Modelle anhand von Labormustern und mittels spezieller Testaufbauten. • Entwicklung der Software-Infrastruktur, mit der alle Partner auf die bei den For- schungseinrichtungen vorhandenen und weiterzuentwickelnden Werkzeuge zu- rückgreifen können (Internet-basierte Ar- beitsweise). • Insbesondere dieser letzte Aspekt, der mit modernster Software unterstützte Dienst- Abbildung 1: Arbeitsablauf in leistungscharakter einiger Aufgaben der- OMID Forschungspartner, war ein wichtiges An- liegen von OMID. Es sollten prototypisch die Hilfsmittel dafür bereitgestellt und die erfolgreiche Arbeit bei der Entwicklung innovativer Mikrosysteme demonstriert werden. BMBF-Verbundprojekt OMID - 3 -

Das Projektkonsortium bestand aus 6 Indust- Muskelverspannung im Brustkorbbereich riepartnern (KMU´s), einer Universität und handelt. zwei Forschungseinrichtungen. Bei der Untersuchung von Proben mit sol- chen Schnelltests wird die Probenflüssigkeit zu einer Reaktionszone transportiert, wo eine chemische Substanz, welche die Infarktmar- ker enthält, deponiert wurde. Diese Substanz muß für eine bestimmte Reaktionszeit mit der Flüssigkeit in Kontakt kommen. Nur durch die genaue Einhaltung der Reaktionszeit kann auch eine genaue quantitative Aussage über das Vorhandensein der zu testenden Be- standteile der Flüssigkeiten gemacht werden. Heute beruht der Transport der Körperflüs- sigkeit zur Reaktionszone meist auf der Ka- pillarwirkung verschiedener Gewebe (z. B. Vliese) und/oder der Filterwirkung von Membranen. Deren Nachteil ist jedoch, daß die Porengrößen und damit die Kapillarwir- Abbildung 2: Organisations- kungen statistisch verteilt sind. Somit kann struktur von OMID der Test nur eine qualitative Aussage liefern. Andere Verfahren zur Erzeugung von defi- nierten Poren sind sehr teuer (z. B. Kern- 2 Anwendungen Spur-Verfahren). In diesem Kapitel wird kurz der Stand der Hier besitzt die Mikrostrukturtechnik einen Wissenschaft und Technik der einzelnen entscheidenden Vorteil, denn mit Hilfe der Anwendungen beschrieben. Ausführliche Mikrostrukturtechnik ist es möglich, Mikro- Beschreibungen befinden sich in den kanäle mit genau definierten Kapillaritäten zu Einzelbeiträgen “Anwendungen”. erzeugen. Die Abmessungen dieser Kanäle sind in weiten Grenzen einstellbar (Breite, 2.1 Medizinische Teststreifen Länge, Tiefe von wenigen Mikrometern bis zu einigen Zentimetern). Damit wird eine Mit medizinischen Teststreifen, auch medizi- Flexibilität erreicht, die es möglich macht, die nische Schnelltests genannt, können Körper- mikrostrukturierten Teile in vielen verschie- flüssigkeiten einfach und ohne großen Labor- denen Fällen einzusetzen. aufwand auf das Vorhandensein von be- stimmten Komponenten untersucht werden. Das können z. B. Proteine, Viren oder in Fol- ge einer Immunreaktion gebildete Antikörper sein. Häufig müssen die getesteten Inhaltsstof- fe der Flüssigkeit mit sogenannten Markern noch sichtbar gemacht werden. Ein praktisches Beispiel ist die Frühdiagnose und Diagnose von Herzinfarkten. Dabei gibt es verschiedene sogenannte Infarktmarker, die teilweise die dem eigentlichen Herzinfarkt vorausgehenden kleineren Infarkte belegen können, als auch Klarheit darüber schaffen Abbildung 3: Mikrostrukturen können, ob es sich tatsächlich um einen für Medizinische Teststreifen Herzinfarkt oder nur um eine zeitweilige BMBF-Verbundprojekt OMID - 4 -

Zusätzlich kann durch das Einbringen von der Prototypenphase, Prägetechnik in der Mikrostrukturen (z. B. einige tausend Säulen Serienproduktion) vergleichsweise gerin- mit Durchmessern von 10 µm bis 500 µm) ge Kosten verursachen. auch das Geschwindigkeitsprofil der Flüssig- • Er ist deutlich robuster, weil die Materia- keit im Kanal eingestellt werden, um eine ge- lien nicht brüchig und chemisch resistent naue Einhaltung der günstigsten Reaktions- sind. zeiten gewährleisten zu können. • Er ist stärker, weil die krafterzeugende Quelle sich nicht mehr direkt am Ort des 2.2 Aktorplatte Geschehens, sondern entfernt vom Wir- In der Mikrotechnik werden Aktoren seit län- kungsort befindet. So kann auf gerer Zeit durch verschiedenste Verfahren „makroskopische“ Kraftquellen (Pumpen) realisiert. ausgewichen werden, wenn dies nötig ist. Andernfalls hält der Baukasten der Mik- So sind schon vor mehr als 10 Jahren Aktoren rotechnik auch eine Mikropumpe bereit, auf Siliziumtechnik entworfen und gebaut welche direkt in die Mikrosysteme integ- worden, die sowohl rotatorische als auch riert werden kann. translatorisch mechanische Energie zur Ver- fügung stellen. Ein Hauptnachteil dieser Akto- • Er ist flexibel, weil die Aktorplatte allei- ren ist prinzipbedingt (durch die erreichbaren ne, in einer Linie oder auf einer Fläche Größenordnungen als auch die eingesetzten angeordnet sein kann, und mit denselben Materialien und Prozesse), daß sie Fertigungsschritten unterschiedliche Mik- rosysteme realisiert werden können • eine äußerst geringe Arbeit je Hub bzw. (Braillezeile, Relais, ...). Insbesondere die Umdrehung zur Verfügung stellen können, Kombinierbarkeit des Aktors mit anderen, • nur eine begrenzte Lebensdauer besitzen fluidischen Bauelementen, die praktisch und im gleichen Arbeitsgang hergestellt wer- den, sei hier hervorgehoben. • mit sehr wenigen Ausnahmen nie in ein echtes Industrieprodukt überführt worden sind. Eine interessante Entwicklung neuerer Zeit besteht darin, bekannte Prinzipien aus der „Makrowelt“ in kleinste Dimensionen zu ü- berführen, wobei es der traditionellen Fein- werktechnik gelang, in neue Dimensionen vorzustoßen, wodurch die Kluft zwischen Abbildung 4: Miniaturisiertes Mikroaktoren auf Siliziumbasis und traditio- Braille-Display mit Aktorplatten nell hergestellten deutlich schrumpfte. Elekt- romotoren mit weniger als 2 mm Durchmesser oder 1 mm Höhe befinden sich bereits im Kleinserienstadium. Hauptnachteile der direkt 2.3 Thermopile-Zeilen-Sensor vor oder bereits in der Markteinführung be- zur Gasanalyse findlichen Aktoren sind vor allem der hohe Preis und die für den industriellen Einsatz Thermopile-Einzelsensoren, kurz Thermopi- noch oft ungenügende Robustheit. les, sind Infrarot-Strahlungssensoren die sich gegenüber anderen Infrarotsensoren dadurch Der in OMID entwickelte fluidische Aktor auszeichnen, daß sie statische Signale verar- besitzt jedoch entscheidende Vorteile: beiten können, ihre Empfindlichkeit nahezu • Er ist sehr preisgünstig, weil zum einen konstant im Spektralbereich von ultraviolet- die Materialien (Kunststoffe), aber auch tem bis infrarotem Licht ist, und ihre Funkti- die Fertigungsverfahren (Lasertechnik in on ohne zusätzliche Versorgungsspannung BMBF-Verbundprojekt OMID - 5 - und zusätzliche Kühlung gewährleistet ist. absorption im Infrarotbereich besitzen müs- Das Ausgangssignal eines Thermopiles ist frei sen, um die Abmessungen der Meßzellen von Stromrauschen und proportional zur beherrschbar zu halten. Die Erweiterung der Temperaturdifferenz zwischen aktivem Ele- Anwendungen wird in der Realisierung von ment und Referenzelement. Thermopiles wer- Meßzellen gesehen, die den Beschränkungen den vorrangig in Pyrometern und in der Infra- des rein linearen Strahlungsverlaufes nicht rotspektroskopie eingesetzt. unterliegen. In Abhängigkeit vom zu detektierenden liegt die Ausgangsspannung des Sensors ohne 2.4 Ionisationskammer zusätzliche Signalaufbereitung im Bereich von einigen µV bis zu einigen mV. Durch Herme- Detektoren für ionisierende Strahlung können tisierung der Sensorchips können Zuverläs- in vielfältigen Gebieten eingesetzt werden. sigkeit und Langzeitstabilität gesichert wer- Große Anwendungsbereiche liegen im den. Mit einer geeigneten Wahl des Füllmedi- Strahlenschutz, in der Gammaspektroskopie, ums des hermetischen Gehäuses können die in industriellen Anwendungen sowie in der anwendungsrelevanten Eigenschaften des Materialanalyse durch Röntgenfluoreszenz- Sensors wie Empfindlichkeit und Zeitkon- verfahren. stanten weitgehend angepaßt werden. In der Industrie werden Ionisationskammern für die Bestimmung unterschiedlicher Pro- zessparameter während der Produktion ver- wendet. So wird zum Beispiel die Material- stärke von Papier-, Kunststoff-, Textil- oder Metallbahnen mit diesen Kammern bei Ver- wendung von β- oder γ-Strahlern geeigneter Energie festgestellt. Ein neuer Ionisationskammertyp kann zur Detektion von Materialkanten im Produkti- onsprozess herangezogen werden. Da die Lage der Materialkante so genau wie möglich festgestellt werden soll, werden umfangreiche Optimierungen und Berechnungen am ge- samten System notwendig. Das System besteht aus einem γ-Strahler und einem ortsempfindlichen Detektor. Absor- γ Abbildung 5: Schematische Dar- bierte -Quanten erzeugen im Detektor Elekt- stellung der Gasanalyse ronen-Ionenpaare, die durch Strommessung nachgewiesen werden. Unter der Annahme, daß die Anzahl der erzeugten Elektronen pro Thermopilezeilen mit 32 Pixel werden derzeit absorbiertem Quant im gesamten, aktiven nur von einem amerikanischen Wettbewerber Kammervolumen konstant ist, kann durch serienmäßig angeboten, allerdings ohne Aus- Strommessung auf die Materialstärke zurück- werteelektronik. geschlossen werden. Die Ortsempfindlichkeit Im Bereich der Gasspektroskopie sind derzeit wird durch Aneinanderreihen mehrerer unab- Meßsysteme mit linearem Strahlungsverlauf hängiger Kammerzellen erreicht („Mehrfach- zwischen Infrarotquelle und Infrarotdetektor kammer“). Die Materialbahn deckt teilweise die auf dem Markt dominierende Lösung. den Strahlengang zwischen Strahler und De- Dieser lineare Strahlungsverlauf stellt die we- tektor ab, so daß die Gammaintensität unter- sentliche Begrenzung für die Anwendung der halb der Bahn in bestimmten Detektorberei- Infrarotsensoren in der Gassensorik dar, da die chen geschwächt ist, und damit in einzelnen nachzuweisenden Gase eine gewisse Mindest- Kammerzellen geringere Ströme erzeugt BMBF-Verbundprojekt OMID - 6 - werden. Typische Ströme liegen im Bereich wesentlichen Merkmale der verwendeten von 10-12 A bis 10-8 A. Um eine möglichst Methoden und Verfahren beschrieben. schnelle und gute Darstellung der Material- Ausführliche Beschreibungen, insbesondere kante zu erreichen, muß die Kurvenform, die auch die der verwendeten Werkzeuge, sich aus dem Verlauf der Stromsignale als befinden sich in den Einzelbeiträgen Funktion der Kammerzellen ergibt, optimiert “Methoden und Werkzeuge”. werden (maximaler Anstieg im Bereich der Materialkante, möglichst große Ströme). 3.1 Finite Elemente Methode (FEM) Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ist ein numerisches Berechnungsverfahren, das zur Lösung von verschiedenen physikalischen Feldproblemen, bei denen das Verhalten von Kontinua durch partielle, orts- und zeitabhän- gige Differentialgleichungen beschrieben werden kann. Dazu gehören Problemstellungen aus den Bereichen der Strukturdynamik, der Strö- mungsmechanik, der Elektromagnetik und Abbildung 6: Funktionsprinzip der Wärmeübertragung. Ferner lassen sich der Ionisationskammer auch einige gekoppelt auftretende Feldprob- leme wie z. B. thermoelastische oder piezo- elektrische Wechselwirkungen behandeln. Weltweit gibt es maximal 25 Hersteller von Mit der FE-Methode ist also eine physiknahe industriell genutzten Metall- Behandlung von Problemstellungen möglich. Ionisationskammern. Diese gehen in Meß- systeme ein, die von etwa 12 ... 15 Systemher- Neueste Entwicklungen in OMID lassen be- stellern zusammengestellt und vertrieben wer- reits auf der FEM-Ebene eine Modelloptimie- den, wobei die Metall-Ionisationskammern als rung zu. Allerdings ist hierzu eine aufwendi- wichtiges Kernstück der Meßeinrichtung an- ge Rechnerinfrastruktur aus Workstations zusehen ist. sowie eine flexible Jobverteilungssoftware- notwendig, da nur durch Parallelisierung der 2.5 Lasersteuerung FEM-Modelle und der Optimierungssoftware Nach Projektbeginn wurde zusätzlich eine vertretbare Rechenzeiten im Minutenbereich weitere Modellierungs- und Simulationsauf- erreichbar sind. gabe (Lasersteuerung) definiert, welche eine optimale Auslegung eines Messgerätes zur 3.2 Makro- und optischen Messung von Oberflächenqualität und Dichte von Stoff- und Papierbahnen zum Verhaltensmodelle Ziel hatte. Das Messsystem besteht aus Sender Charakteristisch für technische Systeme bzw. (Laserstrahlenquelle) und Empfänger (Photo- Teilsysteme ist das Auftreten von Effekten dioden). Durch die Eigenschaften des zu un- unterschiedlicher physikalischer Domänen tersuchenden Materials in der Messstrecke (z.B. Mechanik, Fluiddynamik, Thermody- wird die Transmission bzw. Reflektion des namik), die untereinander in Wechselwirkung Laserlichts beeinflusst, was Rückschlüsse auf sein können. Bei einer Modellierung auf phy- die Materialqualität zulässt. sikalischer Ebene (FEM-Modelle) können oftmals die Wechselwirkungen nicht adäquat berücksichtigt werden oder es entstehen sehr 3 Methoden große Modelle, die mit nicht mehr vertretbar In diesem Kapitel werden nur die hohen Rechenzeiten verbunden sind. BMBF-Verbundprojekt OMID - 7 -

Kann das Verhalten des Systems auf der Basis nicht oder nur unzureichend verwendet wer- der Energieflußgesetze beschrieben werden, den können. so können Makro-und Verhaltensmodelle ein- In DEMIS und OMID wurden Internet- gesetzt werden, die das physikalische Verhal- Verfahren zum Remote-Tool-Einsatz und ten auf einer abstrakteren Ebene mit gewöhn- zum Remote-Modell/Optimierungs-Einsatz lichen Differentialgleichungen domänenüber- entwickelt. Diese Verfahren wurden evaluiert greifend beschreiben. Diese Modelle weisen und haben sich bewährt. kürzere Rechenzeiten auf und können dadurch auch sehr gut zur Design-Optimierung einge- setzt werden. 4. Schlußbemerkungen und Ausblick 3.3 Optimierung Alle Projektziele wurden ohne Einschränkung erreicht. Im Rahmen der Anwendungen Der Entwurf komplexer technischer Systeme liegen alle Systementwürfe in optimierter führt zur Notwendigkeit von Modellbildung, Form vor. Simulation und Optimierung. Das Konzept der modellbasierten Optimierung hat ein De- Die entwickelten Methoden und Werkzeuge sign von hoher Qualität bei möglichst gerin- werden, bedingt durch ihren Remote-Einsatz gem Prototypenbau zum Ziel. Dazu werden im Internet, im Gegensatz zu früheren unterschiedliche Optimierungsverfahren ein- Verbundprojekten, auch nach Projektende gesetzt, die sich ergänzen. weiter verfügbar sein. Mit Hilfe evolutionärer Algorithmen wird eine globale umfassende Suche durchgeführt, wel- Literatur che die interessanten Gebiete des Suchraums [1] Eggert, H. et al. (Hrsg.): bestimmt. Die dabei ermittelten Lösungen Methoden- und Werkzeugentwicklung werden mit konventionellen lokalen Suchver- für den Mikrosystementwurf fahren wie z. B. dem Rosenbrock-Verfahren Tagungsband 4. Statusseminar zum oder dem Complex-Algorithmus weiter ver- BMBF-Verbundprojekt METEOR bessert. 18.-19. Nov. 1996, Karlsruhe ISSN 0947-1413 3.4 Internet basierte Simulation [2] Laur, R. et al. (Hrsg.): und Optimierung Methoden und Werkzeuge zum Eine Marktanalyse ergab, daß zwar derzeit Entwurf von Mikrosystemen bereits kommerzielle Workflow-, Dokumen- Tagungsband 2. Statusseminar zum tations- und Projektmanagementsysteme auf BMBF-Verbundprojekt MIMOSYS Basis des Internets existieren, jedoch keine 4.-5. Dez. 1997, Paderborn, kombinierten Systeme, die möglichst alle Be- ISSN 0947-1413 reiche abdecken, angeboten werden. Insbe- [3] John, W. et al. (Hrsg.): sondere ist die Möglichkeit zur Einbindung Methoden und Werkzeuge zum von Remote-Tools über das Internet in diesen Entwurf von Mikrosystemen Systemen derzeit nicht vorhanden, womit die Tagungsband der gemeinsamen entscheidende und damit wichtigste Fähigkeit Statusseminare zu den BMBF- einer Mitbenutzung von in der Regel sehr Verbundprojekten CADWOK, kostspieligen Softwarelizenzen durch die DEMIS, MIMOSYS, SESAM, KMU´s in diesen Systemen fehlt. Der derzei- SIMKOS tige Stand der Technik zeigt, daß bestehende 2.-3. Dez. 1999, Berlin Systeme vor allem im Entwurfsbereich der ISSN 0947-1413 Mikroelektronik unterstützend eingesetzt wer- den, jedoch im Umfeld der Mikrosystemtech- nik aufgrund des ungleich breiteren Ansatzes BMBF-Verbundprojekt OMID - 8 -

SIMPLORER ALS REMOTE-SIMULATOR Dr. Ing. Lutz Zacharias Ansoft GmbH & Co KG, Chemnitz [email protected]

eine über die reine Simulation hinausgehende Lösung erarbeitet werden, die auch in der Kurzfassung Lage ist, Arbeitsabläufe abzubilden und sich in heterogene Arbeitsumgebungen einzuord- nen. Das Simulationssystem SIMPLORER wird Die angestrebte Lösung führt zu einer breit von der Firma Ansoft entwickelt und vertrie- nutzbaren Umgebung mit integrierten Hilfs- ben. Es wurde speziell für die Belange der tools, wie sie so derzeit am Markt nicht ange- Elektronik / Antriebstechnik und Mechatronik boten wird. Für den Aufbau eines Dienstleis- entwickelt. Dieser Beitrag stellt die aktuellen tungsangebots über INTERNET ist die Re- Arbeiten zur Remote – Simulation mit dem motefähigkeit der einzelnen Tools Grundvor- Simulationswerkzeug SIMPLORER vor. aussetzung. Durch die Verwendung von OR- BIT (Internet basierte Simulation und Opti- mierung) wird die Umgebung remotefähig 1. Einleitung gemacht werden, womit international neuarti- ge Möglichkeiten des Mikrosystementwurfs entstehen. Die Firma Ansoft GmbH & Co KG hat den Simulator SIMPLORER entwickelt, der für mechatronische, kontinuierliche und diskrete 2. Das Multi-Domain- Systeme geeignet ist. Seit mehreren Jahren Simulationswerkzeug bietet die Firma Unterstützung auf dem Gebiet der Designoptimierung an. Im Rahmen der SIMPLORER BMBF–Projekte MIMOSYS und DEMIS wurden Optimierungsverfahren entwickelt, SIMPLORER, als ein kombinierter Schal- implementiert und getestet. tungs- und Systemsimulator adressiert An- wender der Bereiche Mikrosystemtechnik, Das System SIMPLORER wird im OMID- Mechatronik, Leistungselektronik, Elektri- Projekt zur Modellierung, Simulation und sche Antriebs- und Energietechnik sowie Optimierung von Anwendungen eingesetzt. MSR-Technik. Einfach und schnell können Dabei werden die bereits vorhandenen Ergeb- Anordnungen mit sowohl elektrischen als nisse umgesetzt und anwendbar gemacht. Ziel auch nichtelektrischen Komponenten model- ist die Verifikation der Tools am konkreten liert und simuliert werden. Dabei werden die Designprozeß (mikrofluidischer Prozess, Ak- nachzubildenden Anordnungen praxisnah mit torplatte) und die Integration in die Simulati- Hilfe von elektrischen Netzwerken, rege- onsumgebung SIMPLORER. Diese wird so lungstechnischen Blockdiagrammen und Zu- erfolgen, daß die Unterstützung für die ver- standsgrafen beschrieben. Stabile Rechenal- schiedenen Entwurfsschritte gegeben ist. Be- gorithmen sichern, im Gegensatz zu SPICE- sonderer Schwerpunkt ist dabei die Anpas- basierten Simulatoren, numerische Konver- sung der Entwicklungsumgebung an die Er- genz auch bei schnell schaltenden elektroni- fordernisse des Designprozesses. Dazu muss schen Systemen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 9 -

schen und elektrohydraulischen Systemen, Die umfangreiche Modelldatenbank beinhaltet der Mikrofluidik, sowie Anwender, die neben neben aktiven und passiven elektrischen der Hydraulikseite auch Leistungselektronik, Grundbauelementen, Operationsverstärkern, elektrische Antriebe, Regelungen oder Me- regelungstechnischen Übertragungsfunktionen chanik betrachten wollen. und Nichtlinearitäten auch statische und dy- namische Leistungshalbleiter, Sensoren, elekt- Die grafische Repräsentation der hydrauli- rische Maschinen sowie Mechanik- und Hyd- schen Modellkomponenten orientiert sich im raulikkomponenten. Gerade in Gestalt der Unterschied zu anderen Modellierungsansät- angeführten Bibliothekserweiterungen stellt zen durchweg an den entsprechenden DIN- SIMPLORER nunmehr noch bessere Funktio- ISO Normen. Die Modellbibliothek be- nalitäten auch außerhalb seiner üblichen Do- schreibt das stationäre Verhalten hydrauli- mänen zur Verfügung. scher Systeme sehr genau. Die Parametrie- rung der vorhandenen Simulationsmodelle Mit der neu verfügbaren Mechanik-Toolbox geschieht mit Hilfe durchschaubarer und für kann man translatorisch und rotatorisch be- den Anwender einfach zu beschaffender Pa- wegte Systeme modellieren. Die für die Arbeit rameter. Die Bibliothek enthält u.a. verschie- mit der Toolbox relevanten Parameter sind dene Pumpentypen (konstante/variable För- Trägheitsmomente, Steifigkeiten sowie dermenge) und Hydraulikzylinder, eine Viel- Dämpfungs- und Reibungskoeffizienten. Die zahl von Ventilkombinationen sowie Hydro- in der Bibliothek enthaltenen Basisbausteine motoren und Druckspeicher. Nützliche Klei- sind u.a. Masse-Element (MAS), Steifigkeits- nigkeiten, wie z.B. Modelle von End- und element (STF), Koordinatentransformation Druckschaltern oder Manometern runden die (TSF), Getriebeübersetzung, Momentenquelle Funktionalität ab. (SRCF) sowie mechanisches “Bezugspotenti- al” (GND). Durch das Vorhandensein animierter graphi- scher Symbole kann die Wirkungsweise hyd- So können alle vorhandenen SIMPLORER- raulischer Systeme praxisnah visualisiert Standardmodelle von translatorischen oder werden, so daß sich der Einsatz der hier vor- rotatorischen Aktoren durch die Ergänzung gestellten Modellbibliothek auch im Ausbil- weiterer mechanischer Modelleigenschaften in dungssektor anbietet. ihrer Detailtreue verbessert werden. Das kann zum Beispiel durch das Ankoppeln eines ent- sprechenden Masseelementes geschehen. Verfügbare Erweiterungsmodule, wie Opti- mierung und Programmierschnittstellen für C, Anwendervorteile bei Einsatz der SIMPLO- Pascal, Fortran runden die Funktionalität RER Mechanik-Toolbox ergeben sich insbe- weiter ab. Ein offenes Simulatorinterface sondere durch gestattet die Kopplung mit Matlab/Simulink, MathCad, speicherprogrammierbaren Steue- • Einfacheres und schnelleres Abbilden rungen sowie elektromagnetischer Feldbe- von (mikro)mechanischen Systemen rechnungssoftware auf FEM-Basis (Maxwell- im Vergleich zur Modellierung mit EM-Solver-Produktfamilie). blockorientierten Signalflußgraphen.

• Erhöhung der numerischen Stabilität und der Rechengeschwindigkeit bei der Simulation mechanischer und me- chatronischer Systeme.

Die des weiteren neu verfügbare Hydraulik- bibliothek adressiert Entwickler von hydrauli- BMBF-Verbundprojekt OMID - 10 -

3. Implementation der Remote- Management so optimiert werden, dass ma- ximale Effektivität erreicht wurde. Ein erster Fähigkeit Prototyp ist verfügbar uns steht zu Testzwe- cken bereit.

Bedingt durch die Veränderungen in der Ziel des Entwicklungsarbeiten ist die Integra- Speicherverwaltung musste die Modellver- tion von SIMPLORER in ORBIT. waltung vollkommen neu konzipiert und implementiert werden. Hierbei kommen ob- SIMPLORER in der Version 4.x ist als PC- jektorientierte Programmierung und ein neu- Programm unter WINDOWS 9.x NT4 WIN er hierarchischer Ansatz für die Modellver- 2000 und WIN ME lauffähig. Ein SIMEC waltung zum Einsatz. Dieser ist gleichzeitig eigenes Kommunikationsprotokoll realisiert die Grundlage für die Parameterübernahme, die Kommunikation der Programme unterein- die im Arbeitspaket Modelltransport reali- ander. Eine Fernsteuerung von SIMPLORER siert werden soll. durch Scripte ist zum gegenwärtigen Zeit- punkt nicht möglich. 3.1. Interfacedefinition für Script Es ergaben sich folgende, zu lösende Aufga- Access ben:

Mehrfach Instanzierung des Simulators er- Der Modell – und Parametertransport stellt möglichen Script – Steuerbarkeit Schaffung besondere Anforderungen an das System. Er der Remote –Fähigkeit von SIMPLORER Die muss unabhängig von der Hardware und dem Arbeitspakete wurden wie folgt untersetzt: Betriebssystem gestaltet sein. Gleichzeitig muss die Multiuser-Funktionalität beachtet • Mehrfach Instanzierung des Simula- werden. D.h. es müssen die Modelle, Para- tors meter, Job-Steuerung und Auswertung sepa- • Modifikation des Speicher- rat steuerbar sein. managements • Interfacedefinition für Script Access Für die erste Phase der Realisierung wurden • Script – Steuerbarkeit folgende Vereinfachungen getroffen: • Starten / Kontrolle der laufenden Si- mulation • Verwendung von SML – Modellen in • Modelltransport Textform • Ergebnistransport • Vordefinierte Parameterliste • Mehrfach-Instanzierung des Simula- • Keine Fehlerüberwachung der Einga- tors be • Modifikation des Speichermanage- • Keine Modellumschaltung ments Durch diese Vereinfachungen können Mo- Die SIMPLORER-Version 4.x ist standard- delle mit der aktuellen Version von mäßig nicht in der Lage, mehrfach auf einem SIMPLORER erzeugt und durch die Remote PC aufgerufen zu werden. Hauptaufgabe für – Lösung von SIMPLORER simuliert wer- dieses Arbeitspaket war die Modifikation der den. Der Modelltransport wird durch Steuer- Berechnungsmodule und der internen Modell- scripte realisiert. verwaltung. Die Anpassung erfolge in Hin- sicht auf die voll dynamische Speicherver- Die Abbildung zeigt den groben Ablauf, der waltung verbunden mit einer schnellen Lö- beschritten wird, wenn ein Anwender die sung der Simulationsaufgabe. Durch den Ein- Simulation startet. satz moderner Analysewerkzeuge konnte das BMBF-Verbundprojekt OMID - 11 -

3.2. Script – Steuerbarkeit

Starten / Kontrolle der laufenden Simulation Der Startvorgang der Simulation wird durch den Startmanager realisiert. Dieser wurde speziell für die Bedürfnisse von SIMPLO- RER entwickelt. Durch den Startmanager wird gewährleistet, dass ein einfacher Aufruf von einem VB Script oder PHP - Script mög- lich ist. Der Manager behält die Kontrolle, bis die Simulation vollständig abgearbeitet oder abgebrochen wurde.

3.3. Modelltransport

Für jede Anforderung wird ein eigenes Envi- ronment erzeugt, das Modell aufgenommen und die Ausgabe vorbereitet.

3.4. Ergebnistransport Der Transport der Simulationsaufgabe wird durch das JOB – Beschreibungsfile realisiert. Die Ergebnisse speichert der Simulator direkt Dieses ASCII File beinhaltet alle Informatio- im vorgegebenen Environment. Die nachfol- nen, die zur Lösung der gestellten Simulati- gende Bearbeitung erzeugt die notwendigen onsaufgabe notwendig ist. Grafiken, führt definierte Berechnungen aus und stellt alle Ausgaben als HTML Text be- • Modell reit. Per http Protokoll werden diese Ausga- • Ziel für die Ausgaben ben zum Anwender übertragen. • Ziel für Fehlermeldungen • Definition der Modellparameter • Definition der Ausgaben 4. Anbindung an ORBIT

Die Integration von SIMPLORER in das System ORBIT erfordert die Anbindung von Die folgende Abbildung illustriert den Aufbau SIMPLORER an das von der Firma Inter- in der 1. Version. Connect bereitgestellt Tool-Interface. Der ToolAgent basiert auf dem SOAP - Protokoll JOB.INI ( Simple Object Access Protocol ). Weitere [JOB] Name=e:\s50 \ debug \ rc50.sml Name des zu simulierenden Files Informationen zu SOAP sind unter OutFile=e:\s50 \ debug \out_rc.mdx SML oder SMT ErrorFile=e:\s50 \ debug \err_rc.log www.w3c.org erhältlich. Name des Files für die [INCLUDE Ausgaben #SET R1.R 5k #SET 1m Die Anbindung wurde für die SOAP Version Name des ErrorLogFiles, welches #OUT Fehlermeldungen u.ä. #OUT 1.0 erstellt und wird auf die aktuelle SOAP Version 2.0 umgestellt. Per Test – Tool kann Der Wert des R des In die oben angegebene Modells R1 wird auf >>OutFile<< wird die Ausgabe die Ansteuerung von SIMPLORER getestet gesetzt Parameters I von BMBF-Verbundprojekt OMID - 12 - werden. Der verfügbare Prototyp gibt bereits Aussagen über notwendige Erweiterungen im Voraussetzung für eine derartige Simulation Modelltransport - Protokoll. So fehlen zum ist das Vorhandensein und die volle Funkti- Beispiel in der aktuellen Ausbaustufe Aussa- onsfähigkeit des Modells. Zusätzlich zum gen über die Modellausgaben. Aus SIMPLO- Modell werden noch die Boundaries RER-Sicht ist es sinnvoll, daß der Anwender Benötigt. Der Modellentwickler kann diese Ausgaben aus einem Fundus zu- oder ab- für jeden Parameter mit angeben. Aus diesen schalten kann. Das reduziert den auf der Informationen erstellen die Exportscripte den Festplatte benötigen Speicherplatz und erhöht notwendigen JavaScript für den WEB-Client auch die Simulationsgeschwindigkeit. Mit Hilfe diese WEB Interfaces kann der Gegenwärtig in der Diskussion ist weiterhin Anwender das Modell in den vorgegebenen ein Cleaning – Mechanismus. Dieser wird Grenze variieren. Automatisch generierte notwendig, wenn man die Größe der Files von Scripte prüfen auf der Client-Seite sofort die Simulationsergebnissen untersucht. Hier gilt Eingaben auf deren Richtigkeit. es zu untersuchen, ob durch Komprimierung mit Standardverfahren eine Verbesserung zu Der Anwender kann die Simulation vom In- erreichen ist. Besondere Beachtung gilt dabei terface aus direkt starten. Es ist davon auszu- den notwendigen Automatismen zur Kompri- gehen, dass die Simulationszeit mit entspre- mierung und Dekomprimierung, damit dieser chender Komplexität des Modells steigt. Vorgang als transparent in Bezug auf den Statusinformationen informieren den Anwen- Anwender bezeichnet werden kann. der automatisch über den Fortschritt der Be- rechnung. Schon während der Simulation werden die Ergebnisse pro Zeitschritt zum Client über- tragen. Damit erreicht man auch bei geringer 5. Remote - SIMPLORER Bandbreit akzeptable Simulationsgeschwin- Stand alone Version digkeiten erreichen, zumal der Hauptanteil der Last auf die Übertragung entfällt. In Kombination mit einer einfachen Online – Komprimierung der Ergebnisdaten erreicht Prototyp für die Remote-Simulation mit man die geforderten Antwortzeiten des Sys- SIMPLORER. Parametrisierung von Kompo- tems. nenten unter Verwendung des WEB – Inter- faces. Die Darstellung der Simulationsergebnisse erfolgen direkt im WEB- Browser unter Ver- wendung von JAVA- Applets. Die folgende Abbildung illustriert eine mögliche Präsenta- tion der Simulationsergebnisse.

Als besondere Herausforderung hat sich die Darstellung in den unterschiedlichen Brow- ser-Versionen herausgestellt.

Abbildung 1: Parametereingabe BMBF-Verbundprojekt OMID - 13 -

Abbildung 2 : Prototyp der Ergebnisdarstellung

6. Ausblick / Weiterentwicklung

Der erste Prototyp der WEB Simulation ist unter www.net-a-sim.com erreichbar und de- monstriert die Machbarkeit der Remote- Simulation, unter der Annahme, dass das Mo- dell in einer vorgefertigten und lauffähigen Form vorliegt.

Die folgende Entwicklungsstufe wird sich mit dem Thema der Modellparametereingabe be- schäftigen. Hier gilt es automatisierte Lösun- gen zu entwickeln. Eine interessante Option liegt in der Möglichkeit, dass man direkt während der Modellierung oder beim Modell- export die Parameterbereiche angeben kann. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt wird die Ergebnisausgabe sein. Hier sollen Lösun- gen untersucht werden, wie man unter Be- rücksichtigung von geringen Bandbreiten eine optimale Darstellung der Ergebnisse erreicht. BMBF-Verbundprojekt OMID - 14 -

INTERNETBASIERTE DESIGNOPTIMIERUNG MIT HYGLEAM Wilfried Jakob Institut für Angewandte Informatik, Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) Email: [email protected]

Dagmar Peters Institut für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik, Uni Bremen (ITEM) Email: [email protected]

Andreas Reiffer InterConnect Software GmbH, Karlsruhe Email: [email protected]

stellt. Globale Suchverfahren wie die Evoluti- Kurzfassung onären Algorithmen (EA) bieten hingegen eine wesentlich größere Chance, das globale Mit der internetbasierten Variante von Hy- Optimum zu finden, benötigen dafür aber zum GLEAM können Optimierungen über einen Teil wesentlich mehr Berechnungen der Qua- Remoteaufruf auf einem entfernten Rechner litätsfunktion. Um die meist aufwendigen eines Application Service Providers ausge- Simulationen zur Bestimmung der Qualität führt werden. HyGLEAM integriert zwei all- einer Designlösung zu verringern ohne den gemein anwendbare lokale Suchverfahren in globalen Charakter der Suche aufzugeben, den global arbeitenden Evolutionären Algo- wurde versucht, die beiden Algorithmenklas- rithmus GLEAM und kombiniert die Vorteile sen so geschickt miteinander zu verbinden, der beteiligten Verfahren unter Vermeidung dass der resultierende Hybrid die Vorteile der ihrer jeweiligen Nachteile. Dazu wird eine beteiligten Verfahren ohne deren Nachteile in neue Methode zur Steuerung des Verfahrens- sich vereint. Erste Tests an Designoptimie- einsatzes benutzt. Die Robustheit und die ge- rungsaufgaben aus dem laufenden Projekt steigerte Performance des resultierenden hy- zeigten vielversprechende Ergebnisse [3]. briden Verfahrens werden an Hand In Kap. 2 werden die am FZK entwickelten mathematischer Benchmarkfunktionen und Hybridisierungsmethoden [4, 5] vorgestellt. dreier Designanwendungen nachgewiesen. Integriert wurden zwei am ITEM implemen- tierte lokale Suchverfahren [1] und das 1 Einleitung GLEAM-Verfahren (General Learning Evo- Das Verbundprojekt OMID (Optimierung von lutionary Algorithm and Method) [6, 7], das Mikrosystemen für Diagnose- und Über- am FZK zu HyGLEAM (Hybrid General Pur- wachungsanwendungen) hat unter anderem pose Evolutionary Algorithm and Method) zum Ziel, die im Vorgängerprojekt DEMIS weiterentwickelt und als GADO (Genetischer entwickelten und getesteten Optimierungsver- Algorithmus zur Designoptimierung) und Hy- fahren zu integrieren, die dabei entstehenden GADO zur Designoptimierung eingesetzt Hybride zu bewerten und das resultierende wurde. Kap. 3 beschreibt die untersuchten Optimierungswerkzeug in einer webbasierten Testfälle bestehend aus mathematischen Remote-Version zur Verfügung zu stellen. In Benchmarkfunktionen und OMID-Anwen- DEMIS wurde deutlich, dass alle untersuchten dungen. In Kap. 4 sind die Testergebnisse und Verfahren ihre Stärken und Schwächen haben die sich daraus ergebenden Schlussfolgerun- [1, 2]. So liefern lokale Suchverfahren wie der gen enthalten. Kap. 5 stellt die auf dem Orbit- Rosenbrock-Algorithmus oder das Complex- System der Firma InterConnect [8] basierende Verfahren vergleichsweise schnell ein Ergeb- Remote-Lösung von HyGLEAM vor, wäh- nis, das aber bei multimodalen Aufgabenstel- rend Kap. 6 mit einer Zusammenfassung des lungen meist nur ein lokales Optimum dar- Beitrags schließt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 15 -

2 Das HyGLEAM-Konzept Startpopulation Das in [4, 5] ausführlicher dargestellte Kon- (zufällig) erzeugen zept von HyGLEAM kann hier nur in der ge- botenen Kürze erläutert werden. Zu den beiden lokalen Verfahren gibt Schwefel [9] Für alle Individuen der Population: eine ausführlichere Beschreibung mit weite- ren Anwendungsfällen. Partnerwahl (kann je nach Verfahren und 2.1 Benutzte Optimierungsverfahren evolutionärem Operator auch entfallen) 2.1.1 GLEAM

GLEAM ist ein eigenständiger evolutionärer Nachkomme(n) Algorithmus, der Elemente der Evolutions- durch evolutionäre Operatoren strategie und der (reellcodierten) Genetischen erzeugen und bewerten Algorithmen mit Konzepten der Informatik (abstrakte Datentypen) verbindet. Die Codie- rung der zu optimierenden Parameter erfolgt in den sogenannten Aktionen. Eine Aktion be- Akzeptanz der Nachkommen steht aus ein oder mehreren Parametern vom unter Reduktion der Elternpopulation Typ Bool, Integer oder Real entsprechend gemäß Akzeptanzregel ihrem anwendungsspezifisch definierten Ak- tionstyp. Eine Aktion drückt damit eine be- stimmte Eigenschaft eines Designs aus, z.B. Prüfung der Abbruchkriterien: die Anwesenheit einer bestimmten Kompo- z.B. Zeit-, Qualitäts- oder Generations- limit, kein Fortschritt seit n Generationen nente, die durch die Aktionsparameter näher bestimmt wird oder die Relationen zu anderen Nicht erfüllt erfüllt Komponenten entsprechend den Aktionspara- metern eingeht. Im einfachsten Fall codieren Abbruch die Aktionen nur gewisse einzelne Parameter eines Designs. Die Aktionen bilden eine Ak- !""#$%&$'()*+),)-..-($!"./01$234.05)4*6(-( tionskette (AK), die den Chromosomen des !.74()589-* biologischen Vorbilds entspricht. Es gibt der- zeit in GLEAM drei AK-Typen: Bei den Abb. 1 zeigt den prinzipiellen Ablauf Evoluti- ersten beiden ist jeder Aktionstyp mit genau onärer Algorithmen. Ausgehend von einer einer Aktion vertreten und sie unterscheiden meist zufällig erzeugten Startpopulation, die sich darin, ob die Reihenfolge der Aktionen durch manuell oder auf andere Weise erzeugte relevant ist. Die Variante ohne bedeutungs- Lösungen angereichert werden kann, werden tragende Reihenfolge wird bei Designoptimie- alle Individuen generationsweise der nachge- rungsaufgaben, bei denen es um reine Para- bildeten Evolution unterworfen. Dazu werden meteroptimierung geht, verwendet. Die ande- Nachkommen durch Mutation und/oder durch re Variante spielt bei OMID keine Rolle, sie Rekombination des Genmaterials zweier El- kommt aber bei anderen Anwendungen wie tern erzeugt. Im letzten Fall findet zuvor eine z.B. Schedulingproblemen zum Einsatz [10]. Partnerwahl statt, die meist auf der Fitness der Schließlich gibt es noch den AK-Typ mit vari- Individuen beruht. In GLEAM wird dafür eine abler Länge, bei dem jeder Aktionstyp mit ranking-basierte Selektion benutzt, die die keiner, einer oder mehreren Aktionen in Chancen der besten Individuen, selektiert zu beliebiger Reihenfolge vertreten sein kann. werden, etwas zu Gunsten der schlechteren Dieser Typ findet bei anspruchsvolleren De- dämpft. Dadurch soll unter anderem vorzeiti- signoptimierungsaufgaben wie z.B. der in ger Konvergenz auf ein Suboptimum vorge- Kap. 3 beschriebenen Aktorplatte Verwen- beugt werden. GLEAM enthält einen Satz dung. vordefinierter genetischer Operatoren (Muta- BMBF-Verbundprojekt OMID - 16 - tionen der Werte oder der Aktionsposition, verschiedene Crossover-Operatoren), die aufgabenspezifisch konfiguriert zur Anwen- dung gebracht werden können. Die Werte- Mutationen berücksichtigen die in den Akti- onstypdefinitionen mithinterlegten Werte- bereichsgrenzen, sodass explizite Restriktio- nen immer eingehalten werden. Kleine Ände- rungen sind dabei entsprechend der Evolu- tionsstrategie wahrscheinlicher als große. Pro Paarung werden in GLEAM mehrere Nach- kommen erzeugt, wobei die dabei beteiligten genetischen Operatoren sowie ihre Anwen- dungswahrscheinlichkeiten problemspezifisch ausgewählt und konfiguriert werden können. Schließlich müssen die Nachkommen der El- terngeneration akzeptiert oder verworfen wer- den. Die akzeptierten Kinder ersetzten eben- soviel Mitglieder der Elterngeneration, sodass die Populationsgröße konstant bleibt. In GLEAM wird dazu eine elitäre Akzeptanz- regel benutzt, bei der das beste Individuum unabhängig von seinem Alter immer überlebt, !""#$:&$!"./01;)/7(/99$;-<$=4<-*"(4>?@ sodass eine Verschlechterung der pro Genera- A-(1/8(-*< tion erreichten Lösungsqualität nicht eintreten kann. Wird das Abbruchkriterium erfüllt, terminiert 2.1.2 Verfahren nach Rosenbrock das Verfahren, ansonsten wird eine Rotation des Koordinatensystems durchgeführt. Dazu Kernprinzip des Verfahrens nach Rosenbrock wird die vielversprechendste Richtung der [11] ist die Suche des Optimums entlang der letzten Iteration als Hauptachse des neuen Richtungen eines im n-dimensionalen Raum Koordinatensystems festgelegt und die rest- rotierenden Koordinatensystems. Beschrän- lichen n-1 Achsen orthogonal zu dieser Achse kungen werden mit einer partiellen, internen aufgebaut. Mit diesem Koordinatensystem Straffunktion berücksichtigt. setzt sich die Suche des Optimums so lange Das in Abb. 2 dargestellte Verfahren setzt fort, bis das Abbruchkriterium erfüllt wird. einen zulässigen Startpunkt voraus. Im An- schluss an die Initialisierung wird ein Test- 2.1.3 Complex-Algorithmus schritt in die aktuelle Richtung i gemacht. Das Complex-Verfahren wurde 1965 von Box Sind alle Bedingungen erfüllt und ist der Wert [12] in Anlehnung an den Simplexalgorithmus der partiellen Barrierefunktion ermittelt wor- für nichtlineare Funktionen von Nelder und den, wird untersucht, ob es sich bei dem aktu- ellen Punkt um einen besseren handelt als bei Mead entwickelt. Der prinzipielle Ablauf ist dem Vorgänger. Ist dies der Fall, vergrößert in Abb. 3 dargestellt. Der Complex-Algorith- sich die Schrittweite um den Faktor drei. mus wurde speziell für beschränkte Problem- Wurde mit dem aktuellen Punkt kein Erfolg stellungen entwickelt und verwendet keinen erzielt, wird die Suche in die entgegengesetzte der klassischen Ansätze: externe Straffunk- Richtung mit halbierter Schrittweite fortge- tion, interne Straf- bzw. Barrierefunktionen, setzt. Innerhalb einer Iteration muss in jede Lagrange-Multiplier-Verfahren oder partielle Richtung des aktuellen Koordinatensystems Straffunktion. mindestens ein Erfolg gefolgt von einem Ausgehend von einem zulässigen Startpunkt, Misserfolg erzielt werden, bevor das Ab- wird der Startcomplex gebildet. Es folgt die bruchkriterium überprüft wird. Ermittlung des schlechtesten Punktes sowie BMBF-Verbundprojekt OMID - 17 -

Punkt wiederholt. Kann für keinen Punkt des

.$%)$(,Q/$#5#()*"+ H(("-(,Q/$#5#()*"+ Complex ein zulässiger Reflexionspunkt ge- funden werden, bricht das Verfahren vorzeitig ab. Ein zulässiger Reflexionspunkt wird da-

Konstruktion eines raufhin untersucht, ob mit ihm ein verbesser- Startsimplex ter Wert der Zielfunktion erzielt wird. Ist dies ja der Fall, wird das Abbruchkriterium über-

Bestimmung von nein Ist prüft; ist es erfüllt, terminiert das Verfahren best point, worst point Abbruchkriterium regelmäßig, ansonsten wird der schlechteste und next-worst point erfüllt Punkt ermittelt und die nächste Iteration des Optimierungsprozesses gestartet. Reflexion von best point am Schwerpunkt des Simplex 2.2 Hybridisierungsarten Die Hybridisierung beruht auf folgenden vier nein Ist Punkt nein Ist Punkt besser schlechter als next als best point Ansätzen: worst point • !"#$#%&#'#()*"+,-(),.$%)$/0/*&%$#0" ja ja 1#(, .$%)$/0/*&%$#0", 2#)-, +%"3, 0-(), $(#&4 Expansion in 2(#'(,5#$,-(",6)+(7"#''(",80",9:*;(",-(' Eindimensionale entgegengestetzte Kontraktion Richtung &0<%&(",=();%>)("', #"#$#%&#'#()$?, 6#", (8("4 $*(&&(), @('$, 2#)-, 3*;:&&#+, 7('$#55$?, 1() A)*"-+(-%"<(,7('$(>$,-%)#"B,-#(,(80&*$#04

Ist Punkt nein ":)(, .*C>(, 7()(#$', 5#$, 9D'*"+(", (#"() schlechter als worst +(2#''(",E*%&#$:$,7(+#""(",3*,&%''(",*"- point '0,-#(,F(#$,3*5,G*;;#"-(",7(;)#(-#+("-() ja H()(#C>(,-(',.*C>)%*5',3*,'/%)("? • I%C>0/$#5#()*"+,-(),A96GJ46)+(7"#''( Multiple Kontraktion 1#(,I%C>0/$#5#()*"+,-(),A96GJ46)+(74 "#''(,5#$,<0"8("$#0"(&&(",=();%>)(",2#)- >:*;#+,%*C>,%&',K!"#$%&'(%%&)(*+(*,&-&!"4 !""#B&$'()*+),)-..-($!"./01$34* #$%& '(%%& .%(/0(*,L, 7(3(#C>"($?, J%", 7(4 '4.C-;-(3-(1/8(-* "*$3$,-(",6G,3*5,G*;;#"-(",(#"#+(),8#(&4 8()'/)(C>("-(), @(+#0"(", -(', .*C>)%*5' des Scheitelpunktes der verbleibenden Punkte. *"-, 8()2("-($, %"'C>&#(M("-, (#", &0<%&(' Ist der Scheitelpunkt zulässig, wird der =();%>)(", 3*), H('$#55*"+, -(', (N%<$(" schlechteste Punkt an ihm reflektiert. Dabei O&0<%&("P,Q/$#5*5'?,1%',7('$(,-#('(),Q/4 handelt es sich um eine Normalreflexion, bei $#5%, #'$, -%"", -#(, 9D'*"+?, G*;, -#(, R)%+(B der gleichzeitig eine Expansion des Complex 2%"", -(), 6G, '#""80&&, 7(("-($, *"-, -#( durchgeführt wird. Bei Nichtzulässigkeit des &0<%&(,.*C>(,7(+0""(",2()-(",<%""B,2#)- Scheitelpunktes wird ein neuer Startcomplex #5,":C>'$(",G7'C>"#$$,(#"+(+%"+("? gebildet und das Verfahren neu gestartet. • 1#)(<$(,!"$(+)%$#0" Auch der reflektierte Punkt muss daraufhin S#()7(#, 2()-(", %&&(, 0-(), "*), -(), 7('$( überprüft werden, ob er alle formulierten Be- I%C><055(,(#"(),T%%)*"+'0/()%$#0",80" dingungen erfüllt. Ist dies nicht der Fall, wird A96GJ, 5#$, -(5, &0<%&(", =();%>)(" der Reflexionsfaktor halbiert und eine erneute 0/$#5#()$?, 1%5#$, 0/()#()$, A96GJ, U*%'# Reflexion durchgeführt, bis ein zulässiger "*), "0C>, V7(), -(", H()+'/#$3(", -(), R#$4 Punkt gefunden wird oder der Reflexionsfak- "(''&%"-'C>%;$? tor kleiner als eine bestimmte untere Grenze • =()3D+()$(,1#)(<$(,!"$(+)%$#0" geworden ist. In diesem Fall wird der Reflex- H(#,8#(&(",G*;+%7("'$(&&*"+(",7)#"+$,(#"( ionsvorgang mit dem nächst schlechtesten &0<%&(, Q/$#5#()*"+, %*'+(>("-, 80" BMBF-Verbundprojekt OMID - 18 -

'C>&(C>$(", .$%)$2()$(", 5(#'$, "#C>$, 8#(&? steuern einen Vertreter zum Gesamtergebnis 1%>(),()'C>(#"$,(','#""80&&B,-#(,-#)(<$(,!"4 bei, das noch um den Populationsbesten er- $(+)%$#0",()'$,"%C>,(#"(),%";:"+&#C>(",T>%4 gänzt wird, sofern er besser als alle Nischen- '(,(80&*$#0":)(),.*C>(,-%3*3*'C>%&$("? vertreter ist. Diese Individuen werden mit Zu diesen vier Hybridisierungsarten kommen dem jeweiligen lokalen Verfahren nachopti- noch die Kombinationen von Voroptimierung miert und das beste ist schließlich das End- und (verzögerter) direkter Integration. Bei der ergebnis. Nachoptimierung mit dem Complex wurden Im Falle der verzögerten direkten Integration zwei Arten untersucht: Entweder wurden alle wird das Konvergenzkriterium weniger streng von GLEAM gelieferten Lösungen zur Bil- als bei der Nachoptimierung parametriert. Es dung eines einzigen Start-Complexes genutzt bestimmt den Zeitpunkt der Zuschaltung der oder sie dienten einzeln als Startpunkte für lokalen Suche. entsprechend viele Complex-Läufe. Daraus ergaben sich mit den beiden lokalen Verfah- 3 Testfälle ren 13 verschiedene Hybridisierungsarten. Untersucht wurden zusätzlich zu den in 2.3 Steuerung der Hybridisierung DEMIS [1] bereits benutzten Testfällen noch die Testfunktion nach Fletcher und Powel [9, Die auf dem OMID-Statusseminar [3] bereits Probl. 2.13] und die im Statusseminar [3] be- ausführlich dargestellten Verfahren zur Steue- reits behandelten Anwendungen aus dem lau- rung der Hybridisierung beruhen auf der ge- fenden Projekt. Tab. 1 zeigt wichtige Eigen- notypischen Varianz in der Population. Diese schaften der Testfälle und gibt die Ergebnisse wird nur bei auftretender Fitness-Stagnation für die einzelnen Verfahren an. Alle Experi- bestimmt, um Rechenzeit zu sparen. Wenn es mente wurden mit vergleichbaren Einstellun- in der Population weniger als N/$1 Nischen gen der beteiligten Verfahren durchgeführt. von Individuen gibt, deren genotypische Dif- Variiert wurden wie in [3] dargestellt ledig- ε ferenz geringer als ein vorgegebenes ist und lich beim Rosenbrock die Abbruchschranke ε alle Nischen eine geringere Differenz als 2"3 und bei GLEAM die Populationsgröße. Ab- aufweisen, gilt die Population als „konver- weichungen von den in [1] publizierten Er- giert“. Dann wird die Evolution bei der Nach- gebnissen erklären sich bei den beiden lokalen optimierung abgebrochen und alle Nischen

6N/()#5("$ T%)%5( J0-%&#$:$ !5/#$( A("%*4 6);0&+')%$(,WXY,*"-,G*;2%"-,W68%&*%$#0"("Y 4$()%"3? @('$)#<$? #+<(#$ A96GJ @0'("7)0C< Z05/&(N [B\64\] [\\,,,,,,,,^_\` a,,,,,,,[\ba b\,,,,,,,,,,c[ H)%C<(" ^ 5*&$#50-? d% [B\64\c [\\,,,,,,,,_\\\ 4 `e,,,,,,,,[`c [B\64\] [\\,,,,,,^e`]c ]b,,,,,,,ae_a [\\,,,,,,,,[ca H(%&( ] *"#50-? d% [B\64\c [\\,,,,,,bc^^` ^,,,,,,,[_]e `e,,,,,,,,^c` [B\64\] [\\,,]]b\_\[ [b,,,,,,,a\\[ ^\,,,,,,,,[ca H#++ _ 5*&$#50-? "(#" [B\64\c 4 [e,,,,,[e_aa [\,,,,,,,,b`` S(&#C%&,=%&&(f ] *"#50-? "(#" [B\64\c [\\,,,,,,ab^ee b[,,,,,[_\c^ 4 @%'$)#+#" ^\ 5*&$#50-? "(#" [B\64\a [\\,,,,,,_[b^[ 4 4 R&($C>(),g,T02(& _ 5*&$#50-? "(#" [B\64\_ [\\,,,,ae]_cc [\,,,,,,,[\`\ [\,,,,,,,,^a] R)%<$%&(,R<$? ^\ 5*&$#50-? "(#" F#(&h,4\?\_ [\\,,,,[`_[\\ 4 4 S($()0-f"465/;? ] 5*&$#50-? "(#" [\\,,,,,,,,_bb] e,,,,,,,,,,,`a [^,,,,,,,,[\^ 1)*C<'("'0) ] 5*&$#50-? "(#" [\\,,,,,,^`b`[ 4 4 G<$0)/&%$$( -f"%5? 5*&$#50-? d% ",x a D/"-..-$%&$E)>85)7-$2)7-*<>8/15-*$;-($D-<516..-$0*;$2(7-"*)<<-$;-($;(-)$A-(1/8(-* BMBF-Verbundprojekt OMID - 19 -

Verfahren durch den Verzicht, weitere Para- mierung des Drucksensors wurden zwei Krite- meter wie z.B. die initiale Schrittweite anzu- rien berücksichtigt: die Sensitivität und die passen. Bei der Testfunktion nach Bracken Linearität im Betriebsbereich. Optimierungs- wurde bei GLEAM (GADO) seinerzeit verse- parameter sind die Kammerhöhe und –länge hentlich der Aufwand zum Auffinden des ex- sowie die Membrandicke. akten Optimums anstelle einer 10-3-Genauig- Der in Bild 4 dargestellte Mikroaktor [14] keit angegeben. besteht aus zwei übereinander geschichteten In den drei Ergebnisspalten von Tab. 1 wird dünnen Kunststofffolien, in denen mit einem die Erfolgsrate in Prozent und der durch- Excimerlaser für die Aktorplatte, Aktorkam- schnittliche Aufwand in Evaluationen basie- mer und fluidischen Anschlüssen die entspre- rend auf jeweils 100 Läufen für die jeweils chenden Mikrostrukturen eingebracht wurden. beste Parametrierung angegeben. Ein – bedeu- Durch eine entsprechende Anzahl, Anordnung tet, dass das betreffende Verfahren nicht in und Dimensionierung der ringförmigen und der Lage war, das Problem unter den gegebe- konzentrisch angeordneten Kerben kann das nen Einstellungen zu lösen. Beim Rosenbrock mechanische Verhalten der Aktorplatte gezielt wurden folgende normierte Abbruchschran- beeinflusst werden. Ein wichtiges Optimie- ken verwendet: 0.1 (s), 0.01 (n), 10-4 (m), 10-6 rungsziel bei dem Kerbendesign besteht darin, (h) und 10-8 (x) und bei GLEAM wurde die bei einem gegebenen Arbeitsdruck eine mög- Populationsgröße variiert. Ab der fraktalen lichst große Auslenkung der Aktorplatte zu Funktion sind in der Tabelle keine Genauig- erreichen. Da die Aktorplatte gleichzeitig eine keitsangaben vorhanden, da die exakte Lö- lange Lebensdauer haben soll, besteht das sung nicht bekannt ist. Bei der Aktorplatte zweite Optimierungsziel darin, die Spannung handelt es sich auf Grund Ihrer aufwendigen in der Aktorplatte bei Auslenkung möglichst Simulation um eine „echte Anwendung“ in gering zu halten. dem Sinne, dass keine Läufe zum Verfahrens- vergleich möglich sind, sodass hier nur die Eigenschaften gelistet sind. Der Heterodynempfänger [2,13] ist eine Kom- ponente eines mikrooptischen Kommunika- tionssystems bestehend aus zwei Kugellinsen und einer Photodiode. Der Abstand zwischen !""#F&$G>8-9/5)<>8-$H/(<5-..0*7$;-( dem Lichtleiter und erster Kugellinse sowie !?54(,./55- die beiden Brechungsindizes sollen so be- stimmt werden, dass nicht nur eine optimale Die hier vorliegende Optimierungsaufgabe Ausleuchtung der Photodiode im Kollima- beschränkt sich somit nicht auf eine rein geo- tionspunkt erreicht wird, sondern die ganze metrische Optimierung, sondern sie umfasst Anordnung auch möglichst unempfindlich ge- zusätzlich die Optimierung der Topologie in genüber Fertigungstoleranzen innerhalb vor- Form von Anzahl und Anordnung der Kerben. gegebener Grenzen ist. Letzteres macht die Dies führt zu einem Parametervektor dyna- ansonsten einfache Aufgabe zu einem trotz mischer Länge (pro Kerbe 4 Parameter), wo- der nur drei Parameter schwierigen, stark mul- durch die meisten deterministischen und sto- timodalen Optimierungsproblem. chastischen Optimierungsverfahren nicht Die Wandlung der mechanischen Größe mehr anwendbar sind. Auch die Implementie- Druck in ein elektrisch messbares Signal er- rungen vieler EAs erlauben im Gegensatz zu folgt bei dem betrachteten Drucksensorsystem GLEAM keine Chromosomen dynamischer [2] nach dem kapazitiven Wandlerprinzip. Der Länge, obwohl die Methode dies zulässt. Drucksensor stellt eine Kondensatoranord- Durch die diskrete Anzahl der Kerben ist der nung dar, die aus der Sensormembrane (be- Lösungsraum zudem multimodal. Aufgrund wegliche Elektrode), der darunter liegenden der Genauigkeitsanforderungen und der To- Druckkammer und der implantierten n-Wanne pologievariabilität ist der Einsatz von FEM- (feste Elektrode) besteht. Bei der Designopti- Modellen bei der Bewertung einzelner Lö- sungsvorschläge unumgänglich. Dies führt auf BMBF-Verbundprojekt OMID - 20 - einer Sun-Workstation (Ultra Sparc 10) zu Daher werden im folgenden nur die verzöger- Evaluationszeiten zwischen 3 und 10 Minu- te und unverzögerte direkten Integration be- ten. Die Optimierungen wurden daher mit handelt und ihre Resultate der verglichen. einer Parallelversion von GLEAM durchge- führt [15]. Diese Ergebnisse dienen als Refe- 4.1 Ergebnisse der Testfunktionen renzwerte für die hier vorgestellten Resultate Bei der direkten Integration wurde Lamarck- der hybriden Optimierung. sche Evolution verwendet, das heißt, dass der lokal verbesserte Nachkomme im Falle seiner 4 Ergebnisse Akzeptanz auch genotypisch an das gefun- Die auf dem Statusseminar präsentierten Er- dene (lokale) Optimum angepasst wurde. Bei gebnisse [3] und die Resultate weitergehender der verzögerten direkten Integration werden Untersuchungen [5] führen hinsichtlich der die in Tab.2 angegebnen drei Parametrierun- Hybridisierungsarten zu folgenden Schlussfol- gen für die Nischenbildung verglichen: gerungen: Parametrierung ε ε [? 1#(, =0)0/$#5#()*"+, 7)#"+$, 7(#, (#"#+(" Pop P1 0.005 0.01 i('$;:&&(",(#"(,+(2#''(,=()7(''()*"+B,204 P2 0.002 0.005 7(#, (#"5%&, -(), Z05/&(N, *"-, (#", %"-()(' 5%&,-(),@0'("7)0C<,7(''(),%7'C>"(#-($? P3 0.001 0.003 ^? 1#(, I%C>0/$#5#()*"+, 8()7(''()$, 32%), #" D/"-..-$:&$G5-0-(,/(/9-5-(

-(), @(+(&, -#(, 6)+(7"#''(, -(), 680&*$#0"B Nmax variiert in Abhängigkeit von der Popula- ())(#C>$,%7(),&%"+(,"#C>$,-#(,F*8()&:''#+<(#$ tionsgröße P: 2 für P<30, 3 für P=30, 4 für 7(#,-(),9D'*"+';#"-*"+,2#(,A96GJ? P=50 und 5 für P>50. Um die Ergebnisse der ]? 1#(,O8()3D+()$(P,-#)(<$(,!"$(+)%$#0",-(',@04 lokalen Verfahren mit GLEAM und den '("7)0C<, ;#"-($, #55(), -%', Q/$#5*5, OI= HyGLEAM vergleichen zu können, muss die *"-, I3=P?, H(#, =()2("-*"+, -(', Z05/&(N Anzahl der Läufe bestimmt werden, bei der OIJ, *"-, I3JP, 2#)-, 5(#'$, 2("#+(), G*;4 eine vergleichbare Sicherheit besteht, den 2%"-,7("D$#+$,%&',7(#5,@0'("7)0C(,;*"<$#04 probenumfangs von 100 mag eine Sicherheit "#()$? von 95,5% genügen. Damit ergeben sich die in Tab. 3 dargestellten Resultate.

Genau- Aufwand bei 99,5% Sicherheit HyGLEAM Testfunktion GLEAM igkeit Rosenbrock Complex GR GvR GC GvC 10-3 2 509 139 620 305 31 264 21 834 439 545 Bracken 10-6 5 000 - 392 314 834 546 499 1 433 1 785 10-3 28 936 58 248 164 14 793 18 088 811 897 Beale 10-6 76 229 229 162 538 48 300 48 613 1 319 1 419 10-3 3 370 501 120 030 3 936 300 247 5 675 628 24 493 136 190 Bigg 10-6 - 500 688 40 749 556 809 7 663 112 30 143 127 627 Helical Valley 10-6 47 288 75 310 - 67 950 8 118 2 576 2 674 Rastrigin 10-4 51 721 - - 43 864 47 378 - 4 267 176 Fletcher&Powel 10-5 483 566 55 590 12 393 13 535 10 206 4 684 4 635 Fraktale Fkt. 195 100 - - 30 626 30 473 56 287 952 620

D/"-..-$B&$A-(7.-)>8$;-($"-*K5)75-*$L*;)3);0-* Od(2(#&',[\\,80",[\\,9:*;(",();0&+)(#C>,0-(),>0C>+()(C>"($,%*;,`_B_X,6);0&+'2%>)'C>(#"&#C><(#$P BMBF-Verbundprojekt OMID - 21 -

Es fällt auf, dass der Complex in den Fällen, sortiert. Die geforderte Genauigkeit des Ziel- in denen er konvergiert, das beste Ergebnis wertes ist in Klammern angegeben. Bigg (6) der drei Verfahren liefert. Tab. 4 und Abb. 5 wurde in der Tabelle weggelassen, da ein Ver- vergleichen die erreichten Verbesserungen gleich mit GLEAM nicht möglich ist. Für die gegenüber GLEAM: kein Eintrag bedeutet, Hybridisierung ist der Fall aber insofern ein dass die Aufgabe nicht gelöst werden konnte; Erfolg, als dass die direkte Complex-Integra- eine Null bzw. ein flaches Feld, dass zur er- tion am besten abschneidet. In Abb. 5 musste folgreichen Lösung mehr Aufwand notwendig Bigg (3) aus Gründen der Darstellbarkeit war. Die Testfunktionen sind entsprechend weggelassen werden. der besseren Übersichtlichkeit im Diagramm i('$4 =()7(''()*"+,+(+("V7(),A96GJ T%)%5($)#()*"+(" R*"<$#0"(" @0'("? Z05/&? A@ A8@ AZ A8Z A96GJ @0'("? A@ A8@ AZ A8Z @%'$)#+#" [B^ [B[ _ _,5 _,5,T] R)%<$%&(,R? cBa cBa \ \ ^\ _,," _,,",T^ [\ _,T^ H)%C<(",O]P \ eB^ \ \ _Bb aBc ^\ 5 _,," _,,",T^ _ _,T^ H)%C<(",OcP [^Be \ \ ]B_ ^Be [\ _,," _,,",T^ _ _,T^ S(&?=%&&(f \ \ _Be [eBa [bBb _ 5 _,5 [\,5,T^ _ _,T^ R&($C>()gT? eBb ]bBa ]_Bb abBa [\]B] [\aB^ c\\ 5 [\,5 _,5,T^ _ _,T] H(%&(,O]P \ [bcBa ^B\ [Bc ]_Bb ]^B] [\ N _,," _,,",T^ _ _,T^ H(%&(,OcP \ [a[Bb [Bc [Bc _bBe _]Bb [\ N _,,> _,,N,T^ _ _,T^ H#++,O]P ^eB[ e_cB] [[B^ \ []bBc ^aBb _\\ > ]\,5 ^\,5,T^ ^\ _,T^ D/"-..-$F&$A-("-<<-(0*7$7-7-*M"-($IN2!O$0*;$"-<5-$'/(/9-5()-(0*7-* OT%)%5($)#()*"+("h,T0/*&%$#0"'+)DM(B,@0'("7)0C<4G77)*C>'C>)%"<(B,I#'C>("/%)%5($)#()*"+,O'?,i%7?^PP

180

160

140

120

100

80

60

Beale (6) Verbesserung gegenüber GLEAM gegenüber Verbesserung 40 Beale (3) Fletcher&P. 20 Hel.Valley Bracken (6) 0 Bracken (3) Fraktale F. Rosen. Compl. Rastrigin GR GvR GC GvC !""#P&$A-(7.-)>8$;-($-((-)>85-*$A-("-<<-(0*7-*$;-<$Q-R-).<$"-<5-*$N/01<$7-7-*M"-($IN2!O# O<(#",6#"$)%+h,F#(&2()$,"#C>$,())(#C>$B,;&%C>(),6#"$)%+h,F#(&2()$,7(#,>D>()(5,G*;2%"-,%&',A96GJ,())(#C>$P

Man kann feststellen, dass die hinsichtlich Parameteranzahl und Suchraumeigenschaften BMBF-Verbundprojekt OMID - 22 - einfacheren Funktionen Bracken, Beale und Ver- Rosen. Erfolg Aufwand 95,5% Sicherheit: Bigg am besten durch den Complex gelöst fahren Abbr. [%] [Eval.] Läufe Eval. werden und die breiter angelegte globale Su- n 8 94 64 6 016 Rosen- che von GLEAM zu aufwendig für das Prob- m 6 232 86 19 952 lem ist oder im Falle von Bigg GLEAM ohne brock h 30 764 15 11 460 Unterstützung des Complex-Verfahrens kaum Compl. 12 102 42 4 284 eine Chance hat. Bei den schwierigeren Pro- blemen versagt bis auf Fletcher & Powel der D/"-..-$P&$2(7-"*)<<-$;-($.4?/.-*$A-(1/8(-*

Complex und die Hybridisierung schneidet

10000 100 regelmäßig am besten ab. Allerdings arbeitet

GLEAM dabei mit wechselnden Partnern. Be- 8000 99

trachtet man nun die Parametrierungen der

erfolgreichsten Läufe auf der rechten Seite 6000 98

von Tab. 4, so kann man folgendes feststellen: 4000 97

Alle hybriden Varianten kommen mit kleinen

Evaluationen 2000 96 Erfolgsrate [%] Populationsgrößen zwischen 5 und 30 aus, die Abbruchschranke des Rosenbrock-Verfahrens 0 95

nimmt alle Werte zwischen n (niedrig) und x 60 90 120 150 180 210 240 270 300 (sehr hoch) an und die Nischenparametrierung Populationsgröße P2 dominiert. Es gibt also keine allgemein- Evaluationen Erfolg gültig günstige Parametrierung. Insbesondere ist unklar, welches lokale Verfahren besser !""#S&$!01R/*;$0*;$2(14.7<(/5-$34*$IN2!O geeignet ist und im Falle des Rosenbrock, mit welcher Abbruchschranke gearbeitet werden 5 soll. Darauf wird im letzten Abschnitt dieses 4 Kapitels noch weiter eingegangen werden. 3 4.2 Ergebnisse der 2 Designoptimierugen Der Vergleich der verschiedenen Verfahren 1 und Parametrierungen erfolgt auf der Basis gegenüber GLEAM Verbesserung 0 der zur Erreichung einer bestimmten Design- Rosen. Compl. GR GvR GC GvC qualität notwendigen Evaluationen. Da die !""#T&$A-(7.-)>8$;-($-((-)>85-*$A-("-<-(0*7-* Ergebnisse bereits auf dem Statusseminar [3] ;-<$Q-R-).<$"-<5-*$N/01<$7-7-*M"-($IN2!O ausführlich dargestellt wurden, wird hier nur eine Zusammenfassung gegeben. Abb. 7 vergleicht die erreichten Verbesserun- 4.2.1 Heterodynempfänger gen gegenüber GLEAM basierend auf den je- Wegen des relativ hohen Simulationsauf- weils besten Läufen der Hybriden und der be- wands wurden jeweils nur 50 Läufe durchge- rechneten Werte für die lokalen Verfahren. führt. Die lokalen Verfahren erreichen das Alle Hybriden arbeiten mit einer Populations- Qualitätsziel mit unterschiedlicher Zuverläs- größe von 5 und die günstigste Hybridisierung sigkeit, was in Tab. 5 mit den sich daraus GvC mit der Nischenparametrierung P3. ergebenden Aufwänden für eine Sicherheit 4.2.2 Drucksensor von 99,5% dargestellt ist. GLEAM erreicht ab Die Ergebnisse basieren auf 100 Läufen pro einer Populationsgröße von 150 zuverlässig Parametrierung und Verfahren. Bei der hier die Zielqualität, wobei der niedrigste Auf- benutzten strengeren Bewertung als in [2] wand bei einer Populationsgröße von 180 ent- erreichen die beiden lokalen Verfahren das steht, siehe Abb.6. Optimierungsziel in maximal 3% der Fälle (Rosenbrock) bzw. gar nicht (Complex). Bei GLEAM wird erst ab einer Populationsgröße BMBF-Verbundprojekt OMID - 23 - von 210 das Qualitätsziel zuverlässig erreicht rungen mit den bereits errechneten, um so und ab 360 auch bei niedrigen Evaluations- Simulationszeit zu sparen. Dies kommt be- raten. sonders beim Rosenbrock-Verfahren zum Die direkte Integration des Rosenbrock-Ver- Tragen, da in der Konvergenzphase relativ fahrens mit Abbruchschranke s bringt hinge- häufig sehr ähnliche Vektoren berechnet wer- gen stabile Verhältnisse, siehe Abb. 8. Der den, die vom Filter als identisch bewertet Aufwand ist mit dem der besten GLEAM- werden. Dementsprechend wird in der Tabelle Läufe über einen weiten Bereich der Popula- zwischen angeforderten und ausgeführten tionsgröße vergleichbar. Am besten schneidet Simulationen unterschieden. HyGLEAM eine Begrenzung der Iterationen des Ro- benötigt also nur etwa die Hälfte an real senbrock auf 100 ab (Ros-100), während bei durchgeführten Simulationen, um ein besseres 250 (Ros-250) etwas mehr Evaluationen bei Ergebnis zu erzielen als die nichthybride Va- gleichem Erfolg benötigt werden. Andere Ab- riante. Dies führte zu einer Laufzeit von 2 bruchschranken führen zu deutlich schlechte- Tagen und 15 Stunden auf 8 Suns unter- ren Ergebnissen. Die Integration mit dem schiedlicher Leistung (504 CPU-Stunden) bei Complex führt hier hingegen zu einem Mehr- GLEAM, während HyGLEAM mit 12 Tage aufwand. und 16 Stunden (304 CPU-Stunden) auf einer

Sun Ultra Sparc 10 auskam. Neuere Ergeb-

120 Ros-100 nisse zu variierenden Drücken und E-Modu-

len sind in [16] im gleichen Band zu finden. 100 Ros-250

80 Com

Auslenkun Spannung Evaluationen

60 g

bester [µm] [%] [N/mm [% angef. ausge

40 2

GLEAM-Wert ] ] f.

20 manuell 104 100 12 10

0 0

Evaluationen (Tausend) GADO 238 229 16 13 2897 1130

5

10 20 30 40 50 60 70 90

120 150 3 8 2 Populationsgröße HyGAD 251 241 17 14 1228 5935 !""#U&$H)(-?5-$L*5-7(/5)4* O 2 47 Tab.6: Optimierungsergebnisse 4.2.3 Aktorplatte Bei der Aktorplatte verbieten sich auf Grund der langen Simulationszeiten vergleichende 4.3 Schlussfolgerungen Läufe mit unterschiedlichen Parametrierun- Wie in den beiden vorigen Abschnitten dar- gen. Stattdessen sind die bisher gemachten gelegt, gibt es keine problemunabhängige Erfahrungen praktisch anzuwenden. Vergli- günstige Parametrierung für die Hybridisie- chen werden Ergebnisse, die mit einer Paral- rung: Bei einer neuen Aufgabe ist weder klar, lelversion von GLEAM erzielt wurden [15], welches der beiden lokalen Verfahren günsti- mit HyGLEAM unter Verwendung des Ro- ger ist, noch mit welcher Abbruchschranke senbrock-Verfahrens bei direkter Integration der Rosenbrock betrieben werden soll oder ob und mittlerer Abbruchschranke, wobei die und wenn ja mit welcher Verzögerung die Hälfte der Startpopulation vorgeneriert und lokale Suche zuzuschalten ist. Für die Popu- voroptimiert wurde [14]. Tab. 6 zeigt die lationsgröße kristallisiert sich immerhin her- Werte eines anfänglichen manuellen Designs aus, dass kleine Werte genügen. Sicherheits- und die der beiden Optimierungsergebnisse. halber sollte man einen Wert von zehn und Beim Vergleich des Aufwands ist folgendes bei wahrscheinlich schwierigen Problemen zu beachten: Die Komponente zur Ankopp- von 20 verwenden. Für die anderen Einstel- lung des FEM-Simulators speichert die simu- lungen sind selbstadaptive Lösungen anzu- lierten Parametervektoren zusammen mit den streben. So kann die Aufteilung zwischen Ergebnissen ab und vergleicht neue Anforde- Rosenbrock und Complex ausgehend von BMBF-Verbundprojekt OMID - 24 - einer Gleichgewichtung durch die Bewertung Hierzu zählen auch HTML-Formulare, die der von jeweils erreichtem Erfolg und dazu not- Anwender zur Konfiguration der Modelle be- wendigem Aufwand angepasst werden. nutzt. Nach der Durchführung der jeweiligen Man kann davon ausgehen, dass bei der Anwendung können auf den Seiten des Inter- Nachkommensverbesserung anfänglich auf net Web-Servers die Ergebnisseiten abgerufen das genaue (lokale) Optimum verzichtet wer- werden. den kann und die Präzision und damit der Aufwand erst im Laufe der Evolution anzu- steigen brauchen. Dies kann bei beiden Ver- fahren durch eine Begrenzung der Iterationen erreicht werden, die im Laufe der Evolution gelockert wird. Beim Rosenbrock kommt noch die Abbruchschranke als Einstellmög- lichkeit hinzu. Beide Parameter können wie- der durch das Verhältnis von erreichter Ver- besserung bei investiertem Aufwand gesteuert werden. Als weitere Steuergröße kommt noch die Nischenbildung in Betracht, mit der der Fortschritt der Suche beurteilt werden kann. Als Konsequenz aus den durchgeführten Un- !""#V&$W=XLD@GC<5-9/(>8)5-?50( tersuchungen kann gesagt werden, dass eine Hybridisierung auf der Grundlage der (verzö- Der Data-Server dient als Schnittstelle zwi- gerten) direkten Integration bei hinreichend schen Internet Web-Server und ORBIT-En- schwierigen Problemen eindeutig den ge- gine. In der Datenbank des Data-Servers wer- ringsten Aufwand an Evaluationen verursacht. den Modell- und Ergebnisdaten sowie Lauf- Dabei ist es problemabhängig, wie viel ge- zeitdaten von instanziierten Workflows vor- genüber GLEAM oder einem der lokalen Ver- gehalten. Der Data-Server verfügt über eine fahren im Falle ihrer Konvergenz eingespart SOAP-Schnittstelle zur Generierung neuer werden kann. Es wurden Einsparungen bis Modellstrukturen und der Konfiguration von zum Faktor 104 (Fletcher & Powel) und 137 Tools bzw. Workflows. (Bigg (3)) beobachtet. Bei nicht zu schwieri- gen Problemen empfiehlt es sich, auch aus Gründen des geringen Aufwands erst den Complex auszuprobieren. 5 Webbasiertes HyGLEAM mit ORBIT

5.1 ORBIT Abb. 9 gibt einen Überblick über Remote- Anwendungen mit dem in [8] ausführlicher beschriebenen ORBIT-System. Es besteht aus den in Abb. 10 dargestellten drei Komponen- Abb.10: Komponenten des ORBIT-Systems ten Internet Web-Server, Data-Server und ORBIT-Engine, die im folgenden kurz be- Die ORBIT-Engine stellt den eigentlichen schrieben werden. Kern des Systems dar. Sie verwaltet Work- Der Internet Web-Server stellt die externe flowdefinitionen und -instanzen und steuert Schnittstelle zum ORBIT-System dar. Er ver- den Fortschritt von laufenden Workflow- fügt über dynamische Webseiten, die je nach instanzen. Über die Remote-Tool-API werden Anwendung automatisch generiert werden. externe Tools über SOAP in den Workflow- BMBF-Verbundprojekt OMID - 25 - prozess integriert und die Toolaufrufe gesteu- des webbasierten Aufrufs eines Optimie- ert. Darüber hinaus verfügt die ORBIT-En- rungslaufs. Zuerst ist eine vorkonfigurierte gine über eine SOAP-basierte Service- Aufgabenstellung auszuwählen und dann das Schnittstelle, mittels derer externe Tools Zu- Optimierungsverfahren zu bestimmen. Je nach griff auf Konfigurationsdaten im ORBIT-Sys- Wahl des Verfahrens gelangt man dann zu tem erhalten. einem Unterformular, mit dessen Hilfe man die notwendige Parametrierung vornehmen 5.2 HyGLEAM in ORBIT kann, wobei für alle Eingabefelder Default- werte angeboten werden. In Abb. 12 ist das Zur Einbindung von HyGLEAM in das OR- Formular für GLEAM selbst dargestellt wäh- BIT-System wurde eine HyGLEAM-Engine rend Abb. 13 die Parametrierung der Hybridi- ohne Benutzerinterface implementiert, deren sierungsart „Voroptimierung“ zeigt. Während Steuerung vollständig über die Aufrufpara- eines Laufs kann der Benutzer Zwischen- meter und Dateien erfolgt. Die HyGLEAM- ergebnisse abfragen und gegebenenfalls den Engine wird in einen eigenen in Java imple- Lauf abbrechen. Am Ende eines Laufs erhält mentierten Tool-Agenten eingebettet, der die er die Ergebnisdaten. Kommunikation mit der ORBIT-Engine über- nimmt. Abb. 11 zeigt das Einstiegsformular

!""#%%&$2)*<5)-7<14(90./($1M($-)*-*$W,5)9)-(0*7<./01 BMBF-Verbundprojekt OMID - 26 -

!""#%:&$Y*5-(14(90./($+0($'/(/9-5()-(0*7$-)*-<$IN2!O@N/01<

!""#%B&$Y*5-(14(90./($+0($'/(/9-5()-(0*7$;-($ZC"();)<)-(0*7

6 Zusammenfassung W_Y j?,k%<07h,'CE!GF4&<&F*&F337"$#;&8"&E5< *57$%%C& F33%(#$0%5& 'C07(+(I$8("*& "B& G?"%:8("*$7C Die wichtigsten Ergebnisse der umfangrei- F%,"7(8;/6J, T)0C?, 0;, TT.I, =!!B, 9IZ., ^a]`B chen Untersuchungen zum Verhalten globaler ./)#"+()4=()&%+B,H()&#"B,^\\^? und lokaler Suchverfahren basierend auf dem WcY Z?,H&*5(h,E!GF4&<&F&KC685/&B"7&K(/:%$85+ Evolutionären Algorithmus GLEAM, dem L*8:(8(?5& !5$7*(*,?, T)0C?, 0;, TT.I, !B, 9IZ., a`cB Rosenbrock-Algorithmus und dem Complex- ./)#"+()4=()&%+B,[``[? Verfahren unter Verwendung mathematischer WbY Z?,H&*5(B,j?,k%<07h,E!GF4&<&$*&G?"%:8("< Benchmarkfunktionen und realer Design- *$7C& F%,"7(8;/& B"7& 2%$**(*,& $*+& ."*87"%& M$65+ probleme sind, dass "*& G?"%:8("*& K87$85,C?, !"h, 6?, Z%"$r4T%3, OS)'+?Ph [? (',<(#",+("()(&&,+V"'$#+'$(',=();%>)(",+#7$B A6ZZQ, ^\\^N& =0&?, 9%$(4H)(%<#"+, T%/()'B, 9? 9#8()50),I%$#0"%&,9%70)%$0)fB,^\\^?

^? 7(#,(#";%C>()(",G*;+%7(",5#$,+()#"+(),T%4 WeY G?,@(#;;()B,T?,@0>"%C>()h,Q@H!i,n,!"$()"($4 )%5($()%"3%>&, -#(, &0<%&(, =();%>)(", 5#$ 7%'#()$(, T&%$$;0)5, ;V), @(50$(4G"2("-*"+("?, !"h 2("#+(), G*;2%"-, 3*5, F#(&, ;V>)(", %&', -%' S?, 6++()$B, G, @(#;;(), OS)'+?Ph, QJ!1, n, Q/$#5#(4 +&07%&,%)7(#$("-(,A96GJB )*"+,80",J#<)0'f'$(5(",;V),1#%+"0'(4,*"-,o7()4 ]? %7, (#"(5, +(2#''(", .C>2#()#+<(#$'+)%-, -#( 2%C>*"+'%"2("-*"+(", OG7'C>&*M'(5#"%), -(' Sf7)#-#'#()*"+,#",R0)5,-(),-#)(<$(",!"$(+4 HJHR4=()7*"-/)0d(<$',QJ!1PB,RFlB,^\\^? )%$#0", 3*8()&:''#+, *"-, 5#$, 8()+&(#C>'2(#'( W`Y S?4T, .C>2(;(&h, G?"%:8("*& $*+& 938(/:/ +()#"+(5,G*;2%"-,3*5,F#(&,;V>)$B K55@(*,?,k0>",j#&(f,g,.0"'B,Z>#C>('$()B,[``_? a? >#"'#C>$&#C>, (#"(), %-%/$#8(", .$(*()*"+, -() W[\Y Z?,H&*5(B, j?,k%<07h, .:88(*,& D"O*& 27"+:#4 @(C>("3(#$%*;$(#&*"+, 32#'C>(", +&07%&() 8("*&."686& 0C& $& P5O& 938(/(I$8("*&458;"+J& T)0C? *"-, &0<%&(), .*C>(, *"-, -(), %-%/$#8(", G*'4 0;, $>(, k%/%", 4, m?.?G?, .f5/0'#*5, 0", R&(N#7&( G*$05%$#0"B,G.J6B,[``a 2%>&, -(', +((#+"($(", &0<%&(", =();%>)("' 2(#$()(),R0)'C>*"+'4,*"-, 6"$2#C<&*"+'7(4 W[[Y S?,S?,@0'("7)0C0-,;0) R#"-#"+,$>(,A)(%$('$,0),9(%'$,=%&*(,0;,%,R*"C$#0"B -%);,7('$(>$B,'#(>(,G7'C>"?,a?]? Z05/?,k?,]B,[`c\? Mit der webbasierten Version von Hy- W[^Y J?, k?, H0Nh, G, I(2, J($>0-, 0;, Z0"'$)%#"(- GLEAM wird eine Remote-Optimierung und Q/$#5#3%$#0", %"-, %, Z05/%)#'0", 2#$>, 0$>() damit eine wirtschaftlichere Nutzung der J($>0-'B,Z05/?,k?,eB,[`c_? Simulationswerkzeuge durch einen Applica- W[]Y !?,.#(7()B, S?,6++()$B, S?,A*$>B, j?,k%<07B, l?4 tion Service Provider ermöglicht. T?,.C>()()B, T?,F#(+&()h, D56(,*& 938(/(I$8("*& ."*< 6(+57(*,& Q"%57$*#5& GBB5#86& "B& 4(#7""38(#$%& M5*< Literatur #;56?, J#C)0.f'$(5, i(C>"0&0+#(', `eB, =164=()< &%+B,[``e? W[Y 1?,T($()'B,J?,A0)+('4.C>&(*$()B,j?,k%<07B,.? W[aY G?, E*#"$(h, 4"+5%%(57:*,& :*+& 938(/(57:*, T%)0-%$h, 4"+5%%0$6(5785& 938(/(57:*,& /(8& /$8;5< +57& F@8"73%$885?, !"h, @?, 9%*)B, 1?, T($()', OS)'+?Ph /$8(6#;5*& 458;"+5*& =& 5(*& >57,%5(#;& ?"*& @%$66< QJ!1, n, Q/$#5#()*"+, 80", J#<)0'f'$(5(", ;V) (6#;5*& :*+& 5?"%:8("*A75*& >57B$;75*?, b?, AJJ4 1#%+"0'(4, *"-, o7()2%C>*"+'%"2("-*"+(", O.$%4 j0)<'>0/, J($>0-(", *"-, j()<3(*+(, 3*5 $*''(5#"%)PB,=1!p=16B,^\\[? 6"$2*);,80",J#<)0'f'$(5("?,T%-()70)"B,[```? W[_Y j?,k%<07B,G?,E*#"$(B,l?4T?.C>()()B,S?6++()$h W^Y j?,k%<07B,H?,l"0))B,.?,T%)0-%$,B,1?,T($()'B,G? 938(/(I$8("*&"B&$&4(#7"&)%:(+(#&."/3"*5*8&:6(*, m>&#+h,938(/(57:*,&?"*&4(@7"6C685/5*?,e?,AJJ4 $&2$7$%%5%&G?"%:8("*$7C&F%,"7(8;/&$*+&K(/:%$8("* j0)<'>0/, J($>0-(", *"-, j()<3(*+(, 3*5, 6"$< M$65+& "*& D(6#7585& G%5/5*8& 458;"+6?, .?S()"s"4 2*);,80",J#<)0'f'$(5("?,H()&#"B,[```? -(3B, Z?G?H)(77#%, O6-'?Ph, Z05/*$(), G#-(-, Q/$#4 W]Y j?,k%<07B, 1?, T($()'h, D56(,*"38(/(57:*,& /(8 5*5,1('#+",0;,.$)*C$*)(',=!!B,j!i,T)(''B,.0*$>4 'CEFD9?,!"h,@?,9%*)B,1?,T($()',OS)'+?Ph,QJ!1,n %5/$0"B,^\\[? Q/$#5#()*"+, 80", J#<)0'f'$(5(", ;V), 1#%+"0'(4 W[cY G?, E*#"$(h, 4"+5%%(57:*,& :*+& 938(/(57:*, *"-,o7()2%C>*"+'%"2("-*"+(",O.$%$*''(5#"%)PB +57&F@8"73%$885?,!"h,S?,6++()$B,G,@(#;;(),OS)'+?Ph =1!p=16B,^\\[? QJ!1, n, Q/$#5#()*"+, 80", J#<)0'f'$(5(", ;V) WaY j?,k%<07h,'CE!GF4H&'C07(+&E5*57$!&3:7< 1#%+"0'(4, *"-, o7()2%C>*"+'%"2("-*"+(", OG74 3"65&G?"%:8("*$7C&F%,"7(8;/&$*+&458;"+?,T)0C?,0; 'C>&*M'(5#"%), -(', HJHR4=()7*"-/)0d(<$' $> _ , j0)&-, J*&$#C0";()("C(, 0", .f'$(5#C'B, Zf7()< QJ!1PB,RFlB,^\\^? "($#C',%"-,!";0)5%$#C',O.Z!q^\\[PB,^\\[? BMBF-Verbundprojekt OMID - 28 -

DESIGNOPTIMIERUNG VON MIKROSYSTEMEN MIT MODOS D. Peters*, H. Bolte*, O. Nüssen*, W. Jakob**, A. Quinte**, A. Schneider***, R. Laur* *Universität Bremen, ITEM, Postfach 33 04 40, 28334 Bremen **Forschungszentrum Karlsruhe, Institut für Angewandte Informatik *** Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen, Dresden Email: [email protected]

technische Komponten: links, im Querschnitt, Kurzfassung einen mikromechanischen Drucksensor und rechts daneben einen für medizintechnische Die Designoptimierung von Mikrosystemen Anwendungen entwickelten Telemetriechip. und deren Komponenten ist eine vielfältige Aufgabe, die nicht nur flexible Werkzeug- Beide Komponenten sind Bestandteile medi- unterstützung erfordert, sondern insbesondere zintechnischer Produkte zur Messung des auch die Entwicklung leistungsstarker Opti- Drucks in verschiedenen Körperbereichen: mierungsstrategien erforderlich macht. In z.B. Blutdruck, Druck im Inneren des Auges, diesem Beitrag wird das Optimierungswerk- Druck im Kopf. Bei jeder dieser Anwendun- zeug MODOS mit den im Rahmen dieses gen ist der Sensor in den Körper des Men- Forschungsvorhabens entwickelten angepass- schen zu implantieren. Die Messsignale sind ten Optimierungsstrategien anhand verschie- mit einer Signalvorverarbeitung so aufzube- dener Anwendungen vorgestellt. reiten, dass sie von der Telemetrieeinheit aus dem Körperinneren in Form eines digitalen 1 Einleitung Datenwortes drahtlos nach außen gesendet Die Verfahren der Mikrostrukturierung wer- werden können. Gleichzeitig übernimmt die den in den verschiedensten technischen Telemetrieeinheit die Energieversorgung des Bereichen zur Fertigung zuverlässiger und intelligenten Sensorchips. kostengünstiger Produkte eingesetzt. Auf- Neben einer stabilen Energieversorgung müs- grund des Zusammenwirkens verschiedener sen die Messsignale des Sensors möglichst physikalischer Domänen sowie aufgrund des fehlerfrei übermittelt werden. Die geforderte wachsenden Integrationsgrades von Mikro- Auflösung des Sensors ist zu realisieren und systemen nimmt die bei der Entwicklung zu der maximal zulässige Leistungsverbrauch beherrschende Systemkomplexität stark zu. darf nicht überschritten werden. Allein diese Designer sind daher mehr und mehr auf die Teilaspekte des Entwurfs des hier prototy- Unterstützung von CAD-Werkzeugen ange- pisch vorgestellten Mikrosystems verdeutli- wiesen. chen die Entwurfskomplexität solcher Syste- me. Üblicherweise wird ein modularer Ansatz gewählt, der das System in technisch weitge- hend abgeschlossene Blöcke unterteilt. Diese werden unter Zuhilfenahme von Modellie- rung und Simulation zunächst „virtuell“ ent- wickelt. Soweit als möglich wird die Funkti- onalität des Gesamtsystems entsprechend der Spezifikation, basierend auf Simulationen, sichergestellt. Anschließend werden erste Prototypen gefertigt. Abb. 1: Doch auch dieser modulare Ansatz wird mit Mikrosystemtechnische wachsender Integrationsdichte zunehmend Komponenten komplizierter und schwieriger zu handhaben. Designer benötigen neben Modellierung und Abbildung 1 zeigt zwei typische mikrosystem- Simulation weitere Entwurfsunterstützungen, BMBF-Verbundprojekt OMID - 29 - mit denen aus der Vielzahl existierender De- In Abschnitt 2 wird exemplarisch die Anwen- signvarianten diejenigen ausgewählt werden dung des modellbasierten Designoptimie- können, die die Spezifikation bestmöglich rungssystems MODOS auf die Optimierung erfüllen. Derartige Entwurfsunterstützungen von Teilaspekten bei der Entwicklung des können durch Verfahren der modellbasierten anfangs vorgestellten Mikrosystems darge- Designoptimierung geliefert werden. stellt. Im Abschnitt 3 werden drei an die Er- Ein Vorteil der modellbasierten gegenüber fordernisse der Mikrosystemtechnik angepas- beispielsweise der auf symbolischen Berech- ste Optimierungsverfahren vorgestellt. Ab- nungen basierenden Designoptimierung be- schnitt 4 und 5 stellen die Ergebnisse zur Op- steht darin, dass sie sich nahtlos in den heute timierung zweier Anwendungen des Ver- bereits etablierten Designprozess für Mikro- bundprojektes OMID vor, bevor im Abschnitt systeme einbinden lässt. Der Entwickler be- 6 die Zusammenfassung folgt. nötigt lediglich ein Werkzeug zur Optimie- rung, dass mit beliebigen Simulatoren gekop- 2 Exemplarische Anwendung pelt werden kann oder bereits gekoppelt ist. von MODOS in der Mikro- Problematisch dabei ist lediglich, dass die einzelnen Simulationen, die zur Bewertung systemtechnik eines Satzes von Designparametern benötigt Das Modellbasierte Designoptimierungssys- werden, sehr zeitintensiv sein können. Des tem MODOS (Abbildung 2) wurde speziell für weiteren liegt die meist nichtlineare Zielfunk- die Belange des Designs von Mikrosystemen tion nicht in analytischer Form vor. Es sind entwickelt. Im Folgenden wird das Konzept also neben einem flexiblen Optimierungs- von MODOS wie auch eine seiner möglichen werkzeug leistungsfähige Optimierungsalgo- Anwendung im Entwurfsprozess von Mikro- rithmen zur Verfügung zu stellen, die mög- systemen erläutert. lichst sicher die beste Designalternative er- mitteln können und gleichzeitig wenig Simu- lationen für die Suche benötigen.

In diesem Beitrag werden Ergebnisse der Arbeiten aus dem Forschungsvorhaben „Mo- dellbasierte Designoptimierung von Mikro- systemen“ zur Weiterentwicklung eines Werk- zeuges für die modellbasierte, rechnergestütz- te Designoptimierung (MODOS) präsentiert.

Zielsetzungen dieses Forschungsvorhabens Abb. 2: MODOS - GUI hinsichtlich der Werkzeugentwicklung waren: 2.1 Modellbasierte Designoptimie- • die Entwicklung von an die Problem- stellungen der Mikrosystemtechnik an- rung von Mikrosystemen gepassten Optimierungsalgorithmen; Die bei der Entwicklung von Mikrosystemen auftretenden Fragestellungen sind vielfältig. • die Entwicklung von hybriden Opti- Dazu zählen unter anderem Modellparame- mierungsalgorithmen; trisierungen (insbesondere von Verhaltens- • die Kopplung des am ITEM entwickel- oder Makromodellen), Machbarkeitsstudien, ten Optimierungswerkzeugs MODOS Komponenten- und Systemoptimierungen an diverse Simulatoren; hinsichtlich der vorgegebenen Spezifikation. Es ist also nicht sinnvoll, ein an feste Charak- • die Einbindung von MODOS in das teristika einer Designaufgabe angepaßtes Op- verteilt arbeitende, web-basierte Sys- timierungsverfahren zu entwickeln. MODOS tem MOSCITO [1]. stellt daher eine Auswahl verschiedener ein- BMBF-Verbundprojekt OMID - 30 - und mehrdimensionaler, beschränkt sowie Gültigkeit des Modells. Aufgrund der Viel- unbeschränkt arbeitender Algorithmen zur zahl von Parametern, den zwischen ihnen Verfügung. Die Formulierung der Bewer- auftretenden Wechselwirkungen und den über tungsfunktion (Zielfunktion) bleibt dem An- einen Wafer verteilten Parameterschwankun- wender überlassen. Dies kann von Nachteil gen ist diese Vorgehensweise sehr aufwendig. sein, wenn nur wenig Vorkenntnisse im Bereich der Optimierung vorhanden sind, birgt jedoch den Vorteil in sich, dass MODOS auf beliebige Problemstellungen angewendet werden kann. Des weiteren wurde MODOS mit diversen Simulatoren gekoppelt, da bei der Entwik- klung von Mikrosystemen sowohl feld- als Abb. 3: Querschnitt des Drucksensors auch netzlistenbasierte und Verhaltenssimula- toren eingesetzt werden. Prinzipiell kann jeder Effektiver und auch zuverlässiger kann die beliebige Simulator mit MODOS betrieben Entwicklung eines Modells gestaltet werden, werden. Realisiert wurden bislang folgende wenn Optimierungswerkzeuge wie MODOS Kopplungen: PSPICE, HSPICE, TITAN, SABER, unterstützend verwendet werden. Ausgehend MATHEMATICA. Da MODOS als sogenannte von Messungen oder FEM-Simulationen wird TCL/Tk-Applikation realisiert wurde, kann es die Kennlinie des Verhaltensmodells an die mit anderen TCL/Tk-Applikationen wie vorgegebene Kennlinie über Parametervaria- beispielsweise SABER direkt über Techniken tionen angepasst. Die Nominalwerte der De- der Interprozesskommunikation verbunden sign- bzw. Prozessgrößen werden in physika- werden [2]. lisch sinnvollen Grenzen vorgegeben, soweit sie bekannt sind. Kann das Modell die vorge- Um dem Anwender die Nutzung von MODOS gebene Kennlinie mit Abweichungen, die zu erleichtern, wurde eine interaktive Hilfe- kleiner als die Messgenauigkeit sein sollten, funktion in die graphische Oberfläche einge- nachbilden, und sind die Parameterwerte phy- baut. sikalisch sinnvoll gewählt worden, so bildet das Verhaltensmodell den Zusammenhang Die Anwendung von MODOS zur Optimierung zwischen der gemessenen Größe und den von Mikrosystemen wird anhand des in der Designparametern korrekt nach. Einleitung bereits diskutierten Systems exem- plarisch erläutert. Es handelt sich dabei um Anhand dieser Vorgehensweise wurde das eine medizintechnische Anwendung von der Verhaltensmodell des Drucksensors mit im Folgenden der Drucksensor mit Signalvor- MODOS evaluiert [3]. Verwendet wurden verarbeitung näher betrachtet wird. hierzu der Complex-Algorithmus [4], der ComplInt-Algorithmus [5], das Verfahren 2.2 Modellevaluation nach Rosenbrock [6] sowie der RCT- Bevor Verhaltensmodelle mikrosystemtechni- Algorithmus [7]. Um möglichst große Flexi- scher Komponenten zur Designoptimierung bilität zu bieten, wurde das Sensormodell in eingesetzt werden können, ist sicherzustellen, Form einer C-Funktion realisiert, die leicht in dass alle wesentlichen Effekte in der abstrak- MODOS und in SABER eingebunden werden teren Modellvariante enthalten sind. Zu die- kann. sem Zweck werden Verhaltensmodelle übli- cherweise manuell mit Werten parametrisiert, Ergebnis der Modellevaluation ist, dass der die aus FEM-Simulationen oder Messungen Zusammenhang zwischen der Sensorkapazi- bekannt sind. Ein visueller Vergleich zwi- tät, den geometrischen Parametern sowie ei- schen gemessenen bzw. FEM-Kennlinien und nigen Prozessparametern korrekt modelliert den entsprechenden Kennlinien der Verhal- wurde und das Modell somit für Komponen- tenssimulation liefert den Nachweis über die ten- wie auch Systemoptimierungen einge- BMBF-Verbundprojekt OMID - 31 - setzt werden kann. gen ein Design, dass bei einer Vergrößerung der Kantenlänge um ca. 15% und einer Ver- 2.3 Ableitung von Designvorgaben doppelung der Verstärkung des Operations- Das Drucksensorsystem besteht aus einem verstärkers die Spezifikation erfüllt. Im kapazitiv arbeitenden Absolutdrucksensor nächsten Schritt wäre ein entsprechender O- (Abbildung 3) und einem SC-Oszillator zur perationsverstärker zu entwickeln und das Signalaufbereitung (Abbildung 4). Sensordesign zu überarbeiten.

Die parasitären Kapazitäten Cp1 am Eingang 3 Entwicklung angepaßter und Cp2 am Ausgang des Sensors, die Ver- Optimierungsverfahren stärkung des Operationsverstärkers AD sowie die Dimensionierung der Referenzkapazität Die besondere Problematik der modell- basierten Designoptimierung besteht darin, CR und der Feedbackkapazität CF haben einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die daß Simulationsergebnisse zur Bewertung Güte des Ausgangssignals. Sie führen zu ei- einer Designvariante benötigt werden, die nem Fehler u , der eine Veränderung des Zielfunktionen also nicht in analytischer ! a Form vorliegen. Da Simulationen in der Pulsweitenverhältnisses und damit eine Ver- Mikrosystemtechnik sehr zeitaufwendig sein schlechterung der Auflösung nach sich zieht. können, sind für die modellbasierte Design- C u ∆ = ∆ − p2 ⋅ a optimierung effiziente mathematische ua ua,ideal CF AD Suchverfahren zur Verfügung zu stellen. Sie Um die vom Anwender geforderte minimale sollten möglichst global konvergieren und Auflösung realisieren zu können, ist der Ein- möglichst wenige Iterationsschritte zur fluss der parasitären Kapazität Cp2 zu mini- Ermittlung des Ergebnisses benötigen. mieren. Dies kann erreicht werden, indem die Feedbackkapazität CF bzw. die Verstärkung Neben der im Abschnitt 3.3 vorgestellten des Operationsverstärkers AD möglichst groß hybriden Strategie, die genetische Algorith- gewählt werden. Zu beachten ist dabei, dass men mit direkten Suchverfahren kombiniert, Kapazitäten sehr viel Chipfläche verbrauchen wurden im Rahmen dieses Forschungsvor- und deswegen nicht beliebig groß gewählt habens zwei leistungsfähige stand-alone Ver- werden können. Da auch die Verstärkung des fahren implementiert: ein für beschränkte Operationsverstärkers nicht beliebig groß ge- Problemstellungen entwickeltes Quasi-New- wählt werden kann, ist genau das Design ge- ton-Verfahren sowie ein neuartiges Polyeder- sucht, das für bestimmte maximal zulässige verfahren. Quasi-Newton-Verfahren zeichnen parasitäre Kapazitäten die vom Anwender sich in der Regel durch schnelle lokale geforderte Auflösung erzielt. Konvergenz aus, während das Polyeder- verfahren so konstruiert wurde, dass es lokal und global ausgerichtete Elemente bei der Suche miteinander kombiniert.

3.1 Quasi-Newton Verfahren Quasi-Newton Verfahren zeichnen sich durch ihre schnelle Konvergenz aus. Sie weisen jedoch den Nachteil auf, dass sie in der Regel in das dem Startpunkt am nächsten gelegene Abb. 4: SC-Oszillator lokale Optimum konvergieren. Dieses Ver- halten resultiert daraus, dass zur Ermittlung Beim manuell optimierten Nominaldesign der Suchrichtung die ersten sowie zweiten konnte die geforderte Auflösung nicht erreicht Ableitungen der Zielfunktion herangezogen werden. Die mit MODOS und SABER durchge- werden. führten Designoptimierungen erzielen dage- BMBF-Verbundprojekt OMID - 32 -

Quasi-Newton Verfahren bilden im aktuellen (Tabelle 1 bis 3) zeichnet sich der Trend ab, Designpunkt ein quadratisches Modell der dass das Verfahren mit dem Thuente-Ansatz Zielfunktion mit Hilfe eines Taylorreihenan- schneller, dafür aber ungenauere Ergebnisse satzes zweiter Ordnung: liefert, während die das Einschachtelungsver- 1 T ff()xxf'(x)xxxxAxx≈+ ( ) T () −+−()() − fahren anwendende Strategie relativ lange für kk k2 k k die Konvergenz benötigt, dafür aber genauere Die Suchrichtung für den nächsten Schritt Ergebnisse liefert. Beide Ansätze weisen das wird über das Optimum dieses lokal gültigen Problem der Wahl des Strafparameters auf. Modells ermittelt; die Schrittlänge in diese Richtung bestimmt man unter Verwendung Tab. 3: Testfunktion Schwefel 2.46 eines beliebigen eindimensionalen Linien- Boxing Boxing Thuente Thuente suchverfahrens. Startpkt ∆ in % Sims ∆ in % Sims 1 0,1 1717 0,1 532 Problematisch wird die Verwendung dieser 2 1,0 1932 0,1 490 Verfahren dann, wenn Beschränkungen bei 3 1,4 571 0,9 1093 der Optimierung zu berücksichtigen sind. Dies 4 0,7 808 0,3 1081 ist bei fast jeder technischen Aufgabenstellung 5 1,2 4180 0,1 216 der Fall. Deshalb wurden im Rahmen dieses Forschungsvorhabens verschiedene Ansätze zur Berücksichtigung von Nebenbedingungen 3.2 Polyederstrategie untersucht. Diese Untersuchungen basieren Polyederverfahren wie der Complex- alle auf dem sogenannten Straffunktionsan- Algorithmus nach Box [4] oder der Simplex- satz. Kritisch gestaltet sich insbesondere die Algortihmus nach Nelder und Mead [9] Implementation eines eindimensionalen be- zeichnen sich dadurch aus, dass sie unter schränkten Suchverfahrens zur Ermittlung der Anwendung verschiedener Operationen optimalen Schrittlänge. Hier werden derzeit (Spiegelung, Kontraktion, Reflektion) einen zwei Strategien untersucht: das Liniensuch- m-dimensionalen Polyeder durch den n- verfahren nach Moré und Thuente [8] sowie dimensionalen Raum in Richtung eines ein Einschachtelungsansatz. Optimums bewegen (m>n). Die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens entwickelte Tab. 1: Testfunktion Beale Polyederstrategie stellt ein Mischverfahren Boxing Boxing Thuente Thuente dar, das Elemente des Simplex und des Startpkt ∆ in % Sims ∆ in % Sims Complex-Algorithmus miteinander kombi- 1 0,2 2793 3,6 67 niert. Es ist daher sowohl zur Optimierung unbeschränkter als auch zur Optimierung 2 1,2 8969 2,5 59 beschränkter Problemstellungen geeignet. 3 0,5 10113 1,4 59 4 0,5 9333 - - 3.2.1 Theoretische Darstellung des 5 0,8 10022 - - Verfahrens Tab. 2: Testfunktion Rosenbrock Neben den für Polyederverfahren üblichen Operationen Spiegelung, Reflektion und Kon- Boxing Boxing Thuente Thuente traktion führt das hier vorgestellte Verfahren Startpkt ∆ in % Sims ∆ in % Sims nach erfolgreicher Reflektion eine Überre- 1 0,2 2917 0,2 47 flektion durch. Auch kann bei nicht 2 0,2 3104 0,8 81 erfolgreicher Kontraktion eine sogenannte 3 0,2 3086 1,9 72 multiple Kontraktion durchgeführt werden, 4 0,2 2948 4,4 32 bei der sich der gesamte Polyeder um den 5 0,2 2783 - - bislang besten Punkt herum zusammenzieht. Je nach Art der Optimierungsaufgabe führt Bei den derzeit durchgeführten Evaluationen das Verfahren mit multipler Kontraktion anhand von mathematischen Testproblemen besser oder weniger gut zum gewünschten BMBF-Verbundprojekt OMID - 33 -

Ergebnis. Daher hat der Anwender die Tab. 4: Evaluierung Polyederverfahren Möglichkeit, dieses Feature gezielt auszu- (Benchmarks ohne Beschränkungen)2 wählen. Außerdem wird der Reflexionsfaktor T1 T2 T3 T4 T5 T6 T7 bei dem hier vorgestellten Verfahren auto- Pol 225 165 390 360 100 30 185 matisch an die Eigenschaften der zu be- Box 300 400 710 n.e. 175 n.e. 295 arbeitenden Optimierungsaufgabe angepaßt, Sub 290 250 n.e. 370 180 35 270 bleibt während einer Optimierung jedoch Sim 210 220 890 n.e. 80 n.e. 140 konstant. Nel 200 190 770 330 75 40 160 Neben diesen Charakteristika zeichnet sich das Verfahren im wesentlichen durch folgende Tab. 5: Evaluierung Polyederverfahren Eigenschaften aus: (Benchmarks mit Beschränkungen) Smith Wolfe Bracken • üblicherweise arbeitet das Verfahren Pol 270 545 59 mit einem ausgehend vom durch den Box 32676 7041 448 Anwender vorgegebenen Startpunkt zu- Guin 35896 9169 466 fällig aufgebauten Polyeder; • kombiniertes Abbruchkriterium der bei- 3.2.2 Modelloptimierung magnetischer den oben aufgeführten Verfahren; Komponenten • automatischer Teilrestart nach zu gro- Das Polyederverfahren wurde aufgrund seiner ßer Anzahl von erfolglosen Kontraktio- zuverlässigen Konvergenzeigenschaften zur nen; Parametrisierung eines Kompaktmodells für hartmagnetische Materialien [14] eingesetzt. • lokale oder globale Ausrichtung des Restarts, je nach Vorgabe des Anwen- ders. Erste Evaluationen, basierend auf mathemati- schen Testfunktionen (Tabelle 4 und 5), führen zu vielversprechenden Ergebnissen, insbesondere bei den beschränkten Testfunk- tionen. Bei den Benchmarkfunktionen ohne Be- schränkungen ist jeweils die Anzahl der Simulationen des besten Laufs dargestellt1, da für statistische Auswertungen nicht genügend Referenzdaten zur Verfügung standen. In Abb. 5: minor loop Tabelle 2 sind dagegen jeweils die Anzahl der Dabei waren die Modellparameter jeweils so Simulationen dargestellt, die die Algorithmen zu wählen, dass das Modell die zu zur Erzielung einer 99%igen Konvergenz- bestimmten Materialien vorgegebenen minor sicherheit benötigen würden. loops (Kleinsignalverhalten, Abb. 5) wie auch Bei den unbeschränkten Testproblemen ist das Hysteresekurven (Großsignalverhalten, Abb. Polyederverfahren von der Güte her vergleich- 6) nachbilden kann. Die für Klein- und bar mit dem speziell für diese Aufgaben- Großsignalverhalten ermittelten Parameter- stellungen entwickelten Verfahren nach sätze führten zu sehr guten Übereinstim- Nelder und Mead; bei den beschränkten mungen mit den Messwerten. Die Ergebnis- Testbeispielen schneidet das Polyederverfah- ren weitaus besser ab als die Verfahren nach

Box und Guin. 2 Pol: Polyederverfahren; Box: Complex Algorithmus nach Box; Sub: Suplexverfahren; Sim: Simplexverfah- ren; Nel: Simplex nach Nelder und Mead; Guin: 1 n.e. bedeutet “Optimum nicht erreicht“ Complex Algorithmus nach Box BMBF-Verbundprojekt OMID - 34 - kurven sind in Abbildung 5 und Abbildung 6 und unterscheiden sich lediglich in der Wahl dargestellt. des Abbruchkriteriums. Der erste Lauf (rot) arbeitete mit einer Fehlervorgabe von 1.0e-3 und erzielte im Ergebnis einen Zielfunktions- wert von 1.4823e-3 3. Der zweite Optimie- rungslauf (rosa) arbeitete mit einer Fehlervor- gabe von 1.0e-4 und erzielte im Ergebnis einen Zielfunktionswert von 1.8054e-5.

An diesen beiden Ergebnissen sind die zentralen Eigenschaften des Polyederverfah- rens deutlich zu erkennen:

• Abb. 6: Hysteresekurve einstellbare Konvergenzgeschwindig- keit die mit der Genauigkeit des 3.3 Verfahrensvergleiche mit Hilfe Ergebnisses korreliert ist; • der MOSCITO-Schnittstelle im hier gewählten lokalen Modus zieht sich der Polyeder relativ schnell Im Laufe des Verbundprojektes OMID wurde zusammen, was insgesamt betrachtet MODOS in des System zur Verteilten Simu- zu einer verhältnismässig schnellen lation und Optimierung, MOSCITO, eingebun- Konvergenz führt; den. Hierzu waren die entsprechenden Schnitt- • durch die Überreflektionen und stellen und Agentenbeschreibungen bereit zu Neustart hat der Polyeder aber auch stellen. Die Arbeiten wurden in enger wieder die Möglichkeit zu expandie- Kooperation mit der Fraunhofer Gesellschaft ren (ist jeweils gegen Ende der Suche Dresden durchgeführt. zu beobachten). Dieses Verhalten ver- hindert eine vorzeitige Konvergenz.

3.4 Hybride Strategien In Kooperation mit dem Forschungszentrum Karlsruhe wurde während dieses Verbund- vorhabens an der Entwicklung eines hybriden Optimierungsverfahrens gearbeitet. Grund- lage dafür stellten zum einen das am Forschungszentrum entwickelte GADO- Verfahren [10] sowie die am ITEM implementierten direkten Suchverfahren nach Rosenbrock [6] und Box [4] dar. Das GADO- Verfahren verbindet die positiven Eigenschaften klassischer genetischer Algo- rithmen geschickt mit den Vorzügen der evolutionären Algorithmen.

Abb. 7: MODOS-Optimierungen mit 3.4.1 Eingesetzte Umschaltkriterien MOSCITO Den kritischsten Punkt bei der Entwicklung hybrider Strategien stellt die Formulierung In Abbildung 7 ist die Veränderung eines erfolgreicher Strategien zur Kombination der Designparameters während zwei verschiede- Optimierungsalgorithmen dar. Bei den hier ner Optimierungsläufe dargestellt. Beide Läufe wurden mit dem in Abschnitt 3.2 3 vorgestellten Polyederverfahren durchgeführt Das tatsächliche Optimum liegt bei einem Zielfunkti- onswert von 0.0. BMBF-Verbundprojekt OMID - 35 - durchgeführten Arbeiten wurden folgende von der hybriden Strategie geliefert wurde. Kopplungsstrategien untersucht: Auch liegt die Auslegung dieser Designvari- ante nicht unbedingt auf der Hand. Manuelle • Vorinitialisierte Startpopulation Designoptimierungen hätten wahrscheinlich 10% - 100% der Individuen der Start- kaum zu solch einem Ergebnis geführt. population werden voroptimiert • Nachkommensverbesserung lokales Suchverfahren wird zur Opti- mierung des besten Nachkommens ein- gesetzt • Nachoptimierung Finetuning der Evolutionsergebnisse mit lokalem Suchverfahren Die theoretischen Hintergründe dieser Strate- gie werden in [11] detailliert erläutert.

3.4.2 Ergebnisse zur Strukturoptimierung der Aktorplatte Aufgrund der Möglichkeit, Problemstellungen Abb. 8: Ergebnisse zur mit variierender Anzahl an Designparametern Strukturoptimierung der Aktorplatte behandeln zu können, eignet sich das hybride Verfahren insbesondere zur Strukturoptimie- 4 Multikriterielle Optimierung rung der Aktorplatte (Abbildung 7). einer Mehrfachionisations- kammer Die im Verbundprojekt OMID im Rahmen einer vorwettbewerblichen Entwicklung un- tersuchte Mehrfachionisationskammer (Ab- bildung 9), kurz MFIK, der Firma VacuTec Meßtechnik GmbH, erweitert die Messwerte Abb. 7: Aktorplatte klassischer Ionisationskammern um eine ein- Die Aktorplatte kann beispielsweise in dimensionale Ortsauflösung. Mit der MFIK fluidischen Systemen als Ventil eingesetzt werden Materialbahnen während der Produk- oder zum Aufbau eines Braillearrays verwen- tion bezüglich ihrer Kantenlage oder Flä- det werden. Auf Realisierung und Funktion chenmasse überwacht. der Aktorplatte geht der Beitrag der Bartels mikrotechnik AG genauer ein [12]. Ziele der Bei der Optimierung sind drei Kriterien zu Optimierung dieses mikrotechnischen Ele- berücksichtigen, die teils gegenläufig sind: ments war es, neben einer möglichst großen • der Strom in den Zellen soll absolut Auslenkung nur kleine Verspannungen in der maximiert werden, um einen guten Platte zu haben. Rauschabstand zu erhalten • die Steigung der Stromflanke soll ma- In Abbildung 8 sind die Ergebnisse zur ximiert werden, um eine exakte Kan- Strukturoptimierung der Aktorplatte darge- tendetektion zu ermöglichen stellt. Mit dem manuell optimierten Entwurf wurden weitaus schlechtere Ergebnisse erzielt • der Durchstrahleffekt soll minimiert als mit den automatisierten Ansätzen zur werden, um die Signalverfälschung zu Optimierung des Systems. Überraschend ist verringern jedoch insbesondere, dass das beste Ergebnis BMBF-Verbundprojekt OMID - 36 -

Für die Optimierung sind der Kammerdruck, von der gewählten Zielfunktionsart ergaben die Abstände von der Quelle zur Materialbahn die statischen Gewichtungen immer eines der und von der Materialbahn zur Kammer, der folgenden qualitativen Ergebnisse: Elektrodenabstand und die Abschirmdicke • Verbesserung hinsichtlich des Abso- variabel. Insgesamt sind also fünf Parameter lutwertes des Stromes und hinsichtlich für die Optimierung in den konstruktionsbe- der Stromflankensteigung bei gleich- dingten Grenzen frei, und es existieren drei zeitiger Verschlechterung des Durch- Kenngrößen, anhand derer eine Aussage über strahleffektes die Optimalität getroffen werden soll. • Verbesserung des Durchstrahleffektes bei gleichzeitiger Verschlechterung des Absolutwertes des Stromes sowie der Stromflankensteigung Erst die in [13] vorgeschlagene dynamische Gewichtung der Einzelkriterien führt zu einer gleichzeitigen Verbesserung aller drei Ziele: die Durchstrahlung konnte um die Hälfte re- duziert werden, wobei die Stromflankenstei- gung in etwa verdoppelt wurde und der Ab- solutwert des Stromes mit dem Faktor 2,5 zunahm. 5 Ergebnisse zur modellbasier- Abbildung 9: Skizze der Mehrfachionisati- ten Designoptimierung onskammer medizinischer Teststreifen Ebenfalls im Rahmen des Verbundprojektes Ziel der Designoptimierung für die MFIK war OMID wurde eine Optimierung des Mikro- neben der eigentlichen Systemoptimierung die systems „Medizinische Teststreifen“ durch- Untersuchung des Einflusses der Bewertungs- geführt. Abbildung 10 zeigt den mit Säulen funktion. strukturierten Bereich eines Mikrokanals.

Für die MFIK wurde am ITEM ein physikalisch parametrisierbares C-Modell entwickelt, das einfach mit MODOS gekoppelt und in Verhal- tenssimulatoren wie SABER eingebunden wer- den kann. Die diversen Zielfunktionsformulie- rungen wurden ebenfalls als C-Funktionen zu MODOS hinzugefügt. Untersucht wurden ver- schiedene, statisch gewichtete Ansätze sowie ein Ansatz zur dynamischen Wichtung der Einzelkriterien. Die Durchführung der Opti- mierungen erfolgte mit dem Complex- Abbildung 9: Strukturierter Mikrokanal Algorithmus nach Box [4] bzw. mit dem RCT- Algorithmus [7]. In Kooperation mit dem Industriepartner STEAG microParts GmbH und dem For- Im Vorfeld der eigentlichen Designoptimieru- schungszentrum Karlsruhe wurde am ITEM gen wurden die Maxima sowie die Minima ein Verhaltensmodell entwickelt, dass die der Einzelkriterien ermittelt. Erst dadurch Grundlage der modellbasierten Optimierung werden gezielte Skalierungen und Gewichtun- bildet [15]. gen der Einzelkriterien möglich. Unabhängig Ziel der Optimierung war es zunächst, einen optimalen Zusammenhang der Strukturhöhe BMBF-Verbundprojekt OMID - 37 - und des Säulenabstands zu finden. Für eine gegebene Befüllungseit für eine vorgegebene vorzugebende Befüllungszeit werden die ent- Teststrecke zu erreichen. Das Optimierungs- sprechenden Werte ermittelt, so dass der In- ergebnis ist unendlich vieldeutig, d.h. es dustriepartner einen Wert vorgibt, beispiels- ergibt sich kein optimaler Arbeitspunkt, weise nach prozesstechnischen Belangen und sondern ein als optimal ermittelter Zusam- über den anderen die gewünschte Befüllungs- menhang zwischen den beiden Parametern, zeit einstellen kann. In der Anwendung ent- wie in Abbildung 10 dargestellt. spricht diese Zeitvorgabe Ablösezeiten für Reagenzien oder chemischen Reaktionszeiten, a(h) | t=2s die möglichst genau erreicht werden sollen. Als Messtrecke dient der Kanalbereich zwi- 60 schen der Position 1 mm hinter dem Kanal- 40 einlass und 7 mm. Dieser Kanalbereich soll in a [µm] 20 einer bestimmten Zeit von der Fließfront über- 0 strichen werden. 20 40 60 80 100 120 Es ist ein Zusammenhang zwischen Struktur- h [µm] höhe, Säulenabstand, Druck und Volumen- strom gesucht, der den jeweils gültigen Ar- beitspunkt bestimmt. Eine geschlossene Ziel- Abbildung10: Parameteroptimierung für funktion ist hierfür nicht definierbar. Die Abstand und Höhe der Säulen Grundlage zur Lösung dieses Problems bilden Für eine frei gewählte Zeit von 2 Sekunden Variantensimulationen, in denen der Fluss in für die Teststrecke 1 mm bis 7 mm ergibt sich Abhängigkeit vom Druck einerseits, sowie die obige Zuordnung von Wertepaaren. Qua- von Strukturhöhe und Säulenabstand in litativ ist nachvollziehbar, dass sich bei einer verschiedenen Kombinationen andererseits großen Strukturhöhe der Kanalwiderstand bestimmt wird. Die Überführung der Simu- verringert, was durch enger stehende Säulen, lationsergebnisse in eine analytische Bezie- also einem kleineren Säulenabstand ausge- hung erfolgte zunächst anhand der einzelnen glichen wird, um die gleiche Befüllungszeit, Parameterkurven, die mit der gleichen Fit- d.h. den gleichen Gesamtfluss zu erhalten und funktion approximiert wurden, anschließend umgekehrt. wurden die erhaltenen Fitparameter in Abhän- Da es für eine zu formulierende Zielfunktion gigkeit der Optimierungsparameter erneut kein eindeutiges Minimum gibt, werden zu- approximiert. nächst eindimensionale Optimierungsansätze Für Aussagen über die Befüllungszeit der verfolgt, bei denen für feste Werte der Struk- Teststrecke benötigt man eine genaue Er- turhöhe der Säulenabstand dem Zeitkriterium fassung von simulierter Zeit und erreichter entsprechend eingestellt wird. Für die Auf- Fließfrontposition. Daher wurde ein linearer nahme einer Kurve wie in Abbildung 10 wird Interpolationsansatz zwischen den räumlichen somit je ein Optimierungslauf pro Stützstelle und zeitlichen Simulationswerten imple- benötigt. mentiert, welche die Start- und Endpositionen der Zeitmessung umgeben. Somit werden die 6 Zusammenfassung genauen Zeit- und Positionsmarken für die Teststrecke ausreichend genau approximiert. In diesem Beitrag wurde der Hintergrund zur Entwicklung des modellbasierten Designopti- 5.1 Optimierungsergebnis mierungssystems MODOS kurz erläutert, seine Anwendung im Bereich der Mikrosystem- Je nach Vorgabe des Optimierungszieles gibt technik an verschiedenen Anwendungen es bei zwei gleichgerichtet wirkenden Para- demonstriert sowie die Entwicklung verschie- metern einen mehr oder weniger großen Lö- dener neuer mathematischer Optimierungs- sungsraum an Arbeitspunkten, in dem sich für algorithmen erläutert. jeden Wert des einen Parameters ein Wert des Die im Projekt betrachteten Anwendungen anderen finden lässt, um die gleiche vor- verdeutlichen verschiedene Aspekte, die bei BMBF-Verbundprojekt OMID - 38 - der automatisierten Auslegung von Mikrosys- [10] Jakob, W.: HyGLEAM - An Ap- temen zu berücksichtigen sind. So sind in der proach to Generally Applicable Hybridization Regel multikriterielle Optimierungsaufgaben of Evolutionary Algorithms. in: J.J.Merelo, zu bearbeiten, wobei die einzelnen Optimie- A. Panagiotis, H.-G. Beyer (Hrsg.): Conf. rungsziele auch gegenläufig sein können, wie Proc. PPSN VII, LNCS 2439, Springer- dies bei der MFIK der Fall war. Die Struktur- Verlag, Berlin. 2002. optimierung der Aktorplatte hat auf [11] Jakob, W.; Peters, D.: Internetbasierte beeindruckende Weise verdeutlicht, welchen Designoptimierung mit HyGLEAM. Dieser Vorteil die Entwickler aus der Optimierung Tagungsband. ziehen können. [12] Tahhan, I.: Die Aktorplatte – ein universeller fluidischer Mikroaktor. Dieser Literatur Tagungsband. [13] Bolte, H. et al.: Verhaltensmodelle [1] Schneider, A.; Schneider, P.; und multikriterielle Optimierung im Ent- Gramatová, E.; Ivask, E.: Internetbasierter wurfsprozess von komplexen Systemen am Systementwurf mit MOSCITO. 10. E.I.S. Beispiel einer Mehrfachionisationskammer. Workschop, Dresden, 3.-5. April 2001 ASIM 2001 [2] Gibron, M.: Universelle Schnittstelle [14] Brachtendorf, H.G.; Laur, R.: A zur Werkzeugintegration in SABER. 2. Hysteresis Model for Hard Magentic Core Statusseminar zum Verbundprojekt Materials. IEEE Transactions on Magnetics, Modellbildung für die Mikrosystemtechnik, vol. 33, (1)723-727, 1997 Paderborn, 1:75-82, Dezember 1997 [15] Nüssen, O. et al.: Modellbasierte [3] Peters, D.; Laur, R.: Microsystem Optimierung Medizinischer Teststreifen aus Model Evaluation Via Optimization th Kunststoff, Beitrag im Tagungsband des Strategies. Proceedings of the 4 International OMID-Abschluss-Seminars, November 2002 Conference on Modeling and Simulation of Microsystems, South Carolina, März 2001 [4] Box, M. J.: A new method of constrained optimization and a comparison with other methods. Computer Journal, 8:42- 52, 1965 [5] Peters, D.; Bolte, H.; Nüssen, O.; Marschner, C.; Laur, R.: Enhanced optimization algorithms for the design of microsystems. DTIP, April 2001 [6] Rosenbrock, H. H.: An Automatic Method for finding the Greatest or Least Value of a Function. Computer Journal, 3:175-184, 1960 [7] Peters, D.; Laur, R.: An Improvement of Rosenbrock’s Algorithm for modelbased Design Optimization of Microsystems. Sixth IEEE International Conference on Electronics, Circuits and Systems, Zypern, 1999 [8] Moré, J.J.; Thuente, D.J.: Line Search Algorithms with Guaranteed Sufficient Decrease. ACM Transactions on Mathematical Software, Vol. 20, 3:286-307, September 1994 [9] Nelder, J.A.; Mead, R.A.: A simplex method for function minimization. Computer Journal, 7:308-313, 1965 BMBF-Verbundprojekt OMID - 39 -

BETRACHTUNG DES FLÜSSIGKEITSVERHALTENS IN MEDIZINISCHEN TESTSTREIFEN AUS KUNSTSTOFF C. Schön, I. Ballhorn, STEAG microParts GmbH Email: [email protected]

stoffteilen durchzuführen, da dies die Her- Kurzfassung stellung eines Formeinsatzes für jede Vari- ante bedeuten würde. Dies ist sehr zeit- und Um die Optimierungszyklen für den fluidi- kostenintensiv und kann die Markteinführung schen Teil von medizinischen Reaktionsplatt- eines Produktes um mehrere Monate verzö- formen aus Kunststoff abkürzen zu können, gern. wird angestrebt, Designvarianten mittels Mo- Als Alternative zur iterativen Annäherung an dellbildung und Simulation auf ihre Funktion die optimale Struktur mittels Testmustern zu überprüfen und die Optimierung ebenfalls werden häufig Simulation und computerge- durch mathematische Verfahren zu beschleu- stützte Optimierung genannt. Es existieren nigen. verschiedene Softwaretools, die für Dazu werden typische mikrofluidische Struk- mikrofluidische Problemstellungen geeignet turen (verschiedene Kanäle mit Mikrostruktu- erscheinen, wie z.B. CFX der Firma AEA ren) mittels Mikrospritzguss aus Kunststoff Technology oder FiDAP der Firma Fluent. hergestellt und das fluidische Verhalten von Diese Softwarepakete bieten Unterstützung Flüssigkeiten in diesen Kanälen mit den Si- für die Untersuchung von mikrofluidischen mulationsergebnissen verglichen. Vorgängen, bei denen die Kapillarkraft die treibende Kraft ist bzw. lassen das Erweitern 1 Einleitung des Paketes durch eigenen Code zu. Diese Mikrofluidische Einmalartikel aus Kunststoff Pakete sind jedoch nicht ursprünglich für die bieten der medizinischen Diagnostik hohe Simulation von mikrofluidischen Aufgaben- Innovationspotenziale. So führen kleinere stellung entwickelt worden. Sie kommen aus Reaktionsvolumina zu einem geringeren dem Makrobereich (z.B. Pipelines, Rauch- Chemikalienverbrauch und zu schnelleren ausbreitung in Gebäuden usw.) und wurden Reaktionszeiten, die Integration von verschie- dann durch zusätzliche Module um die erfor- denen Funktionen und Analysen auf einer derlichen mikrofluidischen Bestandteile er- mikrostrukturierten Reaktionsplattform (Lab weitert. on a Chip-Technologie) ergeben dabei gleich- In der Mikrofluidik spielen jedoch Effekte zeitig neue Potenziale. wie Benetzung einer Oberfläche, Adhäsion Zahlreiche, meist aufwändige Mikrostruktu- der Flüssigkeit an der Kanalwand oder Ober- rierungsverfahren (z.B. optische Lithographie, flächenspannung eine deutlich größere Rolle Laserbearbeitung, Präzisionserodieren, Reak- [1] als dies im Makrobereich der Fall ist, wo tives Ionenätzen von Silizium oder mikrome- bei Simulationen die genannten Phänomene chanische Bearbeitung) werden bei STEAG vernachlässigt werden dürfen. microParts GmbH zur Herstellung einer Mas- Es ist daher zu prüfen, ob die durch Simulati- ter-Struktur eingesetzt. Hieraus wird anschlie- on ermittelten Parameter tatsächlich mit den ßend ein Formeinsatz hergestellt, der die kos- realen Größen übereinstimmen. Dazu werden tengünstige Massenproduktion von mikro- typische mikrofluidische Strukturen durch strukturierten Artikeln in Kunststoff ermög- Abformung mittels Mikrospritzguss in Kunst- licht. stoff hergestellt. Das sind hier verschiedene Wegen der kostenintensiven Herstellung der Kanäle mit Tiefen zwischen 25µm und 50 Formeinsätze ist es anzustreben, die Optimie- µm, die mit unterschiedlichen Mikrostruktu- rung nicht mittels Testreihen an verschiedenen ren (Säulen verschiedener Formen und Quer- Designvarianten von abgeformten Kunst- schnitte) besetzt sind. An diesen werden Mes- BMBF-Verbundprojekt OMID - 40 - sungen durchgeführt, insbesondere wird die ren und andere zur Verfügung. Die im Projekt Fließgeschwindigkeit unter verschiedenen genutzten Teststrukturen wurden durch Bedingungen gemessen und mit den durch Spritzguss hergestellt. Simulation ermittelten Werten verglichen. Neben einfachen Mikrokanälen ohne Mikro- Wenn die Kennwerte von Messung und Si- strukturen (siehe Abbildung 1) wurden in mulation bei den vorliegenden Teststrukturen einer 2. Projektstufe mittels lithographisch übereinstimmen, kann davon ausgegangen hergestellter Formeinsätze auch komplizierte- werden, dass die modellbasierte Simulation re Mikrostrukturen abgeformt. Diese bestehen und Optimierung von mikrofluidischen aus einem Kanal mit den gleichen Abmes- Strukturen eine Alternative zur Optimierung sungen wie die einfachen Kanäle (Breite 3 mittels Testmustern und Prototypen ist. Bei mm, Tiefe 25 µm oder 50 µm), haben jedoch Einsatz der computergestützten Verfahren im Kanal Mikrostrukturen (Säulen). wäre eine deutlich schnellere Entwicklung von medizinischen Teststreifen aus Kunststoff u.ä. möglich. 2 Herstellung von medizini- schen Teststreifen

2.1 Formeinsatzherstellung Die Formeinsatzherstellung ist die Basis für die Abformung von medizinischen Einmalar- tikeln aus Kunststoff. Durch die tausendfache Abformung eines Formeinsatzes können sol- Abbildung 1: Teststruktur: einfache Mik- che Kunststoffteile auch unter Einhaltung der rokanäle erforderlichen hohen Genauigkeit kosten- Um die Messungen auch untereinander ver- günstig in großen Stückzahlen hergestellt gleichen zu können, wurden mehrere Vari- werden. anten der mikrostrukturierten Kanäle herge- Bei der Formeinsatzherstellung für medizini- stellt. Es wurden sowohl die Art der Mikro- sche Teststreifen und Reaktionsplatten (Lab strukturen als auch die Geometrie variiert. on a Chip-Technologie) werden spezialisierte Außerdem wurden verschiedene Deckel her- Verfahren eingesetzt. Dazu zählen optische gestellt, um auch den Einfluss des Deckels Lithographie, Excimer-Laserbearbeitung, Prä- auf das fluidische Verhalten beurteilen zu zisionserodieren, Reaktives Ionenätzen von können. Silizium oder mikromechanische Bearbeitung Eine Auflistung der verwendeten Teststruktu- mit Formdiamanten. Durch diese Bearbei- ren ist in Tabelle 1 dargestellt. tungsverfahren wird eine Masterstruktur her- Tabelle 1: Verwendete Teststrukturen gestellt, die in nachfolgenden Schritten durch Galvanoformung in einen Formeinsatz kopiert Name Mikrostruktur Kanaltiefe wird. Bodenplatte 1 Runde Säulen, 25 µm Diese Metallkopie der Masterstruktur (also ø 10µm das Negativ) wird nach einigen zusätzlichen Bodenplatte 2 Runde Säulen, 50 µm Bearbeitungsschritten als Formeinsatz einge- ø 10 mm setzt. Bodenplatte 3 Lamellen, 25 µm b = 10 µm, 2.2 Abformung l = 50µm Der metallische Formeinsatz wird zur Repli- Eine Aufnahme mit dem Rasterelektronen- kation des Kunststoffteiles eingesetzt. Dazu mikroskop (REM) der Mikrostruktur von stehen STEAG microParts GmbH neben Bodenplatte 1 ist in Abbildung 2 zu sehen. Kunststoff-Spritzguss auch Heißprägeverfah- Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Abform- BMBF-Verbundprojekt OMID - 41 - teils vom Kanalanfang. Das gezeigte Kunst- sches Bonden, Heißsiegeln, Schweißen, Kle- stoffteil wurde mittels Mikrospritzguss herge- ben usw. Bei den vorliegenden Teststrukturen stellt. wurden die Kanäle mit einer speziellen selbstklebenden Folie gedeckelt. Der mit der Flüssigkeit in Kontakt stehende Kleber der Folie hat ähnlich hydrophile Benetzungsei- genschaften wie der Kunststoff nach der Mo- difikation. Dies ist wichtig für die Simulation, da die verwendete Simulationssoftware nicht die Möglichkeit bietet, im Modell verschie- dene Oberflächeneigenschaften für die ein- zelnen Kanalseiten zu definieren.

Abbildung 2: Kanal mit Mikrostrukturen 3 Messungen an medizinischen Teststreifen 2.3 Oberflächenmodifikation Bei medizinischen Teststreifen und anderen 3.1 Allgemeines Reaktionsplattformen aus Kunststoff folgt In den ersten Projektstufen wurden sehr ein- nach der Herstellung meist noch eine Modifi- fache Mikrokanäle vermessen und fluidischen kation der Oberflächeneigenschaften, da die Tests unterzogen. Diese Kanäle hatten eine Oberflächeneigenschaften des reinen Kunst- Tiefe zwischen 8 µm und 100 µm, die Länge stoffes erfahrungsgemäß das gewünschte flui- und Breite waren konstant 20 mm (Länge) dische Verhalten nicht zufriedenstellend un- bzw. 3 mm (Breite). terstützen. Dabei sind je nach Einsatzzweck Diese einfachen Kanäle wurden zum einen sowohl hydrophobe als auch hydrophile Ober- deshalb verwendet, weil so einige Effekte in flächeneigenschaften einstellbar. Weiterhin ist den Hintergrund treten und die Messungen es möglich, durch Beschichtungen bestimmte leichter zu interpretieren sind. Zum anderen chemische Eigenschaften zu erzielen. So kann sind einfache Kanäle leichter herstellbar, da z.B. durch Beschichtungen ein besonderes bei der Formeinsatzherstellung auf mikrome- gutes Bindungsverhalten bestimmter Mole- chanische Bearbeitung (evtl. mit direkter külketten an der Oberfläche erreicht werden. Herstellung des Formeinsatzes) anstelle von Für eine Befüllung mittels Kapillarkraft ist aufwändigeren Verfahren zurückgegriffen natürlich eine hydrophile Behandlung der O- werden kann. Dadurch kann die Kanalgeo- berfläche nützlich. Durch die Behandlung metrie ohne größeren Aufwand hochgenau sinkt der Kontaktwinkel von Wasser mit der vermessen und in das Modell übertragen Kunststoffoberfläche von typischerweise 80° werden, ohne dass das Modell sehr groß wird. auf ca. 40°, was eine gute Benetzbarkeit und Zusätzlich sinkt aufgrund des kleineren Mo- damit auch Kapillarbefüllung der Kanäle si- dells der Zeitbedarf für die Simulation. cherstellt. Nach Abschluss dieser Messungen wurden in einer weiteren Projektstufe Mikrokanäle mit 2.4 Assemblierung Mikrostrukturen vermessen, die realen Nach der Oberflächenmodifikation werden die Mikrofluidikkomponenten näher kommen. Kanalstrukturen noch gedeckelt, d.h. die bis An beiden Strukturen wurden mehrere Mes- dahin noch offene Oberseite der Kanäle wird sungen durchgeführt. Zum einen wurden zur verschlossen. So wird der Kanal durch Boden, Validierung des Modells Messungen benötigt, Seitenwände und Deckel an allen 4 Seiten die den Volumenstrom bei einer bestimmten begrenzt und eine gleichmäßige Befüllung des Druckdifferenz zum Ergebnis haben. Dieser Kanals durch Kapillarkräfte erreicht. Versuch kann relativ einfach simuliert wer- Dazu stehen mehrere Verfahren zur Verfü- den, da hier die Kapillarkraft nicht als trei- gung, wie z.B. Ultraschallschweißen, Thermi- bende Kraft in der Simulation berücksichtigt BMBF-Verbundprojekt OMID - 42 - werden muss. Solche Problemstellung sind PC Kamera einfacher zu handhaben als Kapillarströmun- gen, da einige Effekte wie Phasenübergänge und Kapillareffekte nicht vorkommen. Monitor Mikroskop Zum anderen wurden Messungen der Strö- mungsgeschwindigkeit bei Kapillarbefüllung durchgeführt. Auch dies ist eine wichtige Messung, da ein optimales Befüllverhalten Mikrostruktur des Teststreifens eines der Hauptziele der Entwicklung ist. Abbildung 4: Messaufbau Kapillarbefül- lung 3.2 Messaufbau Die Auswertung der Aufnahmen erfolgt dann Zur Messung des Durchflusses bei Beauf- am PC. Ausgewertet werden Werte wie schlagung der Mikrokanäle mit einer be- Fließgeschwindigkeit, Winkel der Fließfront stimmten Druckdifferenz wurde ein Messauf- zur Seitenwand, Geschwindigkeitsprofil usw. bau verwendet, wie er in Abbildung 3 darge- stellt ist. 4 Vergleich von Messung und 1,5 bar Druckmesser Simulation Druckluft 4.1 Messungen an einfachen Mik- Druckgefäß rokanälen Die Messungen an einfachen Mikrokanälen ergaben eine gute Übereinstimmung von Si- mulation und Messung. Die Übereinstim- Waage 78,2 mg mung lag im Bereich von 90% (siehe Diagramm 1). Diese Werte wurden zusätzlich Abbildung 3: Messaufbau Druckbefüllung an Testteilen überprüft, die mit anderen Ver- In einem Druckgefäß mit konstantem Druck fahren (reaktives Ionenätzen/ Plasmaätzen befindet sich die Flüssigkeit, die durch den von Silizium sowie Ultrapräzisionsfräsen) Kanal fließt und nach dem Austreten aufge- hergestellt wurden. fangen wird. Das Volumen wird über das Ge- Die Simulationen und Berechnungen basieren wicht der Flüssigkeit bestimmt. Effekte wie auf dem Modell der planparallelen Platten, Temperaturabhängigkeit der Viskosität, bei dem davon ausgegangen wird, dass die Einfluß der Kapillarkraft, Verluste durch Kanaltiefe klein gegenüber der Kanalbreite Arbeit beim Abreißen des Tropfens, ist. Verdunstung im Auffanggefäß oder • d ³b Ausbildung einer Helmholtz-Schicht wurden = ⋅ dp V 12η ⋅l entweder durch apperative Maßnahmen eingeschränkt oder nach eingehender Dass diese Annahme gültig ist, wurde durch Untersuchung vernachlässigt. Versuche mit Kanälen verschiedener Breite Die Befüllung der Kanäle mittels Kapillarkraft belegt. wurden unter einem Mikroskop durchgeführt Die Übereinstimmung von 90% wurde als und mittels Framegrabberkarte digital aufge- ausreichend angesehen. Mit dieser Grundlage zeichnet. Der prinzipielle Messaufbau ist in konnte begonnen werden, auch Messungen Abbildung 4 dargestellt. und Simulation von komplizierteren Struktu- ren durchzuführen, wo der Aufwand beson- ders bei der Modellbildung und Simulation deutlich höher liegt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 43 -

Diagramm 1: Einfache Kanäle: Überein- stimmung Theorie/ Messung Abbildung 5: Kapillarbefüllung einer mikrofluidischen Teststruktur Die Abhängigkeit des Durchflusses von der Kanaltiefe ist in Diagramm 2 dargestellt. Die so ermittelten Werte von Druck- und Ka- Auch hier wird die Übereinstimmung der ge- pillarbefüllung wurden im nächsten Schritt messenen Werte mit den theoretisch zu errei- mit den Simulationsergebnissen der Projekt- chenden deutlich. partner Forschungszentrum Karlsruhe/ IAI und Universität Bremen/ ITEM verglichen [2]. Als letzter (und wichtigster Schritt) erfolgte dann eine modellbasierte Optimierung der Strukturen [2]. Ziel der Optimierung war die Befüllung des mikrostrukturierten Kanals durch Kapillarkraft in einer vorgegebenen Zeit. 5 Zusammenfassung Es wurden mikrofluidische Strukturen mittels Diagramm 2: Abhängigkeit des Mikrospritzguss hergestellt, wie sie in abge- Durchflusses von der Kanaltiefe wandelter Form auch in medizinischen Test- streifen oder Reaktionsplattformen (Lab on a Chip-Technologie) zum Einsatz kommen 4.2 Messungen an Kanälen mit könnten. Das Verhalten von Flüssigkeiten in Mikrostrukturen diesen Strukturen wurde gemessen und beo- Als nächste Stufen wurden die Messungen an bachtet und mit Simulationsergebnissen ver- mikrostrukturierten Kanälen in Angriff ge- glichen. Eine gute Übereinstimmung zwi- nommen. Auch hier wurden sowohl Durch- schen Simulation und Messung wurde bei flussmessungen mit Druckbeaufschlagung als einfachen Mikrokanälen gefunden. auch die Befüllung mittels Kapillarkraft aus- Der Vergleich von Simulationsergebnissen gewertet. und Messungen bei komplizierteren Struktu- Abbildung 5 zeigt beispielhaft eine Moment- ren, wie z.B. 50 µm tiefen Kanälen mit Mik- aufnahme der Befüllung eines mikrostruktu- rostrukturen in Form von Säulen mit einem rierten Kanals mit einer Flüssigkeit durch Ka- Durchmesser von 10 µm wurden durchge- pillarkraft. Der helle Bereich auf der rechten führt. Der Vergleich ergab, dass die Werte Seite des Kanals ist die Flüssigkeit, der dunkle von Messung und Simulation in der gleichen Bereich auf der linken Seite ist noch mit Luft Größenordnung liegen. gefüllt. Die typische Ausbildung der Fließ- Es kann also davon ausgegangen werden, front („Smiling“-Effekt) ist gut zu sehen. Die dass die rechnergestützte Simulation und Op- diskreten Stufen in der Fließfront lassen die timierung in der Lage ist, den Entwickler bei Säulenstruktur im Kanal erkennen. der Auslegung mikrofluidischer Netzwerke BMBF-Verbundprojekt OMID - 44 - zu unterstützen. Die Ergebnis stimmten bei den hier untersuchten mikrofluidischen Strukturen zwar nicht 100%ig mit den Mess- werten überein, geben dem Entwickler aber deutliche Hinweise, in welche Richtung weiter entwickelt werden muss, um ein zufrieden- stellend funktionierendes Design zu finden. Dies hat zur Folge, dass ein (vor-)optimiertes Design für eine mikrofluidische Struktur nicht mehr mittels Versuchen an realen Funktions- mustern gefunden werden muss, sondern auch (deutlich schneller) über mathematische Op- timierungsalgorithmen ermittelt werden kann. 6 Literatur [1] M.J. Harper, C.M. Turner, J.E.A. Shaw: Fluid modelling in micro flow chan- nels, Microsystems and Microstructures, S. 155-163 [2] O. Nüssen, S. Halstenberg, D. Peters: Modellbasierte Optimierung medizinischer Teststreifen aus Kunststoffen, Abschlussse- minar OMID, Nov. 2002, Proceedings BMBF-Verbundprojekt OMID - 45 -

MODELLBASIERTE OPTIMIERUNG MEDIZINISCHER TESTSTREIFEN AUS KUNSTSTOFF Dipl.-Ing. O. Nüssen, ITEM, Universität Bremen Dr.-Ing S. Halstenberg, IAI, Forschungszentrum Karlsruhe Dr.-Ing. D. Peters, ITEM, Universität Bremen nuessen|[email protected], halsten|[email protected]

quantitative Beschreibungen ist jedoch stär- Kurzfassung ker als bei rein elektrischen Schaltungsele- In Kooperation zwischen dem Industriepartner menten von der Beschaffenheit des Systems STEAG microParts GmbH, dem Forschungs- abhängig. Somit existieren noch vergleichs- zentrum Karlsruhe und der Universität Bre- weise wenige allgemeingültige MST-Modell- men wurden Simulationsmodelle für die Op- bibliotheken, derer sich ein Entwickler heute timierung strukturierter Mikrokanäle erstellt. bedienen kann, weshalb aktuelle Bestrebun- Die generierten Verhaltensmodelle basieren gen dazu dienen, den Entwurf von Mikrosys- auf Berechnungen mit dem Fluidiksimulator temen stärker zu modularisieren und über das CFX unter Einsatz der Finite-Volumen- Baukastenprinzip zu einer einheitlicheren Methode (FVM), welche Strömungswider- Entwurfsmethodik zu gelangen. stände und Kapillardrücke von Teilstrukturen Über die oftmals neuartigen Eigenschaften als Kennwerte in Abhängigkeit der Struktur- hybrider Mikrosysteme lassen sich exakte geometrien liefern. Die Ergebnisse erlauben Aussagen nicht selten nur über die Herstel- Rückschlüsse auf das Gesamtsystem unter lung von Prototypen gewinnen, was erhebli- Ausnutzung der gegebenen Symmetrien. chen Einsatz an Produktionsmitteln und -zeit durch iterative Annäherung an ein optimales Einleitung Design mit sich bringt. Es ist Ziel des Pro- Anders als beim hochstandardisierten Entwurf jektes OMID, durch den Einsatz von Modell- mikroelektronischer Schaltungen, bringt das bildung, Simulation und Optimierung Wege Design komplexer Mikrosysteme hochspezifi- aufzuzeigen, um bereits in einer frühen Ent- sche Herausforderungen mit sich. Die durch wurfsphase zu einem optimalen Satz an Ent- einzelne Problemlösungen gewonnenen Er- wurfsparametern zu gelangen und somit zu kenntnisse lassen sich oft nur unzureichend deutlichen wirtschaftlichen Vorteilen bezüg- verallgemeinern, um methodische Ansätze für lich der Innovationszyklen und der Zeit zur nachfolgende Aufgaben zu erzielen. Schwie- Markteinführung [1]. rigkeiten liegen einerseits in der Komplexität Gerade im Bereich der Mikrosystemtechnik der meist hybriden Systeme selbst, anderer- finden Modellierung, Simulation und modell- seits stammen die für die Systemeigenschaften basierte Optimierung noch keinen flächende- relevanten Größen oft aus ganz unterschiedli- ckenden Einsatz in der Entwurfsmethodik. chen Domänen, was beispielsweise in sehr Die vorliegende Problemstellung bei der Mo- divergenten numerischen Größenordnungen dellierung des Fließverhaltens in medizini- resultieren kann, denkt man an Verarbeitungs- schen Teststreifen kann einschließlich der zeiten einer Auswerte-Elektronik im Ver- bisher erzielten Ergebnisse aus dieser Sicht gleich zu thermischen Ausgleichsvorgängen, heraus als exemplarisch für die grundsätzli- welche gleichberechtigt in einem Modell er- che Vorgehensweise bei der modellbasierten fasst sein müssen. Darüberhinaus sind nur Optimierung von Mikrosystemen angesehen wenige Werkzeuge überhaupt in der Lage, werden. eine Gesamtsystembetrachtung durchzufüh- ren. Zwar lassen sich prinzipielle Aussagen für viele Mikrosysteme treffen, die Umsetzung in BMBF-Verbundprojekt OMID - 46 -

zu verifizieren, wurden Teststrukturen ver- Medizinische Teststreifen einbart. Es handelt sich dabei um rechteckige Der Einsatzbereich medizinischer Kunststoff- Kanäle von 20 mm Länge und einer Breite Teststreifen liegt hauptsächlich in der Analyse von 3 mm, die im Durchflussbereich zum von Körperflüssigkeiten hinsichtlich spezieller einen mit Säulen wie in Abb.1 und zum ande- Eigenschaften oder des Nachweises von Anti- ren mit Lamellen bestückt sind, um einen körpern auf bestimmte Krankheitserreger. Die definierten Durchflusswiderstand zu erhalten. Herstellung miniaturisierter Einweg-Analyse- systeme verspricht eine kostengünstige An- wendung und einen Schritt auf dem Weg zu einem integrierten Mikrolabor (‘Lab on a Chip’).

1.1 Systembeschreibung Die aus Kunststoff gefertigten medizinischen Teststreifen unterteilen sich in verschiedene Funktionsbereiche, die geometrisch unter- schiedlich gestaltet sind. Die Reaktionszonen, in welche die Probeflüssigkeit aufgrund der Abb.1 Teststrukturen Kapillarwirkung hineintransportiert wird, sind Um zusätzliche Parametervariationen in die für das Systemverhalten von hoher Relevanz. Betrachtung aufzunehmen, beträgt die Tiefe Die Reaktion der Probeflüssigkeit mit den der Kanalstrukturen einmal 25 µm und ein- dort befindlichen Reagenzien bewirkt bei- mal 50 µm. Die Säulen haben einen festen spielsweise eine Farbveränderung, eine Ände- oberen Durchmesser und verbreitern sich mit rung der Fluoreszenz oder eine Änderung der dem anisotropen Ätzwinkel des Herstellungs- elektrischen Eigenschaften, die mit entspre- prozesses zum Kanalboden hin. Die Anzahl chenden Messverfahren ausgewertet werden der Strukturelemente im Kanal ist zum einen kann. Die strukturierten Bereiche der Mikro- abhängig von den Kanalabmessungen, zum kanäle besitzen jeweils typische Verweil- anderen wird der Abstand zwischen zwei dauern bzw. Befüllungsgeschwindigkeiten, Säulenmittelpunkten als variabel betrachtet. die sich aus dem strömenden Medium, aus dem Strukturmaterial und aus den geome- Seitenansicht: Einlaß trischen Abmessungen ergeben [2]. Die zugrundeliegenden physikalischen Effekte Deckel sind zwar teilweise bekannt, jedoch auf mik- roskopischer Ebene zum Teil noch nicht ana- Reservoir lytisch beschreibbar. Beispielsweise ändert Strukturen sich das Verhältnis von Oberflächeneffekten zu Volumeneffekten signifikant mit der Redu- Abb.2: Kanal mit Deckel und Einlass zierung der Strukturgröße, was eine Umfor- Der Kanal wird mit einem Deckel sowie mit mulierung der makroskopischen Gesetzmä- einem Reservoir zur Befüllung gemäß Abb.2 ßigkeiten erforderlich machen kann. Eine versehen. Als Deckel fungiert eine hydrophile wichtige Rolle spielen hierbei die Kapillar- Klebefolie, die Testflüssigkeit ist ein Ge- wirkung und die weiteren Interaktionen an den misch aus Polyethylenglykol (PEG) und Grenzschichten zwischen unterschiedlichen Wasser, dessen fluidische Kenngrößen wie Medien. Derartige Einflussfaktoren sind noch Viskosität, Dichte und Kontaktwinkel sich nicht vollständig quantifizierbar. definiert einstellen lassen und als Richtpara- meter für die anschließenden FVM-Simula- 1.2 Aufbau der Teststrukturen tionen dienen. Um die Eignung von Modellbildung und Si- mulation im Entwurfsprozess der Teststreifen BMBF-Verbundprojekt OMID - 47 -

Ansatz zur Erstellung eines FVM-Modellbildung und Gesamtmodells Simulation Das Voranschreiten der Flüssigkeit und ihrer Die Reaktionszonen der medizinischen Test- Fließfront in einem mikrostrukturierten Kanal streifen weisen eine hohe Anzahl an regelmä- geht mit einer Änderung der Grenzflächen- ßigen internen Strukturen auf. Diese Zonen form einher. Um diese Änderung zu erfassen, sollen dahingehend optimiert werden, dass können Methoden eingesetzt werden, die mit eine vollständige Reaktion innerhalb einer einer hohen Diskretisierung des Strömungs- möglichst geringen Strecke erfolgt, sodass raumes arbeiten, wie z.B. die Finite-Volumen- das benötigte Volumen des Testfluids gering Methode (FVM). Aufgrund des verwendeten bleibt. So wurde das Strömungsverhalten in numerischen Verfahrens liegen jedoch die Kanälen untersucht, die entweder eine Säu- erforderlichen Simulationszeiten selbst bei lenstruktur oder eine Lamellenstruktur auf- Modellen einfacher Mikrokanäle unter Ver- weisen. Druckverteilung und Geschwindig- wendung der vorliegenden Symmetrieeigen- keiten sowie die Position und die Form der schaften bereits im Stundenbereich [3]. Für Fließfront sind die interessierenden Simulati- komplexere Geometrien sind erheblich größe- onsergebnisse. re Modelle notwendig und damit verbunden Die Geometrie des zu untersuchenden Kanals ein erhöhter Simulationsaufwand, der eine ist durch die Parameter Länge, Breite und Systemoptimierung auf diesem Wege nicht Höhe des Kanals bestimmt. Die Geometrie mehr zulässt. Deshalb wurde folgendes Kon- der Säulenstrukturen wiederum ist durch die zept zur Erstellung eines geeigneten Gesamt- Höhe der Säulen und den Durchmesser ihrer modells erarbeitet, welches das Strömungsge- Deckfläche sowie den Abstand der in einem biet in drei Bereiche zerlegt (siehe Abb.3): gleichseitigen Dreieck angeordneten Säulen • Einphasige Strömung hinter der Fließ- gegeben. Die Neigung der Säulenwände re- front, die das Verhalten des einströmenden sultiert aus dem gegebenen Ätzwinkel. Testfluids beschreibt Aufgrund der großen Kanalbreiten (einige Millimeter) im Vergleich zu den Säulen- • Zweiphasige Strömung im Bereich der durchmessern und -abständen (einige Mikro- Fließfront meter) ist die Anzahl der integrierten Säulen • Einphasige Strömung vor der Fließfront, bzw. Lamellen sehr hoch. Das resultierende d.h. Verhaltensbeschreibung des Initiali- FVM-Modell besäße eine immense Komple- sierungsfluids, das aus dem Kanal ver- xität, weshalb zur Reduzierung der Modell- drängt wird größe und somit der Elementzahlen die Symmetrie ausgenutzt wird (s. Abb.4).

Abb.3: Konzept zur Erstellung eines Gesamtmodells Für jeden Bereich werden Modelle auf der physikalischen Modellebene erstellt und deren Abb.4: Kanal mit integrierten Säulen Simulationsergebnisse bei der Erstellung von (Struktur und 3D-Modell) Modellen der höheren Modellierungsebene Die seitlichen Ränder des Modells werden bei (z.B. Netzwerkmodelle, Verhaltensmodelle) inneren Zellen als Symmetrieebenen defi- verwendet. Diese werden zu einem Gesamt- niert, bei äußeren Zellen wird eine Seite als modell gekoppelt, welches einen deutlich ge- Wand betrachtet. ringeren Simulationsaufwand aufweist. Das Modell ist parametrisierbar und wird aus BMBF-Verbundprojekt OMID - 48 - den oben genannten Geometrieparametern mit Durch Kopplung der höheren Modelle zu dem Präprozessor von CFX (Firma einem Gesamtmodell kann der Volumen- AEATechnology) erzeugt. Punkte, Linien, strom bei einer gegebenen Druckdifferenz für Flächen, Volumen und auch das FVM-Netz den Gesamtkanal bestimmt werden. werden automatisch generiert. Zur Durchfüh- In Abb.6 sind die Simulationsergebnisse für rung der Simulationen mit CFX werden so- drei unterschiedliche Kanalausstrukturen dar- wohl die Symmetrie-, als auch die Ein- und gestellt. Auslassbedingungen festgelegt. Wie schon im Konzept dargestellt, wurden sowohl Modelle zur Betrachtung der einphasigen Strömung als auch entsprechende zweiphasige Modelle er- stellt.

1.3 Simulation der einphasigen Strömung Bei der einphasigen Strömung wird das Ver- halten eines Fluids untersucht, das den be- trachteten Kanalausschnitt vollständig aus- füllt. Zur Simulation des Strömungsverhaltens ist die anliegende Druckdifferenz (Druck am Abb.6: Simulierter Volumenstrom mit Kanaleinlass bzw. -auslass) als Eingabepara- Säulen der Höhe 25 µm, 50 µm und 75 µm meter vorzugeben. Der resultierende Volu- Die Simulationen benötigten auf einer Sparc menstrom durch die Kanalstruktur dient als Ultra II Maschine mit 440 MHz Rechenzeiten Referenzgröße zur Erstellung höherer Modelle zwischen 3 und 20 Minuten. Diese Zeiten (siehe Abb.5). sind von der Modellgröße und von der Ele- mentgröße des Netzes abhängig. Zur Simula- tion des Gesamtkanals wären Zehntausende der gewählten Kanalausschnitte zu berück- sichtigen, was zu immensen Rechenzeiten führen würde. Ein FVM-Modell des Gesamt- kanals ist nicht mehr berechenbar und kann somit nicht für eine Designoptimierung ein- gesetzt werden.

Abb.5: Volumenstrom durch einen mikrostrukturierten Kanal Die horizontalen Flächen zeigen die Strö- mungsgeschwindigkeit in Kanallängsrichtung an, die vertikalen den Druckverlauf über der Zelle. Mit dem vorliegenden parametrisierbaren Modell können für unterschiedliche Säulen- höhen und unterschiedliche Säulenabstände Abb.7: Durchfluss einer Rand- und einer die Volumenströme in Abhängigkeit von der inneren Zelle anliegenden Druckdifferenz berechnet wer- den. Diese Ergebnisse werden dann zur Gene- Um die Effekte zu untersuchen, die von der rierung höherer Verhaltensodelle benutzt. Seitenwand des Kanals herrühren, werden nicht nur innere Zellen, sondern auch eine BMBF-Verbundprojekt OMID - 49 -

Randzelle betrachtet, deren eine Seite aus ei- In Abb.9 sind Simulationsergebnisse zum ner Wand besteht (s.Abb.7). Ist jedoch die Zeitpunkt t = 0,14 ms dargestellt. Es wurden Anzahl der inneren Zellen hoch, d.h. die Ka- die Oberflächenspannung von Wasser mit nalbreite groß gegenüber dem Säulenabstand, 0,0725 N/m2 und ein stationärer Kontaktwin- so kann dieser Effekt vernachlässigt werden. kel von 36° zugrundegelegt. In Abb. 8 sind Simulationsergebnisse zweier Bodenplatten mit den Säulenhöhen 24 bzw. 49 µm dargestellt.

Abb.8: Vergleich der Volumenströme von Bodenplatte 1 und 2 für Luft bzw. PEG Die Bodenplatten wurden vom Projektpartner hergestellt, sodass die Simulationsergebnisse mit den entsprechenden Messdaten verglichen werden können. Im Gegensatz zu den bisher gezeigten Strukturen weisen sie keinen Ab- stand zwischen Säule und Deckel auf, da zur Abb.9: Voranschreiten der Fließfront Deckelung eine Klebefolie verwendet wurde. aufgrund der Kapillarität Zu Beginn der Simulation ist der Kanalaus- 1.4 Simulation der Fließfront schnitt zur Hälfte mit Flüssigkeit befüllt. In Auch für die zweiphasige Strömung wurden der anderen Hälfte befindet sich Luft. Da zu entsprechende Modelle erstellt. Neben den Beginn der Simulation jedoch aufgrund der Eingabeparametern, die auch bei der einphasi- vorgegebenen ebenen Fließfront eine unphy- gen Strömung benötigt werden, müssen zu- sikalische Situation vorliegt, bildet sich zuerst sätzlich die Materialparameter Oberflächen- die Meniskusform der Fließfront zwischen spannung und Kontaktwinkel angegeben wer- zwei benachbarten Strukturen (Säulen bzw. den. Ebenso ist anzugeben, wie weit der Kanal Lamellen) aus. Danach beginnt die Flüssig- zu Beginn der Simulation befüllt ist. Die Aus- keit, aufgrund der Kapillarkraft vorwärts zu gabeparameter dieser Simulationen sind der strömen (in der Abbildung verläuft die Fließ- Volumenstrom bzw. der Strömungswiderstand richtung von rechts nach links). Die Flüssig- und die Form und Position der Fließfront in keit ist schwarz dargestellt, die Luft dagegen Abhängigkeit von der Zeit. weiß. Die Simulation des transienten Verhaltens Die Flüssigkeit wird an den Wänden der erfolgt bis zu einem vorgegebenen Zeitpunkt. Struktur, den Säulen- bzw. Lamellenwänden, Aufgrund des Voranschreitens der Fließfront dem Kanalboden und dem Kanaldeckel in werden die Simulationen mit einer dynami- den Kanal hineingezogen. Bei der Säulen- schen Kontrolle der Zeitschrittweite durchge- struktur konnte in der Nähe der Fließfront ein führt, die von der Fließfrontgeschwindigkeit Kapillardruck von etwa 76 hPa beobachtet und von der Elementgröße abhängig ist. werden. Im Vergleich hierzu liegt in einem Kanal entsprechender Höhe, der keine BMBF-Verbundprojekt OMID - 50 -

Strukturen enthält, ein Kapillardruck von etwa von 20 µm, 60 µm und 100 µm und Säulen- 47 hPa vor. Wie zu erwarten, führen somit die abstände von 25 µm, 50 µm und 75 µm. Für Strukturen zu einer Vestärkung des Kapillar- diese Geometrien wurden Simulationen der effektes. einphasigen Strömung in Abhängigkeit vom Auch diese Simulationsergebnisse werden anliegenden Differenzdruck einerseits für entsprechend aufbereitet, um sie als Referenz- Luft und andererseits für die PEG-Testflüs- daten zur Erstellung höherer Modelle bereit- sigkeit durchgeführt (s. Abb.11). zustellen. Hierzu wird beispielsweise der Füll- stand entlang des Kanalausschnittes in Ab- hängigkeit von der Zeit aufgetragen (siehe Abb.10).

Abb.11: Variation des Säulenabstandes bei einer Säulenhöhe von 100 µm Die Simulationen der einphasigen Strömung für neun Varianten (je Variante müssen meh- Abb.10: Füllstand über der Zeit rere Differenzdrücke simuliert werden) dau- für eine Wand- und eine innere Zelle erten ca. 2-2½ Tage. Bei den entsprechenden Um auch bei der Simulation der Fließfront die zweiphasigen Simulationen muss pro Vari- Kanalseitenwände zu berücksichtigen, wurde ante zwar nur eine Simulation durchgeführt die Strömung sowohl einer inneren (untere werden, jedoch handelt es sich dabei um eine Kurve) als auch einer Randzelle des Kanals transiente Simulation, sodass viele Zeit- (obere Kurve) untersucht. Neben dem Füll- schritte berechnet werden müssen, womit stand wird auch der Volumenstrom am Mo- eine Simulation mehrere Stunden dauert. delleinlass und der Kapillardruck über der Zeit Aus den Variantensimulationen der zweipha- bestimmt. sigen Strömung, die ebenfalls für innere wie Mittels der gekoppelten höheren Modelle auch für Randzellen durchgeführt werden, (Kopplung von mehreren einphasigen und wird der in den entsprechenden Kanalstruktu- zweiphasigen Modellen) wird dann das Strö- ren vorliegende Kapillardruck bestimmt, der mungsverhalten für den gesamten Kanal be- die Triebkraft für das Hineinströmen der rechnet und kann mit Messergebnissen vergli- Testflüssigkeit in den Kanal darstellt. chen werden. Verhaltensmodell 1.5 Variantensimulationen Aus den im vorigen Abschnitt beschriebenen Zur Durchführung einer ersten Optimierung FVM-Simulationen wurde ein Durchflussmo- sollen der Säulenabstand und die Säulenhöhe dell für die gesamte Teststruktur erstellt. variiert werden. Die Säulendurchmesser sind Nach guter Übereinstimmung von Theorie sowohl an der Deckfläche als auch am Boden und Messung für den Durchfluss durch un- fest vorgegeben, weshalb der Wandwinkel der strukturierte Kanäle erfolgte die Übertragung Säulen von ihrer Höhe abhängig ist. der Simulationsergebnisse für Teilstrukturen Folgende Geometrieparameter wurden für die in ein Gesamtmodell. Durchführung der Variantensimulationen fest- gelegt: Betrachtet werden sollen Säulenhöhen BMBF-Verbundprojekt OMID - 51 -

1.6 Modellierungsansatz Zunächst wurde die einphasige Strömung be- trachtet, die durch eine Druckdifferenz über dem Kanal hervorgerufen wird und bei wel- cher der Kanal vollständig mit dem strömen- den Medium ausgefüllt ist. Die Unterteilung des Kanals gemäß den simulierten Zellen re- sultierte in einer Struktur entsprechend Abb. 12.

Abb.13: Approximation der Durchflusskennlinien Der auf diese Weise ermittelte Strömungs- widerstand wird jeder einzelnen Zelle zuge- Abb.12: Kanalstruktur aus Fließzellen wiesen. Dies erlaubt eine Berechnung des Die Anzahl der Zellen variiert mit den Para- Gesamtwiderstandes für den spezifizierten meterwerten der jeweiligen Kanalgeometrie Kanal mit und dem Abstand der Säulenmittelpunkte. Die ⋅ ⋅nl Länge einer Zelle ergibt sich beispielsweise Rges nq RZelle R = , R = 2 . aus der Projektion des Säulenabstands in Zelle n ges l nq Fließrichtung, d.h.: 2 π ⋅ Im Verhaltensmodell wurde die Berechnung a_l = sin ( /3) a . der Kanalstruktur aus den Geometrieparame- Entsprechend gilt für die Anzahl der Fließ- tern automatisiert. Widerstandskennlinien, zellen im Kanal (s. Abb.4): Struktur- und FVM-Simulationsdaten werden in Dateien abgelegt werden. Diese modulare n = | l / 2a_l| in Längsrichtung und l kanal Handhabung der dem Verhaltensmodell zu- grundeliegenden Informationen ermöglicht nq = | bkanal / (a/2)| in Querrichtung. hohe Flexibilität und große Übersichtlichkeit bei der Simulation spezifischer Kanäle, be- 1.7 Strömungswiderstand sonders im Hinblick auf die Optimierung. Die Ergebnisse der FVM-Variantensimulatio- nen liefern den Zusammenhang zwischen 1.8 Dynamisches Verhalten Druck und Durchflussmenge für jede Zelle. Für den Einsatzbereich der Mikrokanäle ist Diese Kennlinie lässt sich mit dem Approxi- das zeitliche Verhalten von besonderem Inte- mations- und Synthese-Werkzeug MageStatic resse, da die Zeitrahmen für chemische Ablö- in eine funktionale Beziehung überführen sevorgänge und Reaktionen eingehalten wer- (Abb.13) [4]. den müssen. Um die Befüllungszeit berech- Hierbei erfolgt die Nachbildung des Strö- nen zu können, beinhaltet das Modell eine mungsverhaltens durch eine frei wählbare transiente Ablaufsteuerung. Zielfunktion mit den n anzupassenden Para- Im Hinblick auf den zweiphasigen Strö- metern x0 ... xn-1, beispielsweise: mungsfall, den die Befüllung eines luftge- Vol = (x + x ⋅ h + x ⋅ h 2 ) + (x + x ⋅ h + x ⋅ h 2 ) ⋅ p füllten Kanals mit einem anderen Fließmedi- 0 1 2 3 4 5 um darstellt, werden zunächst die Strö- + (x + x ⋅ h + x ⋅ h 2 ) ⋅ p 2 . 6 7 8 mungswiderstände der einzelnen Zellen be- Die Funktion liefert eine Beziehung zweiter stimmt. Aufgrund der Abhängigkeit vom um- Ordnung hinsichtlich der Kanalhöhe h und des gebenden Fluid sind zwei Fälle zu unter- Außendruckes p. scheiden: zunächst gilt für alle Zellen der Luftwiderstand, nach der Flutung einer Zelle BMBF-Verbundprojekt OMID - 52 -

ändert sich der Zellwiderstand zum Durch- weite ]; flusswiderstand für den einphasigen Strö- mungsfall. Beide Widerstände sind aus FVM- Modellauswertung: Simulationen bekannt. Vom Standpunkt der [ Berechne Zellenwiderstand Simulation aus gesehen, bedeutet das Voran- und Geometrie]; schreiten der Fließfront somit eine dynami- sche Änderung der Modellstruktur bzw. - [ Start Loop ]; instantiierung während der Analyse. [ Berechne Gesamtwiderstand ]; Die maximale räumliche Auflösung des Mo- [ Berechne Fluss ]; dells beträgt eine Widerstandszelle, d.h. der Befüllungsvorgang der einzelnen simulierten [ Berechne Ausbreitung ]; Zellen wird nicht betrachtet. Zunächst wird [ End Loop ]; von einer geraden Fließfront ausgegangen, d.h. der Fluss ist konstant über der Breite des [ Berechne Gesamtwiderstand ] Kanals. Zu jedem Zeitschritt gilt gemäß Abb. ! Aus allen Zellenwiderständen Gesamtwider- 14 für die Position bis zur Mediengrenze der stand (pro Iteration) Durchflusswiderstand, darüberhinaus der Wi- derstand für unbefüllte Zellen. [ Berechne Fluss ] ! In Abhängigkeit des Gesamtwiderstandes Fluss ermitteln (pro Iteration) [ Berechne Ausbreitung ] ! Aus dem Fluss in m3/s und Geometrie auf m/s schließen ! Berechnung für vorgegebenen Zeitschritt ! Ausgabe Position der Grenze bei Zeitschritt ! Ermittlung der neuen Grenze Luft/Fluid ! Merken der Grenze Abb.14: Befüllungstand der Zellen ! Neuer Gesamtwiderstand, wenn Element- Aus der Position der Fließfront ergibt sich Zeile überschritten über den aktuell gültigen Gesamtwiderstand 3 der Fluss in m /s. Mit dem Strömungsraum im Abb.15 zeigt das Simulationsergebnis einer Kanal resultiert aus der Projektion des in transienten Simulation für einen 21,3 mm Flussrichtung strömenden Volumens zu jedem langen Kanal. Man erhält die Position der Zeitschritt in m/s die neue Position der Fließ- Fließfront und den Fluss als Funktion der front, welche ihrerseits den Ausgangspunkt Zeit. einer iterativen Durchflussbestimmung dar- stellt. Ist bei einer neu berechneten Position 25 eine weitere Widerstandszeile überschritten, 20 ändert sich über die Zellenwiderstände der Gesamtwiderstand und damit der Fluss. Das 15 10

nachfolgende Ablaufschema erläutert den Si- pos (mm) mulationsablauf mit dem das C-Modell bein- 5 haltenden Programm flowsim. Die transienten 0 Simulationsparameter für die Zeitschrittsteue- 0 20406080100 rung sind wie die Geometriedaten Bestandteil Zeit (s) der durch das Modell lesbaren Input-Dateien. Abb.15: Zeitliches Befüllungsprofil Datenfile: [ Lese Strukturdaten ]; 1.9 Zeitschrittsteuerung [ Lese Druck ]; Simulationen mit dem Verhaltensmodell ha- ben gezeigt, dass die vom Anwender vorzu- [ Lese Simulationszeit & Schritt- gebende Größe der Zeitschritte erheblichen BMBF-Verbundprojekt OMID - 53 -

Einfluss auf die Rechenleistung und -ge- 1.10 Kapillareffekt nauigkeit besitzt. Eine konstante Schrittweite Die Kapillarwirkung an den Grenzschichten ist zur Vermeidung falscher Werte derart klein zwischen den beteiligten Medien besitzt einen zu wählen, dass im Endbereich der Simulatio- doppelten Einfluss auf das Fließverhalten. nen die Rechenzeit in keinem Verhältnis mehr Einerseits ist bei ihrer Einbeziehung die ge- zur simulierten Zeit steht. Daher wurden in troffene Vereinfachung einer geraden Fließ- das Modell 3 Varianten aufgenommen: front nicht mehr haltbar, da sich unter Ein- • Konstante Zeitschrittweite wirkung der Kapillarkräfte ein Meniskus wie in Abb.17 ausbildet. • Konstante Schrittweite mit Neuberech- nung des Kanalwiderstandes nur bei Änderung der Zelleninstantiierung • Dynamische Zeitschrittweite Bei der dynamischen Zeitschrittsteuerung (dts) wird das Berechnungsprinzip für das Voranschreiten der Fließfront umgekehrt. Es wird die Fließfrontposition ermittelt, bei der sich das nächste Mal die Zellenzusammenset- zung nach luft- oder fluidgefüllten Zellen än- dert. Daraus lässt sich über den Volumen- Abb.17: Aufnahme der Fließfront strom die zu simulierende Zeit für das Errei- Andererseits ist die Kapillarwirkung mit einer chen der nächsten Zellenreihe zurückrechnen. Antriebskraft gleichzusetzen, die einen eige- Den Erfolg der Methode zeigt Abb.16. nen Beitrag zur Befüllung liefert. Dieses ist Zeitschritte nicht zu vernachlässigen, sondern bildet einen zentralen Punkt der Betrachtungen, da die 100 Teststreifen in der Praxis ohne äußere Druck- 80 differenz betrieben werden. 60 mit dts 40 ohne dts Für die Modellierung mussten die Kapillar-

simulierte Zeit 20 wirkung für die Zellenstrukturen quantifiziert 0 werden, wie in Kapitel 4 dargestellt. Um die 0 2000 4000 6000 8000 10000 Iterationen simulierten Kapillardrücke mit einer An- triebskraft gleichzusetzen, wurden mit der Fließfront mitwandernde Spannungsquellen Modellauswertungen wie in Abb.18 eingesetzt, welche den Ka- 25 pillardruck wiedergeben. 20

15 mit dts 10 ohne dts

5 Fließfrontposition 0 0 2000 4000 6000 8000 10000 Iterationen

Abb.16: Dynamische Zeitschrittsteuerung Im Vergleich mit einer Schrittweite, die zu- Abb.18: Kapillarwirkung gunsten der Rechenzeit noch kleinere Unge- Falls sich bei weiteren Untersuchungen der nauigkeiten tolerierte, konnte die Effizienz um Kapillardruck noch als ortsabhängig erweist, drei Größenordnungen gesteigert werden, kann auf diese Weise den Quellen ein positi- noch dazu mit vollständig korrekter Berech- onsabhängiger Wert zugewiesen werden. nung. Dies ist für die Modelloptimierung von wesentlicher Bedeutung. BMBF-Verbundprojekt OMID - 54 -

1.11 Meniskus der Fließfront strichen werden soll. Dies entspricht dem Um nicht geradlinig verlaufende Fließfronten Anspruch an ein definiertes Verhalten im modellieren zu können, wurde die Partitionie- realen Teststreifen, welches für eine gleich- rung der Fließzellen in eine zweidimensionale mäßige Ablösung von Reagenzien oder eine Matrix überführt. Jede einzelne Zelle kann präzise Einstellung der Zeitspanne für chemi- somit auf ihren Befüllungszustand geprüft sche Reaktionen verantwortlich ist. werden. Anhand einer vorzugebenden Krüm- mungsfunktion sowie ihrer zeitlichen Cha- 1.13 Lösungsraum der Parameter rakteristik wird die Fließfrontposition für jede Als Optimierungsparameter fungieren die Matrixzeile separat ausgewertet, bei symmet- Strukturhöhe und der Säulenabstand. Da kein rischem Verlauf genügt eine Spiegelung der prozessbedingter Zusammenhang zwischen für die halbe Kanalbreite ermittelten Werte. den beiden Größen besteht, ergibt sich ein vierdimensionaler Zusammenhang für Struk- j turhöhe, Säulenabstand, Druck und Volumen- i R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j R i j strom, der den jeweils gültigen Arbeitspunkt R i j bestimmen soll. Eine geschlossene Zielfunk- R i j tion ist hierfür aus der Anschauung nicht R i j mehr zu definieren. Grundlage der Betrach-

R i j tung sind die bereits in Kapitel 4 dargestellten

R i j Variantensimulationen für unterschiedliche Geometrien, d.h. für unterschiedliche Werte Abb.19: Meniskus der Fließfront der genannten Optimierungsparameter. Die Die Berechnung des Gesamtwiderstandes Überführung der Simulationsergebnisse in muss ebenfalls angepasst werden, der Strö- eine analytische Beziehung erfolgt zunächst mungswiderstand des Kanals ergibt sich nun anhand der einzelnen Parameterkurven, wie allgemeingültig zu in Abb.20 für den Fluss bei einer Strukturhö- n _ q n _ l he von 60 µm und einen Säulenabstand von −1 ()−1 Rges = ∑∑ Rij . 50 µm dargestellt. i==1 j 1 Derzeitige Untersuchungen sollen den Ein- hs60 a50 fluss der Fließfrontform auf die Befüllungs- 4.00E-08 dynamik quantifizieren. 3.50E-08 3.00E-08 2.50E-08 Optimierung 2.00E-08 1.50E-08 Die vorhergehenden Erläuterungen, fluidi- 1.00E-08 5.00E-09 schen und Verhaltenssimulationen führten 0.00E+00 mittels rechnergestützter, entwurfsbegleiten- 0.00E+00 5.00E+02 1.00E+03 1.50E+03 der Modellbildung, Simulation und modellba- sierter Optimierung zu einem ersten optimalen Abb.20: Variantensimulation-Einzelkurve Satz an Designparametern. Für die Einzelkurven wurde ein quadratischer Zusammenhang angenommen, was sich als 1.12 Optimierungsziel ausreichend genau erwiesen hat. Die bei glei- Eine optimale Beschreibung des Strömungs- cher Zielfunktion gefitteten freien Parameter verhaltens innerhalb der beschriebenen Test- für alle Einzelkurven wurden in Abhängigkeit strukturen ist erreicht, wenn die Befüllungs- der bei den FVM-Simulationen variierten Pa- zeit für eine zuvor definierte Strecke des Ka- rameter gesetzt und ihrerseits mit einer kom- nals über die Änderung von Designparametern plexeren Zielfunktion approximiert. Den so eingestellt werden kann. Es wird eine Strecke gefundenen Zusammenhang für jeden Fitpa- von 6 mm zwischen der Position 1 mm hinter rameter der ersten Fitfunktion, wie er in dem Kanaleinlass und 7 mm festgelegt, die in Abb.21 exemplarisch für einen beliebigen Pa- einer bestimmten Zeit von der Fließfront über- rametersatz dargestellt ist, kann man wieder- BMBF-Verbundprojekt OMID - 55 - um in selbige Funktion einsetzen und erhält x − x x = 2 1 ()pos − y + x auf diese Weise einen geschlossenen vierdi- t y − y 1 1 mensionalen Ausdruck über den gesamten Lö- 2 1 mit: sungsraum der Optimierungsparameter. h=0 - x1, x2, y1, y2: Zeit- und Positionswerte 1.50E-10 h=0.01 der um die Messposition liegenden 1.00E-10 h=0.02 Simulationswerte h=0.03 5.00E-11 h=0.04 - pos: Start- oder Endposition für die h=0.05 0.00E+00 Zeitmessung, bspw. 1 mm oder 7 mm 0 0.05 0.1 0.15 h=0.06 -5.00E-11 h=0.07 - xt: für Position pos gültiger Zeitwert h=0.08 -1.00E-10 h=0.09 Der verbleibende Fehler der linearen Inter- polation liegt bei einem näherungsweise ex- Abb.21: Fitparameter als f(hs,a) ponentiellen Befüllungsverlauf wie in Abb.15 Durch Reproduktion der simulierten Einzel- im Sub-Promill-Bereich und erlaubt eine ein- kurven sowie durch Nachweis der Stetigkeit deutige Bewertung der Optimierungspara- im übrigen Raumgebiet wurde die Gültigkeit meter. des gefundenen analytischen Ausdrucks veri- fiziert. 1.15 Optimierungsergebnis Eine Besonderheit des vorliegenden Optimie- 1.14 Zeitmessung rungsproblems besteht in der Wirkungsweise Jede Aussage über die Befüllungszeit der im der Optimierungsparameter Strukturhöhe und Modell frei wählbaren Teststrecke stützt sich Säulenabstand. Je nach geforderter Befül- auf eine genaue Erfassung von simulierter Zeit lungszeit als Vorgabe des Optimierungszieles und erreichter Fließfrontposition. Dies bein- gibt es einen mehr oder weniger großen Lö- haltet gleich zwei Probleme: einerseits ist die sungsraum an Arbeitspunkten, in dem sich für räumliche Auflösung bei fester Zeitschritt- jeden Wert des einen Parameters ein Wert des weite abhängig vom jeweiligen Fluss, erhöht anderen finden lässt, um die gleiche vorgege- sich also mit zunehmender Befüllung des Ka- bene Befüllungseit für eine vorgegebene nals aufgrund des sich erhöhenden Kanalwi- Teststrecke zu erreichen. Da sich die Wir- derstandes und der einhergehenden Reduzie- kungen der Parameteränderungen gegenseitig rung der Fließfrontgeschwindigkeit. Anderer- beeinflussen, ist das Optimierungsergebnis seits korreliert die zeitliche Auflösung im unendlich vieldeutig, d.h. es ergibt sich kein Falle der im Kapitel 5.4. dargestellten dyna- optimaler Arbeitspunkt, sondern ein als opti- mischen Zeitschrittsteuerung mit der räumli- mal ermittelter Zusammenhang zwischen den chen Diskretisierung, beträgt also einen ‚zeit- beiden Parametern, wie in Abb.22 gezeigt. lichen Zellenabstand’, da hier mit einer kon- a(h) | t=2s stanten räumlichen Schrittweite gerechnet wird. Bei letzterer Variante ist die Genauig- 60 keit mit Sicherheit, bei der ersten unter Um- 40 ständen nicht mehr ausreichend für eine Be-

a [µm] 20 wertung im Sinne einer Optimierungsrech- nung. Daher wurde ein linearer Interpolations- 0 ansatz zwischen den räumlichen und zeitli- 20 40 60 80 100 120 chen Simulationswerten implementiert, wel- h [µm] che die Start- und Endpositionen der Zeitmes- sung umgeben. Somit werden die genauen Abb.22: Optimierte Parameter a und h Zeit- und Positionsmarken für die Teststrecke Für eine frei gewählte Zeit von 2 Sekunden ausreichend genau approximiert: für die Teststrecke 1 mm bis 7 mm ergibt sich die obige Zuordnung von Wertepaaren. Qua- BMBF-Verbundprojekt OMID - 56 - litativ ist nachvollziehbar, dass sich bei einer Zusammenfassung großen Strukturhöhe der Kanalwiderstand Auf der Basis fluidischer FVM-Simulationen, verringert, was durch enger stehende Säulen, d.h. der Lösung partieller Differentialglei- also einem kleineren Säulenabstand ausgegli- chungen, ist ein Verhaltensmodell für die chen wird, um die gleiche Befüllungszeit, d.h. Befüllung strukturierter Mikrokanäle als we- den gleichen Gesamtfluss zu erhalten und sentlicher Bestandteil medizinischer Test- umgekehrt. streifen entwickelt worden. Die Teilergebnis- Eine wesentliche Rolle kommt dem ebenfalls se für partielle Kanalbereiche wurden in Ab- geometrieabhängigen Kapillardruck zu, der hängigkeit der gewählten Optimierungspara- sich noch stärker auf das Endergebnis aus- meter Strukturhöhe und Säulenabstand auf- wirkt als die Optimierungsparameter. Aus genommen und der Systemsymmetrie ent- diesem Grund wurden die in Kapitel 4.2 er- sprechend zur Berechnung eines Gesamtka- läuterten zweiphasigen Simulationen ebenfalls nals herangezogen. Die diskreten einzelnen als Variantensimulation in Abhängigkeit der Simulationsergebnisse konnten mit Hilfe nu- Optimierungsparameter durchgeführt und lie- merischer Verfahren durch geschlossene a- ferten Werte für die Kapillarwirkung als es- nalytische Ausdrücke wiedergegeben werden, sentielle Eingangsgröße des Modells. Da der welche einen kontinuierlichen Lösungsraum Befüllungsverlauf einer einzelnen Zelle im für die Optimierung eröffneten und somit für Gegensatz zu den wirkenden Kapillarkräften jede Kombination der Eingangsgrößen einen keine für das Modell verwertbaren Informati- gültigen Arbeitspunkt der Verhaltenssimula- onen beinhaltet, können die FVM-Ergebnisse tionen definierten. Davon ausgehend wurde für die zweiphasigen Variantensimulationen in als Optimierungsergebnis für eine exempla- einen dreidimensionalen analytischen Zu- risch definierte Befüllungszeit ein eindeutiger sammenhang für den gesamten Lösungsraum Zusammenhang zwischen den Optimierungs- überführt werden und liefern somit für jede parametern gefunden. Der Industriepartner Kombination der Optimierungsparameter ei- kann somit einen Optimierungsparameter nen gültigen Arbeitspunkt des Modells. Die innerhalb des gültigen Arbeitsberiches vorge- übrigen geometrischen Abmessungen des Ka- ben und weiß, wie der andere für eine defi- nals sind ebenfalls variabel, bleiben aber für nierte Befüllungszeit zu wählen ist. die Optimierung weitgehend ohne Einfluss. Da der fluidische Widerstand einer luftgefüll- Literatur ten Zelle um etwa zwei Größenordnungen [1] O. Nüssen, H. Bolte, D. Peters, S. Bechtold, R. unter dem einer mit der Testflüssigkeit ge- Laur: An application specific design methodology for füllten Zelle liegt, dominieren die Fluidzellen microsystems, DTIP2001, Cannes, Proceedings pp. die Befüllungszeit, sobald die Fließfrontposi- 175-186 tion die erste Zellenspalte erreicht hat, nahezu [2] C. Schön, I. Ballhorn: Betrachtung des Flüssig- unabhängig davon, wieviele luftgefüllte Zel- keitsverhaltens in medizinischen Teststreifen aus Kunststoff. Abschlußseminar OMID, Nov. 2002, len im verbleibenden Kanalraum noch folgen. Karlsruhe Eine Änderung der Kanalbreite wird durch [3] S. Halstenberg, A. Quinte, H. Eggert, C. Schön, R. den sich ergebenden Fluss kompensiert, so Peters: Einsatz numerischer Verfahren zur Modellbil- dass sich die Befüllungszeit ebenfalls nicht dung und Simulation von kapillarisch getriebenen merklich ändert. Fluiden in Mikrostrukturen. 4. Statuskolloquium des Programms Mikrosystemtechnik, 30./31. März 2000, Da es für eine zu formulierende Zielfunktion Forschungszentrum Karlsruhe, FZKA 6423, S. 143- kein eindeutiges Minimum gibt, werden zu- 148 nächst eindimensionale Optimierungsansätze [4] M. Anton, St. Bechtold, O. Nüssen, R. Laur: Com- verfolgt, bei denen für feste Werte der Struk- puter aided modeling of static and dynamic transfer turhöhe der Säulenabstand dem Zeitkriterium characteristics, Technical Proceedings of MSM98, April 6-8, 1998, Santa Clara, California entsprechend eingestellt wird. Für die Auf- [5] O. Nüssen, H. Bolte, D. Peters, R. Laur, S. Hal- nahme einer Kurve wie in Abb.22 wird somit stenberg, H. Eggert: Behavioural Modelling of Medi- je ein Optimierungslauf pro Stützstelle benö- cal Test Strips for Optimization, DTIP 2002, May tigt. 2002, Cannes, Proceedings pp. 385-393 BMBF-Verbundprojekt OMID - 57 -

DIE AKTORPLATTE – EIN UNIVERSELLER FLUIDISCHER MIKROAKTOR Dipl.-Ing.Isam Tahhan, F&E, Bartels Mikrotechnik GmbH Email: [email protected]

nach innen), so dass die daraus resultierende Kurzfassung Bewegung nutzbar gemacht werden kann. Das Konzept eines Mikroaktors, welcher fluidisch betrieben und elektrisch gesteuert 2 Prinzipien werden kann, wird vorgstestellt. Der Die folgenden Skizzen verdeutlichen den prinzipielle Herstellungsweg des Aktors und Aufbau und die Wirkungsweise der Ak- des zugehörigen Ventils sowie torplatte und des dazugehörigen Ventils. unterschiedliche Betriebsarten werden dargelegt, und potenzielle Anwendungs- 2.1 Die Aktorplatte möglichkeiten aufgezeigt. Die Aktorplatte selber besteht im wesentlichen aus einer Kunststoffmembran, 1 Einleitung die durch Excimerlaserstrukturierung an Die Mikrotechnik beschäftigt sich seit bestimmten, genau definierten Stellen geraumer Zeit und mit wachsendem Einsatz ausgedünnt ist. Als Ergebnis dieser an der Realisierung einzelner Funktionen für Ausdünnung erreicht man eine maximale fluidische Bauelemente sowie fluidische Auslenkung bei minimalem Druckabfall unter Gesamtsysteme. Dabei besteht insbesondere der Platte und minimalen Spannungen, d.h., an Pumpen, Ventilen und Aktoren reges die Platte ist soweit als möglich Interesse, da diesen aktiven Elementen eine strukturoptimiert. Schlüsselrolle bei dem Aufbau von Systemen zukommt. Dringend benötigt werden hier Aktorelemen- te, die sich kostengünstig und in großen Flä- chen innerhalb eines 2-D-Arrays realisieren lassen. Solche Aktorarrays könnten für viele Appli- kationen eingesetzt werden, so z.B.: • taktiles Array für die Realisierung von Blindenschrift, der Bewegung von klei- nen Objekten etc. Abbildung 1: Funktionsweise der • hochpoliges flächenhaftes flexibles e- Aktorplatte lektrisches 2-D-Relais • Aktoren zum Antrieb von Ventilarrays Während die Aktorplatte im drucklosen Zustand eben mit der Oberfläche abschließt • Verkippung der Aktoren, so dass damit (s. oben), hebt sie sich bei Überdruck ein eine Spiegelverstellung möglich wird. gewisses Maß aus der Oberfläche heraus Ein effizientes Konzept zur Verwirklichung (darunter). Bei Unterdruck würde das solcher Arrays stellt die sog. „Aktorplatte“ enstprechende Gegenteil gelten. dar. Diese besteht im wesentlichen aus einer mirostrukturierten Membran, die sich über 2.2 Das Ventil einem Hohlraum befindet. Bei Zum Betrieb der Aktorplatte ist ein Ventil Druckbeaufschlagung wölbt sich diese nötig, welches dafür sorgt, daß im Falle einer Membran nach außen (bzw. bei Unterdruck gewünschten Auslenkung den Druck in der BMBF-Verbundprojekt OMID - 58 -

Hohlkammer unter der Platte ansteigen läßt. Anwendungen können normale Pumpen Dieses Ventil wird mittels elektro- eingesetzt werden, die allerdings (bei Einsatz rheologischen Flüssigkeiten (kurz: ERF) partikelhaltiger ERF) nicht verstopfen dürfen realisiert werden. (Membranpumpen). Hier sind Drücke bis mehrere Bar problemlos erzeugbar. Im Falle 2.2.1 ERF eines beschränkten Raumangebots können ERF sind Flüssigkeiten, die ihre Viskosität Gaskartuschen, die über eine Mechanik ein unter Einfluß eines elektrischen Feldes ERF-Reservoir mit Druck beaufschlagen, ändern. Im Extremfall kann es so zu einer genutzt werden, allerdings mit dem Nachteil, Quasi-Verfestigung kommen, aus der ein daß nach Versiegen des Kartuschendruckes Erliegen des Flüssigkeitsstromes resultiert. auch der ERF-Strom zum Erliegen kommt. Schließlich können für besondere 2.2.2 Betrieb Anwendungen auch Mikropumpen eingesetzt Die folgende Abbildung zeigt schematisch das werden, die allerdings nur Drücke bis ca. Ventil in Verbindung mit einer ruhenden bzw. 0,1 bar Überdruck erzeugen, was die ausgelenkten Aktorplatte. Anwendungsbandbreite etwas einschränkt.

1 2.3 Aufbauvarianten 2 Je nach Anwendungsfall kann zwischen den Aufbauvarianten „Ventil hinter der Platte“ 3 und „Ventil hinter und vor der Platte“ ausgewählt werden.

Abbildung 2: Ruhezustand, Ventil offen 3 Variationsmöglichkeiten Ein kurzer Einblick ins Innere von Platte und Ventil soll die Einfachheit der dahinter 1 stehenden Idee, sowie die Gründe für die Robustheit der Lösung illustrieren.

2 3.1 Aktorplatte

3 3.1.1 Material Die Herstellung der Aktorplatte erfolgt vornehmlich in Folientechnik. Das bedeutet, Abbildung 3: Ausgelenkter Zustand daß man auf Halbzeug hoher Güte, geringen Preises und sehr guter Verfügbarkeit (1) ist die Aktorplatte, (2) der ERF- zurückgreifen kann, welches in Flüssigkeitsstrom, und (3) das ERF-Ventil. Im unterschiedlichsten Materialien und Dicken Normafall strömt die ERF ungehindert unter vorliegt. Je nach Anwendungsfall kann so der Aktorplatte hindurch und verläßt die eine optimale Material- und Geometriewahl Hohlkammer durch das offene Ventil. Wird getroffen werden. das Ventil jedoch durch Anlegen einer 3.1.2 Strukturierung Spannung und somit der Erzeugung eines elektrischen Feldes aktiv, so entsteht dort ein Für kleine Stückzahlen erfolgt die Propf, der zu einer Druckerhöhung in der Strukturierung der Folie (z.B. Polycarbonat) Hohlkammer führt: die Platte wird ausgelenkt. mittels Excimerlaser-Strahlung. Die dabei erzielbaren Genauigkeiten von ±5 µm sind 2.2.3 Druckquellen ausreichend für alle hier diskutierten Als Drucklieferanten können unterschiedliche Anwendungen. Für große Stückzahlen ist die Quellen dienen. Für nicht raumkritische Prägetechnik nutzbar. BMBF-Verbundprojekt OMID - 59 -

3.1.3 unterschiedliche Plattenformen Im allgemeinen ist die Platte als kreisrunder Aktor ausgeführt, da sich hier die besten Ergebnisse bezüglich Auslenkung und Spannungsverteilung erzielen lassen. Es sind aber auch Sonderformen denkbar, in denen z.B. mittels einer Keilform eine eindeutige Vorzugsrichtung beim Auslenken erzeugt wird. 3.1.4 Funktionsplattform Die Funktionsplattform kann einerseits ohne weitere Strukturierung oder Behandlung direkt zur Übertragung beispielsweise Abbildung 4: Schema des ERF-Testventils haptischer Information genutzt werden. Sie Mittels der Ein- und Auslaßöffnungen wird kann jedoch auch durch entsprechende elektrorheologische Flüssigkeit durch den Metallisierung elektrischen Strom leiten, so Kanal gepumpt. Über die Außenkontakte daß sie Teil eines Relais wird, oder durch kann der Flüssigkeitsstrom je nach Druck und Verspiegeln zum Ablenken eines Strahles Spannung vermindert oder auch völlig genutzt werden. gestoppt werden. 3.2 Ventil Das ERF-Ventil besteht aus Gründen der 4 Realisierte Prototypen der Wirtschaftlichkeit und Integrationsfähigkeit Aktorplatte aus den gleichen Materialien wie die Aktorplatte. Daher kommen auch hier Folien Im Rahmen des Förderprojektes OMID bzw. Platten aus Kunststoff zum Einsatz. konnten bereits mehrere Prototypen der Üblicherweise befinden sich im Unterbau der Aktorplatte sowie das dazugehörige Ventil Platte ohnehin die Kanäle für die ERF, welche hergestellt werden. Eine Integration von mit unterschiedlichen Verfahren an Aktorplatte und Ventil in ein Bauteil wurde enstprechenden Stellen zu metallisieren sind, aus Zeitgründen noch nicht realisiert; das um das nötige elektrische Feld zu erzeugen. Zusammenspiel beider Komponenten konnte Mögliche Verfahren hierzu sind: jedoch mittels Verbindung durch Schlauchverbindungen erfolgreich • Einlegeteile aus dünnem Metall, die demonstriert werden. mittels feiner Drähte nach außen kon- taktiert werden. 4.1 Vorversionen • Direktmetallisierung auf die Kanalflä- Im Laufe des Projektes wurden verschiedene chen. Versionen von Aktorplatten augfebaut und Folgendes Bild zeigt den Aufbau eines charakterisiert. getesteten ERF-Ventils. Die nächste Abbildung zeigt eine Aktorplatte Das Ventil besteht aus zwei Polycarbonat- aus Polycarbonat mit dem Durchmesser Platten, auf welche die Elektroden, deren 3,2 mm. Im Zentrum ist die große Zuleitungen und außenliegende Kontaktie- Funktionsfläche zu sehen, die kreisrunden rungsflächen aufgebracht werden. Zwischen Kerben sind noch äquidistant. die Platten wird eine dünne geschlitzte Membran gelegt. Der Schlitz dient als Flüssigkeitskanal; die Höhe des Kanals entspricht der Dicke der Membran und ist somit genau einstellbar. BMBF-Verbundprojekt OMID - 60 -

ruhende und ausgelenkte Aktorplatte zeigen die folgenden beiden Abbildungen. Die Auslenkung dieses Prototypen beträgt noch 3 mm ca. 20 µm, je nach Bauart und Betriebsdruck sind aber deutlich größere Hübe realisierbar.

Abbildung 5: Einfache Aktorplatten- membran (Lichtmikroskopaufnahme)

Auch ein 3x3-Array konnte hergestellt wer- den. Die einzelnen Platten haben einen Durchmesser von ca. 1 mm.

Abbildung 8: Aktorplatte im Ruhezustand

Abbildung 6: 3x3-Membran-Array

4.2 Prüfaufbau Zur Prüfung der mechanischen Eigenschaften der Platten wurde ein einfacher Testaufbau realisiert. Die mit einer externen, regelbaren Druckquelle verbundenen Platten wurden schrittweise mit (Luft-)Druck beaufschlagt und der sich daraus ergebende Hub gemessen. Abbildung 9: Aktorplatte augelenkt Die Abbildung zeigt den Halter, in dem sich zwei Platten auf einem Polycarbonat-Träger befinden. Die Auslenkungen wurden mittels eines Oberflächenmeßgerätes bestimmt. 4.3 Optimierte Version Am Forschungszentrum Karlsruhe wurden extensive Untersuchungen zur Optimierung des Plattenprofiles betrieben. Die festen Randbedingungen betrafen die Gesamt- Plattendicke, das Materialparameter, den Gesamtdurchmesser, die Größe der Funktionsplattform und die minimale und maximale Kerbenanzahl sowie die maximale Kerbentiefe. Variiert werden konnten die Abbildung 7: Versuchsaufbau Lage und Tiefe der Kerben. Als Die Ergebnisse des 3-D-Scans über die Optimierungsziel wurde eine möglichst große Auslenkung bei gleichem Druck und unter BMBF-Verbundprojekt OMID - 61 -

Einhaltung der maximalen Vergleichsspannung angegeben. gemessen (±20µm Fehler) Simulation 4.3.1 optimiertes Profil Aufgrund der vom FZK gelieferten Logarithmisch (Simulation)

Optimierungsergebnisse wurde eine 400 entsprechende Platte gefertigt. Als 350 hervorstechendes Merkmal besitzt diese Platte 300 lediglich je eine relativ breite Kerbe auf der Ober- und der Unterseite. Das Profil welches 250 je nach gewünschtem Maximaldruck und E- 200

Modul leicht variiert, zeigt nachstehende Hub (µm) 150 Abbildung. 100 50 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 Druck (bar)

Diagramm 1: Hub der optimierten Aktorplatte (real und simuliert)

4.3.3 Hysterese Bei den Messungen wurde eine gewisse Hysterese festgestellt. Diese bewegte sich im Bereich um 5% des Maximalhubes. Auch eine Nullpunktsverschiebung in dieser Größenordnung wurde bemerkt. Der Grund Abbildung 10: optimierte Profile hierfür liegt in der teilplastischen Verformbarkeit des Werkstoffes sowie einer teilweise unvollständigen Verklebung von 4.3.2 Druckverlauf Platte und Körper. Während der ersten Das optimierte Profil wurde mit Drücken bis Druckbeaufschlagung lösen sich diese im ca. 1 bar belastet. Die sich daraus ergebenden Randbereich befindlichen Teilverklebungen Verformungen sind im nachstehenden voneinander, so daß sich der Graphen aufgetragen. Zusätzlich sind die Wirkdurchmesser der Platte geringfügig Daten der entsprechenden Simulation vergrößert. Mittels geeigneter angegeben, welche mit den Original- Verbindungstechnik kann letzteres Problem Profildaten durchgeführt wurde. Die teilweise umgangen werden, wobei eine Abweichung der beiden Kurven liegt bei unter Resthystere aufgrund des zuvor 10%. Die eigentlichen Hübe stimmen jeweils beschriebenen Grundes nicht vermeidbar sein gut überein, und auch deren schwächeres wird. Dies darf jedoch für die meisten Anwachsen bei höheren Drücken läßt sich Anwendungen als unproblematisch mittels einer logarithmischen Kurve gut angesehen werden. annähern. 4.3.4 Fertigungsaspekt / reales Profil Im Rahmen des Projektes wurde festgestellt, daß sich doppelseitige Strukturen, die nahe beieinander liegen (wie es bei den gegenüberliegenden Kerben er Fall ist), nicht ohne weiteres herstellen lassen, wenn der sich bei der Fertigung ergebende Wandwinkel nicht ausreichend berücksichtigt wird. Als BMBF-Verbundprojekt OMID - 62 -

Folge dessen konnten zunächst nur Platten gefertigt werden, bei denen die Kerbentiefe nicht ganz bis zur Materialmitte reichte bzw. der Abstand gegenüberliegender, aneinander angrenzender Kerben (d.h. die Dicke der in axialer Richtung verlaufenden Platten- segmente) sehr groß war. Umfangreiche Versuche ergaben schließlich entsprechende Richtwerte, die dazu führten, daß die zu Beginn des Projektes anvisierten Maße, nämlich eine Restdicke der Platte von ca. 20 µm, erreicht werden konnten. Das Schnittprofil einer solchen Platte zeigt das nächste Bild. Abbildung 12: 3D-Ansicht der optimierten Aktorplatte (Oberseite)

Abbildung 11: reales Profil der opt. Platte Die an den Kantenübergängen sichtbaren Zacken sind weitgehend auf Meßfehler zurückzuführen. Die am linken Bildrand befindliche Maßstab deutet die Materialstärke Abbildung 13: 3D-Ansicht der optimierten von 100 µm an. Die Platte scheint nach unten Aktorplatte (Unterseite) durchgebogen zu sein; dies wird auf materialimmanente Verspannungen zurückgeführt und muss noch Gegenstand 5 Aktorplattensystem: Aktor weiterer Untersuchungen sein. Bei anderen und Ventil Materialien traten diese Verformung nicht auf. Die nächsten beiden Abbildungen zeigen die In einem abschließenden Funktionstest wurde 3D-Ansichten von Ober- und Unterseite der die optimierte Aktorplatte mit dem ERF- optimierten Platte. Ventil verbunden und aktuiert. Abbildung 14 zeigt schematisch den Aufbau der Teststruktur. BMBF-Verbundprojekt OMID - 63 -

Abbildung 14: Schematischer Abbildung 15: herkömmliche Braille-Zeile Systemaufbau mit Tastaturauflage Der Aufbau ähnelt dem des Testventils (s.o.), ist jedoch mit zwei anstatt einer Elektrode Durch die kostengünstige Fertigung eines bestückt und um eine Aktorplatte, welche sich großen Aktorplatten-Displays könnte einen zwischen den beiden Elektroden befindet, Quantensprung von den maximal dreizeiligen erweitert. Mittels diesem Aufbau wurde Liniendisplays hin zu echten „Braille- erfolgreich nachgewiesen, daß der durch das Bildschirmen“ mit VGA-Auflösung Ventil schaltbare Druck ausreicht, um die bedeuten. (ebenfalls mit ERF unterspülte) Aktorplatte zu Wenngleich herkömmliche Braille-Anzeigen betätigen. einen Hub von 1-2 mm bieten, ist auch bereits deutlich unter 1 mm eine Erkennung der Schriftsymbole möglich, wenn eine 6 Anwendungsbeispiele entsprechende Scharfkantigkeit der Pixel Aufgrund des einfachen Aufbaues und gewährleistet ist. Dies kann mittels einer universell einsetzbaren Prinzips lassen sich entsprechenden nadelförmigen Erhebung in eine Vielzahl von Anwendungen finden, in der Mitte der Platte erreicht werden. denen die Aktorplatte sinnvoll eingesetzt werden kann. Die folgenden Beispiele geben 6.2 hochohmiges Relais eine Übersicht. Eine weitere Anwendung ist die Herstellung großflächiger Relais, die zur wahlweisen 6.1 Braille-Display Kontaktierung bzw. Trennung von Flip-Chips Bestes Beispiel ist die fluidisch angesteuerte eingesetzt werden könnten. Als besonders Braille-Zeile (Blindenschrift-Anzeige). Eine vorteilhaft ist hier die Integrationsfähigkeit Braille-Zeile ist eine Hilfsmittel für blinde der Aktoren in die Leiterplatte zu sehen. Personen, die mittels dem Ertasten der Bestimmte Kunststoffe besitzen eine Blindenschrift lesen können. Die (begrenzte) immanente Leitfähigkeit, Blindenschrift besteht aus Buchstaben, die beispielsweise aufgrund von Kohlenstoff- sich aus punktförmigen Erhebungen Einlagerungen (z.B. Pokalon® C), so dass je zusammensetzen. Von erhaben gedruckten nach Anwendungsfall eine Nachmetalli- Braille-Schriftstücken abgesehen, benötigt ein sierung teilweise oder ganz entfallen kann. Blinder eine Anzeige, die elektronisch angesteuert wird und die Darstellung einer 6.3 Chip-Kontaktierung oder mehrerer Zeilen in Blindenschrift Eine dem Aktorplatten-Relais ähnliche ermöglicht. Anwendung ist die schaltbare Flip-Chip- Kontaktierung. Dabei befindet unter jedem der Chipkontakte, welche bis zu mehreren hundert betragen können, eine Aktorplatte, die bei Betätigung die Verbindung zur Leiterplatte herstellt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 64 -

6.4 Kippspiegel • zu hohen Robustheitsanforderungen Eine leichte Abwandlung der Konstruktion • zu hohen Kosten der Aktorplatte erlaubt eine seitliche • zu eingeschränkter Flexibilität Verkippung anstatt dem gleichmäßigen bisher keine Verwendung fand. Im Detail Ansteigen und Absenken der Funktionsfläche. betrachtet, ergeben sich nocheinmal folgende Befindet sich dort eine spiegelnde Schicht, so Vorteile: erhält man einen fluidisch angetriebenen Ablenkspiegel, der bei geeigneter Wahl der 7.1 Vorteile des Konzeptes Basismaterialien ebenfalls in eine Leiterplatte • Serienprodukt: Da die Aktoren in integriert werden könnte. Daraus resultiert großer Anzahl parallel und in einem eine platzsparende und kostengünstige preisgünstigen Verfahren fertigbar Fertigung der Ablenksysteme, da die Aktorik sind, liegen die Kosten deutlich gerin- mit der Leiterplatte in einem Arbeitsgang ger als bei vergleichbaren Mikroakto- gefertigt wird, und dabei auch die ren anderer Herstellungsweise. Einbringung der notwendigen Elektroden zur Steuerung problemlos möglich ist. • Vielfältig: Das neue Konzept bietet ei- ne große und relativ leicht realisierbare Kombinationsvielfalt bezüglich der am Aktor angekoppelten Zusatzfunktio- nen, so dass hier der Gedanke eines echten modularen Mikrosystems zum Lichtstrahl Tragen kommt. • Preisgünstig: Das Konzept ist kosten- günstig, weil zum einen die Materia- lien (Kunststoffe), aber auch die Ferti- gungsverfahren (Lasertechnik in der Abbildung 16: Aktorplatte als Prototypenphase, Prägetechnik in der Ablenkspiegel Serienproduktion) vergleichsweise ge- ringe Kosten verursachen.

7.2 Vorteile des Aktors 6.5 Manipulationsfläche • Bei einer genügend dichten flächigen Packung Robustheit: Der Aktor ist deutlich ro- vieler Aktorplatten nebeneinander, ist eine buster, weil die Materialien nicht brü- Funktionsfläche denkbar, die durch gezieltes chig (Silizium o.ä.) und trotzdem che- Ansteuern der einzelnen Elemente darauf misch ausreichend resistent sind (je abgelegte Objekte bewegt. Limitierender nach Materialwahl). Faktor sind hier allerdings die zur Bewegung • Hohe Kraft: Er ist stärker, weil die nötigen recht hohen Kräfte, die entsprechend krafterzeugende Quelle sich nicht mehr hohe Anforderungen an die Aktorplatte direkt am Ort des Geschehens lokali- stellen. Mittels entsprechend dicker siert sein muss, sondern entfernt vom Plattenmaterialien und hoher Drücke kann Wirkort befinden kann. So kann auf jedoch auch für solche Anwendungen eine „makroskopische“ Druckquellen geeignete Aktoroplatte entworfen werden. (Standard-Pumpen) ausgewichen wer- den, wenn dies nötig ist. Zudem hält 7 Zusammenfassung der Baukasten der Mikrotechnik Die Aktorplatte ist als ein „universelles“ In- (MATCH-X) mittelfristig auch eine strument anzusehen, welches überall dort ein- Mikropumpe bereit, welche direkt in gesetzt werden kann, wo Aktorik aufgrund modulare Mikrosysteme integriert von werden kann. Auch der Aktor selber ist BMBF-Verbundprojekt OMID - 65 -

leicht in einen MATCH-X-Baustein integrierbar und erweitert so den beste- henden Baukasten um ein wichtiges E- lement. • Modulares Konzept: Der Aktor ist so flexibel, weil die Aktorplatte alleine, in einer Linie oder auf einer Fläche ange- ordnet sein kann, und weil mit densel- ben Fertigungsschritten unterschiedli- che Mikrosysteme realisiert werden können (Braillezeile, Relais, ...). Insbe- sondere die Kombinierbarkeit des Ak- tors mit anderen, fluidischen Bauele- menten, die praktisch im gleichen Ar- beitsgang hergestellt werden, sei hier hervorgehoben. Prototypisch sind verschiedene Aktorplatten- typen hergestellt und getestet worden. Ein im auf die Aktorplatte abgestimmtes ERF-Ventil wurde ebenfalls aufgebaut und erfolgreich als Ansteuerventil für den Aktor getestet. 8 Firma / Autor Bartels Mikrotechnik bietet Produkte aus dem Anwendungsbereich der Mikrostrukturtechnik und der Mikrofluidik an. Das Ziel von Bartels Mikrotechnik ist es, Unternehmen aus den Anwendungsgebieten der Biotechnologie, Pharmaforschung und medizinischen Diagnostik sowohl bei der Entwicklung innovativer Mikroprodukte zu unterstützen als auch Produkte aus dem Bereich der Mikrofluidik anzubieten. Dipl.-Ing Isam Tahhan, Jahrgang 1968, studierte Maschinenbau Richtung Feinwerk- und Mikrotechnik an der Technischen Universität Berlin und der University of Califonia in Berkeley. Seit 1998 ist er bei der Firma Bartels Mikrotechnik GmbH, Dortmund, als Konstrukteur und Entwickler tätig. BMBF-Verbundprojekt OMID - 66 -

MODELLIERUNG UND OPTIMIERUNG DER AKTORPLATTE A. Quinte, Institut für Angewandte Informatik, Forschungszentrum Karlsruhe GmbH [email protected]

Diese bewirkt eine vom Druck abhängige Kurzfassung mechanische Auslenkung der Aktorplatte. Der Druckaufbau in der Aktorkammer wird In Zusammenarbeit mit den Projektpartnern durch ein aktives Ventil am Ausgang der Bartels Mikrotechnik GmbH und SIMEC Aktorkammer gesteuert. GmbH wird an der Entwicklung einer univer- sellen fluidisch betriebenen Aktorplatte gear- beitet, die als integrierte Komponente eines Mikrosystems für die Umwandlung fluidi- scher Energie in mechanische Energie einge- setzt werden soll. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Topo- logieoptimierung mit Evolutionären Algo- Abbildung 1: Mikroaktor mit Aktorplatte rithmen unter Verwendung eines parametri- sierbaren FEM-Simulationsmodelles. Der Einsatz von Evolutionären Algorithmen erfor- 1.2 Das Optimierungsproblem dert für die Evaluierung kurze Simulationszei- Durch eine entsprechende Anzahl, Anord- ten, so dass bislang physiknahe Simulations- nung und Dimensionierung der Kerben kann modelle auf Basis diskreter Elemente Metho- das mechanische Verhalten der Aktorplatte den aufgrund ihrer üblicherweise hohen Re- gezielt beeinflusst werden. Ein wichtiges chenzeiten (im Vergleich zu höheren Model- Optimierungsziel besteht darin, bei einem len) hierfür nicht eingesetzt werden konnten. gegebenen Arbeitsdruck eine möglichst große Die an unserem Institut entwickelte Parallel- Auslenkung der Aktorplatte zu erreichen. version des Optimierungswerkzeuges GADO Gleichzeitig soll die Aktorplatte eine lange (Genetischer Algorithmus zur Design Opti- Lebensdauer besitzen, d.h. sie muss wider- mierung) ermöglicht die Verwendung von standsfähig gegenüber häufigen Lastwechseln physiknahen Simulationsmodellen bei der und äußeren mechanischen Einflüssen sein. Optimierung mit einer globalen Suchstrategie. Dazu trägt sowohl die Verwendung eines geeigneten Materials als auch eine entspre- 1 Einleitung chend gewählte Geometrie bei. Die vorliegende Optimierungsaufgabe be- 1.1 Die Aktorplatte schränkt sich somit nicht auf eine reine Di- mensionierungsoptimierung, bei der eine fest Der fluidisch betriebene Mikroaktor vorgegebene Anzahl von Geometrieparame- (Abbildung 1) besteht aus zwei übereinander tern optimiert werden muss, sondern sie geschichteten dünnen Kunststofffolien, in die umfasst zusätzlich auch die Optimierung der mit einem Excimerlaser für die Aktorplatte, Topologie in Form der Anzahl und Anord- Aktorkammer und fluidischen Anschlüssen nung der Kerben. Die Optimierungsaufgabe die entsprechenden Mikrostrukturen einge- führt damit zu einem Parametervektor mit bracht wurden [1]. Die Strukturierung der ca. dynamischer Länge in Verbindung mit einer 100 µm dünnen Kunststofffolie für die Ak- hohen Parameterzahl. Durch die diskrete torplatte erfolgt beidseitig zunächst in Form Anzahl der Kerben ist der Lösungsraum von ringförmigen und konzentrisch angeord- zudem multimodal. Aufgrund der Genauig- neten Kerben. Durch die Aktorkammer zirku- keitsanforderungen und der Topologievariabi- liert ein flüssigförmiges Arbeitsmedium über lität ist der Einsatz von FEM-Modellen bei das ein Arbeitsdruck aufgebaut werden kann. der Lösung der Optimierungsaufgabe unum- BMBF-Verbundprojekt OMID - 67 - gänglich. Herkömmliche rein lokale Suchver- rung und Auswertung der Analyseergebnisse fahren sind bei dieser Problemstellung in der vollautomatisch durchgeführt werden. Dies Regel überfordert. Bereits die Multimodalität ist eine notwendige Voraussetzung für die und die hohe Parameterzahl bilden für viele automatisierte Durchführung umfangreicher lokale Suchverfahren eine große Hürde. Unter Parameterstudien oder wie in diesem Fall für diesen Voraussetzungen sind globale Suchver- die rechnergestützten Optimierungen [6]. Der fahren, wie die hier eingesetzten evolutionären Parametervektor enthält neben den Basispa- Suchstrategien, besser geeignet. rametern, wie z.B. Radius und Dicke der Für die Strukturoptimierung der Aktorplatte Aktorplatte zusätzlich für jede Kerbe einen wurde zunächst das in unserem Institut entwi- eigenen Parametersatz, welcher die Lage, ckelte Optimierungswerkzeug GADO [2] und Position, Weite, Höhe und Wandwinkel der später die weiterentwickelte Variante HyGA- jeweiligen Kerbe beschreibt. DO [8,9] eingesetzt. GADO ist die auf De- signoptimierung zugeschnittene Variante des GLEAM-Verfahrens [3], einem eigenständi- gen Evolutionären Algorithmus, der Elemente der Evolutionsstrategie [4] und der Geneti- schen Algorithmen [5] mit Konzepten der Informatik verbindet. Obwohl Evolutionäre Verfahren generell dazu geeignet sind, mit Parametervektoren dynamischer Länge umge- hen zu können, erlauben dies die meisten Implementierungen im Gegensatz zu GLEAM nicht, so dass GADO ohne Modifikationen für die vorliegende Aufgabe eingesetzt werden konnte.

2 Strukturmechanisches Modell der Aktorplatte Für die Aktorplatte wurde ein in seiner Geo- metrie frei parametrisierbares FEM-Modell für das kommerzielle FEM-Tool ANSYS Abbildung 2: Parametrisierbares FEM- erstellt (siehe Abbildung 2), mit dem das Modell der Aktorplatte statische strukturmechanische Verhalten bei einer vorgegebenen homogenen Drucklast Die Anzahl der Kerben ist im FEM-Modell berechnet werden kann. nicht fest vorgegeben, sie wird von dem Wegen seiner Rotationssymmetrie ist das Parametervektor bestimmt. Die Abbildung 2 FEM-Modell zweidimensional aufgebaut. zeigt ein Beispiel für ein parametrisiertes Gegenüber einem dreidimensionalem FEM- Modell mit vier Kerben, das gleichzeitig auch Modell kann dadurch der Modellierungs- und die Gestaltungsmöglichkeiten für die Struktu- Simulationsaufwand deutlich kleiner gehalten ren verdeutlicht. werden. Für die räumliche Diskretisierung Für eine vorgegebene Drucklast liefert die wird ein unstrukturiertes Gitter verwendet, nichtlineare statische Strukturanalyse als wodurch die automatisierte Geometriemodell- Ergebnis unter anderen die skalaren Kenn- erstellung erleichtert wird. Das FEM-Modell größen, die Auslenkung der Aktorplatte, den ist „Batch-Job“-fähig, d.h. unter Vorgabe Spitzenwert für die Von-Mises-Spannung, die eines Parametervektors kann der komplette lokal in der Struktur unter Last auftritt und Ablauf einer FEM-Simulation einschließlich das Volumen des Raumes, welches bei der der Geometriemodellerstellung, Gittergenerie- Auslenkung der Aktorplatte unter der Platte BMBF-Verbundprojekt OMID - 68 - entsteht. Tabelle 1: Mit FEM berechnete Die maximale Von-Mises-Spannung liefert Auslenkungen von Aktorplatten im eine Aussage über die mechanische Belastung Vergleich der Aktorplatte. Das Volumen des Raumes ist Auslenkung (µm) eine Kenngröße, die später bei der Systemmo- Aktorplatte E-Modul = 1GPa, Druck = dellierung für die Ermittlung einer fluidischen 100hPa Kapazität benötigt wird. manuell 104,1 451% manuell mod. 160,3 694% Insgesamt werden für die Simulation einer unstrukturiert 23,1 100% Aktorplatte ca. drei bis zehn Minuten auf einer (d_aktor = 80µm) unstrukturiert Sun-Workstation benötigt. Für Modalanalysen 95,5 413% und für die Untersuchung des dynamischen (d_aktor = 20µm) Verhaltens der Aktorplatte wurden entspre- chende FEM-Modelle erstellt. Im Vergleich dazu erreicht eine unstrukturier- te Aktorplatte mit einer Dicke von 20 µm eine Auslenkung von 95,5 µm. Hier zeigt sich 3 Erster Entwurf der deutlich der Einfluss der Strukturierung auf die erzielbare Auslenkung. Aktorplatte Ein erster manueller Entwurf für eine struktu- 4 Strukturoptimierung der rierte Aktorplatte wurde von der Firma Bartels Aktorplatte Mikrotechnik GmbH geliefert (siehe Abbildung 3), der vier oben liegende sowie Das Ziel im Einsatz der FEM besteht wie drei unten liegende Kerben vorsieht, die so bereits erwähnt unter anderem darin, eine angeordnet sind, dass die Aktorplatte im geeignete Strukturierung für die Aktorplatte Querschnitt betrachtet eine Mäanderform zu finden, mit der sich bei vorgegebenem aufweist. Arbeitsdruck eine möglichst hohe Auslen- kung erzielen lässt. Das zur Fertigung der Aktorplatte eingesetzte Herstellungsverfahren lässt trotz fertigungs- und materialbedingter Restriktionen eine sehr große Gestaltungs- freiheit für die Aktorplattenstrukturierung zu, so dass der Suchraum für eine Optimierung Abbildung 3: Manueller Entwurf der sehr umfangreich werden kann. Aktorplatte Auf der einen Seite ist eine gezielte Suche nach einer optimalen Strukturierung ohne

fundierte Kenntnisse in der Strukturmechanik Von der Mäanderform werden vom Entwick- und ohne eine gehörige Portion Erfahrung ler, ähnlich wie bei einem Faltenbalg, gute kaum machbar und auf der anderen Seite ist Eigenschaften hinsichtlich der erzielbaren eine systematische Suche wegen der Größe Auslenkung bei gegebenem Arbeitsdruck des Suchraumes, wenn überhaupt, nur unter erwartet. Der Druck wird von unten auf die großem Zeitaufwand durchführbar. gesamte Fläche der Aktorplatte beaufschlagt. Zur Lösung der vorliegenden Optimierungs- Die manuell entworfene Aktorplatte erreicht aufgabe wurde zunächst eine auf Parallel- bei einem Arbeitsdruck von 100 hPa und GLEAM basierende Version von GADO einem E-Modul von 1000 MPa eine Auslen- eingesetzt [7] (siehe Abbildung 4). Durch die kung von 104,1 µm. Eine Modifizierung des auf mehreren Netzwerkrechnern verteilte manuellen Entwurfs, bei dem die Kerbenhöhe Ausführung der Optimierung lässt sich die auf 60 µm erhöht wurde, bringt bereits eine Dauer eines kompletten Optimierungslaufes Verbesserung der Auslenkung auf 160,3 µm. deutlich senken. Durch die größere Kerbenhöhe verbleibt für die modifizierte Aktorplatte somit eine Wand- stärke von 20 µm. BMBF-Verbundprojekt OMID - 69 -

tung wird eine Parameteranpassung durchge- führt, d.h. die Kerbe wird nach festgelegten Regeln entsprechend in ihrer Position ver- schoben und gegebenenfalls wird ihre Weite reduziert. Wenn dennoch kein Platz mehr vorhanden sein sollte, wird eine Kerbe auch ganz aus dem Parametervektor entfernt (siehe Abbildung 6).

Abbildung 4: Schematische Darstellung der Parallelversion von GADO mit dem Simulator ANSYS

Die Parallelversion von GADO besteht aus zwei Komponenten. Die eine Komponente Abbildung 5: Schematischer Aufbau des läuft als Masterprozess auf dem lokalen Rech- Interfaceprogrammes für die Kopplung ner des Anwenders. Die andere Komponente zwischen dem GADO Slave und dem besteht aus den Slaveprozessen, die vom Simulator ANSYS Masterprozess auf jedem der beteiligten Netzwerkrechner gestartet werden. Der Mas- Zusätzlich liefert die Anpassungsroutine als terprozess bildet die Schnittstelle zum An- Ergebnis einen Korrekturwert, der eine Aus- wender und er initiiert und überwacht die sage über den Umfang der vorgenommenen Abläufe für die Durchführung einer Optimie- Anpassungen des Parametervektors macht rung. Die eigentliche Optimierung wird von und zur Verbesserung der evolutionär erzeug- den Slaveprozessen durchgeführt, die unter- ten Parametervektoren benutzt wird. Aller- einander kommunizieren, wobei jeder Sla- dings kann die Parameteranpassung auch veprozess für einen definierten Teil der Ge- dazu führen, dass aus ähnlichen Parameter- samtpopulation zuständig ist. vektoren, die von GADO geliefert werden, Die Kopplung zwischen einem GADO Slave identische Parametervektoren für die Simula- und ANSYS erfolgt über ein spezielles Inter- tion entstehen. Daher wurde, um unnötige faceprogramm (siehe Abbildung 5), das die Mehrfachsimulationen zu vermeiden, im Ablaufsteuerung einer FEM-Simulation und Schnittstellenprogramm zusätzlich eine Pa- die Aufbereitung der ausgetauschten Daten rametervektordatenbank implementiert, in der übernimmt. Bei der Aufbereitung werden die bei einem Optimierungslauf alle bereits simu- Kerben in der Reihenfolge, wie sie von GA- lierten Parametervektoren zusammen mit den DO geliefert werden, auf Einhaltung der Ergebnissen abgelegt werden. geometrischen Randbedingungen (Bereichs- überschreitung bzw. Überdeckung mit bereits plazierten Kerben) überprüft. Bei Auftreten einer Überdeckung oder Bereichsüberschrei- BMBF-Verbundprojekt OMID - 70 -

Abbildung 6: Korrektur eines vom GADO gelieferten Parametervektors Abbildung 7: Der Lösungsraum im Vergleich mit bzw. ohne Die Auswirkung der Parameteranpassung auf Parameteranpassung den Lösungsraum verdeutlicht das Beispiel in Abbildung 7. In diesem Beispiel wurden die Mit dieser Konfiguration wurden auf Basis Lösungsräume mithilfe von Varientensimula- des strukturmechanischen FEM-Modells tionen generiert, bei dem bei zwei fest vorge- Optimierungsläufe durchgeführt, bei denen gebenen Kerben (Kerbe 1 und 2) die Position auch verschiedene fertigungs- und material- und die Weite der dritten Kerbe (Kerbe 3) bedingte Randbedingungen mit berücksichtigt variiert wurde. Deutlich ist die Zerklüftung wurden. Im folgenden wird das Ergebnis des Lösungraumes durch die Überdeckung der eines dieser Optimierungsläufe vorgestellt. Kerbe 3 mit den anderen beiden fixen Kerben ohne die Parameteranpassung zu erkennen. 5 Optimierungsergebnisse mit Durch die Parameteranpassung ist der Lö- sungsraum dagegen die Zerklüftung deutlich GADO weniger ausgeprägt, wodurch eine bessere Der hier vorgestellte Optimierungslauf lief Ausgangslage für die Optimierung erreicht über ein Wochenende und dauerte insgesamt wird. Unstetigkeiten im Lösungsraum, die bei 2 Tage und 15 Stunden. Dabei waren zusätz- bestimmten Topologieänderungen, wie z.B. lich zum lokalen Rechner insgesamt acht Hinzufügen oder Entfernen von Kerben auf- Netzwerkrechner an der Optimierung betei- treten, lassen sich mit der Parameteranpassung ligt. allerdings dadurch nicht verhindern. Die Evolution lief über 61 Generationen bei denen von GADO insgesamt 28978 Parame- tervektoren generiert wurden. Von denen BMBF-Verbundprojekt OMID - 71 - wurden wegen der Parameteranpassung letzt- lich mit 11302 weniger als die Hälfte dann auch tatsächlich simuliert. Durch den Einsatz der Parametervektordatenbank konnte somit erheblich Rechenzeit eingespart werden. Als Bewertungskriterien wurden die Auslen- kung der Aktorplatte, die maximale Von- Mises-Spannung und der Korrekturwert he- rangezogen. Randbedingungen für die Opti- mierung bildeten unter anderem die Einhal- tung eines maximal zulässigen Aspektverhält- nisses von 4:1 für die Strukturen, die Einhal- tung einer minimalen Wandstärke von 20 µm und ein kerbenfreier Innenbereich. Weitere feste Vorgaben waren der E-Modul (1 GPa), der Arbeitsdruck (100 hPa), der Aktorplatten- radius (1600 µm), der Wandwinkel (10º) und eine maximale Kerbenweite (1000 µm). Die Optimierungsparameter bildeten die Ak- torplattendicke (in 20 µm Schritten), sowie jeweils die Höhe, Weite, Position und Lage der Kerben. Um den Herstellungsaufwand für die Prototypen gering zu halten, wurde zu- nächst eine einheitliche Kerbenhöhe für alle Kerben verwendet. Abbildung 9: Mit Simulationsrechnungen Die Anfangspopulation für die Optimierung ermittelte Kennlinien der Aktorplatten wurde mit einem Zufallsgenerator generiert, wobei der gesamte gültige Suchraum zur Verfügung stand. D.h. es wurde keinerlei In Abbildung 9 sind die Kennlinien für die Vorwissen für die Optimierung eingebracht. Auslenkung (oben) und für die max. Von- Die Optimierung lieferte unter den zuvor Mises-Spannung (unten) der optimierten genannten Vorgaben eine Aktorplatte mit drei (Opti3101) und der manuell entworfenen Kerben und der Aktorplattendicke von Aktorplatte dargestellt. Zum Vergleich dazu 120 µm als Ergebnis (siehe Abbildung 8). ist die Kennlinie einer mit GADO optimierten Aktorplatte (Opti0611) dargestellt, bei dessen Optimierung keine Parameteranpassung verwendet wurde (siehe Abbildung 10).

Abbildung 8: Ergebnis einer Optimierung mit Parameteranpassung (Opti3101) Abbildung 10: Ergebnis einer Optimierung Gegenüber dem ersten manuellen Entwurf ohne Parameteranpassung (Opti0611) erreicht die mit GADO optimierte Aktorplatte mit 238,3 µm eine mehr als doppelt so große In Tabelle 3 sind die bei der Simulation er- Auslenkung. Bei näherer Betrachtung der mittelten Kenngrößen der Aktorplatten für optimierten Aktorplatte wird deutlich, dass bei den Arbeitsdruck 100 hPa und E-Modul 1- der Optimierung die vorgegebenen Restriktio- GPa aufgeführt. nen sehr gut ausgereizt wurden. BMBF-Verbundprojekt OMID - 72 -

6 Vergleich mit ersten Abweichungen von den Designvorgaben dazu, dass mit den prototypischen Aktorplat- Prototypen ten die laut Entwurf erwarteten Auslenkungen Von Bartels Mikrotechnik wurden parallel zu bei weitem nicht erreicht wurden (siehe weiteren Optimierungsläufen erste Prototypen Tabelle 2). hergestellt und Messungen durchgeführt, die hier im folgenden kurz angesprochen werden. Als Designvorlage für die Aktorplatte kamen in abgewandelter Form das manuelle Design nach Abbildung 3, das optimierte Design nach Abbildung 10 (Opti0611) sowie ein Design mit Einkerbungen in radialer Richtung zum Einsatz. Einige Abweichungen vom ursprüng- lichen Design waren deshalb notwendig ge- worden, weil für die Herstellung der ersten Prototypen zunächst keine Folien mit der gewünschten Dicke und Material zur Verfü- gung stand.

Tabelle 2 Vergleich zwischen Entwurf und Realisierung. Abbildung 11 Gemessener Profilverlauf Aktorplat- Entwurf Prototyp eines nach einen manuellen Design te Man. Op- Ma Opti0611 hergestellten Prototyps (Unterseite) mit ti0611 n. Ausschnittsvergrößerung. Dicke 80 100 125 (µm) Um zumindest eine erste Evaluierung des Kerben- 50 80 53 Aktorplattenmodells durchführen zu können, wurden Simulationen mit den Designparame- höhe (µm) tern der Prototypen durchgeführt. Dabei Wandwin- 10 10 21 wurden auch die bei den Profilmessungen kel festgestellten Geometrieabweichungen mit Simulierte 104,1 223 7,7 6,3 berücksichtigt. Auslen- µ Gemessen wurde bei den Aktorplatten die kung ( m) statische Auslenkung in Abhängigkeit vom Gemesse- - - 5 4 Druck. In Abbildung 12 sind die Messergeb- ne Aus- nissen zusammen mit den entsprechenden lenkung Simulationsergebnissen dargestellt. (µm)

In Tabelle 2 sind einige der Designabwei- chungen zwischen Entwurf und Realisierung aufgelistet. Weitere Abweichungen vom vorgegeben Design brachten Profilmessungen, die bei Bartels Mikrotechnik an einigen Prototypen vorgenommen wurden, ans Licht. Das in Abbildung 11 dargestellte Ergebnis einer Profilmessung zeigt unter anderem, dass die Kerbenweite, die für dieses Design mit 100 µm vorgegeben war, mit 117 µm deutlich größer geworden ist. Insgesamt führten die BMBF-Verbundprojekt OMID - 73 -

Abbildung 12 Gemessene und simulierte Kennlinien zweier Aktorplattenprototypen im Vergleich

Obgleich die Abweichungen zwischen Mes- sung und Simulation deutlich sichtbar sind, wird zumindest die qualitative Aussage der Simulation durch die Messung gut wiederge- geben. 7 Erste Optimierungs- ergebnisse mit HyGADO Ein Nachteil globaler Suchverfahren, wie die hier bei GADO eingesetzten evolutionären Suchstrategien, besteht darin, dass sie sehr rechenzeitaufwendig sind. Dieser Nachteil soll bei HyGADO [8,9], einer Weiterentwick- lung von GADO, durch eine Kombination von globalen und lokalen Suchverfahren vermie- den werden. Mit HyGADO wurden vier Op- Abbildung 13: Optimierungsergebnisse mit timierungsläufe mit Parameteranpassung HyGADO mit unterschiedlichen Vorgaben durchgeführt, deren Ergebnisse in Abbildung 13 dargestellt sind. Im Vergleich zu den bisherigen Optimie- Bei ansonsten identischen Optimierungsvor- rungsergebnissen mit GADO konnte mit gaben wurden die Optimierungsläufe mit zwei HyGADO die Auslenkung weiter erhöht unterschiedlichen Arbeitsdrücken und werden (siehe Tabelle 3). Gleichzeitig waren E-Module durchgeführt. Da derzeit noch keine dafür auch erheblich weniger Simulationen Parallelversion für HyGADO existiert benö- erforderlich. tigte jeder Optimierungslauf ca. 11 bis 12 Tabelle 3: Optimierte Aktorplatten im Tage Rechenzeit. Für den Optimierungslauf Vergleich ( Druck = 100 hPa, E-Modul = des in Abbildung 13 a) dargestellten Optimie- 1 GPa) rungsergebnisses, bei dem die gleichen Vor- Max. Von-Mises- Auslenkung gaben verwendet wurden wie bei den Opti- Aktorplatte Spannung (µm) mierungsläufen mit GADO, wurden von (N/mm2) HyGADO insgesamt 122847 Parametervekto- manuell 104,1 100% 12,0 100% ren erzeugt. Aufgrund der Parameteranpas- Opti0611 223,0 214% 16,5 137% sung wurden von denen dann lediglich 5939 Opti3101 238,3 229% 15,9 133% 1-100 251,0 241% 17,0 142% tatsächlich auch simuliert. Diese enorme Reduktion ist auf die Konvergenzphase des Die unterschiedlichen Optimierungsergebnis- häufig aufgerufenen lokalen Suchverfahrens se in Abbildung 13 zeigen deutlich den Ein- zurückzuführen, in der viele sehr ähnliche fluss der verschiedenen Vorgaben auf das Parametervektoren erzeugt werden, die das Resultat einer Optimierung. Aufgrund der zwischen HyGADO und dem Simulator ge- wenigen Optimierungsergebnisse, die bislang schaltete Interfaceprogramm dann als iden- zur Verfügung stehen, lassen sich noch keine tisch ausfiltert. allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten für die optimale Topologie und Dimensionierung erkennen bzw. ableiten. Lediglich die An- nahmen, dass eine mäanderförmige Anord- nung der Kerben, eine hohe Kerbenpa- ckungsdichte und eine möglichst geringe BMBF-Verbundprojekt OMID - 74 - resultierende Wandstärke sich vorteilhaft auf Vorversuche mit diesem Material bei Bartels- die erzielbaren Auslenkungen auswirken, Mikrotechnik ergaben, dass mit dem Laser- konnten dadurch bestätigt werden. Durch verfahren auch die Strukturen geometrietreu- weitere Optimierungsläufe mit anderen Vor- er hergestellt werden können als dies mit den gaben lassen sich diese Wissenslücken weiter bisher verwendeten Material der Fall war. reduzieren. Wenngleich mit diesem Vorwis- sen sich wohl kaum für jede denkbare Vorga- be bereits das optimale Aktorplattendesign ableiten lässt, kann jedoch mit dem Vorwissen der Suchraum und damit der Zeitaufwand einer Optimierung deutlich reduziert werden.

Tabelle 4: Die Auslenkung (µm) der optimierten Aktorplatten bei unterschiedlichen Randbedingungen Randbedingung: Optimierte E-Modul, Aktorplatte Druck Abbildung 1 GPa, 1 GPa, 3 GPa, 3 GPa, 13 100 hPa 400 hPa 100 hPa 400 hPa a) 251 385,6 100,0 280,8 Abbildung 14: Optimierungsergebnisse mit b) 167,1 485 67,9 210,9 HyGADO für die Aktorplatten aus 100 µm c) 223,3 321,3 134 244,2 dicken Polycarbonat-Folie (E-Modul: d) 228,7 443,8 79,0 289 3800 MPa)

In Tabelle 4 sind zum Vergleich die erzielba- Auf Basis des neuen Materials wurden mit ren Auslenkungen aufgelistet, die mit den von HyGADO insgesamt drei Optimierungsläufe HyGADO optimierten Designs (Abbildung mit drei verschiedenen Arbeitsdrücken 13) unter Verwendung der vier dort eingesetz- (100 hPa, 300 hPa und 600 hPa) durchge- ten Vorgaben berechnet wurden. führt, dessen Ergebnisse in Abbildung 14 zu In allen Fällen liefert bei den Vorgaben je- sehen sind. In Abbildung 15 sind die entspre- weils die darauf optimierte Aktorplatte auch chenden Kennlinien für die Auslenkung die höchste Auslenkung (in Tabelle 4 grau (oben) und für die max. Von-Mises- unterlegt), teilweise sogar mit großem Ab- Spannung (unten) der Aktorplatten aus stand im Vergleich zu den anderen Aktorplat- Abbildung 14 dargestellt. ten. Dies lässt den Schluss zu, dass es hier Für die Optimierung wurden auch deshalb durchaus Sinn macht die Aktorplatte entspre- höhere Arbeitsdrücke verwendet, hier um chend der zu erwartenden Betriebsbedingun- wegen dem hohen E-Moduls des Material mit gen und des eingesetzten Materials zu opti- den Aktorplatten dennoch ausreichend große mieren. Auslenkungen erzielen zu können. Die ma- ximale Zugspannung für das Material wird vom Hersteller mit 60-70 MPa angegeben. Für die Optimierung wurde unter Berücksich- 8 Optimierung mit HyGADO tigung einer hier willkürlich gewählten Si- Die Erfahrungen, die bislang mit den ersten cherheitsreserve 55 MPa als oberer Grenz- Prototypen und Optimierungsläufen gesam- wert für die maximale Von-Mises Spannung melt wurden, führten zu der Entwicklung vorgegeben. einer neuen Prototypenserie. Als Ausgangs- material für die Aktorplatte soll diesmal ein 100 µm dickes Polycarbonat-Folie mit einem E-Modul von 3800 MPa verwendet werden. BMBF-Verbundprojekt OMID - 75 -

rung und Erhöhung des Arbeitsdruckes auf- heben lässt.

Für die Prototypenherstellung wurde dann doch eine andere Polycarbonat-Folie mit einem niedrigeren E-Modul von 2,3 GPa – 2,4 GPa (laut Hersteller) verwendet. Durch die höhere Auslenkungen, die mit dem wei- cheren Material erreicht werden, kann unter anderem auch die Genauigkeit der Messun- gen gesteigert werden. 9 Vergleich mit Messungen Zur Evaluierung des Simulationsmodells wurden auch Messungen an unstrukturierten Aktorplatten durchgeführt. Dadurch können unerwünschte Verfälschungen, die durch geometrische Abweichungen vom Design, die bei einer Strukturierung mit dem Excimer- Laserverfahren entstehen würden, vermieden werden. Vermessen wurden dabei zwei un- strukturierte Aktorplatten mit dem Radius 1,6 mm und Dicke 25 µm sowie mit dem Abbildung 15: Mit Simulationsrechnungen Radius 2,5 mm und Dicke 100 µm. Die ermittelte Kennlinien der mit HyGADO Messergebnisse sind zusammen mit den optimierten Aktorplatten. entsprechenden Simulationsergebnissen in Abbildung 16 zusammengefasst. Für die Optimierungsläufe wurden als feste Größen die Dicke der Aktorplatte (100 µm), die Kerbenhöhe (80 µm) und der Wandwinkel (18°) verwendet um auch die Optimierung zu beschleunigen. Ansonsten wurden die glei- chen Vorgaben verwendet wie bei den zuvor beschriebenen Optimierungsläufe. Die Ergeb- nisse in Abbildung 14 a) und b) ähneln dem Ergebnis in Abbildung 13 c). Etwas aus dem Rahmen der erzielten Optimierungsergebnis- se fällt die Aktorplatte in Abbildung 14 c), die für einen Arbeitsdruck von 600 hPa optimiert wurde. Im Gegensatz zu den anderen Ak- torplatten wurde hier bei der Optimierung das Abbildung 16: Vergleich zwischen Design maßgeblich durch den vorgegebenen Simulation und Messung von zwei Grenzwert für die maximale Von-Mises unstrukturierten Aktorplatten. Spannung beeinflusst. Für die Realisierung von Aktorplatten mit hoher Auslenkung (>250 Die Abweichungen zwischen Simulation und µm), wie sie für taktile Arrays erforderlich Messungen sind bei kleinen Drücken relativ wären, dürfte somit die hier zunächst vorgese- gering. Erst bei höheren Drücken nehmen sie hene Polycarbonat-Folie kein sehr geeignetes sichtlich zu. Der Hersteller der Folie gibt für Material sein. Hier erweist sich die maximale den E-Modul einen Bereich von 2,3 GPa bis Zugspannung als begrenzender Faktor, der 2,4 GPa an, simuliert wurde mit 2,35 GPa, so auch nicht durch eine optimierte Strukturie- dass die Differenz zwischen Simulation und BMBF-Verbundprojekt OMID - 76 -

Messung durchaus noch im Rahmen einer möglichen Parameterabweichung liegen kön- nen.

Abbildung 17: Vergleich zwischen dem

optimierten Design und dem realisierten Abbildung 18: Simulationsergebnisse vom Prototypen. optimierten und realisierten Design der Aktorplatte (E-Modul: 2350 MPa). Im Vergleich zu den ersten Prototypen konn- ten diesmal die neuen Prototypen deutlich Bei Fertigstellung dieses Beitrages standen geometrietreuer realisiert werden. In leider noch keine gültige Messdaten der Abbildung 17 sind der optimierte Entwurf und strukturierten Aktorplatte zur Verfügung. das danach tatsächlich realisierte Design Erste Messversuche deuten allerdings darauf gegenübergestellt. Die Geometriedaten des hin, dass auch hier mit guten Ergebnissen Prototypen wurden ebenfalls aus den Ergeb- gerechnet werden kann [10]. nissen von Profilmessungen ermittelt und im FEM-Modell mit berücksichtigt. In Hinblick auf eventuelle Justageungenauigkeiten und 10 Zusammenfassung Aufgrund der bisher gewonnenen Erfahrungen wurde als zusätzliche Sicherheit die innere GADO und später dann HyGADO hat sich Kerbe um ca. 50 µm verkürzt, so dass zwi- als ein sehr stabiles und leistungsfähiges schen der inneren und äußeren Kerbe die Werkzeug zur Lösung des hier vorliegenden Seitenwand deutlich dicker ausfiel. Im Nach- Optimierungsproblems erwiesen. Die rech- hinein erwies sich diese Sicherheitsmassnah- nergestützte Optimierung hat hier maßgeblich me allerdings als überflüssig. Weitere deutli- zum Entwurf der Aktorplatte beitragen kön- che Abweichungen vom optimierten Design nen. sind bei der Kerbenhöhe feststellbar, die bei Das auch anspruchvolle Topologieoptimie- der inneren Kerbe 84,6 µm und bei der äuße- rungen auf Basis von rechenzeitintensiven ren Kerbe sogar 90,42 µm anstatt wie vorge- FEM-Modelle möglich sind konnte hier sehen 80 µm beträgt. Die mit FEM- aufgezeigt werden. Das dies auch mit einem Simulationen berechnete Kurven für die Aus- vertretbaren Rechenzeitaufwand gelingt, zeigt lenkung der beiden Designs sind in Abbildung die verteilte Optimierung mit der Parallelver- 18 dargestellt. sion von GADO, bei der die Gesamtdauer einer Optimierung von 10 Tagen auf wenige Tage reduziert werden konnte.

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EINE LASERSTEUERUNG FÜR OPTISCHE MESSGERÄTE G. Gärtner, T.Dittrich VacuTec Meßtechnik GmbH Email: [email protected]

mation von Papier (20g/m² ... 300g/m²) er- Kurzfassung mittelt werden. Bei der sich mit bis zu 2000m/min schnell bewegenden Papierbahn Zum Erreichen der gewünschten werden auf langen Spuren jeweils einige Tau- Messgenauigkeit müssen Laserquellen für send Messwerte aufgenommen. optische Messgeräte eine hohe Stabilität aufweisen. Angepasst an die jeweilige Applikation sind spezielle Leistungsparameter einzustellen und stabil zu halten. Das Messsystem unterliegt vielfältigen äußeren und inneren Beeinflussungen, welche ausgeregelt werden müssen. Die Zusammenhänge zwischen Einflussgrößen und Auswirkung auf die Laserleistung sind oft nichtlinear und schwer zu beschreiben. Die Ansteuerschaltungen für die Laserquellen sollen die relevanten Einflussfaktoren umsetzen und ausgleichen. Die Entwicklung dieser Schaltungen ist kompliziert und Abbildung 1: Feinstruktur der Formation aufwändig. einer Papierbahn Durch die Modellierung des Messsystems und der Zusammenhänge der Systemkomponenten Die analogen Messwerte werden mit einer soll die Basis für die Simulation von Genauigkeit von besser als ein Promille digi- Schaltungsvarianten bei der Weiterent- talisiert. Verschiedene Kennzahlen, die aus wicklung der Lasersteuerung gelegt werden. den Messwerten berechnet werden, kenn- zeichnen die Struktur des Papiers.

1 Einleitung Eine weitere Anwendung von optischen Optische Messgeräte der VacuTec Meßtech- Messgeräten der VacuTec Meßtechnik GmbH nik GmbH werden zur Erfassung der Struktur liegt in der Vermessung der Oberfläche von und der Oberfläche von Materialien verwen- verschiedensten Materialien mit einem spe- det. Neben der traditionellen Offline-Messung ziellen Laser-Reflexionssensor. Die Höhen- im Labor erfolgt zunehmend die Online-Mes- auflösung liegt im Bereich 0,2µm ... 1µm. sung während der Herstellung der Materialien. Aus den Messdaten werden das Oberflächen- profil (Abb.2) und Kennzahlen wie zum Bei- Die optische, berührungslose Methode er- spiel die Rauheit oder die Kreppung ermit- möglicht die kontinuierliche Kontrolle des telt. Fertigungsprozesses. Durch hochgenaue Mes- Diese Auswertungsergebnisse erlauben eine sung der Transmission bzw. Absorption an höhere Stufe der Bewertung der laser- bzw. lichtdurchlässigen Stoffen mittels Produktqualität und eine Verbesserung der eines Lasersensors wird die Homogenität, die Produktionsregelung. Dicke und Materialstruktur bandförmiger Materialien bestimmt (Abb.1).

Mit einem Sensor auf Basis der Laseroptik kann mittels transmittierendem Licht die For- BMBF-Verbundprojekt OMID - 79 -

2.1 Komponenten des Systems Das Messsystem besteht aus einer Reihe von elektrischen, optischen und mechanischen Komponenten. Das Blockbild (Abb.4) zeigt die wesentlichen Bestandteile. Mit der Laserdiode wird ein feiner Laserstrahl (Durchmesser 10...50µm) erzeugt und auf das zu vermessende Material gerichtet. Die Laserdiode wird von einer elektronischen Baugruppe angesteuert. Das optische System erfasst das reflektierte bzw. transmittierte Licht und teilt es in die charakteristischen Abbildung 2: Oberflächenprofil einer CD Bestandteile auf. Diese Bestandteile werden mit hochempfindlichen, sehr schnellen Photodioden und dazugehörigen Ver- 2 Überblick über den stärkerschaltungen aufgenommen und in analoge Spannungssignale gewandelt. Die Systemaufbau Spannungen repräsentieren zum Einen den Das Messsystem besteht aus Sender und eigentlichen Messwert und sind zum Anderen Empfänger. Als Sender dient eine Laser- als bewertete Referenzspannungen Eingangs- strahlenquelle und als Empfänger dienen werte für die Steuerbaugruppe. Photodioden. Durch die Eigenschaften des Materials in der Messstrecke wird die Transmission bzw. Reflexion des Laserlichts beeinflusst.

Abbildung 4: Hauptkomponenten der Lasersteuerung Die Systemkomponenten werden je nach Applikation dimensioniert und in verschiedenen geometrischen Anordnungen verwendet. Somit erhalten die Messsysteme Abbildung 3: Anordnung für unterschiedliche äußere Form. Die Transmissionsmessungen Bestandteile und deren Funktion sind jedoch in wesentlichen Zügen immer wieder gleich. Die Komponenten des Systems werden fest in Das trifft in besonderem Maße für die sogenannten C-Bügeln (Abb.3) an den Erzeugung des Laserstrahls und die Messpositionen oder in Traversierrahmen Ansteuerung zu. gemeinsam mit anderen Sensoren in den Produktionsanlagen installiert. BMBF-Verbundprojekt OMID - 80 -

und EMV-Einflüsse auf die Spannungs- versorgung. Das ist um so mehr zu beachten, da die Messgeräte für den Einsatz in Produktionslinien mit ausgesprochen rauen Umgebungsbedingungen vorgesehen sind. Außerdem können die aktiven Komponenten des Systems selbst Quelle unbeabsichtigter Beeinflussungen sein. Vor Allem erzeugen die elektronischen Baugruppen Wärme. Damit unterliegen sie während des Betriebs Veränderungen. Das spiegelt sich teilweise in den Kennlinien der Bauelemente wider. Abbildung 5: Formationssensor Ebenso können sich die Komponenten des Bei der Formationsmessung an Papier zum Systems gegenseitig beeinflussen. So kann Beispiel sind die Komponenten des Sensors Wärme an den hochempfindlichen (Abb.5) in zwei robusten Gehäusen beidseitig mechanischen Aufbauten zu geringfügigen der Materialbahn untergebracht. Je nach Verformungen und damit zur Dejustage Messaufgabe wird ein bestimmtes führen. Grundkonzept und damit auch eine festgelegte Die gewollten und ungewollten Einflüsse und Grundkonfiguration ausgewählt. Dazu gehört Verknüpfungen der Komponenten unter- zum Beispiel auch die Auswahl eines Lasers einander sind sehr vielfältig und komplex. mit einer entsprechenden Laserleistung. Ein Ziel des Projektes ist es, diese Einflüsse und Verknüpfungen zu beschreiben. Anhand 2.2 Beabsichtigte geeigneter Versuchsreihen werden bei Einstellmöglichkeiten VacuTec die wesentlichen Einflüsse Da die Materialien, die auf einer herausgearbeitet. Vom Projektpartner Fhg Produktionsanlage hergestellt werden und EAS Dresden wird das Messsystem deshalb auch mit ein und demselben System modelliert [1]. Anhand von Simulationen vermessbar sein müssen, in ihren optischen sollen geeignete Maßnahmen erarbeitet Eigenschaften variieren, muss die Helligkeit werden, um einen hochstabilen Zustand der des Lasers im Arbeitsbereich auf einen Laserquelle zu erreichen und damit die Basis optimalen Arbeitspunkt einstellbar sein. Das für die notwendige Messgenauigkeit zu legen. heißt, es müssen verschiedene Helligkeits- stufen vorwählbar sein. Das ist anders als bei Anwendungen zum 3 Komponenten und ihre Beispiel in der digitalen Datenübertragung, Eigenschaften bei denen eine Universaleinstellung allzeit verwendbar ist. Zum Verständis der Lasersteuerung werden Weiterhin gibt es Sonderzustände, die stabil die Systemkomponenten, ihre Funktion und einstellbar sein müssen. Das trifft unter die speziellen Einflüsse näher beschrieben. Anderem für die Justage und für Sicherheitszustände bei der Wartung zu. 3.1 Laser Die Laserquelle ist ein kompaktes 2.3 Unbeabsichtigte Bauelement. Sie beinhaltet die Einflussfaktoren Halbleiterlaserdiode und die Monitordiode. Neben den gewollten Einstellmöglichkeiten Beide sind von einem Metallgehäuse mit gibt es eine Reihe von Einflussfaktoren, Austrittsfenster umgeben (Abb.6). Das welche von außen kommend, das Messsystem Bauelement wird durch Linsen zur stören. Dazu gehören Fremdlicht, Temperatur- Strahlkollimierung und ein robustes schwankungen, mechanische Schwingungen Außengehäuse ergänzt. Als Beispiel für den BMBF-Verbundprojekt OMID - 81 -

Aufbau und die Bauelementedaten wird die TOLD 9140 verwendet. [2]

Abbildung 8: Kennlinie Monitorstrom Der Monitorstrom wird als Äquivalent für die Abbildung 6: Aufbau einer Laserdiode abgegebene Laserleistung zur Ansteuerung Die erforderliche Laserleistung wird durch der Schutzschaltung und für die Regelung der Einspeisung eines entsprechenden Stromes Laserleistung verwendet. Eine häufige oder erzeugt. Dieser Strom ist damit der dauerhafte Überschreitung der maximalen entscheidende Faktor für die Stabilisierung Laserleistung durch Einspeisung eines zu der abgegebenen Laserleistung. hohen Stromes führt zwangsläufig zur Zerstörung der Laserdiode und muss deshalb verhindert werden. Es ist zu beachten, dass bei einer ungünstigen Anordnung auch vom Messgut oder vom optischen System reflektiertes Licht die Monitordiode erreichen kann. Dadurch wird eine höhere Laserleistung vorgetäuscht als real abgegeben wird.

3.2 Photodiode mit Verstärkerschaltung

Als Sensor für das Laserlicht wird eine Abbildung 7: Kennlinie Laserleistung großflächige Photodiode (Abb.9) verwendet. Das Laserlicht wird erst nach Erreichen eines Die Diode wandelt das Licht in einen sehr Schwellstromes erzeugt. Die Kennlinie kleinen Photostrom, welcher im Nano- oder zwischen Laserleistung und Laserstrom Picoampere-Bereich liegt. Der Strom wird (Abb.7) ist vor allem im Knickbereich stark durch eine hochohmige Verstärkerschaltung nichtlinear. Weiterhin ist zu erkennen, dass in eine Spannung gewandelt. Hochohmige der Zusammenhang stark temperaturabhängig Verstärker unterliegen einem starken Einfluss ist. hinsichtlich Temperatur und Instabilität der Spannungsversorgung. Weiterhin sind die Die interne Monitordiode dient der Photodiode und der Verstärker die Überwachung der Laserdiode. Ein Teil des hauptsächlichen Rauschquellen im System. abgestrahlten Laserlichtes erreicht die Die kritischsten Bauelemente werden in entgegengesetzt zur Strahlrichtung liegende speziellen Ausführungen in Hybridbauweise Diode und erzeugt dort einen Photostrom, den mit der Photodiode integriert. sogenannten Monitorstrom (Abb.8). Außerdem beeinflusst die hohe Verstärkung das Zeitverhalten negativ. Zum Erreichen der BMBF-Verbundprojekt OMID - 82 - erforderlichen Messfrequenzen werden mechanischer Aufwand betrieben wird, sind spezielle Typen mit einem großen Wärmeausdehnung und mechanische Verstärkungs-Bandbreiten-Produkt Schwingungen ernstzunehmende störende verwendet. Einflussfaktoren. Große Aufmerksamkeit muss auf parasitäre Lichtwege gelegt werden, welche zusätzliche, dem eigentlichen Messeffekt nicht zuordenbare Lichtmengen zu den Sensoren bringen können und damit die empfindlichen Messungen stark stören.

3.4 Steuerbaugruppe

Die bisher verwendete Baugruppe ist vorrangig aus diskreten Bauelementen aufgebaut (Abb.11). Für die einzelnen Abbildung 9: Photodiode mit Verstärker Applikationen werden einzelne Bauelemente In den Messsystemen werden zwei Photo- speziell dimensioniert bzw. Schaltungsteile diodenbaugruppen verwendet. Das Verhalten mit Jumpern zugeschaltet. Eine diese Komponenten kann relativ gut Kompensation des Temperaturverhaltens der beschrieben werden. Laserdiode wurde mit einer Reihenschaltung mehrerer Dioden unter Ausnutzung entgegengesetzt gerichteter Temperatur- 3.3 Optisches System koeffizienten vorgesehen. Das bedingt eine Das optische System besteht aus einer der annähernd gleiche Temperaturbeeinflussung jeweiligen Applikation angepassten von Laserquelle und Steuerbaugruppe. In der Anordnung von optischen Bauteilen wie vorliegenden Version funktioniert dieses Linsen und Prismen (Abb.10). Die Bauteile ansatzweise. müssen exakt gelagert und mit speziellen Justageeinrichtungen versehen sein.

Abbildung 11: Steuerbaugruppe Mittlerweile sind für die Laseransteuerung integrierte Schaltungen verfügbar. Diese sind Abbildung 10: Optisches System jedoch vorrangig für Massenanwendungen In das optische System ist die Messstrecke, in wie CD-Player oder Barcode-Leser ausgelegt. der sich das Messgut befindet, mit Demzufolge ist zu prüfen, ob sie funktionell einzubeziehen. Die Übertragungsfunktion und mit ihrer Einstellgenauigkeit den wird damit primär durch den eigentlichen Anforderungen eines hochempfindlichen Messeffekt bestimmt. Obwohl ein hoher Messgerätes entsprechen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 83 -

4 Regelungsproblematik 4.2 Betriebsart Reflexion Wie bereits oben angeführt, besteht die Auch bei den Systemen, die nach dem Notwendigkeit die abgegebene Laserleistung Reflexionsprinzip arbeiten, ist es notwendig, zu stabilisieren, um den Einfluss auf die abhängig vom Absorbtionsverhalten des Messwerte zu minimieren. Ziel ist es, Messgutes, Helligkeitsstufen einzustellen. gleichbleibende optische Bedingungen für die Außerdem werden aber auch weitere Effekte Messung zu garantieren. ausgeregelt. Zum Beispiel dürfen bei der Bestimmung der Oberflächenrauheit 4.1 Betriebsart Transmission langwellige Höhenänderungen oder Abstandsänderungen des Messgutes keinen Bei den Transmissionsmesssystemen wird Einfluss haben. Diese Änderungen erfolgen entsprechend den optischen Eigenschaften des mit geringer Frequenz im Bereich einiger zu durchstrahlenden Materials eine Hertz. Der eigentliche Messeffekt ändert sich Helligkeitsstufe ausgewählt, so dass in der im Bereich von 100 bis 200 kHz. Dieses Photodiode auf der Empfängerseite ein Zeitverhalten muss bei der Regelung beachtet optimaler Aussteuerbereich für das werden. Vom optischen System werden für Messsignal erreicht wird. Durch die die Messung Lichtanteile gebildet. Um Auswertesoftware wird diese Bedingung optimale Messbedingungen zu erreichen, überwacht und bei Bedarf ein Wechsel der wird bei der Lasersteuerung die Summe Helligkeitsstufe vorgenommen. Die dieser Lichtanteile konstant gehalten. Auch in Helligkeitsstufe auswählen, heißt einen diesem Einsatzfall müssen die Arbeitspunkt auf der Kennlinie (Abb.7) unbeabsichtigten Einflüsse auf die einzustellen und mit absoluter Konstanz Systemkomponenten ausgeregelt werden. einzuhalten. Zu diesem Zweck wird nahe der Strahlenquelle ein Teil des Laserlichtes ausgeblendet und mit einer zweiten 4.3 Realisierung Photodiode gemessen. In dieser Konfiguration kommt es also vorrangig darauf an, die Die Lasersteuerung hat folgende Aufgaben: Stabilität beim Umschalten zwischen den • Ansteuerung der Laserdiode im ge- Arbeitspunkten zu garantieren und die bei den wünschten Arbeitspunkt Komponenten beschriebenen Störeinflüsse • Regelung im Arbeitspunkt unter Be- auszuregeln. Als Beispiel sei die achtung der möglichen Einflüsse der Abhängigkeit (Abb.12) des Schwellstroms, Komponenten des Systems und ihrer bei dem die Diode beginnt Laserlicht Störungen abzugeben, von der Gehäusetemperatur des Lasers genannt. • Regelung im Arbeitspunkt unter Be- achtung der Einflüsse der optischen Eigenschaften des Materials

Ausgangspunkt für die Untersuchungen im Projekt ist eine vorliegende Grundschaltung der Steuerbaugruppe. Diese realisiert zwei Regelkreise. Zum Einen wird der Strom der internen Monitordiode rückgekoppelt. Im Idealfall sollte das im Normalbetrieb keinen Einfluss bringen und nur im Übersteuerungsfall den Laserstrom zum Schutz der Diode drastisch Abbildung 12: Temperaturabhängikeit zurückregeln. Im Realfall beeinflusst dieser Schaltungsteil auch bei Normalbetrieb den Laserstrom. BMBF-Verbundprojekt OMID - 84 -

Zum Anderen werden die Referenz- spannungen der externen Photodioden rückgekoppelt. Eine Reduzierung der Referenzspannung durch die Verschlech- terung der optischen Eigenschaften des Messguts soll durch eine Erhöhung des Laserstromes kompensiert werden. In diese Rückführung wird eine konstante, wählbare Offsetspannung einbezogen, die die Einstellung der Helligkeitsstufen realisiert. Der Strom zur Ansteuerung der Laserdiode wird in einem Summationspunkt mit beiden Einflüssen beaufschlagt. Abbildung 13: Laboraufbau Für Justagezwecke ist es sinnvoll, die Regelung außer Betrieb zu setzen und mit der In den nachfolgenden Entwicklungstufen maximalen Laserleistung zu strahlen. Die wird das Modell verfeinert. Die Schutzfunktion für die Laserdiode muss auch Kontrollmessungen zeigen eine zunehmend in dieser Betriebsart gewährleistet sein. bessere Übereinstimmung der erzielten Weiterhin ist es möglich, durch Rückregelung Simulationsergebnisse mit dem realen des Laserstroms unter die Laserschwelle einen Verhalten der Schaltung [4]. Weiterhin Betriebszustand zu erreichen, bei dem kein liefern die Simulationsrechnungen gute Laserlicht abgegeben wird. Somit kann in Aussagen für die Realisierbarkeit von Messpausen die Laserdiode geschont werden, Schaltungsauslegung im Zusammenhang mit ohne durch Ausschalten der gesamten Sensorvarianten, für die die entwickelte Steuerung das Temperaturgleichgewicht Baugruppe ebenfalls verwendbar ist. Das neu wesentlich zu beeinflussen. entwickelte Layout ist das Ergebnis der Produktoptimierung in den vorangegangenen 5 Modellierung, Simulation, Entwicklungschritten. Verifizierung anhand eines Funktionsmusters Das vorliegende Modell der Lasersteuerung [3] basiert auf der Beschreibung der Schaltungsblöcke der bisher verwendeten Baugruppe sowie der Beschreibung der Anforderungen an die Funktionalität. Die Analyse der verschiedenen Betriebszustände des Messsystems liefert weitere Basisdaten für die Modellierung. Im ersten Modellansatz sind umfassend alle potentiellen Einflussfaktoren berücksichtigt. Den Schwerpunkt bilden dabei eindeutig die Abbildung 14: Neues Layout elektrischen Eigenschaften des Systems. Wesentlich schwieriger ist die Modellierung Entsprechend liefert das Modell die und Simulation der nichtelektrischen Grundlage für den Aufbau einer neuer Version Einflüsse auf die Stabilität der Laserregelung, der Steuerbaugruppe. wie sie bereits oben beschrieben wurden. Im Die Dimensionierung der einzelnen vorliegenden Modell sind als erster Ansatz Schaltungselemente ist anhand der Ergebnisse einfache Übertragungsfunktionen für die einer ersten Simulation festgelegt. Der mechanischen und thermischen Einflüsse abgebildete Laboraufbau dient zur verwendet worden. Die Variation der Verifizierung der Simulationsergebnisse. Parameter wurde grob abgeschätzt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 85 -

Genauere Beschreibungen müssen anhand Literatur komplizierter Messungen ermittelt werden, da von den Herstellern der Komponenten keine [1] Schwarz,P.;Trappe,P.: Modellierung geeigneten Beschreibungen vorliegen. und Simulation einer Lasersteuerung Außerdem wird das Verhalten wesentlich von (November 2001) den sehr speziellen Systemaufbauten [2] Schäfter&Kirchhoff.: Datenblatt der bestimmt. Laserdiode TOLD9140(S), 1997 Bei diesen Messungen kommt es darauf an, [3] Trappe,P.: Bericht zur Laserregelung jeweils nur den zu untersuchenden Parameter – OMID-Seminar (Mai 2002) zu verändern und alle anderen konstant zu [4] Trappe,P.: Laserregelung – Simulation halten. nach Schaltungsaufbau (Juli 2002) Im Zuge der theoretischen und praktischen Entwicklungsschritte ist die Relevanz der Das diesem Beitrag zugrunde liegende Einflüsse und damit die Notwendigkeit der Vorhaben „OMID-Optimierung von Mikro- Einbeziehung in das Modell zu prüfen. systemen für Diagnose- und Überwachungs- Die genannten Untersuchungen und die einrichtungen“ wird mit Mitteln des Bundes- Einbeziehung der Ergebnisse in das Modell ministeriums für Bildung, Wissenschaft, sind Gegenstand der Schlussphase des Forschung und Technologie (BMBF) unter Projektes und werden darüber hinaus dem Kennzeichen 16 SV 988/2 gefördert. Die fortgeführt werden müssen. Verantwortung für den Inhalt dieser Ver- öffentlichung liegt allein bei den Autoren. 6 Schlussfolgerung und Ausblick Als Ergebnis des Entwicklungsprojektes OMID liegt eine optimierte Lasersteuerung für hochpräzise optische Messgeräte vor. Die Entwicklung basiert auf enger Zusammenarbeit von Modellierung, Simulation, Optimierung und Musteraufbau. Die entwickelten Werkzeuge können zur Optimierung der Dimensionierung der Schaltungsvarianten auf der Steuerbaugruppe verwendet werden. Weiterhin gibt es Ansatzpunkte für die Verwendung der Projektergebnisse bei vergleichbaren Aufgabenstellungen in anderen Messtechniken. In einem weiteren Arbeitsgebiet der VacuTec Meßtechnik GmbH werden andere hochstabile Strahlungsquellen wie Röntgenstrahler und IR-Strahler benötigt. Für diese Einsatzfälle gilt es die Projektergebnisse und Projekterfahrungen anzuwenden und zu verallgemeinern.

Wir danken den Kollegen des Fraunhofer- Instituts für Integrierte Schaltungen, Außenstelle EAS Dresden, insbesondere Herrn Dr. Schwarz und Herrn Dr. Trappe, für die gute Zusammenarbeit. BMBF-Verbundprojekt OMID - 86 -

MODELLIERUNG, SIMULATION UND OPTIMIERUNG EINER LASERSTEUERUNG

P. Schwarz, P. Trappe, P. Schneider Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, Außenstelle Entwurfsautomatisierung EAS Dresden E-Mail: [email protected]

Kurzfassung Modelle müssen sehr genau sein, da die Regel- kreise im Meßsystem modellbasiert optimiert Für den rechnergestützten Entwurf und die werden. Auch die Formulierung der Gütefunk- optimale Auslegung einer Lasersteuerung in tion (Zielfunktion) für die Optimierung ist einem optischen Meßsystem ist die Modellie- nicht einfach, weil mehrere, sich z.T. wider- rung der optischen, elektrischen und thermi- sprechende Entwurfsziele berücksichtigt schen Eigenschaften aller Teilsysteme und werden müssen. ihrer Wechselwirkungen erforderlich. Zwei vermaschte nichtlineare Regelkreise sind zu modellieren und ihre Parameter modellge- 2 Meßprinzip und Geräte- stützt einzustellen. Es werden Modellierungs- aufbau ansätze vorgestellt, die eine Gesamtsystem- Simulation und -Optimierung gestatten. Als In Bild 1 und Bild 2 sind die im Meßgerät Werkzeuge werden dabei der Schaltungs- und verwendeten Prinzipien (Durchstrahlung und Systemsimulator Saber sowie das Internet- Reflexion) dargestellt. Sie sind als Varianten in basierte Optimierungssystem MOSCITO ein- der Lasersteuerungs-Schaltung (und daher gesetzt. auch bei deren Optimierung) zu berücksichti- gen. Der vom Laser erzeugte Lichtstrahl wird von zwei Fotodioden FD1 und FD2 aufgenom- 1 Einleitung men. Aus der Differenz der beiden Signale wird der Meßwert abgeleitet. Zusammen mit In der Firma VacuTec Meßtechnik GmbH einem weiteren Signal aus der Monitordiode, s. Dresden wird ein Meßgerät zur optischen Mes- Bild 3, dient er der Steuerung der Laserdiode. sung von Oberflächenqualität und Dicke bzw. Probleme bereiten beim Entwurf vor allem die Dichte von Stoff- und Papierbahnen entwickelt sehr enge Wechselwirkung zwischen den elek- [1]. Der Einsatz rechnergestützter Entwurfs- trischen, optischen und thermischen methoden, vor allem der Optimierung, soll den Teilsystemen, die die Meßgenauigkeit verrin- Entwurfsprozeß effektivieren, die Eigenschaf- gern und Stabilitätsprobleme hervorrufen ten des Gerätes verbessern und die weitere können. Die Entwurfsziele sind: Miniaturisierung unterstützen [16]. Wie häufig • hohe Stabilität der optischen Leistung in der Mikrosystemtechnik und Mechatronik bezüglich Temperatur und Alterung der müssen hierbei elektrische, thermische, opti- Laserdiode, sche und künftig auch mechanische Effekte in • gesicherte Begrenzung der optischen Lei- ihrem engen Zusammenwirken modelliert wer- stung in der Laserdiode, den. Ein wichtiges Teilsystem ist die • Reduzierung des Rauschens, Lasersteuerung, bei deren rechnergestütztem • optimales Einschwingverhalten des Regler Entwurf für die Optimierung zunächst die Mo- für eine hohe Meßgeschwindigkeit, dellierung und Simulation des gesamten, sehr • Miniaturisierung. heterogenen Systems nötig ist. Die Modellie- rung ist kritisch, da es sich um ein stark nichtlineares dynamisches System handelt. Die BMBF-Verbundprojekt OMID - 87 -

Zu den Entwurfszielen gehört weiterhin die Stabilitätsgrenze. Daraus ergeben sich hohe Vorbereitung des Einsatzes eines integrierten Anforderungen an die Modellierungsgenau- Schaltkreises (AD 9660) als Ersatz für eine ei- igkeit der Reglerkomponenten und des gene Leiterplattenschaltung. Da dieser Gesamtsystems, da eine simulationsbasierte Schaltkreis nur sehr unvollständig dokumen- Optimierung sonst sinnlos wäre. tiert ist, bereitet seine Modellierung • Für einige elektrische und thermische Para- Schwierigkeiten - eine typische Situation beim meter stehen nur Kenndatenangaben zur Ver- Entwurf technischer Systeme. fügung und müssen durch Messungen ergänzt werden. Meßgut Weiterhin ist für den auf seine Eignung hin zu Laser FD1 untersuchenden Schaltkreis AD 9660 (er wird vorzugsweise in Abtastsystemen für CD- Player eingesetzt) ein Makromodell zu entwi- FD2 ckeln. Dieses soll sowohl der Simulation die- nen als auch zum Verständnis der Schaltung Lasersteuerung beitragen.

Bild 1: Transmission Als einheitlicher Modellierungsansatz wer- den verallgemeinerte Kirchhoffsche Netz- werke [3], [4], [5], [6], [7], [8] verwendet, die Meßgut sich besonders gut für Multi-Physics-Systeme

F (einschließlich Regelungssysteme) eignen und D1 er für die es leistungsfähige Simulatoren gibt. Vor as FD2 L allem bei Systemen, die auch nichtelektrische (z.B. thermische und mechanische) Teilsyste- men einschließen, hat sich dieser einheitliche Modellierungs- und Simulationsansatz be- Lasersteuerung währt. Künftig wird dieses Vorgehen auch Bild 2: Reflexion durch die Entwicklung leistungsfähiger Mo- dellierungssprachen (z.B. VHDL-AMS und Modelica) und zugehöriger Simulatoren noch besser unterstützt. 3 Modellierung und Simula- Aufbauend auf den Arbeiten zur Modellie- tion rung und Simulation (sowie zum manuellen Reglerentwurf) wird eine simulationsgestützte Für die Modellierung und Simulation ha- Optimierung durchgeführt. Dabei wird das Op- ben sich folgende Probleme herausgestellt: timierungsystem MOSCITO [9], [10] • Einige Systemkomponenten sind extrem eingesetzt, das eine Schnittstelle zum Simula- nichtlinear. tor Saber besitzt. In MOSCITO lassen sich die • Die Regelung erfolgt durch geeignet dimen- im Verbundprojekt OMID von den Partnern sionierte Schaltungen, deren nichtlineares Forschungszentrum Karlsruhe, Universität und dynamisches Verhalten funktionsbestim- Bremen und FhG EAS Dresden entwickelten mend ist. Da Teile der Schaltung auch auf Optimierungsverfahren nutzen [11], [12]. Die Transistorebene simuliert werden müssen, Untersuchungen zur Art des Optimierungspro- scheidet Matlab/Simlink als regelungstech- blems (dazu gehören auch die Definition der nischer Simulator aus. Stattdessen wird Optimierungskriterien und der Zielfunktion, Saber als Schaltungs- und Systemsimulator Nebenbedingungen, Multimodalität...) sind eingesetzt. z.Z. noch nicht abgeschlossen. • Die zu optimierenden Regler arbeitet aus Gründen der Meßdynamik sehr dicht an ihrer BMBF-Verbundprojekt OMID - 88 -

{ 3.1 Laserdiode number dse = 0, # slope efficiency temperature # variation [%/C] Die Baugruppe Laserdiode (Bild 3) [13] ut3 = 3*0.02585, is = 35e-15, enthält zusätzlich zur Laserdiode noch eine Fo- k = 1.38e-23, qe = 1.6e-19, todiode („Monitordiode“), die zur Überwa- kith chung der Lichtleistung eingesetzt wird. Ent- branch vIm = v(pin3, pin2), iIm = i(pin3, pin2) val nu ith, popt0 sprechend besteht das Verhaltensmodell vld var nu popt (s. Quelltext des Modells in der zum Simulator var i iin val v vin Saber gehörenden Modellbeschreibungsspra- val ni nsi_pd che MAST) aus den beiden Teilen: val nu ns_po • Generierung der optischen Leistung Po in parameters { Abhängigkeit von Ansteuerstrom und Tem- kith = ln(ir1)/(t1-td) } peratur. Das dynamische Verhalten wird values { vin = v(pin2, pin1) durch einen Tiefpaß 1. Ordnung modelliert. ith = ithd*limexp(kith*(temp-td)) Im MAST-Modell wird dafür im equations- if (iin < ith) { popt0 = (iin-ith)/1g Teil eine Differentialgleichung benutzt, am } Operator d_by_dt(...) zu erkennen. else { popt0 = • Monitoring des optischen Signals. (iin-ith)*(se*(1+(dse*(temp-td)/100))) } nsi_pd = 1e6*sqrt(abs(2*qe*iIm)) 1 3 ns_po = 1u P0 } equations { popt: popt0-popt = d_by_dt(tr*popt) Laserdiode Monitordiode i(pin2, pin1) += iin iin: iin = is*(limexp(vin/ut3)-1) + vin/1g Po = popt iIm = -sm * popt 2 } control_section { Bild 3: Aufbau der Baugruppe Laser- noise_source (nsi_pd, pin3, pin2) diode noise_source (ns_po, popt) } } Das Modell besitzt daher neben den drei elek- Das Diagramm in Bild 4 zeigt die gute trischen (ungerichteten) Klemmen noch eine Übereinstimmung von Modell (optische Lei- gerichtete Klemme, die die optische Leistung stung als Funktion des Laserdioden-Stromes P trägt. o und der Temperatur) und Datenblatt-Kennlini- en [13], die sich in der graphischen Darstellung Für Simulationen im Frequenzbereich sind kaum voneinander trennen lassen. zur optischen Leistung und zum Monitorstrom Rauschquellen hinzugefügt. Bei den Transient- Simulationen werden diese Quellen nicht berücksichtigt.

Saber-Quelltext des Modells: Modell template vld pin1 pin2 Po pin3 = td, se, ithd, t1, ir1, sm, tr electrical pin1, # Laser Diode Cathode pin2, # Laser Diode Anode, Photodiode Cathode pin3 # Photodiode Anode output nu Po # Optical Output Power number td = 25, # nominal temperature [C] se = 1, # slope efficiency [W/A] ithd = 40e-3, # threshold current [A] t1 = -20, # temperature for ir1 [C] ir1 = 0.63, # relative threshold # current for t1 [-] sm = 5e-3, # slope of monitor diode [A/W] tr = 1e-6 # rise and fall time [s] Bild 4: Vergleich von Modell und Datenblatt external number temp # temperature BMBF-Verbundprojekt OMID - 89 -

3.2 Fotodiode 3.3 Optisches System

Für die Fotodiode [14] wurden zwei Mo- Das Modell des optischen Systems besteht delle entwickelt. Im Vergleich zum dyna- gegenwärtig lediglich aus einer steuerbaren mischen Verhalten der Laserdiode mit ihrer re- Dämpfung. Künftig werden hier aber die opti- lativ hohen Verlustleistung müssen bei der schen Eigenschaften des Meßgutes berück- Fotodiode keine dynamischen Effekte model- sichtigt. In das Modell können dann auch eini- liert werden. ge mechanische Eigenschaften der Anlage einbezogen, da diese für die Dynamik und die

200 kΩ Rf = 45 kΩ Genauigkeit der Meßanordnung wichtig sind. Beispielsweise können dann mechanische Schwingungen in die Untersuchungen einbe- zogen werden. +VS -VS - 50 kΩ Vo

+ 3.4 Gesamtmodell 470 Ω Ein wesentlicher Teil der Meßanordnung -VB +VS -VS (Blockschaltbild: Bild 6) ist die Laserregelung, Bild 5: Fotodiode mit Verstärker deren Prinzip in Bild 7 als Transistor-Schalt- bild in der Form dargestellt ist, wie sie in den Simulator Saber mit einem Schematic-- • Modell einer Fotodiode mit Verstärker Tool graphisch eingegeben wird. Dabei ist nur (Bild 5)

I V = r ⋅⋅P R th o f o f Helligkeits- Schwell- steuerung strom Pomax rf - responsivity [A/W] P0 - optische Leistung [W] Rf - Meßwiderstand [Ω]

• Modell einer einfachen Fotodiode

If = rf ⋅ Po Foto- Optisches Laser- + Monitor- Diode System Diode

Der Parameter rf wird aus Datenblattanga- ben entnommen. Bild 7: Laserregelung

T Laserdiode Licht Licht Optisches Fotodiode T System FD1 Monitordiode Vorspannung 2 Varianten Licht Fotodiode FD2 T Monitorstrom Laserstrom Vorspannung

Meßeffekt Umwelt Verstärker I/U-Umsetzer Meßsignal Reflexion Laser- Verstärker steuerung I/U-Umsetzer Transmission

Ein/Aus UB T Helligkeitssteuerung U T Sicherheit B Bild 6: Gesamtsystem: Prinzip-Blockschaltbild BMBF-Verbundprojekt OMID - 90 - (Messgut)

Photodiode

Bild 8: Saber-Schematic der Transistorschaltung die oberste Hierarchieebene dargestellt; die Laserdiode - Optisches System - Fotodiode - einzelnen Blöcke sind durch Sub-Schaltungen Verstärker weiter untersetzt. • Schwellstromregelschleife, die den Schwell- Die Laserregelung besteht aus zwei strom einstellt und die optische Leistung Regelkreisen: (Laserdiodenstrom) begrenzt, um eine Zer- • Helligkeitsregelschleife, die für eine kon- störung der Laserdiode zu verhindern: stante Helligkeit am Ausgang des optischen Laserdiode - Monitordiode - Verstärker und Systems verantwortlich ist: Begrenzer

Photodiode Meßgut

Laserdiode

Helligkeitsregelschleife

Schwellstrom

Bild 9: Saber-Modell mit gekennzeichneten Regelschleifen BMBF-Verbundprojekt OMID - 91 -

Die Simulation auf einer noch abstrakteren (W) : t(s) licht (3 MHz) Blockschaltbild-Ebene (z.B. Modellierung als 0.008 rückwirkungsfreie Zusammenschaltung von licht (6 MHz) Blöcken für den Simulator Matlab/Simulink) 0.006 (W) wäre nur für überschlägige Analysen sinnvoll. 0.004 Die kritischen nichtlinearen Eigenschaften der 0.002 (W) : t(s) 0.01 Bauelemente lassen sich am effektivsten auf po (3 MHz) der Transistorschaltungs-Ebene berücksichti- po (6 MHz) gen. 0.008

(W) 0.006 Daher wird der Schaltungssimulator Saber eingesetzt. Er besitzt zusätzlich den Vorteil, 0.004

0.0 5u 10u 15u 20u 25u 30u 35u 40u 45u 50u daß mit Hilfe der Modellierungssprache t(s) („Hardware-Beschreibungs-Sprache“) MAST Bild 10: Zeitverhalten der Helligkeitsrege- das Verhalten nichtlinearer dynamischer Ele- lung (f = 3 bzw. 6 MHz) mente beschrieben werden kann, was bereits 1 im Abschnitt 3.1 bei der Modellierung der La- serdiode ausgenutzt wurde. In Ergänzung zum Transistorlevel-Modell der Regelung (Bild 8) ist eine (etwas vereinfachte) Transistorschal- tung mit eingezeichneten Regelschleifen im Bild 9 dargestellt. Eine Besonderheit des Sy- stems besteht in einer Verkopplung der nichtlinearen Regelschleifen, die beide die Baugruppe „Laserdiode“ einschließen.

Durch Simulation einiger typischer Be- Bild 11: Frequenzgang der offenen Hellig- triebsfälle wurde die Brauchbarkeit der keitsregelschleife Modelle überprüft. Gleichzeitig ergeben sich daraus wesentliche Informationen zu einer ma- • Bild 12: Gleichstromverhalten (DC-Kennli- nuellen Einstellung der Parameter der nie) der Schwellstromregelschleife. Dazu Regelkreise (als Vorstufe einer rechnergestütz- wurde die Monitordiode durch eine Strom- ten Optimierung). Simulationsergebnisse mit quelle Imonitor ersetzt und der Strom in der dem Blockmodell und der Transistorschaltung Laserdiode gemessen. Deutlich ist der steile sind in den folgenden Bildern wiedergegeben: Abfall des Schwellstromes von 40 auf 5 mA, wenn der Monitorstrom 100 µA erreicht. • Bild 10: Regelverhalten der Helligkeits- (A) : Imonitor (A) 0.04 schleife nach einer sprunghaften Änderung Ith_laser der optischen Dämpfung bei zwei verschie- 0.035 denen Verstärkungs-Bandbreite-Produkten 0.03 des Operationsverstärkers. 0.025

0.02 (A)

• Bild 11: Frequenzgang der offenen Hellig- 0.015

keitsregelschleife der Transistorschaltung. 0.01

Daraus sind auch die für die Stabilität des 0.005

Reglers wichtigen Parameter Verstärkungs- 0.0 80u 100u 120u 140u reserve (gain margin) und Phasenreserve Imonitor (A) (phase margin) zu ermitteln. Bild 12: DC-Kennlinie der Schwellstrom- regelschleife BMBF-Verbundprojekt OMID - 92 -

• Bild 13: zeigt die DC-Verstärkung des offe- nen Schwellstromregelkreises und darunter WRITE den Frequenzgang. PULSE WRITE CALIBRATE LASER DIODE OUTPUT OUTPUT WRITE T/H V:1 dB(A) : Imonitor(A) DRIVER 100.0 LEVEL Ith/Imon 80.0 SENSE TRANSIMPEDANCE INPUT 60.0 AMPLIFIER

40.0 PHOTO

dB(A) DETECTOR 20.0 BIAS BIAS OUTPUT DIODE V:1 0.0 LEVEL T/H DRIVER

-20.0 BIAS CAL AD9660 80u 100u 120u 140u Imonitor(A) dB(A) : f(Hz) 100.0 Ith/Imon Imonitor = 100 uA Bild 14: AD9660 - Functional Block Diagram (10.0, 88.577) Imonitor = 102 ... 145 uA Ith/Imon 0.0 (10.0, 39.439)

Ith/Imon dB(A) -100.0

Imonitor < 99 uA

(10.0, -152.79) -200.0 4 Optimierung 1.0 10.0 100.0 1.0k 10.0k 100.0k 1meg 10meg 100meg 1g f(Hz) Der Einsatz von Optimierungsverfahren er- folgt sowohl für die Bestimmung von Parametern für die Modelle der eingesetzten Baugruppen als auch vor allem für die Dimen- Bild 13: DC-Verstärkung und Frequenzgang sionierung der Regelkreise. der offenen Schwellstromregelschleife Als Optimierungsparameter für den Ent- wurf der Regelkreise stehen 4 Einflussgrößen Aus den statischen Kennlinien in Bild 12 zur Verfügung: die Verstärkungsfaktoren und und Bild 13 sind die starken Nichtlinearitäten die Zeitkonstanten der beiden Regler. Schwie- zu erkennen, die sich aus den nichtlinearen Ei- rigkeiten bereitet die Definition einer genschaften der Transistoren und Dioden Gütefunktion: die Verstärkungsreserven und ergeben. Sie lassen sich am einfachsten auf der die Grenzfrequenzen beider Regelkreise sollen Transistorschaltungs-Ebene erfassen. jeweils möglichst groß sein. Das erfordert ei- gentlich eine multikriterielle Optimierung, für die im System MOSCITO aber gegenwärtig 3.5 Modellierung des AD9660 kein Verfahren bereitsteht. Außerdem liegen Erfahrungswerte bei den Schaltungsentwick- Der Ersatz einer gegenwärtig eingesetzten lern vor, die ebenfalls noch nicht in die Leiterplatte durch einen IC AD9660 kann ein Gütefunktion einbezogen werden können. Da- wesentlicher Schritt zur Qualitätssteigerung her wurde ein zweistufiges Vorgehen gewählt: der Steuerung sein, unter der Voraussetzung, 1. Zunächst werden Simulationsexperi- daß sich ein optimales Reglerverhalten einstel- mente mit verschiedenen Parameterwerten len läßt. Gleichzeitig ist es ein Schritt zur vorgenommen und der Entwickler entscheidet Miniaturisierung. „nach seinem Gefühl“, dass die erreichten Für den Schaltkreis AD9660 liegen keine Werte „optimal“ sind. Auf diese Weise wurden vollständigen Schaltungsunterlagen vor. Aus die in Bild 11 und Bild 13 dargestellten Sy- groben und etwas detaillierteren Angaben auf stemcharakteristiken gewonnen. Blockschaltungs-Niveau (dargestellt in Bild 14 2. Mit den vier einzelnen Gütekriterien und Bild 15) werden gegenwärtig Modelle ent- wird (z.B. durch gewichtete Mittelung) eine wickelt, deren Parameterwerte durch Vergleich einzige Gütefunktion definiert und mit den in mit Messungen gewonnen werden müssen. Für MOSCITO bereitstehenden Algorithmen eine die Parameteranpassung der Modelle an die mathematische Optimierung durchgeführt. Messwerte wird ebenfalls das Optimierungssy- Diese Arbeiten waren bei Redaktionsschluss stem MOSCITO eingesetzt. dieses Beitrages noch nicht abgeschlossen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 93 -

Bild 15: AD9660 - Functional Block Diagram (2)

Bei dem unter 1. beschriebenen Vorgehen sersteuerung möglich ist. Bereits bei einigen gab es bisher keine Anzeichen für eine beson- simulationsgestützten Variantenuntersuchun- ders komplizierte Gestalt des mathematischen gen haben sich wichtige Erkenntnisse über die Optimierungsproblems, so dass Probleme zu- Regeleigenschaften der Lasersteuerung erge- nächst nur bei dem Experimentieren mit der ben. Die nächsten Schritte werden die Definition der einheitlichen Gütefunktion er- Modellierung der mechanischen Komponen- wartet werden. ten, die Makromodellierung des Schaltkreises AD9660 und die flexible Definition von Güte- Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, funktionen für die mathematische Optimierung dass das geschilderte Vorgehen keine Notlö- des Gesamtsystems sein. sung, sondern typisch für das Einführen Wenn die mit der Modellierung und der Op- mathematischer Optimierungsverfahren in den timierung verbundenen Probleme gelöst Entwurfsprozess technischer Systeme ist. Der werden können, ist für die Firma VacuTec Entwickler wird am ehesten durch erfolgreiche Meßtechnik GmbH Dresden ein wichtiger simulationsgestützte Experimente und das Ein- Schritt bei der Einführung rechnergestützter beziehen seiner Erfahrung zu überzeugen sein, Entwurfsverfahren für miniaturisierte Messge- den nicht geringen Aufwand zur Modellbil- räte gelungen. dung und zum Beschäftigen mit Optimierungssystemen zu erbringen. Wir danken den Kollegen von VacuTec Dresden, insbesondere Herrn Gärtner und Herrn Dittrich, für die gute Zusammenarbeit. 5 Zusammenfassung

Die Modellierungsarbeiten mit verallge- meinerten Netzwerken und die Simulationen auf Schaltungs- und Systemebene zeigen, dass eine simulationsbasierte Optimierung der La- BMBF-Verbundprojekt OMID - 94 -

Das diesem Beitrag zugrunde liegende Vor- [11] Peters, D.: Unterstützung des Entwurfs- haben „OMID - Optimierung von prozesses von Mikrosystemen mit direk- Mikrosystemen für Diagnose- und Überwa- ten Optimierungsverfahren. Dissertation chungsanwendungen“ wird mit Mitteln des Universität Bremen, ITEM, 2001 Bundesministeriums für Bildung, Wissen- [12] Schneider, A.; Schneider, P.; Peters, D.; schaft, Forschung und Technologie (BMBF) Jakob, W.; Quinte, A: Simulations- unter dem Kennzeichen 16 SV 988 gefördert. gestützte Optimierung von heterogenen Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröf- Systemen. Workshop "Multi-Nature- fentlichung liegt allein bei den Autoren. Systems 2001", Hamburg, 21.02.01, S. 43-50 [13] Schäfer & Kirchhoff: Datenblatt der 6Literatur Toshiba Laserdiode TOLD 9140, 1997 [14] Datenblatt: Schnelle Siliziumphotodiode [1] Gärtner, G.; Dittrich, T.: Eine Laser- HFD-Serie (1060, 1100) steuerung für optische Messgeräte. [15] Analog Devices: 200 MHz Laser Diode Diese Tagung. Driver with Light Power Control, Data [2] G. Gerlach, W. Dötzel: Grundlagen der sheet, 1995 Mikrosystemtechnik. München: Hanser [16] Schwarz, P.; Trappe, P.: Modellierung 1997. und Simulation einer Lasersteuerung. [3] Fischer, W.-J. (Hrg.): Mikrosystemtech- Proc. OMID-Statusseminar, Bremen, nik. Würzburg: Vogel 2000. Oktober 2001, S. 71-78 [4] Voelklein, F.; Zetterer, T.: Einführung in die Mikrosystemtechnik. Braunschweig: Vieweg 2000. [5] Kasper, M.: Mikrosystementwurf - Entwurf und Simulation von Mikrosys- temen. Berlin: Springer, 2000. [6] Romanowicz, B. F.: Methodology for the Modeling and Simulation of Microsystems. Dordrecht: Kluwer 1998. [7] Wachutka, G.: Tailored modeling: a way to the ‘virtual microtransducer fab‘ ? Sensor and Actuators A 46-47 (1995), pp. 603-612. [8] Schwarz, P.: Physically oriented mode- ling of heterogeneous systems. Mathematics and Computers in Simula- tion 53 (2000), 333-344. [9] Schneider, A.; Schneider, P.; Bastian, J.: Moscito - Ein modulares, Internetbasi- ertes Programmsystem für die Opti- mierung von Mikrosystemen. Diese Tagung. [10] Schneider, P.; Huck, E.; Reitz, S.; Paro- dat, S.; Schneider, A.; Schwarz, P.: A modular approach for simulation- based optimization of MEMS. Proc. ISMA2000, Singapore, December 2000, 71-82. BMBF-Verbundprojekt OMID - 95 -

"IR-GASSENSOR FÜR DIE UMWELT- UND GEBÄUDETECHNIK"

Karl-Heinz Suphan, Holger Urban, Achim Berger

Micro-Hybrid Electronic GmbH, Hermsdorf

Email: [email protected]

Analysekammern mit gefalteten Kurzfassung Strahlengängen bildete einen Schwerpunkt der Arbeiten. Ein modulare Anhand eines CO2-NDIR-Gassenors werden Modellierungsansatz für das Gesamtsystem verschiedene Aspekte der Signalaufbereitung unter Einbeziehung der gasphysikalischen optischer Low cost - Systeme und der und optischen Abhängigkeiten sichert die Ergebnisberechnung in Sensorsystemen mit Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere mehrfach verkoppelten Eingangsgrößen Anwendungen (Gasarten und vorgestellt und diskutiert. Konzentrationen).

1 Einleitung 2 Meßprinzip und Konzept des Die Überwachung bzw. Messung der lowcost NDIR-Sensorsystems Konzentration von verschiedenenGasen gewinnt im Umweltbereich und in der Gebäudetechnik stetig an Bedeutung. Gilt es Bei Einwirkung von elektromagnetischen beim Einsatz in der Umwelttechnik zum Teil Strahlungen können durch Resonanz für Mensch und Umwelt kritische Gase bestimmte Moleküle eines Gases oder eines hinsichtlich Ihrer Konzentration zu Gasgemisches zu mechanischen registrieren und zu bewerten, so strebt die Schwingungen angeregt werden, was als Gebäudetechnik durch Realisierung Absorbtion der entsprechenden entsprechender Regelallgorithmen einen Strahlungsbestandteile erkennbar ist. Diese ist effektiven Energieeinsatz bei Beibehaltung bei konstanter Weglänge des Strahls im eines optimalen Raumklimas an. Hierfür ist Medium direkt von der Gaskonzentration die Messung und Überwachung der abhängig. Dieser Zusammenhang wird durch wesentlichen Raumluftbestandteile eine das Lambert-Beer-Gesetz beschrieben.

Voraussetzung. Für diese Meßaufgaben haben -kcl sich neben chemischen Sensoren IR-optische I / IO = e Meßsysteme etabliert. Diese zeichnen sich im Anwendungsverhalten bei einem einfachen IO = Ausgangsintensität Aufbau durch eine hohe Systemstabilität und I = Restintensität (nach Absorbtion) geringe Querempfindlichkeiten gegenüber k = Absorbtionskoeffizient anderen Gasen aus. c = Konzentration Im Rahmen des vom BMBF geförderten l = optische Weglänge Verbundprojektes "OMID" (Förderkennzeichen 16SV994) wurden am Der darin enthaltene Absortionskoeffizient k ist materialspezifisch und in der Praxis zudem Beispiel eines CO2-Sensorsystems wesentliche Fragen zur Modellierung und druck- und temperaturabhängig. Das (nicht Optimierung von optischen Sensorsystemen dispersive) NDIR-Meßverfahren basiert auf untersucht. Die Optimierung von der Erkenntnis, daß die jeweiligen Gase im BMBF-Verbundprojekt OMID - 96 -

IR-Wellenlängenbereich typische zum Erreichen eines kompakten Absorbtionscharakteristika aufweisen. Im Gerätedesigns als sinnvoll. Dabei ist Gegensatz zu den Spektrometersystemen einerseits das Erreichen einer möglichst erfolgt hier nicht die Betrachtung eines maximalen Abbildungsgüte der Quelle auf Wellenlängenbereiches sondern nur die dem Detektor die Hauptforderung an die Bewertung einer separaten spezifischen Systemkonstruktion. Zur Sicherung einer Wellenlänge. Serientauglichkeit der Konstruktion ist andererseits eine Resistenz des optischen Systems gegenüber mechanischen und Fertigungstoleranzen erforderlich. Die Ergebnisse der Arbeiten zur Optimierung des optischen Systems mit Strahlengangfaltung und zur Modellbildung des Gesamtsystems werden in einem gesonderten Beitrag des Statusseminars vorgestellt. Das elektronische Systemkonzept der NDIR- Sensoren hat neben der Signalaufbereitung des IR-Detektors auch die Ansteuerung der IR-Quelle zu berücksichtigen. So wird durch eine Taktung der IR-Quelle einerseits eine Senkung des Strombedarfs realisiert. Abb.1 Spektrale Verteilung Andererseits können so Meßwert- verfälschungen durch unbeabsichtigte Wesentliche Vereinfachungen in der Erwärmungen des Prüfgases vermieden und Gerätetechnik werden möglich, die das Alterungseffekte der IR-Quelle verzögert NDIR-Meßverfahren auch für den Low cost - werden. Tastverhältnisse von 1:5 bis 1:10 bei Bereich attraktiv erscheinen lassen. So werden Periodenzeiten von 1..2 sec erscheinen bei ursprünglich breitbandige Systeme mittels Einhaltung der Forderungen nach Filter an das jeweils zu detektierende entsprechenden Ansprechgeschwindigkeiten Meßmedium angepasst. Die Anpassung als praktikabel. Die Verzögerung der erfolgt aus Kostengründen vorwiegend durch Quellenalterung ist besonders wichtig in Verwendung spezieller schmalbandiger Einstrahlsystemen, wird hier doch bewußt auf Detektoren. Dadurch können im eine Systemkorrektur über einen zusätzlichen Wellenlängenbereich bis etwa 4...5 µm Referenzkanal verzichtet. Praktische Standard-Glühlämpchen mit lediglich Vergleiche von Langzeitprüfungen einzelner modifizierten Glaskolben als IR-Quelle IR-Quellen im Dauerbetrieb mit denen vom Anwendung finden. Die Auslegung des IR- Dauerbetrieb von Komplettsensoren optischen Systems als Einstrahlsystem stellt verdeutlichen die erreichbare Verbesserung einen weiteren Schritt zur Realisierung von der Quellenstabilität bei einer Systemtaktung Low cost - Systemen dar, bedingt aber im Verhältnis 1:10. Kompromisse hinsichtlich der Auflösung und Stabilität des Gesamtsystems. Im einfachsten Fall reduziert sich ein NDIR- Meßsystem auf eine geometrische Lagefixierung einer IR-Quelle zu einem selektiven IR-Detektor (Linearkammer). Für Anwendungen auf Gase mit geringeren Absortionskoeffizienten bzw. für Anwendungen mit geringen Aussenabmessungen ist eine Realisierung von Abb.2 Dauerbetrieb Lämpchen optischen Systemen mit Strahlengangfaltung BMBF-Verbundprojekt OMID - 97 -

Abb.5 Systemaufbau Prototyp Abb.3 Dauerbetrieb Gassensor 3 Signalauswertung / Die Betrachtung der Signaldifferenz zwischen Kennfeldberechnung bestrahlten und unbestrahlten Detektor sichert Anhand umfangreicher praktischer zudem einen einfachen Driftausgleich der Untersuchungen erster Prototypen wurden die Analogstufen der Sensorelektronik. Eine zum grundlegenden Abhängigkeiten des IR-Detektorsignal synchrone Erfassung der unkompensierten Ausgangssignals der NDIR- Gastemperatur ist zum Erreichen einer Gassensoren von Gaskonzentration und maximalen Systemauflösung unumgänglich. Temperatur ermittelt. Diese konnten unter Diese erfolgt am besten unmittelbar im Annahme der prinzipiellen Abhängigkeiten Detektorbereich. Eine Berücksichtigung des geographischen Höhendrucks kann statisch 3 2 CO2-Konzentration = a*X + b*X +c*X + d erfolgen (Barometerprinzip). Der Einfluß mit X = CO2MW (CO2-Meßwert) klimatischer Luftdruckschwankungen liegt Temperatur = e*Y2 + f*Y + g innerhalb der Systemauflösung. [1] mit Y= TempMW (Temperatur-Meßwert)

in einen Polynomansatz

CO2-Konz (CO2MW, TempMW) = 3 2 3 3 2 2 2 2 a1X Y *a2X Y*a3X +a4X Y +a5X Y+a6X + 2 2 a7XY +a8XY+a9X+a10Y +a11Y+a12

zusammenfassen werden.

Abb.4 Bild Prototyp

Zur Systemsteuerung und zur Erfassung der physikalisch bedingten, nichtlinearen Übertragungscharakteristiken von Meßprinzip und Einzelkomponenten ist der Einsatz von Mikrocontrollern sinnvoll. Bereits 8Bit- Abb.6 Kennlinienfeld Systeme stellen dafür ausreichend Rechenleistung zur Verfügung. BMBF-Verbundprojekt OMID - 98 -

Zur Bestimmung der Koeffizienten der Vorteil in der praktischen Anwendung des beschriebenen Polynomgleichung sind Verfahrens liegt darin, daß bei stets gleichen individuelle Kalibriermessungen der einzelnen Berechnungsformeln nur die Koeffizienten Sensoren bei jeweils vier verschiedenen sensorindividuell sind. Gaskonzentrationen und bei je drei Weiterhin wurden zur Reduzierung des verschiedenen Temperaturen erforderlich. Die Rechenaufwandes zur Kennfeldinterpolation Berechnung der Koeffizienten a1 .... a12 aus alternative Verfahren auf Basis der den Meßwerten erfordert die Anwendung Polygonzerlegung in Verbindung mit linearen einer Hochsprache (SCILAB-Script oder Interpolationen auf ihre Anwendbarkeit Tabellenkalkulation) auf einem externen PC- geprüft. Dabei erfolgt nach der System. Auf deren Basis kann anschließend Koeffizientenberechnung eine Zerlegung des die eigentliche Kennfeldinterpolation mit Kennlinienfeldes in Teilpolygone über eine Hilfe des intergrierten Mikrocontrollers Berechnung einer entsprechenden Zahl von unmittelbar im Sensor erfolgen. Stützstellen. Das geschieht unmittelbar nach der Koeffizientenberechnung in der Hochsprachenprogrammierung auf einem Kennfeldinterpolation externen PC-System. Die berechneten, sensorindividuellen Stützstellen werden im Zur Realisierung der Kennfeldinterpolation im Sensor gespeichert und bilden die Basis für Gassensor wurden zwei unterschiedliche die Kennwertberechnung durch lineare Lösungsstrategien realisiert und auf ihre Interpolationen innerhalb des entsprechenden praktische Anwendbarkeit untersucht: Teilpolygons. • die Berechnung der Gaskonzentration anhand der Approximationsgleichung • die Berechnung der Gaskonzentration durch Polygonzerlegung des Kennli- nienfeldes.

Die unmittelbare Berechnung der Gaskonzentration anhand der Approximationsgleichung erfordert zur Sicherung einer entsprechenden Systemauflösung die Realisierung einer 16Bit – Arithmetik für Meßwerte und Koeffizienten (Zahldarstellungen jeweils als 16Bit-Mantisse und 16Bit-Exponent) im Mikrocontroller des Systems. Daraus resultiert einerseits ein erheblicher Programmier- und Rechenaufwand (besonders bei Anwendung von kostengünstigen 8Bit-Mikrocontrollern). Abb.7 Lineare Interpolation innerhalb des Zum anderen sind damit Mehraufwendungen Kennfeldpolygons hinsichtlich ggf. erforderlicher Erhöhung der Taktfrequenz zur Sicherung der Rechenzeiten Das Verfahren besticht vom Gedankenansatz bzw. ggf. Vergrößerung des RAM-Speichers durch die Verteilung des Rechenaufwandes verbunden, die sich unmittelbar auf die zwischem einen externen System und der Hardwarekosten des Sensorsystems auswirken Sensorelektronik. Im Vergleich zum direkten können. Andererseits überzeugen die Vorteile Berechnungsverfahren wird der des Verfahrens wie die gleichmäßige Rechenaufwand für die lineare Interpolation Genauigkeit und Stetigkeit des zwar wesentlich reduziert, aber die Größe der Rechenergebnisses im Kennfeld. Ein weiterer Stützstellenmatrix wächst mit der geforderten BMBF-Verbundprojekt OMID - 99 -

Systemauflösung. So kann bereits zum Programmierung/Korrektur der individuellen sicheren Erreichen einer Systemauflösung von Sensorkoeffizienten möglich. In der 1% eine Matrix von 128 x 128 16Bit-Werten praktischen Erprobung mit einer erforderlich sein. Schwierig gestalten sich in Controllertaktfrequenz von 8MHz und einem der praktischen Anwendung ggf. erforderliche Tastverhältnis für die IR-Quelle von 1:10 bei Kennwertkorrekturen, die stets einen einer Periodenzeit von 2 sec steht ausreichend Austausch der kompletten Stützstellenmatrix Rechenleistung für die 16Bit-Arithmetik zur erfordern. Verfügung. Dabei genügt das zeitliche Ansprechverhalten des Komplettsensors den Systemforderungen. 4 Erprobungsergebnisse Bei Anwendung der Polygonzerlegung wurden im praktischen Betrieb bei Für einen praxisrelevanten Vergleich der Grenzlagen im Kennlinienfeld teilweise unterschiedlichen Verfahren zur Kennwertsprünge festgestellt. Durch Kennfeldinterpolation wurden Prototypen Optimierungen hinsichtlich Dimensionierung jeweils auf Basis von 8051-Mikrocontrollern der Stützstellenmatrix erscheinen auch realisiert und befinden sich im Probelauf. Mit hierbei die Einhaltung der geforderten beiden Interpolationsverfahren sind Systemauflösung von 1% als realisierbar. Systemauflösungen im Bereich 1% erreichbar. Der bisherige Umfang der Prototypenfertigung läßt derzeit noch keine Aussagen zur Übertragbarkeit der Ergebnisse bzw. zur Toleranzverteilung innerhalb eines Musterloses zu.

5 Ausblick

Die vorgestellten zwei Verfahren zur Kennwertberechnung des NDIR-Gassensors können nachfolgenden Produktentwicklungen als Basis dienen. Dabei kann die vergleichende Bewertung bzw. der Nachweis der Praxisrelevanz der beiden Verfahren anhand entsprechende Musterserien und Erprobungen erfolgen.

Literatur [1] VDI/VDE-IT (Herausgeber): Kombinierter Einsatz von Gassensoren verschiedener technologien (Verbundprojekt Abb.8 Prototyp 1993-1996 Abschlußbericht) Teltow:1998

Für die Systeme mit realisierter [2] Junger, S. ua. : High Path Length-to- Kennfeldberechnung erscheint nach der Volume Ratio Optical Cell for Biomedical In- praktischen Inbetriebnahme eine Aufteilung Line Gas Monitoring in Real Time Using des Programmspeichers in den klassischen Multiple Wavelength Infrared Spectroscopy. EPROM-Bereich und einen Flash-ROM- IRS2 2000 Proceedings (2000), S. 191-194 Bereich für die Koeffizienten als äußerst praktisch. So wird eine einfache BMBF-Verbundprojekt OMID - 100 -

[3] Staab, J..: Industrielle Gasanalyse Oldenburg,

[4] N.N.: Applications of thermoelectric infrared Sensors (Thermopiles): Gas detection by infrared absorption; NDIR, Firmenschrift PerkinElmer, 2000

[5] Firmenschriften Madur electronics GmbH, A-Wien

[6] Günzler, H. IR-Spektroskopie VCH Verlagsgesellschaft mbH Weinheim, 1995 BMBF-Verbundprojekt OMID - 101 -

MODELLBASIERTE OPTIMIERUNG EINES IR-GASSENSORS Ingo Sieber, Institut für Angewandte Informatik, Forschungszentrum Karlsruhe Oliver Nüssen, ITEM, Universität Bremen [email protected];

zelle, Wellenlängenfilter (bzw. Spektrometer) Kurzfassung und Detektor bestehen (siehe Abb.1). Zur Quantifizierung der IR-Gasanalyse findet das Die Herstellung von Teststrukturen von Lambert-Beer Gesetz Anwendung, in Mikrosensoren und Mikroaktuatoren ist sehr welchem die Absorption beschrieben wird als zeit- und kostenintensiv. Dies begrenzt im Funktion der Schichtdicke (bzw. des konventionellen Entwurfsprozess die Anzahl Laufweges des Strahls im zu messenden der Designvarianten. Aus diesen Gründen sind Medium), dem Molekültyp und der rechnergestützte Entwurfstechniken aus der Konzentration einer gelösten Substanz, die Mikrosystemtechnik nicht mehr wegzuden- bei konstanter Temperatur proportional zum ken. Diese Entwurfstechniken können dazu Partialdruck ist. Die IR-Strahlung durchläuft eingesetzt werden, die Systemperformance in die Absorptionszelle auf einem Weg der Abhängigkeit vielfältiger Einflussfaktoren zu Länge d. Dabei wird die Eingangsstrahlungs- optimieren. intensität I0 λ auf die Strahlungsintensität I λ nach Durchlaufen der Probe reduziert. Mit 1 Einleitung diesen Größen kann das Lambert-Beer Gesetz In diesem Artikel wird der grundlegende An- folgendermaßen formuliert werden [1]: satz eines Systemmodells eines IR- λ Gassensorsystems vorgestellt. Das Ziel ist, logI =−ε ⋅cd ⋅ =− E mit: I 0λ den CO!-Gassensor der Firma Micro-Hybrid = Electronic GmbH auf Verhaltensbasis zu be- E Extinktion ε = Extinktionskoeffizient schreiben, um eine Gesamtsystemsimulation c = Konzentration der Substanz durchführen zu können. Die wesentliche Ein- d = Strahlweg in der Substanz gangsgröße für das Systemmodell ist die Verteilung der Laufwege innerhalb der Analy- Auf Grundlage dieser Gleichung kann jede sekammer. Zur Gewinnung dieser Information Komponente eines Gemischs aus dem IR- wurde ein optisches Modell der Gasanalyse- Spektrum quantitativ bestimmt werden, unter kammer erstellt. Dieses optische Modell der Voraussetzung, dass ein genügend inten- diente als Grundlage für eine Optimierung der sives Absorptionsband gefunden werden Analysekammer. Die Optimierung fand dabei kann, das durch die anderen Komponenten hinsichtlich eines robusten Systemdesigns nicht, oder nur zu einem bekannten Ausmaß statt. Robustheit bedeutet in diesem Zusam- gestört wird. menhang, dass die Funktionalität des Systems Der Artikel gliedert sich folgendermaßen: auch in Abhängigkeit der Toleranzen der ein- zuerst wird eine allgemeine Beschreibung des zelnen Funktionsmodule erhalten bleibt. IR-Gassensors gegeben. Die darauf folgenden Die Funktionsweise von IR-Analysatoren Abschnitte beschäftigen sich mit der beruht auf der Absorption bestimmter Optimierung des optischen Aufbaus des Wellenlängen von Infrarotstrahlung für Gassensors. Auf der Grundlage von spezifische Gase. Im Wellenlängenbereich Einzelmodellen wird das Gesamtmodell des von 3,0-5,2µm bieten die Absorptionsbanden IR-Gassensors vorgestellt. vieler Gase und Dämpfe die Möglichkeit Messsysteme aufzubauen, die aus der Kombination von IR-Quelle, Absorptions- BMBF-Verbundprojekt OMID - 102 -

Absorptionszelle Wellenlängenfilter IR-Quelle Detektor Elektronik (Probenposition) (bzw. Spektrometer)

Abb. 1: Schematische Darstellung eines IR-Gassensors ausgeführt. Eine spezielle zeitliche Taktung 2 Der IR-Gassensor des Sensors sichert dennoch eine ausreichende Systemstabilität, indem die Die im folgenden betrachteten nicht ermittelten "Dunkelgrößen" als dispersiven IR-Gassensoren (NDIR) erlauben Korrekturwerte für die nachfolgenden die Konzentrationsmessung von Gasen unter Meßwerte herangezogen werden. Somit wird Nutzung der IR-Absorption als eigentliche die elektronische Signalaufbereitung bis Meßgröße. In der heute am meisten genutzten einschließlich Controller-Interface zum Form sind die Absorptionskammern als unmittelbaren Bestandteil der Sensorsysteme lineare Anordnung mit gegenüberliegenden (siehe Abb. 2). Die Gebäudeüberwachung, IR-Strahler und IR-Detektoren ausgeführt. speziell die Raumluftüberwachung in zentral Der lineare, meist relativ kurze klimatisierten Einrichtungen des öffentlichen Strahlungsverlauf stellt jedoch eine Lebens und die Umweltmeßtechnik werden wesentliche Begrenzung für die praktische vorerst als bevorzugte Einsatzgebiete Anwendung der Sensoren dar, da die angesehen. Daher ist die Applikation als CO2- nachzuweisenden Gase eine gewisse Sensor erster Untersuchungsgegenstand, Mindestabsorption besitzen müssen. Für die wobei eine maximale Übertragbarkeit der Detektion schwach absorbierender Gase muß Ergebnisse auf andere Gase deshalb der optische Strahlweg in der (Kohlenwasserstoffe, CO ...) angestrebt wird. Analysekammer vergrößert werden. Dieses läßt sich bei Beibehaltung der oft begrenzten geometrischen Abmessungen nur durch eine Faltung des Strahlenganges unter Einfügung zusätzlicher reflektierender Elemente erreichen. Dabei gewinnt die Frage der Integration von strahlfokusierenden Elementen zunehmend an Bedeutung, um einerseits eine ausreichende Aussteuerung des Detektors zu erreichen und andererseits den Anteil von Strahlen, die aufgrund unbeabsichtigter Reflexionen eine undefinierte Weglänge beim Auftreffen auf den Detektor aufweisen, zu reduzieren. Die Abb. 2: Realisierter Musteraufbau des Störstrahlen mit den kürzeren Weglängen CO2-Sensors als kompakte Einheit von IR- wirken bezogen auf die Gasdetektivität des optischen Komponenten (Kammer, Quelle, Sensors als Rauschsignal. Zur Sicherung der Detektor) und Sensorelektronik. Systemstabilität im Zeitbereich und bei sich ändernden Umgebungsbedingungen verfügen die klassischen Gassensoren über einen zusätzlichen Referenzstrahlweg. Da in den 3 Das optische Modell zunächst betrachteten Applikationen eine Der Gegenstand der optischen Modellbildung regelmäßige Absolutkalibrierung der ist die Beschreibung der IR-Quelle und der Gassensoren vorgeschrieben ist, werden die Absorptionskammer mittels eines hierfür vorgesehenen Gassensoren zur parametrisierbaren optischen Modells. Diese Vermeidung der mit dem Referenzkanal Arbeiten wurden im Forschungszentrum verbundenen Kosten als Einstrahlsystem Karlsruhe durchgeführt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 103 -

3.1 Modellbildung der IR Quelle In der Darstellung rechts ist das Modell der Die IR-Quelle besteht aus einer Breitband IR- Absorptionskammer im Vergleich zu sehen. Lampe und einem Lampenreflektor. Der Auch hier sind die reflektierenden und Reflektor dient dazu, die Strahldivergenz zu fokusierenden Flächen gut zu erkennen. Die begrenzen um einen definierten seitlichen Begrenzungsflächen der Kammer Laufwegbereich der Strahlen um eine mittlere sind reflektiv beschichtet und dienen zur Entfernung zu gewährleisten. Die Strahlfaltung. Diese Flächen sind in Abstrahlcharakteristik des Quellmodells Abbildung 3 nicht dargestellt, um einen wurde anhand von Messungen mit der realen Einblick in die Kammer zu ermöglichen. IR-Quelle abgeglichen [2]. Das optische Modell von IR-Quelle und Absorptionszelle erlaubt die Berechnung der 3.2 Modellbildung der Strahlausbreitung von der Quelle zum Detektor in einer nicht-sequentiellen Absorptionskammer Beschreibung [3]. Auf Basis dieses Modells Die charakteristische Absorption durch das wurden Untersuchungen der Gas findet in der Absorptionskammer statt. Strahlausbreitung und der Strahllaufwege Die Kammer ist auf die spezifischen innerhalb der Analysekammer durchgeführt Absorptionseigenschaften eines Gases sowie anhand von Parametersimulationen ausgelegt, d.h. sie ist auf die Erfassung eines gezeigt, wie empfindlich der aktuelle einzelnen Gases abgestimmt. Um nun auch Kammerentwurf hinsichtlich der schwach absorbierende Gase zu detektieren, Quellposition ist [4]. Die im Gassensor muss der Strahlweg durch das Gas verlängert vorgesehenen Lichtquellen weisen eine werden. Da dies ohne eine erhebliche Positionsschwankung der Glühwendel von Vergrößerung der Dimensionen der 1mm auf. Damit der IR-Gassensor trotzdieser Absorptionskammer vonstattengehen soll, großen Positionsschwankungen müssen die Begrenzungsflächen der Kammer funktionstüchtig bleibt, muss die Lichtquelle reflektiv beschichtet sein und fokusierende aktiv unter Zuhilfenahme einer Aufgaben übernehmen. In Abbildung 3 ist auf Leistungsmessung montiert werden [2]. Dies der linken Seite eine Fotografie der ist zeit- und personalaufwändig und damit Absorptionszelle dargestellt. Der planare kostenintensiv. Für eine kostengünstige

Abb. 3: Fotografie der Absorptionszelle (links) und parametrisierbares Modell (rechts). Deckelspiegel wurde für die Abbildung Herstellung ist eine automatisierbare abgenommen, um Sicht auf die fokusierenden Bestückung der Absorptionskammer mit und reflektierenden Strukturen zu erhalten. Quell- und Detektormodul erstrebenswert. Die Kammer ist mit einem Sensorchip (einem Ein Ansatz für die Systemoptimierung ist Thermopile-Element) bestückt, das rechts demgemäß einen Entwurf der unten auf dem Foto zu sehen ist. Außerdem ist Analysekammer zu finden, der hinsichtlich auch die kreisrunde Einlassöffnung für die der Systemtoleranzen optimal robust ist. Quelle zu sehen (links unten an der Kammer). BMBF-Verbundprojekt OMID - 104 -

4 Optimierung der Geometrie der Absorptionszelle

4.1 Startmodell für die Optimierung Als Startmodell für die Optimierung wurde das in Abbildung 4 dargestellte Design gewählt. Es besteht aus vier Reflektoren, von denen der erste die Aufgabe hat, die Quellabstrahlung zu kollimieren. Der zweite Reflektor fokussiert die kollimierte Strahlung auf das Detektormodul. Die Spiegel 3 und 4 sind eben und dienen in diesem Startmodell Abb. 5: Bestrahlungsstärke-Verteilung für nur der Strahlfaltung. das Startmodell bei idealer Quellposition.

Reflektor 2 Reflektor 4

Reflektor 3 Reflektor 1

Abb. 4: Startmodell der Absorptionskam- Abb. 6: Bestrahlungsstärke-Verteilung für mer. das Startmodell bei einer Fehlpositionie- Für dieses Modell der Absorptionskammer rung der Quelle um den halben Toleranz- treffen unter Verwendung einer ideal bereich. positionierten Quelle ca. 86% der berechneten Für die Optimierung wurden die folgenden Strahlen auf den Detektor. Die Parameter definiert: Bestrahlungsstärke-Verteilung für diese • Anordnung ist in Abb. 5 dargestellt. Bei einer die Lage der Reflektoren zueinander Fehlpositionierung der Quelle um den halben • die Krümmung der Reflektoren Toleranzbereich treffen nur noch 1% der • Strahlen auf den Detektor. Die die Position der Punktquelle innerhalb Bestrahlungsstärke-Verteilung für diese des Reflektor 1 Konfiguration ist in Abb.6 dargestellt. Auf Randbedingungen der Optimierung waren die Basis dieses Startmodells wurde eine äußeren Abmessungen der Kammer, der Ab- Optimierung der Geometrie der stand zwischen Quelle und Detektor und der Absorptionskammer durchgeführt. Ziel dieser Strahllaufweg in der Kammer. Optimierung war, ein Design zu finden, das im gesamten Toleranzbereich der Quellposition ein zufriedenstellendes Ergebnis 4.2 Optimierung und eine gleichmäßige Performance liefert. In einem ersten Schritt wurde die Form des Quellreflektors optimiert, sodass er über den gesamten Toleranzbereich ungefähr die BMBF-Verbundprojekt OMID - 105 - gleiche Performance besitzt (siehe Abb.7). jeweils eine Verteilung für die Quellpositio- nen an den Grenzen des Toleranzbereiches berechnet und eine, die mittig im Toleranzbe- reich lag.

Abb. 9: Bestrahlungsstärke- Verteilungen des optimierten Designs für Quellpositionen im Toleranzbereich.

Das optimierte Design der Absorptionskam- Abb. 7: Optimierung des Quellreflektors mer erreicht eine Strahlausbeute von 30% auf hinsichtlich der Positionstoleranzen der dem Detektor über den gesamten Toleranzbe- Quelle. reich der Quellposition. Damit garantiert das optimierte Design über den gesamten Tole- Dieser optimierte Quellreflektor wurde für die ranzbereich eine definierte Systemperforman- Optimierung der Kammergeometrie in das ce und ermöglicht eine automatisierte Bestü- Startmodell eingefügt. ckung der Analysekammer mit der IR-Quelle. Im weiteren Verlauf der Optimierung wurden zunächst die beiden ebenen Reflektoren 3 und 4 in ihrer Form freigegeben und anschließend 5 Der Thermopile Sensor alle vier Reflektoren gleichzeitig. Das opti- Grundlage des Modells ist der von der Firma mierte Modell ist in Abb. 8 dargestellt. Auf- Micro-Hybrid entwickelte Thermopile- fallend dabei ist, dass der Reflektor 3 seine Sensor. Ergebnisse zur Beschreibung dieser ebene Form behält und nach wie vor nur der Systemkomponente wurden bereits im Ver- Strahlfaltung dient. Die stärkste Veränderung bundprojekt MIMOSYS [5] erbracht. ist am Reflektor 4 auszumachen, der sowohl Wie bei vielen Mikrosystemen existieren in x- als auch in y-Richtung stark gekrümmt auch bei diesem Sensor Wechselwirkungen ist. zwischen Größen aus unterschiedlichen Domänen, in diesem Fall aus den Gebieten der Elektrotechnik und der Thermodynamik. Das thermoelektrische Prinzip des Sensors ist für eine Systemintegration zusammen mit der Auswerteelektronik besonders geeignet, da die auftretenden thermischen Spannungen nicht von den geometrischen Abmessungen das Bauteils abhängig sind [6].

5.1 Funktionsprinzip Als thermoelektrisch sensitives Bauelement fungiert ein Thermopilesensor. Die Funktion der Thermoelemente beruht auf dem See- beck-Effekt. Bei einem Thermoelement sind Abb. 8: Optimiertes Design der Absorpti- je zwei Kontaktstellen vorhanden. Besteht onskammer. zwischen diesen nun eine Temperaturdiffe- In der Abb. 9 sind die Bestrahlungsstärke- renz, so fließt aufgrund der Thermospannung Verteilungen für drei Positionen innerhalb des ein messbarer Thermostrom (siehe Abb.10). Toleranzbereichs dargestellt. Dabei wurde BMBF-Verbundprojekt OMID - 106 -

Empfängerfläche

Material B Material A

Wärme- senke Abb.12: Blockschaltbild des Sensors Der Multiplexer dient zur Adressierung des V th auszulesenden Thermopiles und schaltet das Abb.10: Aufbau eines Thermoelementes jeweilige Signal auf den Verstärker. In Für eine messtechnische Auswertung muss die Abb.12 ist das Blockschaltbild des sehr niedrige Thermospannung erhöht werden. Thermopile-Sensors dargestellt. Zu diesem Zweck werden mehrere Thermo- elemente zu einem Thermopile zusammenge- 6 Physikalisches Systemmodell schaltet (siehe Abb.11), was zu einer Addition der Einzelspannungen führt. Am Institut für Theoretische Elektrotechnik Die Referenz-Kontaktstellen sind mit der und Mikroelektronik (ITEM) der Universität Wärmesenke und die Meß-Kontaktstellen mit Bremen erfolgt die Modellierung des Sensors der Absorberfläche thermisch gekoppelt. auf höherer Abstraktionsebene. Ziel ist es, den CO2-Gassensor der Firma MicroHybrid auf Verhaltensbasis zu beschreiben, um eine TA Gesamtsystemsimulation durchführen zu können.

Material A Die bisherigen Arbeiten resultieren in der Entwicklung eines Java-Programmes, TS welches die physikalischen Eigenschaften des Wärmesenke Sensors beschreibt. Das im Programm nachgebildete Verhalten wird später in eine Vth VHDL-AMS-Beschreibung umgesetzt und anschließend einer Optimierung hinsichtlich Abb.11: Prinzipdarstellung eines der Systemparameter zugeführt. Thermopiles aus vier Elementen Für die Charakterisierung des eingesetzten Die Thermospannung ist nicht von den Ab- IR-Sensors wurden bereits im messungen der Thermoelemente abhängig. So Verbundprojekt MIMOSYS [5] Arbeiten zur ist es möglich, eine Miniaturisierung und Untersuchung des thermischen Verhaltens somit eine Integration mehrerer Thermopiles durchgeführt. Diese beziehen sich auf die zu einer Thermopile-Zeile vorzunehmen [7]. Reaktion des IR-Sensors bei Veränderungen der Umgebungstemperatur. 5.2 Aufbau des Sensors Ein wesentliches Argument für die Not- Die in den einzelnen Thermoelementen wendigkeit einer Betrachtung des Verhaltens erzeugte Pixelpannung ist auch nach der auf Systemebene liegt in dem mit der Reihenschaltung zu Thermopiles so gering, Simulation einhergehenden Rechenaufwand daß sie zur weiteren Verwendung verstärkt begründet. In den wenigsten Fällen ist es werden muß. Dazu wird die Thermopile-Zeile möglich, ein gesamtes Mikrosystem in einem mit einem Multiplexer und einem Operations- numerischen Simulator auf der Basis der im verstärker in einem Gehäuse zu einem System geltenden physikalischen Grund- Thermopile-Sensor integriert. gleichungen zu betrachten. Die sich darüber- hinaus bei der Einbeziehung spezieller BMBF-Verbundprojekt OMID - 107 -

Simulatoren ergebende Simulatorkopplung Die Intensität der am Sensor auftreffenden kann zu weiteren Problemen führen. Strahlung ist abhängig von der Länge des im Bei der Verhaltensmodellierung erfolgt eine absorbierenden Mediums zurückgelegten Abstraktion der physikalischen Zusammen- Weges. Stark unterschiedliche Laufwege der hänge. Die Vorgänge innerhalb des zu Strahlen durch das absorbierende Medium beschreibenden Elementes werden auf die führen zu einer verfälschte Aussage über die Abhängigkeiten zwischen definierten Größen Absorptionseigenschaften des involvierten reduziert, wobei theoretisch bekannte, aber Füllgases. sehr komplexe Beziehungen auch durch heuristische Ansätze mit hoher Genauigkeit 6.2 Systemmodell nachempfunden werden können. Die Aus den physikalischen Gesetzen läßt sich Portierung in die Verhaltensbeschreibungs- ein Systemmodell formulieren. Es berechnet sprache VHDL-AMS dient zusätzlich der die Dämpfung der Intensität durch das Probe- Unabhängigkeit von der verwendeten Simula- gas bei einem vorgegebenen Partialdruck für tionsplattform. jede ermittelte Strahllänge in dem gesamten Die sich durch den Einsatz eines geeigneten Wellenlängenbereich der Lampe. In die Be- Verhaltensmodells ergebenden Vorteile rechnungen wird auch das Filter mit dem ent- bezüglich des Simulationsaufwandes an sprechenden charakteristischen Spektrum Rechenzeit und Rechenleistung sind oft direkt einbezogen. Da nur Strahlen berücksichtigt wirtschaftlich messbar. Entwurfsbegleitende werden, die auf der aktiven Fläche des IR- Modellierung, Simulation und Optimierung Sensors auftreffen, kann durch Summation führen zu kürzeren Innovationszyklen und der Einzelintensitäten die auf dem Sensor geringerem Ressourceneinsatz. eintreffende Leistung ermittelt werden. Dar- Aus den Berechnungen einzelner Strahlen- aus läßt sich die Ausgangsspannung des IR- verläufe ergeben sich deren jeweilige Länge Sensors berechnen. sowie die Anzahl der Reflexionen an den Das Systemmodell wurde zunächst in Java Wänden der Analysekammer. Auf der realisiert. Es ist mit diesem Programm sehr Grundlage dieser Daten kann im weiteren ein leicht möglich, die interessierenden Kennli- physikalisches Modell des Gassensors aufge- nien auszutauschen oder den Partialdruck des baut werden. Gemäß dem Gesetz von Gases zu verändern, um erste Abschätzungen Lambert-Beer wird ein Teil der Energie jedes des Systems im Hinblick auf Modifikationen einzelnen Strahls in einem gasförmigen der beteiligten Komponenten vorzunehmen Medium absorbiert. Diese Dämpfung ist von (siehe Abb.18). Dieses modulare Konzept des der Wellenlänge, der Länge des Weges und Einladens von Kennlinienspezifikationen er- der Art des Gases bzw. der Zusammensetzung laubt eine hohe Flexibilität bei der Anwen- der beteiligten Gase abhängig. Sind die dung des Modells. Wellenlänge oder der Wellenlängenbereich sowie die Länge des Weges bekannt, kann von 0,6 einer gemessenen Intensität der Strahlung am IR-Sensor auf das Gas in der Analysekammer 0,5 geschlossen werden. 0,4

0,3 6.1 Modell-Schnittstelle Absorption 0,2 Die wesentliche Eingangsgröße für das Systemmodell ist die Verteilung der Laufwege 0,1

innerhalb der Analysekammer. 0,0 0,E+00 1,E-06 2,E-06 3,E-06 4,E-06 5,E-06 Zur Gewinnung dieser Information werden am Wellenlänge Forschungszentrum Karlsruhe die bereits beschriebenen optischen Simulationen unter Abb.13: Absorptionsspektrum von CO2 Berücksichtigung der Kammergeometrie In Abb.13 ist das Spektrum von CO2 durchgeführt. dargestellt. Es ist zu erkennen, daß CO2 wie BMBF-Verbundprojekt OMID - 108 - die meisten Gase größtenteils diatherm, d.h. Anordnung durch ein Gas, auf welches das wärmedurchlässig ist. Die Wärmestrahlung Filter ausgerichtet ist, ermöglicht die Detek- wird nur in bestimmten Bereichen absorbiert, tion einer Auslöschung des Sensorsignals. den sogenannten Banden. Die betreffenden Wellenlängen sind für jedes Gas charak- 6.3 Temperaturkompensation teristisch und erlauben Rückschlüsse auf die

Identifikation. Co2-Diff / Co2-Gehalt 14.11.01 Co2-Einzelkammer ohne Elektronik Parameter: Kammertemp/kOhm

12000

1,0 10000

8000

6000 0,8 Co2-Gehalt 4000

2000

0,6 0 1,000 1,200 1,400 1,600 1,800 2,000 2,200 2,400 2,600 2,800 3,000 Co2-Diff

9,759 10,069 10,382 10,703 11,028

Emission 0,4 Abb.16: Temperaturverhalten des Sensors 0,2 Der Sensor weist eine nichtlineare Tempera-

0,0 turcharakteristik auf, gemäß Abb.16. Aufge- 0,0E+00 1,0E-06 2,0E-06 3,0E-06 4,0E-06 5,0E-06 Wellenlänge tragen ist die gemessene Variation der Aus- gangsspannungsdifferenz zwischen ein- und Abb.14: Spektrum der Lampe ausgeschalteter Lampe in Abhängigkeit der Die im System verwendete Lampe erzeugt Umgebungstemperatur. Diese liegt in einer Infrarotstrahlung im interessierenden Spek- Drift der Sensorausgangsspannung begründet. trum von 0.5 µm bis 5 µm. Der wichtigste Um in jeder Temperaturumgebung verläss- Anteil der Strahlung liegt im Absorptionsband liche Ausgangsdaten zu erhalten, musste von CO2 (4,0 µm bis 4,5 µm), da die daher eine Kompensation der Bedämpfung durch das Gas hier am stärksten Temperaturabhängigkeit erreicht werden. Es ist. wurde eine einfache analytische Das Filter im Strahlungssensor (Thermopile- Beschreibung für die Reproduktion durch Sensor) besitzt das in Abb.16 dargestellte einen Mikro-Controller in der Auswerte- Spektrum. Es filtert einen Teil des Absorp- Elektronik gesucht. Ein Problem hierbei ist tionsbandes von CO2 (4,0 µm bis 4,5 µm) die wegen der sehr aufwendigen heraus, so daß sich nur in diesem Spektral- Datenerhebung geringe Anzahl von Mess- bereich die Bedämpfung der Strahlung auf das werten. Die Ausgangsspannung liegt als Sensorsignal auswirkt. Funktion der Gaskonzentration und der Um- 1,0 gebungstemperatur vor, bei insgesamt 5 Temperatur- und 4 Gasdichtewerten. Es wur- 0,8 de ein Polynom-Ansatz gewählt, der zwar 0,6 viele, nicht physikalisch zu interpretierende Parameter enthält, dafür aber in Grund- 0,4

Transmission rechenarten darstellbar ist, einfach struktu-

0,2 riert, linear bezüglich der Fitparameter und daher in einem Schritt nicht-iterativ von 0,0 0,0E+00 1,0E-06 2,0E-06 3,0E-06 4,0E-06 5,0E-06 Quasi-Newton-Verfahren zu lösen. Die Fit- Wellenlänge funktion lautet: Abb.15: Spektrum des Filters 2 3 2 3 c(v,t)=x0+x1·v+x2·v +x3·v +x4·t+x5·t·v+x6·t·v +x7·t·v 2 2 2 2 2 3 3 3 Durch das Filter sind im Normalfall, d.h. ohne +x8·t +x9·t ·v+x10·t ·v +x11·t ·v +x12·t +x13·t ·v+x14·t 3 2 3 3 4 4 4· 2 4· 3 dass ein Prüfmedium in der Analysekammer ·v +x15·t ·v +x16·t +x17·t ·v+x18·t v +x19·t v vorhanden ist, nur Strahlen aus dem Wellenlängenbereich der charakteristischen Nach Einfügen zusätzlicher äquidistanter Banden für das Spannungssignal am Sensor- Stützstellen, Extrapolation des Datenberei- ausgang verantwortlich. Eine Befüllung der ches, sowie Anwendung quadratischer BMBF-Verbundprojekt OMID - 109 -

Spline-Interpolation ergibt sich eine gute Zur Erleichterung umfangreicher Unter- Übereinstimmung von Messdaten und Ap- suchungen exisitiert ebenfalls die Möglich- proximation. keit, die Simulation über vorgefertigte Skripte ablaufen zu lassen. Das Ergebnis ist die am Sensor ankommende Intensität der gedämpften Lampenstrahlung, welche, über den Wellenlängenbereich inte- griert, die für das Ausgangssignal verant- wortliche Leistung ergibt [4]. In Abb.18 ist die Strahlung am Sensor als unterste Kurve dargestellt. Die Auslöschung im relevanten Bereich der charakteristischen Banden von CO2 ist deutlich erkennbar, die angezeigte Reststrahlung resultiert aus einer Überhöhung der numerischen Randeffekte gegenüber der Auslöschung. Das Eingangs- signal ist ausserhalb des Filterbereichs auf Abb.17: Approximationsergebnis wenige Prozent reduziert. Die erhaltenen Ergebnisse wurden in das reale System integriert, indem die Fitfunktion in 6.5 Verwertung der Ergebnisse den Mikro-Controller der Auswerte- Elek- Zunächst besteht die primäre Aufgabe des tronik programmiert wurde, welche die Kom- Gesamtmodells darin, die Absorption von pensation vornimmt. Strahlung in einem definierten Wellenlängen- bereich anzuzeigen, gemäß dem realen Ver- 6.4 Anwendung des Modells halten des Gassensors, und somit die Iden- tifikation ausgewählter Medien im Inneren der Strahlungskammer nachzuvollziehen. Darüberhinaus kann das Modell auch weitere Dienste im Sinne einer entwurfsbegleitenden Anwendung leisten, indem mit dem bisher beschriebenen Funktionsprinzip eine Inver- sionsrechnung bezüglich der Modellparameter durchgeführt wird. Die dabei zu untersuchenden Fragestellungen beziehen sich beispielsweise auf die erreichbare Systemauflösung für ein spezielles Design und auf den Zusammenhang zu noch detektierbaren Stoffkonzentrationen, die über die Güte des Endprodukts mitbestimmen. Ein Ergebnis Abb.18: Oberfläche des Systemmodells derartiger Untersuchungen kann eine Aussage darüber treffen, welche Laufwege benötigt Abb.18 zeigt eine Simulation unter Einsatz werden, um über die Absorption der der im vorherigen Abschnitt vorgestellten Strahlung das enthaltene Medium zu Spektren. Die Eingabekonsole erlaubt dem detektieren. Aus diesen Informationen lassen Anwender, über vordefinierte Kommandos die sich über weitere optische Simulationen Kennlinien der Lampe, des Gases und des direkte Rückschlüsse auf die benötigte Filters einzulesen. Darüberhinaus wird der Geometrie des Sensorsystems ziehen. Umgebungsdruck angegeben, sowie die Das endgültige Ziel der Betrachtungen liegt Verteilung der Laufwege, die ebenfalls in in der Optimierung hinsichtlich der Modell- einer Datei abgelegt sind. parameter, d.h. in der Suche nach einem BMBF-Verbundprojekt OMID - 110 - bestmöglichen Designentwurf. Statusseminar zum Verbundprojekt OMID, 9.-10.Oktober 2001 (Bremen), S. 103-112 7 Zusammenfassung [3] Sieber, I., Eggert, H., Suphan, K.-H., Bechtold, S.: Simulation and Modeling of a In diesem Artikel wurde ein grundlegender Chamber of Analysis of an IR Gas Sensor. Ansatz eines Systemmodells eines IR- MICRO SYSTEM Technologies 2001, Gassensors präsentiert. Im ersten Teil wurde (2001), S. 71-76 die Optimierung des parametrisierbaren [4] Sieber, I., Eggert, H., Suphan, K.-H., optischen Modells der Absorptionszelle und Nüssen, O.: Optical Modeling of the der IR-Quelle vorgestellt. Das Analytical Chamber of an IR Gas Sensor. Optimierungsziel war dabei das Auffinden Design, Test, Integration, and Packaging of eines hinsichtlich der Positionstoleranzen der MEMS/MOEMS 2001. Proc. of SPIE, Vol. Quelle robusten Designs. Beim 4408 (2001), S. 272-282 ursprünglichen Entwurf der [5] W. John, H. Luft, W. Groß (Hrsg.): Gasanalysekammer war es notwendig, das Methoden und Werkzeuge zum Entwurf von Einfügen der Quelle in die Kammer manuell Mikrosystemen, Tagungsband, 8. GMM- und mit einer Leistungsmessung Workshop, 2.12. und 3.12.1999, Berlin durchzuführen. Das optimierte Design [6] Körtvélyessy, László von: garantiert nun über den gesamten Thermoelentpraxis. Vulkan-Verlag, Essen Toleranzbereich der Quellposition eine 1987 definierte Systemperformance. Somit wird [7] J. Kirchhoff, St. Bechtold, K.-H. eine automatische Bestückung der Suphan: Entwicklung und Simulation des Analysekammer mit der IR-Quelle Mikrosystems Thermopile-Sensor, in: W. ermöglicht. John, H. Luft, W. Groß (Hrsg): 8. Workshop, Weiterhin dienen die mit Hilfe des optischen Methoden und Werkzeuge zum Entwurf von Modells berechneten Strahllaufwege als Mikrosystemen, Paderborn 1999. Eingabedaten für die Gesamtmodellsimulation. Im zweiten Teil wurde auf der Grundlage der geltenden physi- kalischen Gesetze ein erstes Systemmodell vorgestellt, welches die Leistung am IR- Sensor aus den optischen Eingangsdaten, den Spektren der Lampe, des Gases und des Filters berechnet. Der modulare Aufbau der Modellkomponenten ermöglicht einen flexiblen Einsatz hinsichtlich einer entwurfsbegleitenden Simulation. Das angestrebte Ziel ist die Optimierung des Systemdesigns. Weiterhin erlaubt der vorgestellte Ansatz eine maximale Übertragbarkeit der Ergebnisse, so dass eine Entwurfsadaption hinsichtlich der Detektion von Gasen mit unterschiedlichem Absorptionsverhalten ermöglicht wird. Literatur [1] Günzler, H., Heise, H.MIR- Spektroskopie. Ort: VCH, 1996 [2] Sieber, I., Nüssen, O.: Optical Modellierung eines IR-Gassensors im Hinblick auf eine Entwurfsoptimierung. BMBF-Verbundprojekt OMID - 111 -

EIN HOCHAUFLÖSENDES RADIOMETRISCHES MEßSYSTEM ZUR QUALITÄTSKONTROLLE SCHNELL LAUFENDER MATERIALBAHNEN D. Richter, G. Gärtner, VacuTec Meßtechnik GmbH Dresden Email: [email protected]

erforderlich. Verbreitete Verfahren zur Be- Kurzfassung stimmung von Materialdicken und Flächen- massen nutzen radiometrische Meßsysteme. Radiometrische Meßsysteme zur Kontrolle Sie kommen in der Papier- und Kunststoffin- der Dicke oder Flächenmasse werden in der dustrie, aber auch in Walz- und metallverar- Industrie oftmals bei der Produktion von beitenden Werken zum Einsatz. schnell laufenden Materialbahnen eingesetzt. Die Firma VacuTec Meßtechnik GmbH, Das mittelständische Unternehmen VacuTec Dresden, hat sich auf die Entwicklung und Meßtechnik GmbH in Dresden hat sich mit Produktion von strahlungssensitiven Detekto- seinen ca. 35 Beschäftigten unter anderem auf ren spezialisiert, die in solchen Meßsystemen die Entwicklung und Produktion von Senso- zum Einsatz kommen. Zur vollständigen ren (Ionisationskammern, Proportionalzähl- Qualitätskontrolle wurde eine Mehrzellen- rohre, Halbleiterdetektoren und Geiger- Ionisationskammer entwickelt, die in einem Müller-Zählrohre) spezialisiert, die in solchen Meßvorgang die gesamte Breite der Material- radiometrischen Meßsystemen zum Einsatz bahn erfassen kann und dabei eine hohe Ort- kommen. sauflösung erreicht. Sie ersetzt herkömmliche Verfahren mit traversierenden Meßköpfen. Speziell zur Qualitätskontrolle schnell laufen- der Materialbahnen wurde eine neue Detek- Im Rahmen des Verbundprojektes OMID torfamilie entwickelt, die eine vollständige wurden stationäre und dynamische Prozesse Messung mit hoher räumlicher Auflösung in einer Ionisationskammer bei der Bestrah- über die gesamte Materialbahnbreite ermög- γ lung mit - und Röntgenstrahlung modelliert licht. und simuliert. Dabei wurde die signalverar- beitende Elektronik (Vorverstärker) mit ein- In den folgenden Abschnitten wird nach ei- bezogen. nem kurzen Überblick über die Wirkungswei- se radiometrischer Meßsysteme und her- Die entstandene Software versetzt die Firma kömmliche Verfahren, die neue Detektorfa- VacuTec Meßtechnik GmbH in die Lage, vor milie vorgestellt und dargelegt, wie sich deren dem Aufbau von Funktionsmustern Varianten Modellierung und Optimierung im Rahmen zu berechnen und das Meßsystem entspre- des Verbundprojektes OMID einordnet. chend den vorgegebenen Randbedingungen gezielt zu optimieren. Dadurch läßt sich der 2 Meßprinzip Entwicklungsaufwand für die neue Detektor- familie deutlich senken. Unter dem Begriff "radiometrische oder ra- diographische Verfahren" werden alle Appli- 1 Einleitung kationen zusammengefaßt, bei denen ionisie- rende Strahlung in ihrer Wechselwirkung mit Zur Qualitätskontrolle und zur Steigerung der dem Meßgut registriert und ausgewertet wird. Produktivität bei der Herstellung schnell lau- Diese Verfahren bestehen generell aus drei fender Materialbahnen sind vielfältige Infor- Komponenten. Das ist einerseits die Quelle mationen über Materialparameter (Zusam- der ionisierenden Strahlung. Verwendet wer- mensetzung, Dicke, Flächenmasse u.a.) und den Radionuklide (vorwiegend ß- und γ-Quel- Oberflächenparameter (z.B. Glanz, Rauheit, len) aber auch Röntgengeneratoren. Anderer- Leitfähigkeit, Verschleiß, Korrosionsschutz) seits muß ein sensitiver Detektor für die ge- BMBF-Verbundprojekt OMID - 112 - nutzte Strahlung vorhanden sein. In ihm wer- Die das Meßgut durchdringende Strahlung den elektrische Ladungen bzw. Ströme er- erzeugt in einer Ionisationskammer einen zeugt. Diese werden anschließend in der drit- Strom, der als Maß für die Dicke bzw. Flä- ten Komponente, der Auswertelektronik, chenmasse des Meßgutes ausgewertet wird. verarbeitet und so die gewünschte Informati- Als Beispiel dafür wird in der Abbildung 2 on über das Meßgut gewonnen. die Kennlinie einer Kalibrierung mit Alumi- niumfolien dargestellt. Mit wachsender Dicke Je nach den genutzten geometrischen Bedin- (Flächenmasse) der Folie sinkt der Strom in gungen werden die radiometrischen Meßver- der Ionisationskammer. fahren in das Durchstrahlungsverfahren bzw. 5 die Messung in Rückstreugeometrie einge- teilt. 4 Bei der Messung in Rückstreugeometrie 3 befinden sich Strahlungsquelle und Detektor 2 auf der gleichen Seite des Meßgutes. Die Di- 1 cken- oder Schichtdickeninformation wird aus I-Kammerstrom / nA . 0 dem rückgestreuten Strahlungsanteil be- 0 100 200 300 400 500 600 stimmt. Das kann einerseits die rückgestreute Flächenmasse / (g/m²) Primärstrahlung sein. Es ist jedoch auch möglich, mit Röntgenquanten die charakteris- Abb. 2: Kennlinie einer Kalibrierung mit tische Strahlung des Meßgutes anzuregen und Aluminiumfolien (Abhängigkeit des Kam- diese zu messen. Neben der Dickeninformati- merstromes von der Meßgutdicke) on kann man hierbei auch die Zusammenset- zung des Meßgutes ermitteln. Die Auswahl einer geeigneten Strahlungs- quelle und Ionisationskammer, sowie der ent- Beim Durchstrahlungsverfahren befinden sprechenden Auswertelektronik muß an die sich Quelle und Detektor auf gegenüberlie- Spezifika des Meßgutes (Flächenmasse, Zu- genden Seiten des Meßgutes. Der Effekt der sammensetzung, Geschwindigkeit, geometri- Absorption und Streuung der ionisierenden sche Form, Genauigkeitsanforderungen etc.) Strahlung im Meßgut wird ausgenutzt, um und die geometrischen Bedingungen an der eine Information über die Dicke des Meßgu- Produktionsanlage angepaßt werden. tes abzuleiten. Das Meßprinzip wird in der Im Rahmen des Verbundprojektes OMID Abbildung 1 verdeutlicht. beschränkten wir uns auf Untersuchungen in Durchstrahlungsgeometrie und Ionisations- kammern als Detektor.

Eine Übersicht über industriell häufig ver- wendete Radionuklide wird in der Tabelle 1 gegeben Im Bereich der Papier- und Kunst- stoffindustrie mit geringeren Flächenmassen kommen vorwiegend β-Strahler zum Einsatz. In der Metallindustrie mit größeren Flächen- massen werden zumeist γ-Strahler verwendet.

Zum Schutz der Anlagenbetreiber vor der ionisierenden Strahlung sind entsprechend den Vorgaben der Strahlenschutzverordnung umfangreiche Abschirmungsmaßnahmen er- forderlich. Diese müssen sowohl den Produk- Abb. 1: Prinzip einer radiometrischen tionsprozeß, als auch Wartungsphasen oder Messung in Durchstrahlungsgeometrie Ruhezeiten der Anlage berücksichtigen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 113 -

Tabelle 1: Häufig verwendete Radionuklide für radiometrische Meßaufgaben (Zahlenwerte aus [1]).

Strahlerart Nuklid max. Energie / MeV Halbwertszeit Flächenmassebereich / (g/m²) 147Pm 0,23 2,62 a 6...150 β-Strahler 85Kr 0,67 10,7 a 20...1000 90Sr 2,27 28,6 a 50...5000 Energie / MeV Halbwertszeit Flächenmassebereich / (kg/m²) 241Am 0,06 432 a 10...100 γ-Strahler 137Cs 0,66 30,1 a 50...200 60Co 1,17; 1,33 5,27 a 80...400

Tabelle 2: Verwendung von Röntgenstrahlung bei radiometrischer Schichtdickenmessung: Abhängigkeit der zu wählenden Hochspannung der Röntgenröhre von charakteristischen Flächenmassen nach [1]

Röhrenspannung / kV 10 30 60 100 150 typische Flächenmasse / (kg/m²) 0,1 1 10 50 100

Mehrere Vorteile bietet der Einsatz von Rönt- gengeneratoren. Einerseits ist die Abschalt- barkeit gewährleistet. Weiterhin kann man über die Wahl der Hochspannung der Rönt- genröhre die Energie (Härte) der Strahlung einstellen und für den gewünschten Flächen- massenbereich optimieren. In der Tabelle 2 werden in Abhängigkeit von der gewählten Hochspannung der Röntgenröhre typische Flächenmassen aufgelistet.

3 Herkömmliche Verfahren Abb. 3: Zylinderförmige Ionisationskam- mern der VacuTec Meßtechnik GmbH Herkömmliche radiometrische Verfahren un- ter Verwendung von Ionisationskammern sind Um bandförmige Materialien ausmessen zu dadurch gekennzeichnet, daß als Strahler können, sind die Systemkomponenten Strah- vorwiegend punktförmige Quellen zum Ein- ler und Ionisationskammer bei herkömmli- satz kommen. Die edelgasgefüllten Ionisati- chen Verfahren beweglich angeordnet und onskammern sind der Geometrie angepaßt oszillieren quer zur Transportrichtung der und bestehen in der Regel aus einem zylinder- Materialbahn (traversierende Meßsysteme). förmigen Grundkörper mit einem speziell Durch die Überlagerung der beiden Bewe- ausgewählten Eintrittsfenster für die Strah- gungen erhält man Informationen vom Meß- lung. Einige von der Firma VacuTec Meß- gut entlang eines zickzackförmigen Weges. In technik GmbH produzierte Detektoren wer- der Abbildung 4 wird dieses Meßprinzip ver- den in der Abbildung 3 vorgestellt. Die Größe deutlicht. Man gewinnt so stichprobenartige der Kammer und die Auswahl des Füllgases, Kenntnisse über das Meßgut, da sich nur we- des Fülldruckes und des Fenstermaterials ist nige Prozent der Materialfläche erfassen las- von der Meßaufgabe abhängig. sen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 114 -

Abb. 4: Meßprinzip des traversierenden Abb. 5: Meßprinzip des radiometrischen radiometrischen Meßverfahrens mit Ein- Meßverfahrens mit einer Mehrzellen- zelionisationskammern (...... effektive Ionisationskammer hoher Ortsauflösung Meßspur) (Erläuterung im Text)

Dies ist aus Sicht der Qualitätskontrolle oft- In Abhängigkeit von der Bandgeschwindig- mals unbefriedigend. Als Ziel wird zuneh- keit vBand und der Zeit eines Meßzyklus' ti läßt mend die vollständige Information über die sich die Materialbahn vollständig ausmessen. relevanten Meßparameter angestrebt. Hell dargestellt ist die auf das Material proji- zierte effektive Meßfläche als Produkt der Mit der von der VacuTec Meßtechnik GmbH Detektor- bzw. Materialbahnbreite b und der neu entwickelten Ionisationskammer, die im effektiven Meßlänge leff. Im zeitlichen Ver- folgenden Abschnitt vorgestellt wird, ist es lauf entstehen parallele Meßstreifen. Diese möglich, bei hoher Ortsauflösung die gesamte können aneinander anschließen oder sich ü- Breite einer Materialbahn auszumessen und berlappen (Redundanz, Kontrollfunktion). den hohen Anforderungen der Qualitätskon- trolle bei der Produktion von Materialbahnen Die Fotografie einer solchen, von der Vacu- gerecht zu werden. Tec Meßtechnik GmbH produzierten und pa- tentierten Ionisationskammer, wird im oberen 4 Mehrzellen-Ionisationskam- Teil der Abbildung 6 gezeigt. Im unteren Teil der Abbildung ist die innere Aufteilung der mer zur Qualitätskontrolle Ionisationskammer in die einzelnen Zellen mit hoher Auflösung angedeutet. Vorverstärker, ADC und Interface Zur vollständigen Messung des Profils einer sind im Gehäuse mit untergebracht. Materialbahn wurde eine Ionisationskammer entwickelt, die nicht mehr bewegt wird. Ihr Der Einsatz der neuen Ionisationskammer Gasvolumen ist über die Breite in mehrere zieht Veränderungen im gesamten Meßsystem voneinander unabhängige Meßzellen unter- nach sich. Eine linienförmige Strahlungs- teilt (zur Zeit maximal 64), die einzeln aus- quelle ist besser an die Geometrie angepaßt als die bisher verwendeten Punktquellen. Für gelesen werden. So wird eine hohe Ortsauflö- 85 147 sung erreicht. Für größere Materialbahnbrei- die ß-Strahler Kr und Pm sind linienför- ten ist eine kaskadenartige Anordnung mehre- mige Quellen verfügbar. Für andere Strahler rer solcher Ionisationskammern realisierbar. läßt sich ein linienförmiger Quellverlauf durch die Kombination mehrerer Punktquel- Das Meßprinzip wird in der Abbildung 5 ver- len realisieren. anschaulicht. BMBF-Verbundprojekt OMID - 115 -

Spannungs- externe versorgung Sensoren

linienförmige Strahlungs- quelle

n Zellen ...... externe Mehrzellen- Sensoren Ionisationskammer

angepaßter Vorverstärker

ADC 32 Kanäle, 16 bit, 2.5 MHz

Feldbus-Interface: Arcnet, Profi-Bus Steuerung Ethernet Strahlungsquelle

Computer Abb. 6: Fotografie einer Mehrzellen-Ioni- sationskammer (oberer Teil) und skizzierte Aufteilung in die einzelnen Meßzellen (un- Prozeßleitsystem terer Teil)

Weiterhin ergeben sich völlig neue Anforde- Abb. 7: Blockschaltbild eines Meßsystems rungen an die Elektronik, da statt einer Kam- mit Mehrzellen-Ionisationskammer mer die Signale aller Meßzellen (maximal 64 pro Kammer) auszulesen und weiterzuverar- ein Röntgengenerator sein, aber auch ein Ra- beiten sind. dionuklidstrahler, der aus Strahlenschutz- gründen hinter eine Abschirmung gefahren Ein Blockschaltbild, in dem die einzelnen werden kann. Externe Sensoren, die in die Komponenten des Meßprozesses dargestellt Steuerung eingreifen können, sind z.B. Tem- sind, wird in der Abbildung 7 gezeigt. peraturüberwachungssysteme. Die gesamte Einheit Strahler, Ionisationskammer, Elektro- Jede Meßzelle des Mehrzellen-Detektors wird nik ist in das Prozeßleitsystem eingebunden. separat über einen Vorverstärker ausgelesen und die Strominformation einem Analog- Die Vorteile der beschriebenen Meßmethode Digital-Wandler (ADC) zugeführt. In den mit einer Mehrzellen-Ionisationskammer ge- ADC können zusätzlich Signale externer Sen- genüber dem herkömmlichen Verfahren lie- soren eingespeist werden (z.B. Sensoren für gen in der vollständigen Qualitätskontrolle Feuchtigkeit oder Druck). Er kann durch ex- mit hoher Ortsauflösung und im Verzicht auf terne Sensoren (z.B. für die Geschwindigkeit bewegte Teile. Ein Nachteil ist das erhöhte der Materialbahn) auch getriggert werden. Aktivitätsinventar in einer linienförmigen Die digitalen Signale des ADC werden über Quelle im Vergleich zu einer Punktquelle. Die ein Feldbus-Interface (Arcnet, Ethernet, Profi- benötigte Aktivität hängt dabei neben den Bus) dem Computer zugeführt. Dieser steuert physikalisch begründeten Anforderungen, auch die Strahlenquelle. Das kann einerseits auch von den Zeitkonstanten der Messung BMBF-Verbundprojekt OMID - 116 - und der benötigten Genauigkeit der Einzel- Erweiterung) Erfassung von Dicke und messung ab. Stärkere Strahlungsquellen er- lokalen Flächenmasseschwankungen. fordern in jedem Fall stärkere Abschir- mungsmaßnahmen. Hierbei kollidiert man Der erste Schritt der Bearbeitung umfaßte die schnell mit den Platzverhältnissen an indus- Modellierung der Prozesse, die durch die triellen Anlagen, die die Größe des Meß- Wechselwirkung von Strahlung und Meßgut systems begrenzen. bzw. Detektor hervorgerufen werden bis hin zur Berechnung des Kammerstromes für den Vorteile bringt der Einsatz eines Röntgenge- stationären Fall. Diese Arbeiten erfolgten nerators. Allerdings muß die nötige Stabilität durch unsere Projektpartner im Institut für und Regelbarkeit der Röntgenquelle gewähr- Theoretische Elektrotechnik und Mikroelekt- leistet sein. ronik der Universität Bremen ([2]). Anschließend erfolgte auf dieser Basis (Gene- 5 Ziele und Ergebnisse im rationsrate der Ladungsträger) die Berech- Rahmen des Verbundprojek- nung und Simulation der Kammerelektronik und der sich anschließenden Elektronik tes OMID (Meßverstärker). Diese Teilaufgabe wurde durch unseren Projektpartner aus der Fraun- Mit der Kompliziertheit der Detektoren hofer Gesellschaft (Institut für Integrierte wächst der zeitliche und finanzielle Aufwand Schaltungen, Außenstelle Entwurfsautomati- zu ihrer Entwicklung, Konstruktion und zum sierung Dresden) bearbeitet ([3]). Hierbei Bau. Einen Standarddetektor, der für alle Me- werden auch die dynamischen Eigenschaften ßaufgaben gleich gut geeignet ist, gibt es des Systems mit erfaßt, deren Bedeutung nicht. Das System aus Strahler, Detektor und darin begründet ist, daß die Meßaufgaben Elektronik muß vielmehr an die jeweilige nicht statisch sind, sondern in kurzen Zyklen Meßaufgabe unter Berücksichtigung von bei bewegten Materialbahnen gemessen wer- Kundenwünschen angepaßt werden, um opti- den muß. male Ergebnisse zu erzielen. Der innovative Beitrag dieser Herangehens- Im Rahmen des Verbundprojektes OMID weise liegt in der Verknüpfung der beiden sollte gezeigt werden, daß sich aufbauend auf Teilaufgaben zu einem Gesamtsystemmodell. der Modellierung und Simulation der Strah- So ist auf der Basis der Modellierung die Op- lungsverhältnisse und der elektrischen Strom- timierung des Gesamtsystems (aber natürlich verteilung Varianten- und Optimierungsrech- auch von Teilsystemen) möglich. Hinsichtlich nungen durchführen lassen. Ziel war die Re- des Optimierungspotentials sind eine Reihe duzierung der experimentellen Arbeiten von Veränderungen an der Kammer und der (kosten- und zeitintensive feinmechanische Elektronik simulierbar. Das umfaßt die Größe und vakuumtechnische Arbeiten). der Zellen der Ionisationskammer, die Stärke und Materialart des Eintrittsfensters, die Art Folgende Randbedingungen wurden für die und den Druck des Edelgases in der Kammer, Bearbeitung im Projekt festgelegt (Problem- aber auch Elektronikbausteine im Vorverstär- definition): ker, die das zeitliche Verhalten bestimmen. • Beschränkung auf Durchstrahlgeometrie, Die Stärke der entwickelten Modelle liegt • Verwendung von punkt- und linienförmi- wesentlich in ihrer großen Flexibilität und gen γ-Strahlungsquellen, sowie Erweite- leichten Anpaßbarkeit an veränderte Randbe- rung auf Röntgengeneratoren, dingungen. • Ionisationskammer mit 64 Zellen (Ände- rung der Zellenzahl und der geometri- Das Ziel der Optimierung besteht in einer schen Verhältnisse wie Länge, Breite und möglichst großen Steilheit der Kennlinie, die Tiefe der Zellen leicht möglich), man erhält, wenn man den gemessenen Strom • Detektion einer Materialkante, sowie (als BMBF-Verbundprojekt OMID - 117 - in der Ionisationskammer in Abhängigkeit Eine weitere Zusammenarbeit ist aus Sicht von der Dicke des Meßgutes als relevantem der VacuTec Meßtechnik GmbH wünschens- Meßparameter aufträgt (siehe auch Abb. 2). wert, da eine Erweiterung der vorhandenen Modelle z.B. auf den Einsatz von β-Strahlung oder die Realisierung von Rückstreugeomet- 6 Zusammenfassung rie ganz neue Ansätze in der physikalischen Modellierung erfordert. Im Rahmen des Verbundprojektes OMID wurden Prozesse in einer Ionisationskammer einschließlich der signalverarbeitenden Elekt- Literatur ronik (Vorverstärker) bei der Bestrahlung mit [1] K. Nitzsche, Schichtmeßtechnik, Vo- γ- und Röntgenstrahlung modelliert und si- gel Buchverlag, Würzburg, 1996. muliert. Diese Ionisationskammer soll in ra- diometrischen Meßsystemen zur Qualitäts- [2] H. Bolte, R. Laur, Entwurfsunterstüt- kontrolle an schnell laufenden Materialbah- zung für ein radiometrisches Meßsystem – nen eingesetzt werden. Ein physikalisches Modell der Ladungsträ- gergeneration, OMID-Statusseminar 2002, An dieser Aufgabe arbeiteten gemeinsam: Karlsruhe, diese Tagung. • die Firma VacuTec Meßtechnik GmbH, Dresden, [3] K.-H. Diener, E. Huck, P. Schneider, • das Institut für Theoretische Elektrotech- P. Schwarz, Entwurfsunterstützung für ein nik und Mikroelektronik der Universität radiometrisches Meßsystem - Kammerelekt- Bremen (ITEM) und ronik und Gesamtsystemmodell, OMID- • das Institut für Integrierte Schaltungen, Statusseminar 2002, Karlsruhe, diese Tagung. Außenstelle Entwurfsautomatisierung Dresden (EAS) der Fraunhofer Gesell- Dank schaft. Die Firma VacuTec Meßtechnik GmbH möchte sich bei allen Projektbeteiligten und Als Ergebnis entstanden: der Projektleitung für die sehr gute Zusam- • Software zur Berechnung der Ströme in menarbeit bedanken. Insbesondere den Herren der Ionisationskammer für den stationären Bolte und Prof. Laur vom Institut für Theore- Fall bei Bestrahlung mit γ- und Röntgen- tische Elektrotechnik und Mikroelektronik der quanten (lauffähig auf den PC der Firma Universität Bremen, sowie Dr. Huck, Prof. VacuTec), Diener, Dr. Schneider und Dr. Schwarz vom • Software zur Simulation der Kammer- Institut für Integrierte Schaltungen, Außen- elektronik einschließlich dynamischer Ef- stelle Entwurfsautomatisierung Dresden der fekte und Fraunhofer Gesellschaft gebührt Dank für ihr • ein Meßplatz zur Verifikation der Re- stetes Engagement. chenergebnisse. Das diesem Beitrag zugrunde liegende Der Firma VacuTec Meßtechnik GmbH wird Vorhaben „OMID-Optimierung von Mikro- dadurch ermöglicht, den Entwicklungsauf- systemen für Diagnose- und Überwachungs- wand für die neue Detektorfamilie zu senken. einrichtungen“ wird mit Mitteln des Bundes- Vor dem Aufbau von Funktionsmustern kön- ministeriums für Bildung, Wissenschaft, nen Varianten gerechnet werden und opti- Forschung und Technologie (BMBF) unter mierte Modelle entsprechend den vorgegebe- dem Kennzeichen 16 SV 988/2 gefördert. Die nen Randbedingungen entwickelt werden. Verantwortung für den Inhalt dieser Ver- Besonders positiv ist der Synergieeffekt in der öffentlichung liegt allein bei den Autoren. Arbeit der Projektpartner zu erwähnen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 118 -

ENTWURFSUNTERSTÜTZUNG FÜR EIN RADIOMETRISCHES MEßSYSTEM – EIN PHYSIKALISCHES MODELL DER LADUNGSTRÄGERGENERATION H. Bolte, R. Laur, ITEM, Universität Bremen Email: [email protected]

Kurzfassung 1. Einleitung Das ursprünglich geplante Einsatzgebiet von An der Generation des Meßsignals einer Mehrzellen-Ionisationskammern (MZIK) war MZIK wirken vielfältige physikalische und die Detektion der Kantenlage schnell laufen- elektronische Prozesse mit. Eine umfassende der Materialbahnen [1], [2]. Neuere Überle- und geschlossene Betrachtung aller Effekte in gungen erweitern die Einsatzmöglichkeiten einem Modell ist daher nicht möglich. der MZIK. Hier ist vor allem die lückenlose Das modular konzipierte Systemmodell er- Überwachung des Querprofils der Material- möglicht eine Bearbeitung der Teilaspekte in bahn ohne bewegliche Teile hervorzuheben verschiedenen Arbeitsgruppen. Dabei wird [3]. sichergestellt, daß eine durchgängige und Damit auch diese Einsatzbereiche vor der einheitliche Beschreibung der Problematik Fertigung der Detektoren simuliert und opti- bzgl. der verwendeten Parameter und Schnitt- miert werden können, ist eine Erweiterung des stellen vorliegt. Das Gesamtsystemmodell im Vorgängerprojekt DEMIS erstellten und seine Module werden in Abschnitt 2 Grundmodells erforderlich. vorgestellt. Ziel ist es, das Meßsystem für jeden Einsatz- Abschnitt 3 stellt das Modul zur Berechnung bereich hinsichtlich Geschwindigkeit und Ge- der Generationsrate dar. Hierzu wurden im nauigkeit an die technologischen Forderun- Vorläuferprojekt DEMIS Fragen untersucht, gen, die seitens des Kunden oftmals durch bei denen es um die Detektion der Kantenlage eine Fehlertoleranz pro Zeit dargestellt wer- einer Materialbahn ging. Ein neues Einsatz- den, anzupassen. Eine sinnvolle Aussage über gebiet für MZIK-Systeme ist die lückenlose das zu erwartende Signal läßt sich nur dann Überwachung des gesamten Querprofils von treffen, wenn neben einer korrekten Berech- Materialbahnen während der Produktion. nung der Ladungsträgergeneration dynami- Dies erfordert eine Erweiterung und Anpas- sche Effekte und der Vorverstärker berück- sung der in DEMIS erstellten Modelle an die sichtigt werden. neue Meßaufgabe. Die dazu durchgeführten Aus diesem Grund wurde ein modulares Ge- Erweiterungen für das Modul Generationsrate samtsystemmodell konzipiert, dessen einzelne werden in Abschnitt 3 beschrieben. Module und Schnittstellen arbeitsteilig an der Im Abschnitt 4 werden Meßwerte im Ver- FhG IIS/EAS und der Universität Bremen ent- gleich mit Simulationsergebnissen gezeigt wickelt wurden. und Teilsystemoptimierungen beschrieben. Ziel dieses Gesamtsystemmodells ist es, den Zum Abschluß wird in Abschnitt 5 eine Zu- hohen Entwurfsaufwand durch Hinterlegung sammenfassung und ein Ausblick gegeben. der Entwicklung mit Simulationen und die Verwendung von Optimierungsverfahren zu 2. Gesamtsystemmodell reduzieren. Der vorliegende Beitrag stellt das Gesamt- Am Prozeß der Signalgewinnung der Mehr- systemmodell und seine einzelnen Module zellenionisationskammer sind physikalische vor. Das Modul zur Berechnung der La- Prozesse aus vielen verschiedenen physika- dungsträgergeneration wird ausführlich er- lischen Domänen beteiligt. Eine exakte Ab- läutert, für eine nähere Betrachtung der beiden bildung in einem geschlossenen Systemmo- anderen Module sowie die Gesamtsystemop- dell ist daher nicht möglich. Deshalb wurde timierung sei auf [4] verwiesen. ein modular strukturiertes, offenes Gesamt- BMBF-Verbundprojekt OMID - 119 - systemmodell mit definierten Schnittstellen abhängige Ladungsträgergenerationsrate, die als Modellstruktur gewählt (Abb. 1). im ersten Modul ermittelt wurde. Zur Siche- rung der Durchgängigkeit werden für die Be- 2.1 Struktur und Schnittstellen stimmung der Generationsrate im Modul 1 und für die Modellierung der Kammerelekt- ronik der gleiche Parametersatz verwendet. Stromberechnung Stromverstärkung Dies betrifft vor allem die Strukturparameter der Kammerzellen. Bei der Kammerstrombe- Generationsraten rechnung sind neben den geometrischen Ab- messungen auch die Kammerspannung und G(x,y,t) Materialkoeffizienten der verschiedenen Füll- gase wählbare Parameter. i(t) k Bei der Berechnung der Zellenströme wird die insbesondere bei starker Generation Materialbahn Ionisationskammer Vorverstärker merkliche Feldrückwirkung der generierten Abb. 1: Struktur des Systemmodells Ladungsträgerpaare berücksichtigt. Das 1D-Modell der Kammerelektronik ist als Das Gesamtsystemmodell besteht aus drei Saber-Modell implementiert, so daß eine Modulen und gleicht damit im wesentlichen problemlose Kopplung mit dem C/C++-Pro- der technischen Struktur des Systems. Die drei gramm des Moduls „Generationsrate“ mög- Module können auch einzeln parametriert und lich wird. für Simulations- und Optimierungsläufe ein- gesetzt werden (siehe auch Abschnitt 4.2). Im 2.4 Modul Stromverstärkung folgenden sollen die Module und ihre Das dritte Modul modelliert einen wesentli- Schnittstellen näher erläutert werden. chen Teil der Auswertelektronik, den Vorver- stärker, der zur Verstärkung der sehr niedri- 2.2 Modul Generationsrate gen Strompegel der MZIK-Zellen dient. Das Das erste Modul berechnet die orts- und zeit- Modul ist als Saber-Netzliste formuliert, so abhängige Generation von Ladungsträgern in daß hier z.B. durch Variation von Bauele- der Mehrzellenionisationskammer. Dabei be- mentparametern Einfluß auf die elektrischen rücksichtigt es sowohl die Generation durch Kenngrößen des Verstärkers genommen wer- Absorption der Strahlung (Gamma- oder den kann. An der Schnittstelle zwischen den Röntgenquelle) als auch die sekundäre Gene- beiden Modulen wird dabei der Strom ration durch die ausgelösten Photoelektronen übergeben, der in einer Zelle erzeugt wird. und die Fluoreszenzphotonen. Das Modul ist Eine aufwendige Kopplung entfällt, da es sich variabel in den Geometrieparametern, welche wie beim vorangegangenen Modul um ein die Kammer und ihr Umfeld beschreiben, den Saber-Modell handelt. Materialkoeffizienten und hinsichtlich der Ausgang des Moduls ist, identisch zum tech- Quelle. nischen System, die Spannung, die sich an Als Modellsprache wurde C/C++ gewählt, um den Klemmen als Meßsignal abgreifen läßt. Simulationszeiten zu erzielen, die noch eine Jedes dieser Module kann einzeln simuliert Optimierung ermöglichen. Notwendig ist dies, und optimiert werden. Entsprechende Ergeb- da die Berechnung mittels Diskretisierung und nisse von Teilsystemoptimierungen finden Strahlverfolgung erfolgt [1], [2]. sich in Abschnitt 4.2 und für die Module Stromberechnung und Vorverstärkung in [4]. 2.3 Modul Stromberechnung Im zweiten Modul erfolgt die Berechnung der 3. Modellerweiterungen zum Kammerströme auf Basis eines dynamischen Modul Generationsrate Zweiträgertransportmodells. Die Ladungsträgergeneration im Gas der Ausgangspunkt hierfür ist die orts- und zeit- MZIK beruht primär auf der Absorption von BMBF-Verbundprojekt OMID - 120 -

Gamma-, Röntgen- oder Betastrahlung, je 3.1 Berechnung des Stromes für den nach Anwendungsfall entsprechend des Ab- stationären Fall sorptionsgesetzes: Wird das Modul zur Berechnung der La- ()=⋅−µs Is I0 e (1), dungsträgergeneration als Stand-alone-Pro- gramm zur Simulation oder Optimierung ver- mit: I0 Anfangsintensität [1/s], s: zurückge- wendet, so läßt sich durch Integration der legter Weg [mm], µ: linearer Absorptionsko- Generationsrate über die einzelnen Zellvolu- effizient [1/mm] und I(s) Intensität nach s mina der Strom berechnen, der an der jeweili- [1/s]. gen Zellelektrode abgegriffen werden kann. Durch die Absorption wird ein Photoelektron Dies gilt allerdings nur für den stationären aus dem betroffenen Gasatom gelöst, welches Fall unter Vernachlässigung der Rekombina- aufgrund seiner kinetischen Energie seiner- tion, dynamische Effekte des Ladungsträger- seits weitere Gasatome ionisieren kann. transportes finden erst im darauffolgenden Für den interessierenden Anwendungsbereich Modul zur Stromberechnung Berücksichti- wird die Kammer derart betrieben, daß fol- gung. gende vereinfachende Annahmen mit hinrei- chend guter Näherung erfüllt sind: 3.2 Fluoereszenz • Als Wechselwirkungseffekt zwischen Im Vergleich zu den bisherigen Veröffent- Energiestrahlung und Füllgas der lichungen wird im Modell nun auch der Kammer kommt nur der Photoeffekt Fluoreszenzeffekt berücksichtigt. Dieser be- zum Tragen. einflußt vor allem die sekundäre Generation, • Die Kammer wird im sog. „Ionisati- die aus der Anzahl der absorbierten Teilchen onskammerbereich“ betrieben, d.h. durch Multiplikation mit einem Faktor be- sämtliche generierten Ladungsträger rechnet werden kann. In der bisherigen werden auch abgesaugt. Ladungsträger- Modellversion ohne Berücksichtigung der multiplikation durch das anliegende e- Fluoreszenz betrug dieser Faktor: lektrische Feld findet nicht statt. ()EEγ − f = B (2), • Sämtliche Energie, welche durch Ab- gen Eion sorption im Kammervolumen deponiert wird, ausschließlich der Escape-Ver- mit Eγ: Quantenenergie, EB: Bindungsenergie luste durch Fluoreszenz, wird zur Ge- des herausgelösten Elektrons, Eion: mittlerer neration von Ladungsträgern verwen- Energieaufwand zur Bildung eines Ladungs- det. trägerpaares des jeweiligen Füllgases, und Mit Hilfe dieser Annahmen läßt sich die beruhte auf der Stoßionisation durch Photo- Generationsrate durch Multiplikation der ab- elektronen. sorbierten Photonen mit einem konstanten Dabei wurde die Energie, die zur Überwin- Faktor als Funktion des Ortes und der Zeit dung der Bindungsenergie benötigt wird, für bestimmen. Grundlegende Arbeiten hierzu die Generation von Ladungsträgern nicht be- wurden im Vorgängerprojekt „DEMIS“ vor- rücksichtigt. Dies führte zu einem fehlerhaft genommen, so daß an dieser Stelle lediglich berechneten Strom, was ein Vergleich mit die Erweiterungen und Verallgemeinerungen Meßwerten aufzeigte. Die Einbeziehung des aufgeführt sind. Weitere Modellgrundlagen Fluoreszenzeffektes [6] ergab eine deutliche können in [1], [2] und [5] nachgelesen wer- Verbesserung der Modellqualität. den. Die Gültigkeit der zugrundeliegenden Die Wahrscheinlichkeit pfl, daß nach Absorp- Modellstufe ist durch Messungen verifiziert tion eines Photons vom angeregten Atom ein worden. Fluoreszenzphoton ausgesendet wird, ist von der verwendeten Gasart und der Schale, in welcher die Absorption stattgefunden hat, abhängig. Die mittlere im Gasraum zurück- gelegte Weglänge berechnet sich dabei aus BMBF-Verbundprojekt OMID - 121 - der Kammergeometrie und dem Absorption- Abb. 2: Linienquelle – Simulationsergebnis sort. Aus der mittleren Weglänge und dem für eine MZIK mit 32 Zellen Absorptionskoeffizienten läßt sich die Ab- sorptionswahrscheinlichkeit des Fluoreszenz- Das Modell bietet die Möglichkeit, die photons im Gasvolumen, pabs, berechnen: laterale Ausdehnung der Quelle und die µ ⋅ Verteilung der Intensität so zu wählen, daß =− fls fl peabs 1 (3), sich nahezu beliebige Quellengeometrien und mit: s im Mittel zurückzulegender Weg eines auch Quellenverteilungen angeben lassen. fl Abb. 2 zeigt die normierten Zellenströme, die Fluoreszenzphotons im Gasraum, µ Absorp- fl sich unter Verwendung einer solchen Linien- tionskoeffizient für das betreffende Gas und quelle ergeben, wobei die Kammer in x- die Energie des Fluoreszenzphotons. Richtung durch eine Materialbahn einmal Unter Berücksichtigung von Fluoreszenz be- mittig überdeckt und einmal unüberdeckt ist. trägt der Faktor fgen also nun: EE−⋅⋅ Epp =+γ Bflflabs 3.4 Röntgenquelle fgen EEion ion Gasgefüllte Mehrzellen-Ionisationskammern sind in weiten Flächenmassebereichen ein- ()EE−⋅ p()1 −⋅ pE ++BflflflB setzbar, d.h. es ist eine Anwendung für ver- EEion ion schiedenste Materialien möglich. Hierbei müssen allerdings gewisse Anpas- (4), sungen vorgenommen werden, z.B. bezüglich mit: Eγ: Energie der Strahlung, EB: Bindungs- der verwendeten Quellen. So werden für energie der Schale, in welcher die Absorption niedrige Flächenmassen Beta-Strahlungsquel- stattfindet, Eion: mittlerer Energieaufwand zur len eingesetzt, höhere Flächenmassen erfor- Bildung eines Ladungsträgerpaares innerhalb dern dagegen Energiestrahlung, wie sie Rönt- des jeweiligen Füllgases, Efl: Energie des Flu- gen- bzw. Gammaquellen bieten. Erstere ha- oreszenzphotons, pf Wahrscheinlichkeit für ben den Vorteil, daß der Strahlenschutz bei das Auftreten eines Fluoreszenzphotons. Ihnen leichter zu realisieren ist, allerdings emittieren sie ein kontinuierliches Spektrum 3.3 Linienquelle an Strahlung im Gegensatz zu den zumeist Damit nicht nur eine Materialbahnkante, monoenergetischen Gammaquellen. sondern das ganze Materialprofil vollständig Die Einführung der Röntgenquelle erforderte und ohne bewegliche Teile erfaßt werden eine Erweiterung des Modells. Zu lösen war kann, ist es sinnvoll, sog. Linienquellen zu vor allem das Problem der Bestimmung des verwenden, also Strahlungsquellen, die in Absorptionskoeffizienten als Funktion der Richtung der Materialbahnbreite eindimensio- Energie und der Kernladungszahl des be- nal ausgedehnt sind und diese im bestmög- strahlten Materials. lichen Fall überdecken. Zunächst galt es, das Emissionsspektrum der Quelle zu bestimmen. Dazu wurde die Quelle bei den interessierenden Beschleunigungs- spannungen mit einem Standarddetektor ver- messen. Auf diese Art und Weise erhält man Meßspektren, welche in die Emissionsspekt- ren zurückgerechnet werden müssen, da die Nachweiswahrscheinlichkeit des Detektors, die ja ebenfalls eine Funktion der Detektor- geometrie, der Energie und des Füllgases ist, berücksichtigt werden muß: I (E) = Meß I Emi (E) (5), WDet (E) BMBF-Verbundprojekt OMID - 122 -

mit: IEmi: emittiertes Spektrum, IMeß: gemesse- 3.5 Transiente Simulation nes Spektrum, WDet: Nachweiswahrscheinlich- Da die Materialbahnen Laufgeschwindigkei- keit des Detektors. ten bis zu mehreren 10 m/s erreichen, ist die Für eine Röntgenquelle mit 49kV Beschleuni- Dynamik der Kammer und der Auswertelekt- gungsspannung sind gemessenes und emit- ronik nicht vernachlässigbar. tiertes Spektrum in Abb. 3 gegenübergestellt. 10000

4000 Emissionsspektrum

/g 1000 3000 2 Meßspektrum

2000

1000 100 Aktivität [1/s]

0 0 10203040 Beschleunigungsspannung [keV] 10

Abb. 3: Meß- vs. Emissionsspektrum zunehmende Energie

1 Das Emissionsspektrum wird nun bezüglich Massenabsorptionskoeffizient in cm der Energie diskretisiert und im weiteren so behandelt, als würde es sich um einzelne, mo- 0.1 noenergetische Quellen handeln. 111 21314151617181 Damit ergibt sich die Wirkung einer Rönt- Kernladungszahl Z genquelle als Summe der Wirkungen dieser monoenergetischen Quellen zu: Abb. 4: Automatisch berechnete Massen- n absorptionskoeffizienten = G(x, y) ∑Gi (x, y) (6), i=1 Das Modul zur Berechnung der Generations- mit Gi(x,y) als Generationsrate des i-ten dis- rate geht von stationären Zuständen aus. Die kreten Energiebandes an der Stelle (x,y) in der dynamischen Effekte des Ladungsträger- Kammer. transports in der Kammer und des Verstär- Die Durchführung dieser Simulation erfordert kungsvorgangs werden im Modul Strombe- eine automatische Berechnung der Absorpti- rechnung bzw. im Modul Vorverstärker be- onskoeffizienten in Abhängigkeit von den rücksichtigt. Materialien und der Strahlungsenergie seitens des Modells. Dazu wurden Literaturwerte (z.B. aus [7]) für Energien E von 1,8keV bis 1.00 60keV und Kernladungszahlen Z von 1 bis 90 t_1 t_2 e gefittet. Die Absorptionskanten der K- re- t_3 spektive der L-Schale wurden ebenfalls be- 0.95 t_4 rücksichtigt. Das Ergebnis der automatischen t_5

Berechnung von Absorptionskoeffizienten in 0.90 t_1 Abhängigkeit von der Kernladungszahl Z mit t_2 Normierte Generationsrat Normierte t_3 der Strahlungsenergie als Parameter ist in 0.85 t_4 Zeitpunkte t 7 6 t_5 Abb. 4 dargestellt. 5 4 3 2 Mittels dieser Erweiterungen des Modells Zelle Nr. 1 lassen sich Röntgenquellen als Summe von Abb. 5: Zellgenerationsraten als f(t) monoenergetischen Energiequellen simulie- ren. Damit das Gesamtsystem dennoch durchgän- gig ist, wurde das Modul zur Berechnung der BMBF-Verbundprojekt OMID - 123 -

Generationsrate dahingehend erweitert, daß über eine Textdatei möglich. zeitliche Änderungen der Materialbahn oder Aufgrund des hohen Kammerinnendrucks der Materialbahnkante simulierbar sind. Ent- und den verwendeten dünnen Fensterfolien sprechende Simulationsergebnisse für eine wird bei den großen MZIK-Arrays ein gleichmäßig fortschreitende Überdeckung der Bersten derselben durch den Abschluß des MZIK in x-Richtung (Detektion einer Materi- Kammergehäuses mit einer Fenstermaske albahnkante) sind in Abb. 5 dargestellt. verhindert (s. Abb. 7). Diese Maske besteht aus Stahl und stützt die 3.6 Überwachung des Materialbahn- Folie über jeder einzelnen Zelltrennwand profils mittels eines Steges ab. Da diese Maske Neben der Detektion der Kantenlage lassen relativ dick ist, beeinflußt sie die Strahlung sich MZIK ebenfalls zur lückenlosen Über- erheblich und muß daher ebenfalls in dem wachung der Materialbahn auf ihrer gesamten Modell Berücksichtigung finden. Dies Breite verwenden. Dabei sollen Unregel- geschieht, indem die Maske auf gleiche Art mäßigkeiten auf bzw. in der Materialbahn und Weise wie eine Materialbahn angelegt detektiert werden. Mögliche Fehlerursachen wird. Beschreiben läßt sie sich durch die sind in Abb. 6 dargestellt. Angabe vierer Parameter: 1. Die Fensteröffnung in z-Richtung 2. Die Stegbreite a) 3. Die Dicke in y-Richtung Dickenvariation 4. Das Maskenmaterial b) Die anderen Parameter werden aus den Loch in der Materialbahn weiteren Angaben zur Kammergeometrie abgeleitet. c) Partikel auf der Materialbahn d) Änderungen der Zusammensetzung Abb. 6: Fehlervarianten der Flächenmasse

Um diese neue Meßaufgabe auch im Modell berücksichtigen zu können, wird die Material- bahn in x-Richtung abschnittweise als Mi- schung aus beliebig vielen Materialien frei wählbarer Dicke angelegt. Der resultierende Absorptionskoeffizient des jeweiligen Ab- schnitts ergibt sich dann zu: n µµ=⋅ res∑ ip i (7), i=1 Abb. 7: Skizze der Fenstermaske mit: µi als Absorptionskoeffizient des Materi- (Draufsicht, x-z-Ebene) als i und pi als prozentualen Anteil des Materi- als i an der Mischung im beschriebenen Ab- Die Neukonzeption der Materialbahn und die schnitt. Mittels dieses Ansatzes lassen sich Erweiterung um die Fenstermaske erfordert sämtliche Fehlerarten a) - d) beschreiben [8]. auch die Berechnung einer minimalen Makrofunktionen im Modell sorgen für eine Strahlenzahl, welche gewährleistet, daß das automatische Generation der Materialbahnbe- kleinste Materialbahnsegment noch hinrei- schreibungen für gewählte Fehler. Es ist aber chend genau aufgelöst wird. Wählt man die auch eine manuelle Eingabe der Materialbahn Diskretisierung zu grob, werden kleine Stö- BMBF-Verbundprojekt OMID - 124 - rungen nicht detektiert (siehe Abb. 8). Die Messung, welche hier näher dargestellt Anhand des kleinsten Segments, ob in der werden soll (Abb. 9), untersucht die Ent- Materialbahn oder durch die Stegbreite der wicklung des Stromes einer Zelle bei sukzes- Fenstermaske definiert, wird also die notwen- siver Überdeckung der Kammer aus z-Rich- dige Auflösung bestimmt. tung (im Gegensatz zur Meßaufgabe Mate- rialbahnkante, bei welcher die Überdeckung Strahlungs- aus x-Richtung erfolgt) mit einer Material- x Quelle bahn, hier ein 0,5mm starkes Kupferblech, auf dem sich 25mm nach Beginn der Kante y wird nicht detektiert ein ebenfalls 0,5mm starkes Aluminiumblech befindet. Für die Messung wird die Material- Materialbahn bahn mittels eines Schlittens millimeterweise vorgeschoben und dann der resultierende Strom gemessen. Normiert man diesen auf den maximalen Strom im unüberdeckten Fall, so erhält man Werte zwischen 0 und 1 (Meß- werte: Kreuze in Abb. 10). Am Anfang befin- det sich das Kupfer noch nicht über der Kammer, der Strom ist also genauso groß wie im unüberdeckten Zustand (100%). Mit zu- Zellen 1..n nehmender Überdeckung sinkt der Strom in Abb. 8: Detektionsproblem bei zu der gemessenen Zelle. Das Aluminium führt grober Diskretisierung noch einmal zu einer weiteren Verringerung des Stromes (Pfeil in Abb. 10). Die Wirkung Die Diskretisierung erfolgt äquidistant. Da das des Aluminiums ist wesentlich geringer als Modul zur Berechnung der Generationsrate die des Kupfers, da sein Absorptionskoeffi- sehr geringe Simulationszeiten hat, wirkt sich zient geringer ist. Die durchgezogene Linie diese simple Auflösungsbestimmung kaum stellt die entsprechenden Simulationsergeb- nachteilig auf die Simulations- bzw. Optimie- nisse dar. Es läßt sich erkennen, daß Simula- rungsdauer aus. tion und Messung sehr gut übereinstimmen.

4.1 Modellverifikation Normierter Strom in % 100% Für die Flächenmasseüberwachung wurden Messwerte von der Firma VacuTec verschiedene 90% Messungen mit einem MZIK-Array mit 64 Simulation Zellen durchgeführt. 80% 70% Quelle z 60% Al 50% Materialbahn Cu y 40% 10 30 50 70 90 Fenstermaske z-Position der Materialbahn Detektor Abb. 10: Vergleich Messung – Simulation für die normierten Werte

In Abb. 11 ist der entsprechende Vergleich Abb. 9: Skizze des Meßvorganges für die absoluten Werte des Zellstromes dargestellt. Hier ergibt sich ein sichtbarer BMBF-Verbundprojekt OMID - 125 -

Unterschied zwischen Messung und Simu- Rauschabstand, lation. Die simulierten Ströme sind durchweg 2. die Maximierung der Steigung der höher als die gemessenen. Der Grund hierfür Stromflanke, welche die Kanten- ist darin zu suchen, daß die Energieeffizienz position repräsentiert, des Detektors niedriger liegt, als es die ver- einfachenden Annahmen voraussetzen. So 3. die Minimierung der Durchstrah- sind z.B. Rekombinations- oder Rückstreu- lung durch die Abschirmungen verluste nicht im Modul zur Berechnung der zwischen den einzelnen Zellen Generationsrate enthalten. Erstere sind aller- Vor allem Ziel 3. ist kaum mit den anderen zu dings Bestandteil des Moduls Stromberech- vereinbaren. Da die Optimierungsaufgabe nung, das in [4] näher beschrieben wird. multikriteriell ist, also mehrere Bewertungs- Eine Kombination dieser Module dürfte also kriterien gleichzeitig zu optimieren sucht, ist eine weitere Annäherung der Simulations- an es notwendig, eine Transformation zu finden, die Meßergebnisse bewirken. Alles in allem die dieses Problem auf ein Problem mit nur liegt der Fehler aber unter 5%, was auf eine einem Ziel zurückführt. Hierfür gibt es ver- gute Berücksichtigung der wesentlichen Ef- schiedene Vorgehensweisen. Verfahren und fekte im Modell schließen läßt. Ergebnisse hierzu können in [9] nachgelesen werden. Absolutwerte für den Strom in A 2.1E-09 5. Zusammenfassung und Messwerte Ausblick 1.9E-09 Simulation Der vorliegende Bericht hat gezeigt, daß es 1.7E-09 mit Hilfe des Moduls Generationsrate 1.5E-09 möglich ist, die Ladungsträgergeneration in einer MZIK für viele Anwendungsfälle zu 1.3E-09 berechnen. Die Gültigkeit des Modells und seiner Erweiterungen wurde durch Messun- 1.1E-09 gen überprüft. Des weiteren wurde demon- 9.0E-10 striert, daß sich das Modul zur Berechnung der Generationsrate auch als eigenständiges 20 40 60 80 100 Position der Materialbahn Programm zur Simulation stationärer Zell- ströme (ohne Berücksichtigung der Vorver- Abb. 11: Vergleich Messung – Simulation stärkung) eignet. Im Verbund mit den ande- für die absoluten Stromwerte ren Modulen Stromberechnung und Vorver- stärkung bildet es ein Gesamtsystemmodell, 4.2 Teilsystemoptimierung welches sich sowohl zur Gesamtsystemsimu- Der modulare Aufbau des Systemmodells lation als auch zur Gesamtsystemoptimierung erlaubt nicht nur eine separate Simulation der eignet und in nahezu sämtlichen geometri- einzelnen Module, sondern auch eine separate schen und materialspezifischen Parametern Optimierung. Im folgenden sollen hierzu eini- variabel ist. ge Untersuchungen, die im Verlauf des Die Gültigkeit des Röntgenquellenmodells Verbundprojektes durchgeführt wurden, vor- bedarf noch der Verifikation. Auch wäre eine gestellt werden. Erweiterung des Modells auf den Strahlungs- Bei der Teilsystemoptimierung des Moduls mechanismus von Beta-Quellen sinnvoll, wo- Generationsrate wurden für die Meßaufgabe bei hier allerdings der erheblich komplexere Materialbahnkante drei zum Teil gegenläufige Einstrahlvorgang einer Teilchenstrahlung neu Ziele verfolgt: zu modellieren ist. 1. die Maximierung der absoluten Die Autoren danken den Herren Dr. Richter Zellströme für einen guten Signal- und Gärtner von der Firma VacuTec sowie BMBF-Verbundprojekt OMID - 126 -

Dr. Huck und Prof. Diener von der FhG [9] H. Bolte, D. Peters, O. Nüssen, R. Laur: IIS/EAS Dresden für die gute Zusammenarbeit „Behavioral Modeling and Multicriteria während des Projekts. Optimization of a Radiometric Sensor”, DTIP 2002, S. 267-275, Cannes, 2002 Literatur

[1] G. Keil, G. Keller, E. Huck, P. Schwarz, Das diesem Beitrag zugrunde liegende H. Bolte, “Optimierung einer Mehrfach- Vorhaben „OMID-Optimierung von Mikro- ionisationskammer zur Kantendetektion”, systemen für Diagnose- und Überwachungs- 7. GMM Workshop Methoden und Werk- einrichtungen“ wird mit Mitteln des Bundes- zeuge zum Entwurf von Mikrosystemen, ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Paderborn ’99 Forschung und Technologie (BMBF) unter dem Kennzeichen 16 SV 988/2 gefördert. Die [2] G. Keil, G. Keller, E. Huck, S. Parodat, P. Verantwortung für den Inhalt dieser Ver- Schwarz, H. Bolte, “Optimierung einer öffentlichung liegt allein bei den Autoren. Mehrfachionisationskammer zur Kanten- detektion”, 8. GMM Workshop Methoden und Werkzeuge zum Entwurf von Mikro- systemen, Berlin ’99 [3] D. Richter, G. Gärtner: „Ein hochauflösen- des radiometrisches Meßsystem zur Quali- tätskontrolle schnell laufender Materialbah- nen“, OMID-Statusseminar 2002, Karls- ruhe, diese Tagung [4] E. Huck, K.-H. Diener, P. Schneider, P. Schwarz: „Entwurfsunterstützung für ein radiometrisches Meßsystem – Kammere- lektronik und Gesamtsystemmodell“, OMID-Statusseminar 2002, Karlsruhe, diese Tagung [5] H. Bolte, R. Laur, E. Huck, K.-H. Diener, P. Schneider, P. Schwarz: „Entwurfsunter- stützung für radiometrische Meßsysteme - physikalische Modellierung, Simulation und Optimierung“, OMID-Statusseminar 2001, Bremen, S. 119-127 [6] R.-H. Menk: „Eine Vielkanalionisations- kammer für Röntgenbildaufnahmen“, Verlag Köster, 1994 [7] J. J. Hubbell: “Photon Cross Sections, Attenuation Coefficients and Energy Absorption Coefficients”, NSRDS-NSB 29, Washington ’69 [8] K. Fiedler: „Entwicklung und Implemen- tierung der Flächenmassenmessung in den Mehrfachionisationskammersimulator MFIK-Sim”, Diplomarbeit, Universität Bremen 2002 BMBF-Verbundprojekt OMID - 127 -

ENTWURFSUNTERSTÜTZUNG FÜR EIN RADIOMETRISCHES MEßSYSTEM – KAMMERELEKTRONIK UND GESAMTSYSTEMMODELL K.-H. Diener, E. Huck, P. Schneider, P. Schwarz, FhG IIS/ EAS Dresden, Email: [email protected]

Kurzfassung Bei der industriellen Fertigung schnell lau- fender Materialbahnen werden radiometri- sche Messverfahren mit Mehrzellen- Ionisationskammern (MZIK) zur Messung der Materialdicke und zur Detektion kurzzeitiger Flächenmasse-Änderungen (Materialfehler) eingesetzt. Dabei ist es erforderlich, jedes Meßsystem hinsichtlich Meßgeschwindigkeit und Meßgenauigkeit an die technologischen Gegebenheiten des Fertigungsprozesses anzu- passen. Aus Kostengründen werden standar- disierte Baugruppen verwendet und andere Teilsysteme so ausgelegt, daß die Meßanfor- derungen insgesamt erfüllt werden können. Um den hohen Entwurfsaufwand bei den kun- denspezifischen Entwicklungen zu reduzieren, sollen Simulationsmodelle in Verbindung mit Abb. 1: Komponenten eines radiometri- Optimierungsverfahren angewendet werden. schen Meßsystems Die Vorgehensweise wird am Beispiel eines Meßsystems der Firma VacuTec Meßtechnik Das vom Projektpartner ITEM entwickelte GmbH demonstriert. Vorgestellt wird die Mo- Modell zur Berechnung der Einstrahlungs- dellierung der Teilsysteme Ionisationskammer verhältnisse [2] liefert die Generationsrate, und Meßvorverstärker sowie deren Verkopp- die neben anderen Parametern die entschei- lung mit einem Programm zur Berechnung dende Eingangsgröße für den Auf- und Um- der Einstrahlungsverhältnisse zu einem Ge- bau von Trägerdichteprofilen in der Kammer samtsystemmodell. Mit dem Systemmodell ist. Im Hinblick auf die Optimierung ist eine sind Simulationen und Optimierungsrechnun- ingenieurgerechte Modellierung der Kammer- gen möglich, in deren Verlauf die Kompo- elektronik zwingend. Diese kann mit pro- nenten des Meßsystems optimal an die Kun- blemspezifischen Anpassungen aus dem Mo- denwünsche angepaßt werden können. dellierungskonzept der Halbleiterelektronik Die Arbeiten wurden gemeinsam mit der Fir- gewonnen werden. Die im weiteren verfolgte ma VacuTec Meßtechnik GmbH Dresden und Anwendung der angepaßten Halbleiterglei- dem Institut für Theoretische Elektrotechnik chungen [3],[4] auf die Modellierung der in- (ITEM) der Universität Bremen im BMBF- neren Elektronik der MZIK ist ein neuartiger Verbundprojekt OMID durchgeführt. Ansatz, der bisher in der Literatur nicht do- kumentiert ist. Das entwickelte Funktionsmo- dell der Kammerelektronik ist als SABER- 1 Einleitung Modell in der Modellierungssprache MAST implementiert und ermöglicht, daß für einen Die Design-Optimierung eines radiometri- großen Variationsbereich der Struktur-, Pro- schen Meßsystems mit den Hauptkompo- zeß- und Betriebsparameter wesentliche De- nenten Strahlungsquelle/Material, Mehrzellen- sign- und Optimierungsparameter der Kam- Ionisationskammer und Meßvorverstärker merzelle tendenziell korrekt und in der richti- (Abb. 1) setzt die Modellierung der genannten gen Größenordnung ermittelt werden können. Teilsysteme und des Gesamtsystems voraus. Diese neuartige Modellierung der Ionen- und BMBF-Verbundprojekt OMID - 128 -

Elektronentransportprozesse im Kammerinne- dere die Modellierung des Auf- und Umbaus ren gestattet die numerische Berechnung dy- von Trägerdichteprofilen Prt()!, und nrt()!, namischer Kammerströme, die Eingangssig- infolge der Trägergenetik sowie ihre Rück- nale für den Meßvorverstärker sind. wirkung auf die Feldgestaltung im Kammer- Der Meßvorverstärker ist eine wesentliche inneren. Wegen dieser Wechselwirkungen Komponente der Auswerteelektronik, die zur muß darauf geachtet werden, unzulässige Verstärkung der sehr niedrigen Signalpegel Idealisierungen der funktionsbestimmenden des Kammerstroms erforderlich ist. Phänomene zu vermeiden. Deshalb wird Die gewählten Schnittstellen ermöglichen eine beispielsweise bei der Kammerstromberech- funktionelle Kopplung der drei Modellkom- nung von vornherein ein Zweiträgertransport- ponenten zu einem Gesamtsystemmodell, das modell zugrunde gelegt. für eine Optimierung des Gesamtsystems be- Dabei kann die Berücksichtigung von kon- nötigt wird. struktionsbedingten zwei- bzw. dreidimensio- Die Optimierung erfolgt mit dem bei FhG nalen Randfeldern zunächst zurückgestellt EAS Dresden entwickelten System MOSCI- werden, wenn diese 2D- bzw. 3D-Effekte TO [20]. Neben einer funktionellen Beschrei- ausreichend genau über geeignete Korrektur- bung ist ein parametrisierter Zugang zum aus- faktoren nachträglich in einem 1D-Funktions- nutzbaren Optimierungspotential ein wesentli- modellansatz berücksichtigt werden können. ches Ziel der Modellierung der Teilsysteme. Die Zielfunktion zur Optimierung des Ge- samtsystems ist anwendungsspezifisch und wurde in Abstimmung mit dem Projektpartner VacuTec entwickelt. Im Beitrag werden Optimierungsergebnisse vorgestellt und Folgerungen für ein verbes- sertes Design diskutiert. 2 Stromberechnung

2.1 Physikalisches Grundmodell Jede Meßzelle der MZIK ist ein Sensorele- ment, in dem Ladungsträgerpaare durch ioni- sierende Strahlung generiert werden. Dieser Prozeß wird summarisch mit einer Genera- tionsrate G beschrieben. Die erzeugten Ionen (Konzentration P ) und Elektronen (Dichte n ) werden durch ein elektrisches Feld (Feld- ! stärke E ) in der Kammer getrennt und bilden dabei den Ionen- und Elektronenstrom mit den ! ! Stromdichten bzw. . SP Sn Wie in Abb. 1 veranschaulicht, verursachen die zu detektierenden Unregelmäßigkeiten von Abb. 2: Veranschaulichung physikalischer bewegten Materialbahnen eine zeitabhängige Vorgänge in der Kammer Generationsrate Gt() in der Kammer und füh- ren folglich zu einem entsprechend modulier- Die konstruktive Auslegung der voneinander unabhängigen Zellen der MZIK gestattet eine ten Kammerstrom it(). K solche 1D-Analye (Ortskoordinate x), weil () Die Berechnung von itK erfordert neben der die Kammerabmessungen in y- und z-Rich- phänomenologischen Beschreibung der Gene- tung vergleichsweise sehr groß sind (Abb. 2). ration und Rekombination (Rekombinations- Unter Vernachlässigung der Randeffekte an rate R ) von Ladungsträgerpaaren insbeson- den Elektoden kann die Generationsrate in x- BMBF-Verbundprojekt OMID - 129 -

Richtung als konstant angesehen werden. Wenn der Betriebsdruck p des Füllgases ein Das Modellierungskonzept fußt i.w. auf vier Designparameter für Neukonstruktionen und Säulen. Die zugehörigen Grundgleichungen damit ein Optimierungsparameter ist, muß werden nachfolgend für eine 1D-Analyse an- sein Einfluß auf die Trägerbeweglichkeiten gegeben. und Diffusionskonstanten modelliert werden. 1. Poissongleichung Dafür wird die Druckabhängigkeit der Trä- gerbeweglichkeiten in erster Näherung mit ∂2 e ϕ=−⋅−()xt,,,() P() xt n () xt !!!!!!!!!!!"#$ dem Ansatz ∂ε2 x p p µ = µ ′ ⋅ 0 µ = µ ′ ⋅ 0 ϕ() PP und nn (5) xt, : Potentialverteilung in der Kammer p p e : Betrag der Elementarladung erfaßt (µ ′ bzw. µ ′ ist die Ionen- bzw. ε : Dielektrizitätskonstante des Füllgases P n 2. Transportgleichungen Elektronenbeweglichkeit beim Bezugsdruck p ) [5], [7]. Das hier zugrunde gelegte Zweiträgertrans- 0 portmodell stützt sich auf eine Ionen- und Da die mittlere Geschwindigkeit der stoßen- Elektronenteilchenstromdichte den Teilchen vom Driftfeld E abhängt, kann ∂ die Beweglichkeit bei vergleichsweise hohen Se=⋅µ⋅⋅() EPD − ⋅ P (2) PP P∂ Kammerfeldstärken nicht mehr als feldunab- x hängige Konstante angesehen werden. Dieser bzw. Hochfeldbereich wird jedoch im vorge- ∂ Se=⋅µ⋅⋅+() EnD ⋅ n. (3) sehenen Betriebsbereich der Ionisationskam- nn n∂x mer i.a. nicht erreicht und kann bei den µ µ P , n : Ionen- bzw. Elektronenbeweglichkeit weiteren Betrachtungen ausgeklammert wer- D , D : Diffusionskonstanten für Ionen bzw. den. P n Beim Umbau von Trägerdichteprofilen Elektronen. kommt es zu zeitlichen Änderungen des elek- Die zur numerischen Auswertung der Teil- trischen Feldes mit Verschiebungsströmen in chenstromkomponenten benötigten Trägerbe- der Kammer. Die Gesamtstromdichte ist weglichkeiten µ und µ bzw. Diffusionsko- ∂ P n = + + ε ⋅ S S P S n E . (6) effizienten DP und Dn sind über die Tem- ∂t peraturspannung UT miteinander verknüpft. 3. Kontinuitätsgleichungen Es ist Wegen der strahlungsinduzierten Trägerpaar- D D erzeugung und ihrer Vernichtung durch Re- P ==≈n UmV26 , (4) µµ T kombinationsprozesse können Teilchenströ- Pn me in der Kammer neu entstehen und auch wobei der Zahlenwert für eine Temperatur ° verenden, wobei nach der Maxwellschen von 25 C (Zimmertemperatur) gilt. Theorie die Quellenfreiheit des Gesamtstroms Die Trägerbeweglichkeit ist ein phänomeno- gewahrt bleiben muß. Dieser Sachverhalt logischer Parameter, der die „Nettobewegung“ wird durch die Kontinuitätsgleichungen der Träger infolge eines elektrischen Drift- ∂∂ =⋅ − −⋅ felds gegen den „Reibungswiderstand“ des SeGtRPnePP (() (,)) (7) Gases beschreibt [5]. Die Beweglichkeit ist in ∂∂xt erster Näherung der mittleren freien Weglänge und ∂∂ der Träger direkt proportional, während die SeGtRPnen=− ⋅(() − (,)) + ⋅ (8) Masse der Träger sowie ihre mittlere Ge- ∂∂xtn schwindigkeit zwischen den Stößen reziprok beschrieben. mit ihr zusammenhängen. Wenn sich bei- 4. Trägergenetik spielsweise durch Druckerhöhung in der Kam- Die Modellierung der Trägergenetik umfaßt mer die mittlere Freiflugstrecke der Träger bis sowohl die Trägerpaarbildung als auch ihre zur ihrer nächsten Kollision mit anderen Trä- paarweise Vernichtung durch Rekombination. gern verringert, muß sich das in einer Ab- Dabei kann ein Teil der generierten Träger- nahme ihrer Beweglichkeit äußern. paare durch spontante Rekombination un- BMBF-Verbundprojekt OMID - 130 - mittelbar nach dem Generationsprozeß ver- Stoßionisation kommen, wenn Impuls und nichtet werden, während andere Träger erst kinetische Energie von im Feld beschleu- nach Ablauf ihrer mittleren „Lebensdauer“ nigten Trägern ausreichen, neutrale Gasmole- und Zurücklegung ihrer mittleren „Diffusi- küle zu disoziieren. Dieser Fall wird im onslänge“ rekombinieren. Die an weiteren nicht betrachtet, da dieses Phäno- Transportprozessen in der Kammer gebundene men im Arbeitsbereich der MZIK vernachläs- (nicht spontane) Rekombination findet sowohl sigbar bleibt [8], [9]. im Kammervolumen als auch auf den Das mit den Gln. (1) bis (10) formulierte Kammerelektroden statt [5]. Da die System nichtlinearer partieller Differential- Kammersensoren mit speziellen Gasfüllungen gleichungen (DGL) repräsentiert i.w. das unter Überdruck ( p = 1 ... 5 bar) arbeiten [1], physikalische Grundmodell der Kammer- ist in der Kammerzelle die Oberflächenrekom- elektronik. bination gegenüber der Volumenrekombina- Zur Lösung des Systems sind noch Anfangs- tion zu vernachlässigen [5]. werte und Randbedingungen erforderlich, die Zur ihrer Berechnung wird ein nichtlineares physikalisch sinnvoll vorzugeben sind. Volumenrekombinationsmodell Beispielsweise sind zur Lösung der Pois- Rt()=α⋅ P() t ⋅ n () t (9) songleichung die Randpotentiale ϕ(0,0)0xt=≥= (11) angesetzt. Der Rekombinationskoeffizient α [9] erfaßt summarisch den Einfluß von Pro- und ϕ =≥=− zeß- und Betriebsparametern (z.B. die Art des (,0)xLt UB (12) Füllgases, den Betriebsdruck p und die Feld- (U B : Kammerspannung) vorgeschrieben. stärkeverteilung in der Kammer) auf die Re- Für die Stromübernahme an den Elektroden kombination. wird angenommen, daß an der Anode ( x = 0 ) Bei sonst vergleichbaren Zustandsgrößen des nur ein Elektronen- und an der Katode ϑ Füllgases (z.B. Temperatur ) nimmt mit ( xL= ) nur ein Ionenstrom übernommen steigendem Druck p seine Dichte zu und wird (Abb 2). Somit ist gleichzeitig die mittlere freie Weglänge der =≥= = ≥= SxPn(0,0)( t SxLt ,0)0. (13) stoßenden Teilchen ab. Das wirkt sich nähe- Mit rungsweise in einer druckproportionalen ()()== == Zunahme des Rekombinationskoeffizient aus, Pxt,0 nxt ,00 (14) die mit sind die Anfangsverteilungen der Träger- p dichteprofile in der Kammer vorgeschrieben. α=α⋅′ (10) p0 α′ beschrieben werden kann, wobei und p0 2.2 Netzwerkmodell der Kammer α=′ -3 Anpassparameter sind ( 10 mm/s, p0 = Zur computergestützten Wahl und Optimie- 2.5 bar [5], [6], [11]). Darüber hinaus ist α rung von Designparametern der Kammer noch von einigen z.T. auch meßtechnisch werden ein implementiertes Modell und ein schwer erfaßbaren Größen (z.B. Gasverunrei- Simulator benötigt, mit deren Hilfe die innere nigungen) sensibel abhängig. Diese Vielfalt Elektronik des Kammerzellensensors in Ab- von Einflußgrößen mit z.T. gegenläufigen hängigkeit der funktionsbestimmenden Struk- Wirkungen auf die Rekombination ist ein tur-, Prozeß- und Betriebsparameter in ausrei- Schwachpunkt bei der Quantifizierung des chender Näherung berechnet werden kann. Rekombinationsmodells. Eine genauere Be- Wegen des physikalischen Grundmodell-An- schreibung ist jedoch sehr aufwendig und aus satzes ist es naheliegend, die Berechnungen den in der Literatur verfügbaren Quellen sind mit FEM-basierten Bauelementesimulatoren z.Z. keine numerisch zuverlässigen Daten zur der Halbleiterelektronik [12], [13] durchzu- Qualifizierung eines detaillierteren Modells zu führen. Das ist zwar prinzipiell möglich, er- entnehmen [6]. fordert aber z.B. die Neuimplementierung der Neben der Trägergeneration infolge ionisie- kammerspezifischen Randbedingungen (13). render Strahlung kann es bei hohen Kammer- Hinzu kommt der Aufwand zur Kopplung des feldstärken zur Trägermultiplikation durch FEM-Simulators mit den Programmen zur BMBF-Verbundprojekt OMID - 131 -

Berechnung der Generationsrate und des Vor- Rändern Klemmengrößen (Fluß- und verstärkers sowie die Kosten für die Bereits- Differenzgrößen, [15]) eingeführt werden. tellung des FEM-Simulators. Deshalb wurde Die sich ergebende NW-Struktur, bestehend dieser Weg zunächst nicht weiter verfolgt. aus m NW-Elementen und den Koppel- Alternativ dazu wurde versucht, das größen, zeigt Abb. 3. angegebene Grundmodell mittels geeigneter Netzwerksimulatoren (NW-Simulatoren) zu Zur Einbindung in den Design- und Optimie- analysieren. Diese Simulatoren lösen große rungs-Flow für das Gesamtsystem wird ein in nichtlineare Differentialgleichungssysteme weiten Grenzen numerisch robustes und fle- (DGL-Systeme), wobei die Modellierung xibel erweiterbares Funktionsmodell benötigt. durch Modellbeschreibungssprachen und C- Diesen Grundforderungen wird ein Netzan- Schnittstellen unterstützt wird. Die DGL- satz mit mindestens zwei Elementen und li- Systeme können problemlos um weitere nearisierten Trägerdichteprofilen gerecht. Netzwerkgleichungen, beipielsweise zur Abb. 4 zeigt das für die Approximation ver- Modellierung des elektrischen Vorverstärkers, wendete Netzwerk-Volumenelement mit ei- ergänzt werden. nigen geometrischen Abmessungen und NW-Simulatoren lösen Modellgleichungen, Feldgrößen. die durch gewöhnliche DGL beschrieben werden. Es ist deshalb erforderlich, das Sy- stem partieller DGL des physikalischen Grundmodells durch ein System gewöhnlicher DGL zu approximieren. Das bedeutet hier, die Differentialquotienten der örtlichen Ablei- tungen nach Diskretisierung des Transport- raumes bezüglich der x-Richtung in Diffe- renzenquotienten umzuwandeln. Die Diskre- tisierung kann z.B. so erfolgen, daß der Abb. 4: ν.diskretes Volumenelement Transportraum in m gleiche Abschnitte der Länge ∆x = L/m unterteilt wird. In jedem Mit der Beschreibung der Trägerdichteprofile dieser Kammerabschnitte sind alle Grundglei- in jedem Volumenelement lässt sich die nu- chungen zu approximieren. Es entstehen m merisch kritische zweite örtliche Ableitung in gewöhnliche DGL-Systeme mit entsprechen- der Poissongleichung auf die weniger kriti- den Schnittstellengrößen und Randbedingun- sche Berechnung des Feldverlaufes E(x) im gen. Volumenelement zurückführen. Wenn im ν . diskreten Kammerelement line- arisierte Trägerdichteprofile angenommen werden, liefert die Lösung der Poissonglei- chung (1) die Feldstärke am linken und rech- ten Rand

ϕνν− ϕ ∆ 21e xν EPnPnννννν=− −⋅⋅−+⋅−()2 () 12211 ∆εxν 6 (15) bzw.

ϕνν− ϕ ∆ Abb. 3: Netzwerkmodell der Kammer 21e xν EPnPnννννν=− + ⋅ ⋅()2 ⋅() − + − 22211 ∆εxν 6 Mit Blick auf die numerische Lösung kann die (16) Struktur des entstandenen Systems gewöhn- Darin sind Pν , Pν bzw. nν und nν die licher DGL auch als NW-Struktur im Sinne 1 2 1 2 der NW-Theorie [15], [16] interpretiert Konzentrationen der Ionen bzw. Elektronen werden. Dazu müssen die abschnittsweise am linken und rechten Rand des Elements. ϕν und ϕν sind Randpotentiale, die - wie vorliegenden gewöhnlichen DGL gekapselt 1 2 und für die Schnittstellengrößen an den auch die o.g. Randkonzentrationen (mit Aus- BMBF-Verbundprojekt OMID - 132 - nahme der fest vorgeschriebenen Randwerte beiden beteiligten Trägerarten um Größen- (s. Gln. (11) und (12)) - Variable sind, die bei ordnungen unterscheiden können. Das be- der Lösung der Systemgleichungen festgelegt deutet, daß Elektronen und Ionen auf eine werden. zeitliche Modulation der Generationsrate mit Die Dynamik der Kammerelektronik wird i.w. stark unterschiedlichen Zeitkonstanten reagie- von den Kontinuitätsgleichungen (7) und (8) ren. Bevor sich die wesentlich langsameren beschrieben. Unter Beachtung der Vereinfa- Ionen mit ihrem Teilchenstrom am Umbau chungen des entwickelten Kammermodells der Feld- und Trägerverteilungen beteiligen, findet man für die Differenz der Teilchen- können nur die schnellen Elektronen einen stromdichten an den Rändern des betrachteten Teilchenstrom bilden, der mit dem zugehö- Elements rigen Verschiebungsstrom im Kammerinne- d ren die Kontinuität des Gesamtstroms sichert. SSexGPnP−=⋅∆⋅−α⋅⋅− PPννν  zz νν z ν Dieses für Elektronen und Ionen unterschied- 21 dt liche Reaktionsverhalten läßt sich durch (17) Simulationsrechnungen mit dem implemen- und tierten Analysemodell nachweisen. Abb. 5  −=−⋅∆⋅−α⋅⋅−d zeigt z.B. das Übergangsverhalten des Kam- SSnn exGPnnν  zz z νν21  ννdt ν merstromes einer 7.5 mm breiten Kammer (18) ([1]) nach einem Sprung der Generationsrate wobei für verschiedene Betriebsspannungen UB.

PPνν+ nnνν+ P = 21, n = 21 (19) zν 2 zν 2 die zentralen Trägerkonzentrationen im Volumenelement sind, die näherungsweise auch für die Modellierung des Rekombina- tionsbeitrags in den beiden Kontinuitäts- gleichungen verwendet werden. Die Gleichungen (15) bis (19) ergeben mit den diskretisierten Transportgleichungen (2) und (3) sowie der Gesamtstromdichte (6) das DGL-System des Kammermodells, dessen Lösung mit den Rand- und Anfangsbe- dingungen (11) bis (14) die innere Elektronik Abb. 5: Übergangsverhalten des Kammer- des diskreten Kammerelements beschreibt. stromes Das funktionsgerechte Zusammenwirken der Netzelemente wird durch Stetigkeitsforde- Zu erkennen ist der sehr schnelle Anstieg des rungen an die Trägerdichten, das elektrische Elektronenstromes auf einen stationären Wert Potential und das elektrische Feld an den von ca. 0.5 nA und die dann folgende deut- Schnittstellen zwischen benachbarten Elemen- lich langsamere Zunahme des Stromes ten, also die Erfüllung der verallgemeinerten (Ionenstromanteil) bis zum stationären Kam- Kirchhoffschen Sätze im NW-Modell, ge- merstromendwert von ca. 0.95 nA. Die Kam- währleistet. τ Das beschriebene Netzwerkmodell wurde in merzeitkonstante K setzt sich somit aus zwei der Beschreibungssprache MAST codiert und Anteilen zusammen und ist, besonders im Be- liegt für den Simulator Saber [17] als Simula- reich der Ionenstromkomponente, erheblich tionsmodell vor. spannungsabhängig. Die Spannungsabhängig- keit trifft hingegen auf den Endwert des Kam- 2.3 Simulationsergebnisse merstromes bei den hier gewählten Parame- terverhältnissen nicht zu. Für UB =600 V läßt Bei der qualitativen Diskussion der Kammer- sich für die im Beispiel berechnete Kammer dynamik ist zu beachten, daß sich die Beweg- eine „Gesamtzeitkonstante“ von ca. 200 µs lichkeiten und Diffusionskoeffizienten der (70%-Wert des Stromes) ablesen. BMBF-Verbundprojekt OMID - 133 -

Abb. 6 zeigt die zeitlichen Übergangsvor- Stromwert bewirken kann. gänge und die örtlichen Verteilungen des Die dargestellten Simulationsergebnisse ste- elektrischen Feldes und der Ionendichte für hen in Übereinstimmung mit Berechnungs- das verwendete 2-Elemente-NW-Modell ergebnissen eines analytischen Ansatzes, der (Koppelstelle bei x=L/2, vgl. Abb. 3). Die von den Grundgleichungen (1) bis (10) und Ortsverteilung des elektrischen Feldes E(x,t) weiteren Vereinfachungen (rückwirkungsfrei- weist eine sehr schwache Rückwirkung der es elektrisches Feld, vernachlässigbare Re- Raumladungen auf die Feldgestaltung aus - kombination, sehr geringer Diffusions- das Feld ist nahezu homogen. Die Ursache stromanteil) ausgeht, aber nicht die diskreti- hierfür liegt in dem hier zu betrachtenden sierten Netzwerkgleichungen des numeri- Betriebsfall mit vergleichsweise schwacher schen Modells verwendet. Generation in einer Kammer kleiner Während der analytische Ansatz für genau Abmessung (7.5 mm) und genügend hoher die dort gewählten Vereinfachungen Gültig- Betriebsspannung (300...600 V). keit besitzt, ist das implementierte Simula- tionsmodell auch für die Berechnung anderer Betriebsmodi ausgelegt, z.B. für stärkere Generation und Kammern mit größerer Aus- dehnung in x-Richtung. Numerische Berech- nungen solcher Betriebsfälle zeigen, daß sich die Profile beider Trägerarten annähern und in einigen örtlichen Bereichen die in der Lite- ratur beschriebene „Quasineutralität“, d.h. nahezu wertmäßige Gleichheit von Ionen- und Elektronendichte beobachtet werden kann [5]. Außerdem ist in diesen Fällen eine merkliche Rückwirkung der generierten La- dungsträger auf das elektrische Feld und eine daraus resultierende sehr starke Inhomogeni- tät des Feldes festzustellen.

Abb. 6: Elektrisches Feld (oben) und Ionen- dichte für ein 2-Elemente-Netzwerkmodell 3 Stromverstärkung Die Trägerdichteverteilung P(x,t) (Abb. 6 un- Die Verstärkung des sehr niedrigen Kammer- ten) folgt nach Erreichen der stationären stromsignales wird durch eine Vorverstärker- Endwerte einer fast linearen Verteilung im schaltung mit Operationsverstärker realisiert. Kammerraum, ausgehend von einem Träger- Hierbei handelt es sich um einen I-U-Wand- dichte-Wert nahe 0 an der Stelle x=0. Dieses ler mit kleinem differentiellen Eingangswi- Verhalten ist ebenfalls auf die schwache Ge- derstand, ein Schaltungstyp, der für die Ver- neration und die relativ geringe Kammer- stärkung sehr geringer Ströme aus hoch- ausdehnung in x-Richtung zurückzuführen. ohmigen Quellen eingesetzt wird. Problema- Gleiches trifft in entsprechender Weise auf die tisch bei diesen Schaltungen ist, daß der ge- Elektronendichte zu. Betrachtet man beide wünschte Pegel der Ausgangsspannung nur Trägerarten hinsichtlich der Größenordnung, mit genügend großen Rückkoppelwiderstän- so ist festzustellen, daß sich indirekt pro- den erreichbar ist, woraus sich verschiedene portional zum Verhältnis der Beweglichkeiten ungünstige Schaltungseigenschaften ergeben sehr unterschiedliche stationäre Dichteprofile können. Dies betrifft vor allem das dyna- von Ionen- und Elektronenkonzentrationen mische Verhalten der Verstärkerschaltung, einstellen, d.h., es liegt eine sehr geringe Elek- aber auch Temperaturdrift, zeitliche Stabilität tronendichte und damit eine vernachlässigbare und Rauschen. Rekombination im Kammerraum vor. Dieser Gegenstand der simulationsgestützten Unter- Sachverhalt erklärt auch, weshalb eine erhöhte suchungen war das dynamische Verhalten der Kammerspannung keinen höheren stationären Schaltung. Zum Aufbau des Modells konnte BMBF-Verbundprojekt OMID - 134 - eine Saber-Implementierung des Operations- 4 Optimierung verstärkers "opa_128" der Firma Burr-Brown genutzt werden [17], [18]. Zur computergestützten Wahl und Optimie- Für dieses Modell ist mit entsprechender äu- rung von wesentlichen Designparametern des ßerer Beschaltung und Spannungsversorgung Gesamtsystems wird ein durchgehender ein komplettes Vorverstärker-Modell für den Design- und Optimierungsflow benötigt. Sei- Simulator Saber implementiert worden. Als ne Implementierung muß die Physik der Testsignale (Stromquellen) für die Simulation Strahlungsquelle nebst der Trägergene- wurden aus Messungen und Simulationen rationsrate in der Kammer, die Kammerelek- gewonnene Stromverläufe genutzt. Ein Sche- tronik und die angepaßte Dimensionierung ma des Vorgehens zeigt Abb. 7. des Meßvorverstärkers einschließen. Dazu werden das oben beschriebene Modell des Gesamtsystems, die mathematische Be- schreibung des Optimierungsproblems sowie ein Optimierungssystem benötigt. 4.1 Optimierungsproblem Aufgabe des untersuchten radiometrischen Meßverfahrens ist die Erkennung von Dickenschwankungen und Materialfehlern in x-, z-Richtung (im weiteren „Störungen“ Abb. 7: Modellschema zur Vorverstärker- genannt). Die Größenordnung dieser Fehler simulation und die Materialgeschwindigkeiten bei industriellen Herstellungsverfahren sind in Die Simulationsergebnisse für verschiedene Abb. 9 aufgeführt. Eingangsstromsignale einer sehr schnellen Kammer sind in Abb. 8 dargestellt.

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Abb. 9: Technologische Forderungen

Die hohe Bandgeschwindigkeit erfordert ho- he Abtastraten und eine geringe Zeitkonstante in der Signalverarbeitung des Meßsystems. Abb. 8: Transientes Verhalten des Durch Simulationen am Gesamtmodell (s. Vorverstärkers Abschn. 4.2) läßt sich zeigen, daß die tech- nologisch vorgegebene Bandgeschwindigkeit Es wird deutlich, daß der Vorverstärker, ins- nicht nur die verfügbare Detektionszeit, son- besondere bei kleinen Eingangsstromwerten dern auch den Pegel des ohnehin sehr schwa- und den dann erforderlichen hohen Stromver- chen Störsignals beeinflußt. In Abb. 10 ist stärkungen, eine dynamisch kritische Kompo- dieser Sachverhalt beispielhaft für das Durch- nente darstellt. Optimierungsparameter sind laufen einer 0.01 mm starken flächigen Mate- vor allem die Elemente des Rückkopplungs- rialverdickung aus Kupfer auf einem 0.5 mm zweiges (hier r5, c5). starken Trägermaterial für verschiedene Bandgeschwindigkeiten dargestellt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 135 -

mierung soll hier jedoch beispielhaft für den Fall einer vorgegebenen Ionisationskammer als Teil eines Kammer-Arrays [1] durchge- führt werden. Optimale Systemparameter bei variierbaren Kammergeometrien lassen sich jedoch sehr leicht in gleicher Weise ermitteln. 4.2 Gesamtsystemmodell Das Gesamtsystemmodell besteht aus den eingangs beschriebenen Modellteilen zur Berechnung der Generationsrate (C-Pro- gramm MZIK-Sim [2]), den Saber-Modellen zur Stromberechnung und Stromverstärkung Abb. 10: Verstärker-Ausgangsspannung sowie einem Schnittstellen-Modell G_kopp, bei verschiedenen Bandgeschwindigkeiten das die berechnete Generationsrate in das Saber-Modell zur Stromberechnung überträgt Neben den dynamischen Forderungen ist (Abb. 11). gleichzeitig eine hohe Verstärkung des von der Kammer gelieferten sehr kleinen Strom- signales erforderlich (∆iK(t) << 10 nA). Geringe Zeitkonstante und hohe Verstärkung sind konkurrierende Auslegungskriterien. Sie werden von allen Teilsystemen beeinflußt und können nur sinnvoll im Zusammenspiel der einzelnen Komponenten beurteilt werden. Damit ist eine Optimierung der gesamten Systemkette erforderlich. Ziel der Optimie- rung ist, einen ausreichend hohen (maxima- len) Störsignalpegel uS (s. Abb. 10) auch bei großen Bandgeschwindigkeiten zu erreichen. Damit berechnet sich der Wert Z der Zielfunktion (ZF) unter Einbeziehung der während der Simulation extrahierbaren Kenn- größen MAX, MIN (s. Abb. 10) zu

Z = |MAX – MIN| => Maximum, mit MAX, MIN ... Ausgangsspannungen am Vorverstärker vor bzw. infolge einer Flächen- Abb. 11: Gesamtsystemmodell mit Schnitt- masse-Änderung. stellenmodul G_kopp Optimierungsparameter, die den größten Ein- fluß auf den Zielfunktionswert erwarten lassen Der für die Berechnung von iK(t) benötigte sind Zeitverlauf G(t) der Generationsrate wird aus - die Geometrie der Einstrahlungsverhält- diskreten Werten G(zi) des Programmes nisse (Abstände a_1: Quelle-Bahn und MZIK-Sim gewonnen. Dazu wird MZIK-Sim a_2: Bahn-Kammer), zu jedem Zeitpunkt ti einmal abgearbeitet, - der Kammerinnendruck p, wobei sich eine Materialstörung mit der Ge- = ∆ ∆ - die Kammer-Betriebsspannung U und schwindigkeit v z / t über der Kammer B = + ⋅ ⋅ ∆ insbesondere bewegt. Der Wert z z0 v i t , der die - die Verstärkerbeschaltung r5, c5. Lage der Störung über der Kammer angibt Die Kammergeometrie hat ebenfalls einen (s.a. Abb. 9), ist Eingabewert für MZIK-Sim Einfluß auf den Zielfunktionswert. Die Opti- und wird zu jedem diskreten Simulations- BMBF-Verbundprojekt OMID - 136 -

= + ⋅ ∆ zeitpunkt ti t0 i t von den Programm- teilen „Materialbewegung“ und „G_kopp“ des Gesamtmodells generiert. Auf diese Weise kann das ursprünglich für statische Simulation entwickelte Programm MZIK-Sim auch für dynamische Simulationen des Gesamtsystems eingesetzt werden. Mit dem Gesamtmodell ist somit eine voll- ständige dynamische Simulation des Meß- vorgangs bei bewegtem Materialband ein- schließlich nachfolgender Signalwandlung durch Ionisationskammer und Vorverstärker möglich. 4.3 Optimierungssystem Für die Gesamtsystemoptimierung wurde das bei Fraunhofer EAS entwickelte Internet- basierte Simulations- und Optimierungs- System MOSCITO verwendet [19],[20],[21]. Abb. 12.: Prinzip der simulationsgestütz- MOSCITO stellt Basissoftware ten Optimierung in MOSCITO • für die Einbindung verschiedener Si- mulatoren (Spice, Saber, ANSYS, Matlab, C-Funktionen, ...) und Opti- mierungsprogramme (OPAL, MODOS, GADO , ...) mit einem breiten Spekt- rum an Optimierungsverfahren (z.B. Nelder-Mead-Simplex, Powell, Quasi- Newton, ...), • für den einheitlichen Datenaustausch zwischen diesen Programmen und • für die Ablaufsteuerung und Ergebnis- visualisierung bereit, so daß es sich sehr gut zur Bearbeitung der hier vorliegenden Optimierungsaufgabe eignet. Abb. 12 zeigt den prinzipiellen Opti- mierungsablauf in MOSCITO, Abb. 13 die Abb. 13: User -Interface von MOSCITO grafische Oberfläche. Über diese Oberfläche startet und konfiguriert der Entwerfer den verwendeten Simulator (hier Saber), den 4.4 Optimierungsergebnisse gewählten Optimierer (OPAL, [21]) sowie die Die Optimierungsergebnisse sind in den Ergebnisdarstellung. Abbildungen 14-16 dargestellt. Abb. 14 zeigt Sehr vorteilhaft ist, daß Parameter- und den Verlauf von Optimierungsparametern Zielfunktionswertänderungen über die Visua- (oben) und Zielfunktionswert für das ge- lisierungskomponenten von MOSCITO direkt wählte Optimierungsverfahren Nelder-Mead- verfolgt werden können. Damit wird eine sehr Simplex. Die Berücksichtigung von Be- praktikable dialoggestützte Arbeit mit dem schränkungen in den Variationsbereichen der Optimierungssystem möglich. Parameter erfolgt über eine exakte Straffunk- tion (Betragsfunktion – absolut value penalty function, [20]). Der Zielfunktionswert der optimierten Lösung liegt bei Z ~1.7 mV. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der BMBF-Verbundprojekt OMID - 137 -

Startlösung mit Z < 1 mV (s. Abb.10, Z=uS). Beim Optimum handelt es sich um ein Rand- optimum, erkennbar daran, daß die Extrem- werte der Optimierungsparameter an den Grenzen der Variationsräume liegen (Abb. 14). Dies ist a priori nicht voraussagbar, da z.B. der Kammerinnendruck in unterschiedli- cher Weise auf das System wirkt (vgl. dazu Abschn. 2, Stromberechnung). Nicht darge- stellt sind die Optimierungsparameter des Vorverstärkers, die ebenfalls an den Variati- onsbereichsgrenzen liegen (r5 = 1000 MΩ, c5 = 0.1 pF). Abb. 15: Spannung am Verstärkerausgang bei optimalen Designparametern

Eine weitere für den Entwerfer wichtige Information ist die Kenntnis des Einflusses UB = 300 ... 600 V eines einzelnen Designparameters auf den ZF-Wert. In Abb. 16 sind beispielhaft die normierten Parameter UB, p, r5 und hier auch a_1= 10 ... 50 mm die Kammerhöhe h als Variationsparameter a_2= 10 ... 20 mm (bezogen auf ihre zulässigen Maximalwerte) p = 1... 5 bar dargestellt. Variiert wird jeweils ein Parame- ter, für die anderen Parameter werden jeweils die Werte der Startlösung (UB = 300 V, p = 2.5 bar, r5 = 800 MΩ, h = 48,5 mm) genutzt. Die Verläufe sind ebenfalls mit MOSCITO automatisiert generierbar.

|Z| = 0.4 ...1.7 mV

Abb. 14: Verlauf von Optimierungspara- metern und Zielfunktionswert

Abb. 15 zeigt den Spannungsverlauf am Ver- stärkerausgang für ein Meßsystem mit opti- malen Designparametern, berechnet für eine Materialstörung von 0.01 mm Dicke auf 0.5 mm Kupferträger (vgl. Abschnitt 3.2).

Abb. 16: Einfluß wichtiger Systempara- meter auf den Zielfunktionswert

5 Zusammenfassung und Ausblick Im Beitrag wird das komplexe Problem der Modellierung, Simulation und Optimierung eines radiometrischen Meßsystems behandelt. BMBF-Verbundprojekt OMID - 138 -

Es werden Modelle und Simulationsergebnis- [8] G. Keil, G. Keller, E. Huck, P. Schwarz, se zur Berechnung der Einstrahlungsverhält- H. Bolte, “Optimierung einer Mehrfach- nisse, des dynamischen Kammerstromes einer ionisationskammer zur Kantendetekti- Ionisationskammer sowie zur Analyse von on”, 7. GMM Workshop Methoden und dynamischen Eigenschaften eines Meß- Werkzeuge zum Entwurf von Mikro- verstärkers vorgestellt. Die Kopplung der ent- systemen, Paderborn 1999 wickelten Teilsystemmodelle zu einem Ge- [9] G. Keil, G. Keller, E. Huck, S. Parodat, samtmodell wird beschrieben und eine Ziel- P. Schwarz, H. Bolte, “Optimierung ei- funktion zur Optimierung definiert. Mit dem ner Mehrfachionisationskammer zur Gesamtsystemmodell ist eine Simulation des Kantendetektion”, 8. GMM Workshop Systemverhaltens auch für den Fall der Detek- Methoden und Werkzeuge zum Entwurf tion von Materialinhomogenitäten bei schnell von Mikrosystemen, Berlin 1999 laufenden Materialbahnen möglich. Zur Optimierung wesentlicher Design-Para- [10] J. J. Hubbell, “Photon Cross Sections, meter des Gesamtsystems wurden Optimie- Attenuation Coefficients and Energy Ab- rungsrechnungen mit dem Optimierungs- sorption Coefficients”, NSRDS-NSB 29, system MOSCITO durchgeführt. Die gefunde- Washington 1969 nen Randoptima zeigen Designpotentiale und [11] K. Kleinknecht, “Detektoren für Teil- mögliche Entwicklungsansätze für die chenstrahlung”, Teubner, Stuttgart 1987 Verbesserung zukünftiger Meßsysteme auf. Die Verfasser danken Dr. D. Richter, G. [12] R. Stenzel, et al., "Simulation of Gärtner und Dr. W. Burmeister (VacuTec AlGaN&GaN-HFETs including sponta- Meßtechnik GmbH Dresden) sowie Herrn H. neous and piezoelectric polarisation Bolte (ITEM, Universität Bremen) für die sehr charges", Proc. 26th Int. Symp. On gute Zusammenarbeit im Projekt. Compound Semiconductors, Berlin 1999 [13] MEDICI, User`s Manual, Avant! Corpo- Literatur ration, Fremont, 1999 [1] D. Richter, G. Gärtner, “Ein hochauf- [14] O.C. Zienkiewicz, R.L. Taylor , "The lösendes radiometrisches Meßsystem zur Finite Element Method" McGraw-Hill, Qualitätskontrolle schnell laufender Ma- London/ New York, 1994 terialbahnen”, diese Tagung [15] P. Schwarz, "Physically Oriented Mod- [2] H. Bolte, R. Laur, “Entwurfsunterstüt- eling of Heterogeneous systems" 3. zung für ein radiometrisches Meßsystem IMACS Symp. Mathematical Modeling – Ein physikalisches Modell der La- (MATHOD) , Wien 2000, pp. dungsträgergeneration“, diese Tagung [16] C. Clauß, J. Haase, P. Schwarz, " An [3] A.S. Grove, "Physics and Technology of Approach to Analog Behavioural Mod- Semiconductor devices", Wiley, New elling" Proc. VHDL User Forum Europe, York 1977 SIG-VHDL Spring` 96 Working Confe- [4] H. Elschner, A. Möschwitzer, A. Reibi- rence, Dresden 1996, Shaker, Aachen ger, "Rechnergestüzte Analyse in der 1996 Elektronik", Hüthig, Heidelberg 1977 [17] Saber Template Library, Release 5.2, [5] G. Mierdel, "Elektrophysik" Verlag Analogy Inc., Beaverton, 2000 Technik, Berlin 1970 [18] http://www.burr-brown.com [6] J.P. Boeuf, L.C. Pitchford, "The SIGLO [19] A. Schneider, P. Schneider, D. Peters, W. series, gas parameters and cross section Jakob, A. Quinte, "Simulationsgestüzte data", Kinema Software, Autumn Way Optimierung von heterogenen Syste- Monument, Colorado1996 men", Tagung Multi-Nature-Systems [7] A. v. Engel, M. Steenbeck, "Elektrische 2001, Hamburg 2001 Gasentladungen – Ihre Physik und Tech- [20] P. Schneider, A. Schneider, J. Bastian, S. nik, Bd.1" Springer Verlag, Berlin 1932 Reitz, P. Schwarz, "MOSCITO – a pro- BMBF-Verbundprojekt OMID - 139 -

gramm system for MEMS optimization", Proc. DTIP 2002, Cannes, France, 5.-6. Mai 2002, 246-257 http://www.eas.iis.fhg.de/publications/pa pers/2002/001 [21] A. Schneider, P. Schneider, J. Bastian, "MOSCITO – ein Internet-basiertes Pro- grammsystem für die Optimierung von Mikrosystemen", diese Tagung !"#$ %&'#'($ )'&*+",$ -.,+./%'$ 0&','/%'$ 12+3 4"5'/$ 6789!37:*&(&'+./,$ ;2/$ 8&<+2#=#*'3 ('/$ >?+$ !&",/2#'3$ ./%$ @5'+A"B4./,#'&/3 +&B4*./,'/“ wird mit Mitteln des Bundes- ministeriums für Bildung, Wissenschaft, For- schung und Technologie (BMBF) unter dem Kennzeichen 16 SV 988/2 gefC+%'+*D$!&'$1'+3 "/*A2+*./,$ >ür den Inhalt dieser VerC>>'/*0&3 B4./,$0&',*$"00'&/$5'&$%'/$E.*2+'/D BMBF-Verbundprojekt OMID - 140 -

MOSCITO – Ein modulares, Internet-basiertes Programmsystem für die Optimierung von Mikrosystemen

A. Schneider, P. Schneider, J. Bastian Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen, Außenstelle EAS Dresden Zeunerstraße 38, 01069 Dresden E-Mail: [email protected]

Kurzfassung: Mit der Optimierung von Mikrosys- Aufgrund der physikalischen Heterogenität ge- temen wird das Ziel verfolgt, beginnend bei der staltet sich der Entwurf solcher Systeme oft sehr Entwurfsphase eine Produktlösung zu schaffen, die kompliziert. Versuche mit Testmustern sind in der hinsichtlich Funktionalität, Materialkosten sowie Regel zeit- und kostenintensiv, so dass die Nutzung Fertigungsaufwand optimale Eigenschaften auf- von Simulationswerkzeugen unter Verwendung ei- weist. Simulation und Optimierung nehmen dabei nes an die jeweilige Untersuchung bzw. den Unter- eine Schlüsselstellung ein. Der Beitrag stellt mit suchungsgegenstand angepassten Modells (analyti- MOSCITO ein Programmsystem vor, das genau sche Funktion, Verhaltensbeschreibung, Netzliste diese beiden Entwurfsphasen unterstützt. Der Ent- o.ä.) oft die einzig sinnvolle Alternative darstellt. werfer erhält mit Hilfe von MOSCITO Zugriff zu Simulationswerkzeugen und Optimierungsverfah- ren und kann diese über das Internet miteinander verbinden und auf entfernten Rechnern nutzen. Zwei Anwendungsbeispiele illustrieren dabei Funk- tionsprinzip und Leistungsfähigkeit des Ansatzes.

1 Motivation

Im Entwurfsprozess von komplexen Systemen der Elektronik, der Mikrosystemtechnik, im Ma- Bild 2: Mehrzellenionisationskammer (MZIK) schinenbau und in der Automatisierungstechnik sind Eigenschaften wie geringes Gewicht, minima- ler Energieverbrauch, hohe Lebensdauer u.v.a.m. Folgende Entwurfsphasen spielen dabei eine zentra- wichtige Randbedingungen für den Entwurf und le Rolle: die Modellierung zum Finden eines Mo- entscheiden letztlich neben den eigentlichen Sys- dells, welches alle für den jeweiligen Entwurfs- temmerkmalen über die Marktakzeptanz eines Pro- schritt wesentlichen Eigenschaften des realen duktes. Systems nachbildet, die Simulation zum Prüfen der prinzipiellen Funktionsweise eines Mikrosystems und die Optimierung für die systematische Suche nach einer möglichst optimalen Realisierung. Ver- Problem bindet man nun Simulation und Optimierung zu ei- nem Iterationszyklus, ergeben sich interessante und 10 x vielfältige Möglichkeiten für den rechnergestützten 100 x Simulation 1000 x Entwurf. Welche Probleme bei der Realisierung ei- nes solchen kombinierten Simulations-Optimie- rungs-Ansatzes jedoch in der Praxis auftreten, sol- Optimale Lösung len die folgenden beiden Entwurfsszenarien illustrieren. Kernstück radiometrischer Messsysteme zur Bild 1: Prinzip der simulationsgestützten Bestimmung von Materialdicken, Flächenmassen Optimierung und Materialkanten im Fertigungsprozess von Bandmaterialien (Papier, Walzstahl, Folien etc.) sind Mehrzellenionisationskammern. Diese de- BMBF-Verbundprojekt OMID - 141 - tektieren die Abschwächung radioaktiver Strahlung weise optimiert. Auch in diesem Szenario sollte der (γ, Röntgen), die durch die vollständige oder teil- Entwerfer an seinem PC arbeiten; für die ressour- weise Abdeckung der Einzelkammern durch das zu cenintensiven Simulationen war allerdings der Zu- vermessende Material hervorgerufen wird. Zur Ver- griff auf leistungsfähige Rechentechnik erforder- besserung der Messsysteme sollten unter anderem lich. die geometrischen Abmessungen der Kammer so- Zusammenfassend lassen sich für die genannten wie einige Parameter der Auswerteschaltung opti- Szenarien folgende Probleme nennen: miert werden. Das Ziel bestand dabei darin, kleinste • Die Heterogenität der Entwurfsaufgaben erfor- Abweichungen der Materialkante von der Sollvor- dert eine große Vielfalt von Modellierungsansät- gabe bzw. kleine Materialstörungen oder Dicken- zen. In der Praxis ist man damit auf schwankungen zuverlässig und schnell zu detektie- unterschiedliche Simulationswerkzeuge angewie- ren. Kammervolumen und damit Materialeinsatz sen. und Herstellungskosten mussten minimiert werden. • In Bezug auf die Optimierung besitzt der Entwer- Die Erfassung aller für die Entwurfsaufgabe re- fer vorab kaum Informationen darüber, welches levanten physikalischen Effekte an der Ionisations- Verfahren für ein spezielles Problem geeignet und kammer gelang mit Hilfe von Verhaltensmodellen. effizient ist. Hilfreich ist in diesem Fall ein brei- Zur Unterstützung der Modellierung wurden FEM- tes Spektrum an verfügbaren Algorithmen für Simulationen der Felder in der Kammer (ANSYS) unterschiedliche Problemklassen. und die Analyse spezieller Effekte aus der Halblei- • Die benötigten Werkzeuge (z.B. Simulatoren) terelektronik [18] durchgeführt. Für die Simulation sind vor Ort (am eigenen Rechner auf dem des Messsystems wurden SABER (Kammerverhal- Schreibtisch) nicht immer verfügbar. Gründe ten und Elektronik) sowie ein spezielles C-Pro- dafür können fehlende Lizenzen, mangelnde gramm (Strahlungscharakteristik) verwendet. Da Rechenleistung oder die Inkompatibilität des der Einfluss der Geometrieparameter auf das zu op- installierten Betriebssystems (UNIX oder Win- timierende Volumen und das Ausgangssignal kaum dows) sein. Ausweg bietet hier die Nutzung ent- abschätzbar war, waren Experimente mit unter- fernter Ressourcen über LAN oder Internet. schiedlichen Optimierungsalgorithmen notwendig, • Der Entwerfer kann bei der Vielfalt der zum Ein- um zu einem vernünftigen Ergebnis zu gelangen. satz gelangenden Werkzeuge nicht in jedem Fall Der Entwerfer sollte diese Versuche nach Möglich- über das notwendige Wissen zur Bedienung ver- keit vor Ort am eigenen PC durchführen können. fügen. In der Regel genügt es, unter Verzicht auf interaktives Arbeiten mit grafischen Oberflächen ein Werkzeug lediglich für die Erbringung eines Dienstes (z.B. für eine Simulation) zu nutzen. In den folgenden Abschnitten greifen die Auto- ren die genannten Probleme auf und stellen ein Kon- zept für ein Simulations-Optimierungs-System vor. Mit MOSCITO wird anschließend eine realisierte Softwarearchitektur vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Darstellung der in das System in- tegrierten Simulationswerkzeuge und Optimie- rungsalgorithmen. Abschließend werden Aspekte der Internet-basierten Arbeitsweise erläutert und Anwendungsbeispiele vorgestellt. Bild 3: Kraftsensor

In einem zweiten Szenario sollte ein Kraftsen- 2MOSCITO sor optimiert werden. Das Ziel bestand darin, über Dehnmessstreifen die zu detektierenden Kräfte Das unter dem Namen MOSCITO konzipierte möglichst präzise und mit hohem Signalpegel zu er- und realisierte Simulations-Optimierungs-System fassen und dabei gleichzeitig die Empfindlichkeit gliedert sich in die vier funktionalen Module Mo- gegenüber Fertigungstoleranzen für die Position der dellgenerierung, Simulation, Fehlerberechnung und Messstreifen zu vermindern. Mit Hilfe von z.T. sehr Optimierung. Hinter den Modulen verbergen sich rechenintensiven ANSYS-Simulationen des Verfo- eigenständige Bearbeitungsphasen, die nacheinan- mungskörpers wurde die Sensorgeometrie schritt- der zyklisch – im Sinne einer Iteration – abgearbei- BMBF-Verbundprojekt OMID - 142 -

MOSCITO ist als offenes System konzipiert. Anwender können somit die Funktionalität von Modell- Simulation MOSCITO über Schnittstellen, die jeweils über Ja- generierung

p2 va-Interfaces bzw. über abstrakte Java-Klassen defi- p3 niert sind, erweitern. Auf diese Weise lassen sich p1 u.a. neue Werkzeuge, Datenkonverter bzw. Viewer File Edit ViewRun Help für die Ergebnisanzeige in MOSCITO zusätzlich in- tegrieren. Weiterhin gibt es eine offene Schnittstelle Front End für das Einbringen neuer Workflows. Während das ursprüngliche Konzept zunächst nur den in Bild 4 dargestellten Zyklus mit vier Modulen vorsah, kann Fehler- Optimierung berechnung der Anwender nun aus einer Vielzahl von verfügba- ren Workflows auswählen (vgl. Bild 6) oder aber selbst neue Workflows definieren. Damit eröffnen Bild 4: Modulares Konzept für ein sich neben der simulationsgestützten Optimierung Simulations-Optimierungs-System auch Anwendungsbereiche unter anderem bei der Simulatorkopplung. tet werden. Bild 4 veranschaulicht das Gesamtsys- tem. Die Funktionsweise wird ausführlich in [16] Singleton beschrieben. Entscheidend für die Flexibilität des Systems sind folgende Aspekte: Chain • Jedes Modul (im Bild 4 die äußeren vier Blöcke)

entspricht in der Praxis einem eigenständig arbei- Cycle tenden MOSCITO-Agenten, in den ein konkretes Werkzeug (z.B. der Schaltungssimulator SABER oder das Optimierungsprogramm OPAL) einge- bettet ist. Farm • Die Daten- und Steuerverbindungen zwischen den Modulen bzw. MOSCITO-Agenten (im Bild 4 mit schwarzen Pfeilen dargestellt) werden Bild 6: Auswahl an verfügbaren MOSCITO- über TCP/IP-Sockets realisiert. Damit können die Workflows einzelnen Agenten verteilt auf unterschiedlichen Rechnern laufen und über ein lokales Netzwerk (LAN) oder über Internet gekoppelt werden. Coupling (tool3) • Die gesamte MOSCITO-Architektur ist komplett in Java implementiert und damit auf allen Platt- formen, für die eine Java Virtual Machine verfüg- bar ist (u.a. Windows, Solaris, Linux), einsetzbar. channel1 channel2 channel3 channel4

Chain3 ANSYS Text

Sim1 (tool1) Sim2 (tool2) Cycle2 SABER Chart Bild 7: Workflow für eine Simulatorkopplung nach dem Farmer-Worker-Prinzip Cycle4 OPAL Viewer

Scope Workflow Agent ... Desktop Die Definition eines anwenderspezifischen

MOSCITO Kernel Workflows erfolgt über eine Java-Klasse. Der dem Workflow zugrundeliegende bipartite Graph wird Betriebssystem mit Java Virtual Machine (Windows, Solaris, Linux, ...) ähnlich einer Netzliste beschrieben. Das folgende Beispiel illustriert die Beschrei- Bild 5: MOSCITO-Softwarearchitektur mit bung für einen bei Simulatorkopplungen üblichen offenen Schnittstellen Farm-Workflow mit einem Farmer (Simulatorkopp- lung) und zwei Workern (Simulatoren). BMBF-Verbundprojekt OMID - 143 - channel1 = new MoscitoChannel("Sim1Input"); channel2 = new MoscitoChannel("Sim1Output"); tool2 = new MoscitoTool("Sim2","Sim2",1,1); tool3.setInputChannel(0,channel2); ... tool3.setOutputChannel(1,channel3); tool3.setInputChannel(1,channel4); Interessanter für den Anwender ist in der Regel die Einbindung neuer Werkzeuge in das Simulati- ons-Optimierungs-System. Das Vorgehen soll im Folgenden skizziert werden. Voraussetzung dafür, dass ein Werkzeug in MOSCITO integriert werden kann, ist, dass es als Hintergrundprozess im Batchmodus arbeiten kann. Für einen Simulator bedeutet das, dass eine Simula- tion ohne Nutzer-Interaktionen und ohne die Anzei- ge einer grafischen Oberfläche (GUI) durchführbar sein muss. Dafür muss die gesamte Simulation über Kommandozeilenoptionen bzw. Eingabe- oder Konfigurationsdateien steuerbar sein. Sind diese Bedingungen erfüllt, werden für die Integration ge- nau zwei Dateien erstellt: • eine Agenten-Beschreibungsdatei, die alle Steu- erparameter enthält, mit denen das Verhalten eines Werkzeugs von außen beeinflusst werden kann; • eine Java-Quelldatei, die die Schnittstelle zwi- schen MOSCITO und dem eingebetteten Pro- Bild 8: Eingebundene Werkzeuge lassen sich gramm realisiert. über Dialogfenster konfigurieren. Für beide Dateien gibt es Templates und hinrei- chend viele Beispielrealisierungen, so dass eine Einbindung eines neuen Werkzeugs in MOSCITO Für die Realisierung des Agenten liegt die vor- in der Regel nur wenige Stunden erfordert. bereitete Schnittstelle analog zu den oben beschrie- Die Agenten-Beschreibungsdatei ist eine XML- benen Workflows als Java-Klasse bereit. Hier müs- Datei, die in Listenform alle Konfigurationsparame- sen lediglich noch die Methoden configure(), ter mit Namen, Typ, Initialwert sowie Kurzbeschrei- initialize(), service(), stop() und terminate() imple- bung enthält. Der MOSCITO-Desktop nutzt diese mentiert werden. Beschreibung für die automatische Generierung // Agenten-Klasse zur Einbettung des werkzeugspezifischer Dialogfenster (Bild 8). // FEM-Simulators Ansys

public class Ansys extends MoscitoAgent // Variablen BMBF-Verbundprojekt OMID - 144 -

public configure() algleichungen (DAE) auf Teil- und Gesamtsysteme- { // Konfiguration des eingebetteten Programms bene hinreichend exakt modellieren. Für die Simu- // (z.B. Aufbau der Kommandozeile für den lation sind folglich leistungsfähige, spezialisierte // Programmstart) } Programme erforderlich, zu denen u.a. folgende frei bzw. kommerziell verfügbare Produkte zählen: public void initialize() { • SABER: Netzlisten- und Verhaltenssimulation // Initialisierung für analoge elektrische Schaltungen, auch mit // (z.B. Bereitstellen von Eingabedateien) digitalen Teilen (mixed-signal); über die Verhal- } tensbeschreibungssprache MAST ist die Einbe- public String service(String input_data) ziehung nichtelektrischer Systeme möglich (vgl. { // Kernfunktion: Bereitstellung des Dienstes [2]); // z.B. Aufruf des Simulators • Spice: Simulation elektrischer Netzwerke (frei runtime.exec("ansys -p ANE3 -l C -j ..."); // ... verfügbarer Public-Domain-Simulator); gilt als return(output_data); De-facto-Industriestandard im Bereich der Halb- } leitersimulation; public void stop() • ANSYS: FEM-Simulation; insbesondere geeig- { net für genaue Simulationen mechanischer Kom- // Beenden bzw. Anhalten des Programms } ponenten, elektromagnetischer Felder und gekoppelter physiklischer Effekte in Mikrosyste- public void terminate() { men; // Freigabe der belegten Ressourcen • Matlab: weit verbreitetes Programm, geeignet } } zur Simulation allgemein kontinuierlicher Sys- teme (insbesondere Regelungs- und Steuerungs- systeme); Die bisher gewonnenen Erfahrungen zeigen, • Dymola: Simulator, der auf Basis der Modellie- dass sich nach diesem Schema viele verfügbare rungssprache Modelica [9] die Simulation physi- Werkzeuge einbetten lassen. Die Integration der für kalischer und damit insbesondere heterogener die Optimierung von Mikrosystemen wichtigsten Systeme gestattet; Werkzeuge soll in den folgenden beiden Abschnit- • ITI-SIM: Simulator für mechatronische Systeme ten ausführlich beschrieben werden. mit umfangreichen Bibliotheken für regelungs- technische Blöcke, mechanische, hydraulische und elektrische Komponenten. Obwohl die einzelnen Simulationswerkzeuge auf jeweils unterschiedlichen theoretischen Ansät- zen beruhen, können sie in MOSCITO nach einem einheitlichen Schema integriert werden. Jeder Si- mulator erhält am Eingang ein simulationsfähiges Modell in Form einer oder mehrerer Dateien (Netz- liste, Verhaltensbeschreibung, ...), und am Ausgang werden nach durchgeführter Simulation die Ergeb- nisse in werkzeugspezifischer Syntax ausgegeben. Da sich die Simulatoren in der Regel über Aufrufop- tionen bzw. Konfigurationsdateien oder -komman- dos steuern lassen, kann die Simulation im Rahmen Bild 9: Auswahl eines Workflows mit Hilfe des von MOSCITO als Dienst (im Hintergrund) er- Browsers bracht werden. Das ist eine entscheidende Voraus- setzung für die Realisierung der zyklischen, iterati- ven Arbeitsweise des Simulations-Optimierungs- 3 Simulationswerkzeuge Systems. Die derzeit integrierten Simulatoren ge- statten, ein breites Spektrum an Problemstellungen Viele physikalische Effekte in heterogenen Mi- beim Entwurf von Mikrosystemen mit MOSCITO krosystemen lassen sich in der Regel nur mit Hilfe zu bearbeiten. von partiellen Differentialgleichungen (PDE) auf Komponentenebene bzw. durch Algebro-Differenti- BMBF-Verbundprojekt OMID - 145 -

4 Optimierungsverfahren Verfahren direkt global Schranken

Die Optimierungsverfahren sind im Gegensatz Nelder-Mead ja nein nein zu den Simulatoren nicht einzeln in MOSCITO in- Simplex tegriert, sondern stehen als Programm mit dem Na- Simulated ja ja nein men OPAL (OPtimierungsALgorithmen) zusam- Annealing mengefasst zur Verfügung. Für OPAL wurden BFGS nein nein nein Verfahren aus verschiedenen Klassen ausgewählt, L-BFGS-B nein nein ja welche aus bewährten Software-Bibliotheken stam- men. Dadurch kann ein breites Spektrum an Proble- Powell ja nein nein men bearbeitet werden; der Nutzer sollte stets ein N2FB nein nein ja gut angepasstes Verfahren vorfinden. Es wurde für die Algorithmen ein einheitliches Interface erstellt, Conjugate nein nein nein Gradient so dass sie steuerbar sind und mit den anderen Agenten kommunizieren können. Wie in Bild 4 il- DIRECT ja ja ja lustriert, wird als Ausgabe der aktuelle Parameter- BTRK nein ja ja/nein satz an den Generator übergeben, welcher sie für den Simulator aufbereitet. Die Eingabe besteht aus FSQP nein nein ja dem vom Evaluator berechneten Zielfunktionswert. Praxis ja nein nein Über den MOSCITO-Desktop (Front-End-Pro- Tabelle 1: Optimierungsverfahren in OPAL gramm) wird der Optimierer konfiguriert und re- konfiguriert, der Optimierungsprozess kann sowohl Für das Ergebnis der Optimierung ist die Wahl unter- als auch abgebrochen werden, er kann im der Zielfunktion entscheidend. So steht man häufig Schrittbetrieb laufen und über die Konsole beobach- vor dem Problem, den Ist-Verlauf xi einer Simulati- tet werden. Auf der Konsole werden Fehlermeldun- on (zeitliches Verhalten, Frequenzgang) an einen gen und weitere verfahrensspezifische Informatio- Soll-Verlauf xs anzupassen, was auf eine nichtline- nen ausgegeben. are Approximationsaufgabe führt. Misst man die Bei praktischen Optimierungsproblemen Abweichung an den Punkten k der Diskretisierung kommt es vor allen Dingen darauf an, schnell und in der euklidischen Norm, so führt dies auf eine mit möglichst geringem Aufwand eine Näherung Quadratmittelapproximation: für die Optimallösung zu bestimmen oder zumin- dest eine deutliche Verbesserung gegenüber den am 2 xi – xs = ()xi – xs → Min! Anfang vorliegenden Werten zu finden. Werden Op- 2 ∑ k k timierungsverfahren mit Simulatoren gekoppelt, so k benötigt der Simulator den weitaus größten Teil der Als angepasstes Verfahren steht N2FB [13], eine Rechenzeit. Man wird deshalb Optimierungsalgo- Implementierung des Levenberg-Marquardt-Algo- rithmen wählen, welche mit möglichst wenig Funk- rithmus [5], in OPAL zur Verfügung. tionsaufrufen zum Ziel führen. Besser ist eine Approximation in der Maximum- Die bisher eingebundenen Verfahren (Tabelle 1) norm, auch als gleichmäßige Approximation be- sind ausschließlich für die stetige nichtlineare Opti- zeichnet: mierung geeignet, der wichtigsten Problemklasse i s i s für technische Anwendungen. Dabei darf die Di- x – x ∞ =Min!maxk xk – xk → mension des Problems nicht zu groß sein, für mehr Für diese Aufgabe ist FSQP [8] mit entspre- als etwa 1000 Parameter müssen spezielle Verfahren chend eingestellten Optionen das angepasste Ver- verwendet werden. fahren in OPAL. Durch den Einsatz von Simulatoren ist i. a. über Globale Optimierungsverfahren benötigen im die Zielfunktion a priori nichts bekannt. Deshalb allgemeinen sehr viele Funktions- bzw. Simula- sind bei Problemen mit mehr als zwei Parametern toraufrufe. Es ist also sinnvoll, globale und lokale als globale Optimierungsverfahren nur stochasti- Techniken zu koppeln. Dieser Ansatz wird z. B. in sche bzw. heuristische Verfahren sinnvoll. Weiter- den Cluster-Methoden realisiert, von denen ein Ver- hin ist es von Vorteil, verschiedene Algorithmen zur fahren (BTRK) von Boender, Rinnooy Kan, Tim- Auswahl zu haben, da es für spezielle Problemklas- mer und Strougie in der Implementation von Csen- sen angepasste Verfahren gibt. des [19] integriert wurde. Cluster-Verfahren sind im Prinzip verbesserte Multistart-Verfahren. Bei letzte- BMBF-Verbundprojekt OMID - 146 - ren wird der Optimierungsprozess mit unterschied- Verfahren funktionieren. In OPAL ist die diagonale lichen Startwerten durchgeführt, wodurch mehrere Skalierung möglich, d. h. Division durch einen lokale Minima entdeckt werden können. Dabei wer- (bzw. Multiplikation mit einem) durch den Nutzer den i. a. jedoch viele unnötige Simulatoraufrufe zu bestimmenden Faktor. durchgeführt, wenn der Optimierer für unterschied- Zu indirekten Verfahren gibt es eine Vielzahl liche Startwerte gegen das gleiche lokale Minimum von Lehrbüchern, u. a. [5], [17]. Diese Algorithmen konvergiert. Cluster-Verfahren durchmustern dage- bestimmen in einem ersten Schritt eine Abstiegs- gen in einem ersten Schritt den Suchraum, entweder richtung, um danach durch eine Liniensuche deterministisch mittels eines Gitters oder stochas- (Strahlminimierung) entlang dieser Richtung eine tisch. Anschließend bilden sie Cluster, welche die neue Näherung für das Minimum zu finden. Umgebung lokaler Minima identifizieren. Danach Wegen ihrer schnellen Konvergenz und Zuver- wird in jedem Cluster ein lokales Verfahren benutzt. lässigkeit sind die Quasi-Newton-Verfahren sehr Ein weiteres populäres Verfahren der globalen populär. Sie bilden im aktuellen Punkt ein quadrati- Optimierung ist Simulated Annealing [15], welches sches Modell der Zielfunktion. Die (inverse) Hesse- auch für diskrete Problemstellungen geeignet ist. Es Matrix wird durch Aufdatierungsformeln (BFGS, zählt ebenfalls zu den stochastischen Verfahren. DFP) approximiert, welche nur erste Ableitungen Schließlich wurde noch DIRECT [4] in OPAL enthalten. Neben dem BFGS-Verfahren aus [15] eingebunden, ein Verfahren zur Minimierung Lip- wurde in OPAL auch L-BFGS-B [20] eingebunden, schitz-stetiger Funktionen. Es ist jedoch nur für welches bereits Schranken berücksichtigt und effek- höchstens zweidimensionale Probleme geeignet, da tiver mit dem Speicher umgeht (Limited-Memory sonst zu viele Simulatoraufrufe benötigt werden. Quasi-Newton-Verfahren). Optimierungsverfahren können in direkte und Verfahren vom Typ der konjugierten Gradienten indirekte Verfahren unterteilt werden. Bei letzteren (cg) liefern im Gegensatz zu Quasi-Newton-Verfah- werden erste Ableitungen bzw. Gradienten der Ziel- ren Suchrichtungen, ohne eine Matrix zu speichern, funktion benötigt, welche numerisch über Differen- und sind deshalb auch für etwas größere Probleme zenquotienten approximiert werden müssen. Ob- geeignet. In OPAL ist das Verfahren aus [15] zu fin- wohl zentrale Differenzenquotienten mit Ordnung 2 den. approximieren, werden Vorwärtsdifferenzen – am Als die gegenwärtig effizienteste universell ein- Rand des zulässigen Bereiches auch Rückwärtsdif- setzbare Methode zur Lösung von nichtlinearen Op- ferenzen – verwendet: timierungsproblemen mit Restriktionen wird die se- quentielle quadratische Approximation (SQP) ∂ fx()+ hkek – fx() fx()≈ ------angesehen. Das FSQP-Verfahren [8] ist als Vertreter ∂xk hk dieser Klasse in OPAL eingebaut worden. Direkte Suchverfahren arbeiten ableitungsfrei Diese approximieren zwar mit erster Ordnung, und bestimmen Suchrichtung und Schrittweite heu- benötigen aber nur halb so viele Simulatoraufrufe. ristisch. Das wohl am meisten verbreitete Verfahren Ein kritischer Punkt ist die Wahl der Schrittwei- dieser Klasse ist das Simplex-Verfahren von Nelder te. Dafür ist es notwendig zu wissen, mit welcher und Mead [15]. Es ist in der Anzahl der benötigten Genauigkeit der Simulator seine Ergebnisse ausgibt. Simulatoraufrufe vergleichbar mit Quasi-Newton- So gibt z. B. SABER höchstens 8 gültige Ziffern Verfahren, kann jedoch in manchen Fällen auch ver- aus. Bei den oben erwähnten einseitigen Differen- sagen [14]. Hat das Problem n Parameter, so wird zenquotienten ist h = x 10–m sinnvoll, wobei k k mit einem Simplex der Dimension n + 1 gestartet m die Anzahl der gültigen Ziffern ist. Eine ausführ- und durch eine Kombination aus Reflexion, Expan- liche Diskussion zur Wahl der Schrittweite findet sion und Kontraktion dieses Simplex in einem itera- man in [5], dort jedoch im Zusammenhang mit der tiven Prozess die Optimallösung gefunden. Der Maschinengenauigkeit. Bei sehr wenigen gültigen Simplex passt sich dabei der lokalen Landschaft – Ziffern (weniger als 4) oder wenn in der Zielfunkti- wie z. B. engen Tälern – an. on Rauschen vorhanden ist, sollten nur direkte Andere direkte Verfahren nutzen konjugierte Suchverfahren benutzt werden. Richtungen, so etwa das Verfahren von Powell oder Oft unterscheiden sich die Parameter um mehre- der Praxis-Algorithmus von Brent [15]. re Größenordnungen. Ein wichtiger Punkt ist des- Ein wichtiges Merkmal praktischer Probleme ist halb die Möglichkeit, die Parameter skalieren zu die Beschränkung der Parameter. Das können einfa- können, damit die Approximation der Differenzen- che Schranken, aber auch lineare oder nichtlineare quotienten, die Schrittweitenbestimmung bei der Restriktionen sein. Sie ergeben sich aus dem Gültig- Strahlminimierung und die Konvergenzkriterien der keitsbereich von Modellen oder aus prozesstechni- BMBF-Verbundprojekt OMID - 147 - schen Randbedingungen. Manche der in OPAL ein- det, als ableitungsbasiertes und angepasstes gebundenen Verfahren berücksichtigen Schranken Verfahren N2FB. Es lieferte nicht nur etwas bessere für die Parameter automatisch, FSQP kann sogar Ergebnisse als das Nelder-Mead-Verfahren, sondern mit linearen und nichtlinearen Restriktionen umge- benötigte auch nur etwa halb so viel hen. Ist das ausgewählte Verfahren für unrestrin- Funktionsaufrufe. gierte Probleme bestimmt, so werden Schranken und Restriktionen über Straf- (Penalty-) bzw. Barri- erefunktionen berücksichtigt. Dabei ist zu beachten, dass bei praktischen Problemen der zulässige Be- reich nicht verlassen werden darf. Die Verfahren sind in der Praxis durch viele Simulatoraufrufe sehr aufwendig und arbeiten wegen der zunehmend schlechten Kondition der Hessematrizen ziemlich unzuverlässig. Einen Ausweg bieten exakte Straf- funktionen. Bei diesen wird der Strafparameter nicht beliebig groß, und wählt man ihn geeignet, so erhält man die Optimallösung schon nach einer ein- zigen unrestringierten Optimierung. Deshalb wird in OPAL auch die Betragsfunktion (absolut value penalty function) als Straffunktion eingesetzt. Um Bild 11: Rosa Filter, optimiert mit Simulationen außerhalb des zulässigen Bereiches zu Nelder-Mead-Simplex- und N2FB-Verfahren vermeiden, wird dort der bisher maximale Funkti- onswert verwendet. Durch den modularen Aufbau von MOSCITO Von den zahlreichen Optimierungsverfahren in können neben dem Optimierungsagenten OPAL OPAL wurden in den folgenden zwei Abbildungen auch andere Optimierer verwendet werden. So wur- jeweils das Nelder-Mead-Verfahren als der im All- den bereits das Programm MODOS der Universität gemeinen am besten arbeitende Vertreter der direk- Bremen und die Optimierungs-Toolbox von Matlab ten Verfahren und ein ableitungsbasiertes Verfahren erfolgreich integriert. gegenübergestellt.

5 Internet-basierte Arbeitsweise

Neben der Möglichkeit, im Rahmen von MOS- CITO Simulations-, Optimierungs- und andere Werkzeuge im Verbund nutzen zu können, besteht ein wesentlicher Vorzug in der verteilten Arbeits- weise. Das bedeutet, dass die Einzelprogramme auf verschiedenen Rechnern und ggf. an verschiedenen Orten arbeiten können. Für die Kommunikation und den Datenaustausch ist lediglich eine LAN- oder In- ternetverbindung erforderlich. Zur Erläuterung der Internet-basierten Arbeits- weise von MOSCITO sollen zunächst einige Begrif- Bild 10: Banana-Funktion, optimiert mit fe eingeführt werden. Nelder-Mead-Simplex- und FSQP-Verfahren Damit ein Anwender im Internet oder LAN die gewünschten Dienste in Form der MOSCITO- Bei der Banana-Funktion Agenten findet, ist eine zentrale Registrierung erfor- 2 2 2 derlich. Diese wird über den MOSCITO Master f()x1, x2 = 100()x2 – x1 + ()1 – x1 → Min! Server verwaltet. Weiterhin ist es notwendig, pro ermittelte das FSQP-Verfahren schneller das Mini- Rechner, wo Dienste bzw. Agenten zur Verfügung mum. Bei der Optimierung des Rosa-Filters sollte gestellt werden, einen MOSCITO Slave Server zu der Ist-Verlauf des Frequenzgangs an einen vorge- betreiben. Während am Master-Server alle Slave- gebenen Soll-Verlauf angepasst werden. Als Server registriert werden, werden pro Rechner alle Fehlermaß wurde die Quadratmittelnorm verwen- Agenten am (lokalen) Slave-Server angemeldet. Ein BMBF-Verbundprojekt OMID - 148 -

Der Preis der gewonnenen Flexibilität besteht Master Server (Registrierung) im zusätzlichen Kommunikationsaufwand über die Netzverbindungen. Hier haben aber alle praktisch relevanten Beispielrechnungen gezeigt, dass der Zeitaufwand für die Simulation und zum Teil auch Slave Server 2 + Agents für die Optimierung deutlich höher ist als die benö- 3 tigte Zeit für den Datentransfer. 1

4

2 3 4

Front-End-Programm (Anwender) LAN

Slave Server + Agents

Bild 12: MOSCITO ermöglicht netzwerkweit das InternetInternet Auffinden und Starten von Agenten.

Anwender muss nun lediglich den Master-Server kontaktieren, um eine vollständige Übersicht über Bild 13: MOSCITO-Agenten arbeiten im alle in einem Netzwerk registrierten Agenten zu er- Internet verteilt auf verschiedenen Rechnern. Das halten. Das MOSCITO-Front-End-Programm Szenario entspricht dem Simulations- unterstützt das Auffinden, Auswählen und Konfigu- Optimierungs-Zyklus von Bild 4. rieren der gewünschten Agenten. Bild 12 illustriert den Ablauf. Das Front-End des Anwenders kontak- tiert den Master-Server (1), dieser gibt die Suchan- Kritisch für das korrekte Funktionieren von frage an alle Slave-Server weiter (2). Die Slave-Ser- MOSCITO ist die Stabilität der Netzverbindungen. ver können nun Auskunft über die registrierten Spezielle Funktionen in der MOSCITO-Kommuni- Agenten geben und auf Anforderung die vom An- kationsschicht sorgen bei Problemsituationen dafür, wender gewählten Agenten starten (3). Wurde der dass alle gestarteten Agenten ordnungsgemäß been- Start erfolgreich ausgeführt, kontaktiert der Agent det und die Kommunikationsverbindungen korrekt unmittelbar das Front-End-Programm (4), über das abgebaut werden. der Anwender dann die weitere Kontrolle aller Ein weiteres Problem besteht dann, wenn aus Funktionen des Agenten übernimmt. So kann jeder Gründen der Netzsicherheit eine Firewall die direk- Agent und damit das in ihm eingebettete Werkzeug te TCP/IP-Kommunikation verhindert. Da die Ver- jederzeit angehalten oder nach dem Staus befragt bindungen zwischen den Agenten dynamisch gene- werden. Weiterhin ist jeder Agent in der Lage, Er- riert werden, genügt es nicht, einzelne Ports der gebnisdaten (z.B. nach einer Simulation) direkt an Firewall für MOSCITO freizuschalten. Eine erste das Front-End-Programm des Anwenders zu schi- prototypische Lösung für dieses Problem wurde auf cken. der Basis des SOCKS-Protokolls implementiert. In Durch die verteilte, Internet-basierte Arbeits- Verbindung mit verfügbaren Proxy-Servern ist es weise von MOSCITO lassen sich in erster Linie die damit möglich, MOSCITO auch über Firewall- in Abschnitt 1 genannten Ressourcen- und Verfüg- Grenzen hinweg zu betreiben. barkeitsprobleme elegant lösen. So kann der Ent- werfer das gesamte von MOSCITO bereitgestellte Leistungsspektrum von seinem Arbeitsplatz aus 6 Anwendungsbeispiele nutzen und z.B. die rechenzeitintensiven Simulatio- nen auf entsprechend leistungsfähiger Hardware Für das in Abschnitt 1 skizzierte Optimierungs- laufen lassen. Da außerdem nicht alle vom Entwer- problem beim Entwurf der Mehrzellenionisations- fer benötigten Programme vor Ort installiert und ge- kammer wurde im Rahmen des Projektes ein Ge- wartet werden müssen, sinkt der Administrations- samtsystemmodell erstellt, das die Basis für die aufwand drastisch. Optimierung bildet. BMBF-Verbundprojekt OMID - 149 -

Aufgabe des zu optimierenden Messsystems ist es, einen ausreichend hohen (maximalen) Störsig- es, Materialfehler – im weiteren „Störungen“ ge- nalpegel uS (s. Bild 15) auch bei großen Bandge- nannt – bei Bandmaterialien in x,z-Richtung sowie schwindigkeiten zu erreichen. Dickenschwankungen zu detektieren. Die prinzipi- elle Struktur des Messsystems sowie die Größen- ordnung von Materialfehlern und die Materialge- Flächenmasseänderung schwindigkeiten bei industriellen Herstellungsverfahren sind in Bild 14 aufgeführt. MAX 3 1 us / V a u 2 MIN Strahlungsquelle 1 vMat = 10 m/s Quelle Materialbahn 2 vMat = 15 m/s 3 vMat = 30 m/s Material v

y Fenster z x

ES(r,t) t / s Bild 15: Ausgangsspannung des Verstärkers bei i (t) k verschiedenen Bandgeschwindigkeiten. ia(t) Optimierungsparameter, die den größten Ein- UB u (t) a fluss auf den Zielfunktionswert erwarten lassen, sind Kammerstrom uk(t) Mehrzellen- Vorverstärker • die Geometrie der Einstrahlungsverhältnisse, d.h. Ionisationskammer die Abstände Quelle-Bahn a_1 und Bahn-Kam- mer a_2, Dickenabweichungen: ∆d = 1% von d • der Kammerinnendruck p, Materialstörungen: ∆x, ∆z < 5 ... 30 mm • die Kammer-Betriebsspannung UB Bandgeschwindigkeit: v = 0,2 ... 30 m/s und insbesondere • die Verstärkerbeschaltung r5, c5 sowie Bild 14: Komponenten des radiometrischen • die geometrischen Parameter der Kammer. Messsystems und technologische Anforderungen

Die hohe Bandgeschwindigkeit erfordert hohe Abtastraten und eine geringe Zeitkonstante in der Signalverarbeitung des Messsystems. Durch Simu- lationen am Gesamtmodell [3] lässt sich zeigen, dass die technologisch vorgegebene Band- geschwindigkeit nicht nur die verfügbare Detekti- onszeit, sondern auch den Pegel des ohnehin sehr schwachen Störsignals beeinflusst. In Bild 15 ist der Signalpegel am Vorverstärkerausgang für das Durchlaufen einer 0,01 mm starken flächigen Mate- rialverdickung aus Kupfer auf einem 0,5 mm star- ken Trägermaterial für verschiedene Bandge- schwindigkeiten dargestellt. Neben den dynamischen Forderungen ist gleichzeitig eine hohe Verstärkung des von der Kammer gelieferten sehr kleinen Stromsignales er- forderlich (∆iK(t) << 10 nA). Geringe Zeitkonstante Bild 16: Verlauf der Optimierung: und hohe Verstärkung sind konkurrierende Aus- Parameter (oben) und Zielfunktionswert (unten). legungskriterien und können nur sinnvoll im Zu- sammenspiel der einzelnen Komponenten beurteilt Das Gesamtsystemmodell des Messsystems werden. Damit ist eine Optimierung der gesamten wurde für den Simulator SABER erstellt [3] – es Systemkette erforderlich. Ziel der Optimierung war kommt somit der MOSCITO-SABER-Agent zum BMBF-Verbundprojekt OMID - 150 -

Einsatz. Da eine Simulation nur wenige Sekunden dauert, kann der Agent auf einer Workstation mit durchschnittlicher Leistungsfähigkeit mit dem Be- triebssystem Solaris laufen. Ergebnisse der Opti- mierung [3] unter Verwendung der o.a. Parameter, allerdings für eine feste Kammergeometrie, sind in Bild 16 und Bild 17 dargestellt. Bild 16 zeigt den Verlauf von Optimierungsparametern (oben) und Zielfunktionswert für das gewählte Optimierungs- verfahren Nelder-Mead-Simplex. Der Zielfunkti- onswert der optimierten Lösung liegt bei Z ~ 1,7 mV. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der Startlösung mit Z = u < 1 mV. Bild 17 zeigt S Bild 18: 3D-Modell des Kraftsensors. Die den Spannungsverlauf am Verstärkerausgang für ein Geometrie der Kerbe an der Oberseite soll Messsystem mit optimalen Designparametern, be- optimiert werden. rechnet für eine Materialstörung von 0,01 mm Di- cke auf 0,5 mm Kupferträger. fahren erzielten Ergebnisse. Die Kraftverteilung konnte deutlich an die Sollvorgaben angenähert werden, woraus sich eine Verbesserung der Ferti- gungstoleranzen ergab.

Materialstörung / V / a u ε Soll

vor der Optimierung

ε

t / s nach der Optimierung Bild 17: Auswirkung einer Materialstörung auf die Spannung am Verstärkerausgang bei optimalen Designparametern. Bild 19: Verbesserte Kraftverteilung am Sensor durch Optimierung der Kerbengeometrie. Für das zweite Beispiel – die Optimierung eines Kraftsensors – wurde zur Berechnung des System- verhaltens der MOSCITO-ANSYS-Agent verwen- det. Da eine FEM-Simulation je nach Komplexität 7 Zusammenfassung der Struktur, verwendetem Modell und gewähltem Detaillierungsgrad zum Teil extrem lange Rechen- MOSCITO wurde als Internet-basiertes Simula- zeiten benötigt, war es für die Optimierung, bei der tions-Optimierungs-System vorgestellt, das dem pro Optimierungsschritt ein Simulationslauf not- Entwerfer über ein grafisches Front-End eine breite wendig ist, zwingend notwendig, schnelle Hard- Palette an Simulationswerkzeugen und Optimie- ware zu nutzen. Mit Hilfe von MOSCITO konnte rungsverfahren zur Verfügung stellt. Die modulare, ANSYS auf einer Sun Workstation mit zwei Prozes- Agenten-basierte Architektur von MOSCITO ge- soren und 1 GByte Hauptspeicher laufen, während stattet, frei verfügbare wie kommerzielle Entwurfs- der Optimierungsfortschritt einschließlich der simu- werkzeuge zu Workflows miteinander zu verbinden lierten Zwischenergebnisse am lokalen PC online und über LAN oder Internet vom Arbeitsplatz des verfolgt werden konnte. Die Zeit für eine 2D-Simu- Entwerfers aus zu nutzen. Speziell für die Optimie- lation dauerte etwa 40 Sekunden, für das 3D-Modell rung von Mikrosystemen wurden 6 wurde sogar eine halbe Stunde benötigt. Bild 19 Simulationswerkzeuge und 11 Optimierungsverfah- zeigt die mit dem in OPAL integrierten BTRK-Ver- ren in MOSCITO integriert und an Anwendungsbei- BMBF-Verbundprojekt OMID - 151 - spielen getestet. Derzeit befinden sich MOSCITO- [6] Jakob, W.; Gorges-Schleuter, M.; Blume, C.: Installationen bei Partnern in Bremen, Tallinn, Application of Genetic Algorithms to Task Planning and Learning. In: Männer, R.; Manderick, Darmstadt und Bratislava, so dass vor allem bei der B. (eds.): Conf. Proc. PPSN II, North-Holland, Internet-basierten Werkzeugnutzung wertvolle Er- Amsterdam, S.291-300, 1992 fahrungen gesammelt werden können. [7] Jakob, W.; Gorges-Schleuter, M.; Sieber, I.; Süß, W.; Eggert, H.: Solving a Highly Multimodal Design Optimization Problem Using the Extended Genetic Algorithm GLEAM. In: S. Hernandez, A.J. Kassab, C. A. Brebbia: Computer Aided Design of Structures VI, WIT Press, Southampton, S.205-214, 1999. [8] Lawrence, C. T.; Zhou, J. L.; Tits, A. L.: User’s Guide for CFSQP Version 2.3: A C Code for Solving (Large Scale) Constrained Nonlinear (Minimax) Optimization Problems, Generating Iterates Satisfying All Inequality Constraints. Institute for Systems Research, College Park, Maryland, 1995 [9] Modelica: http://www.Modelica.org [10] MOSCITO: http://www.eas.iis.fhg.de/solutions/moscito [11] Peters, D.; Bolte, H.; Böhnke, R.; Bischoff, L. und Laur, R.: MODOS - Model Based Design Optimization System. IEEE Proceedings of the Bild 20: MOSCITO-Desktop – die grafische 43rd Midwest Symposuim on Circuits and Systems, Nutzerschnittstelle. Lansing, Michigan, August 2000 [12] Peters, D.; Laur, R.: An Improvement of Rosenbrocks Algorithm for Model Based Design Das diesem Beitrag zugrunde liegende Vorhaben Optimization of Microsystems. Sixth IEEE „OMID – Optimierung von Mikrosystemen für Dia- International Conference on Electronics, Circuits gnose- und Überwachungsanwendungen“ wird mit and Systems; Zypern, 1999 Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wis- [13] PORT Mathematical Subroutine Library: senschaft, Forschung und Technologie (BMBF) un- http://www.bell-labs.com/project/PORT/ ter dem Kennzeichen 16 SV 988/2 gefördert. Die [14] Powell, M. J. D.: Direct search algorithms for optimization calculations. In: Acta Numerica Vol. Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentli- 7. Cambridge University Press, 1998 chung liegt allein bei den Autoren. [15] Press, W. H.; , B. P.; Teukolsky, S. A.; Vetterling, W. T.: Numerical recipes in C. The art of scientific computing. 2. Auflage. Cambridge 8 Literatur University Press, 1992 [16] Schneider, P.; Huck, E.; Reitz, S.; Parodat, S.; Schneider, A.; Schwarz, P.: A modular approach for [1] Blume, C.: GLEAM - A System for intuitive simulation-based optimization of MEMS. Proc. Learning. Proc. of PPSN I, LNCS 496, Springer- ISMA 2000, Singapore, November 2000. Verlag, S.48-54, 1991. [17] Spellucci, P.: Numerische Verfahren der [2] Bolte, H.; Laur, R; Huck, E.; Diener, K.-H.; nichtlinearen Optimierung. Basel [u. a.]: Schneider, P.; Schwarz, P.: Entwurfsunterstützung Birkhäuser, 1993 für radiometrische Messsysteme - physikalische Modellierung, Simulation und Optimierung. [18] Stenzel, R. et al.: Simulation of AlGaN&GaN- OMID-Statusseminar, Bremen, 2001 HFETs including spontaneous and piezoelectric polarisation charges. Proc. 26th International [3] Diener, K.-H.; Huck, E.; Schneider, P.; Schwarz, P.: Symposium On Compound Semiconductors, Berlin Entwurfsunterstützung für radiometrische 1999 Messsysteme - Kammerelektronik und Gesamtsystemmodell. diese Tagung [19] Törn, A.; Zilinskas, A.: Global optimization. Berlin [u. a.]: Springer, 1989 [4] Gablonsky, J. M.: Modifications of the DIRECT Algorithm. PhD Thesis, North Carolina State [20] Zhu, C.; Byrd, R. H.; Lu, P.; Nocedal, J.: L-BFGS- University, 2001 B: FORTRAN subroutines for large-scale bound constrained optimization. ACM Trans. Math. [5] Gill, P. E.; Murray, W.; Wright, M. H.: Practical Software 23 (1997), S. 550–560 Optimization. Academic Press, San Diego, 1997. BMBF-Verbundprojekt OMID - 152 -

ORBIT – INTERNEBASIERTE PLATTFORM FÜR REMOTE- ANWENDUNGEN Dipl.-Inform. Andreas Reiffer InterConnect Software GmbH, Karlsruhe Email: [email protected]

Dipl.-Inform. Peter Rohnacher InterConnect Software GmbH Karlsruhe Email: [email protected] Kurzfassung 2 Systemarchitektur Der vorliegende Beitrag beschreibt die im Die ORBIT-Systemarchitektur besteht aus Rahmen des Verbundprojekts OMID drei Hauptkomponenten, wobei jede dieser entwickelte Plattform für Remote- Komponenten im Bedarfsfall auch mehrfach Anwendungen ORBIT. Sie gestattet es über vertreten sein kann (Abb. 1): normale WWW-Browser komplexe • Tool-Anwender Simulations- und Optimierungsläufe auf entfernten Rechnern durchzuführen und zu • Tool-Server verwalten. Die Anbindung der Benutzer • ORBIT-System erfolgt durch das Standard-http-Protokoll, die Kommunikation mit den Tool-Servern wird mit SOAP durchgeführt. Kernkomponente des

ORBIT-Systems die objekt-orientierte http / html Tool- Datenbank, in der alle Modell- und Anwender Ergebnisparameter abgespeichert und abgerufen werden. Internet 1 Einleitung http / soap Im Rahmen des Verbundprojekts OMID soll durch die beteiligten Forschungseinrichtungen Tool-Server ein verteiltes Dienstleistungszentrum ORBIT aufgebaut und eingesetzt werden. Das in diesem Beitrag vorgestellte System ORBIT Abbildung 1: ORBIT-Systemarchitektur unterstützt hierbei sowohl die Forschungseinrichtungen als Dienstleister, als auch die Industrieunternehmen als Nutzer. 2.1 Tool-Anwender Die netzwerktechnische Basis für das Der Tool-Anwender verbindet sich über das Softwaresystem ist das Internet. Alle Internet mit dem ORBIT-System. Dazu ist Projektpartner verfügen über Zugangs- auf Anwenderseite lediglich ein herkömmli- möglichkeiten zum Internet und sind jederzeit cher http-Browser notwendig. Die gesamte online über das Internet zu erreichen. Der Kommunikation von und zum ORBIT- Nutzen für die Anwender ist klar erkennbar: System erfolgt über HTML-Seiten und –For- Forschungseinrichtungen oder Partner der mulare. Großindustrie setzen das ORBIT-Framework als Dienstleistungsbasis für die effiziente und 2.2 Tool-Server kostengünstige Bereitstellung ihrer Resourcen Der Tool-Server ist für die Berechnung und zur Nutzung durch andere Partner ein. Durchführung der eigentlichen Simulations- und Optimierungsaufträge zuständig. Er steht BMBF-Verbundprojekt OMID - 153 - ebenfalls über das Internet in Verbindung mit Formulare für die Konfiguration der Modelle ORBIT-System. Die Kommunikation erfolgt sowie für die Abfrage der Berechnungsergeb- dabei ausschließlich über das HTTP-basierte nisse generiert. SOAP-Protokoll (Simple Object Access Pro- tokoll). Der entscheidende Vorteil dieses 2.3.2 Datenbank-Server (Data-Server) Plattform-unabhängigen Protokolls ist offen- Der Datenbank-Server sorgt für Speicherung sichtlich: Da als „Transportmedium“ das weit der Auftrags- und Ergebnisdaten in der Da- verbreitete HTTP-Protokoll verwendet wird, tenbank. Das zugrundeliegende relationale kann ein Tool-Server auch in geschützten Datenmodell ist aus Gründen der Poly- Umgebungen eingesetzt werden, ohne dass morphie mit einem objektorientierten Aufsatz Interferenzen mit Firewalls oder anderen Si- versehen. Das objektorientierte Datenmodell cherheitsinstanzen zu erwarten sind. ist im weiteren Verlauf dieses Beitrags be- schrieben. Neben den eigentlichen Nutzdaten 2.3 ORBIT-System der jeweiligen Anwendung sind im Data – Das ORBIT-System besteht aus drei weiteren Server zusätzlich die notwendigen Workflow- Einzelkomponenten sowie einem unterstüt- beschreibungen hinterlegt. zenden Tool zur Workflow-Modellierung: Mittels der im Data-Server vorgehaltenen Konfigurationsschnittstelle besteht die Mög- • Internet Web-Server lichkeit zur Konfiguration der Daten, Modelle • Data-Server und Workflows durch zusätzliche externe Tools. Durch diese Schnittstelle ist es mög- • ORBIT-Server lich, im Bedarfsfall das generische HTML- • Unterstützend: Workflow-Editor Interface im Internet Web-Server durch ein individuelles Präsentationstool zu ersetzen und hierüber die Manipulation der Daten, Externe Anwender Internet Web-Server Modelle und Workflows vorzunehmen. und Tools HTML-Interface 2.3.3 ORBIT-Server Web-Client Data-Server Der ORBIT-Server wird mit den XML- generierten Auftragsdaten aus der Datenbank DB DOC Konfigurations- versorgt und verschickt sie über SOAP an den Tools Data-Engine Interface entsprechenden Tool-Server zur weiteren Verarbeitung. Nach Abschluss der Berech- Remote- ORBIT-Server Tools nungen ist der ORBIT-Server für die Spei- WF-Engine Interface RT API cherung der Ergebnisdaten in der Datenbank Remote Tool API verantwortlich, damit diese später vom Inter- net Web-Server an den Benutzer übermittelt Abbildung 2: ORBIT-System werden können. Darüber hinaus überwacht 2.3.1 Internet Web-Server der ORBIT-Server die Einhaltung und Wei- Die Hauptaufgabe des Internet Web-Servers terschaltung von Workflows zur korrekten ist die Kommunikation mit dem Tool- Abwicklung komplexer, zusammengesetzter Anwender. Auf Anforderung des Benutzers Aufträge. Die Kommunikation zwischen dem werden die Daten aus der Datenbank ermittelt, jeweiligen Remote Tool und dem ORBIT- bzw. dort abgelegt und dem Benutzer in Form Server erfolgt durch die Remote-Tool-API. von HTML-Seiten zur Verfügung gestellt. Der Zur Steuerung der Workflows bietet der OR- http-Server ist ebenfalls für die Verwaltung BIT-Server ein Programmier-Interface für die der Datenbank, die Auftragsgenerierung für Workflow-Engine. den Kommunikationsserver, sowie die XML- Generierung der Auftragsdaten zuständig. Über die generische HTML-Schnittstelle wer- 3 Workflows in ORBIT den aus dem Data-Server automatisch HTML- Anwendungsprozesse, die durch ORBIT BMBF-Verbundprojekt OMID - 154 - gesteuert werden, bestehen in der Regel aus Aufrufparameter der Remote-Tools abgelegt. mehreren Schritten, die jedoch nicht zwingend Die Transition-Elemente entsprechen den sequentiell ausgeführt werden müssen Kanten im gerichteten Graph und definieren (Zyklen, paralleles Aufrufen, bedingte die Übergänge zwischen einzelnen Activities. Ausführung, etc.). Um diesen Anforderungen Nachfolgende Abbildung zeigt die graphische gerecht zu werden, verfügt ORBIT über eine Reprästentation eines typischen Workflows Workflow-Engine, die die Verwaltung der mit den Participants „Sim1“ und „Opt1“. Anwendungsprozessstrukturen in Form von dynamischen Workflows zulässt. Workflows werden in ORBIT – vereinfacht ausgedrückt – als gerichtete Graphen mit Knoten und Kanten abgelegt. Ein Knoten eines Graphen definiert den jeweiligen Teilschritt des Prozesses, eine Kante definiert die Vorgänger-Nachfolger- Beziehung zwischen jeweils zwei Knoten.

3.1 Datenstruktur eines Workflows Die datenstrukturelle Grundlage eines Workflows in ORBIT basiert auf Empfehlungen der Workflow Management Coalition (WfMC, http://www.wfmc.org). Abbildung 3: Typischer Workflow Dieses Gremium, mit über 300 Mitgliedsorganisationen weltweit, definiert eine Reihe von Standards um den 3.2 Workflow-Editor Themenkreis Workflow. Im ORBIT-Sytsem Der manuelle syntaktisch korrekte Entwurf wurde bei der Implementierung auf eine von Workflowbeschreibungen erfordert vom weitgehende Einhaltung der dort Bearbeiter ein sehr detailliertes Wisses um empfohlenen Standards geachtet, so dass die den datenstrukturellen Aufbau der Datei. Um Kompatibilität mit anderen WfMC-konformen den Anwender bei dieser Arbeit zu entlasten, Systemen gegeben ist. wurde ein graphischer Editor für den Entwurf Eine Workflowdefinition in ORBIT besteht von Workflows für das ORBIT-System im Wesentlichen aus den Grundelementen entwickelt. Folgende Abbildung zeigt einen • Participant -Shot des Workflow-Editors. • Data • Activity • Transition Das Grundelement „Participant“ beschreibt den Teilnehmer eines Workflows. In Bezug auf das ORBIT-System werden hier die Daten eines Tool-Clients, bzw. Tool-Anwenders hinterlegt. Das Data-Element trägt Nutzdaten, die zwischen einzelnen Participants und Activities ausgetauscht werden. Mit Bezug auf ORBIT handelt es sich hierbei um die Modelldaten, Parametersätze und Ergebnisse. Abbildung 4: Der Workflow-Editor Durch das Element „Activity“ wird ein einzelner Prozessschritt näher beschrieben. In Der Editor ermöglicht die graphische Eingabe ihm werden die Konfigurations- und BMBF-Verbundprojekt OMID - 155 - des Workflows mit seinen Komponenten. • Schritt 3: Ergebnisabfrage Über spezielle Dialog-Fenster werden die • Schritt 4: Abfrage statischer Ergebnis- einzelnen Elemente des Workflows se konfiguriert. Die Abbildung oben zeigt beispielhaft das Dialog-Fenster eines Participant-Elements. 4.1 Schritt 1: Start der Simulation

Neue Simulation durchführen

3.3 Austauschformat der HTML-Formular anfordern Workflowdaten Zur Verwendung im ORBIT-System müssen Instanziierung in der Datenbank die mit dem Editor erstellten Workflows Internet exportiert und über das WF-Engine-Interface XML-Generierung im ORBIT-Server importiert werden. Als SOAP: Aufruf ToolServer Austauschformat für die Daten wird XML verwendet. Die zugrunde liegende Struktur ist ebenfalls WfMC-konform. Folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt einer Workflow-Definition in XML. Abbildung 6 Der Tool-Anwender fordert vom http-Server ein HTML-Formular an, in das er die Modelldaten der Simulation einträgt. Dabei kann, je nach Art der Simulation ebenfalls aus einer Liste bereits bestehender Modelle ausgewählt werden. Die eingegebenen Daten werden dann vom http-Server in die Datenbank eingetragen und es erfolgt die Auftragsgenerierung und Übermittlung der XML-Daten an den ORBIT-Server. Der ORBIT-Server verbindet sich daraufhin mit dem passenden Toolserver und übermittelt ihm die Auftragsdaten zur Berechnung. Nach positiver Quittierung wird der Start in der Datenbank protokolliert.

Abbildung 5: Workflow-Beschreibung in XML

4 Einsatz-Szenario Ein typischer Ablauf eines Simulationsauftrags in ORBIT-System besteht aus vier Schritten: • Schritt 1: Start der Simulation • Schritt 2: Abfrage von Statusinformati- onen BMBF-Verbundprojekt OMID - 156 -

4.2 Schritt 2: Abfrage von durch den Tool-Anwender bereit. Die Statusinformationen Vorgehensweise ist vergleichbar mit den Schritten 1 und 2. Der http-Server übermittelt Statusinformation anfordern die Ergebnisanforderung an den ORBIT- Server, der seinerseits für den Abruf der Daten beim Tool-Server sorgt. Die gelieferten Ergebnisdaten werden dann in der Datenbank abgelegt und als Links für den Benutzer Internet abrufbar. Alternativ können die Ergebnisdaten auch auf dem Tool-Server SOAP: Aufruf ToolServer verbleiben. Bei dieser Variante müssen die Ergebnisdaten jedoch für den Tool-Anwender Schritt 2: direkt bei Tool-Server abrufbar sein Statusinformation abfragen (Zugriffsrechte).

Abbildung 7 4.4 Schritt 4: Abfrage statischer Bei den meist relativ zeitintensiven Ergebnisse Berechnungen kann der Benutzer in der Regel keine sofortige Rückübermittlung der Ergebnisse erwarten. Daher ist es sinvoll, dem Benutzer die Möglichkeit zum Abruf von Statusinformationen über den abgesetzten Auftrag zu geben. Der Ablauf ist ähnlich zu Internet dem in Schritt 1: Nach Übermittlung der Anfrage vom Benutzer an den http-Server veranlasst dieser den Abruf von Statusinformationen des Tool-Servers über den ORBIT-Server. Diese Informationen werden dann wieder in der Datenbank abgelegt und werden zum Abschluss vom Abbildung 9 http-Server an den Tool-Anwender übermittelt. Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Konzeption der ORBIT-Struktur ist die 4.3 Schritt 3: Ergebnisabfrage zentrale Rolle der Datenbank. Aufgrund der unter Umständen langen Berechnungszeiten Ergebnisse anfordern für Aufträge ist es sinnvoll, Auftrags- und Ergebnisdaten in der Datenbank dauerhaft zu speichern. Dadurch ist auch ein späterer statischer Abruf von Daten durch den Benutzer möglich. Sollten vom Benutzer Internet Auftragsdaten eines bereits berechneten Auftrags vorhanden sein, wird dies bereits SOAP: Aufruf ToolServer beim Initialisierungsprozess durch den http- Server festgestellt und der Benutzer direkt Schritt 3: mit den zugehörigen Ergebnisdaten versorgt. Ergebnisse abfragen Die zeitaufwendige Neuberechnung auf dem Abbildung 8 Tool-Server entfällt.

Nach Abschluss der Berechnungen im Tool- Server stehen die Ergebnisse zur Abfrage BMBF-Verbundprojekt OMID - 157 -

5 Beispiel: Simulation der HTML-Link im WWW-Browsers des Aktorplatte Anwenders angezeigt werden (Abbildung 7). Im Rahmen der Verbundprojekts OMID wird Simulation und Optimierung einer Aktorplatte durchgeführt. Zur Simulation werden dabei Modellparameter an einen entsprechend konfigurierten Tool-Server im Forschungszentrum Karlsruhe Technik und Umwelt übermittelt. Dieser Tool-Server führt dann die Berechnungen durch und stellt die Ergebnisse zur Verfügung. Dieses Simulationsszenario ist als ORBIT- Anwendung konfiguriert und kann so von jedem zugelassenen Anwender per WWW- Browser aufgerufen werden. Abbildung 6 Abbildung 11 zeigt die HTML-Auswahlmaske von verschiedenen Modellen sowie den Konfigurationsdialog für ein Modell. 5.1 Weiteres Beispiel Ein weiteres Beispiel zum Einsatz des ORBIT-Systems in OMID für die internetbasierte Designoptimierung findet man unter [6]. 6 Einbinden von Tool-Servern in ORBIT Beim Betreiben eines Workflow-Systems muss davon ausgegangen werden, dass das System in einer existierenden nicht einheitli- chen IT-Infrastruktur eingesetzt wird. Be- stimmte Schritte in einem Arbeitsablauf müs- sen mit Anwendungen durchgeführt werden, die auf den unterschiedlichsten Betriebsyste- men mit unterschiedlichen Kommunikati- onsmechanismen (stdin/stdout , OLE, DDE, Corba, DCOM) installiert sind. Damit diese Arbeitsschritte im Workflow-System kon- trolliert werden können und ein Datenaus- tausch mit solchen Arbeitsschritten gewähr- leistet ist, muss den Entwicklern von Workflow-fähigen Programmen eine einfache und flexible Schnittstelle zur Verfügung ge- stellt werden, die diese Anforderungen er- möglicht. Existierende Anwendungen, die in einen Workflow integriert werden müssen und Abbildung 10 diese Schnittstelle nicht unterstützen, werden über spezielle Programme, den „Tool Nachdem die Berechnung durchgeführt Agents“ eingebunden. Tool Agents wurde, können die Ergebnisdateien per kommunizieren mit dem Workflow-System BMBF-Verbundprojekt OMID - 158 -

über die in diesem Dokument vorgestellte • OAstartApp veranlasst den Tool- Schnittstelle und mit der zu integrierenden Client, seine Anwendung zu starten, Anwendung mit deren optimalen bzw. zu aktivieren, wenn das Starten Kommunikationsmechanismen. Somit ist die schon beim Initialisieren durchgeführt Kontrolle und der Datenaustausch zwischen wurde. Workflow-System und Anwendung • sichergestellt. OAtermApp fordert die Anwendung auf, sich zu beenden 6.1 Schnittstellenbeschreibung • OAreqApp erlaubt dem Workflow- Zur Einbindung von Workflow-fähigen Pro- System, den Status einer laufenden grammen bzw. „Tool Agents“ in ORBIT wird Anwendung abzufragen das Protokoll SOAP (Simple Object Access Protocol) eingesetzt. SOAP [1] ist ein öffent- licher Standard und geht auf eine Initiative 7 ORBIT-Datenstrukturen von mehreren großen Herstellern zurück (z.B. IBM Microsoft, Lotus Development Corp.). ORBIT verwendet im Kommunikationsserver SOAP definiert eine Art von RPC- eine relationale Datenbank, in der alle Auf- Mechanismus, der HTTP als Transportproto- tragsrelevanten Daten abgelegt werden. Dazu koll und XML als Kodierungsschema benutzt. zählen sowohl die Nutzdaten zur Abwicklung Aufgrund der Verwendung der weitverbreite- der Aufträge (Modelldaten, Parameterlisten, ten Standards HTTP und XML ist eine Imp- etc.) , als auch durch externe Tools berech- lementierung auf den unterschiedlichsten nete Ergebnisdaten. Um einen einheitlichen Systemen einfach möglich. Des weiteren lässt Zugang für die möglichen Simulations- und sich der Kommunikationsmechanismus prob- Optimierungsszenarien zu bieten, wurde ein lemlos in sicherheitskritische Umgebungen objekt-orientiertes Datenmodell auf Basis der (Firewall-geschützte Netzte) einfügen. relationalen SQL-Datenbank entwickelt. Im Zur Funktionalität der Schnittstelle wurden Folgenden wird die Struktur und Handhabung die Spezifikationen der „Workflow Manage- dieses Datenmodells näher beleuchtet. ment Coalition“ [2], [3] berücksichtigt.

Aus der Sicht von ORBIT ist die 7.1 Objekt-Orientiertes Datenmodell einzubindende Anwendung ein Objekt, dessen Ein Objektorientiertes Datenmodell unter- Kontrolle vollständig in ORBIT liegt. ORBIT scheidet sich von einem herkömmlichen (re- kontrolliert das Starten, Beenden und den lationalen) Datenmodell in der Strukturier- Status dieser Anwendung und ermöglicht den barkeit und Vererbbarkeit der einzelnen mo- Datenaustausch zwischen Anwendung und dellierten Entitäten. Die grundlegende Da- ORBIT. tenstruktur im objekt-orientierten Sinn ist die Folgende Methoden sind notwendig, um mit „Klasse“. Eine Klasse definiert eine Entität ORBIT kommunizieren zu können: mit den dazugehörigen Eigenschaften. Diese • OAConnect verbindet ORBIT Eigenschaften werden durch Attribute (Ei- (Workflow Engine) mit dem Tool genschaftswerte) und Methoden der Klasse Agent bestimmt. Im Rahmen der ORBIT- Konzeption ist die Modellierung von Metho- • OAdisconnect trennt ORBIT den derzeit jedoch nicht vorgesehen. (Workflow Engine) von dem Tool Ein weiteres Grundelement des objekt- Agent orientierten Ansatzes ist die Vererbung: Klas- • OAinitApp veranlasst den Tool- sen können die Eigenschaften von übergeord- Client, seine Anwendung zu initialisie- neten Klassen „erben“ und diese durch Hin- ren zufügen spezifischer Eigenschaften weiter spezialisieren. BMBF-Verbundprojekt OMID - 159 -

Zusätzlich zur Klassifizierung und Vererbung 7.1.3 Definition Attributtypen kennt das ORBIT-Datenmodell den Mecha- Jedes Attribut besitzt eine eindeutige Typzu- nismus der Delegation. Eine instanzierte Klas- weisung. Dieser Attributtyp wird in der Ta- se (Objekt) kann ein weiteres Objekt als De- belle der Attributtypen modelliert. Zur Mo- fault-Größe referenzieren. Nicht explizit an- dellierung komplexer Strukturen kann diese gegebene Attributwerte im Objekt werden Tabelle um eigene Attributtypen erweitert dann durch die angegebenen Attributwerte aus werden. Es werden folgende Attributtypen dem Default-Objekt ersetzt. Mit dem Mecha- unterschieden: nismus der Delegation können so Modellvari- • Skalare Typen (integer, float,string,url) anten umgesetzt werden. • Referenzen auf Klasseninstanzen 7.1.1 Klassen (Pointer) Ein Klasse wird festgelegt durch • Felder (Enumerationen von skalaren • eine eindeutige ID (Primärschlüssel), Typen oder Referenzen oder anderen • die ID der zugehörigen Elternklasse Attributtypen) und Ein Attributtyp ist festgelegt durch • ihren Namen. • eine eindeutige ID (Primärschlüssel) • Name (Bsp. Integer, Float, etc.) Die ID dient der eindeutigen Identifikation der • Klasse. Bei geschickter Wahl kann jedoch Eigenschaft Skalar oder Referenz (Bei auch das Namensfeld zur Identifikation ver- Referenz ist zusätzlich die Id der refe- wendet werden. Ist die ID der Elternklasse renzierten Klasse angegeben) gleich NULL, handelt es sich um eine Basis- • Eigenschaft Enumeration (d. h. das klasse. Pro Klasse ist maximal eine Eltern- Attribut ist ein Array). Es ist dann zu- klasse zulässig (keine Mehrfachvererbung). sätzlich die Id des Attributtyps, der in einem Feldelement verwendet wird, angegeben. 7.1.2 Attribute zu Klassen Ein Attribut einer Klasse wird festgelegt • Optional können Masseinheiten durch (m,Pa,l,etc.) und Umrechnungsfakto- ren angegeben werden. • eine eindeutige ID (Primärschlüssel) • die ID der zugehörigen Klasse 7.1.4 Klasseninstanzen • den Namen des Attributs Durch die Entitäten Klasse, Attribut und Att- • die ID des zugeordneten Attributtyps ributtyp lässt sich ein annähernd beliebiges (s.u.) Datenmodell entwickeln. Dieses Datenmo- dell steht nun als Grundlage für die Instanzi- • einen beschreibenden Hilfetext und ierung in Klasseninstanzen zur Verfügung. • einen Vorgabewert. Eine Klasseninstanz sind festgelegt durch Die ID des zugeordneten Attributtyps ent- • eine eindeutige ID (Primärschlüssel) spricht einem Verweis auf die Tabelle der • Attributtypen. Mittels des optionalen Hilfetext Name der Klasseninstanz können erläuternde Informationen über dieses • Die Id der instanziierten Klasse Attribut für den Benutzer hinterlegt werden. • Der optionale Vorgabewert legt fest, welchen Die optionale Angabe einer Referenz- Wert dieses Attribut automatisch erhält, sollte klasseninstanz (Id), aus der evtl. De- es bei der Klasseninstanzierung nicht explizit fault-Werte für Attributinstanzen er- angegeben sein. mittelt werden. BMBF-Verbundprojekt OMID - 160 -

externen Programmen in ORBIT, 8 Zusammenfassung InterConnect Software GmbH, November 2000 Die hier vorgestellte internetbasierte Plattform [5] „Datenmodellierung in ORBIT“, für Remote-Anwendungen besteht aus den Beschreibung der Formate für Benutzerdaten drei Grundkomponenten Internet-Webserver, im Workflow-System ORBIT, InterConnect Data-Server und ORBIT-Server, unterstützt Software GmbH, August 2001 durch den Workflow-Editor für den [6] „Internetbasierte Designoptimierung individuellen Prozessentwurf. Diese mit HyGLEAM“, W. Jakob, D. Peters, A. Teilkomponenten sind so konzipiert, dass sie Reiffer, OMID-Optimierung von sowohl als Einzelanwendungen eingesetzt Mikrosystemen für Diagnose- und werden, als auch im Kompontentenverbund Überwachungsanwendungen miteinander agieren können. Für kleinere (Abschlußseminar des BMBF- Anwendungen ist der Einsatz einzelner Verbundprojekts OMID), FZK, 2002. Komponenten durchaus sinnvoll. So können beispielsweise Remote-Tools vergleichsweise einfach durch den ORBIT-Server aufgerufen werden. Der Data-Server kann ebenfalls losgelöst vom Gesamtsystem als permanenter Modell- und Parameterspeicher verwendet werden. Der eigentliche Mehrwert der Plattform kommt jedoch erst im kooperativen Zusammenspiel der Einzelkomponenten zum Tragen: Die anfallenden Daten und Informationen werden zwischen den Teilsystemen ausgetauscht, ausgewertet und weiterverarbeitet. Der Anwender erhält also neben den eigentlichen Toolein- und ausgabedaten zusätzliche Informationen über Historie, Anwendungsverläufe, Druchführungsprotokolle, etc. Das ORBIT- Gesamtsystem bietet somit eine solide Grundlage für eine professionelle Plattform im Bereich der Remote-Anwendungen. Literatur [1] Simple Object Access Protocol (SOAP) 1.1 http://www.w3.org/TR/SOAP/ [2] Workflow Management Coalition. „Workflow Management Application Programming Interface Specification,“ WFMC-TC-1009, July-1998, http://www.aiim.org/wfmc/standards/docs/if2 v20.pdf. [3] Workflow Management Coalition. „The Workflow Reference Model,“ WfMC- TC-1003, Version 1.1, Jan. 1995, http://www.aiim.org/wfmc/standards/docs/tc0 03v11.pdf. [4] Integration der OMID-Tools in das Workflow-System ORBIT, Einbindung von