Zeitschrift für Slawistik 2017; 62(1): 153–177

Monika Bednarczuk* ‘Das weißrussische Dreieck’: Die Dynamik von Nation, Klasse und Macht bei Jan Czeczot

DOI 10.1515/slaw-2017-0006

Summary: Jan Czeczot (1796–1847) was a poet and ethnographer, one of the and youth friends of . The article presents the deve- lopment of the poet’s work and ideas and analyzes the political context of his literary and ethnographic activities. As a poet, he is not worthy of much attention. However, both Polish and Byelorussian scholars highlight his enthusiasm for folk culture thereby almost self-evidently creating a link to his supposedly democratic ideas – but this is only partially justified. It is true that the Philomaths were inspired by the local folklore and that Czeczot was more interested than the others in the culture and the situation of lower social groups. But the opposite is also true to a certain extent. Whilst at University of Vilnius, neither he nor his student mates appear to have questioned the old socioeconomic order based on serfdom, for even the progressive students drew a rigid distinction between the gentry (with Polish as their main language of communication) and the peasantry (with Byelorussian as their native language). The same goes for ethnic identity: Czeczot did not define himself as Byelorussian. Byelorussian and Lithuanian gentry families gradually polonized after the Polish-Lithuanian Union of 1569. However, important changes in the power relations took place at the turn of the 18th and 19th centuries. Due to the partitions, Poland lost its independence, but the Byelorussians became in a way united thanks to the Russian Empire. The paper explores the consequences of these circumstances and assesses their impact on Czeczot’s ideas, for his efforts to preserve the folk culture and strengthen the solidarity between Polish or Polonized landowners and Byelorussian peasants resulted notably from historical develop- ments in the region. The author maintains that Czeczot’s ethnographic and social engagement was to a great extent an attempt at bringing the Byelorussians back, in a metaphorical sense, to the Polish-Lithuanian nation.

Keywords: Jan Czeczot, Byelorussian-Polish cultural relations, Romanticism, eth- nography, power relations in the 19th century

*Kontaktperson: Dr. Monika Bednarczuk, Seminar für Slavistik, Ruhr-Universität Bochum,

˗ Gebäude GB 8/57, Universitätstrasse 150, 44801 Bochum, E Mail: [email protected]

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 154 Monika Bednarczuk

1 Einleitung

Wer war Jan Czeczot? Geboren im Jahre 1796, wurde er zunächst Philomat, Ver- trauter und Begutachter der Jugendwerke von Mickiewicz, „jedyny może, któremu wolno było gderać [...] i napominać Adama“ (Świrko 1989: 23; vgl. Mickiewicz 1929; Kohler 2014), anschließend nach Tver und Ufa verbannt, dann zaristischer Beamter in Lepel mit geringem Ansehen, und zuletzt, in den Jahren 1834–1846, gab er als Amateur Volkslieder aus Memel, Düna, Dnestr und Dnepr heraus. Diese Tatsachen stehen außer Zweifel. Mit der Beurteilung seiner literarischen und nicht-literarischen Tätigkeit verhält es sich jedoch anders. Polnischen Literatur- historikern zufolge war Czeczot ein polnischer Dichter und Sammler belarussi- scher Folklore (Witkowska 1959: CXLVII; Olechnowicz 1986: 58); nach Ansicht der weißrussischen Gelehrten war er “яркая зорка беларускага адраджэння“ (Цвiрка 1996: 7; ders. 1998: 138), und die Litauer schließlich tendieren dazu, Jonas Čečiotas, wie sie ihn nennen, als litauischen oder polnisch-litauischen Autor zu bezeichnen (Griškaité 1994).1 Diese Diskrepanz der Bewertungen ergibt sich aus dem multikulturellen Charakter des Großfürstentums Litauen. Ebenso, wie um die „Zuständigkeit für diesen Raum [...] Nationalhistoriker verschiedener Staaten“ konkurrierten (Rohdewald 2007: 7), ist auch eine Rivalisierung auf literatur- und kulturgeschichtlichem Gebiet zu beobachten.2 Versuche, Czeczots nationale Identität in ein Korsett aus Kategorien zu zwän- gen, die in der Ära der modernen Nationalismen Verwendung fanden, führen nicht zu neuen Erkenntnissen.3 Die angedeuteten Divergenzen in der Bestimmung der ethnisch-kulturellen Zugehörigkeit des Dichters provozieren dazu, die Kom- bination von politischen, sozialen und kulturellen Umständen zu analysieren, die sein Leben und Werk bestimmten. Die Metapher des ‘belarussischen Dreiecks’ im Titel meines Beitrags geht auf das Buch Trójkąt ukraiński von Daniel Beauvois (2005) zurück, in dem Beziehungen zwischen dem polnischen oder polonisierten Adel und der ukrainischen Bauernschaft unter der russischen Hegemonie thema- tisiert werden.4 Das Dreieckskonzept beschreibt zutreffend die Verhältnisse zwi- schen den Hauptkomponenten des Systems, das Litauens Geschichte und Gesell- schaft determiniert – Faktoren, die bislang nur am Rande betrachtet wurden

1 Vgl. Czeczot 1995; Kowalczykowa 1995: 167 f.; Świrko 1989: 277–285. Dazu auch Batowski 1936:

23 f. 2 Siehe Баршчэўскі 1998; Мiцкевiч 2003. 3 Andreas Kappeler diagnostizierte zutreffend: „Die Rückprojektion des exklusiven nationalen Prinzips auf die Vergangenheit versperrt den Blick auf die Tatsache, daß der Mensch der Vor- moderne [...] eine Vielzahl von situativen Loyalitäten hatte“ (Kappeler 2008: 135). 4 Vgl. die Einwände gegen die Studie von Beauvois in Epsztein 2007.

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(Dopart 2013; Borowczyk 2014: 421–464), und zwar sowohl in älteren (McMilin 1969; Świrko 1989) als auch in neueren Studien zu Czeczot. Lediglich Henryk Batowski (1956: 41) und Simon Lewis (2013: 197) warfen die Frage nach der doppelten Subalternität der Weißrussen auf. Meine Erwägungen fokussieren auf drei zusammenhängende Aspekte: die von Czeczot verwendeten und untersuchten Sprachen, sein Interesse an der Folklore sowie sein Verhältnis zum belarussischen Volk. Diese Punkte sollen in einen breiteren Interpretationsrahmen eingefügt werden, um die Dynamik von Ethnizität, sozialer Klasse und der zuerst polnischen und dann russischen Macht rekonstruieren zu können.

2 Sprache, soziale Schichtung und Politik

Czeczots sprachliche Situation veranschaulicht die durch die imperiale Politik beschleunigten Prozesse der kulturellen Hybridisierung und der damit einher- gehenden Differenzierung. Das Großfürstentum Litauen war eine dynamische „Kommunikations-gemeinschaft“ (Bednarczuk 1999; Rohdewald 2007: 15). Nach der Lubliner Union (1569) wurde Czeczots Familie im Zuge der komplexen sprach- lich-kulturellen Prozesse allmählich polonisiert. Die unteren Schichten Litauens blieben weitgehend bei der lokalen Sprache, während die höheren eher das Polnische sprachen, wobei sich beide Sprachen gegenseitig durchdrangen (Ka- wyn-Kurzowa 1963: 14). Noch im späten 18. Jahrhundert sprachen jedoch sowohl der Hochadel als auch der niedere Adel belarussisch (Łatyszonek 2008: 62). Dies zeigt sich in Czeczots Beobachtungen über „mowa, którą w pamięci naszej żyjący jeszcze staruszkowie panowie między sobą mówić lubili, którą dotąd mówią panowie i ekonomowie z włościanami“ und den Erinnerungen an heute vergesse- ne Märchen, „którem [...] umiał w latach dziecinnych“ (Czeczot 1846b: III, XVII). Bekanntlich definierte sich der polnische Adel der Frühen Neuzeit einerseits politisch, als Staatsbürger (obywatele) der Rzeczpospolita und/oder des Großfürs- tentums Litauen, andererseits jedoch auch regional (Koroniarze, Litwini). Dieses „Zwei-Stufen-Nationalbewusstsein“ („dwuszczeblowa świadomość narodowa“) (Bardach 1988: 206) ist noch in der Generation von Mickiewicz deutlich zu erkennen. Und obwohl das Konzept der ethno-kulturellen Nationalität (Volks- zugehörigkeit) bereits damals Vorrang hatte, versuchten die Elite sowie ein gro- ßer Teil der Bevölkerung, der dem programmatisch multiethnischen Russland die Treue hielt, ein solches Nationalitätsverständnis mit dem modifizierten politi- schen Verständnis (Staatsbürgerschaft) in Einklang zu bringen. Die Philomaten waren Mitglieder der systemgemäß polonisierten Generation, denn schließlich wurden sie an Schulen erzogen, die dem polnischen Nationalen Bildungskomitee

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 156 Monika Bednarczuk unterstanden. Dennoch verstanden sie das Weißrussische nicht nur, sondern verfügten auch nicht selten über aktive Kenntnisse dieser Sprache. Das bedeutet jedoch nicht, dass zwischen dem Volk, das weißrussisch sprach5, und der Nation im Sinne vollberechtigter Bürger, die sich des Polnischen als Kommunikations- medium bediente, keine Demarkationslinie gezogen wurde. Um die These über Czeczots tiefe Verbundenheit mit der weißrussischen Kultur zu stützen, werden grundsätzlich folgende drei Argumente herangezogen: Erstens das anlässlich des Geburtstags von Józef Jeżowski verfasste Gedicht, das eine Stilisierung der volkstümlichen Wohlergehenswünsche der Dorfbewohner für ihren Herrn darstellt.6 Zweitens ein Bericht von , dem zufolge Czeczot und Mickiewicz mit großem Vergnügen „przypatrywali się kiermaszom, targom i odpustom, bywali na weselach chłopskich, dożynkach i pogrzebach“ (Świrko 1989: 49; vgl. Скiдан & Хрушчова 2005). Drittens die Sammlung, Heraus- gabe und Nachahmung der belarussischen Volkslieder. Diese Argumente sind zwar stichhaltig, schreiben jedoch dem jungen Dichter Auffassungen zu, die er tatsächlich erst als reifer Mann vertrat. Seine geistige Evolution und deren Kon- text geraten somit aus dem Blick. Der Student Czeczot war ein anderer Mensch als der Verbannte, zu dem er in späteren Jahren wurde. Daher ist es schwierig, Verallgemeinerungen wie „шчыры дэмакрат“ (Цвiрка 1998: 7) oder „nie miał nigdy dystansu do chłopów, czuł się [...] jednym z nich“ (Kawyn-Kurzowa 1963: 15)7 beizustimmen. Sie erscheinen nicht nur als Anachronismus, sondern passen in gewisser Weise auch in die dem Kresy-Mythos zugehörige Strategie der Sub- limierung sozialer Diskrepanzen (Beauvois 1994: 93). Bis zum Untersuchungsverfahren, das anlässlich der geheimen Studenten- verbände im Jahre 1824 in Wilna stattfand, waren die volkstümliche Stilisierung eigener Gedichte sowie das Sammeln und Singen der Volkslieder grundsätzlich künstlerisch-gesellig bedingt. Eine wesentliche Rolle spielte damals die Begeiste- rung für die Folklore und Ästhetik der Einfachheit, die entscheidend dazu beitrug, dass sich schließlich die polnische Romantik als künstlerische Strömung heraus- kristallisierte (Witkowska 1998: 242–268). Der junge Czeczot ließ sich auch durch die Liebe zu Zofia Malewska, einer talentierten Sängerin, leiten; sogar im Gefäng- nis schrieb er Texte für sie. Ganz anders ist der Entstehungshintergrund der späteren Werke, die für Czeczot als Ethnographen und Förderer der Reformparolen repräsentativ sind. Nach seiner Exil-Zeit im Ural erhielt er eine Stelle in der Verwaltung von Berezin-

5 Siehe Ziemkiewič (sic) 1911: 6; Batowski 1936: 23–26, 31. 6 Besonders gut gefiel den Philomaten die folgende Partie des Mädchen-Chors: „[...] siahodnia my sia dowiedali / Szto waszy imianiny, swiatoho Jazepa...“ (Poezja Filomatów II: 77). 7 Vgl. Podhorski-Okołów 1952: 68; Olechnowicz 1986: 58.

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Kanal. Zu diesem Zeitpunkt, zwischen 1834 und 1841, entstanden die ersten drei Bände der Serie Piosnki wieśniacze (Bauernlieder). Die nächsten Bände verfasste Czeczot, als er aus dem Beamtendienst ausgeschieden und nunmehr als Biblio- thekar bei Adam Chreptowicz tätig war. In dieser Zeit wohnte er als armer Gast im Haus der Familien Ślizień und Wierzbowski. Die Erfahrung des Exils, finanzielle Not und Vereinsamung schärften seine soziale Sensibilität. In seiner letzten Lebensphase betrachtete Czeczot Stanisław Staszic, einen Initiator der landwirt- schaftlichen Genossenschaften, als sein menschliches Vorbild und ermahnte die wohlhabenden Herrschaften, ihre Untertanen besser zu behandeln. Daher haben wir es hier mit einer psychologischen und sozialen Motivation zu tun. Darüber hinaus betrachte ich Czeczots Tätigkeit in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahr- hunderts als Gegenreaktion auf den Russifizierungsprozess der weißrussischen Bauernschaft. Doch weder sein Interesse für die Folklore noch seine Verehrung Staszics konnten Czeczots konservatives Denkmuster in Frage stellen. Wie im Folgenden gezeigt werden soll, rebellierte er nicht gegen die antiquierten Gesell- schaftsstrukturen und nahm ununterbrochen den Standes- und Kulturunter- schied wahr.

3 Die Philomaten über Sprache, Volk und Nation

In den Materiały Towarzystwa Filomatów (‘Materialien des Philomatenkreisesʼ) werden gelegentlich Folklore und Ackerbauern als Studienobjekte erwähnt. Eine der „Verordnungen der Gesellschaftsregierung“ („przepis Rządu Towarzystwa“), Nr. 52 vom 27. Juni 1819, ermunterte die Mitglieder, „[...] statistische Meldungen, Sitten des einfachen Volkes sowie andere [...] [Nachrichten], die künftig als For- schungsansatz dienen könnten“, zu sammeln (Materiały I: 127).8 Diese Forderun- gen waren nicht neu. Seit dem späten 18. Jahrhundert wurden sowohl in War- schau als auch in Wilna Programme formuliert, dem Volk die Bildung näherzubringen sowie seine Kultur zu erforschen.9 Das Grundanliegen der Philo- maten war dagegen das Streben nach eigener Selbstvervollkommnung und die Popularisierung der „Liebe zu heimatlichen Sachen“10. An dieser Stelle sind zwei Aspekte besonders hervorzuheben. Zunächst einmal bezogen sich die Aussagen

8 „[...] wiadomości statystyczne, zwyczaje pospólstwa i inne [...], w swoim czasie za wiadomości naukowe posłużyć mogące“. 9 Nicht selten gingen solche Programme mit der Erforschung von Mythen der Slawen oder künst- lerischer Bearbeitung von ihren historischen Mythen einher. Vgl. Maślanka 1968: 114–127. 10 Materiały II: 1–2, 241: „zamiłowanie rzeczy ojczystych“.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 158 Monika Bednarczuk der Wilnaer Studenten allgemein auf die polnische Kultur und Nationalität;11 bei beiden Begriffen haben wir es jedoch mit einem Mangel an Präzision zu tun. Das Motto, die polnische Kultur und Staatsangehörigkeit zu stärken und zu sichern, konnte entweder als Bestrebung nach nationaler Unabhängigkeit verstanden werden oder – und so geschah es meistens – als Pflege der Sprache12 und des Wissens über die Vergangenheit (Janowski 2008: 222).13 Zweitens war das Hand- lungssubjekt und zugleich der Hauptadressat der Bildungs- und Selbsthilfe-Ak- tivitäten die polnische und polonisierte adlige Jugend.14 Ihr nationales Bewusst- sein wird in den Gedichten von Onufry Pietraszkiewicz Śpiew o Lechu (Poezja I: 160) und Czeczot Śpiew o Jadwidze królowej (ebda I, 94) sowie Prośba do naszych rodaczek za kontuszami veranschaulicht. Im letzten Gedicht werden etwa „Litewki / Obojga narodów dziewki“ und „Sarmatki“ angesprochen (ebda 49). Im kulturhistorischen Diskurs werden gewöhnlich die Konzepte der älteren Generation den Parolen der Jugend entgegengesetzt. Nach dieser Interpretation behandelten die Ersteren das Volk und sein Wissen „gegenständlich und instru- mentell“, die Letzteren dagegen wussten die Folklore als „Quelle für die Erkennt- nis der Geschichte einer Nation“ oder sogar als „Quelle der Nationalität“ zu schätzen (Paprocka 1986: 20, 34). Hieran zeigt sich erneut das bereits angedeutete Problem vieler Wilnaer Studenten, ‘Nation(alität)’ zu definieren. Schon Henryk Batowski (1936: 20–31) wies darauf hin, dass die Studenten nur ein oberflächli- ches Verständnis der sozio-ethnischen Fragen besaßen. Sie schenkten der öko- nomischen und kulturellen Unterwerfung der Bauern nur wenig Beachtung, denn sowohl die Romantik als auch die Aufklärung waren elitäre Projekte. „Das Ver- hältnis der Aufklärer zur ländlichen Bevölkerung und zu den städtischen Unter- schichten war meist von Befremden und Unverständnis, oft sogar von Verachtung geprägt“, behauptet Barbara Stollberg-Rilinger (2000: 275). Das Verhältnis der Romantiker zu niedrigeren sozialen Schichten war trotz trotz mehrerer Refor- mormvorschläge durch ähnliche Widersprüche gekennzeichnet.15 Das Projekt Krótkie zastanowienie się nad Towarzystwem i myśl względem reformowania jego (’Kurzes Nachdenken über die Gesellschaft und über eine Refor-

11 Siehe Materiały I: 189, 199–203; III: 19, 37, 72. 12 Vgl. die Aussagen Mickiewiczs über die Litauer und die polnisch-litauische Union in der Vorlesung im Collége de France vom 31. März 1841. Mickiewicz 1843: 355, 364–368. Vgl. ders. 1860: VII: 395–398. 13 Immerhin führten erst zaristische Repressionen dazu, dass die Anschauungen der polnischen Verschwörer schließlich radikaler wurden. 14 Vgl. Materiały I: 265, II: 1, 53, 72; A. Mickiewicz: Dziady (Die Ahnenfeier), Teil III, erster Akt, erste Szene, passim.

15 Vgl. Stroynowski 1808; Mościcki 1924: 10–11, 14–17; Beauvois 2010: 120 f., 194 f.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 159 mierungʼ) (vorgelesen am 7. Mai 1821) von Teodor Łoziński bildete in diesem Zusammenhang eine Ausnahme. Łoziński kritisierte die vagen Parolen der Philo- maten und unterbreitete detaillierte Vorschläge, die den Bemühungen, die Lage des Bauernstandes zu verbessern, großen Wert beimaßen; die Bauern lebten in der damaligen Zeit „unter einem doppelten Joch der Knechtschaft“ („pod podwójnym jarzmem niewoli“). In Łozińskis Forderung ist zwar von der „vernünftigen“ („rozsądna“) Freiheit die Rede, aber zugleich handelt es sich um die in sozialer Hinsicht wohl radikalste Aussage in dem jugendlichen Milieu in Wilna, die einen Bezug zwischen individueller Freiheit und national-staatlicher Souveränität her- stellt:

Część ta narodu [...] nie uczuła jeszcze nigdy słodyczy wolności, ani jej uczuć nie może, póki panowie względniejszym okiem nie spojrzą na kmiotka i nie uznają jego bratem swoim. [...] nie zapominajmy im powtarzać,iż lud pospolity jest jej też godzien i że inaczej sami być wolni nie mogą, póki swym poddanym rozsądnej nie nadadzą wolności. (Materiały II: 381–382)

Derartige Vorschläge wurden aus verschiedenen Gründen nicht in die Tat umge- setzt. In den Briefen von Philomaten tritt ebenfalls zutage, dass das Interesse an der Kultur der Bauern und an ihrer Lage getrennt voneinander existierten. An- spielungen auf die ethnographische Hingabe Czeczots finden sich in der Regel in Passagen, in denen Mickiewicz oder Maryla nach den versprochenen Liedern und Balladen fragen. Die Folklore war als künstlerisches Material nicht zu überschät- zen, was sowohl der zweite und vierte Teil von Mickiewiczs Dziady als auch Czeczots Gedichte Przez me podwórze, Jeżowe oder Adamowe veranschaulichen.16 Zu einem bestimmten Zeitpunkt avancierte die belarussische Volkskultur gar zum Ersatz für die romantische Lyrik (Dopart 2013: 150). Das Wirkungsspektrum der in der weißrussischen Sprache verfassten Texte war jedoch begrenzt, weil diese im Prinzip nur für die nächste Umgebung der Verfasser geschrieben wurden (Łatyszonek 2008: 63). Somit kann weder von einer Verbreitung der Sprache und Kultur noch von einem Streben nach ihrer „Wiedergeburt“ die Rede sein. Aufgrund der über Jahrhunderte verankerten sozio-ethnischen Hierarchie war darüber hinaus die Haltung der meistens adligen Studenten gegenüber dem Volk durch Ambivalenz gekennzeichnet. So verfassten sie neben der volkstümlich inspirierten Dichtung auch konventionelle Texte, die auf die traditionellen Spal- tungen und Standesungleichheiten zurückgehen, zum Beispiel über einen jungen Herrn, der Jagd auf eine Bäuerin macht17. Zudem erfüllte die Volksdichtung nicht

16 Siehe Poezja I: 109, II: 77–84, 201 f.; McMillin 1969: 61; Olechnowicz 1986: 52–80. 17 „[Junge Bäuerinnen] Choćby miały nogi sarnie,/ Jan szybki i tak doścignie,/ Zamaszystą wziąwszy dźwignię,/ Rzuci na zielone darnie...“ Brief Onufry Pietraszkiewiczs an Jan Czeczot vom 2. September 1819, in: Korespondencja I: 99.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 160 Monika Bednarczuk immer die künstlerischen Erwartungen der jungen Literaten. Dies illustriert auf amüsante Weise ein im Herbst 1823 verfasster Brief von Antoni Odyniec. Der Autor ist nicht nur von den Hochzeitsriten der Bauernschaft enttäuscht, sondern spottet auch noch, man solle den Ackerbauern sinnvollere und schönere Lieder beibrin- gen. Der Adressat des Briefes war ausgerechnet Czeczot18:

Przed kilką dniami było wesele dziewki dwornej u moich kuzynów. [...] oracye, wielce głupie, bez najmniejszego sensu [...]. Dalibóg, Czeczocie, trzeba koniecznie dla wieśniaków ponapisywać lepsze i stosowniejsze piosneczki. (Korespondencja V: 294)

Die Philomaten nahmen das Elend der Dorfbewohner natürlich wahr. Czeczots Ballade Uznohy, eines von mehreren volkstümlich stilisierten Liedern, ist dem Schicksal eines Leibeigenen gewidmet.19 An einem anderen Ort notierte der Philo- mata bitter, dass Bauern vor Hunger anschwellten.20 Nicht zufällig existieren auch zwei Briefe an Czeczot, der für seine Empathie bekannt war, über die Lebens- umstände der Bauern. Der erste Brief stammt von Franciszek Malewski, der zweite von Wawrzyniec Puttkamer; thematisiert wird darin die Unfähigkeit, der „weit- verbreiteten Knappheit“ („niedostatkowi powszechnemu“) abzuhelfen (Korespon- dencja V: 169). Malewskis Bericht verdient Aufmerksamkeit als Beweis für das Interesse an sozialen Fragen. Graf Adam Chreptowicz (1768–1844) setzte 1821 das in die Tat um, worüber die Philomaten in den Werken und Biographien von Benjamin Franklin und Jeremy Bentham lesen konnten (Witkowska 1959: XLIV– LXVI): Er eröffnete eine Schule, in der nach der Bell-Lancaster-Methode unter- richtet wurde, was ihm die Anerkennung seiner Untertanen und der Studenten einbrachte:

Patrząc uważnie na 250 dzieci [...], co za widok, co za pole do postrzeżeń, jaka pociecha! [...] Chreptowicz [...] jest w moich oczach prawdziwie dobrym panem [...]. Widziałem, jak go [...]

tłum dziatwy otoczył, jak mu nogi, ręce całowali. (Korespondencja III: 399 f.)

18 Dieser scherzhafte Wunsch wurde zum Teil wahr. Im letzten Teil seiner Piosnki wieśniacze znad Niemna i Dźwiny (1844), betitelt Własne piosnki wieśniacze, publizierte Czeczot seine eige- nen, folkloristisch angehauchten Lieder im weißrussischen Original und zusätzlich in der pol- nischen Übersetzung. Indem er den Band Piosnki litewskie vorbereitete, setzte er die Idee von Odyniec zum zweiten Mal um. Diese gereimten historischen Geschichten für den ärmeren Adel und das Volk waren zwar nicht „die besten“, aber „erträglich“ („nie [...] najlepsze, [...] znośne“, in: Korespondencja V: 174). 19 Siehe dazu Świrko 1973: 33–39; Olechnowicz 1986: 63. 20 „[...] chłop biedny puchnie gdzieś od głodu... “. Brief vom 4. März 1823, in: Korespondencja V: 112.

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Der enorme Respekt, den Malewski Chreptowicz entgegenbrachte, wurde jedoch nicht einstimmig geteilt. Zwar bestätigte Joachim Lelewel, dass Adam Chrepto- wicz das Werk seines Vaters erfolgreich fortgesetzt habe21 (Lelewel 1843: 192), Mickiewicz diskreditierte dieses Experiment jedoch als verfehlt.22 Weder das rela- tiv geringe Interesse der Philomaten an der Lage der niedrigeren Schichten noch ihre Akzeptanz der bestehenden sozialen Hierarchie sind jedoch verwunderlich. Erstens glaubten sie als Nachkommen des Adels an die Natürlichkeit der beste- henden Ordnung. Besonders aussagekräftig erscheint in dieser Hinsicht ein Text- beleg aus der Elften Vorlesung Mickiewiczs in Paris vom 1. Februar 1842, der mehr als zwanzig Jahre nach der Gründung der Wilnaer ‘Jugendrepublikʼ entstand:

Warum beschwerte sich denn dieser Bauer früher nie über Unterdrückung, Hunger und Peitsche? [...] [W]eil der Mensch erst dann, wenn ihm die moralische Kraft gebricht, auch seine physischen Leiden zu empfinden anfängt. Solange der polnische Bauer den Edelmann überall neben sich bei der Wirtschaft [...] und im Kriege sah, [...] erlaubte er ihn ohne Murren, die Frucht seiner Arbeit zu verkaufen, besaß er noch die Kraft, Mangel zu ertragen. Sobald aber dieser Edelmann [...] für des Landmanns Getreide und Arbeit vom Auslande Kutschen, Schmuck und Geräthe bezog, deren Gebrauch der Bauer nicht begreifen konnte, alsdann wurde ihm sein Elend bitter [...]. Ebenso läßt sich auch das, was die Peitsche betrifft, erklären.23 (Mickiewicz 1843: 135)

Zweitens kamen sie in der Regel aus verarmten oder gar landlosen Adelsfamilien (gołota). Die Erwähnung von Schulden, Mangel an Geld für warme Kleidung, Uniformen und sogar Essen sowie die Notwendigkeit der Erwerbstätigkeit in Privathäusern oder Verwaltungsbehörden zur Sicherung des Lebensunterhalts

21 Joachim Litawor Chreptowicz (1729–1812) schuf die Leibeigenschaft in seinen Gütern ab, gründete Schulen, modernisierte die Infrastruktur und trug zur Entwicklung der Industrie bei. Vgl. Ryżewski 2002. 22 In seiner Zwanzigsten Vorlesung im Collége de France behauptete der Dichter, Chreptowicz habe zwar Häuser für seine Untertanen gebaut und ihnen Pferde sowie Vieh zur Verfügung gestellt, aber die Besonderheit des „geselligen Lebens“ der Slawen nicht verstanden (Mickiewicz

1843: 247 f.). Vgl. Mickiewicz 1860, IX: 171 f. (hier: Einundsechszigste Vorlesung). 23 „Pourquoi les paysans ne se plaignent-ils de la faim et des coups de bâton [...] ? C’est que le manque de la force morale commence à faire sentir à l’homme sa misère physique. Tant que le paysan polonais voyait le gentilhomme polonais pauvre comme lui, [...] il lui laissait vendre son blé pour achter des armes [...], il s’en passait et avait la force de souffrir la faim et la misère. Mais dès que ce gentilhomme s’avisa de faire venir des meubles étrangers, [...] lorsque le paysan vit vendre son blé pour l’achat d’équipages et d’ustensiles dont il ne comprenait plus l’usage, alors son pain lui devint amer, et il se plaignit de la faim. [...] La douleur que l’on reçoit d’une punition dépend beaucoup des idées que l’on y attache“ (Mickiewicz 1860, IX: 171 f.).

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 162 Monika Bednarczuk zeigen, dass die Philomaten sich mit all den Problemen auseinandersetzen muss- ten, die bereits vor der kommenden Intelligencja bestanden hatten.24

4 Eingreifen der Macht

Unabhängig davon, wie unzufrieden sie mit dem sozial-politischen System waren, mussten sie sich auch Sorgen um ihr eigenes Schicksal machen. Schon im 18. Jahr- hundert litt „die niedrige Classe“ der Adligen unter „äußerster Armuth“ (Forster 1978: 492). Die scharfe politische Einstellung Russlands dem polnischen Adel gegenüber und die „Überproduktion“ an Studenten führten dazu, dass die Schicht der lisznich ljudej (überflüssigen Menschen) sich in den westlichen Gubernien deutlich früher formte als im eigentlichen Russland (Beauvois 2010: 329; vgl. Ders. 1978). Czeczots finanzielle Lage war schlecht, zumal er seine jüngere Schwester unterstützte. Während gemeinsamer Studien fanden die Philomaten Trost und Hilfe in ihrem Freundeskreis, in den langfristigen Plänen, Büchern sowie im Jugendkult. Der von Nikolai Novosilcov geführte Gerichtsprozess änderte das jedoch grundlegend. Czeczot sowie auch Tomasz Zan und Adam Suzin kamen in Haft. Zunächst wurde Czeczot in den Festungen von Ufa und Tver festgehalten und lebte vollständig in der Erinnerung an Zofia Malewska. In der Verbannung war er äußerst unglücklich, versuchte jedoch, wenigstens seine Gedanken zu beschäftigen: Er las Herder, Rousseau, Schiller, Delille und Mirabeau, übersetzte Washington Irving und sammelte Materialien über die Konföderation von Bar.25 In dieser Zeit vertiefte sich seine Abneigung gegen seine früheren Freunde, die Polen und die Russen.26 Zugleich aber konnte er trotz des Unrechtsgefühls mit Selbstironie über sich, seine Freunde und ihre jugendliche Naivität sagen: „Macie teraz [...] biednych literatów, siedzących śród więzień [...] i pracujących na dobro ogólne, którego sami doznawać nie mogą“ (Archiwum Filomatów 1973: 102). Der Posten in Lepel, den Czeczot dank einer Fürbitte des Gouverneurs von Tver Tufiaev erhielt, war zwar kein idealer Ort für den Schriftsteller, garantierte ihm jedoch ein regelmäßiges Einkommen. Nachdem er im Jahre 1841 aus dem Beamtendienst ausgeschieden war, geriet Czeczot in ernsthafte Schwierigkeiten; von nun an war er der Gnade seiner Freunde ausgeliefert. Erschwerend kam

24 Korespondecja I: 111, 418; II: 344; III: 119, 194, 223; Rychlikowa 1991; Beauvois 2010: 305–311. 25 Vgl. Archiwum Filomatów 1973: 170; Listy 1999: 455–508. 26 Brief vom 22. Oktober 1825: „[...] wyraz человеколюбие więcej zdaje się być słyszanym, niż rozważanym i praktykowanym; okazują tę ludzkość, ale czasem w tak przykrym pokazuje się sposobie, że lepiej by jej zupełnie nie widzieć.“ In: Archiwum Filomatów 1973: 102.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 163 hinzu, dass sein ehemaliger Freundeskreis nun in der ganzen Welt und in Russ- land verstreut lebte und selbst seine einst engsten Verbündeten nur wenig Inte- resse daran hatten, den Kontakt wiederzuherstellen, nicht zuletzt auch deshalb, weil Czeczot mittlerweile den Ruf eines streitsüchtigen Moralisten besaß. Das Tragische an der Situation war, dass Czeczot, sich der negativen Auswirkungen des Exils auf seine Persönlichkeit nur allzu deutlich bewusst, Widerwillen gegen sich selbst empfand; seine Angst vor Einsamkeit wuchs. Schon 1829 klagte er gegenüber Pietraszkiewicz, sein Leben sei leer und sinnlos.27 Vor dem hier skizzierten Hintergrund wird Czeczots spätere ethnografische Leidenschaft verständlicher. Nach einer Phase der nahezu naiv anmutenden Faszination für Volkspoesie in den 20er Jahren wuchs sein Ehrgeiz, größeren Einfluss auf die Öffentlichkeit zu erlangen, ein Bedürfnis, das seinen Ursprung in den anspruchsvollen Plänen der Philomaten hatte. Andererseits erkannte er die Hierarchie und sui generis Reproduktion der Unterdrückung innerhalb des ‘bela- russischen Dreiecks’. Spätestens in der Festung von Ufa begriff er, dass die weiß- russischen Bauern durch die polnischen oder polonisierten Gutseigentümer ge- knechtet wurden, ähnlich wie auch er selbst vom zaristischen Machtsystem unterdrückt worden war. So bezeichnet er in einem 1840 veröffentlichten Gedicht die Bauern als „Brüder“ und „Kinder der gemeinsamen Mutter“ und thematisiert die gegenseitige, obschon asymmetrische, Abhängigkeit zwischen den „lieben Knechten“ („ukochani kmiotkowie“) und dem Adel:

Kiedyż wy bracia czytać będziecie, Kiedy będziecie wiedzieli, Żeśmy wam nieśli kłosy i kwiecie, Cośmy z waszej niwy wzięli? (Czeczot 1840: V–VI)

Als Motto dienten ihm die Verse aus dem Pieśń świętojańska o sobótce (‘Johannis- Lied über das Sobótka-Feuerʼ, ‘Lied vom Johannisfeuerʼ) (1586) von Jan Kocha- nowski; damit griff er zu dem Bild eines arkadischen Dorfes. Doch schon bald widmete er einen weiteren Band „der respektablen Seele von Stanisław Staszic“ und begann mit einem Gedicht zu dessen Ehre als Philanthrop und wahrer Welt- verbesserer.

Ty zbierałeś na okup tysiącznego ziomka, Co przy swej pracy, czasem ledwie ma koszulę.

27 Brief vom 30. Januar 1829: „Obrzydłem wszystkim jęczeniem; [...] nikt mi nie chciał nigdy ni jednej miłej napisać litery [...]. Czemuż nie mam tej silnej pamięci i wyobraźni, tego mocnego umysłu, abym sobie mógł stworzyćświat i dla niego znachodzić obyczaje sztuki, rzemiosła, wynalazki i prawa!“ Listy 1999: 145.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 164 Monika Bednarczuk

[...] Oby mu Bóg dał wieki szczęściem się zielenić, [...]

A ziomki, twój Staszicu czyn umieli cenić (Czeczot 1846b: 1 f.)

Das Gedicht spiegelt die Evolution der sozio-politischen Anschauungen Czeczots wider. Zwar sieht er das Volk konsequent als Hüter der Tradition28, er bemerkt aber auch die grundsätzlichen Veränderungen, die zwischen 1825 und 1845 im Russischen Reich und in den westlichen Gubernien stattfanden. Zum einen wurde immer häufiger über einen Umbau der Sozialordnung diskutiert. Zum anderen wurde die polnische Bildung durch die russische ersetzt, die unierte Kirche hörte auf zu existieren, und das Weißrussische kehrte an den kaiserlichen Hof zurück (Łatyszonek 2008: 65). Letzteres war ein auffälliges Zeichen dafür, dass die Machthaber den Belarussen entgegenkamen. Immerhin kam Russland „die Rolle des Vereinigers der weißrussischen Gebiete“ zu29 (ders. 2006: 311). Imperiale Kontexte, speziell Differenzkonstruktionen und Situationen, „in denen Unter- schiede herrschafts-pragmatisch genutzt werden konnten“ (Osterhammel 2004:

179 f.), sind daher in ihrer Relevanz für die Analyse von Czeczots Werken nicht zu unterschätzen. Im Folgenden werde ich die Frage aufgreifen, welche Bedeutung für Czeczot die Person Staszics hatte und ob seine ethnographischen Aktivitäten Züge einer politischen Geste trugen.

5 Ethnographie als politische Geste

Bereits in Przestrogi dla Polski (‘Warnungen für Polenʼ) (1790) bemerkte Staszic, dass es sich auf die Leistung der Bauern auswirkt, wenn ihre Lebensbedingungen verbessert werden (sein Vorbild hierfür war England). Nachdem er im Jahre 1801 ein Grundstück erworben hatte, gründete er 1816 die Towarzystwo Rolnicze Hru- bieszowskie (Hrubieszower Landwirtschafts-Gesellschaft). Im Gegensatz zu Czeczot äußerte sich sein Jugendfreund eindeutig negativ über den 1826 ver- storbenen polnischen Aufklärer. Im April 1842 stellte er in einer Vorlesung fest, dass „[...] diese Reform mißglückte [...], besonders weil Staszyc keinen Begriff von

28 „Poezja zwana dziś gminną,była przed wieki wszystkim przodkom naszym spólna: pańska, książęca, słowem narodowa; [...]. Włościanom [...] winniśmy dochowanie obrzędów starożytnych i pieśni.“ In: Czeczot 1840: VII. Vgl. Czeczot 1844: VII; 1846b: XXVIII. 29 „[...] w roli zjednoczyciela ziem białoruskich wystąpiła Rosja... “

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 165 der Organisation der alten slawischen Gemeinde hatte“ (Mickiewicz 1843: 249).30 Staszics radikale Geste oder Chreptowiczs Reformen konnte Czeczot nicht nach- ahmen, da er finanziell von dem guten Willen des wohlhabenden Adels abhängig war. Konnte die Angst vor Armut und Ablehnung in seinem Milieu die Ansichten des Dichters mildern? Signifikant sind in dieser Hinsicht sowohl seine privaten als auch seine öffentlichen Aussagen. Am 28. Dezember 1844 sandte Czeczot dem Grafen Konstanty Tyszkiewicz (1806–1868) zehn Exemplare des Liederbandes Piosnki wieśniacze znad Niemna i Dźwiny (1844), versehen mit einer Notiz, die viel über seine erbärmliche und erniedrigende Lage aussagt:

Ja bym tylko życzył i za te, i za dziesięć jeszcze razy więcej tych książeczek otrzymywać łaskawe względy Jaśnie Wielmożnego Hrabiego Dobrodzieja, aby w razie niemożności uplacowania się tutaj, lub uprzykrzenia się swym darmojedztwem moim Dobrodziejom, mógł zawsze myślić, że jeszcze w Łohojsku znaleźć mogę przytułek. [...] Ponieważ jednak dosyć już [...] jadłem łaskawego chleba, życzyłbym sobie [...] być prawdziwym sługą.Jeśli więc takiego Hrabia potrzebować będzie, może [...] wezwać mię do swej Biblioteki i Archi- wum [...]. (Listy 1999: 524)

Ein Jahr später schilderte er in einem Brief an Tyszkiewicz die traumatischen Erfahrungen seiner Familie. Als sein Vater den Posten eines Gutsverwalters verlor, wurde er mittel- und obdachlos („osiadł na bruku“)(Listy 1999: 527). Nach seinem Tod wurde die Lage der Witwe und der Kinder dramatisch. Ohne eine kleine Bei- hilfe, die Czeczots Mutter dank des Engagements einiger Beamter erhielt, hätten sie und seine Schwester es äußerst schwer gehabt. Er wäre nicht imstande gewesen, die beiden zu unterhalten, denn er war selbst auf „das fremde Brot“ angewiesen.31 Im Vorwort zu Piosnki wieśniacze znad Niemna i Dźwiny z dołączeniem pier- wotwornych w mowie sławiano-krewickiej (1844) verweist Czeczot die Leser auf eine Broschüre über die Notlage der Bauern (O poddanych w Polszcze, 1788), in der die Legitimität der Standeshierarchie nicht hinterfragt wird. Sein Appell an die „fürsorglichen“ und „wohltuenden Herren und Agrarökonomen“ schließt mit dem Satz, er habe zu diesem Thema eigentlich noch mehr sagen wollen, nach

30 Ähnlich kritisierte er am 21. Januar 1842 andere Reformversuche im 18 Jahrhundert: „[...] nach der thatlosen Regierung August’s III warfen sich die ermüdeten Geister blindlings in die Refor- men“ (Mickiewicz 1843: 91; vgl. Ders. 1860, VIII: 422) Unter den Kritikern Staszics befand sich übrigens der Wilnaer Professor für Philosophie Józef Gołuchowski (1847: 167). Wie Mickiewicz und Lelewel plädierte auch er für die Abschaffung der Leibeigenschaft, die seiner Ansicht nach allerdings nur mit Zustimmung der Gutsbesitzer erfolgen sollte (Lelewel 1843: 198; Gołuchowski 1847: 181–187). Als mustergültig galt in diesem Zusammenhang Großpolen (Koźmian 1843: 4; Gołuchowski 1847: 185).

31 Brief vom 31. Dezember 1845: „[...] nie wiem, co by z nią iz siostrą moją było, bo nie zdołałbym ich wyżywić, sam potrzebując cudzego chleba... “

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 166 Monika Bednarczuk einer längeren Überlegung aber beschlossen, zu schweigen und den geschätzten Lesern stattdessen einfach einige Quellen zu nennen, aus denen sie selbst Infor- mationen über den Zustand der Bauern und Ideen zur Verbesserung von deren Dasein schöpfen könnten32 (Czeczot 1844: XIIf.) An dieser Stelle fragt man sich zunächst, ob Czeczot möglicherweise aus Angst vor Ausgrenzung seine demokra- tischen Ansichten verheimlichte, obwohl er damit zu der Zeit, als der revolutionä- re Priester Piotr Ściegienny (1801–1890) berühmt wurde, nicht allein stand. Ein genauerer Blick auf Czeczots Rhetorik zeigt jedoch, dass diese Hypothese nicht aufrechterhalten werden kann. Einerseits unterstreicht der Dichter die gemein- same Herkunft der beiden sozialen Schichten sowie die Reinheit der Kultur und Sprache des Volkes, das sich den Einflüssen von außen widersetzte (Czeczot 1844: VII).33 Des Weiteren hebt er die asymmetrischen Beziehungen zwischen diesen sozialen und ethnischen Gruppen hervor. Als Allegorie für sie nutzt er die Figur der Amme eines Herrenkindes, die gleichzeitig den eigenen und den fremden Nachwuchs füttert (1846a: 8). Andererseits sticht aus den Kommentaren ein Bild hervor, demzufolge die Gutsbesitzer dem Volk Bildung bringen und die Acker- bauern ihre arbeitenden Hände. Die Ersteren werden als Imker, die Letzteren als Bienen vorgestellt, die Honig in den Bienenstock tragen34 (1837: VI). Den Land- wirten wohnen dieser Auffassung nach eine sozial unreife, nicht vollständig entwickelte, menschentypische Maßlosigkeit sowie Leichtsinn und Faulheit inne, daher sollten sie von aufgeklärten, verantwortungsvollen Herren vor schädlichen Einflüssen geschützt werden (1840: IX-XII).35 Als dramatisch stellt der Dichter die Konsequenzen der Trunksucht dar.36 Anscheinend unterschied sich der Status quo dieser Zeit nicht allzu sehr von demjenigen der 1780er Jahre, als Georg Forster einen Lehrstuhl an der Universität Wilna innehatte. Obwohl er die Leibeigenschaft ablehnte, war er über das Ver- halten und die Mentalität der Bauern empört, was in seinen Briefen an Georg Christoph Lichtenberg und Therese Heyne aus den Jahren 1785–1786 zum Aus- druck kam:

32 „[...] mocniej się zastanowiwszy, umilkłem, i dość zapewne na mnie będzie, jeśli łaskawym czytelnikom, ukażę źródła, z których sami mogą czerpać wiadomość o stanie włościan i myśli do ulepszenia ich bytu.“ 33 Vgl. Koźmian 1843: 35–38; Rypiński 1840: 11–15. 34 Die Bienen-Metapher wiederholte Czeczot in seinem Gedicht „Pszczółka“, in: Czeczot 1846a: 41.

35 Vgl. Koźmian 1843: 17 f.; Gołuchowski 1847: 10, 181; Świrko 1989: 259 f. 36 „Po całotygodniowej pracy [...] idzie gospodarz, a nawet i gospodyni [...] w niedzielę do karczem. [...]. Wpływ widoczny na cerę, wzrost i tępość ludu. Lekarstwo nawet na [...] choroby [...] w wódce, a matka i ojciec [...] małe dziecię poją wódką [...].“ In: Czeczot 1840: X-XI.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 167

Das eigentliche Volk, ich meine jede Millionen Lastvieh in Menschengestalt, die [...] von allen Vorrechten der Menschheit ausgeschlossen sind [...], – ist nunmehr [...] durch die langgewohnte Sklaverei zu einem Grad der Thierheit [...], der unbeschreiblichsten Faulheit

und Stockdummen Unwissenheit herabgesunken [...]. (Forster 1978: 491 f.)

Sie [...] sind [...] solche Sauen, daß Sie davor erschrecken werden, und besaufen sich, so Weibsbilder als Mannpersonen, zum wenigsten wöchentlich einmal himmelhagelvoll in Branntwein. Dazu [...] sind [sie] nie zufrieden [...]. (ebd.: 282)

Um diesen Zustand zu ändern, versuchte Czeczot die Macht der gesungenen Worte einzusetzen. Da Wodka „jest zgubą wieśniaków“, wurde er in einigen Liedern durch Honig und Bier ersetzt (Czeczot 1840: IX). Dieser Eingriff offenbart Czeczots eigentümliche Einstellung zur Folklore und hebt seine moralische In- brunst hervor. Im Allgemeinen hatten Czeczots Erfahrungen seinen sozialen Kon- servatismus nicht angefochten, dafür aber seine Überzeugung befestigt, dass die christlichen Werte die negativen Auswirkungen der sozialen Ordnung mildern können. In Vorreden zu seinen Liederbänden sowie Gedichten erinnert Czeczot daran, dass die paternalistische Betreuung niedrigerer Schichten die Grundlage des gesellschaftlichen Glücks sowie Gottes Gebot ist.37 Auf die Gerechten warten Belohnungen im Diesseits und Jenseits:

Wy, co kmiotków swych kochacie, [...] Bóg łaskawy, co poruszył Wam opiekę mieć nad niemi, Szczęśliwością was nagrodzi I w niebiosach i na ziemi. (Czeczot 1844: V)

Der Gedichtband Pieśni ziemianina (1846) besteht im Prinzip aus guten Ratschlä- gen für den Adel. Das Konzept knüpft an die idealisierende Vision des Dorfes bei Kochanowski an. Die traditionellen Motive wurden jedoch um moderne Elemente ergänzt, denn Czeczot fördert hier den Anbau und die Verarbeitung von Zucker- rüben („Buraki“, „Woda i para“) und plädiert für eine größere soziale Solidarität („Krosienka“) und gemeinsame Arbeit („Wiejskie przechadzki“).38 Im Gedicht

37 „Włościanie nasi, lud dobry, łagodny, pracowity [...]. [...] Ileż byłbym szczęśliwszy, gdyby te piosnki [...] pomnażałytę wzajemną przychylność pana i włościanina, na której tyle leży!“ In: Czeczot 1837: Vf. 38 Als Vorbild für die Damen dient hier die Herzogin Anna Sapieha Jabłonowska (1728–1800), die Ende des 18. Jahrhunderts ihre Güter zu modernisieren vesuchte: „Tu spisuje rządu prawa, majstrów tam osadza. [...] Śliczne krówki sponad morza wiedzie w nasze kraje,

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„Siermięga“ wird sogar eine Parallele zwischen der Lage der unteren Schichten in Litauen und Afrika gezogen, wobei es eher keine tiefere Hinterabsicht war, Aus- wirkungen der Leibeigenschaft und des Kolonialismus miteinander in Verbin- dung zu bringen:

Łata z łatą, ciemna z szarą, dziwnie nastrzępione, Przypomina Afrykańskie ludy upierzone, Szkoda tylko, żetosłońce, co Afrykę pali,

Na lesiste nasze kraje przygląda sią z dali (Czeczot 1846a: 7).

Dennoch ist nicht zu übersehen, dass diese Verbesserungsvorschläge verspätet kamen. In den 1840er Jahren hielten viele die Industrialisierung Russlands für zwingend notwendig.39 Interessanter ist in diesem Kontext die polnische Version des Werkes Délassemens de ma fille (1830) von Alexis Eymery, veröffentlicht von Czeczot 1845 unter dem Titel Powiastki dla młodych dziewcząt (naśladowane z dzieła pani de Sęt...). Der letzte Teil des Büchleins „Ludgarda, albo Podróż pożyteczna“ („Ludgarda, oder eine nützliche Reise“) ist ein Vortrag über die Vorteile der wirtschaftlichen Modernisierung in Form eines Briefes aus dem Aus- land, den eine Dame an ihre Freundin in Wilna schreibt. Auf mehreren Seiten berichtet die Erzählerin über das Engagement von Frauen und Männern, die in französischen Manufakturen, Stahlwerken und im Bergbau arbeiten (Czeczot 1845: 57–75).40 In Czeczots Forderungen nach Solidarität, vor allem aber in seinen folkloristi- schen Forschungen, spielte seine Abneigung gegen Russland eine signifikante Rolle. Die Intensität, mit der er die lokalen Kulturformen (darunter auch die Lage der Ackerbauern) thematisierte, erlaubt die Frage, wie sich dessen ethnographi- sche Tätigkeit zu der Situation nach der Niederschlagung des Novemberaufstan- des von 1830 verhält, als sich die Entwicklungsrichtung der weißrussischen Kultur diametral veränderte (Łatyszonek 2008: 66). „Das Hiesige“ („Tutejszość“), d. h. eine vage Form des Nationalbewusstseins, das für die historischen Gebiete

I naukę wiejskim dziewkom o nabiale daje.“ Czeczot 1846a: 53. Zu Jabłonowska siehe Bergerówna 1936. 39 Über die Vorteile der Zuckerrübe wurde in Russland bereits lange vor Czeczot geschrieben; der Wilnaer Naturwissenschaftler Norbert A. Kumelski übertrug 1829 ursprünglich aus dem Russi- schen die Studie Art de fabriquer le sucre de betteraves von Augustin-Pierre Dubrunfaut (1825). 40 Die Begeisterung der Erzählerin für Manufakturen, Bergminen und Stahlwerke ist dabei von nahezu grotesker Naivität. Anders kann man die enthusiastischen Aussagen über Kinder, die bei Metallarbeiten helfen, oder über Frauen, die „eine Säge durch das Eisen hin- und herziehen, das sich ihren Bemühungen widersetzt“ („ciągną zębatą piłę po opierającem się ich usiłowaniom żelazie“), nicht bezeichnen (Czeczot 1845: 68). Die Vorteile des Handwerks und der Alphabetisie- rung thematisierte er auch in Gedichten.

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Litauens typisch war, war durch die Tendenz gekennzeichnet, sich mit der attrak- tiveren bzw. stärkeren Kultur zu assimilieren (Bardach 1988: 194; Radzik 2003:

9 f.): zuerst mit der polnischen, später mit der russischen. Daher würde ich Czeczots leidenschaftliches Interesse an volkstümlichen Gesängen, Bräuchen und Mundarten als einen Versuch interpretieren, die belarussische Bevölkerung von dem stärkeren Gegner zu „übernehmen“ und sie wieder an die polnische Kultur heranzuführen. Diese Intention hing mit dem Wunsch zusammen, alte Versäum- nisse nachzuholen41 (Czeczot 1846b: XXXIII). Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, wären die Ethnographie Czeczots und seine weiteren Aktivitäten eine politische Geste. In Hinblick auf das Niveau des ideologischen Engagements ist sie zum Beispiel nicht mit Franciszek Sawiczs Gedicht „Gdzież to szczęście się podziało“ (1836–1838) zu vergleichen, in dem die Weißrussen zum Freiheitskampf aufgefordert werden (Łatyszonek 2008: 65). Czeczot äußerte weder revolutionäre Sympathien, noch fühlte er sich als Belarus- se. Im Grunde ähnelte seine Strategie der des Nikolaus I.: Beide „beließ[en] es bei moralischen Appellen und einer Politik der kleinen Schritte“ (Hildermeier 2013: 254). Dabei kam seiner Religiosität vermutlich eine bedeutende Rolle zu, denn das Christentum ging mit der Akzeptanz des Leidens und der sozialen Ungerechtig- keit einher. Die moderate Haltung Czeczots findet ihren Ausdruck in dem Erzähl- band Powiastki dla młodych dziewcząt (Czeczot 1845). Zudem gab es zu dieser Zeit immer mehr Menschen, die Interesse an der belarussischen Folklore und pol- nisch-belarussischen Geschichte hatten, wie etwa Jan Barszczewski und Alexan- der Rypiński, um nur zwei zu nennen.42 Dennoch vertrete ich die These, dass Czeczots Bestrebungen als Widerspruch gegen die Machtverhältnisse zu betrachten sind. Als weitere Argumente zuguns- ten dieser Meinung möchte ich die Aufzeichnung von Sprichwörtern und Czeczots Arbeit an dem Słownik wyrazów krewickich (1846) anführen. Das erste Wörterbuch der heute als weißrussisch bekannten Sprache resultierte zum einen aus dem Bedürfnis nach Genugtuung für die jahrelange Vernachlässigung der lokalen Bauern und zum anderen aus dem Wunsch, das kulturelle Erbe der ehemals polnischen Gebiete zu bewahren (Czeczot 1846a: XXXIII). Der Dichter situierte den „Krewicki“-Dialekt zwischen der polnischen, russischen und ukrainischen Sprache und wollte mit seiner Forschung zur Entwicklung der Wissenschaft über die polnische Sprache beitragen (ebd.: VI). Diese Spaltung lässt sich in seinen autoreflexiven Texten verfolgen.43

41 „[...] nagrodzenia zaniedbania wieków przeszłych...“ 42 Siehe Podbereski 1844a; Rypiński 1898: 255–257. 43 Mickiewicz sah das weißrussische Volk auch als Teil einer größeren „polnischen“ bzw. „pol- nisch-litauischen“ Gemeinschaft. Ein markanter Beleg dafür ist eine Aussage aus dem Jahre 1849

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Des Weiteren spürte Czeczot eine Barriere, die ihn von der Bauernschaft trennte. Von essentieller Bedeutung war seine Herkunft, die er gelegentlich pro- blematisierte. So notierte er: „[...] biedne chłopki [...] uszlachcają nas [...]. O! ile ludzie ludziom wdzięczni być powinni“ (Świrko 1989: 13). Unter Hinweis auf die Notwendigkeit, den „Krewicki“-Dialekt in inoffiziellen Situationen zu dokumen- tieren, beschwerte er sich auch über die Schwierigkeit, direkte Kontakte mit den Ackerbauern zu knüpfen. Geeignet für derartige Studien wäre seiner Meinung nach ein gebildeter Bauernsohn, etwa ein Kleriker oder Diakon. Ein „Gehrock“ („surdutowy“) müsse seine Kleider gegen ein einfaches Bauerngewand („sier- mięga“) tauschen und als fremder Wanderer Gasthäuser besuchen (Czeczot 1846b: XXVI). Die Grenze zwischen den sozialen Schichten war unverkennbar, und der Zugang zum Kern der untersuchten Kultur wurde ihm teilweise versperrt. Eine zusätzliche Herausforderung bildeten dabei die Geschlechterfragen. Viele Lieder lernte er von adligen Mädchen, da Dorfbewohnerinnen sich scheuten, vor einem unbekannten Mann zu singen.44

6 Kampf um ein „verwaistes“ Land

Czeczots Anstrengungen, sich mit der Mundart zu beschäftigen, die einst den Vor- fahren der Herren und des einfachen Volkes „gemeinsam war“45 (1846b: XXVIII), waren zum Scheitern verurteilt. Die einheimische Bevölkerung nahm seine Arbeit nicht wahr und ordnete sich der stärkeren Kultur unter. Die Landherren, die er für die Not des Bauern sensibilisierte, waren mit dem Kampf um ihr eigenes Überleben beschäftigt. Für die Behörden stellten die Bemühungen des ehemaligen Verbann- ten in den Provinzen ohnehin keine Bedrohung dar. Darüber hinaus näherte sich Czeczot trotz besten Willens allmählich der belarussischen Kultur als einer weniger entwickelten an, einer Kultur, für die neue Verbreitungskanäle beschrieben und festgelegt und der ein eigener Entfaltungsweg aufgezeigt werden mussten. Er identifizierte sich unverkennbar mit dem verarmten Adel. Ein einleuch- tender Beleg dafür ist seine Idee, Unterhaltungs- und Belehrungsliteratur für die

(überliefert von Juliusz Falkowski): „Jeden z ziomków [...] opowiadał Mickiewiczowi o [...] poczci- wości i czystej wierze ludu polskiego. Na twarzy poety malowałosię nieopisane wzruszenie. – Tak, Panie! wykrzyknął, [...], niema czystszego ludu jak nasze kołtuniaste Białorusiny!“ (Mi- ckiewicz 1933: 318, Hervorhebung M.B.). 44 „[...] wieśniaczki zbyt skromne i nieśmiałe wstydzą się mówić swych piosnek przed mężczyzną...“ In: Czeczot 1840: VIII. 45 „[...] tą upośledzoną literaturą, która jak pieśni była niegdyś wspólną przodkom panów i charlaków...“

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 171 wenig gebildete, landlose Schlachta, „Ekonomów i Ekonomówien i [...] podob- nych biedaków czytających“ (Listy 1999: 525), herauszugeben, eine Idee, deren Ursprünge einerseits auf die adlige Standessolidarität, andererseits auf die auf- klärerischen Ideale zurückgehen. Preisgünstige Hefte sollten mithilfe jüdischer Wanderhändler distribuiert werden. Den Vorwurf des Grafen, solche Texte wür- den die Ökonomentöchter verwöhnen, wies Czeczot dezidiert zurück. Er berief sich auf die Notwendigkeit, mit den Erfordernissen des aufgeklärten Europa mitzuhalten. Sein Glaube an Bildung schlägt sich unter anderem in der Über- nahme der Licht-Finsternis-Metaphorik nieder:

[...] u nas tak ciemno, że Ekonomówny nawet w swobodnem czasie nie mają się czem przyzwoitszem i ukształceńszem zabawić. Niech to będzie dowodem światła na prowincji. [...] Sławny Rumford [...] powiada: „On a pensé jusqu’à présent, que pour rendre heurese une classe d’hommes vicieuse et abandonnée à elle-même, il était nécessaire, qu’elle devint vertuese. Mais pourquoi ne pas revenser cet ordre? (Listy 1999: 527; vgl. Rumford 1799)

An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass es sich hierbei nicht um Bauern handelt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstammten Gutsverwalter in Litauen vor allem dem besitzlosen Adel.46 In dem Brief räsoniert Czeczot vor einem auto- biographischen Hintergrund über die Pauperisierung seiner sozialen Klasse, auf- gehängt in einem gesellschaftlichen Zwischenraum. Golota war von den wohl- habenden Schichtmitgliedern abhängig, was zu Dominanz und Missbrauch führen konnte:

Biedactwo to przez samą złą płacę,zły szacunek, poniewierkę i niepewność [...] losu, narażone jest [...] na grzechy kłamstwa, oszustwa i kradzieży. Co za pewność losu Ekonoma służącego za Zł 200 lub 300? Jeden kaprys Pański, jedna plotka, ruguje go z miejsca z żoną i z dziećmi [...]. (Listy 1999: 527)

Die Lage der Ackerbauern erweckte allerdings auch immer mehr Aufmerksamkeit. 1829 prangerte Faddej Bulgarin in seinem Roman Ivan Vyzygin die polonisierten Gutbesitzer an. Belarus wird hier als ein Land geschildert, in dem Bauern zum Opfer des Adels und der Juden werden. Fünfzehn Jahre später äußerte sich Romuald Podbereski irritiert über die Verbreitung dieses klischeehaften Bildes in der Öffentlichkeit; ein Beispiel dafür war ein seiner Meinung nach parteiischer Artikel in dem Magazin Moskvitianin. In seiner Polemik gegenüber der Zeitschrift spielte Podbereski, übrigens ein Journalist und Popularisateur polnisch-weiß- rusisscher Autoren, mehr oder weniger bewusst auf Ivan Vyzygin an. In Bezug auf

46 Siehe Rzepniewska 1965: 209–214, Smoleńska 1970: 125 f.

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Belarus gebrauchte er nämlich die Metapher eines verwaisten47, missbrauchten Landes (Podbereski 1844b: 2150), die bis zu einem gewissen Grad die Bezeich- nung Bloodlands (Snyder 2010) antizipiert. Podbereski erklärte die kulturelle Rückständigkeit der Region sowie seine wirtschaftlichen Probleme und die im Ton „erbärmliche“ Volksdichtung mit historischen Turbulenzen. Belarus sei ein „verwaistes Land, für das niemand väterlich gesorgt hat“, „mit Schanzen ge- spickt“ und „Jeremias Klagen würdig“:

Historya wystawia nam Białoruś jako ziemię osieroconą, którą nikt nigdy po ojcowsku się nie opiekował.Była to ziemia przejścia, [...] igrzysko walk pobratymczych szeregów i nabiegów hord tatarskich! [...] Ta ziemia najeżona okopami, [...] mogłaż kiedykolwiek przyjść do siebie, aby [...] wyprowadzić z siebie ten zaród oświaty, który jest szczęśliwych narodów udziałem? [...] Historia [...] Białejrusi godna wywołaćżale Jeremiasza. (Podbereski 1844b: 2152)

Den Kampf mit dem Zarenreich um die Gunst oder eine Art „väterlicher Sorge“ für Belarus hat die polnische Kultur verloren. In Bulgarins Augen, der ähnlich wie Czeczot aus dem polonisierten Adel des Großfürstentums Litauen stammte, ver- besserten sich nach dem Anschluss Weißrusslands an Russland die wirtschaftli- chen und sozialen Beziehungen. Czeczot war vermutlich anderer Meinung. Die beiden Autoren waren sich aber zum Teil ähnlich, und zwar in ihrer Hoffnung auf positive Veränderungen. Bei Bulgarin wurde die ältere Generation der Landbesit- zer, repräsentiert durch den zügellosen Golohordovsky, durch eine jüngere er- setzt. Ihr vorbildlicher Vertreter ist ein slawophiler Absolvent der Universität Wilna namens Počivski.48 In Czeczots Texten klingt kontinuierlich, obschon mit unterschiedlicher Intensität, der Wunsch nach einem neuen Denkmuster der Landbesitzer und nach Gemeinschaftsgefühl an.

7 Fazit

Das Verhältnis von Sprache, Nationalität und sozialer Schichtung nahm im 20. Jahrhundert eine neue Wendung, bestimmt von veränderten Machtformen und –konfigurationen. Czeczot, der Mitleid und gelegentlich auch Lachen erweck- te, errang post mortem den Sieg – einen Sieg, den ihm ein anderer Litauer und Pole, nämlich Józef Ignacy Kraszewski, in einem Trauergedicht vorhergesagt hatte. Die

47 Die Figur der Waise steht im Zentrum zahlreicher weißrussischer Volkslieder. Dazu Janion 1991: 39. 48 Булгарин 1829, I: 1–26; III: 185–193.

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 ‘Das weißrussische Dreieck’ 173 für den dritten Teil von Mickiewiczs Dziady (‚Die Ahnenfeier‘) (1832) konstitutive Kornsymbolik und das Märtyrer-Motiv („uśmiech męczennika“) spielen hier eben- falls eine Schlüsselrolle: Myśl obumarła z grobu się odrodzi Ziarno pracy powróci ze żniwem bogatem. Łza rośnie z mogił, cierpienie jest płodnem (Kraszewski 1898: 344–345).

Czeczots Werk und Biographie liefern wichtige Impulse für die Beschreibung „бeлaрycкix нaцыянaльныx рыcaў y пoльcкaмoўнaйлiтaрaтyры Бeлaрyci“ (Васiлюк 2009: 126)49, auch wenn er die weißrussische Kultur eher mit dem Erbe des Großherzogtums Litauen asoziierte.50 Man hält ihn für „яркі прыклад самаадданаґa служэння свaймy нaрoдy“ (Цвiрка 1998: 8), obwohl er, als Pro- dukt seiner Zeit und seines Milieus, die sozioökonomischen Grenzen aufrechter- hielt und die Bedeutung des Begriffs ‚Nation‘ in diesem Kontext bei weitem nicht klar war. Letzendlich erkannte Jan Czeczot die Autonomie der belarussischen Kultur und ihr Recht auf Selbstentwicklung an, im Gegesatz zu etwa Antoni Rypiński, der schon im Titel seines Buches Belarus als „unsere polnische Provinz“ bezeichnete und die Publikation „dem ersten der weißrussischen Bauern, der zuerst Polnisch lesen, und dann sprechen und denken lernt“51, widmete (Rypiński 1840). Darüber hinaus setzte sich der Philomata öffentlich für die weißrussischen Bauern ein. Insofern kann man Leonila Malaš zustimmen, die ihn als „прадстаўнiк беларуска-польскай iнтэлiгенцыi, якая выступала супраць феадальнага i нацыяльнага ўцiску беларускага народа“ charakterisierte (Малаш 1989: 108). Deshalb wurde Czeczot sui generis Pate dieses verwaisten Landes, ungeachtet dessen, dass er sich weigerte, dem Weißrussischen den Status einer selbständigen Sprache zuzuerkennen. Die Einbindung in supranationale Zusammenhänge konn- te gelingen, weil sein Leben und Schaffen sich in ein Paradigma einfügen, das die auf eine Nation fokussierte Kulturwahrnehmung ergänzt – und herausfordert. In

49 Vgl. Pigoń 1937; Ioffe 2003: 1246. 50 Ein stichhaltiger Beleg für diese These ist der Gedichtband Piosnki litewskie, an dem Czeczot seit 1823 bis in die 1840er Jahre arbeitete. Diese liederhaften Texte über das Großherzogtum Litauen sollten die Erinnerung an die Geschichte der Region in den breiteren Bevölkerungs- schichten wach halten. Dem Verfasser war jedoch klar, dass der Band kaum Chancen hatte, zum Druck zugelassen zu werden. Somit hatte diese Treuegeste gegenüber Litauen lediglich sym- bolischen Charakter (Czeczot 1994; Świrko 1989: 277–285). 51 „Pierwszemu s kmiotków białoruskich, co się najprzód czytać, a zatem mówić imyśli po polsku nauczy, tę moją błahą pracę w dowód wysokiego uwielbiania i szacunku poświęcam i dla niego drukuję.“

Angemeldet | [email protected] Autorenexemplar Heruntergeladen am | 06.04.17 08:52 174 Monika Bednarczuk dieses Paradigma gehört auch ein Werk über eine Nationalkultur, jedoch nicht deshalb, weil es ein Erzeugnis dieser Bevölkerungsgruppe ist, sondern weil es ihr kulturelles Selbstverständnis mitgestaltet (vgl. Bukowiec 2008: 24).

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