Schattenblick Druckausgabe
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag Elektronische Zeitung Schattenblick Montag, 2. März 2015 POLITIK / KOMMENTAR Brandsatz Fukushima - Täuschung, erste Bürgerpflicht ... Der Boulevard, auf dem die neue Rechte marschiert ... Strahlenquelle Fukushima noch lange nicht versiegt (SB) Der Tonfall wird schärfer, denn Während Japans Regierung der Presse einen Maulkorb anlegt, es geht auch in der Bundesrepublik darf AkwBetreiber Tepco Strahlengefahren ans Eingemachte. "Nein - keine wei- teren Milliarden für die gierigen vor der Öffentlichkeit geheimhalten Griechen", titelte die angebliche Zei- tung mit den vier Buchstaben am (SB) - Fast vier Jahre nach dem mul- Freitag pünktlich zur Verlängerung tiplen GAU im japanischen Nuklear- der sogenannten Griechenland-Hilfen komplex Fukushima Daiichi ist es im im Bundestag. Aufgezogen als Mit- Blätterwald still geworden um die machaktion für besonders bekenntni- größte Katastrophe der zivilen Nu- seifrige Leser, die mit einem Selfie klearenergienutzung. So still, daß es unter dieser Schlagzeile auf der Titel- das Thema nicht einmal in die "Top seite kundtun konnten ... (S. 4) Ten der Vernachlässigten Nachrich- ten des Jahres 2015" geschafft hat, die am 26. Februar im Deutschland- SPORT / BOXEN funk in Köln vorgestellt wurden. [1] Der Kampf der Kämpfe und vieles Man könnte meinen, daß die japani- andere mehr sche Regierung anstelle der Havarie Brandsatz Fukushima nur die Medien unter ihre Kontrolle Grafik: © 2013 by Schattenblick Vorschau auf ausgewählte Profi gebracht hat. Beispielsweise durch kämpfe der kommenden Wochen ein neues Gesetz, das am 10. Dezem- gegeben. Inzwischen hat die Organi- 7. März: Keith Thurman gegen ber 2014 verabschiedet wurde und sation "Reporter ohne Grenze" Japan Robert Guerrero bis im In- und Ausland wegen der vagen auf Platz 61 (von 180) der Länder- 9. Mai: Omar Figueroa gegen Ricky Bestimmungen zum Verrat von rangliste zur Pressefreiheit gesetzt Burns ... (Seite 6) Staatsgeheimnissen kritisiert wird. und diese Herabstufung so begrün- Was genau ein "Staatsgeheimnis" ist, det: das nicht verraten werden darf, ist in SPORT / MEINUNGEN dem Gesetz nicht scharf formuliert, "Seit der Nuklear-Katastrophe in Fu- sorgt also für große Unsicherheit, da kushima 2011 ist Japan auf der Rangliste der Pressefreiheit von Re- Finanzdoping - nur an der Spitze selbstverständlich niemand aus Un- porter ohne Grenzen weit nach hin- gibt's die Spritze ... kenntnis der rechtlichen Lage für bis zu zehn Jahre eingesperrt werden ten gerückt. Vor allem freie Journa- "Fröhlich, leistungsorientiert, pa möchte. listen wurden in den vergangenen triotisch und weltoffen" olympi Jahren bei ihrer Arbeit behindert, sches Krötenschlucken im Bundestag Der allgemeinen Lesart zufolge zählt wenn sie etwa zu dem havarierten (SB) Sport und Krieg liegen nicht auf jeden Fall zum Geheimnisverrat, Atomkraftwerk, der Betreibergesell- soweit auseinander, wie man viel- wenn ein Insider (Whistleblower) schaft Tepco oder den Verbindungen leicht meinen möchte. Als Thomas aufdecken würde, daß die Folgen der von Atomlobby und japanischer Re- de Maizière im Oktober 2012 noch Nuklearkatastrophe vom 11. März gierung recherchieren wollten. Ein Verteidigungsminister war, da bat er 2011 im Akw Fukushima Daiichi 2013 beschlossenes Whistleblower- die Sportsoldaten bei einer ... (S. 12) schwerwiegender sind als bekannt- Gesetz bestraft die Verbreitung von Elektronische Zeitung Schattenblick geheimen Informationen mit bis zu rium befindet, weiß man nicht, die Anschließend sind die Sandsäcke zehn Jahren Haft. Die meisten Medi- Vermutungen gehen dahin, daß es verstrahlt und kommen zu den riesi- en in Japan üben Selbstzensur, Kri- sich durch den Reaktorbehälter gen Mengen an Strahlenmüll, der tik an der Regierung und am Kaiser- durchgeschmolzen hat. Im April die- sich bereits angesammelt hat und ei- haus findet so gut wie nie statt." [2] ses Jahres soll ein Schlangenroboter gentlich sicher verbracht gehört, hin- in den am stärksten verstrahlten Be- zu - und Japan hat kein radioaktives Das neue Gesetz soll atomkraftkriti- reich des Reaktors 1 vordringen, Endlager. sche Stimmen zum Schweigen brin- Messungen ausführen und Bilder gen, weil die Regierung wieder voll aufnehmen. Vier Jahre nach der Ha- Örtliche Fischer kritisieren, daß Tep- in die Produktion der Atomenergie varie erhofft sich Tepco davon erst- co von jener Strahlenquelle auf dem einsteigen will. Das riesige Protest- mals genauere Erkenntnisse über den Dach schon seit Mai vergangenen potential mit über 100.000 Demons- Zustand eines von drei Reaktoren. Jahres gewußt, aber dies damals trierenden, die noch ein Jahr nach der [5] nicht bekanntgegeben und nichts un- dreifachen Kernschmelze im Akw ternommen habe, um die weitere ra- Fukushima Daiichi lautstark ein En- Nach wie vor werden die Kern- dioaktive Belastung des Meeres zu de der Atomkraft forderten, scheint schmelzbereiche der havarierten verhindern. Die Fischer sind auch sich bereits im Folgejahr entladen zu Meiler von Grundwasser umspült, deshalb wütend, weil sie erst nach haben. Inzwischen sind die Anti- das unterirdisch weiterfließt und langem Ringen zugestimmt hatten, Akw-Proteste von Überschaubarkeit durch den Meeresboden in den daß Tepco dekontaminiertes Wasser gekennzeichnet. Oder aber das Pro- Ozean quillt. Auf dem Betriebsge- ins Meer leiten darf. Da wäre es nicht testpotential besteht weiter, dringt je- lände stehen rund 1000 Tanks, die verwunderlich, wenn die Fischer doch wegen der staatlichen Repres- schätzungsweise 320.000 Tonnen ra- jetzt das Gefühl haben, daß sie von sionen und des sozialen Drucks nicht dioaktiv verseuchtes Wasser enthal- Tepco nicht ernst genommen wer- an die Oberfläche. Das vermutet der ten. Das soll nun nach und nach de- den. in den USA lebende japanische Pu- kontaminiert werden. Die früheren blizist Sabu Kohso. [3] dahingehenden Versuche waren al- Inzwischen sind die Verantwortli- lerdings immer wieder gescheitert. chen sehr geübt darin, sich für Din- Kohso geht davon aus, daß die Re- [6] ge, sobald diese nicht mehr geheim- gierung des nationalistischen Pre- gehalten werden können, zu ent- mierministers Shinzo Abe (LDP - Li- Die neue Dekontaminationsanlage schuldigen ... und so weiterzuma- beraldemokratische Partei) nach mi- muß erst noch unter Beweis stellen, chen wie bisher. Tepco-Vertreter Ts- litärischer Macht strebt - eine An- daß sie dauerhaft zuverlässig arbei- unemasa Niitsuma sagte vergangene nahme, die sich inzwischen auf gan- tet. Doch ganz abgesehen davon wird Woche Mittwoch bei einem Treffen zer Linie bestätigt hat [4] - und daß sowieso nur ein kleiner Teil des ver- der örtlichen Fischervereinigung, er auch mit einer atomaren Bewaff- strahlten Wassers abgefangen. Au- daß er sich bei den Betroffenen in der nung liebäugelt. Um so wichtiger ist ßerdem kommt es wiederholt zu "Er- Fischindustrie für den Ärger und die es offenbar für die japanische Regie- eignissen". Beispielsweise hat Tepco Sorgen, die das Unternehmen berei- rung, den Eindruck zu erwecken, daß vor wenigen Tagen bekanntgegeben, tet habe, "zutiefst entschuldigen" von Fukushima Daiichi keinerlei Ge- daß es auf einem Dachbereich des möchte. [8] fahr mehr ausgeht. Mit dieser Be- Reaktors 2 ein hochgradig kontami- hauptung hat Abe auch den Zuschlag niertes Becken entdeckt hat. [7] Im- Nimmt man nur allein das hochgra- für die Olympischen Sommerspiele mer wenn es regnete, floß anschei- dig verstrahlte Dach des Reaktors 2, 2020 erkauft. nend hochverstrahltes Wasser über so läßt sich daran ablesen, daß selbst einen Abflußkanal direkt ins Meer. in diesem kleinen Bereich, der nur Normalerweise wird eine Gefahr nur Registriert wurde eine Verstrahlung einen Bruchteil der gesamten Strah- dann als gebannt bezeichnet, wenn von bis zu 23.000 Becquerel pro Li- lenbelastung ausmacht, noch gar man sie vollständig erkannt hat. Da- ter Cäsium-137. nichts unter Kontrolle ist. Weiterhin von kann hier keine Rede sein. We- fließt hochgradig verstrahltes Re- gen der hohen Strahlenbelastung Tepco hat angekündigt, es werde genwasser direkt ins Meer. Gemes- kommt bisher niemand ins Innere der Schutzmaßnahmen gegen eine wei- sen wurde aber nicht nur auf dem Reaktoren 1 - 3, wo das Corium tere Kontamination ergreifen. So hat Dach selbst, sondern in einer Ab- (Kernschmelze aus den Brennstäben, man Sandsäcke mit Zeolith gefüllt flußrinne in einiger Entfernung. Dort den Moderatoren und dem Material und vor den beiden Dachabflüssen hatte man im April 2014 Werte zwi- der Umgebung) weiterhin mit bis zu und innerhalb der Abflußrinnen pla- schen "zehn und mehreren hundert 400 Tonnen Wasser täglich gekühlt ziert, damit sie die Radionuklide auf- Becquerel pro Liter Cäsium-137" werden muß. Wo genau sich das Co- saugen. Was nicht dazu gesagt wird: festgestellt. Seite 2 www.schattenblick.de Mo, 2. März 2015 Elektronische Zeitung Schattenblick Das heißt, nicht nur das Dach, son- Welt sind, sondern es bedeutet nur, Nahrungskette, unter bestimmten dern das gesamte Abflußsystem ist - daß sie jetzt woanders sind. Zu die- Strömungsbedingungen und durch mindestens stellenweise und zeit- sem Zweck wendet Tepco zwei Me- wiederholte Verdunstungsvorgänge weilig - hochgradig kontaminiert. thoden an, die der Aufkonzentration in den Tidenbereichen zu Aufkon- Wenn kein Regenwasser abfließt, und die der Verdünnung. zentrationen kommen. Zweitens be- bleibt ein Teil der radioaktiven Par- sitzt bereits der Zerfall auch nur ei- tikel zurück und ist damit dem Wind Überall da, wo