111 GRÜNDE, DEN VFL SPORTFREUNDE LOTTE ZU LIEBEN

1 Alfred Stegemann 111 GRÜNDE, DEN VFL SPORTFREUNDE LOTTE ZU LIEBEN

Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt

WIR SIND DER ZWÖLFTE MANN, FUSSBALL IST UNSERE LIEBE! INHALT

Aller Anfang ist schwer ...... 8 Vorwort

1 . Lotte? Lotte wer? ...... 11 Weil es eigentlich keine 111 Gründe geben kann · Weil kaum jemand wirklich etwas über Lotte weiß · Weil Lotte die dollsten Stilblüten treibt · Weil das Lotter Leben einfach klasse ist · Weil Lotte mehr zu bieten hat als nur die Autobahn · Weil zwei Macher die Sportfreunde groß gemacht haben · Weil das Stadion die Erleuchtung bietet · Weil der Kommerz noch nicht wirklich Einzug gehalten hat · Weil dennoch in allen Bereichen professionelle Strukturen geschaffen wurden

2 . Lotte national und international ...... 27 Weil »Lotte« das fünfthöchste Gebäude der Welt ist · Weil SF Lotte dem 1. FC Köln etwas voraushat · Weil der Papst Laumanns Profikarriere verhinderte · Weil Lotte die Schotten dicht machte · Weil es in der PGW- Arena auch schon mal exotisch zuging · Weil Kagawa in Lotte erstmals auf deutschem Boden kickte · Weil Lewandowskis Stern im Stadion am Autobahnkreuz aufgegangen ist · Weil Lotte sich als Friedensgipfel be- währt hat · Weil die Sportfreunde schon 2015 das Double holten

3 . Anno dazumal ...... 43 Weil der Verein noch die Original-Gründungsurkunde besitzt · Weil die Sportfreunde nur 14 Vereinschefs hatten · Weil kaum ein anderes Stadion so häufig umgetauft wurde · Weil Dieter Hojka erster Tor- schützenkönig war · Weil die Spieler zu früh zum Duschen kamen · Weil die Sportfreunde seit nahezu 50 Jahren nicht mehr abgestiegen sind · Weil viele Trainer kamen und gingen · Weil Lotte einen »Putten« Priesmeyer hatte · … und weil »Putten« dann eine Ära einläutete · Weil die »Versehrtentruppe« sich doch bewegen konnte · Weil die Sportfreunde

4 längst aus dem Schatten von Preußen Münster und VfL Osnabrück ge- treten sind · Weil die Spannung in der Aufstiegssaison 2007/08 nicht zu überbieten war · Weil die Sportfreunde ihren eigenen Rathaus-Balkon schufen

4 . Ein vermaledeites Spieljahr ...... 71 Weil Mario Basler in Lotte fast ausgeflippt wäre · Weil es gegen Eintracht Trier immer heiße Duelle gab · Weil die Saison 2011/12 echt fürn A… war · Weil sieben Torhüter nicht für den Aufstieg reichten · Weil Lotte 2012 unverschuldet auch an einem Wettskandal gescheitert ist · Weil es noch einen Grund für die verpasste Meisterschaft 2012 gibt

5 . Es grünt so grün ...... 85 Weil der Rasen im Frimo-Stadion bundesweit bekannt war · Weil die Sportfreunde legal gedopt haben · Weil kein anderer deutscher Klub so schnell so bekannt wurde · Weil so viele Spieler zurückgekommen sind · Weil Lotte in vielen Punkten ein Vorreiter im Kreis ist · Weil sie in der und der 3. Liga einige Kantersiege feierten · Weil die Sport- freunde noch immer die ewige Tabelle der anführen

6 . Derby, oder was?! ...... 99 Weil die Sportfreunde schon oft dem Adler die Flügel gestutzt haben · Weil die Preußen über einen Witz nicht wirklich lachen konnten · Weil die Sportfreunde längst keine Preußen-Filiale mehr sind · Weil Spiele gegen Münster und Osnabrück eben doch Derbys sind · Weil lila-weiße und blau-weiße Herzen in einer Brust schlagen können · Weil Spiele gegen Osna irgendwie schon immer etwas Besonderes waren · Weil die Sportfreunde eine gute Derby-Bilanz aufweisen · Weil die Sportfreunde Osnabrück und Münster auf Anhieb abgehängt haben

7 . Volle Lotte Sportfreunde ...... 115 Weil Lotte auch ein klein wenig Weltmeister ist · Weil Schlagerstar Mickie Krause Lotte-Fan ist · Weil den Sportfreunden auch (ein)

5 Nummernsalat nichts ausmacht · Weil ein Twingo-Fahrer vielen Fans fast das Leben rettete · Weil auch Bordsteinschwalben ihren Spaß haben · Weil Aldi-Bier Tore schießt · Weil auch schon mal alle unter einer Decke stecken · Weil die Fans auch Autobahn-Fußgänger gerne auf- nehmen · Weil die Sportfreunde einen Zaffi haben · Weil die Wege in Lotte kurz sind – für jeden · Weil Lotte Kinder stark macht · Weil der Verein schon immer eine karitative Seite hatte · Weil die Zusammen- arbeit mit den Ledder Werkstätten der reine Wahnsinn ist · Weil die Sportfreunde eine der besten Vereinshymnen im Profifußball haben · Weil die Cheerleader ein echter Hingucker sind · … weil die Sport- freunde auch querfeldein können · … weil auch schon mal »Alles Atze« war · … und weil die VIP-Party echte Spuren hinterlassen hat · Weil es XL für alle gab

8 . Auf und neben dem Platz ...... 145 Weil die Sportfreunde ein Ausbildungsverein sind – vor allem für Trainer · Weil Lotte auch mal einen »Tages-Trainer« hatte · Weil Michael Boris nicht zurückkehren durfte · Weil ein Gerichtsverfahren die Nach- barn auf die Probe stellte · Weil Straftraining auch in Lotte zum Erfolg führt · Weil die Saison 2012/13 megageil war · Weil Lotte plötzlich über 1000 fremde Fans hatte · Weil die Sportfreunde fast den deutschen Fuß- ball revolutioniert hätten · Weil die Sportfreunde gegen Leipzig so viel Pech hatten · Weil auch der Betreuer das Autobahnkreuz der Brücke vorzieht · Weil die Physiotherapeutin auch mit dem Ball umgehen kann · Weil eine Wunderheilung ein schnelles Comeback ­bescherte · Weil sich auch Rentner von den Sportfreunden noch mobil machen lassen

9 . Aufstieg – Aufstieg – Aufstieg! ...... 169 Weil die Saison 2015/16 schon nicht mehr zu toppen ist · Weil ein Ex- Nationalspieler die Sportfreunde nicht stoppen konnte · Weil der Italiener ein Asiate war · Weil in Baden-Württemberg ein Traum in Erfüllung ging · … weil »Penne à la Aufsteiger« längst Kult in Lotte sind

6 10 . »Untoppbare« Erfolgsgeschichten ...... 181 Weil der Pokalschreck schon in den 60ern umhergeisterte · Weil der Auf- steiger die Gegner offensiv austrickste · Weil die Derby-Aktionen unüber- troffen sind · Weil Torhüter auch schräge Vögel sind – und davon hatte Lotte so einige · Weil der Thamm seinen Arbeitgeber nicht aufhalten konnte · Weil die Sportfreunde Pokal-Geschichte geschrieben haben · Weil der SV Werder Bremen die Sportfreunde nicht stoppen konnte · Weil auch ein Champions-League-Teilnehmer die Sportfreunde nicht bremsen konnte · … und weil selbst wilde Löwen viel zu schwach waren für die Sportfreunde · Weil auch höhere Mächte die Sportfreunde nicht aus der Fassung bringen können · Weil sich der BVB zu fein für ein bisschen Matsche war · Weil ein viel Arbeit machender Umzug bewältigt wurde · Weil Lotte im »fremden Heimspiel« dann doch keine Chance hatte

11 . Hinter den Kulissen ...... 211 Weil ein Betreuer-Ehepaar den Laden jahrelang in Schuss hielt · Weil Jürgen Steinschulte schon früh als Visionär den Grundstein für den heutigen Erfolg legte · Weil Manfred Wilke Strippenzieher, Macher, Denker und Lenker zugleich ist · Weil Uli Saatkamp als Vorsitzender noch einmal in die Lehre ging · Weil die Sportfreunde einen der be- gehrtesten deutschen Trainer hatten · Weil Maik Walpurgis ein Glücksfall für Lotte war · Weil die Sportfreunde Klaus Bienemann viel zu verdanken haben · Weil es trotz Profitum in Lotte weiterhin menschelt · Weil es eben doch 111 Gründe gibt, den VfL Sportfreunde Lotte zu lieben

Danke ...... 232 Anhang ...... 234

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Aller Anfang ist schwer

Vorwort

ie erste Begegnung war, sagen wir mal, nicht gerade vielver- Dsprechend. Eigentlich wollte ich sofort umkehren und mit diesem Club nichts mehr zu tun haben. Ich war ein junger Sport- redakteur, ein ziemlicher Frischling obendrein, und hatte gerade bei den Westfälischen Nachrichten in Ibbenbüren meinen Dienst angetreten. Die WN-Redaktion war zuständig für Lotte. Den Ort kannte ich so gut wie gar nicht, über den Verein hatte ich zudem nicht viel Gutes gehört. Das war im Spätsommer 1987. Die Sportfreunde Lotte kickten in der Bezirksliga. Ich fuhr zum Stadion am Autobahnkreuz, um einen Bericht zu verfassen und ein paar Fotos zu schießen. Weil es leicht nieselte, suchte ich die Tribüne auf. Ringsherum gab es sonst ja auch nur Dornengestrüpp. Aber man wollte mich nicht reinlassen. »Kostet 1,50 Mark«, meinte der pflichtbewusste Ordner. »Haben alle bezahlt.« Dass ich beruflich vor Ort war und über seinen Verein schreiben wollte, interessierte ihn herzlich wenig. Die Tribüne blieb für mich tabu. Ich schoss im Regen ein paar Fotos, wurde kladder- nass (einen Schirm hatte ich natürlich nicht dabei) und zog weit vor dem Schlusspfiff schimpfend wieder ab. »Die sehen mich so schnell nicht wieder«, schwor ich mir. Na ja, hat nicht ganz geklappt, meine Einstellung hat sich eben- falls geändert. Ist ja auch ein paar Tage her, diese erste Begegnung mit dem VfL Sportfreunde Lotte. Mittlerweile verbringe ich einen Großteil meines Berufslebens im Frimo-Stadion, habe seit 1987 alle Aufstiege von der Bezirksliga bis in die 3. Liga mitgemacht. Natür-

8 lich können die Sportfreunde einen nach wie vor zur Weißglut brin- gen, auf dem sportlichen Sektor und auf Funktionärsebene. Hin und wieder kommt auch noch das Provinzielle durch. Vor allem, wenn es um die liebe Kohle geht, lassen die Herren aus dem Vor- stand rein gar nichts raus. Und doch fühle ich mich dort wohl, bin sehr häufig auch rein privat im Frimo-Stadion. Man kennt fast jeden – familiäre Atmo- sphäre wird im Verein tatsächlich großgeschrieben. Zudem spielen die Sportfreunde einen gepflegten Fußball, der mich mitunter mehr mitreißt als der Besuch eines Bundesliga- Spiels. Alfred Stegemann

9 1 . Kapitel LOTTE? LOTTE WER? 1. Grund

Weil es eigentlich keine 111 Gründe geben kann

Lotte? Wer oder was ist Lotte? Wohl jeder kennt den Begriff »Flot- te Lotte« nach einer durchzechten Nacht oder wenn sich einem, aus welchem Grund auch immer, mal wieder der Magen umdreht. Dann verbringt man mehr Zeit auf dem stillen Örtchen als sonst wo. Auch den Fans der Sportfreunde Lotte hat sich schon häufig der Magen umgedreht. Aus den verschiedensten Gründen. In den vergangenen Jahren aber waren es zumeist die Gegner, denen der Auftritt einer Lotter Mannschaft auf den Magen geschlagen ist. Die brauchten dann schon das eine oder andere Mittelchen, um wieder auf den Damm zu kommen. Und immer wieder lautete die Frage: »Wie machen die das bloß?« Fast jeder Fußballverein rühmt sich seiner Tradition. Aus wel- cher Liga auch immer, jeder Klub verweist auf seine ureigene Ge- schichte. Das kann der VfL Sportfreunde Lotte auch. Nur eben ein wenig anders als fast alle Vereine der 1., 2. und 3. Liga – von Rasen Ballsport Leipzig mal abgesehen. Aber den Retortenklub hätten die Sportfreunde ja auch beinahe gestoppt. Dazu später mehr. Wenn 1860 München, der 1. FC Nürnberg und Schalke 04 in Er- innerungen ob der vielen Deutschen Meisterschaften weit vor Ein- führung der Bundesliga schwelgen, der 1. FC Köln vom Gewinn­ des Titels in der ersten Bundesliga-Saison träumt, Borussia Mönchen- gladbach von den zahlreichen Erfolgen in den 1970er Jahren schwärmt, ob es Borussia Dortmund ist oder eben Rekordmeister Bayern München (wie viele Pötte haben die mittlerweile eigentlich gewonnen?), sie alle bewegten sich in der Vergangenheit auf einem hohen sportlichen Niveau. Und tun es noch heute. Um alle nicht genannten Vereine und deren Fans zu beruhigen: Diese Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

12 Aber der VfL Sportfreunde Lotte? Was hat dieser Verein vorzu- weisen, außer dass das Stadion direkt am Autobahnkreuz A30/A1 liegt? Bis 2013 kannten allenfalls eingefleischte Fußball-Fans den Klub. Auch genervte Autofahrer, die auf der Schnellstraße vor der großen blauen Hinweistafel »Lotte« mal wieder im Stau standen, wussten zumindest, wo der Ort liegt. Aber sonst? Bis 2008 dümpelte der Verein in den unteren Fußball-Ligen herum. 2008 klappte es mit dem Aufstieg in die Regionalliga West. Nach mehreren Vize-Meisterschaften gelang 2013 mit dem Titel endlich der große Wurf. Doch die vermaledeiten Aufstiegsspiele gegen RB Leipzig gingen in die Hose. Ganz Lotte versank in einem Tränenmeer. Unterkriegen ließ sich aber niemand. Mit gestählter Brust ging es weiter. 2016 folgte die Belohnung. Zum zweiten Mal sicherten sich die Sportfreunde Lotte die Meisterschaft in der Regionalliga. Und diesmal klappte es mit den Relegationsspielen gegen Waldhof Mannheim. Nach dem 0:0 zu Hause und dem 2:0- Sieg in Mannheim war der Aufstieg in die 3. Liga perfekt. Das Lotter Fußball-Märchen begann, das mit dem Erklimmen der Tabellen- spitze und natürlich den DFB-Pokalspielen gegen Werder Bremen, Bayer Leverkusen, 1860 München und Borussia Dortmund seinen Höhepunkt fand. Mittlerweile kennt ganz Deutschland den Ort und die Sport- freunde. Darüber freuen sich im Verein alle. Aber das Wort »Tradi- tion« ist dennoch tabu. Auf Erfolge auf hohem sportlichen Niveau in der Vergangenheit kann der Klub nicht verweisen. Die feier- ten die Sportfreunde in den vergangenen Jahrzehnten allenfalls auf Kreis- und Verbandsebene. 1929 gegründet, führte der Klub vom Autobahnkreuz bis 2013 auf der bundesdeutschen Fußball-Landkarte 84 Jahre lang ein stief- mütterliches Dasein. Dann ging es steil bergauf. Was die Mann- schaft, die Vereinsmitarbeiter und -funktionäre sowie natürlich die Fans in den folgenden Jahren erleben durften, übersteigt fast die Aufnahmefähigkeit eines Menschen.

13 Flotten Schrittes drehte Lotte Fußball-Deutschland auf links. Sag ich doch: Flotte Lotte!

2. Grund

Weil kaum jemand wirklich etwas über Lotte weiß

Auf der Homepage von war vor dem Nachholspiel bei den Sportfreunden am 28. März 2017 Folgendes zu lesen:1 »In der westfälischen Region Tecklenburger Land/Kreis Steinfurt liegt das beschauliche Lotte mit seinen nur 14.100 Einwohnern. Zwei Drittel davon würden in das heimische Frimo-Stadion passen, das eine Kapazität von 10.059 Zuschauern hat. Bekanntester Ein- wohner war Pastor Martin Niemöller, der in der Zeit des National- sozialismus im Widerstand aktiv war. Zu den Sehenswürdigkeiten Lottes gehört neben dem neuen Stadion die 300 Jahre alte, denkmal- geschützte Mühle Bohle in Wersen.« Passt, aber das ist längst nicht alles. Lotte ist eine Gemeinde be- stehend aus den Ortsteilen Wersen, Büren, Halen und Alt-Lotte. Durch die Nähe zu Osnabrück (gerade einmal zehn Kilometer) gehört die Kommune natürlich zum Ballungsbiet der nieder- sächsischen Großstadt. Um geografisch zu beschreiben, wo Lotte liegt, würde keiner sagen, etwa 45 Kilometer von Münster entfernt. Lotte ist zwar westfälisch, die Einwohner aber denken nieder- sächsisch. Das Rathaus befindet sich nicht etwa im vermeintlichen Zent- rum von Lotte, sondern in Wersen. Die Fläche der Gemeinde be- trägt etwa 38 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Münster bringt es auf 303 Quadratkilometer (Osnabrück 120). Wie auf der Homepage der Gemeinde zu lesen ist, beträgt die Nord-Süd-Ausdehnung etwa 15 Kilometer, die West-Ost-Ausdehnung an der schmalsten Stelle nur 800 Meter. So erinnere die Umrandung von Lotte an eine »hoch

14 aufgeschossene Dame mit Wespentaille«.2 Tja, »flotte Lotte« kann man da wohl sagen. Weiter heißt es auf der Homepage: »Lotte liegt in reizvoller Land- schaft, idyllisch in der von der Düte und dem Hischebach durch- flossenen Senke zwischen den Ausläufern des Teutoburger Waldes und des Wiehengebirges«. Und natürlich locken neben der denkmalgeschützten Mühle Bohle auch das jungsteinzeitliche Megalithgrab »Sloopsteene«, das »Kreuzherrenkloster« Osterberg und das Haus Hewerth die Touris- ten an. Anziehungspunkt Nummer eins aber ist das Frimo-­Stadion der Sportfreunde. Denn ohne die würde sich ja kaum jemand in Deutschland für Lotte interessieren.

3. Grund

Weil Lotte die dollsten Stilblüten treibt

»Flotte Lotte« hatten wir nun schon. Und doch lässt sich von die- sen beiden Wörtern noch weit mehr ableiten. Dem Ideenreichtum der Fans in den deutschen Fußballstadien sind keine Grenzen ge- setzt. In Mönchengladbach singen sie »Cologne, Cologne, die Scheiße vom Dom«. Und die Anhänger von Preußen Münster in- tonieren in Richtung VfL Osnabrück »lila-weiße Affenscheiße«. Diese Liebkosungen gegnerischer Fans ließen sich endlos weiter- listen. Gewiss hat Lotte auch nicht den Charme der Weltstädte Berlin, Hamburg, Köln oder München. Auch mit Fußballtradition können die Sportfreunde Lotte nicht aufwarten (siehe oben). Aber kaum ein Verein lässt ob des Ortsnamens so viele Stilblüten zu wie eben Lotte. Längst abgegriffen sind eher beleidigende Formulierungen wie »da kommen schon wieder die Bauern«. Wobei das gar nicht so

15 ganz daneben ist. Rund um das Frimo-Stadion beherrscht die Land- wirtschaft die Szenerie. Und der dort ansässige Bauer lässt es dann und wann schon Mal Gülle regnen vor einem Spiel. Was allerdings nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Hausherren unappetit- lich ist. Was war im deutschen Blätterwald rund um die DFB-Pokal- spiele Ende 2016 und Anfang 2017 gegen Werder Bremen, Bayer Leverkusen, 1860 München und Borussia Dortmund nicht alles zu lesen: Da war von »Volle Lotte«, »Flotte Lotte«, »Donner- Lottchen«, »Donner-Littchen«, »Donner-Lotter, »Lotter-Leben« und, und, und die Rede. Die Formulierungen waren durchaus von Respekt geprägt. Längst hatten die Sportfreunde ebensolchen der Konkurrenz eingeflößt. Auch die Medien, ob Yellow Press oder seriöse Zeitungen, hatten sich in höchsten Tönen auf den Klub aus Lotte eingeschossen und versuchten, sich mit den doll- sten Stilblüten zu übertreffen. »Volle Lotte« gelungen, würde ich sagen. 2008 kannte aber kaum jemand den Verein. Die Sportfreunde waren gerade aufgestiegen und spielten in der Regionalliga West. Insidern war der Verein ein Begriff, vielen anderen aber eben nicht. Und so musste auch der Platzwart eines Vereins in Mainz seinen Wissensdurst stillen. Zum ersten Auswärtsspiel war die Mann- schaft um den damaligen Trainer Manfred Wölpper bei der U23 des FSV zu Gast. Schon am Freitag angereist, stand am Abend eine Trainingseinheit auf dem Plan. Die wollte sich auch der Platzwart nicht entgehen lassen. Ihm brannte etwas unter den Nägeln. Und so fragte er den anwesenden SFL-Mediensprecher Alfons Manikowski, wer denn diese Frau Lotte sei. Ob sie den Verein gegründet habe. Manikowski musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszu- lachen. Dann klärte der Pressesprecher sein Gegenüber auf. Der dackelte enttäuscht ab. Ob er geglaubt hatte, die vermeintliche Frau Lotte könnte eine gute Partie sein, konnte Manikowski nicht in Er- fahrung bringen.

16 4. Grund

Weil das Lotter Leben einfach klasse ist

Es gibt ein Verb, das heute kaum noch gebräuchlich ist, nämlich »lottern« oder »verlottern«. Das bedeutet so viel wie »sich herum- treiben, schlampen« und stammt vom althochdeutschen »lotar« (nichtig, locker, leichtfertig) ab.3 Laut Wikipedia ist das Lotter-Le- ben ein einfaches, faules Leben, ein Leben ohne viel Arbeit oder Verpflichtungen. Und was ist ein Lotter? Auch hierzu lässt sich im Internet jede Menge Interessantes finden. So lässt sich in Erfahrjung bringen, dass ein Lotter ein zerlumpter Kerl und Herumtreiber ist.4 Bei der Entstehung von »Lotterleben« dürfte auch das »Luderleben« eine Rolle gespielt haben, das älter ist und schon von Martin Luther und vom jungen Goethe benutzt wurde. Das Wörterbuch der Ge- brüder Grimm gibt hierfür die zwei Bedeutungen »leben in wüster Schlemmerei« und »elendes erbärmliches Leben« an. Insofern sind beide Begriffe vergleichbar. Entstanden ist »Lotterleben« in der Zeit des Biedermeier – der wohl früheste Beleg stammt aus dem Jahr 1828: »Man besoff sich, trieb dann böses Spiel, und setzte dieses Lotterleben einige Tage fort«.5 Für die Sportfreunde-Fans ein durchaus gefundenes Fressen. Hin und wieder soll ja ein wenig Alkohol im Spiel sein. Wenn dann die Mannschaft mit den Gegnern ein böses Spiel treibt, ist für die SFL-Anhänger das Lotter Leben einfach nur schön.

5. Grund

Weil Lotte mehr zu bieten hat als nur die Autobahn

»Oh nein, nicht schon wieder. So eine Sch…«. Solche oder ähnliche Kraftausdrücke dürfte schon so mancher Autofahrer von sich -ge

17 geben haben, kurz nachdem es wieder einmal aus dem Radio tönte: »hat sich am Autobahnkreuz Lotte/Osnabrück ein Stau gebildet«. Häufig sausen die Karossen über die A1 oder A30 im Eiltempo vorbei und sind froh, nicht schon wieder von einem der bekann- testen deutschen Verkehrsknotenpunkte gestoppt worden zu sein. Manchmal aber stehen sie auf der Schnellstraße, mitunter stunden- lang. Wenn wieder mal ein Lkw bei der Abfahrt von der einen zur anderen Bahn umgekippt ist, sich sonst ein Unfall ereignet hat oder Bauarbeiten den Verkehr lahm legen. Wieso, weshalb, warum am 1968 erbauten Autobahnkreuz Lotte/ Osnabrück, das täglich an die 110.000 Fahrzeuge passieren,6 der Verkehr so häufig stockt, lässt sich kaum erklären. Zumindest aber dürfte sich mancher Autofahrer in der Vergangenheit so seine Ge- danken über der, die, das Lotte gemacht haben. Am liebsten wäre es ihm aber gewesen, er hätte nie darüber nachdenken müssen. Dabei hat Lotte durchaus einiges zu bieten, sicher mehr als nur A30 und A1, auch wenn das Fußballstadion mal »Sportpark am Autobahnkreuz« hieß. Von den Sehenswürdigkeiten im Ort ab- gesehen, sind es die Sportfreunde, die den Ort bekannt gemacht haben. Ein Abstecher zum Frimo-Stadion, das ja auch nur einen Steinwurf von der Autobahn entfernt liegt, lohnt sich immer. Das meinte auch ein Frauenklub aus Berlin. »Die waren alle mitt- leren Alters«, erinnert sich SFL-Vorsitzender Hans-Ulrich (Uli) Saatkamp. Die fünf fußballbegeisterten Damen tauchten vor dem DFB-Pokalspiel der zweiten Runde gegen Bayer Leverkusen am 25. Oktober 2016 plötzlich vor dem Frimo-Stadion auf. Rein woll- ten sie nicht. War auch gar nicht möglich, die Partie war lange aus- verkauft. Sie waren auf dem Weg nach Dortmund. Für das Pokal- spiel des BVB am Folgetag gegen Union Berlin hatten sie Karten. Und warum dann der Zwischenstopp in Lotte? Als sie mit ihrem Pkw über die Autobahn düsten, hatten plötzlich alle die gleiche Idee, als vor ihnen ein riesiges blaues Schild auftauchte, auf dem in großen, weißen Lettern »Lotte« zu lesen war. Sofort stand fest:

18 »Da müssen wir hin.« Blinker gesetzt, ging es schnurstracks Rich- tung Frimo-Stadion. Warum? Uli Saatkamp weiß die Antwort: »Der Frauenklub nannte sich von Anfang an ›Volle Lotte‹. Den Ort Lotte kannten die gar nicht. Als sie dann das Autobahnschild gesehen haben, haben sie spontan entschieden, sich dieses Lotte einmal ge- nauer anzusehen.« Heute weiß fast jeder Autofahrer, wenn er mit 150 Sachen durch das Kreuz rast oder auch mal im Stop-and-go-Verkehr an den Hin- weisschildern vorbeituckert, was Lotte ist, und dass es da einen rich- tig guten Fußballclub gibt. Wer sich die Mühe macht, nur kurz von der Straße aufzublicken, sieht das nahe gelegene Stadion sowieso.

6. Grund

Weil zwei Macher die Sportfreunde groß gemacht haben

Es gibt sie: die Macher. Die Spezies Mensch, die weiß, was man aus einem Individuum oder einer Institution herausholen kann. Was alles möglich ist, wenn man zur rechten Zeit an den richtigen Stell- schrauben dreht. Macher sind mitunter impulsiv, freiheitsliebend und entscheiden am liebsten von Augenblick zu Augenblick.7 Nun ruhen die Errungenschaften einer Gemeinschaft oder gar eines gesamten Vereins gewiss niemals auf nur zwei Schultern. Er- folg hat stets viele Väter. Das ist bei den Sportfreunden Lotte nicht anders. Von den Kleinsten (Vereinsmotto: »Wir machen Kinder stark«) bis zur obersten Führungsspitze hat so ziemlich jeder sein Mosaiksteinchen dazu beigetragen, dass aus dem kleinen Dorfklub der Profiverein mit bundesweiter Beachtung geworden ist, der er heute ist. Der eine mehr, der andere weniger. Natürlich nehmen viele Mitglieder und dem Verein nahe- stehende Persönlichkeiten für sich in Anspruch, unentbehrlich zu

19 sein. Ohne die ehrenamtliche Unterstützung genau dieser Gönner würde kein Verein überleben können, auch ein Profiklub nicht. Dass sich die Sportfreunde trotz allem ihren familiären Charakter stets bewahrt haben, ehrt sie. Und doch gibt es diejenigen, die sich einen »Tacken« mehr enga- gieren als andere. Mit zwei Personen ist der Weg der Sportfreunde Lotte unweigerlich verbunden: Jürgen Steinschulte und Manfred Wilke. Der eine Architekt und Planer, der andere Ingenieur und Bauer. Was sie gemacht haben, haben sie mit Weitsicht vorangetrieben. Eine gewisse Schlitzohrigkeit war dabei beiden gegeben. Der mittlerweile verstorbene Steinschulte plante das neue Sta- dion am Autobahnkreuz, das 1986 eingeweiht worden ist, derart vorausschauend, dass später fast problemlos die Tribünen hinzu- gefügt werden konnten. 2016, also 30 Jahre nach Fertigstellung des Stadions, wurde gerade die vierte und letzte überdachte Tribüne hochgezogen. Damit stehen die Zuschauer rund um den Platz im Trockenen. Die jeweiligen Bauten umgesetzt hat Macher Manfred Wilke, der auch stets selbst mit der Kelle auf dem Gerüst stand und Stein auf Stein mauerte. Nun ist es nicht so, dass beide Heilige sind oder waren. Es gab im Umfeld der Sportfreunde schon seit den 1960er-Jahren viele Neider. Sowohl Steinschulte als auch Wilke machten die Geldbörse auf und steckten viel Eigenkapital in den Verein und in die Verstärkung der jeweiligen ersten Mannschaft. Das fanden die umliegenden Klubs nicht immer toll. Immer wieder schnappten die Sportfreunde den Nachbarn die besten Spieler weg. Die kamen gern, weil es am Auto- bahnkreuz etwas zu verdienen gab. Bald hatten die Sportfreunde den Ruf des finanzkräftigen Retortenklubs weg. Wirklich beliebt waren die Sportfreunde im Tecklenburger Land lange Zeit nicht. Der Verein aber blieb seiner Linie treu – immer das feste Ziel vor Augen, so hoch hinaus zu kommen wie nur möglich. Und seit An- fang der 1990er-Jahre ging es in der Tat immer weiter nach oben. In

20 der Beliebtheitsskala der Fußballfans aus dem Kreisgebiet kletter- ten die Sportfreunde anfangs aber nicht wirklich. Mittlerweile hat sich das geändert. Spätestens mit dem Aufstieg in die Regionalliga brachten auch die »SFL-Hasser« dem Verein Respekt entgegen. Und heute? Da sind die Sportfreunde nicht nur das Aushängeschild der Gemeinde Lotte, sondern längst des ganzen Kreises und darüber hinaus.

7. Grund

Weil das Stadion die Erleuchtung bietet

Na ja, halbwegs zumindest. Wer über die nahe Autobahn düst, ­erkennt sie sofort, die Flutlichtmasten der Lotte-Arena. Mann, die müssen ja ’ne Kohle haben, dürfte sich manch ein Autofahrer schon so einige Male gedacht haben. Sobald die Dunkelheit hereinbricht, scheint das Stadion hell erleuchtet. Die ganze Nacht. Unentwegt brennt das Flutlicht. Meint man. Doch weit gefehlt. Mit einem kleinen Trick helfen die Sport- freunde hier ein wenig nach. Es ist längst nicht das komplette Flutlicht, das das Stadion taghell erscheinen lässt, sondern ledig- lich einzelne Strahler. An den Masten und in den Lampen sind zahlreiche Spiegel unterschiedlicher Größe angebracht. Die reflek- tieren das Licht dieser Strahler und schicken es in alle Himmels- richtungen verstreut zurück. So entsteht der Eindruck, als würde das Flutlicht volle Lotte powern. Tut es aber nicht. Entsprechend pulvern die Sportfreunde auch keine Unsummen an Strom in den Nachthimmel. Das Stadion aber wirkt einladend. Ohnehin ist die Fußballarena in Lotte immer eine Reise wert. Eigentlich sogar mehr als eine, denn die Sportfreunde spielen dort einen gepflegten Ball. Auch wer sich kurzfristig entscheidet, ein Spiel zu besuchen, muss auf

21 Bequemlichkeit nicht verzichten. Wenn das Stadion nicht gerade ausverkauft ist, gibt es neben einem Sitzplatz garantiert auch einen Parkplatz ganz in der Nähe der Arena. Auch das zeichnet den Ver- ein aus. Für die Zuschauer sind die Wege vom Parkplatz zum Ge- schehen obendrein sehr kurz.

8. Grund

Weil der Kommerz noch nicht wirklich Einzug gehalten hat

Natürlich vermarkten die Sportfreunde Lotte ihre Heimspielstätte wie viele andere Vereine auch, und so spielt der Kommerz selbst- verständlich eine große Rolle. Ohne Moos nix los gilt gerade für eine Profi-Fußballmannschaft. Die zu unterhalten ist für einen Dorfklub ungleich schwieriger als für einen Großstadtverein mit der entsprechenden Wirtschaftskraft im Rücken. Umso höher ist zu bewerten, was in den vergangenen Jahren in Lotte geschaffen wurde. In einer überhitzten und durchkommerzialisierten Fuß- ballwelt sind die Sportfreunde immer auf dem Teppich geblieben und haben nie den familiären Charakter verloren. Das hat Charme und macht diesen Verein aus. Ohne das Engagement eines Man- fred Wilke wäre ein derartiger Aufschwung gewiss nicht möglich. Manfred Wilke ist quasi der »Mr. SF Lotte«. Aber es ist längst keine »One-Man-Show« mehr, die vielfältigen Aufgaben sind auf meh- rere Schultern verteilt. Nirgends im Tecklenburger Land wird seit 2008 eine sehens- wertere Fußballshow geboten als in Lotte. Mit der Qualifikation für die Regionalliga wurde seinerzeit so mancherorts geunkt, dass solch ein Erfolg nur mit viel Geld möglich sei. Das ist richtig und unbestritten. Zugleich aber ist es keineswegs verwerflich oder zu- mindest keine Seltenheit. Leistungsorientierter Sport und Geld, das

22 ist keine neue Erkenntnis, diese beiden Begriffe hängen untrenn- bar zusammen. Der DFB stellt Forderungen, die Spieler stellen wel- che, medizinisches Personal und Vereinsmitarbeiter wollen bezahlt werden, genauso wie lange Reisen. In Lotte hält sich das alles im Rahmen. Andere Vereine arbeiten wesentlich professioneller, mit einem weitaus größeren Etat und in einem Umfeld, das über viele Jahre gewachsen ist. Auch wenn die Stadion-Infrastruktur in der 14.000-Seelen-­ Gemeinde nicht mit allen mithalten kann, der Besuch eines Spiels der Sportfreunde Lotte lohnt sich immer, weil dort guter Fußball geboten wird. Und es scheint sich abzuzeichnen, dass das auf ab- sehbare Zeit so bleiben wird. Die hiesigen Sportfans sollten sich deshalb das Spektakel nicht dauerhaft entgehen lassen. Sport aber ist schnelllebig. Wer weiß, irgendwann mag Lotte keine Reise mehr wert sein. Wer dann nicht da war, ist selber schuld.

9. Grund

Weil dennoch in allen Bereichen professionelle Strukturen geschaffen wurden

Schon immer ließen sich die Sportfreunde in ihrem Handeln von einer grundlegenden Erkenntnis leiten: Der ganz große Erfolg kann sich nur dann einstellen, wenn die Strukturen des Umfeldes in ­gleichem Maße wachsen wie die sportliche Potenz. Mit der Zu- sammenstellung hochkarätiger Mannschaften sind die Lotter in Vorleistung getreten. Die entsprechenden Rahmenbedingungen wurden nach und nach der sportlichen Leistungsfähigkeit an- gepasst. So sind Strukturen geschaffen worden, wie sie kaum ein anderer Verein in der Umgebung vorweisen kann. Bis 1986 war das Hambrink-Stadion das sportliche Zuhause des Klubs. Mit der Einweihung des neuen Stadions am Autobahnkreuz

23 ging es steil bergauf, nicht nur sportlich, auch infrastrukturell. Die ersten Jahre allerdings hatten Liebhaber der Botanik mehr Freude am Stadion als die Fußballer. Der Rasen lag eingebettet in einem riesigen Dornengestrüpp. Nur die alte Tribüne, der heutige Block J, stand schon. Am Eingang führte von den Kabinen eine schmale Treppe zum Platz. Ansonsten? Hinter der Aschebahn und dem Ge- stänge – Dornen. Nichts als Dornen. So mancher Fußballer zog sich neben dem Platz schlimmere Verletzungen zu als auf dem Rasen. Immer dann, wenn er das Leder wieder aus der stacheligen Bota- nik fischen musste. Eine grandiose Idee hatte Macher Manfred Wilke 1991. Banden- werbung im Stadion kannte man ja. Hatte jeder. Aber nicht so. Um mehr Platz für die Sponsoren zu schaffen und das riesige Areal am Autobahnkreuz ein klein wenig einzudampfen, ließ er hinter dem Tor in der Ostkurve eine Werbetafel errichten. Und was für eine. Sie nahm die komplette Breite des Platzes ein, war über vier Meter hoch und an die 80 Meter lang. So etwas hatte man noch nicht gesehen. Schon bald war die XXL- Wand berüchtigt. Manch ein gegnerischer Fußballer war schwer beeindruckt und ließ sich von der bunten Werbetafel irritieren. So brachte sie nicht nur Geld, sondern wohl auch Punkte ein. 2016 fiel der Klotz, als mit dem Aufstieg in die 3. Liga die neue Tribüne gebaut wurde. Doch das Gesicht des Stadions am Autobahnkreuz veränderte sich bereits seit 1999 zusehends. Vereinsheim und Schulungsraum mit integrierter, überdachter Tribüne wurden geplant, gebaut und im Jahr 2000 bereits eingeweiht. Nach und nach wurden die Sitz- flächen erweitert, bis die Tribüne die komplette Platzlänge erreicht hatte. Der Clou dabei: Aufgrund der riesigen Glasfront konnten Zuschauer aus der warmen Cafeteria das Geschehen auf dem Rasen verfolgen. Der Bau einer Gymnastikhalle und eines VIP-Bereichs folgten, ehe auch auf der Gegengeraden Tribünen in ganzer Platz- länge geschaffen wurden. Besonders viel gebaut wurde 2007. Ein

24 Kunstrasenplatz wurde errichtet sowie die neue Westtribüne mit den integrierten Kabinen hinter dem Tor. Stillstand gab es bei den Sportfreunden eigentlich nie. Immer wurde irgendetwas verändert oder neu gebaut, bis eben 2016 pünkt- lich zum Drittliga-Start die vierte und letzte Tribüne eingeweiht werden konnte. Die Strukturen haben sich den sportlichen Erfolgen angepasst. Immer wieder.

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